Ja, hallo zusammen! Schön, dass ihr heute Abend wieder dabei seid bei Liebevoll.
Es ist mittlerweile der achte Vortrag in unserer Hohelied-Serie. Wir freuen uns sehr über die viele Resonanz, auch von euch. Besonders schön ist es zu sehen, dass Gott diese Vorträge gebraucht, um etwas in den Ehen zu bewirken, um Ehepaare zu ermutigen und auf wichtige Dinge hinzuweisen.
Wir freuen uns sehr und schätzen euch sowie euer Feedback zu unserer Arbeit. Ich hoffe, und wir beten dafür, dass auch der heutige Abend für euch ein echter Gewinn ist.
Wenn man zwei Feuersteine nimmt und sie aufeinander schlägt, entstehen immer Funken. Das ist so gut wie immer der Fall. John Trapp hat einmal gesagt, dass es genauso unwahrscheinlich ist, zwei Feuersteine aufeinanderzuschlagen, ohne dass Funken entstehen, wie zwei Sünder zusammenzubringen, ohne dass es zu Konflikten kommt. Ich glaube, er hat recht.
Ich möchte die Behauptung aufstellen, dass es in jeder Ehe zu Problemen und Konflikten kommt. Ich bin überzeugt, dass wir das alle hin und wieder in unseren Ehen erleben. Doch wenn man mittendrin steckt, denkt man manchmal: „Boah, wir sind die Einzigen, die es nicht auf die Reihe bekommen.“
Ich erinnere mich gut an ein Ehepaar, das vor mir saß und einige Probleme in seiner Ehe hatte. Als ich ihnen sagte, dass das, was sie gerade erleben, in vielen Ehen vorkommt, waren sie ganz erstaunt. Sie sagten: „Echt? Wir denken immer, wenn wir sonntagmorgens in die Gemeinde kommen, läuft überall alles perfekt. Nur wir kriegen es irgendwie nicht hin.“
Ich konnte sie daher ermutigen und sagen: Nein, das hängt eben damit zusammen, dass wir Sünder sind. Wir leben außerhalb des Gartens Eden, und außerhalb des Paradieses gibt es keine perfekte Ehe. Und doch ist das oft sehr, sehr schmerzhaft.
Vielleicht ist das auch gerade das, was euch beschäftigt. Vielleicht seid ihr als Ehepaar gerade in einer schwierigen Situation. Ihr habt Probleme, mit denen ihr nicht so gut zurechtkommt. Das ist etwas unglaublich Aufreibendes, wenn man durch schwere Zeiten geht.
Eine Ehe kann etwas sehr Schönes sein. Aber wenn es nicht läuft, ist das ein belastendes Thema. Vielleicht sitzt ihr heute auch zusammen auf dem Sofa und sagt: „Bei uns läuft alles super.“
Dann kann ich euch nur sagen: Preist den Herrn dafür! Bleibt aber trotzdem dran, auch wenn wir heute über Beziehungsprobleme sprechen. Denn das kann für euch hilfreich sein – für die Zukunft. Es kann euch auch helfen, anderen Ehepaaren beizustehen, die gerade durch schwierige Zeiten gehen.
Das Thema heute Abend lautet: Beziehungsprobleme überwinden. Wir möchten das Thema bewusst auch von einer hoffnungsvollen Seite betrachten. Es geht ja darum, Probleme zu überwinden. Aber wie kann man Beziehungsprobleme überwinden?
Im heutigen Text steckt viel drin. Wir schauen uns jetzt Hohelied 5, Verse 2 bis 8 an. Ich möchte den Text zunächst am Stück vorlesen, und danach kommen wir zu den Details.
Da heißt es in Vers 2: „Ich schlief, aber mein Herz war wach. Horch, mein Geliebter klopft! Öffne mir, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene! Denn mein Kopf ist voller Tau, meine Locken voll von Tropfen der Nacht. Ich habe meinen Leibrock schon ausgezogen, sollte ich ihn wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, sollte ich sie wieder beschmutzen?“
„Mein Geliebter steckte seine Hand durch die Öffnung, da wurden meine Gefühle für ihn erregt. Ich stand auf, um meinem Geliebten zu öffnen. Da tropften meine Hände von Myrrhe und meine Finger von flüssiger Myrrhe, als ich sie an die Griffe des Riegels legte. Ich öffnete meinem Geliebten, aber mein Geliebter hatte sich abgewandt und war weitergegangen. Ich war außer mir, dass er weg war. Ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht. Ich rief ihn, doch er antwortete nicht.“
„Es fanden mich die Wächter, die die Stadt durchstreifen, sie schlugen mich und verbanden mich. Die Wächter der Mauer nahmen mir meinen Überwurf weg. Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems: Wenn ihr meinen Geliebten findet, was wollt ihr ihm ausrichten, dass ich krank bin vor Liebe?“
Ein überraschender Text mitten im Buch Hohelied. Wir haben uns ja beim letzten Mal mit dem schönen Thema Hochzeitsnacht und Sexualität beschäftigt. Insgesamt ist das Buch Hohelied ja ein so positives Buch, das die Liebe feiert. Aber plötzlich, mitten drin, gibt es so eine Situation, in der es knallt, in der es zum Konflikt kommt.
Und ich liebe an der Bibel, dass sie so realitätsnah ist. Es kommt zum Konflikt zwischen den beiden.
Diesen Konflikt wollen wir uns jetzt einmal genauer anschauen, und zwar unter dem Aspekt: Wie können wir Beziehungsprobleme überwinden?
Drei Punkte möchte ich heute Abend ansprechen. Zunächst schauen wir uns den Auslöser an. Danach sprechen wir über die Ausweitung des Konflikts. Zum Schluss betrachten wir den Ausblick.
