Einführung: Die Schwierigkeit, den richtigen Weg zu finden
Wisst ihr übrigens von den Freizeitteilnehmern, die eineinhalb Tage nach Beginn der Freizeit immer noch in ihrem Auto unterwegs sind?
Dabei hatten sie gar nicht so weit zu fahren, denn sie kamen eigentlich mehr oder weniger aus der Nähe. Doch als sie in die Nähe von Bielefeld kamen, sahen sie auf ihrer Karte, dass dort in der Nähe von Bielefeld Brake liegt.
Sie waren dann nur in Brake gewesen und trafen dort zufälligerweise ein paar Christen. Diese fragten sie, wo die Bibelschule sei. Die Christen antworteten, die Bibelschule sei nicht dort, sondern man müsse weiterfahren bis nach Lemgo.
Die Freizeitteilnehmer sagten jedoch, dass in ihrer Karte Brake hier eingezeichnet sei und die Bibelschule deshalb hier sein müsse. Sie riefen sogar hier an und fragten nochmals nach, wo die Bibelschule sei. Die Antwort war erneut: in Lemgo.
Sie entgegneten: Nein, auf der Karte steht, das müsse bei Bielefeld sein. Nun irren sie dort umher, warten, suchen und wissen nicht weiter.
Na ja, zugegeben, ihr müsstet euch keine Sorgen machen und euch auf die Suche begeben, denn das war frei erfunden.
Diese Beispielgeschichte soll jedoch veranschaulichen, wie es uns manchmal geht. Wir laufen irgendwo in eine Richtung und glauben, etwas völlig Richtiges zu tun. Dann kommen andere Leute und sagen uns, dass wir falsch liegen, dass wir auf dem falschen Weg sind und so niemals ans Ziel kommen werden.
Doch wir sind nicht bereit, darauf zu hören. Stattdessen gehen wir stur unseren Weg weiter, weil wir doch wissen, dass es richtig ist – obwohl alle äußeren Umstände dagegen sprechen.
Die Bedeutung von Korrektur im Leben
Gerade über das Thema der Korrektur, die wir alle so dringend brauchen, sprechen die Sprüche sehr häufig. Damit wollen wir uns heute Morgen auch etwas näher beschäftigen.
Wenn wir die Sprüche durchlesen, stoßen wir immer wieder auf Verse, die sagen, dass der Mensch Korrektur braucht. Der Weise freut sich darauf, wenn er Korrektur bekommt, denn er erkennt, dass es notwendig ist, sich korrigieren zu lassen.
Zum Beispiel finden wir das in Sprüche 10,8: „Wer weisen Herzens ist, nimmt Gebote an, wer aber ein Narrenmaul hat, kommt zu Fall.“ Wer in Unschuld lebt, lebt sicher, aber wer verkehrte Wege geht, wird ertappt werden. Das ist zwar nicht die Stelle, die ich ursprünglich lesen wollte, aber sie passt trotzdem gut.
Probieren wir es mal mit Sprüche 13,1: „Ein weiser Sohn liebt Zucht, aber ein Spötter hört selbst auf Drohungen nicht.“ Zucht ist hier ein anderes Wort für Korrektur oder Zurechtweisung. Hier wird gesagt, dass der weise Sohn sich darauf freut, wenn er zurechtgewiesen wird. Ganz so radikal müssen wir es vielleicht nicht sehen, aber zumindest sollten wir Korrektur akzeptieren.
Wer Korrektur annimmt, wird als weise betrachtet. Das finden wir an einigen weiteren Stellen ebenfalls, zum Beispiel in Sprüche 13,10: „Bei den Übermütigen ist immer Streit, aber Weisheit ist bei denen, die sich raten lassen.“ Ratschläge müssen wir nur annehmen, wenn wir uns nicht ganz sicher sind, ob das, was wir tun, wirklich richtig ist. Wir brauchen dann Bestätigung, Orientierung oder eben Korrektur.
Das finden wir auch in Sprüche 13,14: „Die Lehre des Weisen ist eine Quelle des Lebens, zu meiden die Stricke des Todes.“ Rechte Einsicht schafft Gunst, aber der Verächter des Weges bringt Verderben. Ein Kluger tut alles mit Vernunft. Immer wieder wird hier betont: Rechte Einsicht schafft Gunst. Manchmal sind wir darauf angewiesen, diese Einsicht von anderen zu bekommen.
Ganz zu Anfang der Sprüche wird uns das ebenfalls schon erwähnt, nämlich in Sprüche 1,2: „Um zu lernen Weisheit und Zucht und um verständige Rede zu verstehen.“ Deshalb hat Salomo das geschrieben: um Zucht zu geben, um richtig zu verstehen und um sich orientieren zu können. Dafür ist Korrektur sinnvoll und gut – wir brauchen sie.
Die Folgen der Ablehnung von Korrektur
Diejenigen, die keine Korrektur annehmen, werden in den Sprüchen immer wieder als Toren bezeichnet. Diese Menschen halten sich selbst für klug, meinen selbst zu wissen, wo es langgeht, und sind nicht bereit, auf andere zu hören.
Doch es ist so, und das wird uns auch in den Sprüchen deutlich gemacht: Gott wird diese Menschen strafen, die sich nicht korrigieren lassen, die in der Sünde verharren und nicht bereit sind, auf Gott zu hören.
Darüber hinaus ist es nicht nur so, dass sie Angst vor der Strafe Gottes haben müssen, sondern es wird auch erwähnt, dass es ihrem eigenen Leben schadet. Die Toren bleiben in ihrer Torheit und werden dadurch arm. Wer die Zucht nicht annimmt, dem wird ebenfalls Schaden widerfahren.
Schlagen wir Kapitel 13, Vers 18 auf, so finden wir beispielsweise: „Wer Zucht missachtet, hat Armut und Schande; wer sich gern zurechtweisen lässt, wird zu Ehre kommen.“
Das bedeutet: Wer die Zucht nicht annimmt, dem wird es schlecht ergehen. Die Zucht oder die Zurechtweisung, die Gott uns geben will oder die wir durch andere Menschen erfahren, dient unserem eigenen Wohl. Es geht nicht darum, dass jemand mich fertig machen will, sondern darum, dass jemand mich auf tatsächliche Fehler und Probleme hinweist.
Wenn ich mich korrigieren lasse, werde ich hinterher den Segen Gottes erfahren. Es schadet mir selbst, wenn ich mich nicht korrigieren lasse. Außerdem schadet es auch anderen Menschen in meiner Umgebung.
