Ich freue mich, heute Abend mit Ihnen gemeinsam einen Blick in die Bibel zu werfen und dabei auch die weltweite Gemeinde Jesu zu betrachten. Wir haben ein Thema vor Augen: Glaube ohne Netz und doppelten Boden. Aber wie findet man einen solchen Glauben?
Dieses Bild stammt aus der Trapezkünstlerei: Da schwingt jemand hin und her. Das allein ist schon nervenaufreibend. Doch wenn es kein Netz oder keinen doppelten Boden gibt – wenn jemand von einem Gebäude zum anderen über ein Seil spaziert und darunter nur der Abgrund ist – dann braucht man Mut.
Woher nehmen wir als Christen diesen Mut? Woher kommt unsere Kraft? Deshalb zunächst ein Einstieg in die Bibel, aus dem Johannesevangelium, Kapitel 21, einige Verse. Ich habe sie überschrieben mit: „Jesus steht am Ufer deines Lebens“. Weil Jesus dich sieht und über dir wacht, kannst du den Mut und die Kraft haben, Glauben zu leben – ohne Netz und doppelten Boden.
Wir haben kein Netz, wir haben keinen doppelten Boden, aber wir haben Jesus, der bei uns ist und uns trägt.
Johannes 21,1-14: Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, Nathanael aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.
Nach Ostern spricht Simon Petrus zu ihnen: „Ich will fischen gehen.“ Sie sagen zu ihm: „So wollen wir mit dir gehen.“ Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. In dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es aber Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Er spricht zu ihnen: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Sie antworteten ihm: „Nein.“ Er aber sprach zu ihnen: „Werft das Netz aus zur rechten Seite des Bootes, so werdet ihr finden.“
Da warfen sie es aus und konnten es nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: „Es ist der Herr!“ Als Simon Petrus das hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser.
Die anderen Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.
Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Jesus spricht zu ihnen: „Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt!“ Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.
Jesus spricht zu ihnen: „Kommt und haltet das Mahl!“ Niemand aber unter den Jüngern wagte ihn zu fragen, wer er sei, denn sie wussten, dass es der Herr war.
Da kommt Jesus, nimmt das Brot und gibt es ihnen, ebenso auch die Fische. Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war.
Lass uns beten:
Lieber Herr, wir danken dir, dass du ein Gott bist, der sich offenbart. Darum wollen wir dich auch an diesem Abend bitten: Du siehst, was der Tag für uns war, welche Fragen wir mitgebracht haben, was uns vielleicht traurig macht. Vielleicht war da noch Unruhe, Hektik, ein kleiner Zank oder Sorgen aus unserem Alltag, dem Geschäft oder der Familie.
Herr, du siehst das alles, wie wir heute Abend hier sitzen. Wir brauchen die Begegnung mit dir, genauso wie die Jünger es an jenem Tag brauchten. Wir brauchen es immer wieder neu, Herr, dass du dich uns offenbarst und wir dir begegnen dürfen.
Das ist unser Gebet an diesem Abend: Herr, sprich in unser Leben hinein und lass uns erkennen, wer du bist und was dein Plan für unser Leben ist. Wir danken dir, Herr, für das Vorrecht, in aller Freiheit über dein Wort nachzudenken. Bitte sprich zu uns. Amen.
Was für eine Geschichte! Eigentlich ist es eine Geschichte, wie sie ständig in unserem Leben vorkommt. Das kennen wir alle. Man hat einen Tag lang etwas ausprobiert, gearbeitet – und am Ende ist doch nichts daraus geworden.
Bei Petrus war es fast schon tragisch. Das war ja sein Metier. Jesus hatte ihn aus dem Fischgeschäft herausgerufen, um Jünger zu werden. Er sollte ein Menschenfischer werden. Doch dann wurde Jesus gekreuzigt. Man hörte, dass er auferstanden sei, es gab sogar Erscheinungen, aber alles war nicht richtig greifbar.
Da sagte Petrus: „Wir haben es gehört, aber ich weiß nicht, das hat doch irgendwie alles keinen Zweck. Mir ist das alles zu unsicher. Ich lasse uns zurückgehen zu dem, was wir kennen. Wir wollen jetzt einfach wieder fischen.“
So geht es uns auch manchmal. In der Gemeinde probiert man etwas aus, in der Familie vielleicht eine Abendandacht, und dann läuft es schief. Es wird kompliziert, man möchte alles hinschmeißen und denkt, es hat keinen Zweck. Dann lässt man es einfach bleiben.
