Der zweite Timotheusbrief – Vers für Vers: Gottes Wort für dich.
Ich brauche eine Auszeit. Deshalb bekommt ihr in den nächsten Wochen eine ganz neue Reihe von mir zum zweiten Timotheusbrief.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich wünsche euch beim Zuhören Gottes Segen und viele hilfreiche geistliche Impulse für euer Leben.
Ewige Gemeinschaft mit Gott als zentrales Thema
Ganz genau wissen wir: In alle Ewigkeit werden wir Gemeinschaft mit Gott haben. Es ist immer Leben und Unvergänglichkeit.
Wenn man zwei solche Begriffe nebeneinanderstellt, spricht man im Griechischen von einem Hendiadioin. Das ist ein schönes Wort, oder? Hendiadioin – da braucht man wirklich ein bisschen Zeit, bis man es gelernt hat. Hendiadioin bedeutet „eins durch zwei“. Damit bringt man ein Konzept zum Ausdruck, indem man zwei Worte verwendet.
Auch im Deutschen gibt es solche Ausdrücke, zum Beispiel „sich um Kopf und Kragen reden“. Kopf und Kragen sind zwei Worte, aber sie bilden ein Konzept. Oder „im Großen und Ganzen“ – ebenfalls zwei Worte, die zusammen ein Konzept ausdrücken.
Solche Hendiadioin findet man im Griechischen öfter. Hier zum Beispiel wird „Leben und Unvergänglichkeit“ ans Licht gebracht. Die beiden Begriffe stehen so eng beieinander, dass damit ein Konzept gemeint ist, nämlich unvergängliches Leben.
Wodurch kommt das in unser Leben? Durch das Evangelium. Das ist klar, und ich denke, ich habe euch jetzt nichts Neues erzählt. Ich glaube, ihr wusstet das alles schon.
Die Rolle des Paulus im Evangelium
Ihr wisst auch, dass Vers 11 für Paulus in der Verbreitung dieses Evangeliums eine ganz besondere Rolle spielt. Er sagt, dass er für das eingesetzt worden ist als Herold, Apostel und Lehrer.
Wenn man sich diese drei Begriffe anschaut und sie auf das Evangelium überträgt beziehungsweise darauf, dass jemand Missionar ist und als Missionar predigt, dann sind die ersten beiden Begriffe ganz klar: Herold ist der, der das Evangelium ausstreut, Apostel ist derjenige, der mit dem Evangelium Gemeinden baut.
Beim Lehrer wird es vielleicht ein bisschen schwieriger. Wie passt der Lehrer zum Evangelium? Die Antwort ist wahrscheinlich folgende: Wenn wir Evangelium hören, denken wir vielleicht – wenn wir alt genug sind – an die fünf geistlichen Gesetze von Campus für Christus oder an ähnliche Darstellungen. Dabei wird die Errettung eines Menschen auf wenige ausgewählte Lehrsätze der Bibel reduziert, etwa im Sinne von: „Du bist verloren, weil du ein Sünder bist. Sünder kommen ins Gericht. Wenn du nicht ins Gericht kommen willst, musst du irgendwie überleben. Wer dich retten könnte, ist da. Einer ist auf die Welt gekommen, hat Sünde getragen – das ist Jesus. Er ist am Kreuz für dich gestorben und bietet dir ewiges Leben an. Du kannst das annehmen durch den Glauben.“
So etwas wäre für uns eine Evangeliumspräsentation. Aber – und das ist der Clou im Neuen Testament – das Evangelium ist natürlich viel mehr als nur eine kurze Geschichte meiner Errettung. Es ist mehr als die Antwort auf die Frage, wie ein Mensch gerettet wird. Das Evangelium will mir mehr geben als nur meine Schuld zu vergeben. Es will mich hineinbringen in eine Beziehung mit Gott.
Das bedeutet wiederum, dass das Evangelium Auswirkungen auf alle Bereiche meines Lebens hat. Es reicht nicht zu sagen: „Mir ist meine Schuld vergeben und Gott hat mir Gnade geschenkt.“ Es ist auch wichtig zu begreifen, was es heißt, dass die Gnade im Leben eines Gläubigen herrscht, dass sie mich erzieht und verändern will. Die Gnade soll quasi an die Stelle treten, wo vorher die Sünde herrschte. Dort, wo vorher Sünde war, herrscht jetzt die Gnade.
Um das zu verstehen als eine Auswirkung des Evangeliums, braucht es tatsächlich Lehrer. Es braucht Leute, die tiefer einsteigen und erklären, welche Veränderungen das Evangelium in meinem Leben bewirken kann.
Paulus selbst formuliert in Römer 1,15 Folgendes: Er sagt, dementsprechend sei er, so viel an ihm ist, willig, auch den Gläubigen in Rom das Evangelium zu verkünden. Der gesamte Römerbrief ist eine Verkündigung des Evangeliums. Das versteht man am Anfang noch leichter, aber es wird schon ziemlich kompliziert, wenn man in den hinteren Teil hineinschaut, wo es um die Auswirkungen geht.
