
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts „Alltagsmission machbar!“ Ich bin Jochen und möchte heute mit euch darüber nachdenken, wie viel Frohbotschaft und wie viel Drohbotschaft in der Verkündigung steckt – oder anders gesagt: ob es nur Frohbotschaft geben sollte, ohne Drohbotschaft.
Wir wollen uns heute über ein Thema unterhalten, das, glaube ich, immer bei uns präsent ist, die wir in irgendeiner Weise das Evangelium verkündigen wollen. Stimmt es, was einmal das Motto einer katholischen Reformbewegung war: Frohbotschaft statt Drohbotschaft? Das klingt gut, oder?
Das klingt ja angemessen, denn wir haben ja eigentlich eine gute Botschaft zu verkünden. Wenn wir über die Bibel, über Gott, über unseren Glauben reden, dann soll das positiv klingen. Das Positive darf also nicht fehlen. Aber heißt das auch, dass das Negative völlig verbannt sein darf?
Schließlich bedeutet Evangelium im Griechischen Euangelion, also gute, wohlklingende Botschaft. Dürfen wir deshalb das Negative, das Drohende, das Warnende aus unserer Botschaft entfernen?
Ich meine nicht, dass dieses Motto schlecht ist, um uns zum Nachdenken anzuregen. Aber die Aussage Frohe Botschaft ohne Drohbotschaft ist gefährlich. Kann man das Frohe und das Warnende wirklich ausklammern, wenn wir über das Evangelium sprechen?
Freudige Nachrichten, positive Nachrichten stehen oft im Zusammenhang mit einem negativen Vorzustand. Wenn wir zum Beispiel sagen, die Schulnoten werden besser, der Kranke ist auf dem Weg der Heilung, das Wetter wird besser oder die Wirtschaft geht voran, dann meinen wir eigentlich immer auch, dass es vorher einen Zustand gab, der nicht so erfreulich war. Oder zumindest, dass es jetzt besser geworden ist als vorher.
Das heißt, Negatives gehört unmittelbar zum Positiven dazu.
Und jetzt, bezogen auf das Evangelium: Wie wollen wir von Rettung sprechen, wenn Rettung nicht nötig wäre? Wie können wir zur Buße aufrufen oder die Buße in den Mittelpunkt unserer Verkündigung stellen, wenn die Richtung bereits richtig wäre?
Wie sollte man verstehen, dass Heilung etwas Positives ist, wenn man nicht krank wäre? Wie könnte Begnadigung ein positiver Begriff sein, wenn man nicht überzeugt wäre, vor keinem Urteil zu stehen und keine Begnadigung zu brauchen? Das setzt voraus, dass man weiß, dass man gerechterweise Bestrafung zu erwarten hat.
Was wäre die Botschaft davon, dass jemand mir eine Last abnimmt, wenn ich gar nicht weiß, dass ich eine Last trage oder mir das nicht bewusst ist? Was wäre eine Befreiung, wenn sie an Menschen verkündigt würde, die gar nicht unfrei sind?
Nein, ich glaube, das Evangelium macht eigentlich keinen Sinn, wenn wir nicht auch negative Aspekte mit der Verkündigung verbinden oder diese mitverkündigen. Man könnte jetzt sagen: Wenn wir es positiv ausdrücken, wird jedem doch klar, dass auch etwas Negatives impliziert ist. Aber ich glaube, das reicht mitunter nicht aus.
Der Rettungsring wird möglicherweise nicht ergriffen, wenn man sich seiner Lage nicht bewusst ist. Der Feuerlöscher, der an der Wand hängt, ist eher störend oder unangenehm, nicht schön – es sei denn, ich befinde mich in einer Situation, in der ich ihn brauche.
Wenn nachts fremde Menschen vor meiner Haustür stehen und mich auffordern, herauszukommen, ist das eigentlich eine unangemessene Ruhestörung. Es sei denn, sie erklären mir ihr Verhalten damit, dass mein Haus brennt und ich mein Leben retten soll.
Ich glaube, das Evangelium enthält notwendigerweise negative Elemente. Sonst versteht man nicht, dass man erlösungsbedürftig ist, dass man Befreiung braucht, dass man Begnadigung benötigt und dass Versöhnung notwendig ist.