So war es auch bei den Jüngern. Sie hatten die ganze Nacht gearbeitet, die ganze Nacht. Viele von ihnen waren vielleicht schon in Israel, man stellt sich das ja warm vor. Aber es war gerade noch Osterzeit. Da ist es kühl, man ist auf dem See, die Sachen werden nass, die Hände tun weh – und dann ist alles umsonst.
Jetzt kommen wir von Ostern her. Da fragt man sich: „Gute Güte, der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Ja, Jesus, was ist jetzt mit all den großen Verheißungen? Ist seit Ostern überhaupt nichts anders geworden, auch in deinem Leben und in meinem? Wo ist Gott?“
Unser Text sagt uns, wo Gott ist. Und das gilt nicht nur für die Jünger damals, sondern genauso für uns heute Abend hier in der langen Steinbacher Höhe.
Wo ist Gott? Gott steht am Ufer deines Lebens. Er sieht dich in deinem täglichen Auf und Ab, wartet auf dich und ist da für dich.
Das ist die große Zuversicht, die wir mit diesem Text seit Ostern haben dürfen. Aber der Reihe nach.
Lasst uns einen Ausflug machen, und zwar an einen Ort, etwa 2000 Jahre zurück in der Zeit. Es ist nicht Abend, sondern früher Morgen, vielleicht gegen vier Uhr. Da sitzen wir also am See Genezareth im ersten Jahrhundert, ungefähr zwei Kilometer von Kapernaum entfernt.
Wir sind nicht allein. Da ist Jesus, und irgendwo draußen auf dem See sind sieben seiner Jünger. Was machen sie? Sie fischen. Warum? Petrus hatte doch etwas anderes gehört. Er hatte von Jesus gehört: „Du sollst Menschen fischen.“
Aber dann ist er gescheitert. Er hatte Jesus verleugnet, ihm war alles zwischen den Fingern zerronnen, und alles schien verloren. Schließlich sagte er zu seinen Freunden: „Ich weiß nicht weiter, wir gehen einfach zurück und wollen fischen. Das eine können wir doch noch.“
Also fischen sie, doch auch das bringt keinen Erfolg. Dann steht Jesus am Ufer und sieht das ganze Elend seiner Jünger. Die Jünger wissen noch nicht, dass Jesus da ist. Und das geht uns oft genauso: Wir stecken in Problemen fest und merken gar nicht, dass Jesus da ist. Gott kommt uns dann fern vor, oder wir fühlen uns von ihm getrennt.
Ihr Lieben, was ist das für ein Gott, der sich von unseren Gefühlen nicht aufhalten lässt? Damals nicht, heute nicht. Ein Gott, der am Ufer auf seine Jünger wartet, der nicht nur wartet, sondern auch Frühstück macht. Ein Gott, der das Treffen mit seinen Jüngern vorbereitet.
Was ist das für ein Gott? Ich möchte heute Abend versuchen, vier Antworten auf diese Frage zu geben: Was ist das für ein Gott?
Petrus hatte den Mund voll genommen, ihr wisst das. Er sagte: „Ich nicht, wenn alle dich verraten, ich nicht.“ Und Jesus sagte: „Du wirst mich dreimal verleugnen.“ Und so kam es dann auch.
Dieser Verleugner ist jetzt irgendwo da draußen im Nebel auf dem See, und Jesus sieht ihn. Was ist das für ein Gott, der auf seine Jünger wartet, der Petrus sucht und an diesem Morgen findet? Dieser Gott, der auch dich und mich sucht und uns sucht, bis – so heißt es in Lukas 15 – er uns findet, dich findet, mich findet und immer wieder neu findet. Was für ein Gott!
Die erste Antwort, die ich auf die Frage geben möchte, „Was ist das für ein Gott?“, lautet: Es ist der Gott der zweiten Chance. Das geht uns ja oft so wie Petrus, nicht wahr? Wir machen das ja auch manchmal falsch. Wir bleiben hinter unseren eigenen Ansprüchen weit zurück, ich auch. Und eine zweite Chance würde bei mir gar nicht reichen, auch keine zwanzigste.