Kommen wir zunächst zum Auslöser, und dann möchte ich die Verse zwei und drei noch einmal lesen:
„Ich schlief, aber mein Herz war wach. Horch, mein Geliebter klopft, öffne mir, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene, denn mein Haupt ist voller Tau, meine Locken voll von Tropfen der Nacht. Ich habe meinen Leibrock schon ausgezogen, wie sollte ich ihn wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich sie wieder beschmutzen?“
Zunächst einmal müssen wir erkennen, dass in diesem Text einiges nicht ganz klar ist – besonders die Aussage am Anfang: „Ich schlief, aber mein Herz war wach.“ Unter den Auslegern des Hohelieds gibt es eine Diskussion: Handelt es sich hier durchweg um ein Traumereignis? Wird hier also nicht etwas erzählt, das wirklich passiert ist, sondern träumt sie das einfach? Oder schläft sie bis zu dem Punkt, an dem er klopft? Das ist nicht ganz klar und lässt sich, glaube ich, auch nicht abschließend beantworten.
Eine Sache ist jedoch klar: Es gibt hier einen offensichtlichen Konflikt. Er steht vor der Haustür und klopft bei ihr an. Die vierfache Anrede – „meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene“ – wirkt fast wie ein Flehen. Vielleicht hat er ein schlechtes Gewissen, weil er so spät kommt. Vielleicht waren sie früher verabredet, und er will sie doch noch überzeugen und gütig stimmen. Deshalb wählt er vielleicht diese Worte. Es könnte aber auch einfach seine romantische Art sein, die wir schon aus anderen Kapiteln des Hohelieds kennen. Er möchte einfach gerne den Abend mit ihr verbringen.
In Kapitel zwei steht er vor ihrem Haus und bittet sie, herauszukommen. Diesmal bittet er um Einlass. Er ist offensichtlich spät dran, denn er spricht von den Tropfen der Nacht, vom Tau. Im Buch Richter sehen wir, dass der Tau damals ziemlich heftig sein konnte. Entweder möchte er deutlich machen: „Ich habe keine Mühen gescheut, ich bin nass geworden für dich, ich möchte dich heute Abend sehen.“ Oder er will ihr damit die Dringlichkeit klarmachen: „Ich bin nass, mach bitte schnell die Tür auf.“ Vielleicht ist es beides.
Interessant ist, wie Sulamit darauf reagiert. Sie freut sich riesig, dass er da ist? Hm, nicht ganz. Vers drei sagt: „Ich habe meinen Leibrock schon ausgezogen, wie sollte ich ihn wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich sie wieder beschmutzen?“ Da denken wir: Oha, Moment, was ist hier los? Das kennen wir so noch nicht zwischen den beiden im Hohelied.
Das ist die hebräische Variante zu sagen: „Ich habe Kopfschmerzen, heute Abend läuft nichts.“ Der Leibrock ist ein knöchellanges Untergewand, das Männer und Frauen unter dem Mantel trugen. Sie hat sich also schon fürs Bett ausgezogen, liegt im Bett und beabsichtigt nicht, wieder aufzustehen. Sie hat ihre Füße gewaschen – das war damals üblich, weil die Straßen staubiger waren. Man wusch sich die Füße vor dem Schlafengehen.
Ihre Antwort ist eine klare Abfuhr – und zwar eine deutliche. Vielleicht fragst du dich, woran das im Text zu erkennen ist, dass sie völlig entrüstet ist? An dem Fragewort „Wie?“ – „Wie sollte ich ihn wieder anziehen?“ Im Hebräischen ist das ein besonderes Fragewort, das nur noch in Esther 8,6 verwendet wird. Dort heißt es: „Denn wie könnte ich das Unheil ansehen, das mein Volk treffen wird, und wie könnte ich den Untergang meines Geschlechts mit ansehen?“ Esther ist völlig entrüstet, und das macht das Wort deutlich: „Wie, wie könnte ich?“
Genau dieses Wort, das sonst nirgendwo in der Bibel verwendet wird, steht hier im Hohelied. Deshalb können wir davon ausgehen, dass Sulamit völlig entrüstet ist: „Ich habe meinen Leibrock schon ausgezogen, wie sollte ich ihn wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich sie wieder beschmutzen?“ In ihren Augen ist sein Verhalten völlig dreist und respektlos. Was fällt ihm ein, mich nachts aus dem Bett zu holen?
In Kapitel drei ist das ganz anders. Dort liegt sie nachts alleine im Bett und sehnt sich danach, dass er kommt. Jetzt liegt sie nachts allein im Bett, er kommt, aber sie will ihn nicht reinlassen. Vielleicht hat sie schon lange auf ihn gewartet. Wir hätten gerne mehr Hintergrundinfos. Vielleicht waren sie verabredet, und er hatte Wichtigeres zu tun. Jetzt kommt er mit den Worten „Meine Vollkommene, lass mich rein“, und sie denkt sich: „Nö, nö, so läuft das nicht.“
Zusammengefasst sagt sie: Du kommst zu spät, ich habe mich fürs Bett fertig gemacht, liege schon im Bett und beabsichtige nicht, wieder aufzustehen und dir die Tür zu öffnen. Ich will nicht gestört werden. Nun würden wir gerne mehr über die näheren Umstände erfahren. Vielleicht musste er länger arbeiten – als Regierungschef musste er auch schon mal länger arbeiten. Vielleicht hatten sie ein Date, und er hat das vergessen. Oder die Arbeit hatte mal wieder Vorrang, und sie fühlt sich zurückgesetzt, was ihre Reaktion erklärt.
Vielleicht ist es aber auch einfach ihre Bequemlichkeit. Das kann theoretisch auch sein. Sie genießt die Bettruhe, hat sich bequem gemacht, und es ist mit Aufwand verbunden, den Leibrock wieder anzuziehen und ihm die Tür zu öffnen. Vielleicht ist Bequemlichkeit der Grund – das wissen wir nicht. Wir müssen mit dem arbeiten, was offensichtlich ist.
