In der Frühe dieses ersten Tages im neuen Jahr sind wir zusammengekommen, um unseren Herrn zu preisen und sein Wort zu hören.
Mich hat heute Morgen schon die Losung gefreut. Sie spricht davon, dass diejenigen, die ihn lieb haben, wie die Sonne in ihrer Pracht aufgehen werden. Dieses Wort möchte ich zum Beginn dieses neuen Jahres grüßen. Es ist das Wort, das unser Herr einst dem Josua zugerufen hat, als er in das verheißene Land hineingehen sollte:
„Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dich nicht grauen und entsetze dich nicht, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.“
Darüber wollen wir unseren Herrn danken und ihn loben. Dabei wollen wir das Lied „Lobe den Herren, den Mächtigen, König der Ehren“ singen. Dies sollen die ersten Töne im neuen Jahr sein, und zwar die Verse 1 bis 3 aus dem Gesangbuch Nr. 234.
Eröffnung und Dank zum Jahresbeginn
Wir wollen beten.
Du großer und mächtiger Herr, unser lieber Heiland Jesus Christus, an diesem Morgen wollen wir dir danken und uns freuen, dass du Herr bist – auch über alle Tage dieses neuen Jahres und über alles, was uns begegnen und treffen mag.
Du hast alle Situationen in deiner Hand. Wir brauchen uns nicht zu fürchten oder erschrecken zu lassen, sondern dürfen dir die Ehre geben.
So wollen wir auch an diesem Morgen ganz offen von all unseren Ängsten und Sorgen zu dir sprechen. Du weißt, was uns bewegt und was uns bedrückt.
Wir dürfen dieses neue Jahr in deine Hand legen und dich bitten, dass du in allem, was geschieht, deine Heilsgeschichte daraus machst. Halte uns fest in deiner Hand, damit wir im Glauben nicht abirren.
Rede zu uns, wecke uns auf, wo wir schläfrig sind. So rede auch heute durch dein Wort zu uns. Wir wollen dir in der Stille alles sagen, was auf uns lastet.
Wir beten in der Stille.
Wir wollen alles in deinem Namen beginnen, lieber Herr. Amen!
Vertrauen auf Gottes Beistand im neuen Jahr
Ich lese aus Römer 8,31-39 diesen Abschnitt, den Sie alle so gut kennen und der auch jetzt, am Anfang dieses neuen Jahres, wieder ganz neu zu uns sprechen soll.
Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann dann wider uns sein? Er hat sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle dahingegeben. Wie sollte er uns mit ihm nicht alle schenken?
Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist es, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist es, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist. Das war Paulus so wichtig: die Macht des auferstandenen Jesus zu erleben, zu erfahren und ihm zu vertrauen. Er ist zur Rechten Gottes und vertritt uns.
Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst, Verfolgung oder Hunger, Blöße oder Gefahr oder Schwert?
Wie geschrieben steht: „Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag, wir sind geachtet wie Schlachtschafe.“ Aber in all dem überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat.
Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Die unzertrennliche Liebe Gottes als Fundament des Glaubens
Wir wollen nun das Lied singen: „Jesus soll die Losung sein“, Lied Nummer 43, die Verse 1 bis 3. Das sind insgesamt vier Verse, denn es gibt noch einen schwäbischen Vers, der nur in unserem württembergischen Gesangbuch steht.
Also Lied 43, die Verse 1 bis 3, einschließlich 3a.
Die Losung für dieses Jahr 1994 steht im Epheserbrief, Kapitel 2, Vers 14: „Er, also Jesus Christus, er ist unser Friede.“
Wenn man sich überlegt, was wohl im Jahr 1994 auf uns zukommen mag, haben sicher manche von Ihnen auch schwere Ahnungen. Wir sind ja wache Menschen und können Gefahren und Nöte unerschrocken in die Augen sehen.
Die Herausforderung der Unsicherheit im neuen Jahr
Bei allem, was in diesem neuen Jahr kommen mag, kann man sich nie absolut sicher fühlen.
Mir fällt das immer wieder auf, wenn in den Zeitungen so oft darüber diskutiert wird, ob es eine absolute Sicherheit gibt. Solche Diskussionen finden etwa bei Chemieunfällen oder bei Atomkraftwerken statt. Dann sagen manche ganz triumphierend: Es gibt eben doch keine absolute Sicherheit.