Ich habe vorhin schon angedeutet: vierzehn und einundzwanzig – was war da alles dazwischen bei mir? Vielleicht reicht uns ja nicht mal die zweihundertste Chance. Und da ist Gott und wartet auf dich und auf mich. An dem Morgen war er da für Petrus, ihr Lieben.
Wenn man die Bibel liest, könnte man fast ein theologisches Argument probieren, so nach dem Motto: Um von Gott geliebt zu werden, muss man eigentlich nur ein Versager sein. In der Bibel finde ich das immer wieder. Da sind Menschen wie du und ich, die es einfach nicht auf die Reihe kriegen.
Abraham, das große Vorbild im Glauben, sagt doch über seine Frau: „Sie ist meine Schwester.“ Oder Elia, dieser Gottesstreiter, fällt in eine tiefe Depression, weil die Isebel ihm mit dem Tod droht. Oder David, dieser gesegnete König, der dann die Beterseba vergaß, die Duschtür nicht zumachte und alles zusammenbrach über der Versuchung. Und Jona, der die Berufung bekommt und flieht, das Schiff findet und wegfährt von Gottes Wegen. Oder Thomas, der nicht glauben kann. Oder eben Petrus, der Jesus dreimal verleugnet.
Gott liebt Versager. Gott liebt Leute wie dich und mich, die es nicht hinbekommen, die es versuchen und immer wieder scheitern. Und vielleicht sitzen wir heute Abend hier als solche Versager.
In der Bibel ist das interessant: An manchen Stellen hilft es, wenn man Griechisch kann. Im Studium lernt man das. Dann merkt man, dass dieses Kohlenfeuer, das Jesus da macht für das Frühstück – Kohlenfeuer für die Fische – das Wort kommt zweimal im Neuen Testament vor. Wisst ihr, wo das zweite Mal vorkommt? Dort, wo Petrus verleugnet hat, im Innenhof, wo es so kalt war und sie sich alle um das Feuer gestellt haben.
Petrus sagt: „Ich werde dich nie verleugnen.“ Da kam eine Magd – nichts gegen Mägde, also eine einfache Frau, eine Haushälterin, eine Reinigungskraft – und sagt: „Du gehörst doch auch dazu.“ Das Schönste, was man über uns sagen kann, ihr Lieben: „Du gehörst zu Jesus.“ Was soll man mehr über unser Leben sagen?
Und Petrus sagt nein, dreimal am Kohlenfeuer. Jetzt das zweite Mal. Ob Petrus vielleicht gedacht hat: Irgendwie kommt mir das bekannt vor, wieder so ein Feuer, wieder so ein kalter Tag? Und dann wartet Jesus auf ihn, weil Jesus Versager liebt.
Auch das mit dem Fischen ist das zweite Mal. Beim ersten Fischzug haben sie ja nichts gefangen. Dann hat Jesus gesagt: „Mach mal so“, und dann haben sie gefangen. Das war seine Berufung (Lukas 5). Dann verließen sie alles und folgten ihm nach. Und jetzt sind sie wieder am Fischen.
Petrus hat vielleicht gedacht: Irgendwie habe ich so ein Déjà-vu. Irgendwie war ich doch schon mal hier an dieser Stelle in der Geschichte. Vielleicht kennen Sie das auch. Vielleicht kommt es Ihnen in Ihrem Glauben auch manchmal so vor: „Irgendwie war ich schon mal hier. Jetzt kann es doch nicht sein, dass ich hier wieder auf die Nase gefallen bin.“
Dann tröstet mich dieses Wort im 1. Johannes 1,9: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Schuld vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ Und das darf Petrus an diesem Morgen erleben, als er da fischt und Jesus ihn trifft: dass Jesus ihm vergibt.
Er erinnert die Sünde nicht mehr, er vergibt, er vergibt, er vergibt und er vergibt. Was ist das für ein Gott? Der Gott der zweiten Chance.
