
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Für viele ist Weihnachten vor allem ein Fest der Familie, der Freunde und der Liebe. Anderen ist es wichtig, dabei auch ganz bewusst die Geburt Jesu zu feiern. Sie feiern, dass Gottes Sohn auf diese Erde gekommen ist. Doch was genau bedeutet es, dass Jesus der Sohn Gottes ist?
Diese Frage ist nicht erst heute entstanden, sondern beschäftigte die Menschen bereits zur Zeit Jesu. Im Judentum und unter den Griechen gab es ganz unterschiedliche Vorstellungen dazu. Deshalb hat der Evangelist Johannes ganz klar dargelegt, was darunter zu verstehen ist und was Weihnachten im Kern ausmacht.
Im Advent denken wir an die Tatsache, dass Jesus Mensch geworden ist.
Jörg, welche Bedeutung siehst du im Weihnachtsfest?
Weihnachten ist das zweitwichtigste Fest der Christenheit. Ostern mit der Kreuzigung am Karfreitag und der Auferstehung am Ostersonntag ist das entscheidende Fest. Insofern würde ich diese Akzentverschiebung heutzutage in der Gesellschaft, wo Weihnachten als das wichtigste Fest gilt, ein wenig kritisch sehen. Theologisch betrachtet ist das nicht ganz richtig.
Aber Weihnachten ist natürlich das zweitwichtigste Fest. Was ich interessant finde, ist, dass, wenn man Weihnachten nicht nur sentimental feiert und einfach nur ein bisschen Gefühle haben will, sich doch einige Fragen lösen, wenn man darüber nachdenkt, was Weihnachten eigentlich bedeutet. Diese Fragen sind auch solche, die ein vernünftiger Mensch an das Christentum hat. Das finde ich ganz spannend.
Und welche Fragen wären das? Zum Beispiel: Wie kann ein einzelner Mensch, der von den Römern hingerichtet wurde, die Sünde der ganzen Welt tragen und wegnehmen? Das ist eine Frage, die man sich stellt. Eine andere Frage lautet: Wie kann Jesus körperlich auferstehen und dann ewig körperlich weiterleben? Es gibt viele Theorien zum leeren Grab, etwa Diebstahl oder Scheintod, aber dass er selbst wieder lebendig wird, aufersteht und in den Himmel auffährt, das erschließt sich vielen nicht.
Eine weitere Frage betrifft die Jungfrauengeburt. Wir kennen sonst keinen Fall, wo das so war. Das stimmt. Heilung ist okay, es gibt Wunderheiler, aber über Wasser laufen, Brot für zwanzigtausend Menschen machen oder Totenauferweckung – das sind viele Fragen, die sich mit dem Verstand schwer erschließen.
Aber ich denke, wenn man für sich klar macht, was Weihnachten eigentlich wirklich ist, dann lösen sich diese Fragen.
Und was wäre denn nach deiner Meinung jetzt die eigentliche Frage, die zu Weihnachten gehört?
Die Weihnachtsbotschaft lautet ja, dass Gott Mensch wurde. Wenn Gott also Mensch wurde, sind die Fragen, die ich eben aufgebracht habe, ganz einfach zu klären. Denn Gott kann, wenn er hingerichtet wird, die Sünde der ganzen Welt tragen. Ein Mensch könnte das nicht.
Richtig. Gott kann auch körperlich auferstehen. Im Gegenteil, da stellt sich die Frage: Wie kann Gott denn sterben? John Wesley hat das mal so formuliert: Welch großes Geheimnis, der Unsterbliche stirbt. Das ist ja das eigentliche Geheimnis.
Wenn Weihnachten wirklich wahr ist, wenn Gott wirklich Mensch wurde, dann ist die Auferstehung kein Problem. Die Jungfrauengeburt ist es dann auch nicht. Es war ja Gott, genauso wie die Wunder.
Letztlich geht es bei diesen Fragen um Glaubenssache. Wenn du bei Fragen zu Ostern, zur Auferstehung oder anderen Dingen Probleme hast, dann glaubst du eigentlich nicht, dass Gott wirklich Mensch geworden ist. Denn sonst wären diese Fragen für dich gelöst.
Eine ganz entscheidende Frage ist also: Wer ist Jesus letztendlich für mich? Die Antwort, wie wir es eingangs gesagt haben, gibt Johannes: Er ist der Sohn Gottes.