Offensichtlich ist, dass er den Wunsch beziehungsweise die Erwartung hat, dass sie ihm die Tür öffnet. Sie hingegen hat den Wunsch beziehungsweise die Erwartung, in Ruhe gelassen zu werden und schlafen zu können. Beide haben Erwartungen, beide haben Wünsche, die vom anderen nicht erfüllt werden. Das ist der Auslöser des Konflikts: unterschiedliche Wünsche und Erwartungen, die man in seinem Herzen trägt und unbedingt erfüllt haben will.
Ich möchte die Behauptung aufstellen: Die meisten Konflikte und Beziehungsprobleme lassen sich auf unterschiedliche Erwartungen und Wünsche in unserem Herzen zurückführen. Wenn ihr Kinder habt, könnt ihr das gut nachvollziehen. Im Kinderzimmer gibt es plötzlich Streit. Du kommst rein und fragst: „Was ist hier los?“ Das eine Kind sagt: „Ich wollte das Spielzeug haben.“ Das andere sagt: „Nein, aber ich hatte es zuerst.“ Beide denken nur an sich, an ihre Wünsche und Erwartungen, und so entsteht der Konflikt. Ihr kennt diese Situation, wenn ihr Kinder habt.
Traurig ist, dass es genau das auch in unseren Ehen gibt – nicht im Kinderzimmer, sondern im Wohnzimmer, Schlafzimmer oder wo auch immer. Wir denken an uns selbst, und unsere Wünsche stehen im Vordergrund. Zum Beispiel wünscht sich der Mann, einen Abend mit seinen Freunden zu verbringen, die Frau möchte lieber Zeit mit ihrem Mann verbringen. Er denkt, sie gönnt ihm das nicht. Sie denkt, seine Freunde sind ihm lieber. Der Auslöser für den Konflikt sind unterschiedliche Wünsche.
Oder der Mann kommt abends von der Arbeit und wünscht sich einen romantischen Abend mit seiner Frau – ich sage mal „all inclusive“. Die Frau hatte einen anstrengenden Tag und möchte lieber früh schlafen gehen, vielleicht schon um 21 Uhr. Es kommt zum Konflikt. Was ist der Auslöser? Unterschiedliche Erwartungen und Wünsche.
Der Mann möchte den Sonntag gerne mit der Familie verbringen, die Frau möchte ihre Eltern einladen. Es entsteht ein Konflikt. Was ist der Grund? Unterschiedliche Wünsche.
Konflikte entstehen auch, wenn wir Erwartungen an unseren Partner stellen, denen er nicht nachkommt. Der Mann kommt von der Arbeit nach Hause und erwartet, dass alles sauber ist. Die Frau hat es nicht geschafft. Die Frau erwartet, dass der Mann nach der Arbeit den Kopf frei hat für sie und die Familie, aber er bringt die Arbeit mit nach Hause.
Wir sind enttäuscht, wenn der andere unsere Erwartungen nicht erfüllt. Vielleicht hat eine Frau die Erwartung, dass ihr Mann sportlich aussieht, und sein Bäuchlein wird größer. In ihr wächst die Unzufriedenheit. In unseren Ehen sind wir oft frustriert, weil wir Erwartungen und Wünsche an den anderen haben, die nicht erfüllt werden.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Das ist der Auslöser für die meisten Konflikte und Eheprobleme. Sie hängen mit unseren persönlichen Erwartungen und Wünschen zusammen. Weil das so häufig der Auslöser ist, muss die Konfliktlösung auch hier ansetzen, wenn wir darüber sprechen, wie man Beziehungsprobleme überwinden kann.
Ich möchte noch ein weiteres Detail im Text zeigen: Im Hebräischen beginnt der Text hier mit einem betonten „Ich“. Und vielleicht nicht von ungefähr – es geht um mich. Der Text sagt dann auch: Er fängt an zu reden: „Öffne mir, denn mein Haupt und meine Locken sind nass geworden.“ Es geht um meinen Kopf, um meine Locken, die nass geworden sind.
Und wie antwortet sie darauf? Sie sagt: „Ich habe meinen Leibrock schon ausgezogen, wie sollte ich ihn wieder anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich sie wieder beschmutzen?“ Das fällt richtig auf, wenn wir an den letzten Text denken. Im letzten Text ging es um dich und deine, in diesem Text geht es um mich und um meine.
Das ist offensichtlich das Kernproblem. Konflikte entstehen, Eheprobleme entstehen, wenn jeder auf sich selbst schaut. Sie hängen mit unserem Egoismus zusammen. Vielleicht sagst du jetzt: „Das ist aber ein bisschen pauschal.“ Schaut mal, das Neue Testament greift das Thema auf.
In Jakobus 4 wird die Frage gestellt, woher Beziehungsprobleme kommen. Ich will den Text mal mit euch lesen, bevor wir weiter in die Anwendung gehen und praktisch werden. Zunächst müssen wir den biblischen Befund klar haben.
Jakobus 4,1-3: „Woher kommen Kriege und woher Streitigkeiten unter euch? Kommen sie nicht daher aus euren Lüsten, die in euren Gliedern streiten? Ihr begehrt und habt nichts; ihr tötet und neidet und könnt es nicht erlangen; ihr streitet und führt Krieg. Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr übel bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden.“
Woher kommen Streitigkeiten? Man könnte hier auch fragen: Woher kommen Beziehungsprobleme, woher Eheprobleme? Das Neue Testament, Jakobus 4, gibt uns die Antwort: Es sind unsere egoistischen Wünsche in unserem eigenen Herzen, es sind unsere Begierden.