Aber nicht nur der Gott der zweiten Chance – das wäre mir zu wenig, wirklich – sondern er vergibt ja nicht nur, sondern er beauftragt diesen Versager Simon Petrus: „Weide meine Lämmer.“ Das kommt ein bisschen später in dem Kapitel.
Der uns unsere Schuld vergibt, möchte dich und mich berufen, segnen und zum Segen setzen. Er möchte dich gebrauchen in seinem Reich und in seinem Dienst. All die verpassten Chancen, all die Male, wo wir versagt haben, all das, was schiefgegangen ist – Gott möchte sagen: Das ist die Vergangenheit. Jetzt möchte ich mit dir neu anfangen und dich segnen und zum Segen setzen.
Es ist ein lebendiger Gott.
Eine zweite Antwort auf die Frage: Was ist das für ein Gott? Die erste Antwort lautete: „Der Gott der zweiten Chance.“ Die zweite Antwort lautet: „Der Gott, der sich offenbart.“
Vielleicht brauchst du heute Abend so eine zweite Chance. Das ist in meinem Leben immer wieder sehr peinlich. Es ist peinlich, selbst wenn man Pastor ist. Man läuft eine Weile, und dann merkt man: Jetzt brauche ich wieder ein Seelsorgegespräch, ich muss wieder klar Schiff machen. Ich weiß gar nicht, wie es dazu kam, aber es hat sich wieder etwas angehäuft, es ist wieder da – Vergebung.
Da können wir einfach das Gespräch suchen, beten, und Gott vergibt. Aber vielleicht ist das heute Abend nicht dein Problem. Vielleicht brauchst du eine frische Offenbarung Gottes. Man ist schon so lange unterwegs mit dem Herrn, und die erste Liebe ist irgendwie erkaltet, alles ist so lange her. Unser Gott ist ein Gott, der sich offenbart.
In Vers 7 heißt es, da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus. Man müsste eigentlich schreien, wahrscheinlich hat Johannes geschrien: „Es ist der Herr!“ Auf einmal erkennt er: Es ist der Herr. Man muss sich das mal vorstellen: Johannes blinzelt so durch den Nebel hindurch am Ufer, sieht jemanden und versteht plötzlich, dass der, der da am Ufer steht, derjenige ist, der ihnen gerade gesagt hat, was sie tun sollen. Das ist der Herr, der den Wellen und den Wind befiehlt, der Herr, der extra Lazarus mit Namen rufen muss.
Damals gab es Gemeinschaftsgräber, damit nur einer herauskommt. Wenn Gott spricht „Kommt heraus!“, dann kommen sie heraus, sonst nicht. Und auf einmal versteht Johannes: Das ist der Herr.
Ihr Lieben, wenn wir das in unserem Leben wieder verstehen, wenn uns dieser Blick durch den Nebel unseres Alltags wieder geschenkt wird, dann fällt schon viel ab. Dann ist Johannes ganz begeistert, der am Ufer steht. Er sieht den, der alles lösen kann, der den Blinden das Augenlicht gibt und den Tauben das Hören. Johannes liebte diesen Herrn: Es ist der Herr!
Und das hört Simon. Als Simon das hört – „Es ist der Herr!“ – tut er sich seinen Gürtel um und springt ins Wasser. Das ist ein Bild. Wir machen das heute oft umgekehrt: Da zieht man schnell das Sakko aus und vielleicht noch die Badehose an, und dann springt man ins Wasser. Petrus zieht sich an. Warum? Weil er weiß – und das ist wichtig, dass wir das wissen: Der, der am Ufer steht, ist nicht mein Kumpel Jesus.
Wissen Sie, das macht mir heute manchmal Kummer, auch in mancher Verkündigung. Der, der am Ufer steht, ist nicht mein Kumpel Jesus, mit dem ich abends ein Bier trinken gehe, sondern der, der am Ufer steht, ist der Herr. Und weil Petrus das weiß, zieht er sich etwas an und springt ins Wasser. Dann gibt es nur noch eins: „Näher, mein Gott, zu dir, näher zu dir!“ Und er schwimmt zu Jesus.
Es ist der Herr, ihr Lieben, Gott lebt. Die Bibel ist kein Wachsfigurenkabinett. Es geht nicht darum, dass wir denken: „Oh, Petrus, wow, David, Abraham!“ Nein, der Gott, der mit Abraham, Petrus und David unterwegs war, ist der Gott, der sich auch dir und mir offenbaren möchte. Es ist der Herr.