Ohne Feindschaft würde das keinen Sinn machen. Wir bräuchten keinen Stellvertreter, wenn es wahr wäre, dass wir selbst für uns eintreten könnten und im Gerichtsprozess Gottes bestehen würden.
Wir können das Evangelium nicht ohne das Zentrum, ohne das Kreuz verkündigen – ohne das, was eigentlich der Inbegriff von Leid, Schande, Strafe, Gericht und sogar Tod ist. Dann müssten wir erklären, woher das kommen soll, wenn alles nur positiv wäre.
Selbst wenn es um die Annahme des Evangeliums geht, sind wir bemüht – hoffe ich – nicht nur zu sagen: „Jetzt wird alles gut.“ Vielmehr wollen wir ehrlich sein und sagen: Ja, es stimmt, dass derjenige, der Gottes Liebe glaubend angenommen hat, untrennbar mit Gott verbunden ist.
Der Römerbrief Kapitel acht sagt, dass keine Macht dieser Welt und auch außerhalb dieser Welt uns von der Liebe Gottes trennen kann. Doch andere Bibelstellen machen ebenso deutlich, dass dann der Kampf erst beginnt. Es geht über Leid in die Herrlichkeit. Gott erzieht, und Erziehung kann auch schmerzhaft sein. Wir sind aufgefordert, unser Kreuz aufzunehmen.
All das zu verheimlichen und daraus nur eine positive Botschaft zu machen, wäre unangemessen und in gewisser Weise auch unfair. So unfair, wie wenn uns der Arzt nicht sagen würde, dass die heilsame Medizin bitter schmeckt oder dass eine Operation auch nachher Schmerzen verursachen kann.
Ich möchte daher festhalten: Das Motto „Frohe Botschaft statt Droh-Botschaft“ ist unangemessen. Wir müssen von einer Bedrohungslage, von einer gefährlichen Ausgangssituation ausgehen, wenn wir einen Hebel für das Evangelium brauchen.
Wir reden über das gegenwärtige und zukünftige Gericht Gottes. Gleichzeitig sprechen wir aber auch über die Hoffnung und die Gewissheit des Heils.
Aber die Frage ist doch: Wenn wir nicht sagen, in welchem Mischungsverhältnis, wie mischen wir dann Good News und Bad News? Wie viel davon ist angemessen? In welcher Reihenfolge beginnen wir mit der Bad News? Zerstören wir dadurch die Selbstsicherheit des Menschen, um ihn anschließend mit der Good News wieder aufzubauen?
Ist die Good News einfach die Hauptbotschaft, und die Bad News nur so etwas wie das Kleingedruckte, das ohnehin niemand liest? Wollen wir eine verbindliche Regel dafür haben, oder wovon hängt es ab, wie viel Warnendes, wie viel vielleicht auch Drohendes oder zumindest Schlechtes wir sagen dürfen?
Ja, dann wäre mein erster Punkt: Was ist denn überhaupt der Inhalt dieser sogenannten schlechten Nachrichten, die sich mit dem Evangelium verbinden? Ich glaube einfach, dass der Mensch nicht gut ist, dass er im Gegenteil verdorben ist, dass er böse ist und es auch mit größter Anstrengung nicht schaffen wird, so zu werden, wie er sein sollte vor Gott.
Und vielleicht die dritte schlechte Nachricht: Gott wird sich nie daran gewöhnen und das nicht akzeptieren, sondern er wird schließlich an einem Tag das Gericht über all dieses Böse sprechen müssen und sprechen.
Das sind eigentlich die negativen Seiten des Evangeliums, die dazugehören.
Aber bevor ich die positiven Seiten gegenüberstelle, möchte ich zunächst fragen: Ist das wirklich so negativ? Die erste Nachricht, dass ich tatsächlich böse bin, möchte ich mit einem Gang vor einen Spiegel vergleichen.
Wenn ich in einen Spiegel schaue und sehe, dass noch etwas vom Mittagessen an meinem Bad hängt, ist das für mich eine Neuigkeit – eine schlechte Neuigkeit, aber eigentlich nur für mich. Alle anderen haben das längst gesehen. Eigentlich ist es gut, dass ich es jetzt im Spiegel sehe.
