Einführung in den Glaubensweg und die Vorbilder im Glauben
Und nun schlagen wir in unseren Bibeln auf im Hebräerbrief, Kapitel zwölf.
Es ist Ihnen ja bekannt, dass im Kapitel elf der große Blick auf die Wolke der Zeugen geworfen wird. Das sind die Vorbilder im Glauben, die nicht müde wurden und nicht matt wurden.
Im zwölften Kapitel wird dann gesagt: Jetzt lasst uns aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens, damit wir auf unserem Glaubensweg nicht müde und matt werden.
Hebräer 12,12-17:
Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie und macht sichere Schritte mit euren Füßen, damit nicht jemand strauchelt wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund wird.
Jagt dem Frieden nach mit jedermann unter Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird. Seht darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade versäume, damit nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte. Durch sie werden viele unrein, und nicht jemand sei ein Abtrünniger oder Gottloser wie Esau, der um der einen Speise willen seine Erstgeburt verkaufte.
Er wusste ja, dass er hernach, als er den Segen ererben wollte, verworfen wurde, denn er fand keinen Raum zur Buße, obwohl er sie mit Tränen suchte.
Schwierigkeiten im Verstehen geistlicher Begriffe und persönliche Erfahrungen
Liebe Schwestern und Brüder,
zuerst muss ich sagen, wie peinlich es oft ist, dass wir uns so schlecht auskennen. Mir ging es so, als ich im August zum ersten Mal in die DDR gefahren bin. In den Jahren zuvor hatte ich es nicht gewagt, wegen meiner Tätigkeit bei Licht im Osten und weil mein Name in den Stasi-Akten gespeichert war, die Grenze zu überqueren. Aber dann, im August, fuhr ich zu einer Konferenz der Evangelischen Allianz nach Bad Blankenburg.
Ich holte den Autoatlas und suchte Blankenburg. Aha, das liegt bei Braunschweig. Ich fuhr morgens früh um zwei Uhr los, um pünktlich am frühen Morgen dort zu sein. Als ich dann fragte, wo die große Allianzkonferenz sei, sagten die Leute, sie wüssten nichts davon. Schließlich fragte ich einen Volkspolizisten. Er sagte, es gäbe in dieser Hinsicht nichts. Dann fragte ich, ob es vielleicht in der Republik noch einmal ein Blankenburg gebe. Er antwortete: Ja, ganz dort unten an der bayerischen Grenze, 300 Kilometer entfernt, das sei Bad Blankenburg.
Aber ich hatte nicht genau darauf geachtet und stieg am falschen Ort aus. Nun, wenn man sich in den neuen Bundesländern, wie man heute sagt, oder in Transsilvanien schon nicht gut auskennt, wie viel weniger kennen wir uns dann eigentlich in göttlichen Dingen aus, wenn wir uns in der Geographie Deutschlands so schlecht auskennen.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie heute auch ziemlich Schwierigkeiten mit dem Wort Buße haben. Denn diese lieben, blau gekleideten Damen mit ihren Bußgeldbescheiden gehen immer auch bei uns in der Straße vorbei und füllen ihre Zahlscheine aus. Das sind ja die Bußgeldbescheide.
Und Buße hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was Gottes Wort meint. Das ist eine direkte Verballhornung.
Die wahre Bedeutung von Buße im biblischen Sinn
Sie erinnern sich sicher noch daran, dass Martin Luther seine große Erneuerung begann, indem er unter den Christen den biblischen Ursinn von Buße wieder neu zum Leben erweckte. Sein Thesenanschlag war nichts anderes als eine Erklärung der Buße, der biblischen Buße.
Wenn unser Herr und Meister Buße sagt, dann meint er, dass unser ganzes Leben eine fortwährende Umkehr sein soll. Wenn ich Ihnen erklären soll, was Buße wirklich ist, dann ist es auf jeden Fall etwas Fröhliches.
