Einführung in die Thematik der Familienähnlichkeit
Wir sind jetzt in Johannes Kapitel 2, Vers 29, dem letzten Vers im Ersten Johannesbrief. Wenn ihr eure Gliederung wieder hervornehmt, könnt ihr auch verfolgen, wo wir uns befinden. Das ist jetzt die zweite Seite, beziehungsweise die Rückseite des Gliederungsblattes, ganz oben. Dort steht: Römisch 2 – „Er ist gerecht, er ist ein Vater, wir sind seine Kinder.“
Die Grundlage für Gemeinschaft und das Kennzeichen von wahrem Leben ist Familienähnlichkeit. Ich darf noch einmal ein Stück zurückgehen: Ihr erinnert euch, wir hatten drei große Teile in diesem Brief.
Der erste Teil reicht von Kapitel 1, Vers 5 bis Kapitel 2, Vers 28 und trägt die Überschrift „Gott ist Licht“. Der zweite Teil beginnt hier bei 2,29 und geht bis 4,6. Er trägt die Überschrift „Gott ist gerecht, ein Vater, und wir seine Kinder“. Es geht um Familienähnlichkeit.
Vorher ging es um Gemeinschaft. Die Grundlage für Gemeinschaft ist das Wandeln in der Wahrheit, das Wandeln im Licht. Zuerst wurde dies ethisch betrachtet, dann dogmatisch.
Im zweiten Teil geht es wieder um Familienähnlichkeit, zunächst im ethischen Bereich und dann – in Kapitel 4, Verse 1 bis 6 – im dogmatischen Bereich.
Also: A, großes A, Familienähnlichkeit im ethischen Bereich. Nur wer recht wandelt, ist aus Gott, das heißt, ist aus Gott geboren, ist wiedergeboren.
Die himmlische Herkunft und ethische Aufforderungen
Vers 2,9 – zunächst einmal Grundsätzliches: In den ersten Versen spricht der Text über die himmlische Herkunft dieser Familie. Vers 2,9 bis 3,3 enthält einleitende Aufforderungen, diese himmlische Herkunft wahrzunehmen.
Wir lesen in Vers 2,9: „Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so nehmt zur Kenntnis, dass jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren worden ist“ – oder anders gesagt, jeder, der aus ihm geboren ist, ist ein Wiedergeborener.
Der gerechte Gott stiftet eine Gemeinschaft von Gerechten. Die Menschen, die zu ihm gehören, die in seine Familie eingegliedert sind, sind Gerechte.
Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist: Jesus Christus ist der Gerechte, Gott ist der Gerechte. Dabei ist „gerecht“ hier im weiten Sinne zu verstehen – also richtig in jeder Hinsicht, so wie es Gott entspricht, gut und wahr.
Warum ist es so wichtig, zu wissen, dass er gerecht ist? Für viele damals war das nicht selbstverständlich, dass Jesus Christus gerecht ist. Für viele war das noch nicht klar. In der Gemeinde oder Gruppe gab es Lehrer, die sagten, Jesus Christus sei nur ein Mensch. Sie behaupteten, Jesus sei ein Mensch von Josef und Maria geboren, ein ganz natürlicher Mensch. Das war jedoch nicht richtig.
Jesus war zwar ganz Mensch, aber er wurde nicht von Josef gezeugt, sondern vom Heiligen Geist. Wenn Jesus ein Mensch war, und Menschen Sünder sind, dann müsste Jesus auch ein Sünder sein, oder?
Nein. Dass der Mensch ein Sünder ist, ist eigentlich wesensfremd. Gott hat nicht vorgesehen, dass der Mensch ein Sünder ist. Vor dem Sündenfall war Adam ein unschuldiger, sündloser Mensch. So hat sich Gott den Menschen ursprünglich gedacht. Adam war gerecht, bis er in die Sünde fiel.
Sünder müssen sterben. Der Tod ist die Strafe für die Sünde, für die Vergehen. Der Herr Jesus ist gestorben. Warum musste Jesus sterben, wenn er kein Sünder war?