Aber wo gibt es denn überhaupt eine absolute Sicherheit? Auch wenn man sich mit Lebensversicherungen reichlich eingedeckt hat, auch wenn man einen guten Arzt hat und dieser ein gutes Urteil aus seinen Untersuchungen gibt – absolute Sicherheit gibt es nicht. Selbst wenn man sagt: Ich kann auf meine Freunde zählen, mein Arbeitsplatz ist sicher – absolut sicher ist überhaupt nichts.
Gar nichts ist im neuen Jahr absolut sicher. In unserer Welt ist vieles oft sehr unsicher und ungewiss. Deshalb kann man Angst haben, und diese Angst kann uns erschrecken.
Nur eines ist sicher: Jesus Christus geht mit Ihnen durch dieses neue Jahr 1994. Das sagt er Ihnen zu, und darauf können Sie sich felsenfest verlassen.
Darum gibt es doch eine absolute Sicherheit im Glauben. Eine absolute Gewissheit, die immer und immer gilt, die niemand außer Kraft setzen kann.
Da freue ich mich besonders über diesen Zuspruch, der Ihnen gelten soll: In all den Ängsten, Sorgen und Nöten, durch die Sie gehen – er, Jesus Christus, ist unser Friede.
Die biblische Perspektive auf Frieden und Unfrieden
Ich habe wieder ein paar Punkte, die ich ansprechen möchte. Ich kann es nicht lassen, aber ich denke, wir sollten unsere Gedanken konzentrieren und das Ganze auch einmal kritisch untersuchen.
Was ist denn mit dem Unfrieden in dieser Welt? Das haben Sie sicher auch noch im Ohr von den vielen Kommentatoren an Weihnachten, die das ja jedes Jahr aufs Neue thematisieren. Sie fragen und sagen: Was ist eigentlich mit dem Evangelium von Christus, der doch den Frieden verheißen hat? Friede auf Erden – wo ist denn dieser Frieden?
Dann zählen sie uns hautnah die schrecklichen Ereignisse auf und sagen: Schaut euch doch die grässlichen Bilder an! Selbst am Heiligen Abend wurde in Sarajevo geschossen, und die Bürgerkriege gehen weiter. Manche Christen sind da ganz verlegen und wissen gar keine Antwort darauf. Dann kommen sie durcheinander und fragen sich: Ja, was ist denn mit dem Frieden?
Stimmt also die Jahreslosung gar nicht? Wenn Sie nur ein bisschen in Ihrer Bibel blättern, dann wissen Sie, dass der Unfriede in der Welt nicht erst mit Sarajevo begonnen hat. Auch nicht erst mit den Schüssen aus Maschinengewehren, von welcher Fabrik auch immer sie stammen. Seitdem es Menschen gibt, liegt der Unfriede über dieser Welt. Und das sagt uns die Bibel viel schonungsloser, als es alle Ungläubigen unserer Tage je verstehen könnten.
Nicht nur draußen in der Welt herrscht Unfriede, sondern auch in unseren Köpfen. Keiner von uns ist ausgenommen. Bei uns sind die bösen Gedanken, der Streit und der Hass. Ja, bis ins Herz hinein sind wir doch vergiftet.
Wenn wir in dieses neue Jahr hineingehen, dann ist das nicht nur ein Problem, dass da draußen irgendwo Unfriede herrscht, sondern dass wir alle friedelose Menschen sind. Es kann ja jetzt ganz beschaulich sein an dieser Jahreswende. Vielleicht gehen wir fröhlich in das neue Jahr hinein, haben ein wenig Zeit, sitzen zusammen und haben schöne Gedanken. Aber Sie wissen, wie es dann kommen kann.
Schon in den nächsten Tagen können Sie von einer solchen schrecklichen Unruhe befallen sein, dass Ängste Sie zittern lassen und Sie gar keinen Frieden mehr haben. Keiner von uns ist davor gefeit. Wenn die Bedrohungen und Ängste kommen, dann haben wir gar keinen Frieden.
Die Unmöglichkeit menschlichen Friedens ohne Christus
Und ich möchte noch eines hinzufügen: Die Welt kann gar keinen Frieden schaffen – und auch die Menschen, die in der Welt leben, können das nicht. Das ist ein Irrtum. Wenn ich so etwas sage, könnte es sein, dass jetzt große Diskussionen beginnen und viele widersprechen. Aber lassen Sie es einfach mal so stehen: So sagt die Bibel, wir Menschen können gar keinen Frieden machen.
