Einführung in den Predigttext und Kontext
Schlagen Sie bitte 2. Korinther 4 auf, Seite 214 im Neuen Testament, in den Bibeln, die Sie dort haben. Es ist ein ganz wunderbar eindrückliches Kapitel. Es tut mir immer weh, wenn man Abschnitte abreißt und aus dem Zusammenhang reißt.
Heute ist dieser Text der Predigttext. In der Ordnung unserer Kirche ist es der letzte Sonntag nach dem Erscheinungsfest, an dem wir in die Passionszeit einmünden.
Ab Vers 6 eigentlich, ich nehme aber den Vers 5 jetzt noch mit dazu zur Lesung: Wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist. Wir aber sind eure Knechte um Jesu willen.
Gottes Wort als Ursprung des Lichts und der Erkenntnis
Denn Gott, der sprach: „Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten“, hat den Gott nur als Befehl in dieses Tohuwabohu – so steht es im Hebräischen – das Urchaos der Welt hineingerufen.
Dieser Gott, der mit seinem Wort so viel bewegen und schaffen kann, hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben. Durch uns soll so die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi entstehen.
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns.
Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.
Das Leben Jesu in unserem Leib und die Bedeutung der Verpackung
Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leib; im Griechischen steht hier das Wort „Stigma“, das die Wundmale Jesu meint. Damit soll auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werden.
Ich nehme dazu noch einen weiteren Vers, der diesen Gedanken abgrenzt. Im Predigttext heißt es: „Denn wir, die wir leben, werden allezeit dem Tod übergeben um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar werde.“
Alle Menschen sind gegen Verpackung. Aber warum eigentlich? Prüfen Sie sich selbst einmal: Sie sind sehr davon abhängig, wie Dinge verpackt sind. Wenn ich Ihnen einen guten, süffigen Traubensaft in einer rostigen Blechdose anbiete, würden Sie ihn trinken? Ich glaube nicht. Und wenn ich Ihnen die kostbarsten Pralinen in einem schmutzigen Taschentuch anbiete, können Sie sie dann essen? Pfui, gehen Sie weg!
Verpackung macht es erst aus. Ein schönes Geschenk und dann noch ein schönes Papier drumherum – das wissen Werbestrategen schon lange. Man muss die Dinge richtig schick verpacken, leuchtend und groß. Wenn es ein Parfüm für Ihre Frau oder eine Uhr für Ihren Patensohn ist, muss es auch entsprechend aussehen. Sie würden es doch nicht in Zeitungspapier einwickeln.
So machen wir es alle. Jeder weiß: Auf die Verpackung kommt es an.
Die schlichte Verpackung des Evangeliums und ihre Wirkung
Bloss Gott ist ein schlechter Geschäftsmann. Der ewige Gott verpackt den größten Schatz, sein Evangelium, in eine ganz schäbige Verpackung – die Siegesbotschaft wird ganz kümmerlich präsentiert. Über diese billige Aufmachung des Evangeliums muss ich jetzt zuerst einmal sprechen.
Das Evangelium ist nicht billig. Es ist der größte Schatz, den es in dieser Welt gibt. Doch Gott lässt dieses Evangelium in der Welt durch Menschen anbieten, die der Welt nicht imponieren, wie es sonst eine Verpackung tun würde.
Gott hat diesen Schatz in Gemeinden hineingelegt, in Christengemeinden, die für die Welt gar nicht besonders beachtenswert sind. Die Welt lächelt darüber und denkt: Was sind das für komische Leute!
Wir wollen natürlich immer wieder, und das ist auch richtig so, eine gute Figur für Gott machen. Es ist gut, wenn Sie darauf achten, dass Ihre Krawatte sauber ist, dass Sie gut gekämmt sind und dass wir auch schön aussehen. Aber wissen Sie, mit diesen Dingen kann man das Evangelium nicht beleben oder aufmotzen.
