Einführung in das Thema Zeit und ihre Bedeutung
Wir hören ein Wort aus dem Alten Testament, und zwar aus dem Buch Prediger, Kapitel drei, die Verse eins bis acht.
Alles hat seine bestimmte Zeit, und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit. Geboren werden hat seine Zeit, und sterben hat seine Zeit. Pflanzen hat seine Zeit, und das Gepflanzte Ausreißen hat seine Zeit. Töten hat seine Zeit, und Heilen hat seine Zeit. Abbrechen hat seine Zeit, und Bauen hat seine Zeit. Weinen hat seine Zeit, und Lachen hat seine Zeit. Klagen hat seine Zeit, und Tanzen hat seine Zeit. Steine werfen hat seine Zeit, und Steine sammeln hat seine Zeit. Umarmen hat seine Zeit, und sich vom Umarmen fernhalten hat seine Zeit. Suchen hat seine Zeit, und Verlieren hat seine Zeit. Aufbewahren hat seine Zeit, und Fortwerfen hat seine Zeit. Zerreißen hat seine Zeit, und Nähen hat seine Zeit. Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit. Lieben hat seine Zeit, und Hassen hat seine Zeit. Krieg hat seine Zeit, und Frieden hat seine Zeit.
Diese vielen Beispiele zeigen uns, wofür es Zeit geben kann. Daraus können wir auch schließen, wofür es gerade nicht Zeit sein kann.
Wenn wir über die Zeit nachdenken, die wir haben oder die uns fehlt, dann ist meistens das Problem, dass wir unter chronischem Zeitmangel leiden. Wir haben vieles zu erledigen, vieles vor, aber oft fehlt uns die Zeit dafür. Das ist an sich schon ein großes Problem.
Aus dem Buch Prediger werden wir hier auf ein zusätzliches Problem aufmerksam gemacht: Es kommt nicht nur darauf an, genügend Zeit zu haben, sondern auch darauf, die richtige Zeit zu nutzen. Es geht darum, gerade das zu tun, wofür es Zeit ist.
Die Bedeutung der richtigen Zeit im Leben
Wir haben heute aus dem zweiten Korintherbrief gehört: Heute ist der Tag des Heils. Dabei werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es eine bestimmte Zeit gibt. Diese Zeit gilt es zu nutzen – für eine bestimmte Handlung, eine bestimmte Aufgabe oder ein bestimmtes Angebot. Denn nicht zu jeder Zeit ist es gleichermaßen möglich, dem nachzukommen.
Auch wir haben heute eine besondere Zeit. Zumindest die meisten von uns, abgesehen von den Praktikanten, die hier arbeiten, und A, die hier tätig ist. Es ist Urlaubszeit. Für die meisten von uns ist das eine besondere Zeit im Jahr, in der es die Möglichkeit gibt, aufzuatmen. Manche haben sich vielleicht schon wochenlang vorher Gedanken gemacht und Hoffnungen geschöpft: Was werde ich tun, wenn ich in den Urlaub fahre?
Vor einigen Wochen war es den meisten von euch zumindest schon klar, dass ihr nach Brakel kommen werdet. Ganz anders war es vielleicht vor einem Jahr, als noch Unsicherheit herrschte: Was werden wir im kommenden Jahr machen? Wohin werden wir gehen? Worauf werden sich unsere Kinder freuen? Werden wir Zeit für uns haben, Zeit, um miteinander zu sprechen? Im Alltag tritt das oft in den Hintergrund. Doch jetzt gibt es Zeit, einmal Ruhe zu haben, die Natur zu genießen, draußen bei einem Spaziergang den Sonnenschein zu spüren, Spaß miteinander und aneinander zu haben.
Es ist auch Zeit, ganz neu auf das Wort Gottes zu hören, auf Gott zu hören, um zu wissen, was er von mir will. Gerade dort, wo das im Alltag oft in den Hintergrund getreten ist – durch all die Aktivitäten, die auf uns zukommen.
Auch Zeit, wie wir gestern gehört haben und wie einige gesagt haben, die sie von der Freizeit erwarten: Zeit der Ruhe, Zeit der Entspannung. Aber auch Zeit zum Auftanken, um neue Energie zu bekommen, neue Anstöße zu erhalten. Diese wollen dann umgesetzt werden – in der Zeit, die nach dem Urlaub wieder auf uns zukommt.