Dass Jesus kein Sünder war, zeigt sich daran, dass er aus dem Tod auferstanden ist, dass er wieder aus dem Tode hervorgegangen ist. Der Leib des Herrn Jesus ist nicht verwest. Normalerweise beginnt der Verwesungsprozess sofort nach dem Tod. Beim Herrn Jesus jedoch nicht. Er war drei Tage tot, aber es setzte kein Verwesungsprozess ein. Sein Leichnam hat nicht gestunken.
Dann ist er wieder aus dem Tode hervorgegangen. „Sein Leib hat die Verwesung nicht gesehen“, sagt Petrus und zitiert Psalm 16 in Apostelgeschichte 2.
Wenn wir wissen, dass Jesus im Wesen gerecht ist, und vorausgesetzt, wir wissen auch, dass er gestorben ist, dann sollten wir anerkennen, dass Jesus für andere gestorben ist. Wenn er gestorben ist und ich weiß, dass Jesus gerecht war, dann musste er für andere sterben. Für sich selbst musste er nicht sterben, denn er brauchte es nicht.
Also ist er für andere gestorben. Das ist die Basis für das Heil: Er ist für uns alle gestorben. Johannes macht darauf aufmerksam: „Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so nehmt zur Kenntnis, dass jeder, der zu dieser Familie gehört, von Jesus Christus auch ein Gerechter ist.“
Nehmt zur Kenntnis: Wer aus Gott geboren ist, der ist gerecht, weil er mit Jesus Christus verbunden ist. Und wer gerecht ist, der handelt auch entsprechend.
Die praktische Auswirkung der Gerechtigkeit im Leben
Es wird uns die Gerechtigkeit Jesu zuerkannt. Diese Gerechtigkeit Jesu Christi wird uns zugeschrieben und von Gott geschenkt, sobald wir zum Glauben kommen. Doch diese Gerechtigkeit soll sich auch im Leben auswirken.
Das heißt, wer wiedergeboren ist, bei dem verändert sich etwas im Leben. Es kommt eine Kraft von Gott in unser Leben hinein. Diese Kraft ist der Geist Gottes, und dieser Geist wird uns verändern.
Deshalb kann Johannes sagen: Nehmt zur Kenntnis, dass jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren worden ist. Daran kann man erkennen, ob jemand wiedergeboren ist oder nicht.
Wer die Gerechtigkeit tut – das ist im Griechischen hier ein Mittelwort der Gegenwart, das Partizip Präsens. Man lernt in der Schule, dass es eine andauernde Handlung ausdrückt. Es bedeutet also: jeder Tuende, jeder, der die Gerechtigkeit tut. Im Griechischen ist das eine Form, die eine andauernde Handlung beschreibt.
Das heißt: Jeder, dessen Leben vom Tun der Gerechtigkeit geprägt ist, der hat eine andere Lebenshaltung. Eine andere Lebensführung ist da.
Gerecht handeln bedeutet, das Gute zu tun, das Gerechte, das Richtige. Es heißt, Gehorsam gegenüber Gott und seinen Geboten zu zeigen. Entsprechend soll man so leben, wie Gott es für richtig hält.
Johannes zeigt hier, dass es so ist wie bei einer Familie: So wie der Vater, so sind die Kinder. So wie Jesus Christus, so sind seine Kinder. Oder anders gesagt: So wie der himmlische Vater ist, so sind seine Kinder durch Jesus Christus – nämlich gerecht.
Das merkt man vielleicht nicht sofort in allen Dingen. Es gibt ja noch viele Bereiche, in denen wir noch nicht so sind wie der Herr Jesus. Aber man wird es feststellen können.
Das ist Johannes’ Anliegen hier. Das ist der Grundsatz, der Hauptsatz. Danach erklärt er das weiter.
Was jetzt im Folgenden kommt, ist eigentlich eine Erläuterung dieses ersten Satzes – genau wie im ersten Teil auch: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Dunkelheit.“ Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, dann haben wir Gemeinschaft miteinander.
Das ist der erste Satz, Kapitel 1, dieser Grundsatz, und er wird dann erläutert.
Hier ist es genauso: Dieser erste Satz, der Grundsatz, wird im Folgenden erläutert. „Seht, welche Liebe der Vater uns gegeben hat, dass wir Kinder Gottes genannt werden.“
Das ist eine Aufforderung.
