Einleitung: Verbindung zwischen Hebräer- und Kolosserbrief
Wer schon öfter dabei war, weiß, dass wir vor nicht allzu langer Zeit über den Hebräerbrief gesprochen haben. Der Gesichtspunkt des Hebräerbriefes weist in manchen Punkten durchaus Ähnlichkeit auf. Ich werde auf eine Sache eingehen, die auch in meinen Ausführungen zum Kolosserbrief eine Rolle spielt.
Gerade im Hebräerbrief – noch stärker als im Kolosserbrief – wird der Herr vorgestellt: wer er ist, was er getan hat, welchen Preis er bezahlt hat und wie gut wir es haben, dass wir in ihm geborgen sind. So wollen wir auch an den Kolosserbrief herangehen und das beherzigen, was wir eben in der Einführung hörten. Es geht darum, was der Heilige Geist in uns bewirken kann – zur Ehre Gottes und zur Verherrlichung seines Namens.
Es ist kein Selbstzweck für Christen, hier irgendetwas zu tun, um sich selbst zu verwirklichen. Vielmehr soll Gott gepriesen, gesehen und durch uns verherrlicht werden, die wir uns zu ihm bekennen.
Meine Aufgabe ist es, über die ersten 17 Verse des Kolosserbriefes etwas zu sagen. Zunächst möchte ich sie vorlesen: Kolosser 1, ab Vers 1.
Vorlesen des Textes Kolosser 1,1-17
Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Timotheus, der Bruder, an die heiligen und gläubigen Brüder in Christus zu Kolosse:
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater.
Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, allezeit, wenn wir für euch beten. Denn wir haben von eurem Glauben an Christus Jesus gehört und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt.
Wegen der Hoffnung, die für euch in den Himmeln aufbewahrt ist – von der ihr zuvor schon gehört habt im Wort der Wahrheit, dem Evangelium –, das zu euch gekommen ist, wie es auch in der ganzen Welt ist und Frucht bringt und wächst. Ebenso ist es auch unter euch seit dem Tag, an dem ihr es gehört habt und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt habt.
So habt ihr es von Epaphras gelernt, unserem geliebten Mitknecht, der ein treuer Diener Christi für euch ist und uns auch eure Liebe im Geist kundgetan hat.
Deshalb hören auch wir nicht auf, von dem Tag an, an dem wir es gehört haben, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr mit der Erkenntnis seines Willens erfüllt werdet in aller Weisheit und geistlichem Verständnis. Damit ihr des Herrn würdig wandelt, zu allem Wohlgefallen, Frucht bringend in jedem guten Werk und wachsend durch die Erkenntnis Gottes.
Gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freuden, dem Vater dankend, der euch fähig gemacht hat zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht.
Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.
In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.
Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn in ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften oder Gewalten oder Mächte. Alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen.
Er ist vor allem, und alles besteht durch ihn.
Bis dahin zunächst Gottes Wort.
Überblick über den Kolosserbrief
Ich möchte zunächst einen kleinen Überblick über den Kolosserbrief geben. Damit nehme ich natürlich nicht die Themen meiner Mitbrüder weg, die noch ausführlich Zeit haben, darüber etwas zu sagen. Es soll nur ein kleiner Vogelflug sein, um diesen Brief besser einordnen zu können.
Anschließend möchte ich gerne Vers für Vers vorgehen, um aufzuzeigen, wie viel in den einzelnen Versen verborgen ist und was Gottes Geist uns hier mitteilen möchte.
Zunächst zur allgemeinen Einführung: Man nimmt an, dass der Kolosserbrief etwa im Jahr 62 nach Christi Geburt geschrieben wurde, und zwar in Rom. Die Briefe an die Kolosser, an die Epheser und auch an Philemon wurden zur gleichen Zeit verfasst beziehungsweise kurz hintereinander. Sie wurden nach Kleinasien von Tychikus und dem Sklaven Onesimus überbracht.
Es gibt Bibelstellen im Kolosserbrief und im Epheserbrief, die darauf hinweisen. Paulus schrieb den Brief während seiner Gefangenschaft. Wir haben eben schon gehört, dass diese Gefangenschaft in Rom sicher nicht so war wie heute in unseren Gefängnissen.
Kolosse selbst, die Stadt in Kleinasien, liegt mit Laodizea und Hierapolis etwa 160 Kilometer von Ephesus entfernt. Sie war einmal eine bedeutende Stadt, wurde aber kleiner, nachdem die Handelsstraße nach Osten nicht mehr durch Kolosse führte. Die Einwohner waren größtenteils Griechen, aber auch viele Juden.
Was die Gemeinde angeht: Epaphras brachte den Kolossern das Evangelium. Das kann man in Kolosser 1,7 herauslesen. Er gründete die Kolossergemeinde. Wahrscheinlich war Epaphras ein geistliches Kind von Paulus, der in Ephesus zum Glauben kam und in der Schule des Tyrannus ausgebildet wurde.
Paulus beschreibt ihn in Kolosser 1,7 als geliebten Mitknecht, einen treuen Diener Christi. Auf diese Beschreibung möchte ich gleich noch einmal eingehen, weil ich glaube, dass wir sehr viel daraus lernen können, was Paulus mit diesen wenigen Worten über diesen Mann sagt.
Die frühere Arbeit in Ephesus, die drei Jahre, die Paulus dort war, spielte wohl eine Schlüsselrolle bei der Gründung der Gemeinde in Kolosse. Während seiner Tätigkeiten in Ephesus hörten alle aus Kleinasien das Wort, wie es in Apostelgeschichte 19 beschrieben wird.
Paulus persönlich kannte Kolosse nicht. Mindestens einen Teil der Gemeinde versammelte sich im Haus des Philemon (Philemon 2). Man kann das nachlesen. Die Gemeinde bestand wohl überwiegend aus Heidenchristen. Philemon und Archippus waren wahrscheinlich Älteste.