Herausforderungen im Umgang mit der Zeit
Und ich weiß nicht, wie es euch jetzt geht. Mir ist es manchmal in den vergangenen Jahren im Urlaub so ergangen: Ich hatte allerlei Hoffnungen. Ich hatte einen Stapel Bücher, die ich unbedingt in den Ferien, in dem Urlaub, durchlesen wollte.
Doch dann kam es anders. Irgendwie bin ich gar nicht ganz losgekommen von all den Gedanken, den Aufgaben und den Verpflichtungen, die ich noch einen Tag oder eine Woche vorher hatte. Ich musste immer wieder daran denken und immer wieder darum kreisen.
Ich weiß nicht, ob es dem einen oder anderen heute auch so geht. Ihr seid nun in Brake, fernab von eurer Arbeit und eurem Haushalt. Trotzdem sind da noch die Gedanken: Hätte ich nicht noch das tun sollen? Wenn ich jetzt zurückkomme, wartet diese oder jene Aufgabe. Mit dem habe ich mich gar nicht gut verstanden, da war eine ungute Situation.
So bringt der Urlaub oft nicht die ersehnte Entspannung. Die Urlaubszeit ist nicht die Zeit, in der wir tatsächlich die Erwartungen erfüllen können, die wir an sie gestellt haben.
Und wenn wir dann wieder zurückkommen in den Alltagstrott – mit dem morgendlichen Aufstehen, der Alltagsroutine während der Arbeit, dem Kinderbetreuen, dem Haus sauber machen und allem, was dazugehört – dann verlieren wir manchmal völlig aus dem Blick, was Gott uns für Besonderes in jeder Zeit gegeben und geschenkt hat. Er will uns immer wieder neu etwas entgegenbringen an jedem neuen Tag, in den wir hineingehen.
Die Einzigartigkeit jedes Tages und die Einladung zur Achtsamkeit
Auch das ist eine Frage des Umgangs mit der Zeit: Ist jeder Tag gleich, so wie es im Hinduismus und im Buddhismus behauptet wird?
Es dreht sich alles immer wieder, alles kommt immer wieder. Man wird auch wiedergeboren, lebt wieder auf der Erde und erlebt wieder das Gleiche. So läuft es immer im Kreislauf. Im Kleinen zeigt sich das dann jeden Tag: jeden Tag immer wieder dasselbe, immer wieder dasselbe. Oder ist nicht doch jeder Tag neu?
Gibt es nicht, so wie uns der Prediger auch gesagt hat, eben jeden Tag eine Zeit, in der wir sagen können: Heute ist gerade das dran? Heute will Gott, dass ich ihm danke – beispielsweise für die Blumen, die in meinem Garten wachsen.
Vor zwei Wochen ist mir Folgendes passiert: Ich bin durch die Lemko, durch die Innenstadt gegangen, und da ist mir ganz neu aufgefallen, wie schön die Fachwerkhäuser sind. Ich habe etwas genauer darauf geachtet. Die Leute haben sich vor einigen Jahrhunderten, als sie das gebaut haben, Mühe gegeben, mühsam Bibelverse und Widmungen an Gott in die Balken ihrer Häuser einzuschnitzen.
Das hat mich ganz neu innehalten lassen. Damals gab es schon Menschen, die nicht einfach auf sich selbst vertraut haben, als sie ihre Häuser bauten, sondern wussten, dass sie in Abhängigkeit leben – von Gott. Für mich war das ein Denkanstoß, auch für mich selbst zu überlegen, wie ich plane und wie ich lebe.
Es kann Zeiten in unserem Leben geben, in denen Gott uns eben nicht immer wieder dasselbe zeigen und uns aufmerksam machen will, sondern wo er etwas Neues für uns hat. Dann kann es sein, dass wir die Dinge um uns herum, die wie Alltag erscheinen, so betrachten, als wären sie zum ersten Mal da. Wir richten unser Augenmerk ganz neu darauf, Gott dankbar zu sein – zum Beispiel für unser Leben, das er uns gegeben hat.
