Einführung und persönliche Vorrede
Herr Präsident, liebe Freunde!
Bei uns in Deutschland gehört zu einer rechten Rede eine lange Vorrede.
Vorrede Teil I
Als gebürtiger Schwarzwälder ist es mir eine große Ehre, hier in der Hauptstadt des Schwarzwaldes sein zu können.
Vorrede Teil II
Es ist mir eine besondere Ehre, als ehemaliger Adjutant oder Hilfsbremser bei Bischof Martin Haug hier in seinem Freudenstadt zu sein. Martin Haug war jemand, der für unsere ganze Kirche, besonders auch im Ruhestand, wieder Linien in der Bibel aufgezeigt hat.
Wenn ihr bereits Epheser 1 gelesen habt, wisst ihr, dass Gott uns mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christus gesegnet hat. Dann erkennt man, was wirklich wichtig ist. In ihm hat er uns erwählt – das konnte Martin Haug schon sprachlich sehr deutlich machen. Und...
Die Bedeutung von Jesus Christus für die Christenheit
Martin Haug rief beim Kirchentag 1952 in Stuttgart in das Dunkel der Tausenden von Menschen auf dem Platz des Neuen Schlosses hinein: Die Christenheit hat nur dann Zukunft, wenn sie Jesus Christus wieder ganz ernst nimmt. Nicht das, was wir tun, sondern was er tut.
Denn dieser Jesus Christus war weit mehr als ein Bergprediger. Er war weit mehr als ein Mahner zur Moral und schon gar kein Moralverminderer, wie sie heute in der Christenheit immer wieder zu finden sind, um das Einstiegstor zum Glauben möglichst weit und niedrig zu machen.
Sondern in Jesus ist die große Gottesstunde angebrochen über unserer dahingegebenen Welt, sodass unsere Weltgeschichte wieder ein Ziel haben kann, eine Hoffnung. Haugelle gesagt: Die Dinge sind vom Kopf endlich wieder auf die Füße gestellt worden.
Alles, was wir über Gott und Welt denken, ist wieder auf den festen Grund Gottes gestellt worden – unsere kopflos dahineilende Welt. Kopflos wie ein Huhn, dem der Kopf abgeschlagen wurde.
Auch in der Kirche hat Gott in dem lebendigen Christus ein Haupt gegeben, eine Zentrale, bei der die Stränge zusammenlaufen können.
Die Auferstehung Jesu als zentrales Ereignis
Als Gott diesen Jesus von den Toten auferweckt hat, hat er uns, den totverfallenen Menschen – jeder von uns wird ja einmal todsicher sterben, wie wir so makaber sagen – eine neue Hoffnung gegeben.
Gott hat klargemacht: Auf einen kann ich nicht verzichten, auf einen sollt ihr nicht verzichten müssen. Wenn es einen gibt, der wichtiger ist als Goethe, Schiller, Michelangelo und Sauerbruch, dann ist es dieser Jesus.
Er wurde erhöht – in den Ostkirchen sieht man das deutlich. Sogar dort, wo ostkirchlicher Einfluss herrscht, etwa in Florenz und Pisa, erkennt man in den Kirchen über dem Bild des gekreuzigten Jesus den thronenden Christus mit der Inschrift: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Das ist christliche Gewissheit, und genau davon ist in diesem Kapitel, 1. Korinther 15, die Rede. Deshalb trägt es die Überschrift „Weltenwende“.
Eine trostlos dahintaumelnde Welt kann wieder Hoffnung haben und Halt finden – in Jesus.
Sehen wir zum Schluss auf den letzten Vers von 1. Korinther 15: „Seid fest, unbeweglich, nehmt immerzu im Werk des Herrn teil, weil ihr wisst, dass eure Arbeit im Herrn nicht vergeblich ist.“ Nicht weil ihr besonders tüchtig seid oder viel Erfahrung habt, sondern weil eure Arbeit nicht umsonst ist, wenn sie im Herrn getan wird.
Unsere Bemühungen – die der Eltern, der Erzieherinnen, der Pädagogen, der Ärzte – können vergeblich sein. Aber wenn der Herr Jesus eingreift, hat alles Sinn, dann ist es nicht umsonst.
All das strahlt in diesem zentralen, großen Kapitel 1. Korinther 15 auf. Darauf wollen wir in diesen Tagen ein wenig lauschen.