Paulus als Beispiel für zerbrechliche Boten des Evangeliums
Ich denke immer wieder an den Mann, der diese Zeichen selbst geschrieben hat. Es war ja ein akademisch gebildeter Weißer, ein Rabbi, Paulus. Er kommt aus einem guten Stall, hat einen guten Familienstammbaum, ist Hebräer und von seinem Eindruck her ohne Tadel.
Ein Mensch muss schon durch sein Auftreten ungemein bezaubernd und bezwingend gewesen sein, wenn man so bedenkt, dass er sagt: „Ich habe nach dem Gesetz ohne Tadel gelebt.“ Man konnte keinen äußeren Anstoß an ihm finden. Er war belesen, klug und erfahren.
Aber wie war es, wenn er das Evangelium in den Weltstädten präsentierte? Dann wurde er ausgelacht. „Was will dieser vagabundierende Schwätzer?“ fragte man sich. Er konnte keinen Eindruck machen, er konnte nicht imponieren. Warum war das so?
Ich würde das Evangelium immer gerne für die jungen Leute besser präsentieren. Und ich verstehe gut, dass heute viele Zufluchtnehmende sagen: „Da gibt es eine hübsche Sängerin, die machen wir auf das Titelblatt.“ Und hinten steht: „Wir haben ja gesagt, es geht noch weiter vom letzten Sonntag. Es ist die Ordnung unserer Kirche, dass wir an diesem Thema noch einmal weitermachen.“
Oder heute ist die Versuchung groß: „Haben wir nicht irgendwo ein paar Sportler, gewohnte Sportler, die imponieren, damit das Evangelium noch ein bisschen Auftrieb erhält?“ Es ist doch gut gemeint. Und es gelingt doch nicht, weil Gott seinen Schatz des Evangeliums immer wieder verpackt in zerbrechliche Boten.
Sind Sie und ich nicht Menschen, die äußerlich keinen Eindruck machen? Paulus spricht davon: „Wir haben einen solchen Schatz, den Schatz des Evangeliums, in irdenen Gefäßen.“ Irden bedeutet auch zerbrechlich, unansehnlich, tönend. Wir sind Menschen mit der ganzen Anfälligkeit.
Und wenn da nur ein bisschen etwas passiert, dann liegen die Scherben auf dem Boden. Wenn die Widerwärtigkeiten kommen und wir sind empfindsam und verletzlich, dann sind wir eben nicht die Strahlemänner.
Die Schwäche als Kennzeichen der Werkzeuge Gottes
Merkwürdig ist, warum Gott immer Menschen auswählt, die in der Welt nicht imponieren können. Es sind gerade diejenigen, die nach außen hin nichts Besonderes ausstrahlen. Gott sucht sich Werkzeuge aus, Menschen, die sein Evangelium weitertragen, an denen man ganz offensichtlich ihre Schwäche erkennt.
Heute war es für mich wieder eine Versuchung, Ihnen einfach unendlich viel von Menschen zu erzählen, deren Namen Sie alle kennen. Das waren doch bekannte, leuchtende Christen. Und dann fragt man sich: Warum hat Gott gerade solchen zerbrechlichen Gestalten, solchen schwachen Persönlichkeiten, sein Evangelium anvertraut?
Das ist für uns ungemein befreiend. Viele Christen leben nämlich ständig unter einem Zwang. Sie meinen, sie müssten vor der Welt etwas darstellen und bei anderen Eindruck machen. Das ist der Grund, warum wir so leicht heucheln und oft Worte sagen, die sich nicht mit unserem Leben decken. Es ist die billige Verpackung des Evangeliums, die billige Aufmachung, die nichts mit dem zu tun hat, was in der Welt groß zählt.
Wir können keine Schau abziehen und nichts Großes mehr machen, weil unser Herr Jesus selbst keine Schau abgezogen hat. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, so dass man das Angesicht vor ihm verwahrte. Mit der Gemeinde Jesu können Sie in der Welt nicht angeben, mit der Gemeinde Jesu können Sie keinen Eindruck schinden.
Die Sehnsucht nach einem strahlenden Christenleben und die Realität der Schwäche
Jetzt kommt der zweite Punkt von dem, was Paolo sagt. Hier zeigt sich das eigentlich Wertvolle.
