Hm. Lob, Anbetung, Preis und Ehre – so war dieses Musikstück überschrieben. Sehr flott war der schwäbische Posaunendienst. Prälat Rolf Schäffbuch war mit dieser Truppe unterwegs, auch in anderen Ländern.
Wir begrüßen ihn heute hier im Studio zu dieser Sendung, die überschrieben ist mit „Im Gottesvolk weltweit erlebt“. Prälat außer Dienst Rolf Schäffbuch.
Begegnung und persönliche Entwicklung
Mit dem, mit dem ich jahrelang verbunden bin, ist mir auch ein Freund geworden. Sie gestatten darum, liebe Hörerinnen und Hörer, dass wir uns in diesem Gespräch im Du-Ton begegnen.
Lieber Bruder Scheffu, mit deinem Namen verbindet sich ja die Vorstellung eines ganz mutigen Christen, der auch eine Auseinandersetzung nicht scheut. War das eigentlich immer so? Warst du immer so ein Kämpfer?
Also, ich bin, so meine ich jedenfalls, von Natur aus ein sehr schüchterner Mensch. Als neulich einer meiner Söhne mich gefragt hat, ob es normal sei, vor einer Predigt, vor einer Verkündigung Angst zu haben, habe ich ihm gesagt: Das geht mir auch nach 40 Jahren noch so. Das liegt aber auch am Wort Gottes. Von Haus aus bin ich ängstlich, und es hat eine Überwindung von Gott her gebraucht, dass ich darüber hinwegkam.
Ja, das denkt natürlich keiner, der dich so sieht, der deinen Weg beobachtet hat oder der dich hört. Wie bist du denn nun zu dieser Person geworden, zu dieser – ich sag es jetzt mal – Leitfigur auch des deutschen Pietismus?
Das wird erst im Himmel herauskommen, was die geheimen Pläne Gottes waren. Aber vielleicht hat das Elternhaus ganz entscheidend mitgewirkt. Meine Mutter war eine geborene Busche, und die Onkel Wilhelm und Johannes Busch hatten mich seelsorgerlich und geistlich geprägt. Es wurde deutlich, dass man vor Gott auch den Mut haben muss, Farbe zu bekennen.
Es gibt so viele Leute, die aus falscher Demut in schwierigen Situationen sagen: „Ich habe da nichts zu sagen, ich sehe nicht durch.“ Mein Vater war eigentlich Volkswirt und war dann im Schuldienst. Schon vor Beginn des Dritten Reiches hatte er einen Artikel geschrieben, warum er Hitler ablehnte. Er hat ihn nie zurückgenommen.
Obwohl wir in der Familie dann große finanzielle Einschränkungen hinnehmen mussten, hatten wir immer eine fröhliche Kindheit. Mir ist klar geworden: Das Kämpferische ist auch eine Gabe Gottes, die er manchen Leuten verleiht. Diese Menschen müssen nicht aus falscher Schüchternheit zurückstecken. Sie treten stellvertretend für andere ein, auch wenn sie schlaflose Nächte haben, ob es denn richtig war, dass sie den Mund aufgemacht haben.
Familiengeschichte und geistliche Prägung
Nun hast du eben Willem Busch genannt, Johannes Busch, beide Männer sind sicher auch vielen unserer Hörer noch bekannt. Das ist also eine Familie. Du sprachst eben von der Großmutter Busch. Hast du noch lebendige Erinnerungen an diese Großmutter?
Ganz lebendig. Unsere Großmutter war immer dafür, dass das Christsein fröhlich ist. Der Urgroßvater hat mal gesagt, als er eine dicke schwarze Zigarre rauchte – er war ein schwäbischer Stundenhelter und Pietist –: „Gott hat mich freigemacht zur schwarzen Zigarre.“ Also, das gibt es auch.
Meine Großmutter legte Wert darauf, dass wir uns nicht aus falschem Pietismus heraus nachlässig kleiden oder so etwas. Sie konnte sagen: „Geh auch mal zu einem guten Friseur.“ Aber das Christsein muss fröhlich sein. Zugleich war es wichtig, zu bleiben.
Das ist dann also eine Lehrer- und Pastorenfamilie, die da miteinander am Herrn blieb.
Ja, das war so. Von Vorfahren her war es eine Schullehrerfamilie. Mein Vater kam eher aus einem Kaufmannsgeschlecht. Ich sage immer, es war eine Mischung: Der Vater kam aus einem hanischen Haus, die Mutter mehr aus einem altpietistisch geprägten Haus, beide vom schwäbischen Pietismus geprägt.
Berufung und frühe Verkündigungserfahrungen
Du bist also doch ganz zielstrebig auf deinen Beruf und deine Berufung zugegangen. Ab wann wusstest du eigentlich, dass du Verkündiger des Evangeliums werden würdest?
Ich wusste es lange nicht, bis in die Abiturklasse hinein, also zu Beginn der dreizehnten Schulklasse. Ein Freund, der bis dahin unseren sehr großen Jugendkreis in der Hannesgemeinde Stuttgart geleitet hatte, fragte mich, ob ich das übernehmen könne. Ich dachte damals: Wenn ich das Abitur schaffen will, dann schaffe ich das nicht. Wenn ich auch nur den Jugendkreis leite, schaffe ich das nicht, wenn ich durch das Abitur durchkommen will.
Das war eigentlich das erste Mal, dass ich bei einem Zeltlager des Westdeutschen Jungmännerbunds gefragt wurde: Traue ich Gott eigentlich zu, dass er über die Grenzen, die ich selbst vor mir sehe, hinweggehen kann? Ab diesem Augenblick wusste ich, dass ich ihm auch zutrauen kann, trotz meiner Schüchternheit das Wort zu verkündigen. Diese Freude hatte ich durch Kinderkirche und Jugendarbeit bekommen – viele Verkündigungsaufgaben, das Wort Gottes weiterzugeben.
Und hast du denn trotzdem dein Abitur geschafft?
Oh ja, das war gar nicht schlecht, und der Jugendkreis war auch schön. Gott kann wirklich über Grenzen hinwegführen, von denen wir meinen, sie seien uns gesteckt, und uns neue Erfahrungen ermöglichen.
Theologiestudium und politische Interessen
Und nach dem Abitur, was kam dann?
Es war klar, dass ich ein Theologiestudium anstreben würde. Damals machten wir noch ein Dienstjahr, das in Württemberg vorgeschrieben war. In diesem Jahr arbeitete ich als Bauhilfsarbeiter. Danach begann ich ein Studium in Bethel. Das war ein wunderbares Sommersemester, im Jahr 1951 in Bethel.
Anschließend studierte ich hauptsächlich in Tübingen, absolvierte ein Sommersemester in Bonn. Im Jahr 1953 erlebte ich noch den ersten Bundestag, in dem es noch Kommunisten gab. Mein Interesse an Politik war immer vorhanden. Ich habe mir oft überlegt, ob man nicht auch hauptamtlich in die Politik gehen müsste.
Wenn du mich vorher nach meinem Beruf gefragt hättest: Wäre damals schon die Bundeswehr eine Option gewesen, wäre ich sicher auch gerne Offizier geworden. Verantwortung zu übernehmen, zu leiten und für andere Menschen verantwortlich zu sein, die einem anvertraut sind, war immer mein Wunsch.
Im Rückblick erkennt man sehr deutlich, dass die jungen Jahre oft viel entscheidender für unser ganzes Leben sind, als wir uns bewusst machen, solange wir jung sind. Wir werden geprägt durch Menschen, die einen unmittelbaren Einfluss auf uns haben.