Heute sagen viele Menschen, Jesus sei der Sohn Gottes, doch sie verstehen darunter oft Verschiedenes. Was meint die Bibel aber vor allem, wenn sie vom Sohn Gottes spricht?
Damals gab es ebenfalls unterschiedliche Ansichten darüber, was der Sohn Gottes sei. Die Juden betrachteten den Sohn Gottes als einen Menschen, als Messias – denjenigen, der kommen wird, aber nicht als Gott selbst. Bei den Griechen war die Situation noch komplizierter. Dort gab es unzählige Göttersöhne, die als Verbindungen zwischen Göttern und Menschen galten. Diese hatten zwar besondere Fähigkeiten, waren aber letztlich keine Götter oder Gott.
In diesem Umfeld schreibt Johannes und definiert deshalb ganz klar, was er unter dem Sohn Gottes versteht. Das fand ich sehr spannend, besonders im Johannesevangelium. Übrigens beziehe ich mich dabei auf das Buch „Gott erkennen“ von James E. Packer. Das ist ein Klassiker, den man gelesen haben sollte. Dort gibt es ein Kapitel mit dem Titel „Gott wurde Fleisch, Gott wurde Mensch“ – eine modernere Übersetzung.
Packer, der Engländer ist, erklärt, dass in der Kirche von England, also in der anglikanischen Kirche, das Johannesevangelium jedes Jahr zu Weihnachten gelesen wird. Ich habe das nicht extra noch einmal überprüft, aber zu seiner Zeit war das definitiv so. Dort wird ganz klar definiert, wer Gott eigentlich ist.
Wie gesagt, aufgrund der verschiedenen Ansichten damals – und genauso heute – versteht der eine unter dem Sohn Gottes nur einen besonderen Menschen, mehr nicht. Für den anderen ist es Gott, der Sohn. Das ist ein enormer Unterschied.
Im Johannesevangelium macht Johannes sehr deutlich, was er damit ausdrücken will. Er definiert es so bewusst, dass es keine Ausweichmöglichkeiten gibt – weder nach links noch nach rechts.
Und wie ist seine Definition jetzt? Nun, das kann man ja mal lesen. Da steht: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott.“ Er beginnt also zunächst nicht mit dem Sohn Gottes, das kommt später.
Aber ich darf schon mal verraten: In Vers 14 heißt es, das Wort wurde Fleisch, also Mensch, und wohnte unter uns. Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Oder in Vers 18: „Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat Aufschluss über ihn gegeben.“
Er spricht hier also über den Sohn, der Mensch wurde, sprich: Er redet über Christus. Jetzt fängt er aber nicht damit an, dass er sagt, er ist der Sohn Gottes. Da könnte man sich ja alles Mögliche vorstellen. Stattdessen sagt er erst mal: „Im Anfang war das Wort.“ Und das Wort war das Wort der Schöpfung, durch das alles in Existenz kam, weil es gesprochen wurde.
Er sagt, dass das Wort schon im Anfang war, also vor dem Geschaffenen, ewig kann man sagen. Als alles andere entstand, war das Wort schon da. Jesus war also schon da, denn er kommt später vom Wort zum Sohn, und das ist Jesus.
Das ist die erste Feststellung: Von Ewigkeit her ist das Wort.
Nun könnte man natürlich sagen: „Na ja, das Wort ist halt etwas, was Gott gesprochen hat, eine Kraft.“ Aber als Nächstes sagt er: „Und das Wort war bei Gott.“ Das muss eine Person sein, denn ansonsten würde das Wort ja etwas ausführen, das von Gott kommt. „Bei Gott“ ist ein persönliches Wesen, das in einer engen partnerschaftlichen Beziehung zu Gott steht.
Er sagt also: Am Anfang gab es das Wort, von Ewigkeit her, das war eine Person. Drittens: „Das Wort war Gott“, also nicht unterschieden, sondern es ist bei Gott und ist Gott. Damit zeigen wir das, was wir als Christen die Dreieinigkeit nennen. Es ist ein Gott, aber Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Das definiert er: Es ist ewig, es ist eine Person, die bei Gott ist, und es ist Gott. Dies war am Anfang bei Gott, so der erste kleine Zyklus. Dabei beschreibt er sehr deutlich, wer der Herr Jesus ist. Das Wesen des Herrn Jesus wird beschrieben als Gott, der Sohn, die zweite Person der Gottheit, im Grunde genommen genauso ewig wie der Vater, aber nicht der Vater selbst. Es wird also wirklich unterschieden.