Man merkt, dass man die Theorie der Errettung nicht von der Praxis eines Lebens trennen kann, die sich am Evangelium ausrichtet. Für beides braucht man Leute, die das tief durchdacht haben – und das sind die Lehrer.
Deshalb habe ich beim Evangelium immer den Herold, der mir das Evangelium erklärt. Das wäre zum Beispiel derjenige, der einen evangelistischen Hauskreis abhält, eine Straßenpredigt macht oder als Missionar unterwegs ist. Dann habe ich den, der mit dem Evangelium Gemeinde baut und dafür sorgt, dass die Gläubigen, die sich dem Evangelium zugewandt haben, Gemeinschaft werden.
Und ich brauche immer auch Leute, die das Evangelium weiter und tiefer erklären. Damit wir nicht oberflächlich stehen bleiben bei der Idee: „Aha, hier ist jetzt die Schuld meiner Sünde vergeben, das war es jetzt.“ Natürlich beginnt das geistliche Leben damit, dass die Schuld vergeben ist, aber es geht weiter.
Das Evangelium vergibt mir oder ich erfahre im Evangelium, wie mir die Schuld vergeben wird. Aber ich erfahre auch, dass die Macht der Sünde gebrochen ist und dass ich dazu berufen bin, ein neues Leben zu führen. Ich darf mich darauf freuen, dass die Gegenwart der Sünde einmal komplett weg sein wird.
Und dafür ist der Lehrer zuständig.
Paulus’ Haltung im Leiden und die Zuversicht im Glauben
Vers 12: Aus diesem Grund leide ich auch, weil er eine Berufung und einen Auftrag hat. Aber ich schäme mich nicht. Er sagt nicht genau, wofür er sich nicht schämt. Es könnte das Eingekerkertsein sein oder das Predigen – aber das ist egal. Ich schäme mich nicht.
Warum schämt sich der Apostel nicht? Warum müssen wir uns auch nicht schämen? Denn das, was er jetzt sagt, gilt auch für uns. Er sagt: „Ich schäme mich nicht, denn ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ Christen schämen sich nicht für ihren Glauben, weil sie den Charakter Gottes kennen.
Ich weiß schon, das hatten wir im letzten Vortrag: Das Evangelium enthält einige Elemente, für die man sich leicht schämen könnte. Jesus ist schon der Antiheld. Ja, er ist so ein Frodo-Typ, wenn man das so will. Man denkt erst: Macht nicht viel her. Aber gleichzeitig ist er derjenige, der alles erreicht – und zwar wirklich alles in einem Maß, wo man nur sagen kann: Boah, Hammer!
Wenn du ihn dir so anschaust, denkst du: Wie? Irgendwo im Hinterland von Israel, am Ostrand des Römischen Reiches, in einer ganz unbedeutenden Provinz, da ist so ein kleiner Wanderprediger, der nicht mal eine richtige Ausbildung hat. Ja, das ist der Messias? Du kannst ihn ganz leicht übersehen.
Und wenn jemand ein Argument gegen Jesus braucht, liefert Jesus dir bis heute viele. Atheisten haben es wirklich leicht zu sagen: „Ich will diesen Jesus nicht.“ Argumente gibt es en masse. Trotzdem ist das der Weg, den Gott geht. Er sagt: Ich gehe nicht über die großartige Erscheinung, nicht über Macht und Popularität, nicht über Einfluss und Beziehungen. Sondern ich komme ganz klein, ganz demütig, und erreiche mein Ziel dadurch, dass ich Mensch werde – und zwar so weit unten, wie es nur geht.
Und da unten, wo mich jeder am Ende splitterfasernackt, mit blutigen Wunden am ganzen Körper, mit einer Dornenkrone auf dem Kopf als Schwerverbrecher verurteilt an einem römischen Kreuz hängen sieht, da, wo jeder nur noch vorbeigeht, den Kopf schüttelt und vor mir ausspuckt – an der Stelle wird Weltgeschichte geschrieben.
An dem Moment passiert das eine, was jeder Mensch in seinem Leben an so einer Stelle braucht. Das ist absolut irre! Ihr müsst euch ab und zu mal wieder vergegenwärtigen, was ihr da eigentlich glaubt. Wenn da jemand sagt: „Du spinnst doch! Du kannst doch nicht sagen, dass vor zweitausend Jahren an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Stunde, zu einer bestimmten Minute jemand stirbt und sagt: ‚Es ist vollbracht‘“ – und du denkst: Das war für dich? Für dich ist das doch albern, oder?
Und doch sagen wir das. Und mehr noch: Wir wissen, wem wir geglaubt haben. Wir kennen den Charakter Gottes. Deshalb werden wir uns dafür nicht schämen. Ich weiß, wie Gott ist. Ich weiß, dass so ein Weg der Rettung tatsächlich zu ihm passt. Weil er damit einlädt und verschiedene Dinge deutlich macht: deutlich macht, dass Sünde wirklich eine ganz grausame Angelegenheit ist, dass der Tod eine Realität ist, dass Gott zum Knecht wird, um mich zu retten, dass Gott den Weg ganz unten durchgeht, um mir eine Hoffnung zu bereiten.