Es gibt ein Krankheitsbild im Rahmen eines Schlaganfalls, das in der Pflege und Medizin als Neglekt oder Verweigerungsphänomen bezeichnet wird. Der Kranke verweigert unbewusst die Einsicht, dass etwas nicht mehr ganz normal ist. Manchmal hilft es dann auf recht brutale Weise, zum Beispiel durch einen Spiegel, deutlich zu machen: Hier stimmt etwas nicht, schau dir mal die Gesichtshälfte an, die herabhängt.
Es wird also nichts offenbar, was nicht ohnehin allen anderen außer dem Betroffenen selbst längst bekannt ist und was auch wahr ist. Wenn wir die negativen Seiten des Evangeliums ansprechen oder die scheinbar negativen Seiten, können wir nicht sagen, dass wir etwas schlechtreden. Die Dinge sind schlecht.
Es ist auch nicht so, als ob nur wir das so sehen oder nur die Bibel das so schildert. Es ist allgemein bekannt und wird auch allgemein beklagt, dass es himmelschreiende Missstände auf dieser Erde gibt: Neid, Streit, Krieg, Missbrauch – all diese Ungerechtigkeiten sind den Menschen um uns herum ebenfalls gegenwärtig.
Eigentlich sind es keine Neuigkeiten im Sinne von Bad News, sondern alte Dinge, die wir alle kennen.
Zweitens möchte ich sagen, dass diese schlechten Nachrichten in gewisser Weise auch gute sind. Denn wenn ich den Menschen zuhöre, sind sehr viele enttäuscht und empört über die Ungerechtigkeit dieser Welt. Sie fordern Gerechtigkeit ein und sagen: Das müsste doch bestraft werden! Sie sind empört darüber, dass, wenn es denn einen Gott gibt, er das so lange ungestraft lässt.
Da müsste es eigentlich eine gute Nachricht sein, wenn wir ihnen sagen: Nun, Gott hat genau dieses Gericht vor. Das, was du für alle anderen forderst, nur vielleicht nicht für dich selbst, wird tatsächlich eintreffen. Das ist die Nachricht, die ich weitergeben kann.
Für mich selbst werde ich das vielleicht nicht als positiv empfinden, aber grundsätzlich haben wir durchaus Anknüpfungspunkte für Gespräche mit Menschen, die noch fernstehen – auch im Bereich der schlechten Nachricht, der Bad News.
Viele Wahrheiten über die Schlechtigkeit des Menschen sind den Menschen durchaus bewusst. Viele, die für andere nach Rache, Gerechtigkeit und Strafe schreien, stimmen mit dieser Nachricht, die ich zu vermitteln habe, durchaus überein.
Aber ich möchte trotzdem darüber sprechen, was schlechter Umgang mit schlechten Nachrichten unsererseits bedeuten kann. Welche Fehler können wir dabei machen?
Ich meine damit nicht die eigentlichen inhaltlichen Fehler, sondern Fehler in der Art der Präsentation. Mitunter wurde es von Nichtchristen, aber auch von Christen beklagt, dass das Evangelium häufig in einer drohenden Grundhaltung verkündet wird. Oft geschieht dies mit donnernder Stimme, als ob Gott selbst für und vor uns als Richter stünde.
Manchmal werden dabei sogar irrationale Ängste geschürt, besonders bei Menschen, die psychisch nicht so stabil oder sehr sensibel sind. In solchen Fällen wird eher irrationale Angst geweckt als die rationale Wahrheit verkündet. Auch der Lösungsweg wird dann nicht klar aufgezeigt. Es wird uns vorgeworfen, dass wir mitunter psychologische Tricks wie Verängstigung und Einschüchterung einsetzen.
Wenn diese Vorwürfe wahr wären, müssten wir uns an das Wort von Paulus erinnern. Er sagt, dass wir nicht auf psychologische Weise, also nicht mit psychischen Mitteln arbeiten sollen, sondern mit geistlichen Mitteln.
Wir brauchen also nicht als diejenigen dazustehen, die donnernd, warnend und empört den Menschen Angst einreden. Stattdessen können wir an die Angst anknüpfen, die Menschen durchaus haben, und an ihre Empörung über das Böse. Das kann durchaus Thema unseres Vortrags sein.
Aber diese Haltung und Art der Präsentation sollte nicht dominieren.
Es gibt ein Negativbeispiel im Alten Testament, bei dem jemand genau so gehandelt hat. Dabei handelt es sich um den Propheten Jona. Das kleine Buch Jona ist wohl bekannt.