Viele Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind erst dankbar für ihre Gesundheit geworden, nachdem sie eine schwere Krankheit erlebt haben. Und das ist doch traurig. Wenn wir jahrzehntelang gesund leben, will Gott uns manchmal darauf aufmerksam machen: Dieses Leben, das du heute führst, jede Minute, in der dein Herz schlägt, die du denken kannst, die du mit anderen Menschen zusammen sein kannst – jede dieser Sekunden ist ein Geschenk von mir an dich, sagt Gott zu uns.
Das können wir uns ins Gedächtnis einprägen. Dann wird jede Zeit, in der wir leben, zu etwas Besonderem. Es ist nicht die Alltäglichkeit, die uns erdrückt und erschlägt, sondern jede Stunde, jeder Tag wird etwas Besonderes.
Auch wenn ich viele Dinge immer wieder tue, sehe ich doch das Neue, das Besondere darin. So wie wenn ich in der Bibel lese: Das kann auch etwas Regelmäßiges sein, was ich immer wieder tue, aber trotzdem erlebe ich jedes Mal etwas ganz Neues – eine ganz neue Begegnung mit Gott.
Prioritäten im Leben: Der wichtigste Moment, Mensch und Tat
Und für uns stellt sich dann die Frage: Wenn es verschiedene Zeiten in unserem Leben gibt – wir haben gelesen von der Zeit, geboren zu werden, von der Zeit zu sterben, von der Zeit des Ausreißens oder des Anpflanzens, des Lachens oder des Klagens – welche dieser Zeiten ist denn zuerst einmal die wichtigste?
Gibt es eine wichtigste Zeit in unserem Leben, auf die wir besonders achten sollten? Wer ist der wichtigste Mensch, mit dem wir zu tun haben, auf den wir uns ausrichten können? Und was ist die wichtigste Tat in meinem Leben?
Ich habe einmal eine Antwort auf diese Fragen gelesen, die jemand gut zusammengefasst hat. Er sagte: Der wichtigste Moment ist der Augenblick, in dem ich jetzt gerade lebe. Der wichtigste Mensch ist der, mit dem ich gerade zu tun habe. Und die wichtigste Tat, die es zu tun gilt, ist immer die Liebe.
Das mag höchst anstrengend erscheinen – in jedem Augenblick, in dem wir leben, ganz präsent zu sein und jeden Moment tatsächlich als den wichtigsten zu nehmen: den Augenblick, in dem ich jetzt lebe, in dem ich hier sitze oder hier stehe; den Augenblick nachher, wenn wir zum Essen gehen oder den Nachmittag zusammen verbringen.
Doch es ist tatsächlich so: Jede Zeit, die wir haben, ist einmalig. Wir können keine Zeit gegen eine andere ausspielen und nicht sagen, die eine sei wichtiger als die andere. Gott hat uns für jede Aufgabe, für jede Verpflichtung, die er uns im Leben anvertraut hat, eine Zeit gegeben, in der wir ganz da sein müssen. Dabei können wir nicht sagen, das kommt später irgendwann einmal.
Wachsamkeit für Gottes Ruf und die Bedeutung der Gegenwart
Besonders wichtig sind die Zeiten, in denen Gott uns ruft und anspricht. Gerade dann sollten wir ganz präsent sein und nicht sagen: „Das hat irgendwann später einmal Zeit. Ich bestimme, wann Gott zu mir sprechen kann und wann nicht.“
Wir haben es im Korintherbrief gehört. Wahrscheinlich kennen wir alle das Beispiel des reichen Kornbauern, den Gott ruft, der aber nicht hört. Der Mann ist so beschäftigt, Tag für Tag. Er hat eine wichtige Aufgabe: Er führt einen großen Bauernhof und plant große Bauprojekte, um sein Korn lagern zu können, das er später verkaufen will. Dabei überhört er die Stimme Gottes völlig. Er merkt nicht, was jetzt für ihn an der Zeit ist. Für ihn war es nämlich nicht an der Zeit, Scheunen zu bauen oder an den Verkauf seines Korns zu denken. Vielmehr war es Zeit, auf Gott zu hören und sich darauf vorzubereiten, dass Gott ihn, wie wir in der Bibel lesen, noch in derselben Nacht ruft. Er stirbt und wird vor Gott stehen müssen, um Rechenschaft abzulegen.