Neulich hörte ich, dass ein Wissenschaftler daran arbeitet, ein Hormon zu entwickeln, das das Altern des Menschen verhindern könnte. Für mich ist es allerdings schon zu spät. Die grauen Haare sind da, und die Falten liegen im Gesicht.
Doch dieser Wunsch ist ein bezaubernder und uralter Traum der Menschheit: mit 84 Jahren so auszusehen wie mit 20. Es ist ein großartiger Traum, das Leben in seiner ganzen Fülle auszukosten – ein Menschentraum!
Deshalb sagen auch viele Christen: Ich möchte mein Glaubensleben so strahlend führen, immer lächeln, mutig sein, voller Glauben und Energie durchhalten. Sie wollen, dass andere sagen: „Mann, der hat es wirklich! Wenn man den anschaut, sieht man, das ist ein Christ, ein Vorbild, den möchte ich nachahmen.“
Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Die Jesusnachfolger schämen sich nicht dafür, dass sie die Zeichen des Alters an sich tragen. Sie tragen sogar die Zeichen des Kreuzwegs Jesu. Sie sind geschlagene und müde Menschen.
Die Herausforderung der jungen Christen und das Aushalten von Frustrationen
Jetzt möchte ich einmal mit den jungen Leuten dort oben sprechen. Ich habe oft Sorge, denn unsere jungen Leute haben es vielleicht besonders schwer. Sie haben eine ganz natürliche Sehnsucht und sagen: Das muss doch irgendwie intensiver in mein Leben kommen.
Einige von euch kämpfen mit seelischen Depressionen. Habt ihr euch schon gefragt, ob Gott euch diese Last ins Leben gelegt hat? Damit die Kraft Jesu in eurem zerbrechlichen Leben umso sichtbarer wird. Ihr müsst diese Last tragen.
Manche von euch haben schlechte Leistungen in der Schule. Warum ist das so? Wenn Jesus der Sieger ist, dann will er gerade in deiner Schwäche siegen. Auch wenn du das Abitur nicht schaffst, möchte er dich zum Segen machen. Vergiss das niemals.
Wie der Sri-Lankamann Achit Fernando, der Evangelist von Jugend für Christus, einmal in einem großen Saal gesagt hat: „Ihr jungen Leute, könnt ihr Frustrationen aushalten?“ Das ist heute eine große Frage für die junge Generation. Könnt ihr Frustrationen aushalten oder flüchtet ihr euch gleich in irgendeinen Jubel?
Könnt ihr es ertragen, mit eurem Leben eine Durststrecke durchzugehen, geprägt von Niederlagen und Enttäuschungen? Christen müssen viele Frustrationen aushalten. Es stimmt nicht, wenn euch jemand erzählt, dass immer alles sofort gut ausgeht. Paulus hatte das nämlich nicht, dass sich alles in Jubel und Begeisterung auflöst.
Paulus’ Erfahrungen mit Bedrängnissen und die Kraft des Herrn
Ich habe einen Brief erhalten, in dem ein reifer Christ schrieb: In den letzten Wochen ging ein Christ durch viel Not und Enttäuschung. Doch in dieser Zeit durfte er ganz besonders Gottes Nähe und seine Hilfe erfahren. Das ist der entscheidende Punkt. Er hat die Siegeskraft Jesu erlebt.
Schwache Menschen sind oft mutlos, angefochten und zweifelnd. Aber dieser Christ hat den Herrn erlebt. Heute Morgen beim Bibellesen sagte jemand, und ein anderer stimmte zu: „Ich gehe aus dieser Bibelstunde erneuert und erquickt heim.“ Er hat das Evangelium von Jesus neu entdeckt. In seinem Leben bleibt die Enttäuschung, aber er blickt auf ihn.