In Kapitel 3 lesen wir seine Botschaft. Sie wurde vollständig verkündet: Innerhalb von vierzig Tagen sollte Ninive zerstört werden (Jona 3,4). Das ist nichts Positives. Man kann sich gut vorstellen, mit welchem Groll Jona diese Worte aussprach. Dies wird im nächsten Kapitel noch deutlicher.
Unser Herr demütigt Jona mit seinen Fragen. Dabei stellt er die Barmherzigkeit Gottes in den Mittelpunkt. Diese Barmherzigkeit nimmt Jona selbst gerne in Anspruch, doch sie will er anderen nicht gewähren. In seinem Herzen hat er nichts von Barmherzigkeit. Im Gegenteil: Er verkündete die Botschaft nur ungern, weil er befürchtete, die Menschen könnten darauf reagieren und tatsächlich umkehren. Das wollte Jona eigentlich nicht.
Wenn wir also an Jona denken und sagen, wir müssten klare Kante zeigen und deutliche Gerichtsbotschaften verkünden, sollten wir auch daran denken, dass Jona von Gott zurechtgewiesen wurde. Er steht nicht als Vorbild da, sondern als Warnung.
Manche zitieren in diesem Zusammenhang 2. Korinther 5,11 und sagen: „Wir müssen doch vom Schrecken des Herrn reden.“ Aber müssen wir das wirklich?
Um das zu klären, lesen wir genau, was in 2. Korinther 5,11 steht. Dort heißt es: „Da wir ja den Schrecken des Herrn kennen.“ Wir kennen also den Schrecken des Herrn. Wer Gott fürchtet, weiß, dass Gott zu fürchten ist. Aber der Tor spricht in seinem Herzen: „Da ist keine Gottesfurcht, da ist kein Gott.“
In diesem Sinne geht es in 2. Korinther 5,11 nicht um den Inhalt der Botschaft, sondern um die Art und Weise und die Haltung, mit der wir die Botschaft verkünden. Wir sollten sehr wohl wissen, dass Gott zu fürchten ist.
Die Schlachter-Übersetzung gibt denselben Vers so wieder wie die Elberfelder Übersetzung: „im Bewusstsein, dass der Herr zu fürchten ist.“ In diesem Bewusstsein sollten wir das Evangelium verkündigen. Wir selbst und auch alle anderen sollten mit Ehrfurcht vor ihm stehen. Doch das ist unsere Haltung und nicht der Inhalt der Botschaft.
Aber müssen wir den Menschen nicht ins Gewissen reden? Wir sollen keine Einschüchterungsversuche oder psychologische Tricks anwenden. Müssen wir nicht sogar noch weitergehen und innerhalb dieser Bewegung sagen: Bereitet den Menschen keine ungerechtfertigten Gewissensbisse?
Ist diese Forderung richtig? Dürfen wir den Menschen keine ungerechtfertigten Gewissensbisse bereiten? Dazu ist zu sagen: Ich meine, dass Römer 2,15 zeigt, dass die Menschen bereits, auch wenn sie das Wort Gottes noch gar nicht gelesen haben, ein schlechtes Gewissen besitzen. Wir reden ihnen das also nicht ein, sondern sie haben es.
Römer 2,15 sagt, dass Gott den Menschen eine innere Instanz gegeben hat, das Gewissen, das ihnen Zeugnis ablegt vom guten Willen Gottes. Menschen haben naturgemäß, schöpfungsmäßig oder von Gott gegeben die Fähigkeit, Moralisches beurteilen zu können. Sie haben ein Bewusstsein für den Unterschied von richtig und falsch im eigenen Handeln.
Jetzt können sie auf zweierlei Art und Weise darauf reagieren, das steht auch in diesem Vers: Sie können ihren Verstand dieses Gewissen prüfen lassen und sagen: Ja, das ist eine Anklage gegen mich. Sie können diese Anklage auch als solche wahrnehmen.
Sie können aber auch mit ihrem Verstand Ausreden erfinden oder Entschuldigungen gegen diese Anklagen finden, die das innere Gewissen ihnen sagt. Sie können es abstumpfen, sie können es sogar verhärten, sagt die Bibel.