Anlass und Herausforderungen der Gemeinde in Kolosse
Epaphros, ein Mitgefangener Paulus’, informiert ihn über die Situation in Kolossä. Darauf wird in den Versen sieben und acht eingegangen. Paulus freut sich über die sichtbare Frucht des Evangeliums in der Gemeinde. Gleichzeitig kämpft er darum, dass sie sich nicht von falschen Lehren verführen lassen.
Das ist auch etwas, das uns sehr am Herzen liegt. Deshalb veranstalten wir diese Konferenzen. Wir wollen mit Gottes Hilfe aufbauen, aber auch vor Irrwegen warnen. Genau das ist der Anlass dieses Briefes.
Damals hatten sich falsche Lehrer in die Gemeinde eingeschlichen und verbreiteten verschiedene Irrlehren. Man kann insgesamt vier Hauptprobleme feststellen, die dort auftraten.
Zum einen war da die jüdische Gesetzlichkeit, die besonders in Kapitel 2, in den ersten Versen, behandelt wird. Dann gab es eine strenge Askese, also eine strenge Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung. Dieses Thema begegnet uns auch heute immer wieder.
Ich erhalte immer wieder Mitteilungen von Brüdern und manchmal auch Schwestern, die uns vorwerfen, nicht eng genug an der Schrift orientiert zu sein. Diese Beiträge sind nicht immer freundlich formuliert, um es vorsichtig auszudrücken. Dennoch spürt man den tiefen Ernst dahinter. Es ist ihnen ein Anliegen. Doch man muss sich fragen: Sind diese Geschwister vielleicht nicht frömmer als die Bibel?
Das war das Problem der Galater, und auch in Kolossä zeigte sich dieses Problem, wenn auch aus einer anderen Richtung.
Ein drittes Problem war die Anbetung von Engeln beziehungsweise die Beschäftigung mit der unsichtbaren Welt, dem Metaphysischen. Das tritt oft in Kreisen auf, die es sehr ernst meinen. Dort beginnt man über die Schrift hinaus zu träumen und Visionen zu haben. Dann ist es nicht mehr weit bis zur Verehrung von Engeln. Auch das war ein Problem in Kolossä.
Letztlich, und das war vielleicht die größte Gefahr auf Dauer, war die Christenheit sehr stark der Verehrung des Intellektualismus und menschlicher Philosophien erlegen. Heute gibt es nicht selten Theologen, die zugleich auch Philosophen sind. Manche sehen das als Vorteil an, je nachdem, wo jemand arbeitet, mag das zutreffen. Doch es kann auch eine sehr große Gefahr sein.
Paulus benennt diese Lehren und widerlegt sie auf eine positive Weise.
Darüber hinaus sollte der Kolosserbrief als Begleitschreiben zum Philemonbrief dienen. Die Reise des Tychikus nach Kleinasien bot Paulus eine gute Gelegenheit, der ganzen Gemeinde zu schreiben.
Der Philemonbrief ist wohl bekannt. Er behandelt das Problem mit dem entlaufenen Sklaven und wie Paulus dieses auf eine wunderschöne Weise regelt.
Die zentrale Botschaft: Christus als alles und in allem
Das Thema „Christus ist alles und in allen“, Kapitel 3, Vers 11, stellt dieses Thema auf treffliche Weise dar. Die Gottheit Christi, seine Herrschaft, die Souveränität und die Wirksamkeit seines Kreuzestodes werden mit großer Eindringlichkeit belegt.
Paulus widerlegt die Irrlehren in Kolossä auf wunderbare Weise. Er stellt den Kolossern einfach Christus in seiner Erhabenheit und Einzigartigkeit vor Augen. Ich erinnere an unsere Konferenz über den Hebräerbrief, die ich eben schon kurz erwähnte. Genau das war auch dort das Thema.
Diese Probleme bekommen wir in den Griff, wenn Christus in unserem Leben immer größer, bedeutender und dominanter wird. Dann verlieren die anderen Dinge an Bedeutung, und wir können sie im richtigen Zusammenhang sehen.
Paulus predigt weder ein System noch eine Philosophie – diesen Satz habe ich mir aus einem klugen Buch übernommen. Er predigt eine Person. Ihn verkündigen wir. Das ist auch mein Wunsch, sowohl für meinen Beitrag als auch für alle anderen Beiträge und die Gespräche in den Pausen. Manche werden sich vielleicht zum ersten Mal kennenlernen; doch das verbindende Thema bleibt: Christus.
Das ist der Inhalt unserer Predigt. Er muss immer größer werden, wie Johannes der Täufer sagt: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“
Die Antwort auf Irrlehren: Christus als Quelle aller Weisheit
Ja, und dann seine Antwort auf die sogenannten Geheimweisheiten und Erkenntnisse der Irrlehre.
Wir haben auf dem Tisch vom Malachi-Kreis auch einen Artikel, den wir jetzt ganz neu herausgegeben haben, von unserem Bruder Johannes Pflaum. Er geht ebenfalls auf solche geheimen Lehren ein.
Wie ist die Antwort des Paulus auf diese Geheimweisheiten?
„Christus, in ihm sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen“ (Kolosser 2,3).
Christus, in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Christus ist die Ursache, das Ziel, das Haupt und der Erhalter der Schöpfung. Das ist immer die Antwort: Christus, der einzige Erlöser, der Versöhner des Alls und Triumphator über alle Mächte und Gewalten.
Dies wird uns in mehreren Kapiteln vorgeführt: Christus, das Haupt der Gemeinde. Darüber wird, denke ich, unser Bruder Eberhard Platte einiges sagen. Ja, Christus ist alles und in allem. Das ist die Antwort.
Da mögen andere alles Mögliche uns bieten – wer kann an Christus heranreichen? Er ist derjenige, der die Lösung für alle Fragen ist. Ob es philosophische Fragen sind, lebensnotwendige Fragen oder was auch immer uns bewegen mag.
Dieser Christus hat die Christen zur Fülle Gottes gebracht. In ihm haben wir das. Ja, dieser Christus wohnt in uns. Dieser Christus ist unser Leben. Mit diesem Christus werden wir einst geoffenbart werden in Herrlichkeit.