Die Könige, die einst den Bußtag eingeführt haben, dachten dabei sicher eher an die Demütigung ihrer Untertanen. Das glaube ich jedenfalls. Doch wir wollen den biblischen Ursinn wieder hervorholen. Und dort ist Buße etwas Fröhliches. Es war das Hauptthema Jesu.
Jesus hat immer so gepredigt: „Ich zeige euch doch, wo das Leben ist, wo die Freude liegt, wo ihr glücklich werdet.“ Jesus forderte die Menschen nicht auf, den Kopf hängen zu lassen und traurig zu sein. Er war kein Prediger der Traurigkeit, sondern ein Wegweiser zur Freude und zum Leben.
Man kann Buße am schönsten so beschreiben, wie es Jesus in einem Beispiel getan hat: Ein junger Mann lebt verzweifelt, traurig und öde. Er hungert und sitzt bei den Schweinen – ein Leben ohne Sinn. Doch plötzlich steht dieser junge Mann auf und sagt: „Ich habe doch zu Hause einen Vater.“ Und dieser Vater ist ganz anders als das, was ich hier habe.
„Ich will heim zu meinem Vater!“ Das ist Buße: aufstehen, sich auf den Weg machen und zu seinem Vater hingehen. Dann erlebt man, wie der Vater mit offenen Armen dasteht und den zerlumpten Sohn in seine Arme schließt. Was soll Buße anderes sein als Umkehr, Heimkehr zum Vater?
Ein Mann aus der Dritten Welt, der berühmte Evangelist D.T. Niles aus Ceylon, heute Sri Lanka, hat das noch viel schöner gesagt. Er meinte: Wenn wir so reden, ist es, als ob ein Bettler dem anderen zuruft, wo es Brot gibt. Da sitzen viele Hungernde, und einer sagt: „Da gibt es Brot!“ Dann laufen alle los und sagen: „Da holen wir uns auch Brot, wir wollen satt werden, wir wollen essen.“
Das ist Buße. Und das wollen wir heute in diesem Sinn auch so machen: uns bei Jesus stärken, erquicken und ihn aufnehmen.
Drei wichtige Aspekte des Glaubensweges
Aus diesem Textabschnitt möchte ich nun drei wichtige Dinge für uns herausgreifen.
Entschlossenheit im Glaubensweg
Das Erste: Man muss entschlossen loslaufen. Das hat Jesus immer betont. Es reicht nicht, nur mit dem Kopf zu nicken, wenn Jesus ruft. Er will uns lösen aus dem bisherigen Leben, aus unserer Umwelt, aus unseren Gedanken und Tätigkeiten. Dann sagt er: Komm mit mir!
Er ruft uns in seine Nachfolge. Alle, die er gerufen hat, waren Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, die losgelaufen sind. Es gibt jedes Jahr neue Wortneuschöpfungen, die oft kennzeichnend für das Geschehen unserer Tage sind. Ein Wort, das uns in den letzten Monaten allen bekannt wurde und das wir vor Jahren nie gebraucht oder gehört haben, ist das Wort von den Wendehälsen. Das sind Leute, die mal so und mal so handeln, aber mit ihrem Körper bleiben sie immer an der gleichen Stelle sitzen. Das ist ein fauler Trick.
In der Jesusnachfolge ist man oft auch so ein Wendehals. Da hört man kurz bei Jesus zu, und am nächsten Tag richtet man den Kopf wieder in die andere Richtung und wendet sich von Jesus ab. Es braucht eine entschlossene Abkehr, einen Aufbruch. Das wollen wir uns heute Morgen wieder sagen lassen, wenn wir die Freude und das Leben bei Jesus entdecken wollen. Jetzt wollen wir uns aufmachen.
Der Brief war an hebräische Christen gerichtet, den Hebräerbrief. Heute nennen wir sie Judenchristen. Von denen gibt es auch heute im Staat Israel nur sehr wenige, vielleicht etwa 3000 Christen – messianische Juden, also Juden, die an Jesus Christus als ihren Herrn glauben. Wer einmal einem solchen messianischen Juden begegnet ist, weiß, was das für sie bedeutet: sich abzuwenden von der Tradition, in der sie aufgewachsen und erzogen sind, und um Jesu Willen alles preiszugeben, nur mit Jesus zu gehen. Viele von ihnen haben dadurch ihre Familie und Freundschaften verloren.