Die Faszination des Christseins und die Bedeutung der Bibel
Es wäre mir wichtig, dass Sie merken: Mir ist selbst das Herz neu aufgegangen. Das Faszinierende am Christsein ist, dass man 96 Jahre alt werden kann und erst dann merkt, dass man immer noch an der Oberfläche der biblischen Erkenntnis steht. Gott hat so viele Schätze bereitgestellt, dass ich doch nicht nur an der Oberfläche kratzen darf.
Noch einmal ein Wort von Martin Haug – ich bin immer noch bei der Vorrede von Martin Haug. Leben in der Kirche kann nur wachsen, wenn die Bibel neu ernst genommen wird. Und zwar nicht als Sprungbrett. Heute wird die Bibel von vielen gebraucht, bis hin zu Ministerpräsidenten und Oberbürgermeistern. Rommel zum Beispiel zitiert alle die Bibel. Das ist heute ganz nett. In Rieders Deutsches kommt ab und zu ein Bibelspruch aus den Sprüchen vor. Aber es geht doch nicht darum, dass man nur von einzelnen Sprüchen lebt.
Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit. Jesus Christus ist gestern, heute und in Ewigkeit derselbe. Es geht darum, dass wir Linien erkennen. Sonst kommt es dazu, wie ich erlebt habe: Der schöne Predigttext „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst“ wird so verstanden, dass man draußen Unterschriftenlisten gegen die Atomversuche unterschreibt.
Nichts gegen die Unterschriftenlisten und vieles gegen die Atomversuche. Aber dieses Bibelwort hat absolut nichts damit zu tun. Es heißt: Lasst euch versöhnen mit Gott. Wir müssen Linien erkennen. Dieses Herauspicken von einzelnen Bibelworten ist nicht der Geist Jesu. Leben kann nur wachsen, wenn wir die Bibel wieder ganz ernst nehmen.
Vielleicht ist dieser erste Abend gerade ein Appetizer, wie man im Neudeutschen sagt, ein Versucher, der uns, der Schwäbisch gesagt, Geschmack gibt dafür, wie faszinierend und großartig, wie voller Tiefe und Gehalt die Bibel ist. Alle Spuren führen zu Jesus – die Sache mit der Bibel.
Die Josefsgeschichte als erstes Fenster zu Jesus
Vorrede drei, bevor wir zu 1. Korinther 15 kommen.
Im Mai fand die Tagung des Haushaltsausschusses der Evangelischen Kirche in Deutschland statt. Herr Oberkirchenrat Mehlhose kam ziemlich aufgeregt zu uns und sagte, die evangelische Kirche nutze die Sendezeiten im Fernsehen überhaupt nicht aus. Die katholische Kirche hingegen nutze diese Möglichkeiten. Die evangelische Kirche mache nichts und werde dadurch überrundet, weil sie sich mit ihrer Botschaft nicht an die Öffentlichkeit traue.
Am selben Abend fand in der Kreuzkirche die Welturaufführung von „Joseph I.“ statt. Wer mitgehen wollte, konnte mitkommen. Ich war der Einzige, der mitging. Die Kreuzkirche war überfüllt, viele junge Leute, die alle im Atheismus aufgewachsen waren, waren dort. Dort lief dieser Film, der inzwischen im Fernsehen gezeigt wurde. Es werden noch weitere Folgen dieser zwanzigteiligen Bibelseherie kommen.
Mich hat das bewegt. Mir war noch nicht klar geworden, wie die Josef-Geschichte schon wie ein erstes Aufklingen eines Tones ist, der hinmündet zu Jesus. Seine Brüder verachten ihn, verkaufen ihn, und sie zogen ihm den Rock aus – bis hin zum Wortlaut der Jesusgeschichte. Sie verkauften ihn für die Silberlinge. Der geliebte Sohn des Vaters wird dahingegeben, verachtet und von den Brüdern verstoßen. In der Gefangenschaft wird er noch ins Gefängnis geworfen und dort von denen vergessen, die ihm helfen wollen. Kein Mensch ist da, der ihm hilft. Aber der Herr war mit Joseph, und er wird zum Erretter des gesamten Vorderen Orients.
Also, liebe Brüder und Schwestern: Wenn das nicht ein erstes Fenster ist, durch das wir auf Jesus schauen können, dann weiß ich nicht, wie wir überhaupt noch aufwachen wollen. Es gibt eine Kontinuität in der Bibel, denn Gott ist und wandelt sich nicht. Wir bekommen sein Wesen schon vom Alten Testament bis hin zu Jesus mit.