Das ist sicher anstrengend: immer genau zu wissen, wann wir auf Gott hören und abwägen sollen, was heute dran ist und was Gott heute von uns will. Wir können das nicht einfach selbst mit unserem Terminplaner in die Hand nehmen. So gut es ist, sich zu überlegen, was wir nacheinander machen wollen, müssen wir auch offen sein für Gott. Wir sollten uns von ihm zeigen lassen, was jetzt dran ist.
In der Ehe habt ihr das sicherlich schon manches Mal erlebt: Wenn ihr mit eurem Partner gerade über ein Problem sprechen wollt, ist manchmal einfach nicht die richtige Zeit. Der andere ist aufgebracht und gar nicht bereit, die Probleme anzuhören, die ihr an diesem Tag mit den Kindern hattet, oder über die Urlaubsreise sprechen wollt, oder über den Haken, der in der Küche aufgehängt werden soll. Dann ärgert sich der Mann oder die Frau, je nachdem, und denkt: „Ich habe ganz andere Probleme. Heute war ein schwieriger Tag.“
Schon allein in unserem Alltag merken wir manchmal: Das war nicht die richtige Zeit. Deshalb gilt es, von Gott Weisheit zu erbitten und auf ihn zu hören. Gott soll uns zeigen, nicht nur wann er zu uns sprechen will, sondern auch wann die richtige Zeit für ein Gespräch ist.
Zum Beispiel: Wann ist die Zeit, zum Nachbarn zu gehen und ihn auf den Glauben an Jesus Christus anzusprechen? Auch hier ist nicht jede Zeit gleich gut. Manchmal sind die Leute so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht zuhören können. Deshalb ist es wichtig, sich von Gott zeigen zu lassen, wann der richtige Zeitpunkt ist, so etwas zu tun.
Die Bedeutung der Gegenwart und der Umgang mit Vergangenheit und Zukunft
Ein Sprichwort sagt: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Obwohl es nicht in der Bibel steht, ist an diesem Sprichwort etwas Wahres dran.
Wenn ich merke oder spüre, dass ein Auftrag von Gott vorliegt, dass Gott heute etwas von mir will, dann ist es fatal, die Zeit verstreichen zu lassen. Denn die einzige Zeit, über die wir tatsächlich verfügen, ist die Gegenwart – der Augenblick, jetzt im Moment.
Alles, was wir in der Vergangenheit anders hätten machen wollen, ist vorbei. Ich habe manchmal mit älteren Menschen gesprochen, die sagten: „Hätte ich doch damals studiert“, oder „Hätte ich doch damals freundlicher zu meiner Frau gewesen, dann hätten wir uns nicht geschieden.“ Oder: „Hätte ich damals mehr Zeit für meine Kinder gehabt, dann würden sie sich heute auch mehr um mich kümmern.“ All diese „Hätte ich“ und „Würde ich doch anders machen“ sind zu spät.
Die Vergangenheit ist eine Zeit, über die wir nicht mehr verfügen können. Wir dürfen auch nicht ständig daran kleben, um uns in der Gegenwart von der Vergangenheit bestimmen zu lassen.
In der Zukunft ist es genauso. Es gibt Menschen, die leben ständig nur in der Zukunft. Sie planen alles Mögliche, was sie morgen tun werden. Doch es bleibt immer „morgen“ und wieder „morgen“. So werden die Dinge nicht fertig. So geht es nicht weiter. Das ist eine Traumwelt, die aufgebaut wird und uns irgendwann einholt – dann merken wir, dass wir gar nicht weitergekommen sind.
Es ist die Gegenwart, in der wir leben. Das heißt für uns: Jetzt, in der Gegenwart, ist die Zeit des Urlaubs, die Gelegenheit, zu entspannen. Auch das will Gott von uns. Gott will, dass wir uns Zeit nehmen, um einmal zu entspannen, Kraft zu sammeln, ihm neu zu dienen, uns einzusetzen und Kraft für die Familie zu schöpfen.