Petrus weiß das. Warum? Weil sie es gerade erlebt haben. Das ist ja ein Wunder, was da passiert. „Habt ihr etwas gefangen?“ Vielleicht hören Sie das: Ich komme aus Ostfriesland, aus Esens-Bensersiel, einem Küstenbadeort, und dort gibt es noch Krabbenfischer. Die Kurgäste stehen morgens gern am Hafen, wenn die Boote, die Kutter, wieder reinkommen.
Aber machen Sie das nicht so wie Jesus, nach dem Motto: Mit der großen Kamera in den Kutter gucken und dann sagen: „Habt ihr gar nichts gefangen?“ Das kommt bei den Ostfriesen nicht gut an. Aber Jesus scheut sich nicht, den Finger auf die wunden Stellen in unserem Leben zu legen. „Hat es wieder nicht geklappt? Habt ihr wieder diesen Krach in der Ehe gehabt? Habt ihr nichts gefangen?“
Und dann sagt er zu Petrus: „Mach es mal so!“ Das machen sie in Ostfriesland auch nicht, dass man dem Fischer sagt: „Nichts gefangen, ich hätte da mal eine Idee, probier es mal so.“ Aber der Herr tut das. Der Herr spricht auch in dein Leben und mein Leben hinein und sagt manchmal: „Mach es anders, probier es mal so!“ Und dann fangen sie die Fische.
Das war hier fast lächerlich: Auf der einen Seite rechts vom Boot, auf der anderen links, die Fische sind unter dem Boot. Bei Jesus geht es um Gehorsam. Bei Jesus geht es nicht darum, ob dein oder mein Verstand versteht, was der Sinn dieses Gebotes ist. Seine Gebote sind unsere Lebensregeln.
Dann ist das Boot voller Fisch: 153 – ganz schön viel Fisch, gerade so viel, dass Petrus, der Fischer, versteht: Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Es ist der Herr! Gott offenbart sich denen, die ihn lieben. Gott ist da. Petrus geht aus dem Boot und geht hin zu Jesus.
Mich hat das bewegt. Das ist ja heute auch noch so, dass Gott sich offenbart. Ich war neu als Pastor in einer Gemeinde in Norddeutschland und wurde in ein Hospiz gerufen zu einer Frau, die im Sterben lag. Ich stellte mich vor, die lieben Geschwister der Gemeinde hatten mir schon alle Grüße mitgegeben. Ich sagte: „Ich bin der Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche, schönen guten Tag. Ich darf Ihnen auch ganz herzliche Grüße von Schwester So und So und Bruder So und So bringen. Darf ich Ihnen vielleicht ein Wort aus der Bibel vorlesen? Wäre es Ihnen recht, wenn ich Ihnen den 23. Psalm vorlese?“
Dann habe ich einfach gelesen. Und als ich las: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir“, da ging das Gesicht auf. Er hörte zu. Wie kann das sein bei jemandem, der so weggetreten war? Weil Gott ein Gott ist, der sich offenbart.
Wenn wir so alt sind, dass wir kaum noch richtig hören können, wenn wir so in Sünde versunken sind, dass wir nicht mehr wissen, wie es weitergeht, wenn wir so von Sorgen belastet sind, dass wir nicht mehr hören können – Gott ist immer noch ein Gott, der durchdringt, der dein Herz erreichen kann, der sich uns offenbaren kann.
Gott ist ein Gott, der sich offenbart. Vielleicht brauchst du ein frisches Wort, eine Offenbarung vom Herrn. Dann ruf doch einfach: „Herr, ich brauche dich. Ich brauche, dass du mich ganz neu ansprichst!“ Du kannst durchbrechen durch all das, was sich über meinem Leben aufgehäuft hat.
Gott ist ein Gott der zweiten Chance, ein Gott, der sich offenbart, und ein Gott, der uns liebt und unsere Liebe verlangt.