Das Thema ist viel grundlegender, als wir denken. Wenn es zu Beziehungsproblemen kommt, liegt es nicht in erster Linie daran, dass unsere Kommunikation nicht gut läuft. Wenn wir Probleme in der Ehe haben, liegt der Hauptgrund nicht an den Umständen. Ja, die Arbeit ist gerade anspruchsvoll, das sind Umstände um uns herum.
Das Kernproblem aller Konflikte und Beziehungsprobleme entsteht in unserem eigenen Herzen, wo wir nur auf unsere Wünsche und die Erfüllung unserer Lüste bedacht sind. Deshalb ist es so wichtig, dass jeder zunächst einmal anfängt, sich mit seinen eigenen Problemen zu befassen, die wir alle haben.
Schaut mal, auch in der Ehe neigen wir dazu, den Splitter im Auge des Anderen zu sehen, aber unseren Balken nehmen wir nicht wahr.
Deswegen, wenn wir heute etwas praktischer werden wollen: Wie können wir Beziehungsprobleme überwinden? Mein erster Rat an dich lautet: Schau zuerst auf dich.
Ich gebe Paaren, die in der Ehesesorge sitzen, oft eine Hausaufgabe. Ich sage dann: Führe mal eine Balkenliste. Fang mit deinen eigenen Problemen an und konzentriere dich nicht auf die Schuld des anderen, sondern auf dich selbst. Liste auf, wo deine Probleme liegen, wo du falsch gehandelt hast und welche falschen Herzenshaltungen du hast.
Das führt uns zu Punkt zwei: Achte auf dein Herz. Wenn Jakobus sagt, dass es mit unseren Herzen zusammenhängt, mit unseren inneren Begierden und Wünschen, dann sollten wir anfangen, uns einige Fragen zu stellen, wenn ein Konflikt entsteht. Frage dich: Welchen Wunsch verfolge ich hier eigentlich in meinem Herzen? Wie sehe ich mich selbst und wie sehe ich meinen Partner? Was ist mir gerade so wichtig in meinem Herzen, dass ich bereit bin, die Beziehung zu meinem Partner aufs Spiel zu setzen? Welchen Wunsch stelle ich in meinem Herzen über Gottes gute Absicht für unsere Ehe?
Ich möchte das an einem kleinen, vielleicht eher unspektakulären Beispiel aus unserer Ehe verdeutlichen. Wir hatten kürzlich eine Situation: Ich komme nach Hause nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag. Meine Frau sagt zu mir: „Andre, wir bekommen heute Abend noch Besuch. Ein Mann aus einer anderen Gemeinde ist hier in der Gegend und braucht eine Übernachtungsmöglichkeit.“ Ich habe gesagt, er kann bei uns übernachten. Das passte mir gar nicht. Ich hatte mir den Abend anders vorgestellt.
Ich sagte zu ihr: „Kannst du das nicht vorher mit mir absprechen?“ Wobei wir eigentlich so leben, dass man einfach einladen kann, ohne immer alles vorher abzusprechen. Es war also eigentlich nicht ihr Fehler. Aber in dem Moment passte mir das gar nicht, und ich warf ihr vor: „Kannst du das nicht irgendwie vorher mit mir absprechen?“ Sie sagte: „Okay, oh Mann, tut mir echt leid, hätte ich machen sollen. Aber du kannst noch absagen.“ Ich antwortete: „Ja super, jetzt noch absagen?“
Dabei wurde deutlich, dass ich nicht wollte, dass er bei uns übernachtet. Dann begann ich, mein eigenes Herz zu analysieren. Was war mir in dem Moment so wichtig? Welcher Wunsch war in meinem Herzen? Meine persönliche Ruhe. Das habe ich auch noch gerechtfertigt mit dem Gedanken: Ich kümmere mich den ganzen Tag um andere Menschen, und jetzt abends will ich meine Ruhe haben. Ja, es ging um mich.
Mir fiel auf, dass ich meine Frau in dem Moment als jemanden sah, der mir einen Strich durch die Rechnung macht. Statt sie als jemanden zu sehen, der Christus ähnlich handelt und gerne bereit ist, Gäste aufzunehmen – was ja total Christus verherrlichend ist. Aber das sah ich in dem Moment nicht. Ich sah nur meine Ruhe.
Es ging auch um meine Ehre. Wenn ich jetzt absage, wirkt es so, als wäre ich nicht dafür. Und ich will, dass die Leute gut von mir denken. Es hilft sehr, nach einem Konflikt das Ganze zu analysieren: Was ist da eigentlich los in meinem Herzen? Welche Absichten habe ich verfolgt?
Das möchte ich dir am Anfang mitgeben, weil es so grundlegend ist: Wenn ihr in einer Konfliktsituation seid, analysiere dein Herz. Welche Wünsche stellst du über Gottes Absicht für dein Leben und für deine Ehe? Es hängt immer damit zusammen.
Wir schauen uns nun den weiteren Verlauf des Textes an: Wie reagieren die beiden auf diesen Interessenskonflikt?
Vers 4 markiert die Ausweitung, man könnte auch von einer Eskalation sprechen, denn hier eskaliert der Konflikt. Dort heißt es: „Mein Geliebter streckte seine Hand durch die Öffnung, da wurden meine Gefühle für ihn erregt.“
Was mit der „Öffnung“ gemeint ist, wissen wir nicht genau. Es könnte sich um eine Öffnung an der Tür oder ein Wandloch handeln. Was die Hand genau machen will, sagt der Text nicht. Vielleicht will er grüßen oder versuchen, die Tür zu öffnen. Auf jeden Fall ist es eine liebevolle Geste, denn es steht, dass ihre Gefühle daraufhin für ihn erregt werden.
