Einführung: Die Bedeutung des Kreuzes und der Bibel heute
Ich versuche immer wieder, Wege zu finden, wie wir die Bibel neu entdecken können. Beim letzten Mal habe ich begonnen und gesagt, dass wir einmal einiges an Jesus herausstellen wollen, mehr thematisch. Es war ganz gut, beim letzten Mal zu sehen, wie stark in all den Berichten über Jesus das Kreuz präsent ist.
Wir haben allerdings vergessen zu erwähnen, dass sich gleichzeitig in der evangelischen Kirche etwas ereignet hat: Bei einer ganzen Reihe von Theologen spielt das Kreuz keine Rolle mehr. Heute habe ich in einem christlichen Blatt gelesen, dass sogar eine hochrangige Führerin der evangelischen Kirche gesagt hat, sie würde es viel lieber sehen, wenn ein feministisches Symbol anstelle des Kreuzes in den Kirchen im Mittelpunkt steht.
Wir glauben sicher, dass die ganze Frage heute in unserem Volk falsch diskutiert wird. Die Frage des Gerichts ist keine Rechtsfrage, sondern eine ganz andere Frage als das, was die Leute bewegt. Wir sollten dies zum Anlass nehmen, in vielen Gesprächen mit unseren Mitmenschen zu fragen: Was bedeutet Ihnen eigentlich, dass Jesus gekreuzigt wurde? Dann können sie sagen, was ihnen daran wichtig ist.
Ich finde, das ist eine ganz tolle Gelegenheit, denn irgendwie ist das heute bei jedem Menschen ein bisschen interessant geworden. Das war ja der Sinn, warum wir gesagt haben, dass das der Mittelpunkt der Evangeliumsverkündigung ist.
Wir konnten uns nicht mehr bekannt machen. Die Themen vom Bibeltraining, die ich im Aushang stehen habe, sind alle noch da. Sie hängen heute Abend in ein paar Stellen um die Kirche herum. Es geht um das, was Jesus zur Bibel meint, die Bibelfrage in den Augen Jesu, die Einzigartigkeit an Jesus und wie Jesus zur Bibel steht.
Ich habe eigentlich fast nur noch gedacht, dass das für unsere jungen Leute auch wichtig gewesen wäre. Wir sitzen ja morgen Abend mit jungen Leuten zusammen, und da habe ich heute Abend gedacht, dass das für einen schönen Kreis mit 50 jungen Leuten gut gewesen wäre. Auf das Bibelgespräch morgen Abend freue ich mich immer sehr.
Herausforderungen für die Bibel in der heutigen Zeit
Aber diese systematische Welt – besonders unsere jungen Leute stehen vor einer wichtigen Frage: Was bedeutet die Bibel heute?
Es gibt seit einigen Jahrhunderten einen Angriff gegen die Bibel. Dieser Angriff kommt von der Vernunft des denkenden Menschen, der sagt: Das kann doch gar nicht sein, was in der Bibel steht. Natürlich erscheint vieles aus unserem Denken heraus unmöglich.
Wie ich immer wieder betone, gibt es jedoch von archäologischen Ausgrabungen oder wissenschaftlichen Forschungen keine Stelle in der Bibel, bei der man wirklich sagen müsste, sie sei falsch. Es gibt eigentlich nur eine Ausnahme: die Aussage, dass der Hase ein Wiederkäuer sei. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen, und manche sagen, das stimme doch wieder. Das sind sehr knifflige Fragen.
Wer die Bibel liest und durch Israel reist, findet alles genau so vor, wie es in der Bibel beschrieben ist. Man kann Sinjerichos finden, die Philisterstädte und vieles mehr. Doch was die Bibel im Entscheidenden sagt, sprengt unser Denken.
Natürlich ist es unbegreiflich, dass Jesus auferstanden ist. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand die Heilbronner Straße herunterkam, der vom Pragfriedhof auferstanden ist. Deshalb ist unser Denken unfähig, Wunder zu begreifen und zu akzeptieren, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Wie soll man das mit dem Verstand erfassen können?
Deshalb ist es gut, wenn wir uns jetzt der Bibelfrage zuwenden. Der Angriff gegen die Bibel von Seiten des kritischen Verstandes lässt sich nur mit Zeugnis beantworten.
Heute gibt es jedoch einen zweiten Angriff, der fast auf leisen Sohlen daherkommt. Am Sonntag war ich bei einem Gemeindetag in Salzburg, im schönen Kongresshaus, wo ich sprechen durfte. Nach mir sprach ein österreichischer Pfarrer, den ich sehr schätze. Er berichtete von der großen Not, die die evangelischen Gemeinden in Österreich befallen hat.