Ich habe es immer noch im Ohr: Als die Jugoslawien-Krise begann, hatten wir damals den erfolgreichsten und am längsten dienenden Außenminister der ganzen Welt. Er sagte ganz erfahren: „Ach, das ist kein Problem, jetzt tritt der Krisenmechanismus der KSZE in Kraft.“ Ich will das nicht lächerlich machen. Wir sind froh, dass die Politiker Instrumente haben, mit denen sie Krisen beherrschbar machen können.
Aber wir merken immer wieder, dass dieser grenzenlose Hass, diese Unruhe der Menschen, die Überheblichkeit des Nationalismus und all das, was sich in einem Menschenherzen aufbäumen mag, eben nicht beherrschbar ist. Sie erleben das ja immer wieder in den Familien, hin und her: Ehen zerbrechen, Generationen stehen im Streit miteinander, das Zusammenleben ist schwierig.
Wir können gar keinen Frieden machen. Und wenn wir nur ein bisschen ehrlich wären, gerade als Christen, auch als Leute von den Kirchen, müssten wir doch immer ganz ehrlich sagen: Es gelingt uns ja nicht einmal in den eigenen Reihen. Wir sind doch so zerfallen in Gruppen. So, wie es bei der Bischofswahl deutlich wurde. Es ist uns peinlich, wenn es die anderen merken, aber wir sind doch gar nicht eins, und wir haben doch keinen Frieden.
Die Welt ist zerfallen, und wir gehören dazu. Oft spielt das ja auch in den Kirchengemeinden eine schlimme Rolle: Die Alten stehen gegen die Jungen oder es entstehen Parteibildungen. Gott sei Lob und Dank, dass er uns in unserer Gemeinde bis zum heutigen Tag den Frieden erhalten hat. Das ist doch ein Gottesgeschenk. Das ist nicht unser Verdienst.
Wir können gar keinen Frieden machen.
Die biblische Grundlage des Friedens in Jesus Christus
Wenn man den Abschnitt liest, in dem Paulus sagt: „Jesus Christus ist unser Friede“, wird man plötzlich erkennen, dass dies die biblische Botschaft ist. Jesus bringt uns das Heilsgut des Gottesfriedens mitten in eine zerstrittene, zankende und friedelose Welt.
Wie funktioniert das? Es gibt keinen Frieden ohne Wahrheit. Deshalb kann man in unserer Welt keinen echten Frieden schaffen, sondern nur faule Kompromisse. Frieden ist nicht möglich, weil man den Widerspruch nicht versöhnen kann. Ebenso gibt es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit – das ist ebenfalls die biblische Auffassung.
Zum Frieden gehören Wahrheit und Gerechtigkeit. Weil wir Menschen jedoch alle in Unwahrheit und Ungerechtigkeit leben, können wir keinen Frieden schaffen.
Wenn Jesus uns den Frieden brachte, müssen wir immer zum Kern der Sache kommen. Ohne diesen Kern können wir gar nicht über das Thema sprechen: Er ist für uns ans Kreuz gegangen. Ist das heute wirklich nötig? Viele meinen das nicht mehr, wenn sie als Christen über Frieden reden. Sie sagen, das Wort „Frieden“ versteht doch jeder – auch Nichtchristen und Menschen anderer Religionen.
Doch so können wir nicht über Frieden reden. Das Wort „Frieden“ ist in unserer Welt verballhornt, missbraucht, abgegriffen und missdeutet worden. Es hat einen ganz anderen Sinn bekommen. Es ist ein biblisches Wort vom Heil Gottes, das er stiftet.
Darum gehört es in die Weihnachtsgeschichte hinein: Gott schafft Frieden. Und zwar einen Frieden in Wahrheit und Gerechtigkeit, indem Jesus, der Sohn Gottes, für die Schuld der Menschen ans Kreuz geht, sich töten lässt und das Opfer bringt. So werden meine Sünden versöhnt und meine Schuld abgetragen.
Die Notwendigkeit der Buße und Versöhnung für Frieden
Wenn wir vom Frieden sprechen, müssen wir zunächst eine wichtige Tatsache anerkennen: Wir alle sind unwahrhaftig und neigen dazu, dies zu leugnen. Dabei wollen wir auch nicht wahrhaben, dass die Ursachen für unseren Unfrieden oft in unserem eigenen Leben liegen.