Sagt der Johannes dann auch etwas über die Eigenschaften des Herrn Jesus? Ja, das tut er fortlaufend ab Vers drei. Dort heißt es: „Alles ist durch dasselbe entstanden, und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist.“ Das klingt jetzt zunächst sehr kompliziert. Im Griechischen klingt es allerdings besser. Johannes benutzt nur etwa 700 Vokabeln für sein Evangelium – sehr einfach, sehr schlicht, aber zugleich sehr tiefsinnig. Das ist also sehr interessant.
Jesus, das Wort, ist der Schöpfer und hat alles erschaffen. Das bestätigen uns auch andere Stellen, dass Christus die Welt erschaffen hat. Gott der Vater gab den Befehl und den Plan, und Gott der Sohn führte diesen aus. Das ist die ewige Arbeitsteilung in der Gottheit, könnte man sagen. Der Heilige Geist verbindet dann beides und weist auf Christus hin.
Im Kolosserbrief steht zum Beispiel auch, dass Christus momentan die Erde erhält. Das sind seine Aufgaben. Praktisch gesehen sagt Johannes: Dieses kleine Kind, das in der Krippe in Bethlehem geboren wurde, ist der Gott, der einst diese Erde erschaffen hat. Das zeigt eine Eigenschaft seiner Schöpferkraft.
Im Vers vier heißt es weiter: „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Er ist also das Leben selbst. Er sagt ja, er selbst ist es. Wir haben nur Leben empfangen, aber er ist die Quelle des Lebens. Man könnte es auch so sagen: Er ist kein Geschöpf, das geschaffen wurde, sondern er hat Leben aus sich selbst. Das Wort, die zweite Person der Gottheit, besitzt dieses Leben aus sich selbst.
Das Leben war das Licht der Menschen. Das zeigt seinen Offenbarungscharakter, denn er offenbart uns, wie Gott ist. Das können wir an ihm sehen. Er ist das Abbild Gottes, so steht es auch im Hebräerbrief. Er weist uns auf Gott hin. In der Welt können wir schon vieles sehen, aber mit Christus können wir wirklich erkennen, wer Gott ist.
Also fassen wir zusammen: Das Wort ist ewig, es ist eine Person, das Wort ist Gott, es hat alles erschaffen. In ihm ist selbst Leben, und es offenbart uns, wer Gott ist.
Und da sind wir jetzt: Das ist kein Göttersohn mehr, der irgendwelche Kräfte bekommen hat. Es ist auch nicht nur ein menschlicher Messias, der uns erlöst. Sondern es ist wirklich der Schöpfer dieser Erde, der auf diese Erde kommt – das sehen wir ja. Der Mensch wird. Das ist ja das Geheimnis von Weihnachten.
Weihnachten bedeutet nicht nur, dass da irgendein Mensch war, der später etwas Besonderes gemacht hat. Es ist nicht so, dass man später erdichtet hat, er sei Gott. Sondern Johannes sagt ganz klar: Das ist Gott, der auf die Erde gekommen ist. Das haben sie sich nicht einfach ausgedacht. Zwar wurden noch ein paar Mythen drum herum gemacht, aber daran kommt man nicht vorbei.
Entweder er lügt, wenn er sagt, Gott wurde Mensch – also so ein Zwischending mit „Ach, wir machen mal eine Erzählung, die zweideutig ist, und die einen glauben daran, die anderen nicht“ – oder er meint es wirklich so. Da kommt man nicht raus.
Das ist eine ganz klassische Definition mit mehreren Punkten, die er abarbeitet, um ganz klarzumachen: „Ich sage jetzt, was ich meine, und ich meine es auch so.“ Ja, und Jesus war wirklich hier.
Als Jesus auf dieser Erde war, als Kind geboren wurde, war er nicht mehr im Himmel. Also da hat er gefehlt. Er war allgegenwärtig – das war eine schöne Diskussion, da kommen wir nachher noch drauf, eventuell, mal schauen. Aber nur ganz kurz angedeutet: Er ist natürlich Mensch, und als Mensch ist er an einem Ort festgelegt.