Ich muss damit rechnen, dass ich eines Tages, wenn ich vor Gott stehe, gerichtet werde und ewige Strafe auf mich laden werde, wenn ich keine Korrektur annehme. Auf der anderen Seite ist es so, dass Gott segnet, wenn ich mich korrigieren lasse. Das hat positive Auswirkungen auf mein eigenes Leben.
Wer korrigiert wen? Selbstkorrektur und Orientierung
Wenn Korrektur nach den Sprüchen wichtig ist und wir sie annehmen sollen, stellt sich die Frage, wer hier wen korrigiert. In den Sprüchen finden wir verschiedene Möglichkeiten dazu.
Zum einen geht es darum, dass ich mich selbst korrigiere oder zumindest die Voraussetzungen dafür schaffe, dass Korrektur in meinem Leben wirksam werden kann. Beispielsweise sollte ich mein eigenes Handeln immer wieder überprüfen und hinterfragen: Ist das richtig? Ich muss es kontrollieren und dafür natürlich auch die richtigen Maßstäbe anlegen.
Diese Maßstäbe sind nicht, wie ich es schon immer getan habe, sondern die Gebote Gottes, die Offenbarung Gottes. Es ist auch das Gewissen, durch das Gott in mein Leben hineinspricht.
Ich sollte mir auch verstandesmäßig Gedanken darüber machen: Wie handle ich? Wie groß sind die Kosten, die damit verbunden sind? Sind die Kosten vielleicht zu hoch? Ist es falsch, das zu tun? Sollte ich mich eher anders verhalten?
Meine Prioritäten im Leben sollte ich immer wieder selbst überprüfen. Wo setze ich meine Kraft ein? Wo setze ich mein Geld ein? Wo investiere ich meine Energie? Ist das richtig oder ist es nötig, dort eine Korrektur vorzunehmen?
Manchmal kann es sein, dass wir schon so lange, wie wir uns erinnern können, immer dasselbe gesagt, getan und gedacht haben. Dass wir denselben Tages-, Wochen- und Jahresablauf haben, ohne jemals eine neue Weichenstellung vorzunehmen. Doch vielleicht wäre gerade das nötig in unserem Leben.
Wenn wir so weitermachen, laufen wir in die falsche Richtung und sind nicht bereit, neu darauf zu hören, was Gott uns in unserem Leben sagen will.
Korrektur durch andere und die richtige Umgebung
Darüber hinaus weisen uns die Psalmen darauf hin, dass wir dort, wo wir Korrektur annehmen, Lob von anderen Menschen erfahren. Wenn wir uns vom Bösen abwenden, so sagen die Sprüche, laufen wir auch nicht Gefahr, vom König oder der Regierung bestraft zu werden.
Wo wir Falsches tun, werden wir bestraft – sei es von anderen Menschen, von Gott oder von der Regierung. Wir selbst können und sollen uns also korrigieren. Wir sollten offen dafür sein, auf andere Menschen zuzugehen, um von ihnen Korrektur anzunehmen.
Manchmal können wir Wege wählen, um nicht nur darauf zu warten, dass jemand auf uns zukommt. Wenn ich erst einmal selbst eingestehe, dass ich nicht fehlerlos bin, wenn ich nicht nur theoretisch sage: „Jeder Mensch ist ein Sünder, und Michael ist auch ein Mensch, also ist Michael auch ein Sünder“, aber von einer konkreten Sünde oder einer konkreten Falschorientierung nichts weiß, dann ist das zu wenig.
Nein, ich muss damit rechnen, dass tatsächlich ganz konkret in meinem Leben etwas falsch laufen könnte. Dann kann ich am ehesten Korrektur erfahren – nicht nur, wenn ich auf mich selbst höre oder auf die Worte derer, die mir sowieso nur schmeicheln wollen, sondern gerade, wenn ich auf die Worte höre, die Fehler bei mir finden. Diese Worte können mir vielleicht eher auf die Nerven fallen. Wenn ich aber auch deren Gemeinschaft ab und zu suche, wenn ich es verkraften kann und versuche zu überprüfen, ob das stimmt – ob das Realität in meinem Leben ist –, dann kann ich wachsen.
Ich sollte mich nicht in die Umgebung der Verführer begeben, wie es in Sprüche 1,10 heißt. Dort ist zwar die Verführerin zum Ehebruch gemeint, aber es gilt allgemein für Verführer: Wir sollten uns nicht in die Umgebung begeben, wo Menschen uns falsche Wege zeigen. Stattdessen können wir uns selbst korrigieren, indem wir uns in die Umgebung von Menschen bewegen, die weise sind.
Wir sollten, wie es in Sprüche 4,25 heißt, unsere eigenen Augen kontrollieren: „Lass deinen Blick gerade vor sich gehen und richte deinen Blick geradeaus. Lass deinen Fuß auf ebener Bahn gehen, und alle deine Wege seien gewiss.“ Überlege dir also genau, wohin du schaust und wohin du gehst. Das müssen wir immer wieder neu tun.
Denn auch wenn wir einen Spaziergang machen, öffnen wir nicht einmal die Augen und schließen sie dann für den Rest des Weges, um blind durch die Gegend zu laufen. In jedem Moment müssen wir neu schauen: Ist da ein Stein? Ist da ein Graben? Wo geht der Weg lang? So müssen wir das auch immer wieder neu in unserem Leben tun.
Wir müssen selbst nach Orientierung suchen. Manchmal müssen wir böse und falsche Gedanken schon in unserem Herzen stoppen, wie wir in Sprüche 6,25 lesen: „Lass dich nach ihrer Schönheit nicht lüsten in deinem Herzen und lass dich nicht fangen durch ihre Augenlider.“ Hier ist, wie gesagt, von der Frau die Rede, die den Mann verführt. Es wird gesagt: Nein, lass dich davon nicht verführen. Nimm dir in deinem Herzen vor, keine falschen Wege zu gehen. Sonst gewöhnst du dich daran und merkst es vielleicht selbst nicht mehr, weil du innerlich abgestumpft bist.
In Sprüche 8,32 wird uns gesagt, dass wir täglich auf der Suche nach Weisheit sein sollen, insbesondere nach der Weisheit Gottes. Das wird uns helfen, Korrektur anzunehmen – nämlich Korrektur von Gott.
Auch das, was wir gestern gehört haben, wie zum Beispiel in Sprüche 14,27: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit. Die Furcht des Herrn ist eine Quelle des Lebens, um den Stricken des Todes zu entgehen.“ Das ist es, was wir wollen: den Stricken des Todes, dem falschen Leben, das uns hier auf der Erde schadet und erst recht bei der ewigen Strafe, die wir möglicherweise vor Gott empfangen können, zu entgehen.
Was uns davor schützt, ist Gottesfurcht und die Bereitschaft, Korrektur anzunehmen.