Wenn im neuen Jahr Unfrieden in Ihrer Familie, im Freundeskreis oder in Ihrem eigenen Herzen herrscht, dann sind dies meist schwere Sünden, die die Ursache für diesen Unfrieden sind. Das gilt übrigens auch für den Unfrieden zwischen den Völkern.
Frieden kann nur entstehen, wenn die Unwahrheit beseitigt wird. Die Probleme müssen offen auf den Tisch kommen und im Licht Jesu geklärt werden. Es ist etwas Wunderbares, wenn man Frieden im Licht Jesu Christi erfahren darf. Er ist derjenige, der Frieden schafft.
Wenn wir plötzlich in diesen Frieden hineingestellt werden und sagen: „Ja, Jesus schenkt mir den Frieden, ich bin ein Kind Gottes, ich gehöre ihm“, dann ist all das, was wir an Belastungen, Nöten und Unfrieden mitbringen, im neuen Jahr durch Jesu Vergebung weggenommen. Das gibt Grund zur Freude.
Die Zusage des Friedens durch den auferstandenen Christus
Die Jünger Jesu hatten nach der Kreuzigung viele Gründe, bedrückt zu sein. Tatsächlich waren sie es auch. Zuerst schlossen sie sich in einem Raum ein, weil sie wussten, wie sehr sie in der dunklen Stunde der Hinrichtung Jesu versagt hatten. Sie hatten Jesus nicht die Treue gehalten.
Es gibt viele Gründe, warum auch wir oft innerlich unruhig sind. Wir fragen uns: Glaube ich überhaupt richtig? Darf ich Jesus wirklich vertrauen? Ist er wirklich bei mir? Hat er mich wirklich bei der Hand genommen?
In diesem Moment trat Jesus, der Auferstandene, mitten unter seine Jünger und sprach: "Friede sei mit euch!" Hierbei handelt es sich nicht nur um eine bloße Friedensproklamation, wie man sie heute oft hört. Jemand sagt einfach, es sollte Frieden sein. Jesus bringt diesen Frieden jedoch in seiner Person mit.
In diesem Frieden ist Vergebung enthalten, die den Jüngern gerade nach all ihrem Versäumnis und ihrer Schuld zugesprochen wird. Sie dürfen Frieden haben und ohne Angst in die Zukunft gehen. Jesus sagt: "Ich bin da, Gott ist für uns." Das ist das Zeugnis des Auferstandenen. Niemand kann mehr gegen uns sein.
Diese Sicherheit begleitet uns auch in diesem neuen Jahr.
Das ist der Grund, warum wir von den Friedensproklamationen so wenig halten. Oft hört man: "Ach, sei doch friedlich, habt Frieden miteinander." Doch solche Worte verlieren schnell an Bedeutung.
Wenn Menschen jedoch den Frieden erleben, der in Jesus wirklich Gestalt angenommen hat, dann haben sie den Frieden wirklich.
Den Frieden in einer friedelosen Welt wagen
Jetzt möchte ich den nächsten Punkt anschließen: Lasst uns den Frieden wagen, ja.
Wir leben in einer friedelosen Welt. Das ist richtig so, und so wird es bis zur Wiederkunft Jesu bleiben. Uns ist das auch leid, wir wünschen uns, dass es anders wäre. Wir hoffen, dass mit dem Ende des Kalten Krieges die großen Auseinandersetzungen zwischen den Völkern ein Ende finden. Wir hoffen, dass sich irgendwann ein Umdenken durchsetzt und die vielen Spannungen aufhören.
Nein, wir leben in einer friedelosen Welt. Aber nochmals: Fangen wir doch bei uns an!
Im neuen Jahr werden wir oft erleben, wie unser eigenes Herz uns friedelos scheucht und jagt. Wir sind Teil der Angst der Welt, der Sorgen der Welt und auch der kreatürlichen Todesangst. Das werden wir immer wieder erleben, besonders bei den Krankheitsnöten, die uns treffen. So leben wir in der Friedelosigkeit der Welt.