In Österreich gibt es etwa 340 evangelische Gemeinden. Unter ihnen gibt es eine kleine Minderheit, die Bibelgemeinde. Diese Bibelgemeinde befindet sich in großer Not, weil immer mehr homosexuelle Menschen, denen wir in der Seelsorge mit Liebe und Verständnis begegnen wollen, auch eine Gleichstellung in der Ehe propagieren.
In einer Gemeinde hat ein Kirchenmusiker diese Haltung stark vertreten. Der Pfarrer sah sich gezwungen, zu sagen: Wenn du das so aggressiv vor den jungen Leuten verteidigst, als ob es eine gute Lebensform wäre, können wir dich nicht weiter beschäftigen. Wenn du es aber still als Not in deinem Leben trägst, wollen wir dich mittragen. Daraufhin wurde der Kirchenmusiker entlassen.
Es gab eine große Stellungnahme mit 254 Unterschriften aus allen Gruppen, die die biblische Linie bekräftigt.
Nun hat sich einer der bekanntesten Evangelisten – den Sie alle kennen, dessen Namen ich aber nicht nennen möchte – öffentlich dagegen ausgesprochen. Er meinte, man dürfe die Bibel nicht so eng auslegen.
Das ist der zweite Angriff gegen die Bibel: Man darf die Bibel nicht so eng auslegen. Man müsse nicht in Schwarz-Weiß denken, wenn es um Themen wie Homosexualität geht.
Bibelkritiker können solche Aussagen ausradieren, aber diese Not wurde auch bei der Versammlung in Salzburg deutlich. Ich habe diese Last mit mir getragen.
Ich möchte eigentlich nur in einer Bibelstundengemeinde darüber sprechen. Im Gottesdienst möchte ich das nicht tun, weil viele dort vielleicht noch nicht so tief im Wort verwurzelt sind.
Sie werden merken, dass dieser Angriff immer weiter voranschreitet. Leute sagen: „Das darf man nicht mehr so gebrauchen.“ Unsere jungen Leute werden ständig damit konfrontiert.
Ich habe das bereits auf CVM-Treffen gehört: Es wird gesagt, in der Bibel stehe nicht klar, was voreheliches Verhalten betrifft. Was meint Paulus, wenn er von Unzucht spricht? Plötzlich wird aus Schwarz-Weiß ein Grauton gemacht.
Man sagt: „Man kann das doch dem modernen Menschen nicht mehr so überstülpen.“ Dahinter steht die Tatsache, dass es keine Autorität der Bibel mehr gibt.
Und das ist die Not: Es gibt keine Autorität der Bibel mehr. Wenn ich von der Autorität der Bibel spreche, wehren wir uns sofort. Wir sagen: „Autorität klingt so schrecklich.“
Welcher junge Mensch will heute überhaupt noch Autorität anerkennen? Die jungen Leute leugnen jede Autorität – mit Recht. Sie haben schlechte Erfahrungen gemacht. Dann wird sofort an das Dritte Reich oder andere Diktaturen gedacht.
Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der jeder Mensch sich seine Religion selbst zusammenbastelt. Und zwar so, wie es seinem Lustempfinden entspricht und wie er es mit seinem Verstand bewältigen kann.
Für viele Menschen ist es sehr schwierig, das überhaupt noch zu begreifen. Kann man das noch so machen?
Dann gibt es einen Generalangriff: Wer die Bibel noch wirklich verbindlich nimmt, gilt als Fundamentalist.
Das wird mit Worten wie „Ayatollah Khomeini“ gleichgesetzt. Haben Sie sich jemals gefragt, was das eigentlich soll?
Das sind Killerwörter, mit denen jede Diskussion sofort beendet wird.
Ich habe das Fundament – das Wort Gottes. Wenn das jemand Fundamentalist nennt, dann ist das schwierig.
Nationalist, Faschist und so weiter – mit solchen Begriffen kann man alles abtun.
Die Autorität Jesu und sein Verhältnis zur Schrift
Wir wollen uns einfach mal in der Bibel klarmachen, was sie eigentlich ist. Wir haben eine Autorität – so unangenehm das auch sein mag – und diese Autorität ist Jesus Christus als unser Herr. Wer Jesus Christus nicht als die Autorität, als Herrn über sein Leben bekennt, ist kein Christ. Dieser Mensch hat auch nicht den Heiligen Geist, denn die Wirkung des Heiligen Geistes ist es, dass man Jesus Christus als Herrn bekennt, so nennt es Paulus.
Also ist klar: Jesus ist mein Herr. Wenn ein Mensch zur Bekehrung kommt, sagt er: Ich möchte mich nicht mehr selbst führen; Jesus soll mein Herr sein.