Die Liebe des Vaters als Grundlage der Gotteskindschaft
Übrigens heißt es hier nicht: „Seht, welche Liebe er uns gezeigt hat.“ Vielleicht hat Luther hier „was hat der Luther hier? Jonathan, gezeigt!“ geschrieben. Ja, da hat Luther einen Fehler gemacht. Aber Luther hat die große Arbeit geleistet, wir haben nur die Korrekturarbeit gemacht. Luther war der entscheidende Mann. Wir sagen nichts gegen Luther, aber wir dürfen nicht bei Luther stehen bleiben.
Luther hat die Hauptarbeit gemacht, und wir machen nur noch die Kleinarbeit. Im griechischen Text heißt es hier „gegeben“ – die Liebe hat er uns gegeben. In Christus hat er uns die Liebe gegeben. Gott ist ein Geber, ein Gebender, kein Räuber. Gott ist kein Räuber.
Wisst ihr, warum der Herr Jesus damals so zornig war, als er in den Tempel kam und alle hinauswarf? Was hat er gesagt? „Ihr habt das Haus Gottes zu einem Räuberhaus gemacht.“ Räuberhöhle! Ist denn Gott ein Räuber? Warum sollte Gott ein Räuber sein?
Da kommen die Juden nach Jerusalem, oder einige Heiden auch, einige Proselyten, die Heiden sind, aber Juden geworden sind, und einige Judengenossen. Das sind Leute, die sich dem Judentum äußerlich ein bisschen angeschlossen haben, die mit dem Judentum sympathisieren und den Gott Israels kennenlernen wollen. Sie gehen zum Tempel, denn Gott wohnt ja im Tempel. Das ist die einzige Stelle, wo man Gott kennenlernen kann. Dann wollen sie Gott ein Opfer bringen und bringen ihre Opfertiere mit, zum Passafest und so weiter.
Aber dann sagen die Priester: „Nein, nein, nein, der könnte doch nicht so einen Stier dem Herrn opfern. Was soll das? Schau dir das an, viel zu große Ohren und so einen kleinen Schwanz, die Proportionen stimmen nicht, die Farben stimmen nicht und so weiter.“ Aber was soll man machen? „Ja, wir haben ja die schönen Stiere, die Gott gefallen, die haben wir bei uns im Stall. Bitteschön, könnt ihr ja von uns einen Stier kaufen.“
Und dann kauft man halt einen Stier dort. Nur das Problem ist, er war achtmal so teuer wie sonst. Aber das muss es einem ja wert sein, sagen die Priester. „Ist der Gott das nicht wert, wenn du etwas opfern möchtest?“ Und da denkt sich der Heide: „Teuer ist er schon, dieser Gott der Juden. Teuer ist er schon. Der zieht einem das letzte Hemd aus – der Räuber, oder?“
„Ihr habt Gott zu einem Räuber gemacht“, sagt Jesus. Und in Wirklichkeit, weiß ich, wie Gott ist: Gott ist ein Geber. Er beschenkt uns immer wieder.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab. „Wenn du die Gabe Gottes erkennen würdest“, sagt der Herr Jesus zur Samariterin, „und wer der ist, der zu dir spricht, du hättest ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“
Der Herr ist ein Geber. So sehr: „Seht, welche Liebe der Vater uns gegeben hat, dass wir Kinder Gottes genannt werden.“ Sein Herz hat er uns gegeben, die Mitte seines Wesens hat er uns gegeben – der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Die Mitte der Dreieinigkeit hat uns den Sohn gegeben. „Seht, welche Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen oder genannt werden.“
Die Wiederherstellung der Gotteskindschaft durch Christus
Wir waren ja früher seine Kinder. Adam und Eva waren Kinder Gottes, oder? Gott hat sie geschaffen. Sie sind seine Kinder. Adam war sein Kind; er ist aus einer seiner Hände hervorgegangen, man könnte sagen, sein Geschöpf. Dennoch wird er auch Sohn genannt. Im Lukas-Evangelium, Kapitel 3, am Schluss, wird Jesus als Sohn Gottes bezeichnet.
Seth war ein Sohn Adams, und Adam war ein Sohn Gottes, aus Gottes Hand hervorgegangen. Gott ist der Schöpfervater. Doch dann sind die Menschen von Gott abgeirrt. Jetzt ist Gott nicht mehr der Vater. Er hat keine Kinder mehr, denn die Kinder wurden ihm geraubt.