Gottes Eingreifen und Korrektur
Es ist nicht nur so, dass wir selbst an uns Korrektur vornehmen. Manchmal reicht das nicht aus. Manchmal erkennen wir die Probleme in unserem Leben gar nicht. Dann greift Gott ein und korrigiert uns.
So lesen wir beispielsweise in Kapitel 3, Vers 11: "Mein Sohn, verwirf die Zucht des Herrn nicht, und sei nicht ungeduldig, wenn er dich zurechtweist; denn wen der Herr liebt, den weist er zurecht und hat Wohlgefallen an ihm wie ein Vater am Sohn."
Wenn es uns im Leben schlecht geht oder wir fragen, warum wir nicht immer von Gott gelobt und gesegnet werden, kann es daran liegen, dass Gott uns gerade deshalb, weil er uns liebt, zurechtweist und auf Probleme aufmerksam macht.
Dann heißt es nicht, sich bei Gott zu beklagen oder nach einem magischen Trick zu suchen – zum Beispiel zehnmal am Tag zu beten oder fünfmal das Vaterunser zu sprechen, damit Gott alles fallen lässt. Stattdessen geht es darum, auf Gott zu hören und zu erkennen, wo er uns auf Kurskorrekturen hinweisen möchte, die wir in unserem Leben brauchen.
Gott korrigiert auch dadurch, dass er diejenigen segnet, die auf dem richtigen Weg sind, und manchmal diejenigen straft und zurechtweist, die auf dem falschen Weg sind. Das lesen wir in Kapitel 3, Vers 33: "Im Hause des Gottlosen ist der Fluch des Herrn, aber im Hause des Gerechten wird gesegnet."
Derjenige, der auf dem richtigen Weg ist und das Richtige tut, erhält den Segen Gottes. Wer das Falsche tut, wird von Gott bestraft. Das ist ein anderer Weg.
Wir lesen auch, dass derjenige, der auf dem richtigen Weg ist, noch korrigiert werden kann, um besser geleitet zu werden. Wenn wir aber vom richtigen Weg Gottes abirren, kann es sein, dass Gott stärker eingreift, um uns zu korrigieren.
Wer den Weg Gottes ganz verlässt, wird noch härter bestraft. So steht es in Kapitel 15, Vers 10: "Den Weg verlassen bringt böse Züchtigung, und wer Zurechtweisung hasst, der muss sterben."
Das klingt an einigen Stellen der Sprüche relativ hart. Wer den richtigen Weg, den Gott führt, verlässt, bekommt Zurechtweisung. Wer diese Zurechtweisung nicht annimmt, wird sogar sterben.
Sterben ist hier auf mehreren Ebenen zu verstehen: irdisch, innerlich geistlich und natürlich auch als ewiger Tod, den wir erleiden, wenn Gott uns verurteilt.
Gott kennt unser Herz. Das lesen wir im selben Kapitel, Vers 11: "Unterwelt und Abgrund liegen offen vor dem Herrn, wie viel mehr das Herz des Menschen."
Gott kann uns viel besser beurteilen, als wir uns selbst beurteilen können. Wir sind uns manchmal zu gnädig, manchmal zu streng, je nachdem, wie wir veranlagt sind. Eine objektive Einschätzung gelingt uns oft nicht.
Gott aber kann uns viel besser zurechtweisen und auf Fehler aufmerksam machen, als wir selbst es können oder meinen zu können. Er kennt das Herz eines jeden Menschen – auch unser eigenes.
Gott bewahrt uns vor Unheil, indem er uns korrigiert und zurechtweist.
Wir lesen auch in Kapitel 16, Vers 9: "Der Mensch denkt, und Gott lenkt."
Gott weiß, wo der beste Platz für uns ist, wo wir uns einsetzen sollen. Vielleicht ist es nötig, umzuziehen, einen neuen Job zu suchen oder den Tagesablauf zu korrigieren, weil zu wenig Zeit für Gott oder andere Verpflichtungen bleibt.
Dann braucht es Korrektur. Es hilft nicht zu sagen: "Das ist nun so, das geht allen so, das war schon immer so, ich kann sowieso nichts ändern, und irgendwann gehe ich in Rente, dann wird alles anders."
Nein, das hilft nicht. Es ist nötig, schon jetzt darauf zu hören, ob Gott in dieser Situation Korrektur möchte.
Wenn es schwierig ist, heißt das nicht, dass keine Korrektur nötig ist. Nehmen wir das Beispiel von Anfang: Jemand fährt nach Lemgo, findet den Weg nicht und sagt, das sei zu kompliziert. Er sucht weiter in Bielefeld.
Das kann er tun, aber es hilft nichts. Wer in den falschen Weg geht, findet auch nach langem Suchen nicht den richtigen Weg. Er muss auf Gott hören, sich korrigieren lassen und auf Fehler aufmerksam machen.
Die Herausforderung, Korrektur von anderen anzunehmen
Um Korrektur anzunehmen, ist es nicht nur nötig, selbst nach Fehlern zu suchen. Es ist auch wichtig, sich von Gott korrigieren zu lassen und das Reden Gottes anzunehmen. Doch was uns häufig am schwersten fällt, ist, die Korrektur von anderen Menschen anzunehmen.
Von Gott sagen wir oft: „Na ja, Gott kennt uns ja, und Gott weiß, was für uns gut ist. Na ja, Gott ist halt Gott, da können wir sowieso nichts dagegen sagen.“ Und wenn ich selbst Fehler erkenne, ist das ja auch noch gut. Aber wenn jemand anders in der Gemeinde auf mich zukommt und sagt: „Das ist aber falsch, was du da machst, das ist total daneben“, dann fällt uns das oft schwer.
Oder noch schwieriger ist es, wenn das vielleicht sogar unser Ehepartner tut. Bei uns zu Hause ist es manchmal so, dass meine Frau mein stärkster Kritiker ist. Das liegt einfach daran, dass sie mich viel besser kennt als viele andere Menschen. Manchmal denke ich mir: „Warum muss sie jetzt schon wieder etwas kritisieren? Sie könnte doch viel lieber sagen: Michael, was du da tust, ist alles gut und richtig.“ Das höre ich doch viel lieber. Geht es euch auch so?
Trotzdem merke ich manchmal, dass gerade die Korrektur eines Menschen, der mir nahesteht, mich wirklich weiterbringt. Menschen, die mich nicht sehr gut kennen, wissen natürlich wenig über meine Schwächen. Sie können mich deshalb auch schlecht darauf hinweisen, wo Korrektur dringend nötig ist. Aber gerade Menschen, die uns nahestehen, sollten uns Korrektur geben, und wir sollten sie auch annehmen.