Es kann auch umgekehrt zu sensibel oder überempfindlich sein. Das sagt die Bibel vor allem im Sinne von Christen, die als schwache Christen bezeichnet werden.
Ja, wir müssen und dürfen zum Gewissen reden. Aber wir wenden uns an eine Instanz, die Gott gegeben hat und die auf Gottes Autorität reagiert. Wir sollten mit dem Wort Gottes kommen und nicht mit psychologischen Einschüchterungstricks oder Angstmacherei.
Wir brauchen nicht zu suggerieren, dass etwas Böses da ist. Stattdessen können wir die Wahrheit verkündigen, dass dort etwas falsch ist. Das Gewissen wird Ja zu unserer Botschaft sagen.
Jetzt stellt sich die Frage: Wie reagiert der Mensch darauf? Lässt er sich überführen oder nimmt er diese göttlichen Maßstäbe für Gut und Böse nicht an?
Jesus hat das getan. In Matthäus 5 hat er zu Beginn seines Dienstes im Matthäusevangelium die göttlichen Moralmassstäbe noch einmal sehr deutlich den Menschen vor Augen geführt. Manche werden so reagiert haben, dass sie zugestimmt haben in ihrem Verstand, manche werden sich entschuldigt haben.
Johannes 16,8 sagt uns, dass Jesus nach seinem Weggang, nach seiner Himmelfahrt zum Vater hin, den Heiligen Geist senden würde. Der Heilige Geist hat die Funktion, die Menschen, die Welt von der Sünde zu überführen.
Wir dürfen also vorstellen, was die Bibel zu Gut und Böse sagt. Aber wir reden kein schlechtes Gewissen ein, wir machen kein schlechtes Gewissen. Stattdessen unterstützen wir, geben Orientierung dem Gewissen und geben den Menschen die Chance, auf diese Stimme des Gewissens und auf die äußere Stimme des Wortes Gottes zu reagieren.
Es ist häufig in der Bibel zu finden, dass der göttliche Maßstab von Gut und Böse vorgelegt wird. Damit verbunden sind auch die schlechten Nachrichten, dass wir diesem Maßstab nicht entsprechen. Dies findet sich nicht nur in Matthäus 5, sondern auch in den Predigten der Apostelgeschichte.
Gegenüber den Juden wird in den Kapiteln 2, 3 und 4 von Petrus oft betont: „Ihr Juden, ihr habt etwas Böses getan, als ihr den Sohn Gottes abgelehnt habt und ihn sogar habt töten lassen!“ Später wird gegenüber den Heiden häufig hervorgehoben, dass es böse ist, den Herrscher dieses Weltalls zu missachten und ihm nicht den Dank und die Ehre zu geben, die ihm gebühren.
Im Römerbrief ab Kapitel 1, Vers 18, wird diese ganze Darlegung in den folgenden Kapiteln 2 und 3 fortgeführt. Dort wird dem Gewissen des Menschen vor Augen geführt, dass es Recht hat, wenn es sagt: Hier ist etwas Böses.
Allerdings müssen wir auch beachten, dass diese Verkündigung des Evangeliums nie mit der Aufforderung verbunden ist, sich jetzt anzustrengen oder Mühe zu geben, besser zu sein – vielleicht so wie wir schlimmstenfalls noch. Nein, die Lösung ist immer: Glaubt an Gottes Lösungsweg. Seine Erlösung ist der einzige Weg, aus dem Dilemma, das unser Gewissen uns anklagt, herauszufinden.
Ja, vielleicht darf ich ganz allgemein fragen: Wie ist denn die Botschaft Gottes an sich, wenn wir jetzt einfach mal an die allgemeine Offenbarung Gottes in der Schöpfung denken? Ist diese Botschaft eher drohend oder eher werbend?
Was sehen wir eigentlich, wenn wir die Schöpfung ansehen? Römer 1,20 sagt: Das unsichtbare Wesen Gottes wird in der Schöpfung für jeden Menschen wahrnehmbar. Jeder Mensch kann sehen, wie Gott ist.
Nun, wie ist Gott, wenn wir ihn in der Schöpfung ansehen? Drohend oder werbend? Ist nicht dieses Wort, das am Ende der Schöpfung steht – „und alles war sehr gut“ – der Eindruck, der sich dem Unvoreingenommenen aufdrängt, wenn er die Schöpfung anschaut? Sieht er nicht die Größe und Majestät Gottes? „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes“, sagt Psalm 19.