Ähnlich mag es in manchen Missionsländern ein hartes Opfer sein, sich aus einer hinduistischen Familie oder buddhistischen Tradition zu lösen. Ich denke, dass es auch in unseren Tagen so ist, dass wir uns von einer traditionellen Christlichkeit lösen und ganz entschlossen mit Jesus gehen. Wir sagen: Jesus, ich will mit dir gehen! Aber damals war es für diese Leute eine Notlage. Das sieht man aus dem Verlauf des Hebräerbriefes: Sie waren in ihrem Christenlauf müde und matt geworden.
Man wird so gern schläfrig. Wir freuen uns an den jungen Christen auf der Empore, wenn sie die erste Entscheidung für Jesus treffen und dann mit Entschiedenheit ihre Bibel lesen und ihre stille Zeit halten. Aber dann kommt die Krise nach einiger Zeit, nach einigen Jahren: Man wird müde. Vielleicht schiebt man es nur wegen der Fülle der Termine, der Arbeit und des Drucks durch Prüfungen auf. Plötzlich wird man lau und müde.
Bei den hebräischen Christen damals kam noch etwas anderes hinzu: das Leiden. Wer eine dunkle Wegstrecke gehen muss, weiß, wie man da gerne müde wird. Im Psalm heißt es: „Ich habe mich heißer geschrien nach meinem Gott“ – das bedeutet, dass man so lange harren muss auf seinen Gott. Menschen sind tagelang in der Dunkelheit und sagen: „Ich sehe nichts mehr und spüre nichts mehr von der Liebe Gottes.“ Da werden sie müde.
Jetzt ruft uns das Wort Gottes hier auf: Laufe doch entschlossen los, damit niemand strauchelt wie ein Lahmer. Im ursprünglichen Wortsinn ist das etwas anders ausgedrückt. Man kann es im Deutschen schwer wiedergeben. Es ist ein Wort vom Einrenken, so wie ein Gelenk in der Pfanne gehalten wird und sich dort bewegt. So sollen wir die, die nicht mehr gehen können, wieder einrenken.
Das heißt: Wir sollen die in unserer Nähe suchen, stärken, aufrichten und ermutigen, die nicht mehr laufen können. Es ist wichtig, dass wir immer wieder umschauen und sagen: Ich möchte heute bloß zu jemandem hingehen und mit ihm beten. Dem wieder ein Gotteswort zurufen. So wie mich der Herr selbst erquickt hat in seinem Mahl, so will ich zu einem anderen gehen und ihm sagen: Kopf hoch! Auch wenn ich gar nichts fühle von deiner Kraft, du führst mich doch zum Ziel, auch durch die Nacht.
Ich möchte dich stärken, ich möchte dich einrenken, damit du wieder mitlaufen kannst – so wie man es bei einer Wanderung macht. Wir waren einmal auf einer Israelreise auf dem Sinai. Als wir fast ganz in der Dunkelheit der Nacht oben waren, kam plötzlich jemand auf allen Vieren daher. Ich traute meinen Augen nicht, ob ich richtig sehe im Dunkeln. Es war ein Mediziner, bei dem man das am wenigsten erwartet hätte. Er bekannte: „Ja, Entschuldigung, nach dieser Reise muss ich zu einer Hüftoperation. Ich habe eine kaputte Hüfte, ich kann keinen Schritt mehr gehen.“
Dann mussten wir ihn den Sinaiberg hinuntertragen. Das geht auf diesen Stufen überhaupt nicht, über die Felsklötze hinweg. Also haben wir ihn einfach über die Schultern gehängt. Er ließ sich so durchschwingen und sagte: „Wenn ich mich nur auf eure Schultern stützen kann, dann komme ich runter.“ So ist das mit den Schwachen: Man trägt sie mit, richtet sie ein, hält sie und macht ihnen Mut.