Hattest du auch solche prägende Personen in deiner Schul- und Studienzeit? Ich hatte eine Vielzahl von solchen Menschen. Man denkt ja oft kritisch über die Lehrer am Gymnasium nach. Doch bis heute begleitet mich ein Spruch meines Deutschlehrers August Hammer bei der Predigtvorbereitung. Nach einem Aufsatz, den er mir zurückgab, sagte er: „Chefbuch, was wollten Sie eigentlich sagen?“ Ich hatte nur ein paar Sätze gesagt, was ich ausdrücken wollte. Er fragte: „Warum haben Sie das nicht niedergeschrieben?“
So zerreiße ich oft zwei oder drei Predigtmanuskripte und erinnere mich an Hammer und frage mich: „Was wolltest du eigentlich sagen?“
Es gab aber auch geistliche Menschen, wie Missionar Vogelsang, Kinderkirchhelferinnen und Patentanten. Vor allem Frauen prägen Menschen, Gott wirkt durch Frauen, bis hin zur eigenen Frau und den eigenen Töchtern.
Der Stadtminister in Afogixang war ein Genie des Gemeindewachstums. Alles, was wir heute drucken, ist harmlos im Vergleich zu dem, was er geleistet hat. Einmal ließ er uns in der Kinderkirche – ich war vielleicht fünf Jahre alt – eine Wetterfahne malen. Darunter mussten wir schreiben: „Ich will keine Wetterfahne sein.“
Das hat mich geprägt, auch in schwierigen Synodalauseinandersetzungen. Ich möchte nicht vom Zeitgeist getrieben sein, sondern lieber mitten im Sturm die Richtung angeben. Eine starke Ermunterung, auch Fünfjährigen schon ganz besondere Eindrücke zu vermitteln.
Studienerfahrungen und theologische Prägungen
Und im Studium gab es auch Bahn? Das Studium war ganz entscheidend, möchte man sagen, so Günther Dehn in Bonn. Er hat einmal gesagt: Gottes Geist hat die Kirche verlassen. Da wurde mir zum ersten Mal klar, dass ein Theologieprofessor auch sehr kritisch über die Kirche denken kann.
Aber Otto Michel, als Exeget des Neuen Testaments, war wie ein Rabbi. Einige seiner Sprüche sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Als wir ihn einmal kritisch mit schwierigen Fragen der Theologie konfrontierten, ergriff er ein kleines Blümchen, das wir vor ihm hingestellt hatten, und sagte: „Liebe Freunde, jedes einzelne dieser kleinen Blümchen hat mehr Wert als all Ihre Fragen.“ Das tat uns im Studium gut, besonders wenn man sich so furchtbar klug vorkam mit seinen Rückfragen.
Köberle, der Schöngeist, sah sicher zwanzig, dreißig Jahre in die Entwicklung voraus, auch wenn wir das damals gar nicht so bemerkten, weil er ein demütiger Mensch war. Er war Schüler von Heim und ahnte Entwicklungen, die einmal die Frage nach dem Bösen in der Welt bis in einen Spiegel aufwerfen würden. Damals dachte man noch, es sei vorbei, dass man über den Teufel reden könne – obwohl wir täglich im Vaterunser davon sprechen.
Auch die Begegnung mit den Religionen war damals außerhalb unseres Gesichtsfelds. Küperl hat uns dafür wachgehalten. Es war sehr besonders, an den Rändern des üblichen Theologiestudiums unheimlich viel mitzubekommen.
Ja, ich bin ihm einmal begegnet, als er sehr darunter litt, dass die Zahl der Studenten bei ihm zurückgegangen war. Sicher zu Unrecht, denn die Studenten verstanden diesen sehr sanften und milden Mann kaum. Verstehen schon, aber er wurde lächerlich gemacht von seinen Zeitgenossen. Professor Fuchs, ein Bultmann-Schüler, sagte in einer Vorlesung – ich war dabei –: „Köberle müssen Sie gehört haben, Cello spielen!“ Es folgte ein wütendes Gelächter im Hörsaal, und niemand empörte sich über diese eigentlich unmenschliche Aburteilung.
Dabei war Köberle ein Mensch, der so gelehrt und vielseitig war, dass wir viel von ihm hätten lernen können. Aber man musste sich fast schon genieren, wenn man zu seiner Vorlesung ging. Unter Theologiestudenten gibt es einen Kommandogeist, einen Chorgeist: Man tut das oder man tut das nicht. Später muss man sich als Pfarrer freistrampeln, um seinen eigenen Weg zu finden. Sonst bleibt man dauerhaft in dieser babylonischen Gefangenschaft, in der Sklaverei eines Gemeinschaftsdenkens.
Umso beachtlicher ist es, dass Professor Köberle dann mit großer Treue auch den Gläubigen im Land gedient hat. Auf mancher Konferenz ergriff er als Sprecher das Wort.
Auslandserfahrungen in Amerika
Nun hast du ja auch – das hast du mir manchmal gesagt – starke, prägende Eindrücke durch deinen Studienaufenthalt im Ausland gewonnen. Das war etwas ganz Besonderes.
Ich habe mich damals um das Stipendium beworben, weil ich dachte: Wenn ich durch das Examen falle, dann bin ich wenigstens weit vom Fenster weg. Amerika war eindrücklich, einmal durch die amerikanische Mentalität. Amerikaner haben so etwas wie einen Filter im Hinterkopf. Sie fragen nicht lange, wie wir Deutschen, warum es seit der Zeit der Griechen und Römer und Karls des Großen zu der heutigen Entwicklung gekommen ist. Die erste Frage lautet: Was können wir tun? Wofür haben wir Leute und Geld? Was wollen wir anpacken? Das geht zack, zack, zack.
Dieses Vorwärtsdenken – nicht das problemorientierte, sondern das lösungsorientierte – hat mich beeindruckt. Die Amerikaner denken nicht wie wir über Kirche als Organisation: Amtskirche, Volkskirche, Bischöfe, Oberkirchenrat. Für sie ist Kirche konkrete Gemeinde. Unsere Gemeinde kann nur gehören, wer mindestens an drei Sonntagen im Monat zum Gottesdienst kommt, einmal im Monat zum Abendmahl, und Zehnten gibt. Alle anderen sind herzlich willkommen als Gäste, aber eine gewisse Verbindlichkeit ist da.
Was bedeutet das in Amerika? Fromme Familien schicken ihre Kinder auf das lutherische oder auf das reformierte College. Das kostet dann 70 bis 80 Mark mehr, als wenn sie sie zur Staatsuniversität schicken. Aber sie wollen, dass die Kinder geistlich geprägt sind. Und wir sagen immer: Ja, wenn wir, der Tübinger, das Bengelhaus ist teurer, als wenn sie ins Tübinger Stift gehen, müssen wir auch für unseren Glauben Gelder einsetzen.
Gab es auch in Amerika Persönlichkeiten, die dir Unvergessliches mitgegeben haben? Ja, ganz stark war unser Dekan der Fakultät. Ein Mann, der, als ich mal eine große Panne machte und den Gottesdienst versäumte, den er mir eigentlich zugeteilt hatte, mir mit Vergebung begegnete. Er hat mir kein Wort nachgetragen, sondern gesagt: „Rolf, in 14 Tagen predigst du noch mal in der Gemeinde.“ Also Scharte auswetzen. Aber er hat nicht gesagt: „Der typisch deutsche Versager.“ Was Vergebung sein kann, hat er mit einer Freundlichkeit sondergleichen gezeigt.