Hinzu kommt für uns noch etwas ganz anderes: Sie wissen, dass der Teufel ein Durcheinanderbringer ist. Er wird alles daransetzen, Ihnen den Frieden zu rauben. Wenn Sie heute, am Neujahrstag, von hier weggehen, wird der Teufel alles mobilisieren, um Ihnen diesen Frieden zu nehmen. Natürlich will er nicht, dass Sie im Frieden Jesu leben. Er will Sie in Angst stürzen. Er wird Ihnen Dinge vorhalten, die Sie wirklich unruhig machen und die Sie in Glaubenszweifel stürzen.
Jetzt müssen Sie den Frieden wagen.
Ich möchte noch hinzufügen: Für uns ist es sogar klar, dass wir oft auch im Namen Jesu den Kampf wagen müssen. Wir müssen widersprechen, wo die Lüge triumphiert. Wir müssen der Sünde widersprechen, wo sie sich zeigt. Auch der prahlenden Macht Satans müssen wir widersprechen. Dabei kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen.
Man kann gar nicht Christ sein in dieser Welt, ohne fortwährend angegriffen zu werden und in Feindschaft zu leben – nicht, weil wir es wollen oder bewusst suchen, und nicht, weil der böse Nachbar uns den Frieden nicht gönnt, sondern weil es Auseinandersetzungen um die Wahrheit gibt.
Mitten in diesem ganzen friedelosen Leben, in das wir auch im neuen Jahr hineingestellt sind – in einem Jahr der Anfechtung, des Zweifels, der Ängste und des Fragens – dürfen wir den Frieden wagen. Und wir dürfen den Frieden bewähren, weil Jesus mitgeht.
Wir haben den Frieden immer nur, wenn wir auf Jesus blicken.
Jetzt können Spötter sagen: „Dann habt ihr also bloß den Herzensfrieden.“ Wir haben ihn. Und das ist das Größte. Mehr kann man in der Welt gar nicht haben als den Herzensfrieden.
Lernen von den Glaubenszeugen und das Zeugnis des Friedens
Sie wissen, dass ich immer wieder gerne in alten Predigtbüchern lese. Ich glaube, dass wir auch am Ende des zweiten Jahrtausends nur von den großen Glaubenszeugen lernen können. Einen neuen Glauben brauchen wir heute nicht. Auch neue Offenbarungen sind nicht nötig; wir brauchen die bestehenden Offenbarungen.
Dazu habe ich eine Predigt herausgesucht, die Traugott Hahn, Professor in Dorpat, im Jahr 1915 gehalten hat. Er spricht über den Frieden. Er sagt: Wir wollen niemals feige zurückweichen, wenn es darum geht, diesen Frieden zu riskieren. Wir sollen auf Jesus blicken und ihm vertrauen. Sie wissen, dass er im Jahr 1919 als Geisel bei den Bolschewisten sein Leben ließ.
Dieser Friede ist ein Zeugnis für viele Menschen. Ein Mensch, der diesen Frieden in seinem Herzen trägt, hat die ganze Feindschaft der damaligen Weltrevolution in der Liebe Jesu überwunden. Einen solchen Frieden möchte ich aufnehmen und Ihnen wünschen. Mögen Sie sagen: Ich möchte mit Jesus so leben und diesen Frieden wagen.
Jetzt möchte ich Ihnen sagen, dass Sie nicht überrascht sein sollen, wenn Sie feststellen: Das Jahr 1994 wurde für mich ein ganz erschütterndes Jahr, ein Jahr der Auseinandersetzung und des Kampfes. Plötzlich taten sich Abgründe auf, Sorgen und gesundheitliche Nöte kamen hinzu. Haben Sie nicht auch schon entdeckt, dass gerade Menschen, die etwa in einem langen Leidenslager festlagen, uns den Frieden Gottes so eindrücklich und massiv gelebt haben, dass wir ganz überwältigt waren?
Darum wollen wir den Frieden wagen – auch in den Unruhen dieser Welt. Ich kenne Menschen, die in einer sehr spannungsreichen Ehe den Frieden leben – Jahr um Jahr. Menschen, die vor rebellierenden Kindern diesen Frieden bewahren, mitten in einer spottenden und höhnenden Umgebung den Frieden Jesu wagen. Sie rechtfertigen sich nicht und streiten nicht.
Wir wollen den Lichtschein dieses Friedens in die Welt hinaustragen. Dabei sollen wir nicht so auftreten, als kämen wir als die großen Organisatoren des Friedens oder als hätten wir alle Lösungen.