Jetzt interessiert mich, wie Jesus die Bibel selbst betrachtet hat. Das ist hochinteressant, wenn man das einmal annimmt. Ich halte das in der ganzen Diskussion für das Wichtigste. Deshalb habe ich mir angewöhnt zu sagen: Ich möchte in der Bibelfrage nicht anders denken als Jesus.
Nun hatte Jesus natürlich nur das Alte Testament, aber das macht ja nichts. Das Alte Testament ist ja ein großer Brocken, der vielen schon Schwierigkeiten bereitet. Wie hat Jesus das Alte Testament betrachtet? Schlagen wir einfach ein paar Stellen auf und sind dann überrascht, dass Jesus nicht sagt: „Ach, das darf man nicht so wörtlich nehmen“ oder „Das ist so zu verstehen, dass ihr es nach eurer Zeit interpretieren könnt“ oder „Das könnt ihr umdeuten.“
Die Bergpredigt soll ja angeblich sehr hoch im Kurs stehen. Schlagen wir auf Matthäus 5, Vers 17 nach. Matthäus 5, Vers 17. Da fängt Jesus damit an, bevor er die einzelnen Gebote behandelt: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.“
Dann geht Jesus mit jedem einzelnen Gebot so genau in die Tiefe, dass er es bis in die tiefsten Fasern unseres Herzens auf eine Weise erfüllt, die für das ganze Judentum undenkbar war. Sie haben Recht, an einer Stelle hat Jesus gewisse Reinheitsgesetze außer Kraft gesetzt, weil er die tiefere Reinheit des Herzens gesucht hat. Er hat gesagt, es geht nicht um die äußeren Händewaschungen, sondern um die Reinheit des Herzens.
Aber Jesus hat die Gesetze auf eine, wenn man so will, fundamentalistische Weise genommen. Da kommt ja immer schnell die Polemik, die kennt man auch im christlichen Kreis: „Da bist du ja gesetzlich.“ Nein, das, was Paulus mit „gesetzlich“ meint, ist doch, wenn ich mir den Himmel mit meinem Gesetzesgehorsam erkaufen will. Das kann keiner.
Natürlich kann man sich den Himmel nicht mit Gesetzesgehorsam erkaufen. Aber das Gesetz ist die Richtschnur. Wenn Jesus von unserem Leben Besitz ergreift, ist das Gesetz mein Trost, mein Pfad, meine Weisung, mein Lebensinhalt.
Wie soll ich denn anders leben, als meinen Nächsten mehr zu lieben oder nicht zu lügen und kein Falsches Zeugnis zu reden? Wie soll ich größer sein? Das ist doch klar – wie denn anders?
Die Unverbrüchlichkeit der Schrift
Eine der wichtigsten Stellen, die man sich gut merken kann, steht in Johannes 10, Vers 35. Wenn wir ein wenig durch die Bibel gehen, finden wir dort eine Fülle interessanter Passagen. Oft liest man daran einfach vorbei, ohne lange zu verweilen.
In diesem Fall geht es um die Auslegung einer alttestamentlichen Bibelstelle. Den genauen Zusammenhang müssen wir hier nicht näher betrachten. Am Ende der zweiten Hälfte des Verses sagt Jesus: „Die Schrift kann doch nicht gebrochen werden.“ Das ist einer der bedeutendsten Sätze, die Jesus zum Thema Bibel gesagt hat.
Wenn Jesus sagt, die Schrift könne nicht gebrochen werden, möchte ich nicht in der Haut eines Menschen stecken, der die Bibel willkürlich auslegt. Die Schrift kann nicht gebrochen werden. Natürlich ist es möglich, Jesus als Betrüger oder Irreführer zu bezeichnen. Aber wenn Menschen eine hohe Meinung von Jesus haben, müssen sie seine Lehre zumindest ernst nehmen.
Seine Lehre war, dass Jesus, unser Herr, sich ganz der Schrift des Alten Testaments unterordnet. Das hat auch für mein Verhältnis zur Bibel entscheidende Auswirkungen. Gerade in schwierigen Lebensentscheidungen ist Jesus für mich besonders wichtig gewesen.
Lebensprobleme treten ja nicht an schönen Tagen im Urlaub auf, sondern in kritischen Zeiten. Dann kommen auch Glaubensprobleme, Anfechtungen und Schwierigkeiten, etwa wenn wir leiden oder in Not geraten. Deshalb sind wir froh, dass Jesus vom Teufel in die Versuchung geführt wurde.