Ich müsste jetzt sehr viele Familien aus der Gemeinde in Cleveland nennen, in der ich Gemeindepfarrer war. Amerika hat mir deutlich gezeigt: Gott verwandelt Menschen. Die Mitglieder der Gemeinde sind oft ganz unkirchliche Leute, aber sie werden geprägt. Auch der Lebenslauf der Theologiestudenten ist bemerkenswert. Da gibt es sehr viele, die mit 40 oder 45 Jahren – ehemalige Veteranen vom Koreakrieg oder vom Zweiten Weltkrieg – zum Glauben gekommen sind und dann Theologie studieren. Es ist beachtlich, wie Gott Menschen verändern kann.
Rückkehr und Gemeindedienst in Deutschland
Das war sicherlich ein gewisser geistlicher Aufbruch, auch für dich. War es dann nicht sehr ernüchternd, wieder in die Heimat zurückzukehren?
Es war deshalb nicht ernüchternd, weil ich ein Vikariat in Ulm-Söflingen antrat, bei einem Pfarrer Beierbach, der ganz seiner Sache lebte, und in einer sehr lebendigen Gemeinde mit vielen Mitarbeitern im Besuchsdienst.
Nur habe ich gemerkt, dass vieles von dem, was man in Amerika hatte – zum Beispiel eine Tasse Kaffee nach dem Gottesdienst – sich in Deutschland nicht übersetzen lässt. Man kann überhaupt nur sehr wenig übersetzen. Aber hier habe ich auch eine lebendige Gemeinde erlebt, eben auf deutsche Art, und bin gerne in diesen Dienst hineingewachsen.
Wie lange dauerte diese Zeit? Ein Jahr lang.
Dann erhielt ich den Ruf vom schwäbischen Bischof Haug. Eigentlich wollte ich ins Tübinger Stift und meine Magisterarbeit aus Amerika zu einer Doktorarbeit umbauen. Ich wundere mich heute noch, dass Bischof Haug das ertragen hat, als ich sagte, ich möchte lieber einen Stift.
Dann folgten drei ganz reiche Jahre an der Seite dieses geistlich geprägten Bischofs Martin Haug, der sehr an der Kirche gelitten hat. Er sagte oft: „Das Schiff der Kirche gehört ins Wasser der Welt, aber das Wasser der Welt gehört nicht ins Schiff der Kirche.“
Er kämpfte dagegen, dass in jenen Jahren die Kirche auf den Einzug der Kirchensteuer durch das Finanzamt umstellte. Er war der Meinung, das sei genau der falsche Weg.
Es gab viele Entscheidungen, und er gab später auch seinen Namen für die „Lister lebendige Gemeinde“ her, also für die mehr pietistische Bewegung in Württemberg. Er selbst war sicher kein strenger Mann, aber ich habe gemerkt, was ein ehemaliger liberaler Theologe durch das Wort Gottes geprägt sein kann.
Beim ersten Stuttgarter Kirchentag 1952 schloss er seinen Öffnungsgottesdienst mit den beiden Sätzen: „Leben kann in der Christenheit nur entstehen, wenn wir ganz neu Jesus ernst nehmen, und Leben kann nur wachsen, wenn wir die Bibel ernst nehmen.“
Das war Bischof Haug, an dessen Seite ich lernte, was es bedeutet, kirchenpolitisch Verantwortung zu übernehmen.
Familienleben und Gemeindearbeit
Ja, und trotz dieser so reichen Zeit hattest du damals auch Gelegenheit, ein bisschen privat nachzudenken und entscheidende Weichen zu stellen. Trotz aller Bemühungen hast du ja damals geheiratet.
Ja, wir haben uns verlobt, und Bischof Haug hat gesagt, seitdem wir verlobt sind, ist unsere Arbeit nicht mehr so hoch wie vorher. Es gab also schon einen Einschnitt. Wir waren glücklich verlobt und haben uns dann überlegt, auf welche Pfarrstelle wir uns melden sollten. Damals war die dritte Pfarrstelle beim Ulmer Münster frei, und es hatte sich niemand darauf gemeldet. Wir haben uns beworben und hatten sechs wunderbare Jahre als junges Ehepaar. Drei unserer Kinder sind in Ulm geboren, und wir haben dort gelebt, während ich Pfarrer am Münster war.
Wo hast du denn deine Frau kennengelernt?
Sie war die Tochter des Leiters des Pfarrseminars in Stuttgart und Kinderkirchenhelferin. Wir haben uns dort schätzen und lieben gelernt. Sie ist mir eine treue Gefährtin gewesen, mit der großen Begabung, in Gemeinden nicht die Kreise zu übernehmen, sondern fast in allen Kreisen und Gruppen mitzuwirken. Dabei hat sie die Leiterinnen und Leiter, die in den Kreisen aktiv sind, an ihrem Platz gelassen. In vielen Zeiten, in denen ich weg war, war sie für unsere Kinder eine hilfreiche und fröhliche Mutter.
Sag noch etwas über deine Kinder. Einen deiner Söhne kenne ich – das ist ja auch ein richtiger Chefbruch.
Ja, unser Erdmann arbeitet als Beamter bei der Bauberufsgenossenschaft. Nebenbei ist er im Kindergottesdienst tätig und sagt oft, in seiner Arbeit ist er mehr Seelsorger als Beamter, weil viele Industriebetriebe heute große Sorgen haben. Unsere Tochter ist verheiratet mit einem Pfarrer auf der Schwäbischen Alb. Der Dritte, unser Ulrich, ist jetzt Pfarrer in Bernhausen. Er arbeitet mit beim Jugendgottesdienst in Stuttgart und übernimmt manche evangelistische Aufgaben. Die Jüngste, Ruth Maria, ist in einer Zusatzausbildung. Bisher war sie Erzieherin, jetzt lernt sie in Marburg zur Gemeindediakonin.
Ja, es ist oft nicht leicht für heranwachsende junge Menschen, wenn der Vater so bekannt ist, dann ihren eigenen Weg zu gehen. Aber ich habe den Eindruck, deinen Kindern ist das geschenkt worden.
Ja, man ist im Pfarrberuf, wie in anderen Berufen auch, oft erst hinter der Glastür wirklich frei, Luft abzulassen. Deshalb sehen die Kinder auch viele Schattenseiten des Pfarrdienstes und bekommen mit, wie viele Entmutigungen es gibt und wie oft Menschen leergebrannt sind. Da ist es ein Wunder, wenn diese Kinder im Glauben wachsen. Aber das hat Schirndorf geschafft. Dort war der eine mehr beim EC, der andere mehr beim CV, bei den Kinderkirchenhelfern und in der Posaunengruppe. Die Gemeinde Schirndorf hat meinen Kindern geholfen, im Glauben zu wachsen.
Missionserfahrungen in Indien
Ja, du hast jetzt schon einen großen Sprung gemacht. Aber ich denke, bevor du nach Schorndorf fuhrst, warst du doch in Indien, oder wie war das?
Während der Schorndorfer Zeit kam der Ruf als Delegierter der EKD zur Weltkirchenkonferenz in Neu-Delhi zu seinen einsechzig Eindrücken von lebendigen Christen, dem Evangelisten Daniel Tambraja Niles. Er sagt, bis heute ist das Kreuz eine Herausforderung – auch für jeden Buddhisten und jeden Hindu. Die eigentliche Frage sei nicht das Leiden in der Welt, sondern die Übernahme der Schuld, die Schuld im Leben.
Damals war der Weltkirchenrat noch anders als heute. Er war eine ganz starke missionarische Bewegung. Bischof Newbigin, damals Generalsekretär des Internationalen Missionsrates, hat das schöne Wort gesagt: „Das Hauptthema der Christenheit muss sein: Don't look on us, look on him.“ („Schaut nicht auf uns, schaut auf ihn!“) Das waren prägende Sätze, die man damals mitbekam, vor allem Indien zu sehen – die 2,5 Prozent Christen in dieser kleinen Christenheit in Indien, wie sie missionarische Vorstöße machen.