Aber es ist auch eine Zeit, um hier in Brake auf Gott zu hören. Dort, wo all die Verpflichtungen des Alltags uns ferngehalten haben, ist hier Ruhe. Ruhe, in der wir vielleicht das leise Sprechen Gottes besser an uns herankommen lassen können, um uns neu auf Gott auszurichten.
Manchmal gilt es auch, einen Anstoß mit in den Alltag zu nehmen. Etwas freie Zeit im Alltag offenzuhalten. Statistisch gesehen haben wir heute so viel Freizeit wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit.
Historische Perspektive auf Zeit und Arbeit
Als ich vor einiger Zeit ein Buch über die Sozialgeschichte des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts gelesen habe, war ich erschrocken. Die normale Arbeitszeit zu Beginn der industriellen Revolution betrug ungefähr zwölf Stunden am Tag. Dabei handelte es sich um harte körperliche Arbeit.
Trotzdem gingen die Menschen im letzten Jahrhundert während der Erweckungsbewegungen noch für zwei Stunden in den Gottesdienst und feierten gemeinsam Gottesdienst. Ich frage mich manchmal, wie sie das früher geschafft haben. Ich kann es mir kaum vorstellen, denn wenn ich selbst einmal zwölf Stunden hart körperlich gearbeitet habe, bin ich danach ziemlich erschöpft und muss mich erst einmal ausruhen.
Es ist jedoch so, dass wir heute viel länger leben. Gerade vor kurzem haben die Versicherungen angekündigt, dass die Versicherungsbeiträge erhöht werden, weil statistisch festgestellt wurde, dass die Menschen länger leben als zuvor.
Ich habe gelesen, dass ein Arbeiter im letzten Jahrhundert in Deutschland ein Durchschnittsalter von etwa 25 Jahren erreichte, vor 100 oder 150 Jahren. Das lag an der starken körperlichen Belastung und der schlechten medizinischen Versorgung. Heute wird ein Mann durchschnittlich 72 oder 73 Jahre alt, möglicherweise sogar etwas älter. Frauen werden im Durchschnitt noch älter.
Daraus sehen wir, dass wir viel mehr Zeit in unserem Leben haben. Was machen wir mit dieser Zeit? Sind wir wirklich offen dafür, auf Gott zu hören und zu erkennen, wofür Gott unsere Zeit einsetzen möchte?
Wenn wir auf Gott hören, merken wir, dass wir auch viel effektiver sind. Es kommt viel mehr dabei heraus. Wir erreichen das Ziel, das Gott uns gesteckt hat und das wir uns selbst gesetzt haben. Das gelingt, weil wir zur richtigen Zeit das tun, was Gott von uns will. Stattdessen handeln wir nicht einfach zu irgendeiner Zeit und machen etwas, das gar nicht passt.
Jesus als Vorbild im Umgang mit der Zeit
Jesus weist die Jünger einmal zurecht, indem er in Johannes 7,6 und 8 sagt: „Meine Zeit ist noch nicht da.“ Die Jünger fragen sich, warum sie nicht jetzt nach Jerusalem gehen und dort den Menschen predigen. Doch Jesus antwortet: „Nein, meine Zeit ist im Moment noch nicht da.“
Jesus hat nichts überstürzt. Er war stets in Verbindung mit Gott und hörte darauf, welchen Auftrag Gott ihm gegeben hatte.
Dann heißt es in Matthäus 11,25: „Zu jener Zeit begann Jesus zu sprechen...“ und so weiter. Er spricht dabei über die Städte Kapernaum und Chorazin, die nicht auf ihn gehört hatten. Solche Formulierungen wie „zu jener Zeit“ finden sich oft in den Evangelien. Wir erinnern uns auch an den Anfang, als „die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn“. Auch hier wird eine ganz bestimmte Zeit betont.
Gott hat bestimmte Zeiten für uns, und wir müssen darauf hören, wann diese Zeiten sind.