Wir finden das beispielsweise in Sprüche 10,11: „Des Gerechten Mund ist ein Brunnen des Lebens, aber auf die Gottlosen wird der Frevel fallen.“ Das heißt, das, was gottesfürchtige Leute sagen, ist wie ein Brunnen des Lebens. Sollten wir nicht an diesem Brunnen des Lebens Anteil nehmen? Wenn uns ein Gerechter, einer der fromm ist und nach Gott sucht, sagt, wo wir falsch liegen, sollten wir das nicht auch wirklich annehmen?
Im selben Kapitel, in den Versen 31 und 32, lesen wir auch, dass der Gerechte mit seinen Worten weiterhilft. Hier liegt die Herausforderung: Wenn wir in der Nähe von weisen Menschen sind, von Menschen, die sich an Gott orientieren, können wir selbst von dieser Weisheit profitieren.
In Kapitel 14, Vers 7, wird gesagt, dass wir die Gemeinschaft mit Narren oder Toren meiden sollten: „Gehe weg von dem Toren, denn du lernst nichts von ihm.“ Also müssen wir genau auswählen, von wem wir Korrektur annehmen. Es gibt manche Leute, die weit entfernt von Gott sind und mit Gott nichts zu tun haben. Wenn dann unser Arbeitskollege sagt: „Ach komm, wenn du Probleme hast, gehen wir heute Abend mal in die Kneipe und trinken ein, dann sind die Probleme weg“, dann sollten wir vorsichtig sein.
Vielleicht sagen wir: „Na ja, gut, das habe ich bisher noch nicht getan. Ich bin heute Morgen mal ermutigt worden, etwas Neues zu tun, nicht nur die eingefahrenen Wege zu gehen, und ich bin ermutigt worden, mal auf andere zu hören. Vielleicht ist das ja der richtige Weg.“ Aber das ist dann nicht der richtige Weg.
Wir sollten immer darauf achten, wer uns Korrektur anbietet. Wenn es ein Tor oder Narr ist, sollten wir besser darauf verzichten. Solche Menschen bringen sich selbst ins Unglück und ziehen uns mit hinein.
Es ist jedoch gut, den Rat zu suchen. In Kapitel 15 lesen wir, dass nur die Spötter den Rat anderer Menschen vermeiden. In Vers 12 heißt es: „Der Spötter liebt es nicht, wenn ihn jemand zurechtweist, und geht nicht zu den Weisen.“ Hier wird deutlich, dass jemand, der Korrektur sucht, zu den Weisen geht.
Wer aber nicht zu den Weisen geht, zu denen, von denen er Korrektur bekommen kann, ist ein Spötter. Solche Menschen taugen nichts, sind nicht in der Nähe Gottes und dürfen nicht erwarten, dass sie von Gott gesegnet werden oder in ihrem Leben Korrektur und Hilfe erfahren.
Dem wird in Vers 22 im selben Kapitel das Gegenteil gegenübergestellt: „Die Pläne werden zunichte, wo man nicht miteinander berät. Wo aber viele Ratgeber sind, gelingen sie.“ Wer Rat sucht und mehrere Menschen fragt, nicht nur immer denselben, hat eine große Chance, Korrektur zu erfahren. So gelingt es, dass man vorankommt und es einem gut geht.
In Vers 23 wird uns gesagt: „Es ist einem Mann eine Freude, wenn er richtig antwortet, und wie wohl tut ein Wort zur rechten Zeit.“ Worte von anderen, die uns korrigieren, helfen und Neuorientierung geben, tun gut. Wir brauchen sie.
Die Ratschläge der Weisen sollen wir annehmen, wie es in Vers 31 heißt: „Das Ohr, das auf heilsame Weisung hört, wird unter den Weisen wohnen.“ Derjenige ist weise, der hört, was andere ihm sagen, wo er sich korrigieren soll und wo er eine Neuausrichtung in seinem Leben braucht. Und diese Neuausrichtung braucht er auch.
Die Bedeutung offener und ehrlicher Korrektur durch Freunde
Ich überschlage jetzt mal ein paar Verse, ja, also. Es gibt noch zwei Dinge, die mir wichtig sind und die ebenfalls mit der Korrektur durch andere Menschen zu tun haben.
Das lesen wir nämlich in Kapitel 27, Vers 5:
„Offene Zurechtweisung ist besser als Liebe, die im Verborgenen bleibt. Die Schläge des Freundes meinen es gut, aber die Küsse des Hassers sind trügerisch.“
Manchmal ist es so, dass wir uns Freunde aussuchen, die immer eifrig nicken bei dem, was wir tun, die immer unserer Meinung sind. Hier sagen uns die Sprüche, dass das vollkommen falsch ist. Wir müssen danach suchen: Ist das ein weiser Mensch? Ist das ein Mensch, der wirklich gut mit uns meint? Hier steht sogar „die Schläge des Freundes“. Ich weiß nicht, wie oft ihr eure Freunde schon geschlagen habt. Wir müssen es vielleicht nicht ganz wörtlich nehmen, obwohl wir ja bibeltreu sein wollen. Vielleicht könnten wir es auch so übersetzen, dass es die Zurechtweisung des Freundes meint. Denn das ist ja auch, was in Vers 5 gesagt wird: Offene Zurechtweisung ist besser, als wenn jemand nur in falscher Liebe schweigt und nichts sagt.
Also brauchen wir manchmal offene Zurechtweisung. Wenn jemand zu uns kommt, der ein guter Freund ist, und uns sagt, was wir falsch machen, soll man nicht sagen: „Jetzt ist die Freundschaft gekündigt, mit dir habe ich nichts mehr zu tun, dass du mir so etwas Böses sagst, das hätte ich ja nie von dir gedacht.“ Freunde müssen einander doch unterstützen.
Richtige Unterstützung und richtige Liebe kann auch darin bestehen, dem anderen einmal offen zu sagen, wo er falsch liegt – oder selbst anzuhören, wo ich falsch liege. Der Rat von Freunden ist wichtig, lesen wir im selben Kapitel in Vers 9:
„Das Herz freut sich an der Salbe und an Räucherwerk, und süß ist der Freund, der wohlgemeinten Rat gibt.“
Also: Gute, richtige Freunde weisen auch auf die Fehler hin, die in unserem Leben sind. Sie schmeicheln uns nicht nur. Die Worte des Verleumders werden gerne gehört, lesen wir in Kapitel 18, Vers 8. Das ist das, wonach die Leute jucken, wie wir im Neuen Testament lesen, aber nicht unbedingt das, was uns in unserem Leben wirklich weiterhilft.