Dabei entsenden einzelne Christenfamilien sich für zwei Jahre, leben in einem Dorf, ganz unter den Dorfbewohnern. Sie lernen Sitten und Sprachen, den Dialekt, und erzählen dann von ihrem Leben, wenn sie gefragt werden. So werden sie zu Missionaren und Seelsorgern des Dorfes. Das sind großartige Modelle, die wir heute auch in Europa brauchen können. Das war sechzig einsechzig.
Vom CVDM Indien eingeladen gewesen? Das war später, nämlich 1974. Wir sind eingeladen worden. Die Inder lieben Blasmusik und sagten, wenn ihr im CVDM in Deutschland so Bläserarbeit habt, kommt zu uns. Das Musikstück, das wir am Anfang gehört haben, ist von diesem schwäbischen Posaunendienst gespielt. Wir wollten deutlich machen, dass sie für ihre missionarischen Aufgaben, besonders im Freien, die Posaunenarbeit gebrauchen können.
Das Eindrücklichste war, dass unsere Leute gesagt haben: „Wo findet man denn endlich eine missionarische Gemeinde?“ Immer haben indische Christen in Südindien gesagt, sie treiben keine Mission, die Regierung hat das nicht gerne. Bis wir in Madras an die Gemeinde von John Richard und Sam Kamalesan kamen. Dort haben unsere Mitarbeiter – einer war Verkaufsdirektor eines großen Stuttgarter Kaufhauses – gesagt: „Wegen dieser 20 Minuten hat sich die Indienreise gelohnt.“ Einfach eine Gemeinde mit geistlichem Aufbruch.
Von diesem schwäbischen Posaunendienst hören wir jetzt noch einmal Musikstücke, mit denen ich besonders verbunden gewesen bin über viele Auslandsreisen. Im Gottesvolk weltweit erlebt, der Evangeliumsumfang im Gespräch mit Prilat Rolf Schiffbuch.
Jugendarbeit und kirchliche Herausforderungen in den 60er Jahren
Wir sind in der Zeit ein wenig vorausgeeilt. Eigentlich war kurz davon die Rede, dass du im evangelischen Jugendwerk der württembergischen Landeskirche tätig warst. Das ist sicher eine sehr intensive Aufgabe, bei der man eine ganze Landeskirche kennenlernt.
Damals wohnten wir in Stuttgart-Egerloch, was sehr schön für unsere Familie war. Dennoch war ich unheimlich viel unterwegs. Es war eine Begegnung, die sich später ausgezahlt hat. Als ich später Prälat und Regionalbischof wurde, kam ich fast immer mit Mitarbeitenden zusammen, die ich bereits aus der Jugendarbeit kannte.
Inzwischen war ich Leiter von Bezirkssynoden geworden. Das war eine geistliche Arbeit. Wir versuchten, missionarisch tätig zu sein, zum Beispiel durch Campingmissionen in Italien auf vielen Campingplätzen.
Dann kam plötzlich die Jugendrevolution, beziehungsweise die weltweite Revolution der 68er Jahre. Bis hinein ins evangelistische Jugendwerk verging kaum eine Freizeit, ohne dass diskutiert wurde, ob wir Bibelarbeit machen oder nicht, ob ein Tischgebet stattfinden soll oder nicht, und darüber wurde abgestimmt. Es gab eine große Gegenströmung.
Auch damals stellte sich die Frage: Wollen wir evangelistisch in einem falschen Evangelisationsverständnis mit dem Strom mitschwimmen, der junge Leute auf ihrem Weg mitreißt? Oder wollen wir dagegensteuern? Diese Jahre waren sehr schwer.
Ich denke heute immer noch zurück an diese Zeit, wie wir trotz Widerständen weitermachten. Manche derjenigen, die uns damals als Studenten gestört haben, sind heute in den obersten Rängen der Kirchenleitung. Sie denken nicht mehr ganz so wie damals.
Aber wir haben weitergemacht, in dieser revolutionären Zeit zu Jesus einzuladen. Dabei hatten wir stets den Gedanken im Herzen, dass Jesus mehr verändern kann als alle revolutionären Ideen.
Dekanat Schorndorf und Gemeindeleitung
Ja, das war eine gute Voraussetzung, um Dekan zu werden. Du bist dann Dekan in Schorndorf geworden.
Es war gerade die Zeit des Ludenbergischen Jungmännerwerks mit seiner Tradition und seiner großen Posaunenarbeit. Wir haben sehr viele große Jugendtage veranstaltet. Unsere jährlichen, alle zwei Jahre stattfindenden Posaunentreffen in Ulm fanden im Ulm-Münster statt, mit zehn- bis zwölftausend Bläsern. Dabei wurde mit dem Mädchenwerk zusammengelegt, das damals ebenfalls aktiv war. Das war eine Zäsur.
Mein Vorgänger als Dekan in Schorndorf war ganz plötzlich verstorben, was sehr bedauerlich war. So kam der Ruf nach Schorndorf, und es folgten 14 wunderbare Jahre als Gemeindepfarrer und als Dekan. Das heißt, als Leiter und als Schulhürden sang Oberstudiendirektor für etwa 50 Pfarrerinnen und Pfarrer in einem idealen Miteinander.
Mir war es wichtig, dass wir mit den Pfarrern auch eine Horizonterweiterung hatten. Wir besuchten beispielsweise den Evangeliumsrundfunk und schauten uns den EPD sowie verschiedene andere Einrichtungen an. Peter Hane führte uns durch das ZDF. Dabei wurde klar, dass Pfarrer bis hinein in die Sprache arbeiten müssen, wenn sie die Botschaft rüberbringen wollen. Es erfordert viel Sorgfalt, das heutige Mediengeschäft zu verstehen.
Ein anderes Mal fuhren wir nach Hamburg, damals die entkirchlichste Stadt Deutschlands. Dort gehörten höchstens 50 Prozent der Bevölkerung der evangelischen und katholischen Kirche an. Was von der Heilsamen bis zu den freien evangelischen Gemeinden in dieser entkirchlichen Stadt getan wurde, war großartig – und das in großem Vertrauen mit den Pfarrern zusammen.
Mir war es wichtig, in etwa dreißig Gemeinden jährlich mindestens einmal präsent zu sein, sei es mit einer Bibelwoche oder mit ein paar Vorträgen. Daneben kam eine riesengroße Verwaltungsaufgabe hinzu. Zugleich war ich bereits fest in der Synodalaufgabe in Württemberg, im Kirchenausschuss, engagiert.
Doch durch gute Mitarbeiter ließ sich das alles bewältigen. Das eine ergänzte das andere. Was wir in der Synode bereits an schwierigen Rechtsfragen durchgesprochen hatten, konnte umso rascher im Dekanat aufgearbeitet werden.
Evangelisationserfahrungen und persönliche Begegnungen
In einem deiner Bücher habe ich gelesen, dass deine Großmutter schon gesagt hat: Jesus macht vital. Ja, und das war dann wohl auch so.
Ich habe dich damals anlässlich einer Evangelisation in Schorndorf kennengelernt. Erst später habe ich aus den Büchern erfahren, dass das sogar ein bisschen Ärger gemacht hat. Das ist eine typische Allianzerfahrung: Landeskirchen zusammen mit freien Gemeinden und Baptistengemeinden hatten eingeladen, schon vor meiner Zeit. Du warst eingeladen, bevor ich kam, und hast gesagt, du kommst nur, wenn du nach vorne rufen darfst zur Entscheidung.