In Epheser 5,15-16 wird ermahnt: „Kauft die Zeit aus und versteht, was der Wille des Herrn ist in dieser Zeit.“ Zeit steht uns nicht grenzenlos zur Verfügung. Sie rinnt uns auch nicht hoffnungslos durch die Finger, sodass wir nur durch große Aktivität versuchen könnten, sie aufzuhalten oder zu verdrängen. Es geht vielmehr darum, die Zeit, die uns gegeben ist, auszukaufen mit dem, was Gott uns anvertraut und übergeben hat.
Der kluge Knecht wird in Matthäus 24,45 gelobt, weil er seinen Angestellten die Speise zur rechten Zeit gegeben hat. Dort werden wir ermahnt, zur rechten Zeit wachsam zu sein – sowohl darauf, wann Jesus kommen wird, als auch darauf, was Jesus uns zu sagen hat.
So finden wir viele verschiedene Ermahnungen. Dabei geht es nicht nur darum, selbst zu planen und zu überlegen, was am besten sein könnte, sondern vor allem darum, auf Gott zu hören. Das bedeutet jedoch nicht, den Verstand auszuschalten.
Achtsamkeit und Präsenz im Alltag
Ich möchte noch zwei Beispiele geben, die uns helfen können. Das eine stammt von einem Mönch, dessen Namen ich nicht mehr herausgefunden habe. Er wurde einmal gefragt, wie er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so gesammelt und ruhig sein könne.
Darauf antwortete er: „Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich bete, dann bete ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich.“
Seine Fragesteller sagten daraufhin: „Das machen wir doch auch, ist doch klar. Wenn ich esse, dann esse ich.“ Sie gaben zu, höchstens mal zwischendurch zu reden. Zum Beispiel, wenn sie beim Mittagessen sind und plötzlich alle aufstehen, merken sie erst, dass die Zeit vom Essen vorbei ist.
Der Mönch erwiderte: „Nein, bei euch ist das nicht so. Wenn ihr sitzt, dann steht ihr innerlich schon. Wenn ihr steht, dann lauft ihr schon. Wenn ihr esst, dann seid ihr schon woanders.“
Tatsächlich ist es oft so, dass es Menschen gibt – vielleicht ist das euch auch schon aufgefallen –, die nie ganz bei der Sache sind. Wenn wir zum Beispiel unsere stille Zeit machen, sind wir oft schon dabei zu denken: „Ah, jetzt muss ich gleich dorthin fahren, ich müsste noch etwas einkaufen, und heute Abend habe ich mich mit Herrn Verhau verabredet, um dort jemanden zu besuchen.“ Dann kommen viele Gedanken auf.
Das führt dazu, dass wir nie ganz in der Zeit sein können, die uns Gott geschenkt hat. Wir sind nie wirklich ganz bei den Aufgaben, die wir machen. Auch wenn wir uns entspannen wollen, können wir das oft nicht, weil wir schon an alles Mögliche denken, was noch auf uns zukommt.
Beim Essen können wir das Essen nicht genießen, das Gott uns geschenkt hat – ein Geschenk, an dem wir uns freuen können. Stattdessen sind wir schon wieder mit Gedanken bei dem, was heute Nachmittag auf uns zukommt oder welche Probleme wir irgendwann bewältigen müssen.
Das nimmt uns viel von dem weg, was Gott uns schenken will: dass wir wirklich in der Zeit, die uns Gott gegeben hat, das tun, was Gott für uns vorgesehen hat. Dass wir nicht nur auf die Sorgen hören und nicht nur auf die Pläne, die wir schmieden wollen. Sondern dass wir zu Jesus Christus kommen können, der unsere Sorgen aufnimmt.
So wie es im ersten Petrusbrief, Kapitel 5, Vers 6 steht – der erste Petrusbrief wird uns ja auch noch weiter beschäftigen:
„Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöre zur rechten Zeit. Werft alle eure Sorgen auf ihn, denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5,6-7)
Dort steht, dass Jesus Christus uns zur rechten Zeit erhören wird. Dass wir uns nicht von unseren Sorgen erdrücken lassen sollen, dass sie nicht wie ein Stein auf unserem Rücken liegen oder uns die Augen für das Schöne verschließen, das uns Gott geschenkt hat.