Darum rühmt sich Paulus hier seiner Bedrängnisse, seiner Tranksal und seiner Frustrationen. Dann zählt er sie alle auf. Er sagt nicht, dass sie ihm gar nicht belastend sind, sondern zeigt, dass es im christlichen Leben solche Stunden gibt. Wir haben schwere Bedrängnisse, und Paulus kann sie nicht einfach abschütteln. Wissen Sie, er kann sie nie ganz loswerden, sie bleiben. Er wollte auch gern sagen: „Pff, das geht mich nichts mehr an, das ist vorbei.“ Aber das geht nicht.
Was hat Paulus durchgemacht? Ich denke manchmal, das, was Paulus erlebt hat, hätte ich nicht einmal entfernt durchgestanden. Die Enttäuschungen im engsten Kreis seiner Mitarbeiter hat er erlebt, wie sich Gemeinden gegen ihn empört haben. Manche Menschen sind ja nicht immer so lieb. Er hat Frustration um Frustration erlebt. Seine besten Mitarbeiter sind davon gelaufen und haben das Christentum verlassen.
Er sagt: „Ich habe die Bedrängnisse, aber der Herr gibt mir wieder Luft und nimmt die Angst weg.“ Dann spricht er davon, wie er eingeschnürt und eingeengt ist. In solchen Stunden wollen wir einander helfen: eingeschnürt und eingeengt, aber wir verzagen nicht. Warum verzagen wir nicht? Weil der Herr uns führt.
Ich weiß das auch, wenn ich nichts sehe, nichts fühle und nichts spüre. Aber der Herr ist da. Wir wissen nicht mehr weiter, wenn der Weg plötzlich in Abgründe führt. Doch ich weiß auch: Wenn ich abstürze, falle ich in die offenen Arme Jesu. Das ist der Grund.
Wir werden gehasst und verfolgt, aber wir sind nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wenn ich das noch einmal weiter ausführen darf: Wie ist dieses Unterdrücken? Wir werden niedergedrückt, wir werden ganz, ganz tief gebeugt. Und was kommt unten? Nicht der Dreck, sondern die Gnade Jesu, die mich hält. Tiefer kann ich nie mehr fallen.
So eine wunderbare Erfahrung macht Paulus bis hinein in die großen Nöte seines kranken Leibes. Ich weiß nicht genau, wie Ihre Situation ist – ob Sie mehr mit Krankheit zu kämpfen haben, Schwierigkeiten mit Menschen oder wo Sie gerade liegen. Aber das ist ein so wunderbares Wort für uns, so verpackt: Gott bewahrt den Schatz seines Evangeliums.
Wenn nur Jesus groß herauskommt, wenn nur Jesus groß herauskommt. Unser Kirchlein trägt den Namen Ludwig Hofacker. In dieser Kirche darf es nie passieren, dass sich ein Mensch rühmt seiner Größe oder imponierenden Erscheinung. Dieser zerbrochene Gotteszeuge, körperlich so schwach und von Schmerzen geplagt – so hat Gott in den letzten zweihundert Jahren nicht mehr in unserer Stadt gesprochen wie durch diesen Zeugen.
Jetzt habe ich extra einen Brief Hofackers herausgesucht. Vielleicht sollten wir das in diesem Gedenkjahr öfter tun, dass wir von ihm erzählen. Wissen Sie, was er da an einen Freund schreibt? „Ich kann dir gar nichts von mir erzählen, Ludwig Hofacker. Mein Glaube ist noch sehr klein, schwach und wankend. Er würde, denke ich, durch eine kleine Anfechtung zerbrechen.“ Er war der große Prediger in der Lehnheitskirche, und doch sagt er: „Mein Glaube ist so schwach!“
Dann spricht er von seinem Leiden, wobei er sich selbst die Schuld gibt – gar nicht den Schmerzen. Das Schlimmste sei, dass er sich ärgert, so wenig Christ zu sein, so wenig Vertrauen zu haben. Man ist so, wie man nicht sein wollte. Da bleibt nichts anderes, als wie ein Bankrotteur die Gnade Jesu zu ergreifen und weiterzugehen.