Kurt Heimbucher hat die zweite Hälfte gemacht. Er sagte, er komme nur, wenn er nicht nach vorne rufen muss. Nachher war das Urteil, dass beides gesegnet war. Es war wunderbar: euer Dienst, Kurt Heimbuchers Dienst und deiner. Aber danach gab es wieder Streit. Die Freikirchen sagten, Horst Marckbart habe so wunderbar angefangen, und Kurt Heimbucher habe alles kaputt gemacht. Die Landeskirchen hingegen meinten, es sei furchtbar gewesen mit Horst Marckbart. Es sei gut gewesen, als Heimbucher nachkam. So zerstritten und so töricht, so barniert könne das Volk Gottes sein – es merke gar nicht, wann Gott segnen will.
Ich muss einfach die Story erzählen: Ein junger Mann ging bei Kurt Heimbucher aus. Der war damals noch recht „knusprig“, noch keine fünfzig Jahre alt. Er sagte: „Lieber Gott, wenn du mich wirklich rufst, lass mich von einem hören, der nicht so alt ist wie Kurt Heimbucher.“ Er betete abends um halb zwölf, und am nächsten Morgen um sechs Uhr fragte eine Klassenkameradin am Bahnhof: „Glaubst du an Jesus?“ Er antwortete: „Ich glaube an Jesus.“ So ist er zum Glauben gekommen.
Gott kann also auch eine Evangelisation an dem benutzen, was er ohne den Evangelisten am Rande einer Evangelisation tut. Ich freue mich sehr, dass wir nun hier nicht nur an diesem Tag zusammen mit diesem Studio sitzen, sondern manches miteinander machen konnten.
Es hat mich immer bewegt, wenn ich an dein Leben und deine Aufgaben gedacht habe. Gott hat es dir geschenkt, im Großen tätig zu sein, dich aber auch um den Einzelnen zu kümmern – um den einzelnen jungen Mann oder einen alten Messmann.
Ja, unser Messner Berdele, mit dem war ich sehr verbunden. Das war ein Original. Wenn er Kirchenführung machte in unserer schönen gotischen Stadtkirche, verband er Evangelisation mit Kirchenerklärung. Das habe ich dort gelernt: Wir Christen sollten unsere schönen alten Gebäude, auch in Schorndorf etwa den alten Friedhof, viel mehr für Stadtführungen nutzen. Dort kommen manche Leute, die zum Beispiel aus der Volkshochschule kommen, und das kann evangelistisch aufgebaut werden.
Dieser Berdele war schwer krank. Die Ärztin sagte ihm, er habe schweren Krebs und müsse sofort operiert werden. Da hat er in der Stille gesagt: „Schick mir doch den Chefbuch.“ Ich war unterwegs und dachte, ich sollte eigentlich zu Herrn Berdele gehen. Ich rückte auf den Klingelknopf, er machte auf und sagte: „Hat er es Ihnen gesagt?“ „Hat er es Ihnen gesagt?“ „Ja, wer?“ „Der Jesus.“ Zudem habe ich gesagt: „Schick mir doch den Chefbuch.“ Und so haben wir schnell in der Küche das Abendmahl gefeiert, bevor der Rettungswagen vom Roten Kreuz kam.
Gott kann seine Leute lenken. Ich will dich mit meinen Augen leiten, und man darf so wie dieser Mesner sagen: „Herr, schick mir den oder jeden, schick mir einen Bruder, eine Schwester, die mir das Wort Gottes sagt.“
Du hast in einer solchen Stunde ja auch vom Erbarmen unseres Herrn den Menschen gesagt, als einer derselben wusste, dass ihm Erbarmen widerfahren ist. Es wundert mich daher nicht, dass eines der Lieder, das du uns hier mitgebracht hast in dieser Sendung, das wunderbare Lied ist: „Mir ist Erbarmen widerfahren.“
Darf ich dazu etwas sagen? Als wir einmal auf einer Synodalreise in Tansania waren, in den Usambara-Bergen, haben wir Friedel Wohlrab getroffen, die Tochter des ersten Missionars aus der alten Bethel-Mission. Sie erzählte uns die ergreifende Geschichte, wie Gott vorgewirkt hat, bevor überhaupt die Missionare hinkamen.
Seit der Zeit der deutschen Missionare ist das Lied „Mir ist der Barmherzigkeit widerfahren“ bei den lutherischen Christen in Ostafrika sehr bekannt. Es wird gesungen, wenn ein Kind geboren wird, wenn ein Mensch stirbt, bei der Hochzeit und wenn sie eine gnädige Erfahrung haben. Dieses Lied von Philipp Friedrich Hiller, der in diesem Jahr seinen dreihundertsten Geburtstag gefeiert hätte, hat so nach Afrika hineingewirkt.
Das ganze Christenglauben ist darin komprimiert: „Ich hatte nichts als Zorn verdient, soll bei Gott in Gnaden sein.“
Leitung als Prälat und seelsorgerliche Herausforderungen
Du hast ja eine Unmenge von Dingen bewegt. Als Dekan und später als Prälat habe ich noch gar nicht davon gesprochen. Du bist ja dann zum Schluss deiner Dienstzeit Prälat gewesen. Das ist schließlich auch eine riesige Aufgabe gewesen.
Es war eine schöne, große Aufgabe, vor allem in der Region Ulm bis Friedrichshafen, vom mittleren Neckarraum an etwa 500 Gemeinden, ebenso viele Pfarrer. Ich habe gemerkt, wie leergebrannt heute Pfarrerinnen und Pfarrer sein können, ebenso andere kirchliche Mitarbeiter. So war der seelsorgerliche Dienst viel wichtiger als das, was nach außen hin Erscheinung gab.
Du hast ja über die inneren Schäden der Kirche auch manches erfahren während deiner Zeit als Mitglied im Landeskirchenausschuss und als Vorsitzender des Dynatalausschusses für Diakonie, Ökumen und Mission. Ganz schwierig, das kurz zusammenzufassen.
Als ich 61 in Neu-Delhi war, gab es eigentlich bloß ein politisches weltweites Problem, nämlich Angola. Erste Unruhe in Algoa, sonst überhaupt nichts. Als ich 1975 noch einmal Delegierter bei der Weltkirchenkonferenz war, hatten wir etwa 360 Resolutionsanträge. Die Welt war in Revolution geraten.
Deshalb ist verständlich, dass der Weltkirchenrat von seiner starken missionarischen Prägung, die Ökumene von ihrer missionarischen Prägung, ganz stark auf soziale Tätigkeit umschwenkte. Aber dadurch geriet einiges außer Lot. Wir haben auch versucht, im Ausschuss die Ökumene Mission zu unterstützen.
In Württemberg hat das Kirchenvolk mit Mehrheit die Pietisten in die Landessynode, ins Kirchenparlament, gewählt. Wir wollten gegensteuern. So hat Walter Arnold, mein persönlicher Freund, damals Oberkirchenrat in Württemberg, vorher CV und M, Generalsekretär in Kassel, dafür gesorgt, dass wir ein ganz ernstes Gespräch mit Philip Potter und mit der Leitung des Weltkirchenrats in Genf hatten.
Das war 1974 ein einschneidendes Gespräch, nicht das Entscheidende, das Heil der Welt. Stärker noch als das Wohl, denn Christen aus Äthiopien, aus Afrika, aus Asien haben uns gesagt: Entwicklungshilfe – Dieter Nals hat immer gesagt – dann vermacht doch eure Sache und gebt es dem Roten Kreuz, wenn ihr keine Botschaft auszurichten habt.