Das habe ich jetzt nicht gelesen, aber ich bin ja an der langen Steinbacher Höhe in der Bibelstunde. Sie kennen ja dieses Zwiegespräch zwischen Petrus und Jesus, in dem Petrus von Jesus dreimal die Frage hört: „Hast du mich lieb?“
An dieser Stelle sind es eigentlich nicht viele Stellen, aber es hilft auch, noch einmal einen Blick ins Griechische zu werfen. Denn diese Fragen sind nicht immer gleich. Im Griechischen gibt es verschiedene Worte für Liebe. Ich übersetze das jetzt mal auf meine Art als aus Friese.
Das erste Mal fragt also Jesus Petrus: „Hast du mich lieb mehr als alles andere in der Welt?“ Petrus antwortet, wie so ein Friese, ein bisschen kurz angebunden: „Ja, Jesus, ich habe dich gern.“ Das sind die zwei Worte.
Dann wiederholt Jesus die Frage: „Petrus, hast du mich lieb mehr als alles andere auf der Welt?“ Und Petrus sagt wieder: „Ja, Herr, ich mag dich.“
Dann dreht Jesus die Frage um: „Petrus, magst du mich? Bin ich dein Kumpel?“ Und dann fängt Petrus an zu weinen. Das reicht ja nicht, das reicht ja nicht, dass Jesus mein Freund, mein Kumpel ist, dass ich ihn so ein bisschen mag. Er sagt: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, ich will dich lieben.“ Ganze Hingabe.
Unser Gott ist ein Gott, der uns liebt und der unsere Liebe verlangt. Ihr Lieben, Gott möchte, dass wir ganz bei ihm sind. Das können wir gar nicht. Aber wir können wie Petrus schreien: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb haben möchte.“
Der Gott der zweiten Chance, der ist lieb, wenn wir zu ihm zurückfinden. Der Gott, der sich offenbart, wenn wir gar nicht mehr aus noch ein wissen, dann erreicht uns sein Wort doch.
Und der Gott, der unsere Liebe verlangt und der uns liebt so sehr, dass er, Gott der Sohn, für dich und für mich starb.
Was ist das für ein Gott? Und noch eine letzte Antwort: Es ist der Gott, der Leben verändert.
Wir sind mit unserem Text, und das ist auch die Brücke zu diesem Thema „ohne Netze und doppelten Boden“. Da fängt die Kirche an, das ist der Beginn der Missionsgeschichte. Dieses Frühstück am See Genezareth wird die Geschichte der Welt verändern.
Diese paar Leute gehen hinaus und tragen das Evangelium bis an das Ende der Erde. Diese paar Leute – Simon, der verleugnet. Jesus sagt: Dieser Simon soll Petrus sein, der Fels. Jesus ist ein Gott, der unser Leben verändert.
Simon soll zu Petrus werden, der Verleugner soll zum Felsen werden, zum Bekenner. Der Unterschied könnte nicht krasser sein: Gerade noch am Feuer dreimal die Verleugnung, und dann in der Apostelgeschichte, wo sie dort stehen und sagen: „Wir können gar nicht anders, wir verkündigen euch dieses Wort Gottes.“
Ja, Jesus verändert Leben – auch dein Leben und mein Leben. Der Fischer wird zum Hirten, und dann darf dieser Petrus sogar noch zum Märtyrer werden. Der ängstliche Mann kann mutig auch diesen schweren Kelch trinken. Der Legende nach bittet er sogar darum, umgekehrt gekreuzigt zu werden, weil er es nicht wert ist, wie Jesus am Kreuz zu hängen.
Der Herr ändert unser Leben. Darf dieser Herr auch dein Leben verändern? Das ist wichtig für uns, auch wenn wir so treu dazugehören und immer wieder in den Kreisen und Gemeinschaftsstunden dabei sind. Aber man kann leicht in den Trott hineinkommen. Ich komme immer wieder in den Trott hinein.
Heute Morgen haben wir es gehört. Deswegen gibt es Propheten wie Hosea, die uns daran erinnern, die Melodie des Glaubens neu ertönen zu lassen. Bist du vielleicht in so einen Trott hineingekommen? Dann hör dieses Wort: Der Herr will Leben verändern – auch dein Leben. Er verändert die Richtung unseres Lebens.