Also die Reaktion, die die Schöpfung eigentlich in uns provoziert, ist nicht in erster Linie Ängstlichkeit, sondern vor allem staunendes, ehrfurchtsvolles Staunen. Hier ist Kreativität am Werk gewesen, hier ist ein Gott, der Ästhetik liebt, ein Gott, der Weisheit und Größe besitzt, ein Herr und Gebieter. Das ist die Botschaft, die die Schöpfung seit ihrem Beginn den Menschen entgegenruft.
Und das tut dann auch Paulus in seiner berühmten Predigt in Apostelgeschichte 17 in Athen. Er fängt dort an und sagt, dass Gott Schöpfer ist. Nicht Menschen müssen einen Gott machen, indem sie Altäre und Figuren anfertigen, sondern Gott hat den Menschen gemacht. Er ist derjenige, dem alle Ehre, alle Größe und alle Anbetung gebührt.
Wir könnten ohne ihn nicht leben, ist sein Gedankengang weiter. Dann spricht er über die Langmut Gottes, und erst danach kommt die Aufforderung: Deswegen, weil er Herrscher und Gebieter ist, verordnet er Buße. Er befiehlt das. Schließlich folgt die schlechte Nachricht: Es gibt einen Tag des Gerichts, und dann wird Gott Gericht darüber halten, ob sein Lösungsweg angenommen wurde und ob Buße getan wurde oder nicht.
Also, wenn wir über die Schöpfung reden, haben wir deutlich den werbenden, einladenden und wohlwollenden Charakter vor Augen – den Charakter eines Gottes, der segnet – eher als den bedrohlichen. Obwohl dieser auch ganz eindeutig dabei ist.
In den Psalmen werden oft die Naturgewalten als Beweis für die Bedrohlichkeit Gottes herangeführt. Wer auf hoher See ist und die Macht von Wind und Wellen kennt, fürchtet Gott, wird dort gesagt. Auch der Donner wird als Stimme Gottes bezeichnet, in seiner eindrucksvollen, angsteinflößenden Stärke. Der Blitz mit seiner Kraft und Schnelligkeit ist ein Beweis für Gottes schnelles Gericht.
Der Schwerpunkt in der Schöpfung liegt auf den wohlklingenden Aspekten. Die Warnung, den Herrn des Universums zu fürchten, ist aber immer auch impliziert, würde ich sagen.
Wenn wir als Nächstes in die Bibel schauen, stellt sich die Frage: Womit beginnt Gott dort? Was ist der Hauptpunkt? Geht es in erster Linie um die Überführung, also darum, dass wir erkennen sollen, dass unser Tun böse ist und wir dadurch schuldig werden? Oder liegt der Hauptpunkt im Hinweis auf die Erlösung, also in der göttlichen Lösung für unser Problem, die wir annehmen sollen?
Ich habe bereits gesagt, dass wir diese beiden Aspekte nicht gegeneinander ausspielen können. Ohne eine Überführung, ohne eine Klarstellung des göttlichen Maßstabs, macht das Evangelium einfach keinen Sinn.
Wenn wir uns nun kurze Zusammenfassungen des Evangeliums anschauen, wie lauten diese? Ich meine deutlich, dass das Evangelium auf die Frohe Botschaft fokussiert, wie das Wort schon sagt.
In Römer 1,16 heißt es vor der Anklage, ab Vers 18: Paulus sagt, das Evangelium sei Gottes Kraft zur Rettung für jeden. Das klingt sehr positiv.
In Apostelgeschichte 13,32 schreibt Lukas: „Und wir verkündigen euch die gute Botschaft von der zu den Vätern geschehenen Verheißung.“ Wir verkünden das Evangelium, und dieses Evangelium ist eine erfüllte Verheißung, die uralt ist.
Genau das ist auch das Thema des Galaterbriefes. Paulus will deutlich machen, dass das Versprechen oder die Verheißung – das alte deutsche Wort, gleichbedeutend mit Evangelium – eigentlich ein eingelöstes Versprechen Gottes ist.