Das haben wir zusammen mit Norwegern als Württemberger vorgebracht, und ich bin dankbar, dass Walter Arnold dafür gesorgt hat, das Riesenpotenzial, das bei den missionarischen Kräften in der evangelikalen Christenheit, der pietistischen Christenheit da ist, zu bündeln und deutlich zu machen. Wir von der württembergischen Kirche brauchen diese Anstöße.
Den einseitigen Kurs, der es damals bei den Kirchen gab – rein Entwicklungshilfe, Mission ist out, die Zeit der Mission ist vorbei – ist Württemberg nicht mitgefahren. Württemberg hat eine Sonderrolle eingenommen, und Walter Arnold hat alles, was er konnte, einen Windschatten aufgebaut, in dem die evangelikalen Missionen auch von Württemberg aus arbeiten konnten.
Es waren also überaus wichtige Jahre, in denen ich auch sehr viele Menschen und sehr viele Probleme kennenlernte. Ich musste sehen, dass die Ökumene sich auch nicht aus Jux und Tollerei um diese sozialen Fragen angenommen hat. Die Fragen waren da. Die Frage ist nur, ob wir uns als Christen nicht übernehmen, indem wir meinen, wir wissen besser Bescheid als die Politiker.
Das war die Zeit, in der du dein Buch geschrieben hast: Argumente kontra Mission – eine Frage zu stellen.
Engagement in der EKD und Haushaltsfragen
Nun hast du ja nicht nur in Württemberg versucht, Kirche mitzugestalten, sondern warst auch Mitglied der EKD-Synode.
Ja, ich wurde von der württembergischen Kirche, von der württembergischen Synode aus, entsandt und war über zwanzig Jahre Mitglied der EKD-Synode, vor allem im Haushaltsausschuss. Ein Journalist, Doktor Weigand-Abendroth, sagte mir einmal, als ich auch im EKD-Ausschuss für Ökumene war: „Das ist doch alles Lyrik, was die verabschieden, ihre vielen Resolutionen. Man muss in den Haushaltsausschuss gehen.“
Dort habe ich an vielen Stellen gerungen. Heute wäre es mir wichtig zu sagen: Wenn der Kirchentag von der gastgebenden Kirche 14 Millionen Mark bekommt und dazu noch weitere Gelder aus anderen Kirchen und proChrist als weltweite oder deutschlandweite Evangelisation mit Ausstrahlung nach ganz Europa, dann ist das nicht gerecht. Die württembergische Kirche gibt 100 Mark, Thüringen 10 Mark und Schaumburg-Lippe 10 Mark. Das darf nicht so weitergehen.
Das ist eine solche Ungleichheit. Es werden ja genauso viele Menschen erreicht, auch Außenstehende. Wobei beim Kirchentag die Frage ist, ob wirklich Außenstehende erreicht werden. Wenn schon die Kirche unterstützt, dann muss sie das im Gleichgewicht tun. Oft steht man allein, aber das hält einen ja auch manchmal munter, wenn man allein steht.
Jetzt bist du nicht mehr im Haushaltsausschuss und auch nicht allein. Wie kann denn trotzdem gegengesteuert werden?
Unser einziges Mittel ist das Ideenspektrum, mit dem wir manchmal an das Gewissen der Verantwortlichen appellieren. Sie sollen nicht zulassen, dass solche Ungleichheiten bei den Finanzierungsfragen weiter so eskalieren.
Parallelstrukturen in der Kirche
Du hast ja während der Zeit, in der du in diesen Gremien warst, auch erlebt, wie sich Parallelstrukturen gebildet haben. Zum Beispiel entstand die eben genannte Publikation „Idea“ neben dem EPD, dem evangelischen Pressedienst.
Was ist dir über die Zeit in Erinnerung geblieben, in der diese Parallelstrukturen entstanden? Und hältst du sie heute noch für erforderlich?
Kein Mensch versteht heute mehr, was eine Parallelstruktur ist. Das war ein Schimpfwort, ähnlich wie das Wort „Pietisten“ ein Schimpfwort ist. Auch „evangelikal“ ist zu einem Schimpfwort geworden und wird missionarisch lächerlich gemacht, obwohl doch eigentlich jede Werbung missionarisch ist.
Also, wie gesagt: Parallelstruktur. Meine Frau ist meine Parallelstruktur, oder ich bin ihre Parallelstruktur.
Im Pietismus gibt es laufend Parallelstrukturen. Neben dem altpietistischen Gemeinschaftsverband entstanden die Hanische Gemeinschaft, daneben die Süddeutsche Vereinigung für Gemeinschaftspflege, der Liebenzeller Gemeinschaftsverband und die Eidlinger. Wir Pietisten machen uns immer selbst Konkurrenz.
Neben der Basler Mission entstanden die Liebenzeller Mission und zahlreiche weitere Missionswerke. Dabei handelt es sich nicht um Gegnerschaft, sondern es gibt so viel Potenzial und so viele verschiedene, auch unterschiedliche Akzentsetzungen.
Deshalb war es völlig unsinnig zu behaupten, das sei eine Parallelorganisation. Wo Leben ist, da ist parallel.
Unsere vier Kinder sind vier Parallelorganisationen, weil uns eins nicht genügt hat.
So war das Ganze, was man als Parallelorganisation und Konkurrenz gescholten hat, eigentlich ein Ergänzungsprogramm. Ein ganz notwendiges Ergänzungsprogramm in einer Zeit, in der das reichste Land und die reichste Kirche kaum noch Missionare ausgesandt haben.
Die Kirchen Äthiopiens zum Beispiel sagten: „Schickt uns nicht bloß Traktoren, Aufbaupläne und Leute, die Brunnen bohren, sondern schickt uns Menschen, die uns beim Missionieren helfen.“
Doch wir Deutschen antworteten: „Nein, wir schicken euch nur Entwicklungshelfer.“
In dieser Situation war ich froh, dass es eine Vielzahl von missionarischen Ausbildungsstätten gab. Auch die württembergische Kirche hat deutlich gemacht, dass sie einen Großteil dieser Missionare finanziell unterstützen will. So wurde brüderliche Hilfe im Geistlichen auch den Kirchen in Übersee gegeben.
Lausanner Bewegung und weltweite Vernetzung
Da muss es für dich eine große Erleichterung gewesen sein, als durch den Kongress für Weltmissionen 1974 in Lausanne und durch die daraus entstandene Lausanner Bewegung weltweit eine Parallelstruktur entstand. Das war dringend notwendig, und wir danken heute noch Billy Graham, der den Mut hatte, all diese Menschen zusammenzubringen.
Das war damals für uns eine große Ermutigung, weil unser schwäbischer Bischof Klass und auch der spätere Bischof Theosorg an dem Kongress teilgenommen haben. Es wurde deutlich, wie schwer es auch uns Evangelikalen fällt, untereinander zusammenzukommen. Doch dieser Kongress hat uns zusammengeschweißt.
Wenn zum Beispiel die Ostafrikaner ihr Zeugnis gaben – Tukutendresa Jesu, gelobt sei das Lamm Jesus Christus – wurde uns plötzlich klar: Nur indem wir Jesus näherkommen, kommen wir auch einander näher. Wir müssen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu unternehmen.
Der Lausanner Kongress hat unheimlich viel ausgelöst. Du hast ja dafür gesorgt, dass ich danach auch noch in das Lausanner Komitee aufgenommen wurde. Das waren besonders reiche Jahre, auch zur Erweiterung des Horizonts. So konnte man sehen, was in Norwegen, in Lateinamerika und in Afrika geschieht, besonders in der ostafrikanischen Erwägungsbewegung. Ich bin Gott dankbar für all diese Impulse.