Auf einmal ist diese Welt ja gar nicht mehr alles, sondern Petrus sieht das Reich, das kommt. Es gibt eine Belohnung. Ja, was soll die Belohnung sein? Bei Gott sein.
Jesus sagt: „Ich gehe hin, euch die Wohnung zuzubereiten.“ Unser Herr macht gerade ein paar Appartements fertig – in Ostfriesland, in Kapstadt, überall auf der Welt – für uns. Für sein Reich ist er vorbereitet.
Es gibt die Geschichte, ich weiß nicht, ob sie hier schon mal erzählt wurde, von einem Missionar. Er hat 40 Jahre in Afrika gearbeitet, 40 Jahre. Dann kam er nach Hause, ein amerikanischer Missionar. Er hat sich auf ein Schiff begeben – das ist schon ungefähr 100 Jahre her – und überlegt, wie das so werden wird: eine Missionsgesellschaft, der Empfang usw.
Nur damals gab es noch keine E-Mails, und irgendwie war er sich nicht ganz sicher. Dann läuft das Schiff in den Hafen von New York ein. Er sieht viele Leute am Pier stehen, Lampignons, Fahnen und eine Musikkapelle. Er denkt: „Wow, was für ein Empfang!“
Als er dann von Bord rennen möchte zu seiner Missionsgesellschaft, merkt er: „Ups, ich darf hier gar nicht vor.“ Der Erste, der von Bord durfte, war Präsident Roosevelt, der auch auf dem Schiff war. Er kam gerade von einer vierwöchigen Großwildjäger-Safari aus Afrika zurück.
Und auf unseren Missionar wartete an dem Tag keiner. Er hat sein bisschen Geld zusammengekratzt, ein billiges Hotel gefunden und sitzt dort abends auf seinem Bett, ganz niedergeschlagen. Er sagt: „40 Jahre, 40 Jahre habe ich dir gedient in Afrika, und ich komme nach Hause. Und das ist der Empfang, den du für mich bereitet hast.“
Dann ist es ihm, als ob Jesus durch eine Stimme zu ihm spricht und sagt: „Mein Sohn, du bist noch nicht zu Hause, du bist noch nicht zu Hause.“ Unsere Belohnung, unser Empfang ist nicht in dieser Welt.
Sondern unser Herr ist ein Herr, der Leben verändert und das Ziel unseres Lebens verändert. Das Ziel unseres Lebens ist, dass wir bei Jesus sein wollen.
Wissen Sie, darum sind Märtyrer nicht bekloppt. Darum sind Christen, die auch in der Verfolgung treu bleiben, vernünftig in ihrem Tun. Sie wissen: Dieses Leben vergeht sowieso. Es vergeht, es vergeht, es vergeht, es vergeht. Aber das Leben bleibt ewig.
Und Jesus sagt: In dem Leben ist für dich eine Heimat. Unser Herr hat unser Leben verändert und das Ziel unseres Lebens verändert. Die Märtyrer greifen durch diesen Vorhang die Hand Jesu und sagen: „Um nichts in der Welt will ich diese Heimat verlieren.“ Und dann lassen sie sogar ihr Leben.
Ich weiß nicht, wo du mit deinem Leben stehst. Vielleicht brauchst du diesen Gott der zweiten Chance, der es dir erlaubt, zurückzukommen und neu anzufangen. Dann nutze sie auch an einem Abend wie diesem.
Vielleicht brauchst du die neue Offenbarung. Dann bitte Gott: „Zeig mir den Weg, den ich gehen soll.“ Vielleicht ist die Liebe in dir erkalten – das ist oft mein Problem. Aber auch dafür weiß Jesus die Lösung.
Dann bitte ihn, und er gibt gern dem, der ihn bittet: „Herr, schenke mir diese Liebe, so wie ich angefangen habe, so wie du mich erreicht hast, lass das weitergehen.“ Oder vielleicht brauchst du den Gott, der Leben verändert. Dann darfst du auch zu diesem Gott kommen.
Was ist das für ein Gott? Es ist unser Gott, und sein Name ist Jesus. Er hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Und weil das so ist, weil wir wissen, dass dieser Jesus am Ufer unseres Lebens wartet, können wir unseren Alltag leben im Glauben – ohne Netz und doppelten Boden.