Moses und die Linie der Erlösung
Vor dem vergangenen Sommer waren wir auf einer großen Familienfreizeit in Arosa. Ich dachte, wir wollen mal das Lebensbild des Moses betrachten. Dabei war ich tief berührt von der Tatsache, dass er von seinen eigenen Brüdern verstoßen wurde. Was für ein Mensch muss das sein, der als Hirte berufen wurde, von Gott gesandt ist und mit dem Esel in das Land einzieht, in dem er sein Volk retten soll – und dann erneut verstossen wird?
Wenn du nicht gekommen wärst, wäre alles gut gewesen. Moses, der als Erlöser das Volk herausführt und für das gottlose Volk bittet, sagt: „Hilf mir lieber selbst weg, aber lass dieses Volk nicht im Stich. Lieber zerstörst du mein Leben und meine Existenz, ich gebe mich hin, wenn Gott sagt, du nicht. Die Stunde wird nicht mehr kommen.“
Ja, wann ist diese Stunde gekommen? Damals, als Gott aller Weltssünde auf den einen wahren Hirten geworfen hat. Was die alten Väter sich am meisten gewünscht und ersehnt haben, ist nicht nur ein Adventslied: „Zions Hilf und Abrams Lohn, Jakobs Teil, der Jungfrau Sohn, wunderbarer Rat, Kraft und Held“ – all das hat sich treu erfüllt.
Alle Linien führen auf Jesus hin, alle Spuren zeigen zu Jesus. Von solchen Spuren spricht der Apostel Paulus, bevor er auf das Thema der Auferstehung eingeht.
Einführung in 1. Korinther 15 und das Evangelium
1. Korinther 15 behandelt die Auferstehung Jesu und ihre Bedeutung für uns. Nun möchte ich Ihnen die Eingangsverse aus 1. Korinther 15 vorlesen. Es ist hilfreich, wenn Sie eine Bibel dabei haben. Falls Ihre Bibel zu dick ist, gibt es in fast jedem zweiten Haus ein Kopiergerät. Dann können Sie einfach diese ein oder zwei Seiten kopieren und haben sie zur Hand.
Ich erinnere euch, liebe Geschwister: Wo im Neuen Testament früher „Brüder“ stand, sagen wir heute „Geschwister“, damit sich auch die Schwestern nicht ausgeschlossen oder beleidigt fühlen. Bisher wurde oft nur „Brüder“ gesagt, aber heute spricht man in der Kirche bewusst von „Geschwistern“.
Liebe Geschwister, ich erinnere euch an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe. Ihr habt es angenommen und steht fest darin. Dadurch werdet ihr auch selig, wenn ihr es festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe. Wenn nicht, ist euer Glaube umsonst geworden.
Das ist kein Fundamentalismus. Ihr müsst an dem festhalten, in der Gestalt, in der ich es euch weitergegeben habe. Das Evangelium ist keine beliebige Sache. Ich habe es selbst empfangen, und in dieser Sache muss man treu sein. Es darf nicht jeder nach eigenem Ermessen daraus machen, was er gerade will.
Ich erinnere euch an das Evangelium, das unsere ewige Seligkeit bringt, durch das ihr auch selig werdet. Es hängt davon ab, ob wir es in der Form festhalten, wie es uns überliefert wurde. Die Form ist nicht nebensächlich, sondern wichtig, so wie sie uns übergeben wurde.
Das Evangelium: Tod und Auferstehung Christi nach der Schrift
Jetzt, wie heißt das Evangelium?
Vers 3: Als Erstes habe ich euch weitergegeben, was auch ich empfangen habe: dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift, dass er begraben worden ist und dass er am dritten Tag auferstanden ist, ebenfalls nach der Schrift. Außerdem, dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen.
Zweimal ganz deutlich: Gemäß der Schrift, dem Graphä, also dem Alten Testament. Das Neue Testament war ja noch gar nicht geschrieben, Paulus hat erst den ersten Korintherbrief verfasst. Wenn Jesus sagt: „Suchet in der Schrift“, meint er das vielfach verachtete Alte Testament. Dieses wurde uns im Dritten Reich als Juden- und Zuhälterbuch verunglimpft und für viele Deutsche ist bis heute kein richtiger Zugang dazu vorhanden.