Begegnungen mit afrikanischen Christen
Bereichert hast du auch dadurch, dass du Menschen, die du in Afrika und Asien kennengelernt hast, hier nach Deutschland gebracht hast. Du hattest Kontakt mit ihnen. Ich denke dabei an den Bischof Festo Kivinzera oder den Vorsitzenden der Evangelion in Afrika, Doktor Cato. Ist dir aus den Begegnungen mit diesen Männern noch etwas in Erinnerung geblieben?
Dazu müsste man eigentlich extra Bücher schreiben. Vor allem war es mein Bruder Winrich, der diesen Zweig der Mission, die weltweite Verantwortung, besonders betreut hat. Er hat große Arbeit geleistet, um christliche Fachkräfte international zu vernetzen – vor allem, um Brüdern zu helfen. Immer wieder hat er uns solche Menschen vermittelt, wie etwa Festo Kivinzera. Beim ersten großen Gemeindetag im Stuttgarter Neckarstadion – ich durfte sieben große Gemeindetage mitverantworten und mitplanen – hat Festo Kivinzera an einem blutheißen Nachmittag gesprochen. Er sagte: „Wo Christus ist, da ist ein Parfüm, ein Parfüm des Lebens.“ Dann lachte er, so wie man es im Osten Afrikas tut: hihihihihi. Das hat mich sehr beeindruckt. Wo Jesus ist, da ist ein Parfüm des Lebens, ein Wohlgeruch des Lebens.
Das sollte trotz aller Streitigkeiten, die mir manchmal auch zugemutet wurden und in die ich mich hineinbegeben musste – nicht wie Arnold Winkler –, dennoch ein Parfüm des Lebens sein.
Beide, also sowohl Festo Kivinzera als auch Doktor Cato, sind leider sehr früh gestorben. Björn Cato, den wir wenige Tage vor der Weltkirchenkonferenz 1975 in Nairobi noch in seinem Haus besucht hatten, feierte dort mit uns eine Art vorgezogenes Weihnachten. Doch an Weihnachten ist er ertrunken oder wurde ertränkt – man weiß es nicht genau. Dieser mutige Mann aus Afrika war den Politikern ein Dorn im Auge. Sicher war er auch manchen liberalen Kräften in den afrikanischen Kirchen ein Dorn im Auge. Man weiß ja nie, welche Stammesgegensätze dabei noch eine Rolle spielen.
Er hat uns auf der Weltkirchenkonferenz in Nairobi das beste Zeugnis mitgegeben aus der Gemeinde, in der er früher tätig gewesen war: Nur der Ruf zu Jesus berechtigt überhaupt dazu, in das innerste Leben eines anderen Menschen einzudringen. Das müssen wir uns klar machen. Ich würde heute sogar sagen: Nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet dazu.
Ich darf mich nicht aus dem Seelenleben eines Menschen heraushalten. Manche Psychologen und Leute sagen, man dürfe einen Hindu nicht bekehren. Das mag richtig sein. Aber wenn Jesus Christus der Herr der Welt ist, dann habe ich sogar die Verpflichtung, auf ihn zuzugehen und ihn darauf anzusprechen.
Gemeindetage und evangelistische Veranstaltungen
Das war ja, wenn ich das richtig sehe, auch immer das Anliegen der Gemeindetage, von denen du eben schon kurz gesprochen hast: Jesus im Land bekannt zu machen. Seit einiger Zeit gibt es aber keinen Gemeindetag mehr.
Ja, da haben wir andere Parallelstrukturen. Christibel ist inzwischen gewachsen und findet alle zwei Jahre statt. Außerdem haben wir ProChrist, das eigentlich aus unserer gemeindlichen Lausannerarbeit herausgewachsen ist. Man kann nicht alles gleichzeitig durchführen. Wir haben überhaupt keinen Stab und keine Finanzen, wie es beim Kirchentag der Fall war. Der Kirchentag hat einen permanenten Stab von zig Leuten in Fulda sitzen. Wir schaffen das alles noch nebenher.
Man sollte sich auch nicht gegenseitig das Wasser abgraben. Gerade ist ProChrist dran, und vielleicht kommt auch wieder die Zeit, dass wir Gemeindetage machen.
Ja, aber auch bei ProChrist ist deine Handschrift unverkennbar. Dort durfte ich auch mitwirken in der Verantwortung. Bei ProChrist ist es mir wichtig, dass wir auf der einen Seite die Satellitentechnik benutzen, um ein gemeinsames geistliches Programm auszustrahlen.
Gott hat uns in der Person von Ulrich Parzany einen Menschen gegeben, der das Zentrum des Glaubens – den gekreuzigten Jesus Christus, der die Sünde der Welt auf sich genommen hat – so verkündigen kann, dass junge Menschen und ältere Menschen es verstehen.
Wenn 600 Veranstaltungen quer durch unser Land das aufnehmen, vor Ort ein Rahmenprogramm schaffen, den Bürgermeister einladen und plötzlich die Bevölkerung merkt, dass man hingehen kann, und der Bürgermeister plötzlich ein Zeugnis von seinem Glauben gibt, dass er ohne die Bibel und ohne das Gebet nicht leben könnte, dann hat das eine so gewaltige Ausstrahlung.
Vor allem auch, weil wir auf Menschen zugehen können, sie abholen und mitnehmen dürfen. So können wir über den Glauben ins Gespräch kommen.
Ich war jetzt zu Beginn des Jahres in Brasilien bei einer Missionarstagung von Indianermissionaren. Drei Missionarehepaare erzählten, sie seien 1993 durch den Dienst von Billy Graham und ProChrist zum Glauben gekommen. Jetzt sind sie schon als Missionare draußen.
Wenn oft die Leute fragen, was denn von Wert dabei herausgekommen sei, dann ist mehr herausgekommen, als wir ahnen können – durch die Gnade Jesu.
Vereinsarbeit und finanzielle Herausforderungen
Du warst ja lange Zeit bis vor kurzem der Vorsitzende dieses Vereins, was viele sicher gar nicht wissen. Um solche Aktionen durchzuführen, braucht man auch ein juristisches Gefäß. Das ist also der eingetragene Verein.
War das nicht auch eine große, schwierige Geschichte mit ProChrist? Denn es waren ja eigentlich keine Finanzen in Sicht, um das ganze Unternehmen durchzuführen.
Ein paar Tage nach Abschluss der letzten ProChrist-Woche in Nürnberg vor zwei Jahren durfte ich eine Bibelwoche über die Bergpredigt halten. Dabei ging es auch um das Wort „Sorge nicht“. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, weil ich mich fragte, ob wir überhaupt finanziell durchkommen würden. Zu diesem Zeitpunkt waren kaum Opfer von den Einzelveranstaltungsorten eingegangen.
Solche Verantwortungen führen einen auch in die richtige Haltung vor Gott. Stimmt denn das, was ich verkündige? Passt „Sorge nicht“ zusammen mit dem, was mich wirklich bewegt? Ich musste mir sozusagen selbst von Jesus sagen lassen: „Euer Vater im Himmel weiß, was ihr bedürft.“
Nach wenigen, etwa vierzehn Tagen rief Frieder Trommer an und sagte: „Wir haben die elf Millionen beisammen. Wir können es gar nicht fassen.“ Frieder Trommer ist der Geschäftsführer.
Das Geld kam aus vielen kleinen Beträgen zusammen. Aber unser Gott hat vor und nach wie vor die Möglichkeit, aus fünf Broten und zwei Fischen eine Speise für fünftausend Menschen zu machen – oder aus ein paar kleinen Opferbeträgen von einfachen Leuten eine missionarische Aktion, die es in dieser Weise in Deutschland noch nie gegeben hat.