Nun kommt der Herr Jesus, tritt in den Riss, in die Bresche und schlägt eine Brücke. Wir dürfen jetzt wiederkommen und seine Kinder werden – in Christus. Das ist ein Zeichen der Liebe. Kinder sind eine Frucht der Liebe, oder? Kinder sind eine Frucht der Liebe.
Ein Missionarsehepaar war in China. Sie wurden getötet, aber ihre Tochter blieb am Leben. Diese Tochter, ich glaube, sie heißt so und so, wurde von anderen Eltern in China aufgezogen. Sie schrieb den Satz: „Ich bin, weil ihr liebtet.“ Sie schreibt so über ihre Eltern: „Ich bin, weil ihr liebtet.“ Schön, oder? Deshalb bin ich, weil mein Vater und meine Mutter liebten. Ich bin die Frucht eurer Liebe.
Zwei Menschen heiraten, und die Frucht ihrer Liebe sind Kinder. Hier ist Gott, und wir dürfen seine Kinder sein – die Frucht seiner Liebe, die er in Jesus Christus gezeigt hat. Seht, welche Liebe der Vater uns gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen.
Fünf Ergebnisse der himmlischen Herkunft
Und hier folgen fünf Ergebnisse. Er berichtet, woher wir kommen: Wir kommen von Gott her, er ist der Vater. Wir haben also eine himmlische Herkunft. Daraus ergeben sich fünf Ergebnisse.
Erstens, das steht in der Gliederung unter Punkt klein b, der erste Punkt: Die Welt kennt uns nicht. Die Welt kennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Wir sind weltfremd geworden. Wenn wir Christen werden, sind wir weltfremd geworden – und die Welt merkt das. Wir merken es auch selbst: Wir gehören nicht mehr zu denen. Wir merken, dass sie anders sind, aber völlig anders. Man fühlt sich in der Welt nicht mehr so wohl.
Die Welt kennt uns nicht, das heißt, sie versteht uns nicht. Sie sagen: „Die sind komisch, diese Christen, die glauben an diesen Jesus und beten zu einem unsichtbaren Gott.“ Die Welt kennt uns nicht und versteht uns nicht. Zwischen uns und der Welt ist eine Befremdung entstanden. Die Welt hier ist als System gemeint: die gottlosen Menschen oder die von Gott getrennten Menschen. Sie haben ihr eigenes System, leben in ihrer eigenen Welt und sagen: „Diese Welt ist alles, und wenn du weg bist, dann bist du weg. Diese Welt ist alles, und du musst das Beste daraus machen.“
Doch das Leben in dieser Welt ist eigentlich völlig sinnlos, weil man keine Hoffnung über den Tod hinaus hat. Die Welt versteht uns nicht, weil wir woanders zuhause sind. Unsere Heimat ist woanders, und wir leben hier wie Fremdlinge, wie Ausländer, sagt Petrus. Ich bin in der Schweiz, ich lebe in der Schweiz, aber ich bin Ausländer und darf nicht wählen gehen. Gut, das macht mir jetzt nicht viel aus. Ich spreche nicht die gleiche Sprache – das macht mir auch nicht viel aus. Heutzutage ist es nicht mehr so schlimm, ein Ausländer zu sein, aber früher war es schwierig. Heute, im Zeitalter des Neomarxismus, ist das anders. Aber auch damals war es schwierig, ein Ausländer zu sein.
Wir sind Ausländer. Wir können in eine andere Heimat. Hier sind wir nicht zu Hause, und dort sind wir noch nicht angekommen. Wir sind zwischen zwei Welten oder leben in zwei Welten gleichzeitig. In der einen, in der wir jetzt leben, sind wir nicht mehr ganz zu Hause, und in der anderen sind wir noch nicht ganz angekommen.
Deshalb kennt die Welt uns nicht – das ist das eine Ergebnis.
Das zweite ist: Wir sind Geliebte. Hier kommt das erste Mal im Brief der Ausdruck „Geliebte“ vor. Soweit ich weiß, hat er die Christen vorher noch nicht so genannt. Ich habe es gerade im Computer nachgeschaut, und ich glaube, das ist das erste Mal, dass dieses Wort hier vorkommt. Es kommt dann noch in Vers 21 vor, also insgesamt fünfmal wird diese Anrede „Geliebte“ verwendet – hier das erste Mal.