Er spricht mit dem Vater von der Erde aus. Trotzdem ist er natürlich allgegenwärtig. Das wird jetzt ein bisschen schwierig. Aber er hat seine Eigenschaften teilweise abgegeben. Das kommt nachher noch. Da diskutieren wir doch drüber.
Ich bin mal gespannt, was du dazu sagst. Ich denke, dass du eine etwas andere Meinung hast als ich, was das angeht. Das ist doch spannend. Da bin ich mir sogar relativ sicher.
Bleiben wir hier vielleicht noch beim Johannistext, weil das, was du angesprochen hast mit den Eigenschaften, zum Philippatext gehört, den wir auch anschauen. Dieser ist für Weihnachten besonders wichtig.
In Vers 14 steht ganz klar: Das Wort wurde Fleisch. Dieses Wort, das von Ewigkeit her ist und durch das alles geschaffen wurde, wurde Fleisch, also Mensch. Und er wohnte unter uns. Das hat er ganz normal gemacht; er lebte einfach da. Er wurde nebenbei Handwerker, was ich letztendlich sehr faszinierend finde. Er war kein Akademiker, sondern König und gleichzeitig Handwerker. Damit adelt er diesen Beruf sehr.
Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Er zeigte uns die Gnade, die er uns zuteilt, die Liebe und die Wahrheit – immer beides. Das ist schwierig, denn meistens neigen Menschen dazu, nur eine Seite zu betonen. Aber da er vollkommen war, vereinte er beides.
Niemand hat Gott je gesehen, Gott den Vater, aber der eingeborene Sohn, also der einzige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, hat Aufschluss über ihn gegeben, weil er ja Gott ist. Wenn du das glaubst, so wie er es hier sagt, lösen sich viele Fragen, die man oft hat.
Das ist jetzt die Szene in der Krippe: In Bethlehem ist Gott geboren worden. Dass Gott wirklich Mensch wurde, ist natürlich ein Geheimnis.
Ich habe hier auch bei James Packer das Glaubensbekenntnis des Athanasius zitiert, allerdings nur in Auszügen. Dabei wird versucht, das Geheimnis von Gott und Mensch ein wenig zusammenzubringen.
Unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist sowohl Gott als auch Mensch – vollendet Gott und vollendet Mensch. Obwohl er Gott und Mensch ist, ist er nicht zwei, sondern ein Christus. Dieses Einssein entsteht nicht durch die Verwandlung Gottes in einen Menschen, sondern durch die Einverleibung der menschlichen Natur in seine Gottheit.
Das klingt kompliziert, und das ist es auch. Dieses Geheimnis ist nicht immer vollständig zu erfassen, da es unser Denkvermögen übersteigt. Was ich daraus mitnehme, ist auf jeden Fall, dass Gott Mensch geworden ist. Das hat Johannes klar bezeugt, und das hast du jetzt auch deutlich gezeigt.
Die Frage lautet natürlich: Warum ist Gott Mensch geworden? Oft meinen wir, wir hätten ganz schnell eine Antwort parat. Doch gerade diese Warum-Fragen sind sehr wichtig, um bestimmte Dinge noch einmal bewusst zu reflektieren.
Das ist eine spannende Frage: Kam Jesus nur, um die Schöpfung zu vollenden? Um zu zeigen, wie der perfekte Mensch aussieht? Oder um uns die Liebe Gottes zu demonstrieren, wie es heute manchmal behauptet wird? Oder steckt dahinter ein größerer Zweck?
Im ersten Fall würde man sagen, es war ein Naturwunder: Seine Mutter empfing ihn vom Heiligen Geist als Jungfrau, also ohne Geschlechtsverkehr. Doch wenn er aus einem anderen Grund auf die Erde kam – nämlich um für unsere Sünden zu sterben – dann ist das Gnade. Das ist dann noch viel größer.
Die Weihnachtsbotschaft, dass Gott Mensch wird, kann man eigentlich nie ohne die Osterbotschaft sehen. Bethlehem ist nicht der Mittelpunkt des Christentums, sondern Golgatha, der Ort seines Todes. Deshalb ist das Weihnachtsfest auch nicht das höchste Fest. Jesus kam nicht nur, um Mensch zu werden, sondern vor allem, um für uns zu sterben.