Überlegt, was das für ein Gott ist, der bereit ist, für dich Mensch zu werden; der seine Allmacht, seine Allwissenheit und seine Allgegenwart ablegt, um für dich Mensch zu werden, für dich an einem Kreuz zu sterben, zu verbluten und da jämmerlich draufzugehen.
Das ist der Charakter Gottes, an den wir glauben. Und weil wir das sehen, weil wir sehen, wie sehr Gott uns geliebt hat, wie sehr Gott für uns all-in gegangen ist – wirklich, weil er unsere Verlorenheit gesehen hat, diese Verlorenheit teilt und als Teil dieser Verlorenheit unser Retter wird.
Erinnert euch an die Taufe, wo Jesus vor Johannes steht und Johannes sagt: „Das quatscht, dass ich dich taufe, du musst mich taufen, das wäre richtig.“ Und Jesus sagt: „Lass es so geschehen, damit die Gerechtigkeit voll gemacht wird.“ Vollständige Identifikation mit einer verlorenen Menschheit – das ist unser Gott, der sagt: Ich bin bereit, alles zu geben, damit du ewiges Leben finden kannst.
Vertrauen in Gottes Treue und Aufforderung zur Bewunderung
Und weil wir diesen Gott kennen, weil wir wissen, mit wem wir es zu tun haben, wissen wir, dass er absolut treu ist, dass er absolut freigiebig ist und dass er Güte im Übermaß zeigt. Er ist ein Gott, der genau weiß, was er tut und der weiß, was man tun muss, um uns zu retten.
Weil wir ihn durch und durch kennen und immer wieder sehen, dass er absolut vertrauenswürdig ist, schämen wir uns deshalb nicht. Ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass er mächtig ist, mein anvertrautes Gut bis auf jenen Tag zu bewahren.
Hinter dem Begriff „anvertrautes Gut“ steckt die Idee, dass in der Antike jemand, der auf Reisen ging, seinen wertvollsten Besitz einem Freund anvertraute. Dieser Freund sollte in der Abwesenheit darauf aufpassen. Wenn der Reisende zurückkam, ging er zu dem Freund und sagte: „Hey, gib mir meine Sachen wieder zurück.“
Paulus, der im Gefängnis sitzt, verwendet jetzt dieses Bild und sagt: „Mein anvertrautes Gut“ – das heißt das, was in meinem Leben wirklich Wert hat. Und das ist natürlich nichts anderes als mein ewiges Leben. Ich weiß, bei wem das gut aufgehoben ist.
Ich hänge hier im Gefängnis, ich weiß nicht, wie lange ich noch leben werde, aber ich weiß eines: Mein ewiges Leben kann mir niemand nehmen, weil Gott wie ein guter Freund darauf aufpasst. Sobald ich wieder zu Hause bin – Achtung, zu Hause hier bei Gott – sobald ich wieder nach Hause komme, da kriege ich mein ewiges Leben zurück. Und das kann mir niemand wegnehmen.
Da kann der Kaiser sich so sehr anstrengen, wie er will: Mich ins Gefängnis stecken, mich den wilden Tieren zum Fraß vorwerfen – mein ewiges Leben nimmt mir niemand weg.
Und weil das so ist, weil wir diese Zuversicht haben und weil wir den Charakter Gottes kennen – ich hoffe, wir kennen ihn; wenn nicht, macht euch auf die Suche, den Charakter Gottes kennenzulernen. Das ist ein eigenständiges Bibelstudium wert: sich mit den Eigenschaften Gottes, mit den Eigennamen Gottes und mit den Bildern für Gott zu beschäftigen.
Man braucht so ein Studium in meinen Augen für intelligente Anbetung. Es sind Startpunkte, von denen aus man Gott Dinge sagen kann, die man an Gott einfach toll findet. Und wir brauchen das, um tiefer und tiefer hineinzukommen in eine leidenschaftliche Beziehung mit Gott.
Bedeutung von Bewunderung in zwischenmenschlichen Beziehungen
Ein Wort an euch, ihr lieben Ehemänner:
Eine leidenschaftliche Beziehung zu einer Frau entsteht dadurch, dass man sie bewundert. Ich hoffe, euch ist das klar. Falls dieses Wissen verloren gegangen sein sollte – etwas, das man als Zwanzigjähriger meist noch weiß – habe ich manchmal den Eindruck, dass es Mitte der Dreißiger verloren geht.
Also noch einmal: Eine leidenschaftliche Beziehung fußt auf Bewunderung. Und Bewunderung braucht Worte – und zwar neue Worte.
Deshalb hatte ich das heute Morgen schon am Frühstückstisch angesprochen, und ich möchte die Frage hier noch einmal in den Raum stellen: Wann habt ihr das letzte Mal mit neuen Worten eure Frau bewundert?
Das war es für heute. In der nächsten Episode wird diese Reihe fortgesetzt. Der reguläre Podcast geht am 14. November 2022 weiter.
Viele alte Episoden findet ihr auch in der App und in den meisten Podcast-Playern.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.