Wir sind Geliebte, und es ist schön zu wissen, dass man geliebt ist. Kinder, die geliebt sind, reagieren anders. Kinder, die geliebt sind und wissen, dass sie von ihren Eltern geliebt werden, reagieren anders als Kinder, die sich nicht sicher sind, ob ihre Eltern sie wirklich lieben. Wir sind Geliebte eines Vaters.
Drittens: Wir sind Gotteskinder, und wir dürfen uns unserer Gotteskindschaft gewiss sein. Wir sind nun Gottes Kinder, nicht erst irgendwann, sondern bereits jetzt. Wir haben die Gewissheit, dass wir Kinder sind. Wir dürfen uns also unserer Gotteskindschaft gewiss sein.
Viertens: Wir haben eine Hoffnung. Das war ja das Thema heute, oder? In meiner Gruppe war das das Thema, bei euch hatten andere Glaube und Liebe als Thema. Wir haben eine Hoffnung – eine gewisse Gewissheit.
Übrigens: Wenn die Bibel von Hoffnung spricht, dann ist das etwas Sicheres. Immer wenn ihr in der Bibel das Wort „Hoffnung“ lest, ist das etwas Gewisses. In unserem Sprachgebrauch ist Hoffnung oft unsicher. Zum Beispiel: „Ich hoffe, die drei Schwestern kommen heute Abend gut nach Hause.“ Das bedeutet, es ist nicht ganz sicher. Es gibt Gefahren, vielleicht glatte Straßen und so weiter. Bei uns gibt es viele Unsicherheitsfaktoren.
Wenn Gott uns aber etwas verspricht, etwas für die Zukunft, dann ist das eine Hoffnung, die sicher ist. Denn Gott macht seine Versprechen immer wahr. Immer wenn ihr in der Bibel von Hoffnung lest und sie im Zusammenhang mit Gott steht, dann ist das eine Gewissheit in Bezug auf die Zukunft.
Wir haben also eine Gewissheit: Es wurde noch nicht offenbar, noch nicht sichtbar, was wir sein werden. Aber wir wissen: Wenn er offenbar wird, werden wir ihm gleich sein, weil wir ihn sehen, so wie er ist. Jeder, der diese Hoffnung hat, wird ihn sehen, wie er ist, und wir werden so sein, wie er ist. Das heißt, wir werden Christus ähnlich sein.
Inwiefern werden wir ihm gleich sein? Wir werden ihm gleich sein in seiner moralischen Art, das heißt in der Liebe, in der Geduld, in der Freundlichkeit, in der Sanftmut und in der Heiligkeit, also in der Reinheit. Wir werden gereinigt sein und kein Problem mehr mit Sünde haben. In charakterlicher Weise werden wir ihm ähnlich sein. Wir werden kleine Christusse sein.
Wir heißen ja jetzt schon Christen. Im Griechischen heißt „Christianós“ Christusgehöriger, ja, wir sind Christianoi. Aber wir werden nicht Gott, wir werden nie Gott, nie göttlich. Warum? Weil wir Geschöpfe sind. Und es wird immer in der Ewigkeit zwischen uns und Gott eine unendliche Kluft geben – ein unendlicher Unterschied.
Kluft heißt nicht, dass wir nicht bei ihm sein werden, aber ein Unterschied wird bleiben. Er wird immer der Schöpfer sein und wir immer die Geschöpfe. Zwischen Schöpfer und Geschöpf besteht ein riesengroßer Unterschied.
Also haben wir eine Hoffnung, die gewiss ist: Christusähnlichkeit.
Das fünfte Ergebnis: Wir sind wegen dieser Hoffnung motiviert, uns zu reinigen. Das ist das Nächste, Vers 3: „Jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich selbst, so wie er rein ist.“
Jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat – also jeder Christ, der diese Gewissheit hat und sich auf Christus eingestellt hat – reinigt sich. Das griechische Wort für „reinigen“ hier ist nicht das normale Wort. Deshalb müsste man hier vielleicht noch etwas mehr übersetzen. Das Wort bedeutet auch „sich weihen“. Wenn man sich Gott weiht, muss man sich auch reinigen.