Walter Trobisch erzählt von seiner Zeit als Missionar in Kamerun an einem Gymnasium. Dort hatten sie junge Afrikaner. Eines Morgens, als er zum Unterricht kam, saß niemand im Klassenzimmer. Er ging zu den Schlafräumen, aber auch dort war niemand. Dann holte er sein Fernglas und sah drüben in den Bergen, wie die Schüler wegliefen.
Er schwang sich auf sein Motorrad und fuhr die Buspiste entlang, bis er die jungen Afrikaner einholte. Er fragte: „Wo lauft ihr hin?“ Sie antworteten: „Wir gehen zurück.“ „Warum?“ fragte er. „Das, was du uns vom Christenleben erzählt hast, ist viel zu schwer. Das können wir nicht leben. Die Gebote können wir nie mit unserem Gehorsam erfüllen. Das heilige Leben können wir nie einlösen. Wir haben uns entschlossen, zurückzugehen in unsere alte heidnische Umgebung.“
Daraufhin setzte sich Walter Trobisch mit ihnen zusammen und sprach darüber, wie Jesus in unserem Leben Wohnung machen will, besonders bei den Schwachen, wo wir nur die Tür aufmachen müssen. Er erklärte, wie Jesus in uns das Wollen und Vollbringen schenkt. „Wenn nicht Christus in uns lebt, dann ist unser ganzes Leben schwach.“ Er stärkte und ermutigte sie, und sie sagten: „Wenn das so ist, wollen wir mit Christus wieder zurück und mit ihm das neue Leben anfangen.“
Das ist ein entschlossenes Loslaufen. Man darf nicht stehenbleiben, nicht zurückblicken, sondern muss loslaufen. Man soll sich von der Anfechtung lösen, vom Zweifel, und mit festem Schritt weitergehen, so wie es Gottes Wort zusagt. Dann kann man erfahren, wie Christus einen beschenkt.
Heute feiern wir im zweiten Gottesdienst eine goldene Hochzeit. Es ist schön, wenn man auch ein wenig vom Leben solcher Menschen weiß. Es war mir sehr eindrücklich, wie unser Karl Frank das einmal in einem Seniorenkreis erzählt hat. Er hat es dann vor meinen Konfirmanden noch einmal wiederholt und gesagt: „Ich möchte es euch jetzt als alter Mann sagen: Lebt doch von Anfang an viel entschlossener mit Jesus!“
Er erzählte aus seiner Lehrlingszeit, als man kein Geld verdiente, aus der Inflation mit elf Millionen Arbeitslosen, aus der schrecklichen Kriegszeit, als er eine Bäckerei auf der Gänsestraße begann. Dann musste er einrücken ins Feld, und seine Frau stand allein da. Der Druck der Partei war so groß, dass er sagte: „Der einzige Halt ist nur Jesus. An den müsst ihr euch halten!“ Das war damals der Trautext: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
Jetzt geht doch auch ihr solche entschlossenen Schritte. Es hilft, wenn man das von anderen noch einmal bestätigt bekommt. Heute am Bustag möchte ich mich aufmachen und meinen Weg gehen – auch durch die Dunkelheit. Da ist doch Jesus mit seinem Wort da: „Ob ich schon wanderte durch finstere Täler, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir.“ (Psalm 23,4)
Die Geduld im Jagen nach Gottes Gaben
Das Zweite, was da steht, ist, dass wir die Gaben Gottes entschlossen ergreifen sollen. Dass wir entschlossen loslaufen und die Gaben Gottes ergreifen. Dort steht ein Wort vom Jagen.
Nun, ich halte nicht viel vom Jagen. Ich finde es schade, wenn man die lieben Tierlein erschießt. Aber eins sollen wir von den Jägern lernen: die Geduld. Darum ist dieses Wort vom Jagen hier bewusst gewählt.