Dieser Christus ist ihre Motivation und Kraft für ein heiliges Leben. Das ist unser Thema. Je mehr er in uns wohnt und lebendig ist, desto mehr wird seine Kraft zu unserer Kraft, sein Wesen zu unserem Wesen, sein Verhalten zu unserem Verhalten.
Das ist das Entscheidende, was uns Christus bedeutet. Dann werden wir selbst in äußeren Fragen – wie wir uns kleiden, wie wir uns geben, wie wir wohnen, unseren Lebensstil – all diese Dinge werden an der Frage ihre Antwort finden: Was würde Jesus dazu sagen?
Vergleich Kolosserbrief und Epheserbrief
Ich spare mir jetzt die Gliederung, da wir sie sowieso nicht behalten können, und gehe noch kurz auf einen kleinen Vergleich ein. Allerdings nur ganz kurz, weil ich eben erfahren habe, dass noch jemand ausführlicher darüber sprechen wird.
Ich mache das jetzt ganz kurz, nämlich den Vergleich zwischen dem Kolosserbrief und dem Epheserbrief. Das sind ja beides Briefe, die in ganz großartiger Weise den Herrn vorstellen. Man kann dort jedoch von zwei unterschiedlichen Perspektiven sprechen.
Es wurde schon einmal gesagt, der Kolosserbrief sei der Zwilling des Epheserbriefes. 78 von den 155 Versen des Epheserbriefes weisen Ähnlichkeiten mit den Versen des Kolosserbriefes auf, also etwa die Hälfte. Es gibt also große Gemeinsamkeiten. Aber diese Briefe sind keinesfalls eineiige Zwillinge; es gibt auch Unterschiede.
Im Kolosserbrief haben wir zum Beispiel Christus und das Universum – das wurde eben schon gehört –, das ist schon in den ersten Versen deutlich: alles und in allem. Im Epheserbrief hingegen geht es hauptsächlich um Christus und die Gemeinde. Das ist der Schwerpunkt.
Im Kolosserbrief ist Christus das Haupt der Gemeinde, im Epheserbrief ist die Gemeinde der Leib Christi. Wir merken, dass das natürlich ganz eng zusammenhängt. Im Kolosserbrief ist das Thema „Christus in uns“, im Epheserbrief „wir in Christus“. Das Thema heißt also Christus in uns, aber das kann man nicht trennen von dem anderen: wir in Christus, versetzt in ihn, in die Himmelswelt.
Der Kolosserbrief ist sehr persönlich und örtlich an eine Gemeinde gebunden. Der Epheserbrief hingegen ist stärker unpersönlich und trägt mehr weltweiten Charakter. Dort finden wir auch die Gaben, die nicht nur für die Ortsgemeinde gedacht sind, sondern für die Gemeinde weltweit, wie in Kapitel 4 beschrieben.
Die Atmosphäre des Kolosserbriefes ist geprägt von der Intensität und Unruhe eines Schlachtfeldes – es geht um Kampf. Beim Epheserbrief herrscht eher die Ruhe und der Überblick eines Schlachtfeldes nach dem Sieg. Beides gehört zum Christsein.
Der Zweck des Kolosserbriefes ist hauptsächlich korrigierend. Im Epheserbrief liegt der Schwerpunkt mehr auf der Lehre. Wir werden über viele wichtige Dinge im Hinblick auf die Gemeinde belehrt, und zwar im Epheserbrief.
Auslegung von Kolosser 1,1-2: Die Einleitung des Paulus
So, das war die kurze Einleitung in diesem Brief. Jetzt wollen wir uns die Verse einmal etwas näher anschauen.
Vers 1: Paulus, Apostel Christi Jesu, durch Gottes Willen, und Timotheus, der Bruder.
Paulus nennt sich Apostel, um zu zeigen, dass er ein Botschafter und gleichzeitig ein Zeuge des Herrn ist. Er hat sich diese Berufung nicht selbst ausgesucht, sondern sie ist durch Gottes Willen geschehen. Wenn Paulus betont, dass er Apostel Jesu Christi ist, wird deutlich: In seinem Leben geht es nicht um Selbstverwirklichung. Er spricht nicht von sich selbst, sondern bezeugt Jesus Christus. Es geht also im Leben des Apostels um Christusverwirklichung, wenn man das so nennen darf, nicht um Selbstverwirklichung.
Dann nennt er Timotheus ganz einfach den Bruder. Wenn ich daran denke, was heute Theologen und solche, die sich dafür halten, alles für Titel tragen, muss ich schmunzeln. Als ich in Afrika anfing zu arbeiten, habe ich darüber zunächst gelacht, weil das dort noch ausgeprägter ist als hier. Doch im Laufe der Zeit habe ich den Eindruck, dass afrikanische Verhältnisse mittlerweile auch in Deutschland angekommen sind. Die Titelsucht kennt keine Grenzen. Wo ist heute noch jemand zufrieden, einfach als Bruder oder Schwester angesprochen zu werden?
Gibt es einen schöneren Titel als diesen? Brüder des Herrn, Brüder untereinander und natürlich Schwestern – Brüder und Schwestern im Herrn. Dieser Titel lässt ein wunderschönes Verhältnis untereinander anklingen. Wir gehören zur einen Familie. Sicher, wir werden noch von anderen Namen hören, von Funktionen, die wir haben. Aber wer kein Bruder oder keine Schwester in Christus ist, kann auch keine der folgenden Funktionen ausüben. Das ist das Erste. Und nur durch das Werk unseres Herrn sind wir das geworden.
Die Titel, die wir im Neuen Testament finden, hängen sehr eng zusammen mit den unterschiedlichen Geistesgaben beziehungsweise Gnadengaben. Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer und so weiter kennen wir. Auch hier wird deutlich: Dieser Titel bezeichnet keinen Verdienst, keinen Reifegrad oder eine besondere Erkenntnis, sondern eine Funktion.