Wie reagiert sie? Vers 5: „Ich stand auf, um meinen Geliebten zu öffnen. Da tropften meine Hände von Myrrhe und meine Finger von flüssiger Myrrhe, als ich sie an die Griffe des Riegels legte.“
Sie steht auf, um ihm zu öffnen. Sie ist jetzt doch bereit, sich die Füße schmutzig zu machen, sie überwindet sich sozusagen. Ihre Hände triefen von Myrrhe. Myrrhe ist im Hohelied, ähnlich wie Wein, oft ein Symbol für Liebe. Hier kann es also bedeuten, dass ein Gefühlszustand bildlich beschrieben wird – die Hände voller Liebe. Sie möchte ihm die Tür auf liebevolle Weise öffnen. Sie hat sich also umentschieden und will ihn empfangen.
Und wie geht es weiter? Vers 6: „Ich öffnete meinen Geliebten, aber mein Geliebter hatte sich abgewandt, war weggegangen.“
Sie macht die Tür auf, doch er ist nicht da – so kennt sie ihn nicht. Dementsprechend ist sie auch völlig fertig. Wir bekommen hier keinen Einblick in seine Gedankenwelt. Warum er gegangen ist, sagt der Text nicht. Die Frage ist: Ist das hier nur ein Missverständnis? Er wusste ja nicht, dass sie ihm doch noch die Tür öffnen würde. Oder ist sein Verhalten negativ? Gibt es im Text Hinweise, die sein Verhalten als negativ deuten?
Definitiv gibt es eine Tendenz, denn das Wort „abgewandt“, das hier steht, wird sonst nur in Jeremia 31,22 verwendet – dort in einer etwas anderen Form, aber eindeutig negativ. Es beschreibt etwas Unbeständiges, Ungeduldiges. Deshalb denke ich, dass das auch hier gemeint ist: Er geht einfach weg. Er kommt mitten in der Nacht wieder rein, sie sagt „Nein“, dann erregt er doch irgendwie ihre Gefühle und geht einfach wieder.
Der Text bewertet das als unbeständig und ungeduldig. Es ist ein verfrühtes Weggehen, wahrscheinlich ist er beleidigt. Das ist zumindest das, was der Text andeuten möchte.
Und was macht das mit ihr? Hier bekommen wir einen Einblick in ihre Gefühlswelt. Was macht so etwas mit einer Frau, wenn der Mann so unbedacht reagiert und im Konflikt unweise – und ich möchte auch sagen – falsch handelt?
Vers 6: „Ich war außer mir, dass er weg war. Ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht. Ich rief ihn, doch er antwortete nicht.“
Sie ist total verzagt, ihr Mut schwindet, ihr Mut ist weg. Sie kennt ihn so nicht. Das ist der Punkt. Es ist völlig unerwartet, dass er plötzlich einfach weggegangen ist.
Was sie hier erlebt, ist eine emotionale Achterbahnfahrt: Erst Lustlosigkeit – sie will nicht aufstehen. Dann ist sie plötzlich voller Gefühle und will aufmachen. Und jetzt ist sie in völliger Verzweiflung, weil er weg ist. Eine emotionale Achterbahnfahrt innerhalb weniger Minuten.
In einem solchen Zustand – vielleicht erkennst du dich da auch wieder – trifft man nicht immer die besten oder überlegtesten Entscheidungen, sondern handelt oft sehr gefühlsgesteuert.
Und was macht sie? Sie geht raus, als Frau alleine nachts auf die Straßen, um ihn zu suchen. Doch sie findet ihn nicht. Stattdessen wird sie gefunden – und zwar von den Wächtern.
In Vers 7 heißt es: „Es fanden mich die Wächter, die die Stadt durchstreifen, sie schlugen mich, verwundeten mich, die Wächter der Mauer nahmen mir meinen Überwurf weg.“
Das hängt damit zusammen, dass eine Frau, die nachts alleine auf den Straßen unterwegs ist, für eine Prostituierte gehalten wird. Die Wächter gingen mit solchen Frauen nicht zimperlich um. Das heißt: Sulamit wird hier, obwohl sie eine anständige Frau ist, wie eine Prostituierte angesehen. Sie wird so behandelt, misshandelt, geschlagen, beschämt und ihre Kleidung wird ihr weggenommen.
Das rücksichtslose Verhalten ihres Geliebten bringt sie in eine absolute Gefahr. Das ist eine wichtige Lektion: Wenn man in einer Konfliktsituation unweise oder falsch reagiert, kann alles aus dem Ruder geraten.
Vielleicht habt ihr das auch schon selbst erlebt oder von anderen gehört: Beziehungen sind sehr sensibel. Wenn man in einem Konflikt gefühlsgesteuert von seinen eigenen Wünschen geleitet wird und falsche Entscheidungen trifft, führt das zur Eskalation. Dann wird alles nur noch schlimmer und die Verletzungen werden größer.
Das heißt: Falsche Reaktionen lassen Konflikte eskalieren.
Das kann sich so zeigen, wie hier im Text: Der Ehepartner geht einfach weg, knallt die Tür zu, wirft uns noch ein böses Wort hinterher und geht. Das ist eine falsche Reaktion auf einen Konflikt.
Oder man wird laut, schimpft sich an, beschimpft den anderen mit Schimpfworten, wärmt alte, längst vergebene Geschichten wieder auf. Kennt ihr das auch? Es ist längst vergeben, und doch holen wir im emotionalen „Ich will Recht haben“ plötzlich alte Geschichten wieder hervor und verallgemeinern: „Du bist immer so, das war schon immer so.“
Ich glaube, da finden wir uns manchmal wieder, oder? Wir reagieren falsch in Konfliktsituationen.
Das kann noch viel schlimmer werden: Man stellt den Partner öffentlich bloß, trägt den Konflikt vor den Kindern oder vor den Eltern aus, zieht sich zurück und stellt auf stur.