Die Geschichte kennen Sie sicher sehr gut. Wir können mal in Matthäus 4 nachlesen. Manche haben sie auch im Kopf und können so der Versuchung folgen. Dabei legte der Teufel Jesus verschiedene Dinge vor. Es waren eigentlich keine bösen Dinge. Doch auch dort, wo der Teufel das Bibelwort verdrehen wollte, kam es auf das genaue Detail an – auf das „Kleingedruckte“.
Ganz ähnlich ist es in der Passionsgeschichte. Wir wissen, dass die Freunde Jesu Probleme hatten. Das geht uns allen so, wenn es ums Leiden geht. Als Jesus sagt, er müsse leiden, sagt Petrus: „Das widerfahre dir nur nicht! Warum sollst du leiden? Du musst das doch verhindern können!“
Wir selbst empfinden es ähnlich, wenn eine Leidensperiode in unserem Leben beginnt. Wir wollen ihr ausweichen. Ich habe einmal in einer Predigt gesagt: Kein Mensch auf dieser Welt wählt von sich aus das Leiden. Es gibt niemanden. Es ist uns allen so unnatürlich. Wir sind alle für Glück und Genuss gebaut.
Die Jünger haben sich dagegen gewehrt. Jesus begründete es immer mit den Worten: „Die Schrift muss erfüllt werden.“ Und sonst gar nichts – es muss geschehen, was geschrieben steht.
Schauen wir uns das mal in Matthäus 26, Verse 52-54, an. Ich verstehe Petrus sehr gut, dass er zum Schwert griff. Manchmal erlebt man in der Kirche schrecklichen Unglauben und Gotteslästerungen. Wenn ich manchmal voller Zorn unser evangelisches Gemeindeblatt in den Papierkorb werfe, könnte ich eine ganze Redaktion davonjagen, so viel wird dort an Gotteslästerung gedruckt. Das schreit doch zum Himmel. Auf dem Kirchendamm möchte ich das alles gar nicht mehr lesen.
Da ist man wieder bei Petrus, der mit dem Schwert Malchus nur eins über die Rübe zieht und denkt: „Das sind doch die Hunde, die machen alles kaputt.“ Doch Jesus sagt: „Nein, die Schrift.“ Du verstehst auch die kritischen Dinge der Schrift anders.
Wenn wir wirklich in der Schrift leben würden, würden wir uns manchmal gar nicht so eifern. Dort steht ganz klar, dass das Böse sich entfalten und ausreifen wird. Wir sollen unseren Weg gehen und das Reich Gottes verkündigen.
Heute leben wir oft in einem Eifer – zum Beispiel: „Bist du für die Atomwaffenversuche oder dagegen? Für Brennsparversenkungen oder dagegen?“ Ich möchte keinen Eifer zeigen. Wir halten uns in der Welt ohnehin an vieles nicht.
Ich will meinem Dienst und meinem Herrn treu sein. In der Bibel finde ich den Weg, auf dem der Herr mir auch einen Auftrag gibt, mit meiner kleinen Kraft zu wirken.
In Matthäus 26, Vers 54, heißt es: „Wie würde dann die Schrift erfüllt, dass es so geschehen muss?“ Wenn die Schrift es sagt, muss es so geschehen.
Die Bedeutung der Schrift im Leben Jesu und der Jünger
Wir müssen jetzt nicht alle Bibelstellen aufschlagen. Ich werde sie nur für denjenigen nennen, der mitschreiben möchte. Er sagt mir, dass es interessant wäre, wenn ich die Stellen auch ein bisschen zusammenfasse, weil er vielleicht mit anderen noch darüber sprechen will.
Ein junger Mann kommt zu Jesus und sagt: „Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?“ Das ist eine schwierige Frage: Was muss man tun, um ein richtiges Leben zu finden? Jesus antwortet: „Was steht in der Schrift?“ Brauchst du nichts anderes, alles ist klar in der Bibel. (Markus 10,25 und folgende Verse) Aber diese Stelle soll nur dem gesagt werden, der sie mitschreiben möchte.
Interessant ist die Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus. Der reiche Mann bittet Jesus, seinen Brüdern zu sagen, dass sie umkehren sollen. Doch Jesus antwortet: „Sie haben die Bibel, die brauchen sie nicht mehr.“ Man braucht also nichts zusätzlich. Natürlich bräuchten wir unsere christlichen Verlage nicht, wenn das so wäre.
Als wir bei „Licht im Osten“ waren, haben wir gesagt: Die Menschen brauchen eigentlich nur die Bibel. Wenn sie noch etwas brauchen, dann eine Konkordanz. In der großen Not in Russland kann man mit der Bibel selig werden. Wenn man nur die Bibel hat, hat man alles, was man braucht.