Wer den Titel Evangelist trägt, hat die Aufgabe, das Evangelium zu verkündigen – und zwar immer. Einer, der die Gabe des Evangelisten hat, wird selbst hier auf dieser Konferenz noch Ausschau halten, wo jemand sein könnte, der vielleicht mit traurigem Blick durch die Konferenz schleicht, um ihm die Freude des Herrn zu bringen und ihn erst einmal zu Jesus zu führen. Der Hirte wird ihn dann weiterführen.
Die Gaben sind unterschiedlich, dafür gibt es auch Titel. Aber es ist kein Verdienst, es ist alles Gnade Gottes. Er ist souverän und gibt dem Einzelnen das, was er tun soll. Also kein pompöser Titel.
Für die Gemeindedienste finden wir zudem noch die Ältesten und Diakone. Von ihnen wird ebenfalls sehr deutlich gesagt, dass sie in diese Ermahnung eingeschlossen sind, dass wir alle den anderen höher achten als uns selbst. Auch Älteste stehen nicht hoch über der Gemeinde, sondern sind in die Gemeinde integriert. Sie haben einen besonderen Auftrag, den der Herr ihnen gegeben hat – in Verbindung mit den Gaben, die sie besitzen.
So stellt sich Paulus vor: Er will den Herrn bezeugen. Und er tut das nicht, weil er sich selbst dazu gemacht hat, sondern weil Gott ihn berufen hat. Er ist lediglich gehorsam seinem Auftrag.
An wen richtet er den Brief? An die heiligen und gläubigen Brüder in Christus zu Kolossä. An die heiligen und gläubigen Brüder. Das ist eine interessante Anrede. Ich denke, für uns ist klar, was mit heilig gemeint ist. Ich will es aber trotzdem noch einmal deutlich sagen: Er schreibt nicht an sündlose Brüder, nicht an perfekte Brüder, nicht an solche, die mit Versuchungen nichts mehr zu tun haben. Er schreibt an heilige Brüder. Damit macht er klar – und er bezieht natürlich auch die Schwestern mit ein, das wissen wir ja –, dass unter Brüdern meistens auch die Schwestern mitgemeint sind.
Er schreibt an Leute, die es mit der Sünde ernst nehmen. Das gehört zur Heiligkeit. Sie halten sich von der Sünde fern. In unserer Versammlung sagen wir dazu: Absonderung von der Sünde, also Heiligung. Aber Heiligung bedeutet nicht nur, sich von der Sünde fernzuhalten, sondern auch, sich ganz nah bei Jesus zu halten. Auch das gehört zur Heiligung: die Nähe zu ihm.
Wenn wir das befolgen wollen, was Paulus den Kolossern schreibt, wenn wir folgsame Jünger sein wollen, dann dürfen wir nicht mit der Sünde spielen. Sie darf uns nicht gleichgültig sein. Wir dürfen im Hinblick auf die Sünde keinerlei Toleranz üben. Damit fängt es an.
Der Glaube lässt unseren Blick auf den Herrn richten, sodass wir mit seinen Möglichkeiten rechnen. Wir wissen, dass wir es nicht aus eigener Kraft schaffen. Auch im Himmlischen können wir uns nicht aus eigener Kraft der Sünde für tot halten. Römer 6 beschreibt, wie das geht. Und da ist es eng verbunden mit dem, was wir in der Taufe bekannt haben: mit Christus gestorben, mit Christus gekreuzigt, mit Christus begraben und mit Christus auferstanden zu einem neuen Leben.
Jetzt haltet euch der Sünde für tot, Gott aber für lebendig in Christus Jesus – das ist die Lehre von Römer 6.
Gläubige Brüder sind solche, die ihr Vertrauen auf den Herrn setzen und nicht auf ihre eigenen Möglichkeiten. Wenn wir jetzt wirklich große Möglichkeiten im Dienst für den Herrn haben, dann ist das nur deswegen so, weil der Herr sein Wesen in uns hineinlegt. Es sind seine Möglichkeiten, deswegen können wir es tun. Und das wird im Glauben erfasst. Deshalb gehört das ganz eng zusammen: die Heiligen und die gläubigen Brüder.
Recht glauben kann nur der, der sich der Sünde für tot hält. Aber mit dem Eingreifen des Herrn rechnet.
Die heiligen und gläubigen Brüder werden im Neuen Testament übrigens mit einem Wort übersetzt, das man auch oft mit treu übersetzen kann. Ich würde an dieser Stelle sagen, die Übersetzung mit „treu“ trifft die Sache mindestens genauso gut wie „gläubig“, weil Treue und Glaube wie Zwillingsbrüder zusammengehören. Treue Brüder, aber eben in Christus – das ist das Entscheidende.
Das werden wir immer wieder sehen, quer durch den Kolosserbrief bis zum Schluss. Wenn irgendwo Dinge uns gesagt werden, die uns schwer erscheinen, dann brauchen wir nicht lange zu suchen, wo Jesus eingeführt wird, wo von ihm die Rede ist – meistens im selben Vers, wie auch hier: in Christus.
Die Gemeinde heute und die Einheit der Gläubigen
Sind wir diese Heiligen, diese gläubigen Brüder in Kolossä – an wen müsste Paulus heute seinen Brief richten? In Krefeld, in Köln, in Gummersbach oder Waldbröl bei uns? Das wäre für den Apostel Paulus sicher schwierig. Das waren noch ganz andere Zeiten.
Manche trauern diesen Zeiten hinterher, als die Ortsgemeinde ihren Namen noch zurecht trug. In einem Ort, in einer Stadt gab es nur eine Gemeinde. Das bedeutete nicht unbedingt, dass sich alle an einem Ort versammelten, aber sie hatten dieselbe Ausrichtung. Es gab damals nur diese eine Gemeinde in den ersten Jahren.
Doch wie schnell hat sich das verändert! Als Johannes die Offenbarung schrieb, eine Generation später, waren die Gemeinden schon sehr unterschiedlich. Man kann kaum noch davon sprechen, dass sie alle eins waren, obwohl der Herr sie noch so sieht und versucht, sie zusammenzuführen. Doch sie waren schon weit voneinander entfernt.