Beim Jagen muss man stundenlang auf dem Hochsitz sitzen, bis sich endlich ein Hirsch oder ein Reh vorwagt. Da sitzt der Jäger stundenlang. Denken Sie an Angler, das ist ja auch eine Form von Jägern. Sie warten und warten und warten. In dieser Zeit könnte man manches Vernünftige tun. Doch sie warten, bis es einem Tier gefällt, dem Jäger vor die Flinte zu laufen.
Der Jäger kann mit seiner Flinte das Tier nicht jagen. Er kann nicht über die Büsche springen und sagen: „Die stöbere ich jetzt auf.“ Er muss warten, bis die Tiere vor seine Flinte kommen. Dieses Wort ist ganz bewusst gewählt.
Wir können ja über die Gaben Gottes nicht verfügen. Manchmal muss man stundenlang auf den Frieden Gottes warten. „Herr, hülle mich ein in deine friedevolle Geborgenheit. Ich warte, ich warte, ich warte.“ Wir wollen auch für unsere Angefochtenen beten, dass sie den Frieden Gottes erfahren.
Wer den Frieden Gottes hat, der hat auch den Frieden zu seinen Mitmenschen gefunden. Er braucht nicht mehr für seine Ehre zu streiten, sondern kann es dem Herrn anheimstellen und sagen: „Herr, richte du meine Sache. Jage nach dem Frieden gegen jedermann.“
Das ist oft auch so schwer, den Frieden in unseren Familien herzustellen. Denken Sie an den Jäger, der auf seine Beute wartet. Ich will warten, bis ich den Frieden wiederkriege. Wir brauchen den Frieden untereinander, sonst wird unser Leben belastet.
Dann steht da noch die Heiligung. Das bedeutet, dass unser Leben sich verändert. Das ist das Ziel Jesu: dass wir andere Menschen werden. Wir reden oft davon, dass Gott mit seiner Liebe zu uns kommt. Aber haben Sie schon einmal daran gedacht, dass Gott auch mit seiner Heiligkeit zu uns kommt?
Wie er heilig ist, will er unser Leben mit seiner Heiligkeit erfüllen. Ein Stück seiner Heiligkeit ist die Liebe. Ich möchte die Liebe Gottes so ergreifen, dass sie überfließend in meinem Leben ist. Normalerweise bin ich ein Querulant, aber ich sage: „Herr, ich will mehr von deiner Liebe haben.“
Das stellt sich nicht automatisch ein. Auch die Geduld nicht, auch nicht die Sanftmut. Ich muss warten und ringen, bis ich sie bekomme. Damit nicht jemand Gottes Gnade versäumt.
Gott bietet seine Gnade an, so wie wir sie heute beim Abendmahl zugesprochen bekommen haben: „Hiermit sind dir deine Sünden vergeben.“ Ich wollte jetzt noch viel mehr ins Licht Gottes bringen. Heute Mittag wurden mir Dinge bewusst, die vor Gott nicht recht sind.
„Herr, nimm es weg, vergib es, ich möchte deine Gnade ergreifen.“ Erst wenn ich die Gnade Gottes erfahre, die mich freispricht von alter Schuld und von der alten Vergangenheit, habe ich auch die Freude, die Liebe, die Ruhe und die Sanftmut.
„Herr, ich will deine Heiligung haben.“ Und passt auf, dass nicht eine bittere Wurzel aufwächst. So viel habe ich schon in Gärten gearbeitet, dass ich weiß, wie das Unkraut manchmal lange Wurzeln bildet und weit in die Beete hineinreicht.
Wenn man nicht ganz tief hinuntergräbt und die Wurzeln ganz herauszieht, dann kann man im Frühjahr seine blauen Wunder erleben, was alles sprosst und wächst. Es gibt unter uns immer wieder alte Dinge, die weiterwirken. Da ist ein Streit, eine verletzte Ehre, eine Wunde.
Das zieht man von Mal zu Mal weiter. Dann entsteht wieder ein Streit, wieder ein Vorwurf. Legen Sie das alles jetzt weg unter die Vergebung Jesu. Ziehen Sie die alten Wurzeln aus.