Die Verantwortung, andere zu korrigieren
Nun, wir haben gehört – ich korrigiere mich, Gott korrigiert mich, andere Menschen korrigieren mich. Und jetzt kommt noch ein schwieriges Kapitel: Es ist nämlich auch so, dass ich manchmal andere korrigieren muss und soll. Auch das finden wir als Hinweis in den Sprüchen.
Erst einmal, und das ist uns wahrscheinlich am bekanntesten, bezieht sich das auf die Kinder. Das lesen wir immer wieder; fast in jedem Kapitel finden wir einen Vers dazu. So beispielsweise in Sprüche 11,24. Da steht es nicht – also ich hätte doch hier noch mal da reinschauen sollen – aber da es ja so viele gibt, nehmen wir einfach einen anderen. Wir nehmen nämlich Sprüche 19,18. Bei dem anderen muss ich noch mal kontrollieren, ob das da steht. Hoffentlich steht es da. Da steht nämlich: „Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber lass dich nicht hinreißen, ihn zu töten.“
Ja, ich meine, das ist ja hochmodern – nicht hochmodern im Sinne von „modern“. Es gibt die einen, die sagen, körperliche Züchtigung ist vollkommen out, vollkommen verboten, darf man in keinem Fall anwenden. Und es gibt die anderen, die das übertreiben, die dann so kräftig zuschlagen, dass es eigentlich Misshandlung der Kinder ist. Hier sehen wir, die Bibel ist ganz realistisch. Sie sagt: Na ja, manchmal braucht es schon einen Schlag auf den Hintern. Aber denk daran, du sollst dein Kind nicht Schaden zufügen, sondern du sollst es züchtigen, damit es korrigiert wird und auf den richtigen Weg zurückgebracht wird.
Übrigens wird das nicht nur bei den Kindern erwähnt. In Vers 25 steht: „Schlägt man einen Splitter, so werden Unverständige vernünftig.“ Also manches Mal gilt das scheinbar auch für Erwachsene. Ich weiß nicht, ob wir das unserem Justizminister vorschlagen sollen, dann zu sagen: Wenn da nun ein Spötter ist oder jemand auf dem falschen Weg, der braucht mal ordentlich ein paar Schläge, damit er zurechtgewiesen wird. Das gibt es ja in einigen Staaten. Irgendwie hatte ich das gelesen, ich glaube, es ist in Singapur. Da regen sich ja viele Westeuropäer immer darüber auf, dass Leute, die kontinuierlich ihre Kippen irgendwo hinwerfen, dann Schläge im Gefängnis bekommen. Das scheint für uns sehr altmodisch zu sein. Aber dazu steht zumindest: Auch ein Spötter braucht mal eine starke Zurechtweisung.
Und da sind wir herausgefordert, den anderen zurechtzuweisen. Wie gesagt, mit den Schlägen – na ja, da müssen wir uns noch gut überlegen, ob der nun Schläge braucht oder einfach ein paar strenge Worte. Aber zumindest brauchen Menschen Zurechtweisung.
„Weist man den Verständigen zu Recht“, steht im weiteren Teil des Verses, „so gewinnt er Einsicht.“ Also auch die Verständigen, auch diejenigen, die gut mit Gott gehen, brauchen Korrektur, und wir müssen sie ihnen geben. Wir sind herausgefordert, wir sind verantwortlich, obwohl wir selbst vielleicht nicht in allen Punkten richtig sind, auch Korrektur anderen gegenüber zu geben, also anderen zu helfen, sich korrigieren zu lassen.
Züchtigung bewahrt die Kinder vor Torheit, Sprüche 22,15. Dann eben bei den Kindern in Kapitel 23, Vers 13 haben wir das noch. Der Weise soll warnen, Sprüche 25,12, das will ich noch mal lesen: „Ein Weiser, der mahnt, und ein Ohr, das auf ihn hört, das ist wie ein goldener Ring und ein goldenes Halsband.“ Also, jetzt soll gesagt werden: So wie kostbare Sachen, an die man sich freut, an die man gerne anschaut, so ist derjenige, der weise ist und Korrektur gibt. Das ist ja jetzt der Aspekt, den ich betonen will. Und so ist auch derjenige, der diese Korrektur aufnimmt.
Also wir merken: Beides ist unsere Verantwortung – uns korrigieren zu lassen, aber eben auch Korrektur zu geben. Wir lesen dann noch etwas weiter, in Sprüche 26,3, dass „der Tor dem Ross eine Peitsche und dem Esel einen Zaum und dem Toren eine Rute auf den Rücken“ gibt. Also hier Korrektur körperlicher Art, wenn es mit den Worten allein nicht mehr genügt. Natürlich sollen die Worte an erster Stelle stehen.
Wir finden auch, dass es nötig ist, anderen zu sagen, was in ihrem Leben falsch ist. Wir lesen in Sprüche 28,23: „Wer einen Menschen zurechtweist, wird zuletzt Dank haben, mehr als der, der freundlich tut.“ Also wer immer nur freundlich tut, nett zu allen ist, dann reibt er sich nicht auf. Dann sind ja alle nett in der Gemeinde auch zu mir, und in der Familie auch. Möglichst keine Probleme eingehen. Auf Dauer ist das kein guter Weg. Erstens entspricht es nicht dem Auftrag, den Gott uns gibt, zweitens tun wir den Menschen nicht gut, die Ersthilfe bekommen, wenn wir sie zurechtweisen.
Wie hier deutlich gesagt wird: Wer einen Menschen zurechtweist, wird zuletzt auch seinen Dank haben, nämlich dann, wenn der einsieht, dass er eigentlich diese Korrektur auch nötig hat und dass er sie braucht.
In Sprüche 29,5 wird uns das Ganze noch mal bestätigt: „Wer seinem Nächsten schmeichelt, der spannt ihm ein Netz über den Weg.“ Und dieses Netz über den Weg soll sein wie eine Falle, so wie eine Vogelfalle, die man zwischen zwei Bäumen spannt, und da fangen sich die Vögel drin. Und genauso ist das bei einem, der immer nur schmeichelt, der immer nur sagt: „Du bist ja gut und wie toll du das alles machst und ja, alles in Ordnung. Wenn alle so wären wie du, das ist ja schön zu hören.“ Aber es hilft uns nicht unbedingt weiter.