Deshalb haben einige Bibelübersetzungen: „Wer diese Hoffnung auf ihn hat, der weiht sich.“ Der widmet sich ganz ihm, übergibt sich völlig ihm hin, gibt sich völlig ihm hin, so wie Christus, Gott, rein, heilig und geweiht ist.
Das ist das Ergebnis: Wer die Hoffnung hat, der wird sich reinigen. Das wird geschehen. Er wird den Wunsch haben, rein zu leben. Wenn jemand wirklich wiedergeboren ist, wird er den Wunsch haben, rein zu leben. Es wird ihm nicht mehr gefallen, zu sündigen. Das ist ein Zeichen der Wiedergeburt.
Dem Apostel geht es hier darum, die Kennzeichen der Wiedergeburt herauszuarbeiten. Das ist ihm ganz wichtig.
Übrigens: Im Griechischen steht hier eine Zeitform, die „durativ“ heißt, also lang andauernd bedeutet. Das Reinigen ist nicht einmalig, sondern es ist ständig oder immer wieder. Deshalb könnte man sagen: „Der reinigt sich immer wieder, der stellt sich immer wieder dem Herrn, legt sich immer wieder auf den Opferaltar.“
Wie McDonald mal gesagt hat: „Jeden Morgen legen wir uns auf den Opferaltar und weinen uns für die nächsten 24 Stunden, nicht länger, nur für 24 Stunden. Das genügt schon, aber am nächsten Morgen wieder.“ Wir sind ein lebendiges Opfer. Wir legen uns als Opfer auf den Altar, als Geweihte, als Weihegabe Gottes.
Nur Achtung: Dieses Opfer kriecht gerne wieder vom Altar. Die Tiere, die man früher geopfert hat, waren schon tot. Die hat man einfach auf den Altar gelegt. Aber hier legen wir uns als lebendige Menschen auf den Altar, und dann sollen wir nicht wieder runterkriechen. Wir sollen dort bleiben – das heißt in der Haltung: „Herr, ich gehöre ganz dir, und mein Leben soll für dich aufgeopfert oder gelebt werden.“
Das ist also ein Ergebnis der Wiedergeburt. Aber es ist auch gleichzeitig eine Pflicht. Weil es so ist, sollen wir auch weiterhin so leben. Weil wir diese Hoffnung haben und uns gerne reinigen, sollen wir nicht aufhören, uns zu reinigen. Wir müssen uns immer wieder reinigen, weil wir immer wieder schmutzig werden.
Es ist wie bei den jüdischen Straßen. Man hatte keine Schuhe wie wir, vielleicht nur Sandalen oder war barfuß. Man ging auf staubigen Straßen, und die Füße wurden immer schmutzig. Man hatte kein Badezimmer zu Hause oder keine Dusche, sondern öffentliche Badeanstalten, in die man ging, um sich zu waschen. Dann ging man nach Hause, aber die Füße wurden wieder schmutzig.
Jetzt muss man immer wieder die Füße waschen, die Füße reinigen. So ist es auch mit uns. Man kommt ständig in Kontakt mit der Welt. Man denkt, man geht arbeiten oder irgendwohin und ist mit vielen Weltleuten zusammen. Man hat vielleicht nicht selbst gesündigt, aber man fühlt sich fast wie schmutzig. Man hat nur weltliche Dinge gehört, und das drückt einen nieder.
Wir dürfen wieder zum Herrn kommen und uns reinigen lassen. „Herr, so viele schlechte Wörter sind in meine Ohren gekommen.“ Ich muss nicht selbst schlechte Wörter geredet haben, aber sie sind alle in meine Ohren gekommen, von anderen. Vielleicht habe ich etwas gesehen, es ist in meine Augen gekommen. Dann darf ich sagen: „Hereinige mich!“
Oder ich träume schlecht. Dann wache ich auf und sage: „Hereinige mich von meinen Träumen!“ Das passiert ja auch. Wir werden gereinigt.
Jemand hat mal gesagt: „Du wirst, was du ansiehst, was du mit Liebe anschaust.“ Wenn du etwas von Herzen liebend anschaust, wenn du etwas verehrst, wirst du es nachahmen. Das ist so. Wenn wir jemanden schätzen, werden wir ihn nachahmen.