Pietistische Verbände und theologische Herausforderungen
Ja, viele hätten sich sehr gewünscht, dass die Arbeit, die du in der Kirche und auch in den übergemeindlichen sowie internationalen Werken geleistet hast, im Land noch eine viel stärkere Ausprägung gefunden hätte. Doch du hast dich dabei eigentlich immer auf die Hofackervereinigung beschränkt.
Die Hofackervereinigung entstand vermutlich im Jahr 1951, als die große Krise durch den Theologen Bulckmann ausgelöst wurde. Sehr bald zeigte sich, dass die Hofackervereinigung – benannt nach Hofacker, dem großen Erweckungsprediger in Württemberg – deutlich machen wollte: Es geht nicht nur darum, Mauern gegen falsche Theologie zu errichten, sondern vor allem darum, das Wort Gottes zu verbreiten.
So entwickelte sich eine große Bewegung, die zu einer gemeinsamen Plattform aller württembergischen pietistischen Aktionen, Werke, Missionshäuser und Ausbildungsstätten wurde. Wir sind dankbar für all die Arbeit, die wir leisten konnten, und dafür, dass wir auch synodale Verantwortung im Rahmen der Synodalgruppe Lebendige Gemeinde übernehmen konnten. Ich selbst gehörte dieser Gruppe 24 Jahre lang an.
Was mich jedoch bei der Hofackervereinigung und in unserer Kirche umtreibt, ist etwas, das ich nur mit den Worten des amerikanischen Schriftstellers John Updike ausdrücken kann. Er schreibt in seinen Selbstbekenntnissen: „Ohne eine übernatürliche Rettungsaktion ist unsere irdische Existenz hoffnungslos.“
Updike war kein Christ, sondern litt darunter, dass die amerikanischen Kirchen heute zwar schöne Gotteshäuser, moderne Gottesdienste und interessante Predigten haben, er aber immer den Eindruck habe, dass man dem religiösen Bedürfnis des Menschen nach religiösem Nachkommen nicht gerecht werde. Man wolle dem Menschen nicht zu viel menschliche Vernunft zumuten. So habe sich die Volkskirche umgedreht und dem Volk werde nichts mehr zugemutet an überirdischen Rettungsaktionen.
Ich habe große Sorge, auch im Blick auf unsere evangelikalen Werke und Einrichtungen – bis hin zu proChrist und unseren modernen Gottesdiensten und Gottesdienstformen –, dass wir glauben, mit moderner Musik und Stilelementen das ersetzen zu können, was das Evangelium wirklich bringt.
Der moderne Mensch hungert nach einer überirdischen Rettungsaktion und nicht nach dem Drumherum. Wir dürfen nicht einfach auf das eingehen, was progressiv zu sein scheint, und dabei professionell das Eigentliche vergessen. Sonst werden wir gegenüber den Menschen schuldig.
Dringende Herausforderungen für die Kirche
Ja, Bruder Schiff, wenn wir dich so hören, fragen wir uns, ob die Bestimmungen zu Recht bestehen, die die Ruhestandsgrenzen bei manchen doch relativ früh setzen. Wir haben den Eindruck, dass du sehr wohl noch imstande wärst, weiter zu kämpfen. Deshalb fragen wir uns, wer deine Stimme überhaupt ersetzen kann – manche im Lande tun das ja auch.
Was sind denn nach deiner Meinung die dringendsten Fragen im Augenblick, die von der Kirche oder von den Kirchen beachtet und in Angriff genommen werden müssen?
Es gibt nur eine dringende Frage: Wir dürfen nicht Kirche sagen, wo wir eigentlich Jesus sagen müssten. Mir ist Ludwig Hofhacker, der schwäbische Erwägungsprediger, wichtig geworden, ebenso die Arbeit in der Hofhacker-Vereinigung. Er hat einmal deutlich gesagt: Gott wollte, dass alles Heilsame, alles Hilfreiche durch Jesus geht – nicht an Jesus vorbei.
Noch vor gar nicht langer Zeit wurde ein junger schwäbischer Pfarrer in seiner Gemeinde gefragt: „Warum reden Sie in der Predigt immer von Jesus? Es genügt doch Gott.“ Genau hier müssen wir sagen, dass dies der große theologische Irrtum unserer Zeit ist, der alte, uralte liberale Irrtum, dass man Jesus durch Kirche oder durch Gott ersetzen kann.
Gott wollte, dass er bekannt gemacht wird durch Jesus, dass Jesus unsere Sünde trägt, dass Jesus der Lebendige ist, der heute den Saftladen unserer Christenheit – auch unserer evangelikalen Christenheit – belebt. Ohne Jesus sind wir verloren, ohne einen lebendigen Jesus gibt es keine Rettung.
Als ich einmal in Ulm Konfirmanden unterrichtete, brachten ein paar amerikanische Zivilangestellte ihre Töchter. Sie seien überzeugte Lutheraner, doch im Gottesdienst habe ich sie nie gesehen. Sie wollten, dass ich ihren Töchtern lutherischen Konfirmandenunterricht gebe. Dabei merkte ich, dass sie überhaupt keine Geschichte des Neuen Testaments kannten. Heute ist das ja üblich im Konfirmandenunterricht, dass man auch bei Deutschen so etwas erlebt.
Als ich ein paar Jesusgeschichten erzählte, sagte Linda Zeyer: „Alles strebt dem Augenblick zu, wo bloß noch Jesus wichtig sein wird.“ Das hat mich gepackt. Ein junger Mensch, der noch nichts von Jesus wusste, begreift so die Jesusgeschichten. Es geht auf den großen Tag Jesus zu, an dem all das, was heute uns innerkirchlich und erst recht außer kirchlich an Wichtigkeiten bewegt, vergangen und vergessen sein wird. Dann wird nur noch wichtig sein, dass es Jesus gibt und ob ich wirklich zu Jesus gehöre.
In allem Streit und Kämpfen wollte ich eigentlich nur das tun: Menschen zu Jesus hin einladen. Vielleicht bin ich oft durch meine kämpferische Art auch mal im Wege gestanden. Aber unser Herr wird es an jenem Tag aufdecken, was auch an falscher Art durch ihn geheilt werden kann.
Dem ist eigentlich jetzt nichts hinzuzufügen, auch keine weitere Frage. Wir bedanken uns sehr. Wir haben das im Gottesvolk weltweit erlebt: Prälat Rolf Schäffbuch, da ist eine Menge erlebt worden, da wird auch eine Menge mitgeteilt.
Ich weise gern noch auf die kleinen Bücher hin, die erschienen sind. Das eine heißt Koffergeschichten – Rolf Schäffbuch erzählt, im Henster Verlag erschienen. Das andere: Rolf Schäffbuch – Das habe ich mit Gott erlebt, ebenfalls im Henster Verlag. Beide Bücher unterstreichen das, was wir hier gesagt haben, und bringen noch eine Menge Erfahrungen dazu. Ich kann Ihnen das sehr empfehlen.
Aber Bücher sind nicht so wichtig, und herzlichen Dank für den Hinweis.
Es war mir schon als kleiner Bläser, ich war gerade 14 Jahre alt, beim ersten Landesposauntag in Ulm 1946 wichtig: Jesus Christus herrschte als König. Diese Posauntage, von denen ich viele mitverantworten durfte und auch als Prälat miterleben konnte, schließen ja immer ab mit dem Geläut der Münsterglocken und mit dem kommenden Lobpreis Jesu Gloria seid ihr gesungen.
Wäre schön, wenn wir das noch hören könnten.
Ja, verabschieden wir uns damit.