Und genau das soll uns hier gesagt werden: Wir sollen anderen auch deutlich einmal sagen, wo wirklich Probleme sind, wo sie vorhanden sind. Aber wir müssen natürlich auch das in Weisheit tun. Wir müssen den richtigen Augenblick abpassen, nicht dann, wenn jemand schon vollkommen frustriert ist und vollkommen fertig ist, und dann sagen wir noch: „Ja, jetzt sage ich dir endlich, was ich ja schon immer sagen wollte, und wie schlecht du bist und wie böse du bist.“ So dass derjenige so frustriert ist, dass er vielleicht Selbstmord begeht oder erst mal psychisch krank wird oder so etwas. Nein, wir sollten den richtigen Augenblick abpassen. Wir sollten es auch erklären können. Wir sollten es mit freundlichen Worten tun, und wir sollten auch nur da korrigieren, wo wir deutlich wissen, das ist Korrektur von Gott.
Also nicht, wo ich jetzt sage: „Also jetzt muss ich dir aber endlich einmal sagen, dein Garten ist nicht in Ordnung. Hier müsstest du eigentlich die Sonnenblumen pflanzen, und da müsstest du das Unkraut ausreißen.“ Das ist vielleicht gut für den Gartenbau, hat aber nichts mit geistlichem Leben zu tun.
So gibt es manche Dinge in unserem Leben, bei denen wir einfach gewohnt sind, so zu leben. Wir halten es für richtig, wir meinen, man müsse so und so leben. Aber wir sollten andere nur korrigieren, da wo es sich eindeutig um biblische Maßstäbe handelt. Wir sollten im Gebet vorher darum ringen, ob es richtig ist, für diese Person es zu sagen. Wir sollten es verbinden, um auch damit dem anderen zu zeigen, wie er die Korrektur vornehmen kann. Nicht nur zu sagen, das ist falsch, sondern auch zu sagen, was er stattdessen tun kann und wie er das tun kann.
Im Konkreten gibt es ja auch in der Gemeinde immer wieder solche Leute, die alles besser wissen, aber sie selbst haben natürlich eine reine Weste. Darum soll es nicht gehen. Es soll mir eigentlich wehtun, wenn ich dem anderen etwas sage, weil ich mit daran leide, wie schlecht es dem anderen geht. Die Motivation sollte sein: Ich will, dass der andere noch näher zu Gott kommt, noch besser in seinem Leben zurechtkommt, dass er nicht in Probleme hineinfällt, vor denen Gott ihn eigentlich beschützen will.
Ich sollte natürlich dann auch meine Motive an den Maßstäben Gottes überprüfen und nicht eben nur meine eigenen dort anlegen.
Warum fällt es uns schwer, Korrektur anzunehmen?
Wenn Korrektur nötig ist, wie wir in der Bibel finden, dann zieht sie Strafe nach sich – sowohl in diesem Leben als auch im Jenseits. Ohne Korrektur können wir nicht das volle Potenzial unseres Lebens ausschöpfen. Denn durch falsches Verhalten entfernen wir uns von Gott. Unser Leben wird sinnlos, und spätestens angesichts des Todes zeigt sich, dass ein falsch geführtes Leben leer ist. Paulus beschreibt es im Neuen Testament so: Es gleicht Heuchstroh oder Stoppeln, die verbrennen. Von dem, was wir ins Reich Gottes mitnehmen können, bleibt nichts übrig.
Wenn wir merken, dass wir selbst korrigiert werden müssen, wenn Gott uns korrigiert, wenn wir durch andere korrigiert werden und diese Korrektur suchen sollen, und wenn wir auch andere korrigieren müssen, dann stellt sich die Frage: Warum fällt es uns so schwer, Korrektur zu lieben? Wenn Korrektur doch so wichtig und hilfreich ist, warum suchen wir sie nicht aktiv, zum Beispiel beim Mittagstisch? Warum bitten wir nicht: „Korrigiere mich, sag mir, was ich falsch mache“? Warum gehen wir nicht in unserer Freizeit bewusst durch Korrekturprozesse, um daran zu wachsen und voranzukommen?
Doch es fällt uns schwer, und so geht es mir auch. Woran liegt das? Wenn ich in mich hineinhöre, merke ich, dass es oft verletzter Stolz ist. Ich möchte lieber, dass Menschen mit mir zufrieden sind, dass ich Anerkennung bekomme und mich gut fühle. Viel lieber möchte ich, dass Probleme überdeckt werden, obwohl ich intellektuell weiß, dass falsches Verhalten korrigiert werden soll und muss.
Manchmal fühle ich mich verletzt, wenn ich korrigiert werde. Ich nehme es persönlich. Dann fällt es schwer zu unterscheiden, ob der Angriff auf mich als Person gerichtet ist oder nur auf mein Verhalten, meine Worte oder Vorstellungen. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn sie entscheidet darüber, ob ich die Korrektur annehme oder ablehne.
Ein weiterer Grund ist unsere leistungsorientierte Gesellschaft. Wer viel leistet, gilt als gut. Wenn ich Korrektur brauche, heißt das oft, dass meine Leistung nicht gut genug war, dass ich versagt habe. Nehmen wir zum Beispiel das Klavierspiel: Johannes geht zum Klavierunterricht. Wenn der Lehrer immer nur sagt, alles sei gut, egal wie falsch Johannes spielt, ist das schön zu hören. Umgekehrt ist es frustrierend, wenn der Lehrer ständig nur sagt: „Das ist falsch, das ist falsch, das ist falsch.“ Mit der Zeit könnte Johannes den Eindruck bekommen, er sei ein totaler Versager.
Deshalb fällt es mir schwer, Korrektur zu lieben. Ich muss lernen, zwischen Angriffen auf meine Person und hilfreicher Zurechtweisung zu unterscheiden. Ich muss versuchen, den wahren Wert der Korrektur in meinem Leben zu erkennen.
Manchmal denke ich auch: „Das machen doch alle so.“ Warum werde gerade ich korrigiert, wenn alle um mich herum dasselbe tun? Oder ich sage mir: „Ich bin eben so, ich werde schnell ungeduldig, ich habe nicht viel Geduld.“ Dann höre ich vielleicht: „Warum regst du dich schon wieder so auf? Sei doch ruhig.“ Aber ich antworte: „Das kann ich doch gar nicht ändern, das liegt in meiner Persönlichkeit.“ Ich denke, Gott hat da nichts zu sagen, weil ich schon immer so war und es bis ins Paradies so bleiben wird.
Doch das stimmt nicht. Im Reich Gottes werden alle falschen und sündigen Eigenschaften weg sein. Es ist ein Geschenk Gottes, dass wir schon hier daran arbeiten können. Es lohnt sich, auf Korrektur zu hören, auch bei Dingen, die wir vielleicht schon zehn, zwanzig oder dreißig Jahre so gemacht haben. Wir sollten wirklich darauf hören, wie andere uns korrigieren.
Manchmal ist Korrektur auch mit Aufwand verbunden. Sie kostet Mühe. Es ist viel einfacher, so zu leben, wie es mir gerade einfällt. Vielleicht tue ich Dinge, die nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch sind. Dann ist es mühsam, wenn jemand mich darauf hinweist und ich mich mehr anstrengen muss, mich zu korrigieren.