„Das Herz ist blöde und verzagt beim Blick auf sich selbst. So schleife ich mich herum, bis ich wieder den Blick habe auf das freie Erbarmen Jesu. Er hat es angefangen, er wird es auch mit mir zu Ende führen.“ Das war der Schrei Hofackers: Du kannst dich allein auf die Gnade Jesu verlassen, auf nichts sonst. Und dass er gar nicht mehr versuchte, von sich irgendetwas Großes zu machen. Und genau da konnte Gott ihn gebrauchen. Das war das Evangelium.
Und genau das sagt Paulus hier im Vers 6. Das ist der helle Schein in unseren Herzen. Der helle Schein ist nicht das Leuchten der Augen. Ich würde Sie auch gern netter anstrahlen, aber ich kann es nicht. Wir sind so, wie wir alle sind. Wir haben unsere Begrenzungen.
Der helle Schein des Evangeliums ist genau das, dass wir durch unser Zeugnis etwas weitergeben können von dem, was wir selbst erlebt haben und was uns rettet: Jesus Christus hält mich und trägt mich. Er ist mein Heiland, ihm darf ich vertrauen.
Es ist heute Mode, dass Christen immer von sich reden. Dabei ist das uninteressant, das dümmste Thema, das man machen kann – außer mit dem einen Hinweis: An meinem Leben ist nichts Imponierendes und nichts Großes, sondern Christus. Das ist jeden Tag das, woran ich mich wie ein Ertrinkender halten kann.
Christus ist da, er ist mein Herr. Er lässt mich nicht los, er verstößt mich nicht. An ihn halte ich. Da bleibt kein Raum mehr, wo wir von uns große Worte machen. Es geht gar nicht um unsere Dienste, sondern um den hellen Schein des Evangeliums, dass ich mit meiner schwachen, zitternden Hand diesen starken Herrn greifen darf und auf ihn hoffen kann.
Jesus, ich bin gespannt, was du machst. Wir sehen nicht, wie die nächsten Wochen und Monate weitergehen. Jesus, wir sind gespannt. Wir wollen nur bedingungslos und gehorsam dir folgen. Ich will mich nicht mehr nach meinen eigenen Gedanken richten. Ich will bloß noch dir folgen.
Ich habe Ihnen vor Jahren einmal erzählt, wie dieser berühmte Glaubensmann George Müller genau das hatte. Aber heute reicht die Zeit nicht dafür. Ich erzähle Ihnen noch einmal kurz von Martin Luther.
1527, das Jahr seiner schwersten Demütigung und inneren Erschütterung, auch einer Verdunkelung seines Glaubens. Er schreibt damals, wie er durch so schwere Anfechtungen in diesem Jahr gegangen sei, dass er täglich gespürt habe, wie der Satan mit aller Macht gegen ihn wüte und wie die Schläge ihn trafen.
Er hat so darunter gelitten, dass er mehrfach in diesem Jahr Abschied von seinen Lieben genommen hat. Er suchte ein Beichtgespräch und meinte, er sterbe noch an diesem Tag vor körperlicher Schwere. Er hat unheimliche seelische Beklemmungen durchlitten.
Damit Sie wissen: Nicht, dass Sie sagen, ihr redet nie über meine Anfechtungen, über meine Zweifel. Das ist für den Christen ein Normalzustand. Seien Sie froh, wenn Sie es nicht durchmachen müssen. Aber ich rede jetzt für die, die es müssen.
Ein Abgrund tat sich vor ihm auf. Schon in der Frühe des Morgens hat er den Seelsorger rufen lassen, weil er nicht mehr beten konnte. Er hatte keine Kraft mehr.
Ich zitiere aus dem, wie wir es in unserem Buch geschrieben haben: „Er fühlte sich in Tod und Hölle geworfen in diesen heftigen Anfechtungen. Fast hätte er Christus verloren, umhergetrieben von den Fluten der Verzweiflung. Da hat es ihn in diesen Stunden getragen, dass andere für ihn gebetet haben.“
Dann brach noch die Pestseuche aus. In seinem Haus starb jemand an der Pest. Er wollte Wittenberg nicht verlassen. Es traf eine andere Nachricht ein, dass ein wichtiger Zeuge des Evangeliums auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Sein Sohn Hans war am Rand des Todes und ganz verzweifelt.