Zeugnis von Frieden inmitten von Krieg und Not
Mir hat unsere Mitarbeiterin Margarete Roth in Huambo am dritten Advent erzählt, in den Tagen, als dieser schreckliche Krieg wieder begann. Allein in der Stadt Huambo kamen in wenigen Tagen mehr Menschen ums Leben als im gesamten jugoslawischen Bürgerkrieg in Sarajevo bisher.
Als der Krieg in einem anderen Teil der Stadt ausbrach, wusste sie, dass sie zurückmüssen. Einige Stunden hielt sie dort noch aus, doch dann ging sie mit ihrer schwarzen Missionskollegin aus Südafrika zurück. Sie rannten einfach die Straßen entlang. Unterwegs fragten sie sich: „Was machen wir jetzt? Wie kommen wir durch die Frontlinie? Da kann man ja nicht einfach durchrennen, wo geschossen wird.“
Dann legten sie sich stundenlang in einem Hinterhof nieder. Dort fanden sie Speise, die voller Würmer und Dreck war. Sie sagt, das war die herrlichste Speise ihres Lebens. Danach erinnerten sie sich, dass irgendwo in der Nähe ein Prediger wohnte, den sie aufsuchen wollten.
Sie gingen in sein Haus. Dort saß er ganz verzweifelt auf dem Boden und hatte keinen Mut mehr. Sie sagt, sie habe noch nie so unklägliche Menschen gesehen. Der ganze Glaube war zerbrochen, es schien aus zu sein. Dauernd sahen sie am Fenster die Soldaten vorbeimarschieren, erzählte sie. Es wurde überall geschossen.
Dann sagte sie: „Mit den Psalmworten und den Jesusworten, die wir uns miteinander vorgesprochen haben, bekamen wir wieder die alte Freude im Glauben. Wir wurden ruhig und gelassen.“ Nach einigen Stunden setzte sie ihren Heimweg fort. Dabei bemerkte sie, dass in der Zwischenzeit die Frontlinie über ihr Haus hinweggezogen war. Sie konnte ohne Bedrohung nach Hause kommen.
So löst unser Herr in seiner Güte manchmal alles, was uns erschrecken mag. Wichtig ist nur, dass wir den Glauben, die Verbundenheit und das Vertrauen nicht verlieren – diesen inneren Frieden, den uns der Herr gibt.
Darum sollten wir auch bereit sein, viel mehr zu wagen. Natürlich wollen wir von unserem Fleisch und Gefühl her, dass es keine Nöte, keine Anfechtungen und keine Gefahren geben sollte. Aber manchmal müssen wir auch dieses Zeugnis in unserer Umgebung wirklich ablegen.
Daher sollten wir fest werden im Glauben und den Frieden aufnehmen, den uns Jesus heute schenken will. Denn Er sagt: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Johannes 14,27)
Die Unzerstörbarkeit des Friedens Christi
Wir sagten zuerst: Der Friede ist der Friede Jesu am Kreuz, durch den uns das Heilsgut des göttlichen Friedens zuteilwird. Diesen Frieden muss man bewahren und bewähren.
Ich möchte nun noch etwas hinzufügen: Dieser Friede ist unzerstörbar. Jeder Friede in dieser Welt, der von Menschen gemacht ist, ist leider brüchig. Ich sage das nicht triumphierend, sondern voller Traurigkeit. Denn in unserer deutschen Geschichte hat es noch nie eine so lange Friedensperiode gegeben wie die, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg erleben durften. Uns ist oft gar nicht bewusst, welch unverdientes Gottesgeschenk das ist. Dafür sind wir nicht verantwortlich; es ist die unverdiente Güte Gottes.
Aber jeder Friede, den Menschen machen, ist brüchig, weil er den Gesetzmäßigkeiten dieser Welt unterliegt. In dieser Welt stehen Menschen gegeneinander und lehnen sich auf. Das war schon bei den ersten Menschen so, als Kain seinen Bruder Abel tötete. Damals war das Paradies geschlossen, und ein Engel mit dem Schwert stand davor.
Doch der Friede, den uns Jesus gibt, ist unzerstörbar. Er ist auch kein Friede, den man einklagen kann. Es kann niemand behaupten, mit allen Menschen Frieden zu haben – und ich würde das auch niemandem abnehmen. Wer so lebt, lebt auf einer Insel. Es wird immer so sein, dass wir in Auseinandersetzungen hineingezogen werden. Wichtig ist jedoch, dass der Friede Christi in unseren Herzen regiert. Das hat Paulus im Kolosserbrief, Kapitel 3, niedergeschrieben.