Ich habe lange gedacht, Zorn zeigt sich immer im Wutausbruch. Aber Zorn zeigt sich auch im Rückzug. Man zieht sich zurück und redet nicht mehr, ist aber voller Zorn und Verbitterung. Auch das ist eine falsche Reaktion im Konflikt.
Man droht manchmal sogar mit Scheidung. Ich sage immer wieder in der Ehevorbereitung zu verlobten Paaren: Nehmt das Wort Scheidung nie in den Mund! Doch in Konfliktsituationen wird es manchmal trotzdem gesagt.
Noch schlimmer: Man wird gewalttätig. Häusliche Gewalt – seitens von Männern oder auch von Frauen – gibt es leider auch in christlichen Ehen. Dort eskaliert die Situation.
All das, was ich gerade aufgezählt habe, sind falsche Reaktionen auf Konflikte. Sie führen zu Eskalation und Ausweitung.
Die Frage ist: Wie kann man überwinden, falsch zu reagieren?
Ich möchte euch einige Schritte mitgeben.
Der erste Schritt ist: Erkenne, dass du immer die Wahl hast, wie du in einer Konfliktsituation reagierst. Du hast immer die Wahl. Das ist wichtig zu wissen. Das „Ich konnte nicht anders“ ist eine Lüge. Natürlich konntest du anders.
Wenn du deinen Ehepartner angeschrien hast, dann heißt das nicht, dass du nicht anders konntest. Du hast dich entschieden, ihn anzuschreien.
Wenn du die Tür zugeknallt hast und einfach rausgelaufen bist, hast du dich entschieden, so zu handeln.
Wenn du deinen Ehepartner vielleicht sogar geschlagen hast, dann ist dir nicht einfach die Hand ausgerutscht. Du hast dich entschieden, Gewalt anzuwenden.
Das heißt: Es ist immer eine Entscheidung, wie wir reagieren – immer. „Ich konnte nicht anders“ ist eine Lüge.
Das ist der erste Schritt, den wir uns bewusst machen müssen, wenn es um Deeskalation in Konfliktsituationen geht.
Der zweite Schritt geht tiefer: Analysiere die Herzensabsicht hinter deiner Reaktion.
Wenn du falsch reagiert hast, dann analysiere, welche Absicht du mit deiner Reaktion verfolgt hast. Wir verfolgen immer eine Absicht mit unserem Handeln, auch wenn uns das nicht immer bewusst ist. Deshalb ist diese Analyse wichtig: Was wollte ich eigentlich mit meiner Handlung erreichen?
Zum Beispiel: Ein Ehepaar, er hat Fehler gemacht, seitdem zieht sie sich total zurück. Er kommt von der Arbeit nach Hause, sie geht direkt in die Küche und spült das Geschirr. Sie hat extra die Teller schon aufgestapelt, damit sie nicht mit ihm reden muss, wenn er nach Hause kommt.
Nach außen könnte man sagen: Eine fleißige Frau, die in der Küche aktiv ist und etwas tut. Wenn wir aber ihr Herz anschauen, könnten ganz unterschiedliche Absichten dahinterstecken.
Vielleicht will sie fliehen, weil er sie verletzt hat, sie hat nicht vergeben und will nicht die Nähe zu ihrem Mann.
Vielleicht will sie sich sogar an ihm rächen, weil er lange Zeit etwas falsch gemacht hat und sie ihm jetzt zeigen will, wie es ist, nicht mit ihr reden zu können, weil sie beschäftigt ist.
Ihr seht, das geht tief in unser Herz hinein. Es ist aber so wichtig, dass wir unsere Absichten hinter unseren Reaktionen analysieren.
Wenn wir das erkannt haben, ist der nächste Schritt: Tiefgreifende Buße tun.
Sage: Herr, ich erkenne, dass mein eigentliches Problem Zorn in meinem Herzen ist. Und dieser Zorn richtet sich ja auch immer gegen dich, Herr. Ich möchte wirklich Buße tun und umdenken. Herr, bitte verändere du mich tief in meinem Herzen. Es ist nicht so, dass mir das einfach ausgerutscht ist. Es kam aus meinem Herzen. Bitte vergib mir.
Der dritte Schritt, wie man in einer Konfliktsituation gut reagieren kann, ist: Stell dir die Frage, welche Reaktion Gott am meisten verherrlichen wird.
Etwas, das ich auch für meine Ehe erkannt habe: In jeder Konfliktsituation mit meiner Frau – und bei uns gibt es das auch – steht Gottes Ehre auf dem Spiel.
Gottes Ehre steht auf dem Spiel.
Wir sind dazu da, ihn zu verherrlichen, Christus zu verherrlichen. Das ist unsere ultimative Bestimmung.
Wenn sich ein Konflikt anbahnt und vielleicht auch ein Missverständnis vorliegt, und wir in einer Diskussion sind, dann will ich mir bewusst machen: André, es geht nicht darum, dass du gewinnst. Du musst diese Argumentation nicht gewinnen. Es geht nicht um dich. Es geht darum, dass Christus verherrlicht wird.
Wenn wir diese Haltung haben, bestimmt das, wie wir reden, wie wir handeln und wie wir uns bemühen, die Sache wieder zu klären. Denn es geht um Christus, die sichtbare und unsichtbare Welt.
Schaut zu: Wie wird sich André jetzt verhalten? Wie wird sich Caro verhalten? Werden sie Christus verherrlichen oder nicht?
Mir hilft das enorm, immer wieder, wenn ich merke: Hier bahnt sich ein Konflikt an, wir sind unterschiedlicher Meinung – sofort zu sagen: Herr, hilf du mir, mein Ich zu kreuzigen. Es soll um dich gehen. Ich möchte meine Frau mit deinen Augen sehen. Ich möchte nicht gewinnen, wir sind doch eins.