„Sucht in der Schrift“, im Alten Testament, heißt nicht, dass ihr darin das ewige Leben findet. Nein, sie ist die Schrift, die von mir zeugt. Die Linien führen schon im Alten Testament auf Jesus hin. Jesus ist gestorben gemäß der Schrift, er ist auferstanden gemäß der Schrift. Das war keine spontane Entscheidung Gottes, kein Zufall, sondern eine Linie, die Gott vorgezeichnet hat – eine verlässliche Sache, ein verlässlicher Plan Gottes.
Wenn der Apostel Paulus so kurz sagt: „Ich gebe euch weiter, habe euch weitergegeben, was auch ich empfangen habe: Christus ist gestorben, auferstanden nach der Schrift“ – dann nehmt doch unseren Herrn Jesus ernst!
Die Emmausgeschichte und die Auslegung der Schrift
Sie kennen die Geschichte der Emmausjünger, die verzagt von Jerusalem weggingen. „Wogegen soll es noch gehen? Wir waren drei Jahre bei unserem Meister, aber jetzt ist alles vorbei.“
Sie sprachen betrübt miteinander, so wie heute das Todesschicksal der kleinen Natalie Gesprächsstoff ist – in den Kantinen und in den Werkstätten.
Da gesellte sich dieser Wanderer zu ihnen. Ihre Augen wurden gehalten, sodass sie Jesus nicht erkannten, denn er war auferstanden. Er fragte sie: „Was sprecht ihr denn so miteinander?“
Beinahe wussten sie nicht, was in Jerusalem geschehen war. „Was denn?“ fragten sie. „Das mit Jesus von Nazareth. Er war ein Prophet, mächtig in Taten und Worten. Wir hofften, er sollte der große Erlöser sein, wie die Propheten es angekündigt hatten. Er sollte Israel erlösen, wie es im Psalm 130 heißt: ‚Er wird Israel erlösen von all ihren Sünden.‘ Aber es ist schon der dritte Tag. Vor drei Tagen wurde er gekreuzigt. Heute Morgen kamen unsere Frauen und sagten, das Grab sei leer. Einige von uns sind hinausgelaufen – es war wirklich so.“
Da sprach Jesus: „O ihr törichten Kerle, ihr Unverständigen, mit euren trägen Herzen, dass ihr nicht glauben könnt, was die Propheten gesagt haben! Musste nicht Christus leiden, um in seine Herrlichkeit einzugehen?“
Und er begann bei Mose, den Propheten und den Psalmen und legte ihnen die Schrift aus – das Alte Testament. Später sagten sie: „Unser Herz hat gebrannt.“
Ich wäre gern dabei gewesen und hätte gern gewusst, wovon Jesus damals gesprochen hat: vom Joseph, der Böses geplant wurde, aber Gott es zum Guten wandte. Oder von Abraham, der als 90-jähriger Greis ohne Kind berufen wurde mit den Worten: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen für die Völker sein.“
„Lieber Gott, ich habe doch gar keine Kinder.“ Doch Gott antwortet: „Ich mache etwas aus dir. Gott macht Leben aus dem Tod.“
Oder hat Jesus vom kinderlosen Hanna gesprochen? Vom Lobgesang der verachteten Hanna, die sagte: „Er hebt den Dürftigen aus dem Staub und setzt ihn auf den Thron der Ehre.“
Oder vom Hiskia, der am Ende seiner Macht und seines Könnens war und nur noch den Brief des babylonischen Gesandten vor sich liegen hatte und flehte: „Lieber Gott, jetzt musst du etwas tun!“
Erfuhr man nicht heute noch im Britischen Museum von den Darstellungen und Reliefs, dass Nebukadnezar 120 Großstädte und Reiche eingenommen hat – außer der Stadt Jerusalem?
Leben aus den Toten!
Die Kraft der Schrift und die Linie Gottes
Ich wäre gern dabei gewesen und habe mich lange gewundert, warum Lukas nicht erzählt, was Jesus mit den Jüngern besprochen hat. Wahrscheinlich hat Lukas gedacht: Ich möchte nicht alles verraten, sondern ich möchte es ernst nehmen und suchen. Wir haben doch Ihre Unterschrift.