Es ist natürlich gut, dass wir auch gute Bücher und Biografien haben, die uns oft weiterhelfen. Aber zum Seligwerden genügt das Wort Gottes. An einer anderen Stelle kamen jüdische Fromme zu Jesus, die Sadduzäer, und diskutierten mit ihm eine knifflige Frage zur Auferstehung. Das ist wirklich ein Problem: Wie wird die Auferstehung sein? Da hatte ein Mann nicht nur zwei Frauen, sondern nacheinander mehrere. Wie wird die Paarbildung in der Ewigkeit sein?
Jesus sagt daraufhin: „Ihr kennt die Schrift nicht.“ Ihr meint, ihr seid Schriftgelehrte, aber ihr kennt die Schrift nicht. Man kann die Ewigkeit nur verstehen, wenn man die Schrift kennt. Jesus hat sich in all den schwierigen Fragen immer auf die Schrift zurückgezogen.
Wir wissen, dass Jesus als Zwölfjähriger seine Eltern verlassen hat, um mit den Schriftgelehrten die Schrift zu erörtern. Was sonst? Er diskutierte keine politischen Fragen, sondern die Schrift. Jesus hat von frühester Jugend an versucht, obwohl er der Sohn Gottes war, die Schrift zu kennen und sich ganz im Gehorsam unter die Schrift zu stellen.
Ich verstehe, dass heute viele Angst haben, die Schrift könnte das Leben einengen. Aber Jesus hat die Schrift als die größte Entfaltung seines Dienstes gesehen. Ich verstehe auch, wenn jemand sagt, Jesus sei ein gerissener Betrüger gewesen. Dann hat er für sich keine Bedeutung mehr. Aber wenn jemand Jesus als einen großen Menschen mit einem hohen Ideal achtet, dann muss er anerkennen, dass Jesus eine solche Meinung von der Schrift hatte.
Für Jesus war es an keiner Stelle denkbar, dass die Bibel nicht die verbindliche Autorität seines Lebens ist – wie sollte sie das dann erst für uns sein? Wenn man bedenkt, dass Jesus gesagt hat: „Ich bin dazu gekommen, um für die Wahrheit zu zeugen. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme“ (Johannes 18,37), und: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6), dann kann ich mir nicht vorstellen, wie ein Theologe eine andere Meinung bilden kann.
Ich verstehe, dass jemand sagt: „Ich verstehe manches in der Bibel nicht.“ Da will ich barmherzig sein und mit ihm ringen. Ich muss gestehen, ich verstehe auch manches nicht. Aber die Autorität der Bibel außer Kraft zu setzen oder sie für unverbindlich zu erklären, ist eine heikle Sache.
Wir wollen jetzt nicht über Randfragen sprechen, wie Frisuren oder Hosen. Es geht um die Stellung Jesu zur Schrift und darum, was Jesus brennend wichtig war. Da ist viel für unser Leben verbindlich. Es wäre immer sehr hilfreich, andere Stellen der Bibel zu kennen, etwa Johannes 3,11, Johannes 18,37 und Johannes 14,6.
Eine Stelle, die mir in meinem Leben lange unwichtig erschien, ist die Geschichte mit dem Propheten Jona. Als junger Mensch sagte ich oft: „Ach, es ist nicht so wichtig, ob man an den Jona-Fisch glaubt.“ Ich dachte, ich könnte jungen Leuten helfen, wenn ich solche Dinge als Ärgernis darstelle.
Doch dann bin ich darauf gestoßen, dass Jesus sagt: „Es wird kein Zeichen gegeben als das Zeichen des Propheten Jona.“ Jesus nimmt die Geschichte von Jona so ernst, dass ich kein Recht habe, sie als unwichtig zu bezeichnen.
Man macht manchmal in jugendlicher Torheit solche Fehler. Deshalb möchte ich sagen: Es gibt keinen Spielraum, was in unserem Ermessen liegen würde. Die Bibel ist verbindlich, und wir müssen sie ernst nehmen.
Die Erfüllung der Schrift im Leben Jesu
Es wäre interessant, einmal zu überlegen, wie das Leben Jesu nach der Schrift verlaufen ist. Ich habe das alles aufgeschrieben, kann es heute Abend aber gar nicht vortragen. Vielleicht darf ich es trotzdem tun. Um Sie nicht zu verwirren, mache ich jetzt ganz die Ohren zu und hebe Sie zu. Dann hören wir es.