In Markus 10, Vers 45 steht zum Beispiel: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“
Das Ziel war also ganz klar: Er ist nicht gekommen, um bedient zu werden. Als Gott hätte er ja mächtig auftreten können, zum Beispiel in einem Königspalast, gleich als Dreißigjähriger, ohne Kindheit, und dennoch irgendwie menschlich. Er hätte sich bedienen lassen können, und alle hätten vor ihm niederknien müssen.
Bei seinem zweiten Kommen wird es so sein, dass er als König kommen wird. Aber bei seinem ersten Kommen kam er, um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben. Das sagt er selbst, das ist seine eigene Definition.
Im Johannes-Evangelium wird es ähnlich ausgedrückt. Dort heißt es: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt“ (Johannes 3,16), „dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“
Es geht also darum, uns ewiges Leben zu ermöglichen und die Menschheit oder den einzelnen Menschen wieder mit Gott zu versöhnen. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde.
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet. Jesus wird also noch einmal zum Gericht wiederkommen, das zweite Mal.
Das erste Mal, sein Kommen, das wir an Weihnachten feiern, kam er, um uns zu retten. Das war der Zweck, das große Warum.
Jesus kommt als Gott auf diese Erde, um uns zu retten – zusammengefasst in Johannes 3,16. Das ist die Weihnachtsbotschaft.
An Weihnachten darf man ruhig einmal das Leben genießen. Wer würde das nicht sagen? Timothy Keller – wer ist das? Er spricht oft davon, das Leben zu genießen. Oder John Piper, der vom christlichen Hedonismus spricht – also vom Genießen, um den Begriff einmal zu verwenden.
Diese Vorstellung ist wirklich beeindruckend: Jesus wurde von Millionen, ja Milliarden Engeln im Himmel angebetet. Er hatte die Macht, die Ehre und die Autorität auf dem Thron. Und dann kommt er auf diese Erde. Ein Kind wird verfolgt, verachtet und verspottet. Die Menschen neben ihm nehmen ihn nicht ernst. Trotzdem nimmt er all das auf sich – nicht einfach nur für einen Ausflug, sondern wegen dir und mir, damit wir erlöst werden. Nicht einfach nur, um etwas zu demonstrieren, sondern er kam wirklich zur Erlösung.
Es gibt ja den Text, den du eben schon angesprochen hast, den Philippa-Text, den Paulus zitiert. Er sagt: Wir sollen so gesinnt sein, wie Christus auch war. Jesus, der, als er die Gestalt Gottes hatte, es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein, obwohl er Gott war. Stattdessen entäußerte er sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen. In seiner äußeren Erscheinung als Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod – ja, bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht und ihm einen Namen verliehen, der über alle Namen ist. Halleluja! In dem Namen Jesus sollen sich alle Knie beugen – die im Himmel, auf Erden und unter der Erde – und alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters (Philipper 2,5-11).
Also: Er war in der Gestalt Gottes. Das bedeutet nicht, dass er nur eine äußere Gestalt hatte. Denn er war auch in der Gestalt eines Knechtes. Es ist klar: Er war Mensch, Knecht. Er war Gott und Mensch zugleich. Und er wurde nun Mensch, wie die Menschen, in seiner äußeren Erscheinung als Mensch erfunden, weil er innerlich auch Gott war.
Deswegen denke ich, dass das ein bisschen meine kleine Privattheologie ist, so ausgedrückt. Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod – bis zum Tod am Kreuz. Dabei entäußerte er sich.
Und jetzt ist natürlich die spannende theologische Frage: Was bedeutet diese Entäußerung?
Ich würde sagen, Jesus war ganz Mensch und ganz Gott zugleich. Ja, ich glaube, er hat sein Gottsein aufgegeben. Natürlich ist er in dieser Zeit Gott geblieben, aber er hat Eigenschaften abgegeben, die er als Gott gehabt hätte.
Ich wusste, dass wir da unterschiedlicher Meinung sein würden. Es gibt bei wiedergeborenen Christen zwei große Linien, um das einzugrenzen, sonst gibt es alle möglichen Theorien. Die eine besagt, dass er nur seine Ehre und Herrlichkeit verlassen hat, aber noch ganz Gott ist – mit Allwissenheit, Allgegenwart und Allmacht. Die andere besagt, dass er bestimmte Dinge abgegeben hat. Ich schaue jetzt, ob du das wirklich so formulieren würdest.