Haben Sie in Ihrem Herzen noch so alte, bittere Wurzeln, aus denen immer wieder solche bitteren Gefühle herauskommen? Es gibt bittere Wurzeln in der Erinnerung an die Eltern, Hassgefühle. „Mein Vater hat mich immer benachteiligt gegenüber meinen Geschwistern. Ich habe es im Leben immer schwer gehabt.“ Hassgefühle gegen Menschen, die einem Unrecht getan haben.
Legen Sie das weg, damit nicht eine bittere Wurzel da ist und wir am Ende die Gnade Gottes versäumen. Ich kann den Frieden Gottes nur haben, wenn ich die alten Unkrautwurzeln ganz herausziehen lasse und frei werde.
Ich muss entschlossen die Gnade Gottes ergreifen.
Die Dringlichkeit der Umkehr und das Verpassen der Gnade
Und dann steht als Drittes noch: Es gibt ein Zu-spät, es gibt ein Zu-spät. Manche haben den Eindruck, das sei nur ein Druckmittel, mit dem findige Evangelisten die Leute ein wenig in Bewegung bringen wollen.
Pass auf, man kann auch Gottes Gnade versäumen. Nein, das Schlimme ist doch, dass man sich oft vorgenommen hat, sein Leben mit Jesus neu zu ordnen. Man hat es auf die lange Bank geschoben. Und wie viele Menschen sind nie mehr dazu gekommen, ihr Leben neu zu ordnen, weil sie mittendrin abgerufen wurden und ins Gericht Gottes gestellt wurden.
Es ist eine erschütternde Wirklichkeit, dass es ein Zu-spät gibt. Ich habe keine Angst, ihnen zu drohen. Ich habe oft nur Angst, ich hätte es ihnen nicht klar gesagt, dass man sich heute mit Jesus sein Leben so ordnen muss und sein Haus so bestellen muss, dass man in jedem Augenblick sagen kann: Ich bin bereit und fertig.
Da war der Esau. Er war ja ein Mann, der in einer christlichen Familie, damals in einer frommen Familie im Haus des Isaak, mitgelaufen ist. Er hat sicher die Hausandacht miterlebt und auch mitgebetet, aber er hat selber nie bewusst die Gnade Gottes ergriffen. Und das ist eine Not bei so vielen auch hier unter uns.
Das will ich Ihnen noch einmal ganz dringlich machen: Es genügt nicht nur, dass man sagt, ich bin getauft, ich bin konfirmiert, ich war im Gottesdienst, habe die Lieder mitgesungen, habe den Kelch weitergegeben und daraus getrunken. Sondern: Hast du die Gnade Gottes wirklich für dich ergriffen?
Der Esau hat ja nachher geweint. Es war ihm eigentlich nur um eine Suppe gegangen. Ich habe Ihnen schon oft gesagt, dass ich es bei der Linsensuppe nicht einmal verstehen konnte. Bei der Nudelsuppe hätte ich es noch verstanden, aber bei der Linsensuppe nicht, dass er deswegen sein Erstgeburtsrecht verkauft hat.
Er war ein materieller Mensch, der gesagt hat: Ach, man muss mit beiden Füßen in der Welt leben. Er hat die Vorteile dieser Welt gesucht. Und das andere, das war ihm so komisch, das war so ein Dogma: Was ist Segen Gottes? Was brauche ich das?
Und als der Segen seinem Bruder gegeben war, da weinte er. Doch Tränen können nichts erreichen. Deshalb noch einmal ganz klar: Das ist nicht bloß ein Missverständnis am Bustag, sondern ein verballhornter Bustag, wenn man meint, es ginge nur um Tränen und Trauer.
Trauer hilft nichts, und Tränen helfen nichts – sinnlos kann man weinen, solange man will. Man muss die Zeit nutzen, in der Umkehr und Hinwendung zu Jesus geboten ist. Er lädt uns heute ein: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid! Jetzt ladet ab, kommt her! Er will erquicken. Amen.