Jetzt fangen wir mal ganz neu an, im Alten Testament zu lesen, wo Linien sind, die Spuren, die zu Jesus führen. Sie hatten in Ihrer Nachbarschaft Herrn Pfarrer Doktor Heinz Werner Neudorfer, der eine große Doktorarbeit über den Stephanuskreis geschrieben hat. In dieser wissenschaftlichen Arbeit wurde dargelegt, dass die große Rede des Stephanus in der Apostelgeschichte eigentlich nichts anderes sagt, als dass Gott mit Verachteten geschafft hat.
Mit einem Kreis von Ausgestoßenen, mit Abraham, ohne Vaterland und Heimat, mit Josef, mit Propheten wie Jeremia, der meint, allein zu sein und den Tag seiner Geburt verflucht hat. Das ist das Material, aus dem die Segensträger Gottes sind: die Zerschlagenen und Erniedrigten.
Unser Herr Jesus hat selbst immer wieder ein alttestamentliches Wort benutzt, um zu zeigen, was das Geheimnis seines Wesens ist. Nach der Schrift ist es das Wort aus Psalm 118: der Stein, den die Bauleute verworfen haben, die gesagt haben, das Schutt, das kann nicht gebaut werden. Doch dieser Stein ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen, das hat Gott gemacht. Das ist auch ein Wunder für uns.
Jesus erzählt im Zusammenhang mit dem Gleichnis vom Weinbergbesitzer, der seinen Weinberg den Verwaltern anvertraut und einmal im Jahr seine Boten schickt, die die Pacht eintreiben sollen. Diese verhöhnten, schmähten und töteten die Boten. Am Schluss sagt er: Ich will meinen Sohn senden. Da sagten sie: Jetzt kommt der Erbe, lasst uns ihn erschlagen, auf dass der Weinberg unser ist.
Aber Gott spricht in Psalm 118: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Ganz deutlich spricht Jesus von sich selbst. Die Schrift sagt: Der Erniedrigte wird erhöht. Das ist das Geheimnis des machenden Gottes bis heute.
Ein Bodelschwingh, der am Boden zerstört ist nach dem Tod seiner vier Kinder und nichts mehr kann. Ein Jochen Klepper, der bis heute im Segen wirkt, obwohl er nicht mehr hinaussah und sich das Leben nahm, redet noch, wie wohl er gestorben ist. Gott schafft mit zerschlagenen Leuten. Nicht einen David als Michelangelo-Figur, sondern: "Ich bin wie ein Floh, Gott hat mich aus großen Wassern gezogen, da kein Halt ist."
Wenn Gott etwas macht, denken Sie auch mal an dieses Wort des Machens. Gott sah an, alles, was er gemacht hatte, und es war gut. Bis zur letzten Seite der Bibel: "Siehe, ich mache alles neu." (Offenbarung 21,5)
Petrus sagt: "Herr, geh von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch." Doch Jesus will ihn zum Menschenfischer machen. Wenn Gott etwas macht, ist es nicht das letzte Zehntel, das er neben unseren Gartenzirben aufpoliert. Wo nichts ist, da schafft Gott die Ehre Gottes. Dort, wo überhaupt keine Hoffnung mehr ist, wirkt er.
Das sind die Linien des Alten Testaments.
Gottes Liebe trotz Abfall Israels
In Israel, einem Land, in dem keine Hoffnung mehr zu sein scheint – trotz Gottesdienst, trotz Propheten, trotz der Väter, trotz des Gesetzes und trotz des Versöhnungstags – fällt Israel immer wieder von Gott ab. Und wir tun es ebenfalls.
Gott sagt: „Ich habe dich je und je geliebt, ich will etwas aus dir machen.“ Maria hat in ihrem Lobgesang gesagt – und wir lesen es oft in Gottesdiensten und Gebeten: Gott erhöht und erniedrigt. Vielleicht können Sie diese drei Worte behalten, denn sie bilden die Grundlinie des Alten Testaments: Gott erhöht und erniedrigt.
Maria hat ihren Vertrauensruf, ihr Verlässlichkeitssiegel erhalten – in Jesus. Er ist gestorben nach der Schrift und auferstanden nach der Schrift. Im Neuen Testament wird gejubelt: Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Trotzdem hat Gott ihn erhöht.