Doch, ich würde es so sagen. Zum Beispiel der Punkt, dass er sterben konnte. Als Gott könnte er normalerweise nicht sterben. Das zeigt für mich, dass er wirklich Mensch gewesen ist. Er hat sich an diesen Brunnen gesetzt in Johannes 4, das heißt, er war auch erschöpft. Gott kann nicht erschöpft sein.
Oder dass er sagt, niemand weiß von der Stunde, wann Gott der Welt ein Ende setzt. Das zeigt, dass er bewusst Dinge abgegeben hat, als er sich entäußerte. Vielleicht sind wir da unterschiedlicher Meinung, aber das ist meine Ansicht.
Du hast schon gesagt, dass wir unterschiedlicher Meinung sind, weil das mit dem Abgeben noch näher erläutert werden müsste. Aber wir sehen jetzt ein bisschen Theologie, warum das so sein könnte. Es ist nicht schlecht, dieses Geheimnis noch näher zu durchdenken. Am Ende preisen wir Gott nur umso mehr dafür, auch wenn wir nicht alles lösen können und es in Details schwierig wird.
Ich würde sagen, er ist nicht Gott minus x, sondern Gott plus x – nämlich Gott plus Mensch. Wenn ich sage, er hat nur seine Ehre und Herrlichkeit verlassen, aber seine göttlichen Eigenschaften sind geblieben, habe ich natürlich ein Problem.
Warum sagt er zum Beispiel, niemand weiß von der Stunde, wann er wiederkommt? Das heißt, er hatte kein Allwissen. Oder wenn er sagt, „Wer hat mich berührt?“ – da kannst du sagen, das war eine Floskel, oder du kannst sagen, er wusste es wirklich nicht, was ich auch voraussetzen würde, was gegen meine Theorie sprechen würde.
Es gibt Stellen, die zeigen, dass er eindeutig menschlich war: Er hatte Schlafbedürfnis, Durst und konnte sterben – das kann Gott nicht. Dann hat er manchmal scheinbar kein Allwissen, er benutzt seine Macht nicht eindeutig, und er ist auch nicht allgegenwärtig, weil er als Mensch an einem bestimmten Ort ist. Vielleicht ist Allgegenwart hier ein schwieriger Punkt.
Auf jeden Fall hat er sein Allwissen oder seine Allmacht nicht zu jedem Zeitpunkt voll ausgeübt. Das sehe ich genauso.
Die Frage ist jetzt, warum? Hat er das abgegeben, weil er Mensch geworden ist und es nicht mehr konnte? Oder – und dazu tendiere ich eher – ist er Gott der Sohn, der immer nur das getan hat, was im Willen des Vaters war? Der Wille des Vaters war, dass er auf der Erde zum Beispiel nicht wusste, wann er wiederkommt.
Ich denke, jetzt im Himmel weiß er es nach der Himmelfahrt, würde ich behaupten. Das würde bedeuten, dass er hier auf der Erde wirklich Mensch war und es wirklich nicht wusste.
Das ist nur eine Feinheit, und ich glaube, die Hörer merken das: Das sind nur Nuancen. Er hat bestimmte Sachen abgegeben, aber nicht, weil er Mensch war und deswegen als Gott nicht handeln konnte, sondern weil er auch im Himmel immer dem Willen des Vaters gefolgt ist. Und der Wille des Vaters war hier, dass er nicht alle seine Macht ausübt und nicht alles weiß.
Im Himmel ist er ja immer noch Mensch. Er sitzt als Mensch auf dem Thron im Himmel nach der Himmelfahrt. Trotzdem hat er dort alle göttlichen Eigenschaften – Allwissenheit, Allgegenwart, Allmacht. Das Menschsein schließt es nicht aus, dass er gleichzeitig alle göttlichen Eigenschaften hat. Auf der Erde wurden sie nur verdeckt. Da sind wir uns einig.
Das ist genau das Thema: Ob man Jesus als Mensch im Himmel bezeichnen würde. Da würde ich sagen, er ist Gott. Johannes, der Jünger, sieht ihn in einer Offenbarung und fällt um wie ein Toter. Das zeigt eine ganz andere Dimension, in der er seine göttlichen Eigenschaften wieder voll entfaltet.