Und wie sieht es erst bei uns aus? Sind wir jetzt dazu verurteilt, die Zersplitterung, die Zerstreuung und die Spaltungen anzuerkennen und gutzuheißen? Nein, das müssen wir nicht.
Organisatorisch können wir nicht mehr zur Einheit zurückkehren. Das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen. Aber wir können im Geist und im Glauben eins sein – mit allen Geschwistern an unserem Ort.
Das versuchen wir in Waldbröl auch zu praktizieren. Bei uns sieht das so aus, dass unsere Lehrbrüder auch in anderen Gemeinden am Wort dienen. Wir sind bei den Aussiedlern zu Gast oder manchmal auch bei Menschen, die sich noch zur Kirche zählen und uns in ihren Hauskreis einladen. Denn wir sind in Christus eins.
Wir wollen die Zersplitterung nicht akzeptieren. Auch der Malachi-Kreis ist ein Zusammenschluss von Brüdern aus unterschiedlichen Kreisen, die aber in Christus eins sind und ein gemeinsames Ziel haben: Christus groß zu machen.
Ihr werdet das auf dieser Konferenz merken. Brüder aus unterschiedlichen Gemeindehintergründen sprechen alle dieselbe Sprache, was den Inhalt betrifft. Obwohl wir unsere Vorträge nicht abgesprochen haben – ich selbst weiß nicht, worüber Eberhard, Siegfried Weber oder Andreas Reh sprechen werden – bin ich gespannt, wie sich das ergänzen wird. Aber ich bin ziemlich sicher, dass es sich ergänzen wird, weil wir alle denselben Geist haben.
Wenn wir heute organisatorisch nicht mehr die eine Gemeinde an einem Ort sehen, dürfen wir sie doch organisch sehen – nämlich als den Leib Christi. All die wahren Wiedergeborenen hier in Rehe bilden die eine Ortsgemeinde. Das bedeutet, dass wir auch Verantwortung tragen für unsere Geschwister, die der Herr in eine andere Gemeinschaft geführt hat.
Es ist nicht unbedingt unsere Aufgabe, immer genau zu beurteilen, ob sie zu Recht dort sind oder nicht. Das beurteilt der Herr. Aber im Geist dürfen wir verbunden sein.
Das bedeutet auch: Wenn wir hören, dass ein Bruder oder eine Schwester aus einem anderen Kreis plötzlich krank geworden ist, einen Unfall hatte oder im Krankenhaus liegt, dann sagen wir nicht einfach: „Ach, der hat doch den Pastor, der wird ihn schon besuchen, der wird ja dafür bezahlt.“ Nein.
Wenn wir diese Person kennen oder hören, dass sie jemanden braucht, geistliche Nöte hat und niemand ihr hilft, dann sind wir gefordert. Wir sagen nicht: „Der gehört ja nicht zu unserer Gemeinde.“ Doch, er gehört dazu – nämlich zur Gemeinde des Herrn.
Das heißt, die Einheit des Geistes zu bewahren im Banne des Friedens, wie Paulus es den Ephesern schreibt.
Und das steckt dahinter: Dieser Brief geht an alle Christen in Kolossä, auch an die, die die Zusammenkünfte vielleicht versäumt oder wenig besucht haben, die am Rande standen. Alle sind gemeint.
Und hier dürfen wir es jetzt auf uns beziehen. Wir wollen diese Worte auch uns sagen lassen.
Die Segenswünsche und Dank des Paulus
Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater – eine wunderbare Anrede, die wir in fast allen Briefen finden. Bei Timotheus wird zusätzlich noch Barmherzigkeit erwähnt, vermutlich weil er ein sehr ängstlicher Mann war. Ansonsten beginnt es immer mit der Gnade, gefolgt vom Frieden, niemals umgekehrt.
Das ist der Irrtum der Friedensbewegung „Frieden schaffen ohne Waffen“ – aber auch ohne Jesus Christus ist Frieden unmöglich. Die Bibel sagt: Kein Friede den Gesetzlosen. Echter Friede kommt nur von dem, der uns gnädig gewesen ist, der uns Gnade erwiesen hat, dessen Gnade wir empfangen und um deren Gnade wir gefleht haben. Dieser Gott hat uns unsere Schuld vergeben.
Nur wer in der Gnade Gottes steht, wer sie wirklich aufgenommen hat und von ihr umfangen ist – wie ein Fisch im Wasser –, kann auch den Frieden Gottes genießen. Wer diesen Frieden genießt, wird zum Friedenstifter. In seiner Umgebung entsteht dann auch Frieden.
Weltweit werden wir keinen Frieden schaffen. Das wird der Antichrist tun, wenn auch nur für kurze Zeit. Aber in unserer Umgebung sollte deutlich werden, dass wir Menschen des Friedens sind, weil der Gott des Friedens in uns wohnt – durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Das möchten wir uns auch gegenseitig zurufen: Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, dürfen wir uns allen wünschen. Jedem, der von Herzen sagen kann: „Jawohl, Gott ist tatsächlich mein Vater durch Jesus Christus, meinen Herrn!“
Dank für den Glauben und die Liebe der Kolosser
Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, allezeit, wenn wir für euch beten.
Immer wieder begegne ich Menschen, die sagen: Gott ja, aber wozu Jesus Christus? Wir wissen alle, dass das einfach nicht geht. Wer Jesus ablehnt, wird Gott nie zu Recht seinen Vater nennen können.
Im Augenblick bin ich im Gespräch mit einem Muslim, der in meinem Buch gelesen hat, wo ich von der Moschee und den Fragen erzähle, die die Leute mir dort stellten. Er hat das gelesen und schreibt mir jetzt, dass er gerne die Fragen beantworten würde, die ich damals seinen muslimischen Brüdern in Dakar gestellt habe.