Das möchte ich euch weitergeben: Es geht um unsere Herzenshaltung, wenn der Konflikt da ist.
Christus möchte uns helfen. Er ist unsere ultimative Motivation. Ihn wollen wir verherrlichen. Und dann schenkt er uns das Gelingen, in einer Weise zu reagieren, die Gott gefällt.
Jetzt kommen wir zum dritten und letzten Punkt für heute Abend: der Ausblick – Hilfe von außen. Ich lese noch einmal Vers 8:
Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, wenn ihr meinen Geliebten findet, was wollt ihr ihm ausrichten? Dass ich krank bin vor Liebe?
Sulamith wendet sich hier an die Jerusalemerinnen, also an ihre Freundinnen, und bittet sie um Hilfe. Sie beschwört sie regelrecht, könnte man sagen. Daraus können wir auch entnehmen, dass sie die Hoffnung nicht aufgibt. Sie möchte die Beziehung retten, sie möchte, dass alles wieder geklärt wird. Das ist ihr Herzensanliegen. Aber sie alleine kommt nicht mehr weiter. Deswegen wendet sie sich jetzt an ihre Freundinnen und bittet um Hilfe von außen. Sie bittet sie, ihrem Geliebten eine Botschaft zu überbringen: „Was wollt ihr ihm ausrichten? Dass ich krank bin vor Liebe.“
Krank vor Liebe – das hatten wir auch schon mal in Kapitel 2, Vers 5. Dort ging es eher um Liebeskummer. Hier ist es eher wortwörtlich gemeint: Sie ist wirklich verletzt in Sachen Liebe. Sie ist verletzt worden, aber sie will es so gerne wieder mit ihm klären.
Hier können wir das Prinzip aufgreifen: Wenn die eigenen Bemühungen nicht zum Ziel kommen, kann man Hilfe von außen holen. Es gibt Hilfe von außen, die wir in Anspruch nehmen können, wenn wir in unseren Ehen nicht mehr zurechtkommen. Das möchte ich euch auch weitergeben.
Vielleicht guckst du heute Abend sogar alleine diesen Vortrag, weil ihr zu zweit kaum noch etwas gemeinsam machen könnt und ihr euch in einer tiefen Krise befindet. Da möchte ich euch ans Herz legen: Es gibt Hilfe von außen, und das kann sehr hilfreich sein.
Hilfe von außen ist ein biblisches Prinzip. In Philipper 4,2-3 ordnet Paulus an und bittet zwei Schwestern, die sich verkracht haben – es ist auch ein Beziehungsproblem –, ihnen zu helfen. Dann nehmen wir die ganzen Stellen dazu, die sagen, dass wir einander die Lasten tragen sollen und füreinander da sein sollen. Das ist ein biblisches Prinzip.
Natürlich stellen sich hier auch ein paar praktische Fragen: Wie sollen wir das machen? Meine Beobachtung ist generell, dass Frau und Mann dazu bereit sind, Hilfe von außen zu holen. Häufig ist es aber der Mann, der vielleicht aus Gründen des Stolzes nicht eingestehen will: „Wir kommen hier alleine nicht mehr weiter. Ich habe es nicht mehr im Griff als Mann, der ich für unsere Ehe verantwortlich bin.“ Hilfe von außen zu holen, nagt am Stolz.
Ich kann offen sagen: Bei uns in der Ehe gab es mal eine Situation, das war 2013, wo wir gemerkt haben, wir kommen hier alleine nicht mehr so gut zurecht. Wir hatten Hilfe von außen. Ich hatte einen Seelsorger, meine Frau hatte eine Seelsorgerin, und diese Menschen haben uns wirklich geholfen. Gott hat die Situation gebraucht, um unsere Ehe noch einmal zu vertiefen. Er hat etwas Gutes daraus gemacht, weil er uns gebrochen hat – mich vor allem. Dazu haben auch Leute beigetragen, die uns in der Situation geholfen haben.
Ich sage das bewusst heute Abend hier ganz offen, um euch zu ermutigen: Wenn ihr mal in so einer Situation seid, erwägt Hilfe von außen.
Wann sollte man Hilfe suchen? Ich denke, man sollte immer zuerst versuchen, den Konflikt zu zweit zu klären – immer. Und auch nicht beim ersten Scheitern direkt sagen: „Okay, jetzt brauchen wir Hilfe von außen.“ Aber wenn ihr dauerhaft nicht weiterkommt, dann ist es ein guter Punkt.
Tendenziell glaube ich, holt man eher zu spät Hilfe von außen als zu früh. In der Regel, wenn Paare kommen, ist das Kind schon fast in den Brunnen gefallen. Deswegen lieber ein bisschen zu früh als zu spät.
Wo sollte man Hilfe suchen? Ich denke vor allem in der Gemeinde. Es gibt natürlich auch Beratungsstellen, die aber manchmal eher einen psychologisch-therapeutischen Ansatz verfolgen. Manchmal fehlt mir da die biblische Grundlage in diesen Konzepten.
Ich würde sagen, der erste Schritt ist immer, in der Gemeinde Hilfe zu suchen – von den Pastoren, von Seelsorgern, von anderen Ehepaaren, die mit dem Herrn leben und schon einiges an Erfahrung haben.
Was in jedem Fall nötig ist, wenn Beziehungsprobleme da sind, ist Vergebungsbereitschaft. Darauf läuft es eigentlich hinaus: Bin ich bereit, meinem Partner von Herzen zu vergeben?
Ich denke, das sind mit die häufigsten Worte der Liebe: Ich vergebe dir. Billy Graham, der bekannte Evangelist, wurde einmal gefragt: Was macht eine gute Ehe aus? Was ist das Schlüsselgeheimnis für eine gute Ehe? Billy Graham sagte: Es sind zwei Menschen, die gut vergeben können. Darauf läuft es hinaus.