Kinder schätzen ihre Eltern. Für kleine Kinder sind die Eltern wie Götter, und das Kind macht nach, was die Eltern tun. Du wirst, was du mit Liebe anschaust.
So sollen wir den Herrn Jesus anschauen und uns reinigen.
Das ist Christusähnlichkeit, das Ziel des Wachstums, das Ziel, wohin es geht. Das ist ein großes Thema in der Bibel. Man könnte dazu ein langes Bibelstudium machen, aber heute haben wir dafür nicht die Zeit.
Kennzeichen der Kinder Gottes: Sünde und Gerechtigkeit
Wir gehen weiter zu 1. Johannes 2. Dort finden sich deutliche Aussagen zur Unterscheidung der echten Gottesfamilie, also Kennzeichen für die Kinder Gottes. Johannes führt jetzt einige Kennzeichen auf, ganz klar und systematisch.
Das Erste, über das er spricht, ist Sünde und Gerechtigkeit. Er arbeitet immer mit Paaren. Es sind mehrere Paare, die hier genannt werden. Wenn man sich die Gliederung anschaut, sind das:
A) Sünde und Gerechtigkeit
B) Teufelskinder und Gotteskinder
C) Welthass und Bruderliebe
D) Anschuldigung und Freimütigkeit.
Schauen wir uns die Verse 4 bis 7 an. Das erste Kennzeichen: Kinder Gottes sündigen nicht. Es geht also um Sünde und Gerechtigkeit.
Vers 4: „Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit.“ Das Wort bedeutet eigentlich Gesetzwidrigkeit. Gesetzwidrigkeit ist ein Begriff, der uns heute nicht so geläufig ist. Gesetzlosigkeit wäre ohne Gesetz, Gesetzwidrigkeit dagegen bedeutet gegen das Gesetz zu handeln. Sünde ist also Handeln gegen das Gesetz. Jeder, der sündigt, tut auch Gesetzwidrigkeit.
Das heißt, jeder, der darin lebt, jeder, der ein Sündenleben führt – im Griechischen steht hier „jeder, die Sünde tuende“, also eine längere andauernde Handlung – tut auch Gesetzwidrigkeit. Und die Sünde ist die Gesetzwidrigkeit. Das ist gerade das Wesen der Sünde: Sie steht gegen das Gesetz.
Was ist das Gesetz? Das Gesetz ist das Gesetz Gottes, der Maßstab Gottes. Dieser Maßstab ist zum Beispiel in den Zehn Geboten gegeben. Diese sind eine Zusammenfassung des Maßstabs Gottes im Alten Testament. Aber das Gesetz umfasst natürlich noch viel mehr als nur die Zehn Gebote. Die Zehn Gebote sind jedoch schon eine Zusammenfassung, und von den Zehn Geboten gibt es wiederum eine Zusammenfassung.
Das erste Gebot ist die Zusammenfassung. Das ist interessant, wie Gott das macht. Das Erste ist das Wichtigste. Das erste Gebot lautet: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Es heißt auch: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, und du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Das ist negativ formuliert.
An einer anderen Stelle, im Schema Israel, im „Höre Israel“, wird es positiv formuliert, in 5. Mose 6. Dort wird Gott gefragt, was das wichtigste Gebot ist. Jesus wurde einmal gefragt: „Was ist das Wichtigste im Gebot?“ Dann zitiert er: „Höre Israel, der Herr, dein Gott, ist ein einiger Gott, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen.“ Die Liebe ist das erste Gebot, positiv formuliert.
Negativ formuliert heißt es also: „Du sollst keine anderen Götter haben.“ Positiv formuliert: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen.“ Das kann man auch auf eine Ehe übertragen. Man kann es negativ sagen: „Du sollst keine anderen Männer neben mir haben.“ Oder man kann es positiv sagen: „Du sollst mich lieben, nur mich, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und ganzer Kraft.“ Das darf der Ehemann zu seiner Frau sagen, und die Frau auch zum Mann. Die Ehefrau ist die einzige Frau in den Augen des Mannes, und umgekehrt ist der Mann der einzige Mann in den Augen der Frau.
Also wird das Gesetz zusammengefasst in der Liebe: Liebe zu Gott. Und die Liebe zu Gott beinhaltet auch die Liebe zum Nächsten. Das wird Johannes noch weiter ausführen, darauf kommen wir noch zurück.