Es beginnt schon bei der Geburt Jesu, genauer gesagt bei der Ankündigung der Geburt. Dort heißt es immer wieder, dass etwas erfüllt würde. Besonders auffällig ist, dass ausgerechnet Galiläa erwähnt wird. Galiläa kommt im Alten Testament kaum vor, außer bei Jesaja 8 und Jesaja 9. Dort heißt es: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.“ Die Erfüllung dieser Prophezeiung wird dann erwähnt.
Dann kommt Bethlehem ins Spiel. Warum gerade Bethlehem? Weil es mit David zu tun hat. So geht es in einem gewissen Grad weiter. Es gibt auch Ställe, die erwähnt werden. Eine Stelle habe ich bisher nie ernst genommen, nicht einmal in unserem Israelbuch haben wir sie aufgenommen, weil sie fast ein bisschen gekünstelt wirkt. Es ist die Stelle, an der es heißt, Jesus solle Nazarener heißen, „auf dass die Schrift erfüllt würde“. Warum gerade Nazarener? Nazareth wird doch in der Schrift gar nicht erwähnt.
Das hängt mit den hebräischen Buchstaben zusammen, die nur die Konsonanten schreiben, nicht die Vokale. Dort wird auf die drei Buchstaben N-Z-R angespielt: Netzer, Nazri – was bedeutet das? „Der von Nazareth“. Es ist das hebräische Wort für „Spross“, wieder ein Hinweis auf Jesaja 11, die Verheißung des Sprosses. Dort heißt es, es werde ein Zweig aus der Wurzel Isai hervorgehen.
Es ist hochinteressant, dass die Christen in der Urkirche lange Zeit Nazarener genannt wurden. Warum gerade Nazarener? Nazarener hat doch keine direkte Heilsbedeutung. Wenn man sie hätte nennen wollen, hätte man vielleicht Bethlehem oder Kapernaum genannt – oder eben Christen. Das wäre verständlich gewesen.
Offenbar gab es in der Urkirche eine Linie, die darauf hinwies, dass in Jesus die Schrift erfüllt wird. Für uns ist es oft ein bisschen gezwungen, warum gerade Nazareth eine Rolle spielt. Es mag sogar ganze Geheimnisse geben, die wir in der Auslegung nicht ganz verstehen.
Für mich war es ein großer Eindruck, als ich damals bei der Kircheneinweihung in Villa Olongwe nach siebzig Jahren dabei war. Die afrikanischen Prediger sagten, das sei für sie das Schönste. Sie erklärten mir lange, warum für sie die Erfüllung in Jesus von Nazareth eine ungeheuer tröstliche Bedeutung hat. Gerade für die Afrikaner ist das eines der herrlichsten Bilder, während es für uns oft schwieriger zu verstehen ist.
Dann folgt der Kindermord von Bethlehem, eine schreckliche Geschichte. Matthäus sagt dazu, es sei das Schreien Rahels auf den Bergen, so wie es die Schrift sagt. So zieht sich das eigentlich fast durchweg durch die Passionsgeschichte: Wenn die Jünger Jesus verlassen, heißt es, dass die Schrift erfüllt würde.
Wir können immer wieder die Bezüge suchen: Jesus wird unter die Übeltäter gerechnet, „auf dass die Schrift erfüllt würde“. Sein Durst wird erwähnt „auf dass die Schrift erfüllt würde“. Die Kleider der Soldaten werden verteilt, „auf dass die Schrift erfüllt würde“. Besonders im Johannesevangelium ist das bemerkenswert.
Dort zieht sich dieses Motiv fortwährend hindurch, durch das ganze Johannesevangelium. Wir wollen jetzt nicht mehr alle Stellen nennen, weil die Fülle für uns kaum noch zu fassen wäre. Dreimal weist Mose im Johannesevangelium auf Jesus hin. Jesus ist der Erfüller von Mose.
Heute wollen wir nur eines lernen: Die Bibel kann von uns nicht nach Belieben geändert werden. Das ist keine bloße theologische Idee, die wir uns ausgedacht oder eingeredet haben. Es liegt daran, dass wir in der Spur Jesu bleiben wollen. Weil Jesus Herr unseres Lebens ist, wollen wir keine andere Lehre von der Schrift haben. Das war unsere Begründung.
Die Erkenntnis der Evangelisten und die Einheit der Bibel
Und dann ist es wunderbar, wie die Evangelisten sagen: Erst nach der Auferstehung wurde den Evangelisten, den Zeugen, das meiste klar.
Wie die zwei Männer nach Emmaus hinausgehen und der Fremde mit ihnen läuft – musste nicht Christus also mit ihnen gehen? Er öffnete ihnen die Schrift.