Er schrieb nieder in einem Brief: „Äußerlich sind Kämpfe, innerlich Ängste, und zwar sehr bittere. Christus sucht uns heim. Ein Trost bleibt, den wir dem wütenden Satan entgegensetzen können: dass wir wenigstens das Wort Gottes haben, um die Seelen der Gläubigen zu retten, auch wenn er die Leiber verschlingt.“
Darum befiehlt er den Brüdern und sich selbst, dass sie für ihn beten, „dass wir die Hand des Herrn tapfer ertragen und die Macht und List des Satans besiegen, sei es durch Tod oder Leben.“
Und mitten in diesen Dunkelheiten ist das Lied entstanden: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein guter Wehr und Waffen.“ Nur der Psalm 46 nachgedichtet.
So dürfen Sie es mit den Gottesworten machen, in den Bedrängnissen, in denen Sie leben, in den Ängsten, die Sie durchleiten. Der Schatz des Evangeliums kommt zum Tragen, da wo Sie ihn umsetzen und ein Loblied und Danklied daraus machen.
Amen.
Ludwig Hofacker als Beispiel für schwachen Glauben und göttliche Gnade
Jetzt habe ich extra einen Brief von Hofacker herausgesucht. Vielleicht sollten wir das in diesem Gedenkjahr öfter tun: von ihm erzählen. Wissen Sie, was er da an einen Freund schreibt?
„Ich kann dir gar nichts von mir erzählen, Ludwig Hofacker. Mein Glaube ist noch sehr klein, schwach und wankend. Er würde, denke ich, durch eine kleine Anfechtung zerbrochen werden.“
Er war der große Prediger in der Lehnheitskirche. Und doch sagt er: „Mein Glaube so schwach!“ Dann spricht er von seinem Leiden, wobei er sich selbst die Schuld gibt. Es sind nicht die Schmerzen, die ihm am schlimmsten erscheinen. Sondern er ärgert sich darüber, dass er so wenig Christ ist, so wenig Vertrauen hat. Man ist so, wie man nicht sein wollte.
Da bleibt nichts anderes, als dass man, „wie ein Bankrotteur“, so sagt er, die Gnade Jesu ergreift und weitermacht. „Das Herz ist blöde und verzagt beim Blick auf sich selbst. So schleppe ich mich herum, bis ich wieder den Blick habe in das freie Erbarmen Jesu. Er hat es angefangen, er wird es auch mit mir zu Ende führen.“
Das war doch der Schrei Hofackers: Du kannst dich allein auf die Gnade Jesu verlassen, auf nichts sonst. Und er hat gar nicht mehr versucht, von sich selbst irgendetwas Großes zu machen. Und gerade so konnte Gott ihn gebrauchen.
Das war das Evangelium.
Der helle Schein des Evangeliums als Kraftquelle
Und genau das sagt Paulus hier im Vers 6. Das ist der helle Schein in unseren Herzen. Der helle Schein ist nicht das Leuchten der Augen. Ich würde Sie auch gern netter anstrahlen, doch ich kann es nicht. Wir sind so, wie wir alle sind. Wir haben unsere Begrenzungen.
Der helle Schein des Evangeliums besteht genau darin, dass wir durch unser Zeugnis etwas weitergeben können von dem, was wir selbst erlebt haben und was uns rettet. Jesus Christus hält mich und trägt mich. Er ist mein Heiland, ihm darf ich vertrauen.
Es ist heute Mode, dass Christen immer von sich reden. Dabei ist das uninteressant, das dümmste Thema, das man machen kann – außer mit dem einen Hinweis: An meinem Leben ist nichts Imponierendes und nichts Großes, sondern Christus. Das ist jeden Tag das, woran ich mich wie ein Ertrinkender halten kann.