Zurück zu Vers 4: Die Sünde ist Gesetzwidrigkeit.
Vers 5: „Und ihr wisst, dass er geoffenbart wurde, damit er unsere Sünden wegnehme.“ Er, Gott, in Jesus Christus natürlich, ihr wisst, dass er geoffenbart wurde, um unsere Sünden wegzunehmen. Dazu ist er gekommen, die Sünden wegzunehmen.
Und in ihm ist keine Sünde. In Jesus Christus, in Gott, ist keine Sünde. In seinem Wesen ist keine Sünde. Dreimal finden wir solche Aussagen in der Bibel. Einmal heißt es, er hat keine Sünde getan (1. Petrus 2,24), einmal heißt es, er hat Sünde nicht gekannt (2. Korinther 5,21). Und hier heißt es, in ihm ist keine Sünde.
Er hat keine Sünde getan, keine Tat-Sünde, er hat keine Sünde gekannt, keine Gedanken-Sünde usw. Und in ihm, also in seinem Wesen, ist auch keine Sünde. Er ist der Reine, der Heilige.
Vers 6: „Jeder, der in ihm bleibt oder weilt“ – das kennen wir schon – „sündigt nicht.“ Das ist die logische Konsequenz von Vers 4 und 5. Vers 6 ist die logische Schlussfolgerung aus Vers 4 und 5.
Wenn der Herr Jesus der Gerechte ist, wenn er gerecht ist und wenn er gekommen ist, um die Sünden wegzunehmen, und wenn in ihm keine Sünde ist, dann ist der logische Schluss, dass der, der in Jesus ist, nicht sündigt.
Wenn Jesus der Sündlose ist und jetzt jemand in Jesus ist, dann ist es doch logisch, dass der nicht sündigt.
Hier spricht Johannes wieder schwarz-weiß. Er meint, der lebt nicht in der Sünde. Wer in ihm ist, lebt kein Sündenleben. Er hat Schluss gemacht mit dem vorigen Leben, er hat einen Strich gezogen unter das Leben in Sünde.
Er spricht nicht davon, dass es nicht möglich sei, dass man in Sünde hineinfällt oder von einer Sünde übermannt wird. Natürlich weiß er das, davon hat er ja selbst geschrieben in Kapitel 1 und am Anfang von Kapitel 2. Er schreibt: „Das schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt.“
Er weiß, dass es passieren kann, dass man in Sünde fällt. Aber hier geht es um das Leben in Sünde. Es geht um das, wovon das Leben gekennzeichnet ist.
Und er sagt: Kinder Gottes sind daran zu erkennen, dass sie nicht in der Sünde leben, sie sündigen nicht. Später sagt er dann, sie tun nicht Sünde, das heißt, sie praktizieren nicht aktiv Sünde. So nach dem Motto: „Jetzt gehe ich sündigen.“ Nein, das wollen sie nicht.
Sünde ist etwas, was uns stört, seit wir wiedergeboren sind. Wenn jemand wiedergeboren ist, will er nicht mehr sündigen, er will nicht in der Sünde leben. Das ist wesensfremd geworden, das ist Schmutz, und er will diesen Schmutz nicht.
Es gibt Tiere, die keinen Schmutz wollen, zum Beispiel Katzen. Die putzen sich und lecken sich ab, wenn sie irgendwo schmutzig geworden sind, oft stundenlang, bis sie wieder sauber sind. Sie wollen keinen Schmutz.
Es gibt aber andere Tiere, die fühlen sich im Schmutz wohl. Schweine zum Beispiel. Die freuen sich über den Schmutz, sie wälzen sich darin. Du waschst sie ab, spritzt sie sauber, und fünf Minuten später sind sie wieder schmutzig. Wer auf einem Bauernhof lebt, weiß das.
Der Christ aber hat ein Verlangen nach Sauberkeit. Er reinigt sich, wie wir gelesen haben. Der Christ möchte sich reinigen. Es stört ihn, wenn irgendetwas Sündiges da ist. Das ist ein Zeichen von Wiedergeburt. Er fühlt sich nicht wohl in der Sünde.
Ich glaube, wir machen hier jetzt eine Pause und machen um acht Uhr weiter.