So wird es uns auch ergehen, und zwar nicht nur bei den Stellen, die ich erwähnt habe. Es ist ja für uns das Faszinierende, wenn wir das Neue Testament lesen und sagen: Das ist ja genau das, was die Propheten gesagt haben. Immer mehr suchen wir Verweisstellen, und es wird immer interessanter.
Es ist ja so schön im Eidlinger Bibellesezettel, dass dort Brücken geschlagen werden. Wir merken, die Bibel ist eine Einheit, die sich selbst erklärt. Erst durch Jesus bekommen wir Zugang zur Schrift, und von ihm aus können wir alles verstehen.
Nicht nur so ganz bekannte Dinge, wie dass Jesus auf einem Esel nach Jerusalem einzieht und dass das schon im Propheten Sacharja steht, sondern viele, viele Aussagen der Propheten werden dadurch verständlich.
Wenn wir im nächsten März zum ersten Mal mit unserer Reisegruppe nach Jordanien fahren und dann nach Petra gehen, in diese Felsenstadt – wie es bei den Propheten oft beschrieben wird, die dort in Höhlen wohnen –, dann ist das alles wunderbar.
Das sind doch Dinge, über die man sonst einfach hinweggehen würde. Es gibt so eine Fülle von Bezügen, und erst dadurch versteht man die Zusammenhänge und weiß, was da los ist.
Da heißt es einmal in Johannes 2, Vers 22 – die Stelle müssen Sie nicht aufschlagen, ich lese sie Ihnen nur noch mal kurz vor –, dass es erst nach der Auferstehung klar war:
„Als Jesus von den Toten auferstanden war, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte.“
Diese Stelle steht schon in Johannes 2, ganz am Anfang des Johannes-Evangeliums, nach der Tempelreinigung.
Die Lebendigkeit und Kraft des Wortes Gottes
Jetzt geht es uns noch um ein letztes Thema, das natürlich eine Not ist. Das wollen wir immer wieder betonen. Oft ist es so, dass die Bibel für Menschen, die dazukommen, etwas Abstoßendes geworden ist – durch das, was die Christen gemacht haben.
Ich war meinem Lehrer und Freund Walter Lach sehr dankbar, dass er immer sagte: Die Bibel darf nie langweilig sein, wenn man sie liest – nie! Das ist für jeden Hauskreis wichtig, für jede Predigt, für jeden Jugendbibelkreis und für jedes Bibeltraining. Es darf nie langweilig sein, es muss interessant sein.
Wir wollen uns nicht mit falschen Mitteln interessant machen, sondern die Bibel ist eine so aufregende Botschaft. Aber was macht das Bibellesen so aufregend? Nun, es ist ja so, dass der Heilige Geist dieses Wort eingegeben hat. Sie kennen ja diese berühmte Stelle: Alle Schrift ist von Gott eingegeben. Glauben Sie an die Verbalinspiration? Was denn sonst? Sollen die Menschen die Worte etwa aus den Fingernägeln gezogen haben?
Der Heilige Geist hat natürlich diese Menschen geführt. Es kann auch kein Wort einer Predigt segnen, wenn nicht der Heilige Geist einen Prediger führt. Oder wenn jemand einen Trostbrief schreibt, muss der Heilige Geist ihn leiten. Das ist doch ganz klar, ihre Worte taugen sonst nichts.
Ich vertraue sehr darauf, wenn es um die Schrift geht. Vor allem, wenn es um die Abfassung des Neuen Testaments geht. Jesus hat viele Worte gesagt, dass der Heilige Geist kommen werde und seine Jünger lehren werde. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass gerade bei der Abfassung der Evangelien nicht einfach eine Willkür am Werk war – so wie wenn ich mit meiner schrecklichen Handschrift etwas auf einen Notizzettel schreibe. Sondern dass der Heilige Geist Gottes dafür gesorgt hat, dass wir hier etwas zum Leben und zum Sterben haben.
Aber was noch viel wichtiger ist bei der verbalen Inspiration der Bibel, ist mir, dass dieses Wort der Schrift heute lebendig ist. Das haben wir neulich auch wieder besprochen. Erinnern Sie sich an unsere Predigt, dass der Heilige Geist atmet? Wenn Jesus sagt: „Meine Worte sind Geist und Leben“, und wenn Mose sagt: „Ich habe euch vorgelegt, diese Worte sind kein leeres Wort, sondern es ist euer Leben“, dann ist das etwas ganz anderes, als wenn man einfach nur Chemie oder Medizin zu sich nimmt.
Wer dieses Wort im Glauben annimmt, der lebt. Und dann gibt es diese wunderbare Erfahrung: Da leidet jemand auf der Intensivstation, wir rufen ein Wort Gottes zu, und ein Mensch bekommt Frieden.