Nun kann ich mich nicht mehr ganz genau daran erinnern, welche Fragen das waren. Aber wir kamen natürlich sofort darauf zu sprechen, wie es mit Jesus Christus ist. Er selbst gibt zu, dass der Gott der Bibel nicht identisch ist mit Allah. Er kennt sich sehr gut in der Bibel aus, zitiert das Johannesevangelium und vieles mehr, bleibt aber trotzdem ein Moslem.
Ich habe ihm deutlich gemacht, dass er niemals zu Gott kommen wird, wenn er Jesus Christus ausschließt. Es gibt keinen anderen Weg. Der Gott der Muslime ist nicht identisch mit dem Gott der Bibel. Das müssen wir diesen armen Menschen sagen, die so verführt werden durch das schreckliche Buch.
Wer einmal den Koran gelesen hat, dem stehen die Haare zu Berge, was für ein Buch das ist. Da können wir diesen Leuten wirklich nur leid tun. Aber der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ist unser Vater, und wir dürfen ihm danken.
Paulus dankt ihm, wenn er an die Kolosser denkt. Ich frage mich, ob er danken würde, wenn er an uns denken würde. Was ist der Grund? Was hat er an den Kolossern entdeckt?
Er sagt hier: „Da wir von eurem Glauben an Christus Jesus gehört haben und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, wegen der Hoffnung, die für euch im Himmel aufbewahrt ist.“
Haben wir etwas bemerkt? Es kommt uns doch irgendwie bekannt vor, oder? Glaube, Liebe, Hoffnung – 1. Korinther 13. Glaube, Liebe, Hoffnung – 1. Thessalonicher 1.
Wir finden diese drei Eigenschaften, Wesenszüge oder geistlichen Aktivitäten – wir können sie so nennen – auch bei den Kolossern. Sie sind die dreifache Ursache für diesen Dank.
Der Glaube bezieht sich auf Christus, die Liebe auf die Heiligen. Johannes hat seinen ersten Brief ungefähr eine Generation später geschrieben als der Kolosserbrief. Er zeigt auf, dass die Liebe zu Gott nur dann echt ist, wenn sie sich am Bruder und an der Schwester erweist.
Die Liebe zu Gott hat zur Folge die Liebe zu den Geschwistern. Und die Liebe zu den Geschwistern zeigt sich darin, dass wir ihnen Gutes tun. Wir geben den Geschwistern das, was sie brauchen, nicht unbedingt das, was sie wünschen, sondern das, was sie brauchen.
Die biblische Lehre besteht darin, dass wir den Geschwistern aufzeigen, was sie brauchen, damit ihre Wünsche sich mehr und mehr dem angleichen, was notwendig ist zum geistlichen Wachstum.
Die Liebe zu allen Heiligen, die Hoffnung in Verbindung mit der himmlischen Zukunft, und der Glaube an Christus – all das ist Grundlage unseres Dankes.
Über den Glauben und die Hoffnung
Manchmal begegnet man Menschen, die sagen: „Ich würde auch gerne glauben, aber ich kann nicht.“ Oder sie sagen: „Ich habe nur einen kleinen Glauben.“
Ich denke, diejenigen, die das schon vor langer Zeit formuliert haben – ich wiederhole das nur von anderen, halte es aber für einen guten Ausspruch – sagten: Die Größe des Glaubens ist eigentlich nicht das Entscheidende. Ich will nicht behaupten, dass das keine Bedeutung hätte, aber entscheidend ist der Gegenstand des Glaubens.
Woran glaube ich? Auf wen setze ich mein Vertrauen? Auf Mohammed, auf Buddha, Konfuzius, auf meine Werke, vielleicht auf meine Tränen? In manchen Kreisen wird sehr schnell geweint, und man denkt manchmal, weil da so viel geweint wird, müsse das ein großer Glaube sein. Vielleicht ist genau das Gegenteil der Fall. Das wird sicher unterschiedlich sein.
Nein, entscheidend ist: Wem vertraue ich? Auf wen setze ich meine Hoffnung? Und dann sind wir wieder bei unserem Urthema: Wer ist Jesus Christus? Was bedeutet er mir? Wie viel habe ich von ihm schon erkannt?
Macht euch doch einmal die Mühe und stellt eine Liste auf von den Titeln unseres Herrn. Es gibt ungefähr einhundert verschiedene Namen von Jesus Christus. Schon im Alten Testament gibt es Namen über ihn, und im Neuen Testament natürlich noch viel häufiger, etwa einhundert Namen. Jeder Name bezeichnet ein Programm. Dann wird uns Jesus ganz groß.
Die Liebe zu allen Heiligen ist übrigens nebenbei bemerkt eines der sichersten Kennzeichen der Wiedergeburt. Ich könnte mir vorstellen, dass hier unter uns einige sitzen, die keine Heilsgewissheit haben. Oder heute haben sie Heilsgewissheit, weil sie sich wohlfühlen, und morgen haben sie keine mehr, weil sie sich nicht mehr wohlfühlen. Oder je nachdem, wer mit ihnen darüber spricht, über dieses Thema.
Die Bibel spricht sehr deutlich darüber, dass wir unseres Heils gewiss sein müssen. Der erste Johannesbrief ist aus diesem Grund geschrieben worden. In 1. Johannes 5 kann jeder nachlesen – ich habe hier die Elberfelder, das könnte auch der Luther sein oder eine andere Übersetzung. Johannes schreibt: „Ich habe euch den Brief geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt.“ Nicht nur hofft am Ende vielleicht, so wie die armen Moslems. Die kennen keine Heilsgewissheit, weil sie keine Versöhnung kennen.
Dass ihr wisst – und dann schreibt Johannes unter anderem, ich zitiere jetzt, weil wir nicht mehr so viel Zeit haben, könnt ihr mir einfach mal so abnehmen, aber anschließend dann noch mal nachlesen – in 1. Johannes 3,14 sagt er Folgendes: „Hieran erkennen wir, dass wir aus dem Tode in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben.“
Dabei hat Johannes, sage ich mal, für die Brüder aus der Brüderbewegung sicher nie an die Brüderbewegung gedacht. Er sagt: „Weil wir die Brüder lieben“ – gemeint sind alle Brüder und Schwestern. Daran kann ich mich prüfen: Habe ich einen Hang zum Volk Gottes? Freue ich mich, wenn ich Brüdern oder Schwestern begegne, dass wir uns über den Herrn unterhalten können, über unseren gemeinsamen Glauben, unsere Zukunft, über die Wiederkunft des Herrn?