Wenn ihr gerade in einer Krise steckt, möchte ich euch ermutigen: Mit Gottes Hilfe können wir einander vergeben.
Schaut mal, Jesus hat uns alles vergeben. Er möchte uns befähigen, auch einander zu vergeben.
Vielleicht sagst du: Ich bin so verletzt worden. Da möchte ich dich ermutigen: Fliehe mit deinen Verletzungen zu Christus. Fliehe zu Christus, er kann dich verstehen.
Schau mal: Jesus wurde verraten, mit einem Kuss, von einem Freund. Jesus hat erlebt, ungerecht und zu Unrecht beschuldigt zu werden. Er hat erlebt, allein gelassen zu werden. Leute haben ihm Unrecht getan.
Wenn das das ist, was du erlebt hast, auch vielleicht sogar in deiner Ehe, dann sollst du wissen: Christus kann dich verstehen. Aber nicht nur das – er möchte dir auch helfen, das zu überwinden.
Wunden, die da sind, können heilen. Das ist die Hoffnung, die wir im Evangelium haben.
Deswegen möchte ich dir so viel Mut zusprechen: Christus liebt dich, er hat dich angenommen und er möchte dir helfen, deinem Partner zu vergeben, weil er dir alles vergeben hat.
Vielleicht steckst du aber auch in einer größeren Krise und sagst: André, das ist ja alles richtig, was du gesagt hast. Das Problem ist, mein Partner will keine Hilfe von außen. Er will sie nicht. Ich habe meine Fehler erkannt, ich habe sie bekannt, ich tue jetzt alles dafür, um ihm meine Liebe zu zeigen, aber er blockiert. Sein Herz ist so kalt geworden und er geht weg.
Natürlich gibt es hier kein einfaches Erfolgsrezept. Aber ich möchte dir sagen: Wenn das deine Situation ist, dann möchten wir auch als liebevolles Team gern für dich da sein.
Schreib uns an, was du erzählst, darfst du ja selbst entscheiden. Aber wir beten gerne für dich und sind für dich da – wirklich. Das meinen wir ernst, dass wir dir helfen können, in dieser schwierigen Situation für dich da zu sein.
Und wenn das wirklich deine Situation ist, möchte ich dir trotzdem Folgendes mitgeben: Auch in dieser Situation kannst du Gott verherrlichen. Und darum geht es.
Du kannst Gott verherrlichen, indem die Liebe eben einseitig ist. Wenn du merkst, dein Partner liebt dich nicht mehr, aber du liebst ihn immer wieder neu – auch wenn nichts von ihm kommt.
Schau mal: Christus hat uns zuerst geliebt, als wir noch Sünder waren. So kannst du Christi Wesen widerspiegeln.
Dann ergreife immer wieder von deiner Seite die Initiative. Du kannst Gott verherrlichen, du kannst seinen Willen tun – auch in dieser Situation.
Da möchte ich dich ermutigen: Schau von dir weg, von deinen Problemen, die du vielleicht wirklich hast. Schau weg davon und schau auf Gott, wie du ihn verherrlichen kannst.
Der zweite Rat beziehungsweise das, was ich dir auch ermutigend weitergeben will, ist: Gott kann diese Situation gebrauchen, um an deinem Herzen zu arbeiten, um dich Jesus ähnlicher zu machen, um deinen Charakter zu veredeln.
Paul David Tripp hat mal gesagt: Die Ehe ist Gottes Werkraum für etwas, was größer ist als die Ehe.
Ich glaube, er hat vollkommen Recht: Die Ehe ist Gottes Werkraum für etwas, was größer ist als die Ehe.
Gott möchte durch die Ehe an unserem Charakter arbeiten. Und das betrifft uns alle, auch uns, die wir jetzt hier sitzen heute Abend und sagen: Ja, Gott sei Dank, wir haben keine Eheprobleme.
Gott möchte deine Ehe gebrauchen, um dich Christusähnlicher zu machen.
Und wenn es Konflikte gibt, ist das immer eine Chance, wenn wir darauf richtig reagieren, Christus ähnlicher und ähnlicher zu werden.
Abschließend möchte ich euch beiden noch einige Fragen mit auf den Weg geben, die den Austausch anregen sollen.
Die erste Frage ist sehr allgemein und dient als Einstieg: Was ist euch heute Abend besonders wichtig geworden? Redet einfach einmal darüber.
Die zweite Frage lautet: Was möchtet ihr euch für die nächsten Konfliktsituationen vornehmen? Solche Situationen wird es ganz sicher geben. Auch wenn eure Ehe grundsätzlich sehr gut läuft, werden Konflikte auftreten. Was möchtet ihr euch aus dem, was ihr heute vielleicht gehört habt, für eure Ehe und die nächste Konfliktsituation vornehmen?
Zum Abschluss schlage ich vor: Betet für eure Ehe. Dankt Gott für all das, was gut läuft, und bittet ihn um die Kraft, Konflikte so zu klären, wie es ihm gefällt. Betet aber auch für andere Ehen. Schaut heute Abend einmal von euch weg. Vielleicht kennt ihr Ehen aus eurem Umfeld, in denen es kriselt oder in denen Menschen Schwierigkeiten haben. Nehmt euch heute Abend die Zeit, auch für diese Ehen zu beten.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen guten Austausch zu diesem Thema. Es ist vielleicht nicht ganz so romantisch, aber umso wichtiger. So können wir Jesus verherrlichen. Das möchte ich hier zum Abschluss betonen: Es gibt immer Hoffnung für eine christliche Ehe durch das Evangelium.
Bis zum nächsten Mal!