Ich behaupte immer, dass Sie so scharf auf die Austeilung des Abendmahls am Altar sind – was ich ein bisschen als katholisch empfinde –, aber ich verstehe Sie wegen dem Bibelwort, dem Entlasswort. Wie oft habe ich das gehört! Jetzt hören Sie meinen Konfirmationsspruch wieder: Denn jedes Wort hat so eine wahnsinnige Kraft in unserem Leben.
Wir haben vorhin in der Gebetsgemeinschaft ein Gebet gesprochen, dass heute Abend das Wort wieder so lebendig sei, dass es sich gelohnt hat, dass Sie hergekommen sind. Irgendwo ist doch ein Wort, wo Gottes heiliger Geist redet. Das ist für uns ganz wichtig.
Der Heilige Geist ist doch nicht irgendwo etwas, das an dieses Wort gebunden ist. Es war durch die Jahrhunderte immer die Frage, wo sich falsche Lehre und rechte Lehre trennten. Gott hat seine Worte gegeben, damit wir durch sein Wort finden. Aber er gibt dieses Wort, weil es Leben ist – nicht ein Todeswort.
Es gibt also langweilige Bibelstellen, und Sie kennen das: Wie das Bibelwort so sein kann. Ach, ich war einmal bei jungen Leuten im Stuttgarter Westen. Dort haben die Arbeiter, die früher beim Pelserdruck waren, gesagt: Auf jeder Lohntüte steht ein Bibelwort drauf, und da hat man sich so ärgern können. Die Gründer vom Pelserdruck waren fromme Leute und meinten es gut. Sie verstehen, was ich meine: den Missbrauch des Bibelworts, das einfach nachgeschmissen wird.
Und dann plötzlich merkt man: Jedes Wort ist so voller Kraft! Da laufen einem die Tränen runter, man bekommt plötzlich wieder Mut und sagt: Das ist alles nicht mehr wichtig, was mich vorher bewegt hat. Das Wort ist Leben. „Meine Worte sind Geist und Leben.“ Darum hat uns Jesus dieses Wort gegeben.
Paulus spricht im ersten Timotheusbrief von den heilsamen Worten. Wer nicht in diesen heilsamen Worten bleibt, was ist der? Der ist aufgeblasen wie ein Luftballon, piekst ein bisschen, dann platzt alles – nichts mehr drin. Das kann auch schnell ganz mächtig scheinen, ist aber nichts. Sie verleugnen seine Kraft, und sie leben es nicht. Sie reden groß, aber sie leben nicht die Kraft des Wortes Gottes.
„Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen“, sagt Jesus. Über das Bibelwort möchte ich weiter gar nicht mehr streiten. Man muss es manchmal, aber es ist einfach immer nutzlos. Da spotten die anderen, lästern. Man kann sich mal sagen: Nimm und lies! Und dann ist es toll, was da passiert.
Also, da müssen Sie mal reinschauen, zum Beispiel morgen Abend, wenn Sie die jungen Burschen sehen. Manche denken, das kann gar nicht sein, dass das Christen sind, und sie lesen die Bibel. Dann sitzen sie da, und wir reden über die Bibel. Das Wort Gottes ist es doch – nicht unser Gesicht und unsere Art, sondern das Wort Gottes ist es.
Schlussgedanken: Das Wort Jesu neu entdecken
Wenn man das so betrachtet, war der heutige Abend im Grunde genommen nur eine technische Angelegenheit: etwas zu sehen und zu sagen, dass das Wort Jesu für mich eine besondere Bedeutung hat und dass ich es ganz neu entdecken möchte.
Es mag Stellen geben, die ich nicht verstehe – wer weiß, vielleicht irgendwo bei meinem Propheten. Lassen Sie es liegen und nehmen Sie das, was Sie verstehen, das Leben darin und die Kraft. Das war das Allerwichtigste.
Wenn Sie künftig bei allen Evangelien darauf achten, werden Sie feststellen, dass Jesus niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet, sich nicht felsenfest auf das Wort der Schrift zu verlassen. Jesus wollte alles nur mit der Schrift in Einklang bringen. Von diesem Punkt sind wir ausgegangen.
Heute Abend ging es uns nicht darum, jemanden zu verletzen, anzugreifen oder zu verurteilen. Es ging eigentlich nur um uns selbst: ob wir merken und sagen, dass uns noch etwas fehlt. Ich möchte vielmehr das Wort noch intensiver lesen, um mich zu vervollkommnen, die ganze Freude zu erleben und in den Reichtum hineinzuwachsen, den mir Jesus mit der Schrift gibt – im Alten und im Neuen Testament.