Manchmal zerstört Korrektur auch ein Traumbild von mir. Nehmen wir an, ich habe drei Jahre lang Klavierunterricht genommen und jeden Tag mindestens eine Stunde geübt. Ich habe gedacht, irgendwann wird mein Talent durchbrechen und ich kann gut spielen. Doch nach drei Jahren ist das nicht passiert. Die Einsicht musste kommen: Trotz meines starken Wunsches und meiner Mühe ist das nicht meine Begabung. Die Korrektur sagte mir: „Lass es lieber, das ist nicht dein Talent.“
So ist es manchmal nötig, dass wir uns auf Dinge hinweisen lassen, obwohl wir sie gerne anders hätten. Ich wünsche mir das so sehr, dass ich nicht gerne auf Korrektur höre. Trotzdem ist es gut, auf Korrektur zu hören – vielleicht auch schon früher als nach drei Jahren.
Lasst euch nicht gleich entmutigen, wenn es beim ersten Mal nicht perfekt klappt. Wie das Sprichwort sagt: „Ein Meister ist nicht vom Himmel gefallen.“ Manchmal braucht es Zeit. Enttäuschung über sich selbst und ein angeknackstes Selbstbewusstsein können dabei Probleme bereiten.
Korrektur in der Rolle des Mannes und in der Gesellschaft
Korrektur ist manchmal schwierig, besonders weil wir in unserer Umgebung ständig darauf getrimmt werden, alles besser zu wissen. In der Ehe habe ich mir vielleicht selbst die Rolle gegeben, wie sie viele Ehemänner haben. Die meisten Ehemänner müssen immer wissen, was richtig ist. Das ist ja ihre Rolle als Mann, oder? Und als Mann ist es auch so, selbst in der Bibel: Du musst führen, du musst Verantwortung übernehmen. Gerade für Männer ist es oft besonders schwer, Korrektur anzunehmen, weil von ihnen erwartet wird, dass sie immer das Richtige tun.
Wenn du zum Beispiel in deinem Betrieb entscheiden musst und der Chef bist, dann bist du Chef. Du musst entscheiden und deinen Angestellten sagen, wo es langgeht. Dich von ihnen korrigieren zu lassen, ist dann manchmal schwierig, weil unsere Umgebung das nicht gewohnt ist. Auch in der Wirtschaft geht es oft mehr um Schein als um Sein.
Ich habe neulich eine Statistik gelesen, die darauf hinwies, dass bei Bewerbungen bis zur Hälfte des Erfolgs nicht davon abhängt, wie gut deine Zeugnisse sind, sondern wie gut du dich präsentierst. Ob du danach wirklich so gut bist, ist eine andere Frage. Du musst dich gut präsentieren und verkaufen – darauf kommt es an. Das übernehmen wir natürlich auch aus unserer Umgebung. Wir zeigen nach außen ein reines, makelloses Image und mögen es nicht, wenn jemand daran kratzt. Aber manchmal ist es nötig, denn was bringt es uns, nach außen nur Schaumschläger zu sein, ein perfektes Bild zu zeigen und ein Doppelleben zu führen? Innerlich merken wir immer mehr, dass das nicht Gottes Vorstellungen entspricht.
Es gibt einige Dinge, die uns helfen können, Korrektur anzunehmen – von anderen Menschen, von Gott und von uns selbst. Zuerst einmal hilft es, bewusst offen zu sein und nach eigenen Fehlern zu suchen. Ich muss mir eingestehen, dass Fehler in meinem Leben nicht nur Theorie sind, sondern Realität. Sie sind da, ich muss sie nur finden. Dabei sollte ich nicht denken: Solange mir niemand darauf hinweist, sind sie nicht da. Stattdessen sollte ich darauf vorbereitet sein, dass jemand auf mich zukommt und sagt: „Da gibt es etwas.“ Es ist wichtig, nicht nur intellektuell zu wissen, dass Fehler da sind, sondern aktiv danach zu suchen.
Vielleicht wartet ihr gar nicht erst, bis jemand auf euch zukommt, sondern fragt bewusst andere Menschen um Hilfe und Korrektur. Fragt doch regelmäßig eure guten Freunde: „Wo liege ich falsch? Was meinst du, was kann ich besser machen? Wo bin ich nicht richtig?“ Ich habe das selbst als schwierig empfunden. Vor einigen Jahren haben wir im Unterricht Fragebögen an die Schüler verteilt: Was machen wir gut, was nicht? Als wir das zum ersten Mal gemacht haben, habe ich die Antworten gelesen. Wir haben uns natürlich über das Gute gefreut. Bei den kritischen Punkten dachte ich schnell: „Die Schüler haben ja keine Ahnung, die sind noch nicht so gut ausgebildet, die wissen nicht, wie es richtig geht.“ Und ich habe darüber hinweg gelesen. Dabei habe ich gemerkt, wie schnell man sich dagegen wehrt, anstatt zuzugeben, dass etwas falsch läuft.
Inzwischen empfinde ich das Feedback als Bereicherung. Ich will ja, dass der Unterricht besser läuft, besonders an den Stellen, wo Schwächen sind. Dort sollen die Fehler ausgemerzt werden. Es braucht eine innere Einstellung, dass ich mir eingestehe: Andere können mir helfen. Deshalb frage ich bewusst danach. Ein Fragebogen ist ja nichts anderes als eine Bitte um Korrektur an unsere Schüler. Man könnte denken: Sollen die Schüler nicht vom Lehrer lernen? Ja, aber es geht auch umgekehrt. Ich kann auch von den Schülern lernen, wenn sie mich auf Dinge aufmerksam machen, für die ich blind bin, weil ich nicht sehe, wie es bei anderen ankommt.
Darüber hinaus hilft es, bewusst Anerkennung in anderen Bereichen wahrzunehmen. Wenn mich jemand zurechtweist, kann ich mir sagen: „In anderen Bereichen bin ich schon vorangekommen, Gott hat mich gesegnet.“ Ich bin bei Gott angenommen, egal ob ich Fehler habe, die korrigiert werden müssen, oder nicht. Bei Gott bin ich nicht erst angekommen, wenn ich ihm ein perfektes Doppelleben präsentiere und sage, alles sei super und in Ordnung.