Oder wie heißt es? Weil niemand mehr fünf Pfennig für ihn gab und niemand mehr bei ihm blieb – die wenigen Frauen, die sein Grab bewachen wollten, waren die letzten Zeugen –, da schien alles vorbei zu sein. Darum hat Gott ihn erhöht.
Es kann auch mit unserer Kirche, mit unserer Gemeinschaft, mit der Hofacker-Vereinigung, liebe Freunde, noch ganz anders zu Ende gehen. Bis Gott etwas bewirkt, bis wir nicht mehr meinen: „In der Synode machen wir es, mit Hofacker machen wir es, durch unser Kirchensystem und durch den Oberkirchenrat.“ Die Macht soll Gottes sein und nicht unsere.
Nach der Schrift, das ist die Linie der Schrift, ist eigentlich schon das erste Gebot: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Knechtschaft befreit.“ Ich!
Aber am allerdeutlichsten wird diese Grundlinie in Jesaja 53 dargestellt. Dort sieht der Prophet den Allergeringschätzten und Unwertesten. Wir dachten, Gott habe ihn abgehängt, denn auf ihn legt er keinen Wert mehr. Doch durch ihn geht der Plan Gottes weiter.
Der Herr warf unsere aller Sünden auf ihn, er hat für die Übeltäter gebetet und trägt die Sünde der Welt.
Das Geheimnis des Leidens und Sterbens Christi
Wir werden das Geheimnis des Sterbens nie vollständig verstehen. Zweitausend Jahre lang haben Theologen versucht, es zu erklären. Auch Sie werden es nicht vollständig begreifen können.
Doch eines können wir erkennen: Das war nicht zufällig, sondern es war der Plan Gottes gemäß der Schrift. Gott ist dabei nichts aus den Händen geglitten, sondern es war genau der Weg, auf dem er seine Wunder vollbringt.
Der alte Rabbi Samuel Stern in Manhattan hat viel Judenfeindschaft erlebt, besonders unter seinen polnischen Landsleuten. Judenfeindschaft ist kein rein deutsches Phänomen, aber wir haben es zum Höhepunkt getrieben.
Als die Deutschen 1939 einmarschierten, kam das Ghetto, und seine ganze Familie wurde umgebracht. Er blieb als Einziger übrig. In Amerika kam er durch einen messianischen Rabbi zum Glauben an Jesus. Dieser Rabbi las ihm ein Gedicht vor, überschrieben mit „Der Leidende“. Er sagte nicht, dass es Jesaja 53 ist.
Der ausgebildete Rabbiner Samuel Stern kannte Jesaja 53 so wenig, dass ihm nicht bewusst war, dass es ein Bibeltext war. Die Seelsorge fragte ihn: „Von wem meinst du, ist hier die Rede?“ Der Rabbiner antwortete: „Es kann eigentlich nur der Messias sein, der so durchs Leiden geht und mit dem Gott etwas vorhat.“
Heute ist er einer der klügsten Judenmissionare. Judenmissionen sollten von bekehrten Juden geführt werden. Aber wir Deutschen sollten nicht wieder die Lehrmeister spielen und behaupten, es gäbe überhaupt keine Judenmission. Paulus war ein Judenmissionar, und Jesus ging zu den Juden.
Es sollten aber Menschen sein, die selbst aus dem Judentum kommen. Jesaja 53 war der entscheidende Durchbruch: „Er trug unsere Krankheit, lud auf sich unsere Schmerzen. Die Strafe liegt auf ihm, die Strafe der Welt.“
Christus ist gestorben – nicht, um Gottes Zorn zu besänftigen. Glauben Sie nicht, dass Gott eine unkontrollierte Emotion hat, die irgendwo Dampf ablassen muss. Aber für uns musste etwas geschehen.
Die Menschheitsschuld und die Erlösung durch Christus
Die großen Philosophen unserer Welt, bis hin zum Atheisten Rousseau, haben gefragt: Was geschieht denn mit der Schuld der Menschheit? Man kann doch nicht einfach sagen, dass sich jemand wie Erich Honecker davonstehlen kann, oder? Ebenso wenig kann Adolf Hitler sich durch einen Kopfschuss der Gerechtigkeit entziehen.
Was ist mit der Schuld der Menschheit? Wir haben zwar Wiedergutmachungsleistungen an Israel gezahlt, doch was sind schon ein paar Milliarden im Vergleich zu sechs Millionen Juden, deren Tod wir Deutschen auf dem Gewissen haben? Kann man so etwas mit Geld wieder gutmachen?