Sind das Dinge, die mich froh machen, wenn ich so mit Kindern Gottes zusammen bin? Oder meide ich andere, die auch den Herrn liebhaben? Nun, dann wird das wahrscheinlich für uns ja nicht zutreffen, sonst wären wir hier nicht auf der Konferenz. Aber wir können das weitergeben an solche, die sich mehr isolieren, auch in unseren Gemeinden. Warum pflegen sie keine Gemeinschaft? Da muss doch irgendetwas nicht stimmen.
Wenn ich Leben aus Gott habe, wenn ich Gott liebe als meinen Vater, liebe ich auch meine Geschwister. Es geht gar nicht anders. Und das bedeutet, ich versuche, ihnen Gutes zu tun, wo ich helfen kann – also die Liebe zu allen Heiligen.
Und dann die Hoffnung. Was wird von der Hoffnung gesagt? In Vers 5: „die für euch in den Himmeln aufbewahrt ist.“ Wer denkt da nicht sofort an 1. Petrus 1? Das ist ein ganz toller Abschnitt, wo uns mitgeteilt wird, was wir bereits besitzen durch die Wiedergeburt.
Dort geht Petrus darauf ein, unter anderem, dass wir ein Erbteil haben. Er schreibt, dass diesen armen ehemaligen Juden, die jetzt überall verfolgt werden, in der Diaspora sind, alles genommen ist und es ihnen ganz schlecht geht.
Und Petrus sagt: „Ihr habt ein Erbe, da kann keiner euch irgendetwas wegnehmen, das ist im Himmel aufbewahrt.“ Und Petrus sagt nicht nur, das Erbe ist aufbewahrt, ihr selber werdet aufbewahrt, ihr werdet bewahrt, bis ihr dort ankommt. Also auch das Problem des Transports ist gelöst. Ihr werdet das Erbe eines Tages einlösen, ihr seid dabei. Wir haben ein Erbe in der Herrlichkeit.
Nun, wenn ich jetzt vor christusfernen Menschen reden würde, sagen wir mal vielleicht stärker linker Couleur, dann würden sie sagen: „Aha, das war ja immer schon die Kirche, die hat die Leute auf das Jenseits vertröstet.“ Und damit hat man die Leibeigenschaft, Sklaverei und alles Mögliche gerechtfertigt, weil man ja in der Herrlichkeit, in der Ewigkeit dafür belohnt wird.
Nein, das ist natürlich nicht der Gedanke der Bibel. Auch die Bibel macht deutlich, dass der Arbeitgeber gewisse Aufgaben vor dem Herrn hat und dass er auch dafür zur Verantwortung gezogen wird, wenn er diesen Aufgaben nicht nachkommt.
Aber die Bibel weiß sehr wohl darum, dass es normal ist, wenn Christen auch verfolgt werden. Die Bibel sagt zwar nicht, dass wir immer verfolgt werden, aber wenn wir niemals verfolgt werden, ist das nicht normal nach der Schrift. Wir müssten eigentlich auch Zeiten der Verfolgung erleben.
Wobei ich jetzt mit Verfolgung nicht nur Gefängnis meine, das fängt viel früher an. Und da ist es eine große Hilfe, wenn man sich daran erinnert: Das Leben hier ist doch nicht alles, das ist nur Vorbereitung auf die Ewigkeit. Was ist diese kurze Zeit hier auf dieser Erde im Vergleich zur endlosen Ewigkeit in der Herrlichkeit?
Da wird ein Erbe vorbereitet, und an diesem Erbe arbeiten wir hier. Gibt es einige Hinweise, was wir zu tun haben, damit wir einen Lohn empfangen?
Man kann mal lesen, Matthäus 25 mit den Talenten oder 1. Korinther 3, wo es darum geht, dass wir richtig bauen nach dem göttlichen Bauplan und nicht nach unseren eigenen Vorstellungen. Ein Erbe ist aufbewahrt, wir dürfen uns darauf freuen.
Das Evangelium als Wort der Wahrheit
Und es geht weiter. Hier ist vom Wort der Wahrheit des Evangeliums die Rede, das zu euch gekommen ist, in der ganzen Welt gepredigt wird, Frucht bringt und wächst. Das ist das Evangelium, das ist die Wahrheit – nicht steril.
Lehre ist lebensnotwendig, denn nur durch die rechte Lehre können wir auch die rechte Praxis ausüben. In der rechten Praxis zeigt sich Frucht. Frucht bedeutet, dass Menschen etwas von uns haben und an uns profitieren. Wir sind wie eine Frucht, die anderen schmeckt, die anderen weiterhilft und vielleicht zur Kraft verhilft.
Das Evangelium vermehrt sich, es wächst, es bringt Frucht und es verändert. Wie zeigt sich das in unserem Leben? Das Evangelium der Wahrheit – wenn wir Römer 10 hinzunehmen – was wird uns dort gesagt? Es fängt damit an, dass gepredigt wird. In Markus 16 heißt es: Geht hin und verkündigt das Wort, predigt das Evangelium.
Aber was nützt die Predigt, wenn kein Zuhörer da ist? Das Nächste ist, dass die Predigt gehört wird. In Matthäus 7, Vers 24, geht es um das rechte Hören: „Wer diese meine Worte hört und sie tut, den vergleiche ich mit einem Mann, der auf dem Felsen baut.“ Also hören und tun. Das wird im Wort Gottes auch mit Annehmen verglichen – die Gnade Gottes erkennen, annehmen und Frucht bringen.