Christus ist da, er ist mein Herr. Er lässt mich nicht los, er verstößt mich nicht. An ihn halte ich. Da bleibt kein Raum mehr, um von uns große Worte zu machen. Es geht gar nicht um unsere Dienste, sondern um den hellen Schein des Evangeliums, dass ich mit meiner schwachen, zitternden Hand diesen starken Herrn greifen darf und auf ihn hoffen darf.
Jesus, ich bin gespannt, was du machst. Sandkorn für Sandkorn sehen wir nicht, wie die nächsten Wochen und Monate weitergehen. Jesus, wir sind gespannt. Wir wollen nur bedingungslos und gehorsam dir folgen. Ich will mich nicht mehr nach meinen eigenen Gedanken richten. Ich will bloß noch dir folgen.
Beispiele aus der Kirchengeschichte: George Müller und Martin Luther
Ich habe Ihnen vor Jahren einmal erzählt, wie dieser berühmte Glaubensmann George Müller genau das erlebt hat. Aber heute reicht die Zeit dafür nicht. Deshalb erzähle ich Ihnen noch einmal kurz von Martin Luther.
1527 war das Jahr seiner schwersten Demütigung und inneren Erschütterung, auch einer Verdunkelung seines Glaubens. Er schreibt damals, wie er durch so schwere Anfechtungen in diesem Jahr gegangen sei, dass er täglich gespürt habe, wie der Satan mit aller Macht gegen ihn wüte und wie die Schläge ihn treffen.
Er hat so darunter gelitten, dass er mehrfach in diesem Jahr Abschied von seinen Lieben genommen hat, ein Beichtgespräch suchte und meinte, er sterbe noch an diesem Tag vor körperlicher Schwere. Er hat unheimliche seelische Beklemmungen durchlitten. Damit sie es wissen: Nicht, dass sie sagen, ihr redet nie über meine Anfechtungen, über meine Zweifel. Das ist für den Christen ein Normalzustand. Seien Sie froh, wenn Sie es nicht durchmachen müssen. Aber ich spreche jetzt für die, die es müssen.
Ein Abgrund tat sich vor ihm auf. Schon in der Frühe des Morgens hat er den Sellsorufen lassen, weil er nicht mehr beten konnte. Er hatte keine Kraft mehr. Ich zitiere aus dem, wie wir es in unserem Buch geschrieben haben: „Er fühlte sich in Tod und Hölle geworfen in diesen heftigen Anfechtungen. Fast hätte er Christus verloren, umhergetrieben von den Fluten der Verzweiflung. Da hat es ihn in diesen Stunden getragen, dass andere für ihn gebetet haben.“
Dann brach noch die Pestseuche aus. In seinem Haus starb jemand an der Pest. Er wollte Wittenberg nicht verlassen. Es traf eine weitere Nachricht ein, dass ein wichtiger Zeuge des Evangeliums auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Sein Sohn Hans war am Rand des Todes und ganz verzweifelt.
Er schrieb nieder in einem Brief: „Äußerlich sind Kämpfe, innerlich Ängste, und zwar sehr bittere. Christus sucht uns heim. Ein Trost bleibt, den wir dem wütenden Satan entgegensetzen: dass wir wenigstens das Wort Gottes haben, um die Seelen der Gläubigen zu retten, wenn er auch die Leiber verschlingt.“
Darum befiehlt er den Brüdern und euch selbst, dass ihr für uns betet, damit wir die Hand des Herrn tapfer ertragen und die Macht und List des Satans besiegen, sei es durch Tod oder Leben.
Und mitten in diesen Dunkelheiten ist das Lied entstanden: „Ein feste Burg ist unser Gott“, ein guter Wehr und Waffen – nur der Psalm 46 nachgedichtet.
Schlussgedanken: Das Evangelium als Quelle von Trost und Kraft
Und so dürfen Sie es mit den Gottesworten machen – in den Bedrängnissen, in denen Sie leben, und in den Ängsten, die Sie durchleiten.
Der Schatz des Evangeliums kommt zum Tragen dort, wo Sie es umsetzen und daraus ein Loblied und ein Danklied machen. Amen!