Paulus, der so viel erlitten hat und ohne Schuld ins Gefängnis gesteckt wurde, brauchte in dieser großen Not Bewährung. Der Friede Christi sollte in euren Herzen regieren. Paulus, der im Seesturm fast unterging, der so viel im Kampf um die reine Lehre und die richtige Verkündigung in den Gemeinden erdulden musste, der so schwer gegen Verführungen und Verfälschungen des christlichen Glaubens kämpfte – all das können wir nicht einfach beiseiteschieben. Es ist nicht außer Kraft gesetzt. Deshalb ist es wichtig, dass der Friede Christi in euren Herzen regiert.
Von Paulus können wir lernen, dass er solche Konflikte nicht in menschlichen Kämpfen zu lösen versuchte, so wie wir das manchmal tun wollen. Stattdessen hat er alles seinem Herrn anvertraut. Er gab ein klares Bekenntnis ab und ertrug die Leiden. All das gehört dazu, wenn uns der Herr seinen Frieden gibt: Leiden und Kampf, auch im neuen Jahr 1994.
Doch der Friede, der in unseren Herzen regiert, ist kostbar. „Ach, dass du auf meine Gebote merkstest! Der Herr hat uns klare Gebote gegeben. So würde dein Friede sein wie ein Wasserstrom und deine Gerechtigkeit wie Wasserwellen.“ Aber die Gottlosen, spricht der Herr, haben keinen Frieden. „Ich habe meinen Frieden von dieser Welt weggenommen.“
Das ist ein ganz besonderes Geschenk, wenn uns der Herr seinen Frieden ganz neu schenkt. Jesus sagt: „Solches habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
In Jesus haben wir Frieden, auch wenn wir in der Welt keinen Frieden finden.
Der Segen des Friedens Gottes für das neue Jahr
Sehen Sie, so war es in der Weihnachtsgeschichte gemeint: Der Friede Gottes wendet sich denen zu, auf denen das Wohlgefallen Gottes liegt.
Ich möchte einfach damit schließen, indem ich Ihnen gratulieren kann: Auf Ihnen liegt der Friede Christi. Der Herr will Sie hineinstellen in seinen Frieden. Es kann nichts geschehen, was auch geschehen mag – sei es Trübsal, Not oder Angst – all das kann Ihnen den Frieden nicht rauben.
Sie dürfen mit diesem Frieden durch ein wild bewegtes Jahr 1994 gehen. Es soll nur das feste Herz bei Ihnen nicht ins Wackeln kommen, und Ihre Nerven sollen ruhen im Frieden Jesu, der Ihnen das immer wieder bezeugt.
Ich fand ein Wort von dem großen Psychologen C. G. Jung, der einmal sagte: Was die Welt auch über das religiöse Erleben denken mag – wer es hat, besitzt einen großen Schatz, der für ihn die Quelle des Lebens ist. Er besitzt den Frieden. Wer könnte sich anmaßen zu behaupten, dass ein solches Leben nicht rechtmäßig sei, dass ein solches Erlebnis nichts wert ist und dass ein solcher Frieden eine reine Illusion sei?
Nur wollen wir uns nicht nach C. G. Jung richten. Aber wir wollen uns überhaupt nicht genieren, diesen Frieden Jesu, den uns der Herr schenkt, anzunehmen – und zwar noch viel überwältigender, als es die Psychologen feststellen können.
Dieser Friede soll von uns gelebt werden, und wir sollen in diesem Frieden fröhlich durch dieses Jahr gehen – und in diesem Frieden auch einmal selig sterben.
Daher segnen Sie in seinem Frieden. Amen.
Abschlussgebet und Ausblick auf die Gemeindearbeit
Nun wollen wir von dem Lied „Nun lasst uns gehen und treten“ Lied 42 noch die Verse 8 bis 15 singen, also Lied 42, Verse 8 bis 15.
Herr Jesus, du Friedensfürst, du wirst dem Frieden gebieten. Du kannst auch in unser unruhiges und oft friedeloses Leben so deutlich hineinreden – in diesem neuen Jahr 1994.