Wer denkt da nicht an die Geistesfrucht? Wir werden verändert. Wenn wir das Evangelium aufnehmen, heißt das, Christus aufnehmen. Wenn wir uns von Christus nähren, werden wir Christus ähnlich. Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit – das ist die Frucht des Heiligen Geistes. Sie zeigt sich im Leben eines wahren Jüngers Jesu.
Und da, wo Frucht ist, da wächst auch etwas. Wir nehmen zu, auch unser Aktionsradius wird größer. Der Herr führt uns Menschen zu, die darauf warten, dass wir ihnen die Botschaft bringen. Erleben wir das!
Zunächst heißt es: Wenn es um das Wachsen geht, „wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn“. Und wir sind wieder am Anfangspunkt. In dem Maße, wie wir in seiner Erkenntnis wachsen, werden wir auch im Hinblick auf unsere Tätigkeit wachsen. So kann der Herr uns mehr gebrauchen, jeden, unabhängig von der Gabe, die er hat.
Wenn der Herr in uns Gestalt annimmt, werden Menschen uns fragen – so wie Petrus das formuliert – wegen der Hoffnung, die in uns ist (1. Petrus 3).
Vorbild Epaphras und der gemeinsame Dienst
Die Kolosser hatten auch ein Vorbild, nämlich Epraphas. Von ihm haben sie gelernt. Er wird hier als der geliebte Mitknecht bezeichnet. Es geht um den gemeinsamen Dienst: Wir sind Knechte des lebenden Gottes. Jeder von uns sollte sich hoffentlich in diese Dienstgemeinschaft hineingestellt sehen, zusammen mit vielen anderen.
Niemand tut alles, aber alle tun etwas. So ergänzen wir uns gegenseitig und sind treue Diener Christi. Ja, wir können unseren Dienst nur dann erfüllen, wenn wir nicht uns selbst suchen, sondern seine Ehre.
Im Griechischen steht bei „Diener“ in der Regel „Doulos“, was Sklave bedeutet. Ein Doulos hat überhaupt keinen eigenen Willen mehr, sondern tut nur noch das, was sein Herr ihm befiehlt. Sind wir solche Diener Christi, dann haben wir einen persönlichen Auftrag. Wir sind dem Herrn direkt verantwortlich.
Dabei müssen wir auch daran denken, nicht in erster Linie Menschen Rechenschaft abzulegen. Je nachdem, welchen Dienst wir tun, gibt es zwar auch gemeinsame Dienste, bei denen wir Menschen gegenüber verantwortlich sind. Aber zunächst geht es darum, was der Herr über unseren Dienst zu sagen hat. Wir stehen vor ihm und sind vor ihm verantwortlich.
Das Gebet des Paulus für die Kolosser
Und dann kommt das Gebet des Paulus. Ich habe schon befürchtet, dass ich mit der Zeit wieder nicht klarkommen würde. Dennoch möchte ich vielleicht zwei, drei Minuten etwas dazu sagen.
Dieses Gebet – wofür bittet Paulus? Er bittet um fünf Dinge.
Erstens, dass Gottes Wille erkannt und erfüllt wird, und zwar gepaart mit Weisheit und Verständnis. Es geht nicht nur darum, von der Liebe des Herrn überwältigt zu sein. Wir müssen auch lernen, diese Liebe mit Weisheit weiterzugeben. Das bedeutet, genau zu erkennen, wer gerade dran ist und wie viel man jemandem zumuten kann. Auch das gehört zur Weisheit. Wir dürfen nicht zu schnell vorangehen, sondern müssen auch an die Schwachen in der Gemeinde denken. Ich kann das jetzt nicht weiter ausführen, aber jeder kann sich darüber selbst Gedanken machen.
Das Zweite, wofür Paulus bittet, ist ein würdiger Wandel – und zwar ein Wandel, der des Herrn würdig ist. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich die Geschichte von dem Zwölfjährigen im Ruhrpott erzählen, der glaubte, Jesus Christus sei ein Bekannter von ihm. Aber dafür fehlt jetzt die Zeit. Es geht also darum, so zu leben, dass Christus in uns erkennbar wird.
Drittens bittet Paulus darum, fruchtbar zu sein in jedem guten Werk. Wie kommen gute Werke zustande? Ich erinnere an Epheser 2, wo es heißt, dass wir sein Werk sind und zu guten Werken geschaffen wurden, die Gott zuvorbereitet hat. Das ist also der dritte Punkt.
Der Vierte betrifft das geistliche Wachstum durch die Erkenntnis Gottes. Wir wachsen, indem wir uns mit dem Herrn und mit Gott beschäftigen. Gott wird uns zum Beispiel im Alten Testament als Schöpfergott und Erlösergott für das Volk Israel vorgestellt. Lest zum Beispiel Jesaja 40, am besten das ganze Kapitel, um die Größe Gottes zu sehen, oder auch etliche Psalmen. So wachsen wir.
Fünftens bittet Paulus um Kraft, um auszuharren, ohne müde zu werden. Ich kann mir vorstellen, dass einige hier müde sind. Ich bin auch manchmal müde. Ich habe mir gesagt: Du hast heute Nachmittag die ungünstigste Zeit, nämlich die Zeit, in der ich meistens sehr müde bin. Ich bin dankbar, dass es einigermaßen gegangen ist.
Hier bekommen wir wieder Kraft, wenn wir mit dem Herrn verbunden sind, mit ihm rechnen und uns daran erfreuen, was wir in ihm gefunden haben und was er uns zusätzlich als Erbteil für die Zukunft schenken will. Das gibt neue Kraft, um die Zeit, die er uns noch lässt, für ihn zu nutzen.
Wie diese fünf Punkte möglich sind, wird ab Vers 11 erklärt. Darüber sage ich jetzt nichts mehr, weil meine Zeit zu Ende ist. Aber lest die Bitten noch einmal durch. Ab Vers 11 wird erklärt, wie die fünf Bitten, die Paulus vorher ausspricht, im Leben der Kolosser Wirklichkeit werden können – und auch in unserem Leben. Dann wird uns das Herz aufgehen.