Ich würde auch sagen, dass Jesus jetzt weiß, wann er wiederkommt, also dass er voll ausgestattet mit göttlichen Eigenschaften ist. Wobei ich die Stelle dafür nicht direkt hätte, ehrlich gesagt. Ich nehme das nur an.
Bei welcher Stelle? Dass er es jetzt sofort weiß?
Nein, das leite ich ab daraus, dass er Gott ist. Ich würde es auch daraus ableiten, dass ihm das Gericht übergeben ist und er der Richter sein wird. Das kann er nur, wenn er Gott ist. Also logisch: Er ist nicht nur Mensch, sondern ganz Gott.
Jetzt merkt der geneigte Hörer natürlich, dass das eine Diskussion ist, die man lange führen könnte. Sie lenkt aber ein bisschen von der Hauptsache ab.
Das habe ich auch mal gedacht, zum Beispiel bei einer Predigt von dir. Da ging es darum: Hat Jesus bei der Versuchung in Matthäus 4 gesündigt? Die eindeutige Antwort von dir war Nein. Da sind wir uns einig.
Konnte er sündigen? Ich erinnere mich, dass du gesagt hast, als Mensch hätte er sündigen können. Ich hätte nein gesagt, weil er ja auch Gott ist. Er hat beide Naturen in sich, und die göttliche Natur hätte es auf jeden Fall verhindert. Er hätte nicht sündigen können.
Interessanterweise stellt die Bibel diese Frage gar nicht. Die stellen nur wir. Die Bibel sagt: Er hat nicht gesündigt, Punkt. Und er wurde versucht wie wir.
Wir versuchen dann noch tiefer zu verstehen, und ich glaube, hier müssen wir anerkennen, dass wir an eine Grenze stoßen. Kein Mensch kann wirklich verstehen, wie Mensch und Gott in einer Person zusammen sein können. Trotzdem ist es wahr.
Er hatte Not, Einsamkeit, wurde schlecht behandelt, erlebte Bosheit und Missverständnis – das kann er nur als Mensch erfahren haben. Das Entscheidende ist aber: Er hat sich entäußert, um unseres Willens, um uns zu erlösen.
Ich glaube, von all diesen theologischen Debatten darf man nicht wegkommen von dem, was im 2. Korinther 8,9 steht:
„Denn ihr kennt ja die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, obwohl er reich war, um eueretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“
Er hatte all die Herrlichkeit im Himmel und alle Eigenschaften, hat aber zumindest seine Herrlichkeit und Ehre abgegeben – mindestens. Nach deiner Theorie sogar noch mehr. Auf jeden Fall hat er seine Macht verhüllt. Er war ja nicht in seiner vollen Herrlichkeit zu sehen, nur ein bisschen am Berg der Verklärung. In der Offenbarung sehen wir ihn dann wieder in seiner vollen Herrlichkeit.
Diese Herrlichkeit war schon teilweise verdeckt. Da war eine gewisse Zurückhaltung. Aber alles in allem hat er unglaublichen Reichtum aufgegeben und ist auf diese erbärmliche Erde gekommen – von der Sünde her ein Müllhaufen in Gottes Augen.
Er musste auch unglaublich darunter leiden, diese Sünde zu sehen. Er hat ja nie gesündigt, und das hat er gemacht, damit wir reich werden. Das ist die Weihnachtsbotschaft.
Jedes Mal, wenn man ein Weihnachtslied hört, wie „Macht hoch die Tür“, kann man sagen: Ja, du machst mich reich, du gibst mir Erlösung. Du bist Mensch geworden, einer wie ich. Du bist versucht worden, du betest jetzt für uns.
Johannes 3,16 fasst das so schön zusammen:
„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“
Das ist die Weihnachtsbotschaft.
Ich glaube, das können wir den Hörern mitgeben, damit sie noch einmal wirklich über Johannes 3,16 nachdenken – auch wenn sie den Vers schon kennen. Es lohnt sich, genau zu schauen, was das für einen selbst bedeutet.
Das war auch unsere Motivation, diesen Podcast zu machen, für die evangelische Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, dass ihr diesen Impuls mitnehmen könnt. Wenn ihr noch Fragen habt oder über Themen sprechen wollt, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und Gottes Reichtum, dadurch dass Christus für dich arm wurde.