Gott schaut sowieso hindurch. Das haben wir ja schon oft in den Sprüchen gelesen: Gott sieht das Herz, er weiß, was darin ist. Der Mensch plant, aber Gott erkennt die Realität. Wir brauchen Gott nichts vorzumachen. Ich sollte auch darauf achten, nicht sofort zu versuchen, mich selbst zu rechtfertigen. Besser ist es, wenn jemand mich korrigiert, erst einmal zuzuhören. Die meisten, die Korrektur aussprechen, stoßen zunächst auf Widerstand, auch wenn man weiß, dass man das tun sollte.
Überrascht die anderen doch einmal, indem ihr euch nicht sofort verteidigt. Sagt nicht gleich: „Nein, das stimmt nicht, und das ist der Grund, warum ich das so mache.“ Oder: „Der Inhalt ist bestimmt richtig, höchstens die Form ist falsch.“ Wir haben oft sofort irgendwelche Entschuldigungen parat, wenn jemand uns sagt, was wir falsch machen. Schließlich sind wir ja immer alle richtig. Wenn es Fehler gibt, liegt es höchstens daran, dass der andere uns missverstanden hat oder nicht weiß, warum wir etwas gut meinen.
Hört euch das einfach erst einmal an. Sagt kein Wort dazu und rechtfertigt euch nicht innerlich. Schaltet ab und denkt: „Lasst den mal reden, das geht auch wieder vorbei.“ Nehmt die Kritik innerlich auf. Zieht euch dann irgendwo zurück, macht einen Spaziergang im Grünen oder zieht euch in eure Kammer zurück und betet zu Gott: „Gott, ist da etwas dran, was derjenige sagt? Stimmt das wirklich?“ Entschuldigt euch nicht zu schnell. Wenn Gott euch dann zeigt, dass es in Ordnung ist, ist es früh genug. Lasst diese Kritik wirklich an euch herankommen, auch wenn sie schmerzhaft ist.
Denn Kritik ist immer schmerzhaft, Korrektur ist immer schmerzhaft. Aber ohne sie werden wir nichts lernen. Wie macht ihr das bei euren Kindern? Wenn sie zum Beispiel sagen: „Wir wollen am Bach spielen“, aber der Bach an einigen Stellen tief ist und die Kinder noch nicht schwimmen können, dann sagt ihr: „Ihr dürft nicht alleine dort spielen.“ Die Kinder sagen: „Ich will aber so gerne!“ Das ist gut, sie wissen, dass es schön ist. Was würdet ihr tun? Würdet ihr sagen: „Okay, dann lasst sie machen“? Nein, ihr würdet sagen, dass Korrektur nötig ist, auch wenn es für die Kinder schmerzhaft ist, das schöne Spielen zu verbieten.
Genauso ist es auch für uns, nicht nur für Kinder. Manchmal denken wir, etwas sei schön und richtig. Trotzdem muss es korrigiert werden, weil wir uns irren. Dafür müssen wir Kritik an uns herankommen lassen. Wir müssen vielleicht auch Neues ausprobieren, ganz anders reden, anders handeln oder andere Dinge tun, die der andere vorschlägt.
Manchmal sollten wir auch erst einmal Gründe für das suchen, was der andere gesagt hat. Tut das als Übung, rein intellektuell. Wenn jemand sagt: „Du redest zu viel“, denkt ihr vielleicht: „Das stimmt nicht, ich kenne andere, die reden viel mehr.“ Oder: „Ich sage ja nur sinnvolle Sachen.“ Statt das sofort abzulehnen, lasst die Kritik erst einmal an euch heran. Sucht Gründe, die für das sprechen, was der andere sagt. Überlegt, wie es bei anderen ankommt. Macht vielleicht eine kleine Statistik: Wie viel reden die anderen, wie viel redest du? Dann kommt sofort die Selbstrechtfertigung: „Ja, aber wenn alle so wenig reden würden wie mein Nachbar, dann herrschte ja Schweigen im Haus, das geht nicht.“
Wir müssen bewusst versuchen, auch Gründe für die Argumente des anderen zu suchen. Damit möchte ich abschließen und euch in die Praxis entlassen: Geht auf die Suche nach konkreter Korrektur, die ihr braucht, und nehmt sie an – nicht als Verletzung oder Erniedrigung, sondern als praktische Hilfe und Ermutigung, Gott näher kennenzulernen und ihm ähnlicher zu werden.
Schlussgebet
Wir wollen aufstehen und gemeinsam beten.
Vater im Himmel, vielen Dank, dass du uns nicht einfach blind in die Irre laufen lässt. Du lässt nicht zu, dass wir an den Stellen, an denen wir uns manchmal lieber aufhalten und wo wir uns wohlfühlen, unser falsches Denken, unser falsches Verhalten und unser falsches Leben einfach so stehen lassen. Stattdessen greifst du ein.
Vielen Dank, dass du das manchmal sogar mit harten Bandagen tust, dass du uns züchtigst und uns andere Menschen in den Weg stellst. Manchmal ist es sogar so, dass wir dadurch zu Fall kommen und merken, wie wir durch unser falsches Leben Misserfolge und Niederlagen erleiden müssen.
Vater im Himmel, vielen Dank, dass du willst, dass wir vorankommen, dass du willst, dass wir weise werden und uns immer mehr nach dir ausrichten.
Ich möchte dich bitten, uns für Korrektur zu öffnen: für Korrektur von dir, für Korrektur aus der Bibel, für das, was wir dort lesen, für Korrektur durch andere Menschen und auch für die Korrektur, die wir anderen aussprechen müssen.
Ich bitte dich, uns den Mut zu geben, auch auf Menschen zu hören, die uns Kritik entgegenbringen – ungeliebte Kritik, aber vielleicht gerade deshalb gerechtfertigte Kritik.
Ich bitte dich um Geduld und Weisheit, diese Kritik aufzunehmen und anzunehmen, sie in unser Leben einzufügen und zu erkennen, wo wir unser Leben wirklich verändern müssen.
Ich bitte dich um Kraft dafür. Hilf uns, uns nicht zu sehr verletzt zu fühlen, sondern zu erkennen, dass es gut für uns ist.
Ich bitte dich, uns dabei zu helfen, unser Leben zu verändern, damit wir nicht vor einem großen Berg stehen bleiben und sagen: „Das schaffe ich nicht.“ Stattdessen wollen wir deine Hilfe in Anspruch nehmen.
Ich bitte dich, uns ganz konkrete Punkte zu zeigen – gerade in den Tagen hier, in denen wir Freizeit haben und es etwas lockerer ist. Zeige uns, wo du möchtest, dass wir unserem Leben eine Neuausrichtung geben, unsere Persönlichkeit verändern, unser Verhalten anpassen und unser Handeln im Beruf, in der Gemeinde und in der Familie neu überdenken und verändern, weil du es willst.
Vielen Dank, dass du uns so liebst und uns auch korrigierst.
Amen.