Ich denke besonders hier in der Freizeit in Brake will Gott uns noch viel schenken. Wir sollen unsere Sorgen Gott anvertrauen und wissen, dass er uns zur rechten Zeit erhören und antworten wird. Dann brauchen wir unsere Sorgen nicht mehr selbst zu tragen.
Die Dringlichkeit der Entscheidung für Gott
Das heißt, dass es Zeiten gibt, die besonders wichtig sind. An diesen Punkt möchte ich noch einmal an den Vers aus dem zweiten Korintherbrief erinnern.
Ich weiß nicht, ob heute Morgen jemand hier ist, der keine lebendige Beziehung zu Jesus Christus hat und Jesus Christus nicht als persönlichen Heiland und Herrn kennt. Es gibt bestimmte Zeiten, in denen Gott ruft. Gott ruft jedoch nicht zu jeder Zeit, wie uns Paulus im zweiten Korintherbrief sagt. Vielmehr gibt es die Zeit des Heils, eine Zeit, in der Gott uns anruft.
Das ist eine Stunde, in der wir vor die Entscheidung gestellt werden: Willst du mit mir leben oder nicht? Diese Zeit ist besonders wichtig. Es gilt, sofort zu antworten – nicht zu verschieben oder die Entscheidung in den Hintergrund zu drängen, sondern Gott eine Antwort zu geben und sich dazu zu stellen.
In kleinerem Maßstab wiederholt sich das jeden Tag. Gott weist uns immer wieder darauf hin, was gerade dran ist. Zum Beispiel: Gehe heute zu dieser oder jener Person und sprecht euch aus. Vielleicht ist Verzeihung an diesem Platz notwendig. Oder heute brauchst du Zeit, um mit deinen Kindern zu verbringen. Vielleicht sollst du dich heute auch ausruhen, damit du für das, was in den kommenden Tagen auf dich zukommt, gestärkt bist.
Gott überschaut das oft viel besser als wir, weil er wirklich weiß, wie alles verlaufen wird.
Das Leben im Heute – Ein Beispiel von Papst Johannes Paul II.
Obwohl er Papst war, möchte ich dennoch ein Zitat von Papst Johannes XXIII. wiedergeben. Er wurde einmal gefragt, wie er seinen Tag bewältigt. Darauf antwortete er, dass er versuche, seinen Tag zu meistern, indem er sich nur auf den heutigen Tag konzentriere und lebe, ohne zu versuchen, die Probleme seines gesamten Lebens auf einmal zu lösen.
Er sagte: „Nur für heute werde ich nicht danach streben, andere zu kritisieren oder zu verbessern, sondern nur mich selbst. Nur für heute werde ich keine Angst haben. Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht ganz daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und der Unentschlossenheit.“
Weiter sagte er: „Nur für heute will ich glauben, selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten, dass Gott für mich da ist, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.“
Ich denke, hier hat er etwas Wesentliches getroffen. Er ließ sich von der Bibel ansprechen – vom Leben im Heute, im Jetzt. Es geht darum, jetzt auf Gott zu hören und nicht zu sagen, ich brauche meinen Glauben nur für die großen Probleme, die noch kommen werden. Sondern heute, an diesem Tag, soll ich glauben, an diesem Tag auf Jesus Christus vertrauen und ihm meine Sorgen anvertrauen.
So wie wir es auch im 1. Petrus 5,7 lesen: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“
Schlusssegen und Wunsch für die Freizeit
Zum Schluss ein irischer Segen, mit dem ich euch entlassen möchte:
Gottes Macht halte dich aufrecht,
Gottes Augen schauen für dich,
Gottes Ohr höre dich,
Gottes Wort spreche für dich,
Gottes Hand schütze dich.
Das gilt auch und ganz besonders für den heutigen Tag.
Ich wünsche euch, dass ihr erkennt, welche Zeit heute für euch da ist,
dass ihr auf Gott hört und das angehen könnt.
Ich wünsche euch, dass ihr hier in der Freizeit in Brake Zeit habt, auf Gott zu hören,
Zeit habt, zu entspannen,
und Zeit habt, Abstand zu nehmen von dem, was euch zuhause belastet hat
oder von dem, was auf euch zukommen wird, wenn ihr wieder zurückfahrt.
Amen.