Wir wollen zuerst das Heilsgut deines Himmelsfriedens erleben und erfahren. Darum lassen wir unser Leben vor dir ganz neu reinigen und nehmen eine Versöhnung an, die uns immer wieder ganz neu zuspricht, dass durch dein Opfer am Kreuz, durch dein Blut aller Schaden gut wird.
Es kann nichts mehr uns verdammen, und nichts mehr kann uns anklagen, weil du unser Gewissen ganz ruhig machst – in deinem Gottesfrieden.
Aber dann kannst du auch dem Frieden gebieten in unseren Familien und Häusern, in unseren Gemeinden, in unseren Ämtern, in denen wir wirken, aber auch in unserem Volk, in unserem Land und in der Welt.
Du hast oft deine Leute als Friedenstifter in dieser Welt gebraucht und gesegnet. Gib uns doch die Vollmacht, dass wir in deinem Namen deinen Frieden bezeugen können, so dass Menschen zum Glauben kommen und erleben, wie du sichtbar Versöhnung wirkst.
Wir möchten dich jetzt bitten, auch für all die Gebiete in der Welt, in denen Kampf und Streit herrschen. Segne alle Bemühungen um Frieden, aber gib vor allem auch unter deiner Christengemeinde dieses Zeugnis von deinem Frieden, der wirklich alle Not und alle Spannungen dieser Welt aufheben kann.
Darum bitten wir dich, dass auch die Angefochtenen und die Zweifelnden deinen Frieden erfahren und durch dich fröhlich werden.
Wir möchten dich bitten, dass du auch dieses neue Jahressegen mit allen Veranstaltungen und Diensten in unserer Gemeinde segnest.
Wir bitten dich für alle Menschen, die in unserem Gemeindebezirk wohnen, dass wir ihnen auch ein Zeugnis von dir sein können. Wir danken dir, dass du jetzt auch bei denen bist, die zur Skifreizeit unterwegs sind. Gib du dort Tage, an denen du ganz besonders an diesen jungen Menschen wirkst und Entscheidungen bewirkst, die für das ganze Leben, ja für die Ewigkeit von Bedeutung sind.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Wir singen noch den Vers 409.
Wie gestern Abend wird auch heute am Ausgang noch einmal ein biblisches Losungswort angeboten. Sie dürfen es gerne auch für andere mitnehmen, wenn Sie wollen. Es soll Sie grüßen, auch im neuen Jahr, als ein Zuspruch unseres Herrn.
Wir haben hinten die Ankündigung von unserer Michelsberg-Freizeit über Fasnacht ausgelegt. Es gibt einige Unsicherheit, weil immer wieder Leute fragen, ob sie auch teilnehmen dürfen, wenn sie nicht hier im Gemeindebezirk wohnen. Ja, gerade deshalb laden wir Sie ein.
Es hat sich verschoben, dass auf dem Michelsberg jetzt sehr viele Ein- und Zweibettzimmer sind. Das ist schön. Früher hatten wir bei Familien einen gewissen Engpass, und das wird auch zukünftig so sein. Aber alle anderen Ein- und Zweibettzimmer – da freuen wir uns, wenn Sie sich das vornehmen und einplanen. Nehmen Sie sich diese Zettel mit.
Ich glaube, schon morgen wird dieses Blatt wieder da sein mit den Missionaren, die aus unserer Gemeinde entsandt sind. Wir haben ja ein Missionarsehepaar in Belgien.
In Belgien gibt es vielleicht wie in Frankreich am wenigsten bibellesende Christen. Das ist ganz erschütternd. Die Länder, in denen einst die ersten Märtyrer der Reformation waren, sind heute so verweltlicht.
Wir freuen uns, dass Berthold Lampard und seine Frau, die Renate, geborene Kümmel, dort in Belgien mit der belgischen evangelischen Mission arbeiten. Wir wollen heute unser Opfer für diesen Dienst geben, damit dort Jesus verkündigt werden kann.
Europa hat mit dem heutigen Tag einen riesigen Binnenmarkt, eine große Freihandelszone vom Nordkap bis Sizilien. Es wäre schön, wenn wir erst einen richtigen geistlichen Austausch in Europa hätten.
Es gibt so viele dunkle Gebiete in Europa, selbst im eigenen Land, und wir brauchen Erweckung. Europa ist Missionsland.
Nun dürfen wir in dieses neue Jahr unter dem Segen des Herrn gehen:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