Was ist mit dem ganzen Desaster bis hin nach Ruanda und Burundi nach dem Zweiten Weltkrieg, den wir losgetreten haben? Sind die Kolonialgebiete dadurch selbstständig geworden? Wir haben das Durcheinander in die Welt gebracht. Wie wollen wir diese Schuld lösen?
Über die kleine Natalie schreit eine ganze Nation, aber jährlich werden 300 Mädchen und Jungen, die eigentlich im Mutterleib heranwachsen sollten, abgetrieben. Dabei weiß man, dass sie blond, groß, schwarz oder blau sein würden. Das berührt niemanden mehr. Unser moralisches Empfinden ist kaputt. Wir haben kein Gefühl mehr dafür, welche Schuld auf der Menschheit lastet.
Es wird gesagt, diese Schuld lag auf Gott, weil wir sie gar nicht tragen können und sie deshalb auch nicht wiedergutmachen können. Jesus hat die Bibel ernst genommen. Er hat sich in die Buchstaben der Schrift hineingegeben, damit erfüllt würde, was darin beschrieben ist.
Wie oft heißt es das in der Leidensgeschichte? Er hat nicht gesagt: „Mit mir bricht eine neue Zeit an, das alte jüdische Buch könnt ihr beiseitelegen.“ So will er Fülle schaffen.
Die Sadduzäer und die Auferstehung
Nachverschrift
Als die Sadduzäer kamen, gehörten sie zu der Gruppe in Israel, die behauptete, Auferstehung sei technisch unmöglich. Sie sagten zu Jesus: „Denkt doch an das Buch Tobias. Dort war eine Frau, die siebenmal verheiratet war.“ Damit wollten sie Jesus mit der Bibel schlagen – zumindest mit den Apokryphen.
Sie argumentierten: Wenn es eine Auferstehung gibt, entsteht doch großes Durcheinander. Da kommt der erste Mann und sagt: „Emma, endlich habe ich dich wieder.“ Der zweite sagt: „Das ist meine Emma.“ Der dritte sagt: „Ah, ah, meine Hell.“ Es gibt Zank und Streit in der Bibel, im Himmel. Das kann nicht sein.
Jesus antwortete: „Ihr irrt euch, ihr kennt weder die Schrift noch die Kraft Gottes. Habt ihr nie in der Schrift gelesen?“
Jesus sagte: „Wir gründen auf die Schrift. Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, nicht ‚ich war‘, sondern ‚ich bin‘. Nun ist Gott ein Gott der Lebendigen und nicht der Toten, ihr Irrenden.“
Jesus war die Schrift, das Alte Testament war ungeheuer wichtig. Die verlässliche Linie, auf die Paulus hier in 1. Korinther 15 hinweisen will, führt zu Jesus. Das heißt: Gott wollte einen, der ganz für euch da ist. Ihr seid die Adressaten.
Gerade bei euch, bei denen schon in dieser neuen Woche so viel falsch gelaufen ist, so viel Ungutes über die Lippen gekommen ist, so viel Zorn durch euer Herz gegangen ist – für euch ist diese Botschaft.
Der lebendige Jesus als Hoffnung und Herausforderung
Gestorben nach der Schrift, für euch und für die Finnen, hat er unsere Sünde auf sich genommen. Seid doch froh, dass er nicht nur als Erinnerung oder als Vorbild lebt, sondern dass Gott ihn aus dem Tod herausgeholt hat. Ihr dürft euch verlässlich an ihn wenden.
Lasst euch nicht nur gelegentlich von einem Bibelwort trösten, sondern nehmt die Herausforderung der Bibel ernst. Besonders die Herausforderung aus 1. Korinther 15 soll sein: Ich möchte ganz anders mit diesem lebendigen Jesus leben. Das ist der Weg, den wir gehen sollen.
Gott wollte, dass wir im Leben und auch rechtlich einen Retter, einen Tröster, einen Beistand, einen Heiland haben. Wäre Jesus nicht gestorben und auferstanden, dann wäre die Welt in ihrer Schuld und Not verloren.
Seitdem erstanden ist, loben wir den Vater Jesu Christi. Christus ist erstanden. Wir wollen von diesem Osterlied die ersten drei Verse singen, das Lied Nummer fünfundsiebzig, Verse eins bis drei.