Das ist sicherlich nicht nur ein Wortspiel mit den ähnlich klingenden Wörtern Evangelia, Verheißung und Euangelion, Evangelium. Vielmehr soll es zeigen, dass Gottes Botschaft zunächst einmal in der Hauptsache eine Verheißung ist: Ich werde euer Problem lösen, ich schaffe Erlösung, ich erschaffe Befreiung, ich bemühe mich um die Versöhnung der Menschen.
Gottes Reden beginnt nicht, sagt Paulus im Galaterbrief, besonders in Kapitel 3 und 4, mit dem Gesetz, sondern vierhundert Jahre vorher mit der Verheißung, also mit dem Evangelium. Abraham wurde nicht das Gesetz gegeben, sondern die Verheißung, dass in seinem Nachkommen – das ist Jesus Christus – das Heil zu finden sein wird, der eigentliche Segen für die ganze Menschheit.
In 1. Mose 12 ist nachzulesen, wie Gott diesem Abraham begegnet. Abraham kam aus einer götzendienerischen Umgebung und war vermutlich selbst Götzendiener. Gott begegnete ihm nicht mit der Frage: „Was tust du, Abraham?“, sondern mit den Worten: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ Das ist tatsächlich das Urevangelium.
Und wie es weitergeht: „In deinem Nachkommen werden sich alle segnen.“ So geht es auch in der Geschichte Israels weiter.
Als sie dann zu einem ganzen Volk geworden sind, offenbart sich Gott ihnen in 2. Mose erst als der Erbarmende, als der Rettende, Yahweh, der sein Volk aus der Sklaverei errettet. Sie singen ihm ein Loblied auf der anderen Seite des Roten Meeres.
Erst dann kommt 2. Mose 19, wo Gott ihnen auf dem Berg entgegensteigt. Es blitzt und donnert, der Berg ist mit Rauch umhüllt. Wir sehen die Heiligkeit und das drohende Gericht Gottes, sodass sie gar nicht wagen, dem Berg näher zu treten. Das Gebot, dem Berg nicht näher zu kommen, wird nicht einmal versucht zu übertreten, weil Gott so bedrohlich erscheint – dieser rettende Gott, den sie kennengelernt haben.
Dieses Prinzip, dass Gott zunächst einmal eine positive Botschaft hat, finden wir an sehr vielen Stellen der Bibel.
In 5. Mose kommt zuerst der Segen, den Gott verheißt und verspricht, obwohl er es nicht müsste, wenn die Menschen gehorsam sind. Dann folgt das Bedrohliche, der Fluch, wenn sie ungehorsam werden.
In Lukas 6 kommen zuerst in den Versen 20 bis 23 die Seligpreisungen, danach folgen Worte, die mit „Wehe“ eingeleitet sind. Erst der Segen, dann die Warnung.
Johannes 3 und die bekannten Verse 16, 17, 18 zeigen ebenfalls diese Reihenfolge: Zunächst wird gesagt, wer glaubt, wird gerettet. Dann folgt das „Aber“: Wer nicht glaubt, der ist bereits gerichtet. So auch Johannes 3,36.
Ich kann natürlich nicht die ganze Geschichte des Alten Testaments nacherzählen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass man diese Geschichte vom Alten und Neuen Testament auch Heilsgeschichte nennt – die Entwicklung des Rettungsplans Gottes.
Jemand hat es so ausgedrückt: Die ganze Bibel entfaltet vom Alten bis zum Neuen Testament immer mehr und immer deutlicher das Rettungshandeln Gottes. Das ist der eigentliche Kern der biblischen Botschaft.
Jesus Christus trat in diese Weltgeschichte ein, wurde Mensch, und seine erste Rolle war die des Retters.
Die zweite Rolle, die er auch schon andeutet, aber erst bei einem späteren Kommen erfüllen wird, ist die des Richters. Er ist Herr und Richter, aber zunächst war er Retter.
Mitunter höre ich, dass die Propheten des Alten Testaments als unser Vorbild angeführt werden. Dabei sollten wir beachten, dass sie fast immer mahnende Botschaften an das Volk richteten. Sie sprachen häufig drohend und sagten: So lebt Yahweh, er ist nicht einverstanden mit dem, was hier geschieht.
Wir müssen jedoch auch sehen, dass diese Botschaften an ein Volk gerichtet waren, das zunächst einmal die positive Botschaft erhalten hatte. Dieses Volk war errettet, bekam von der Errettung erzählt und feierte jedes Jahr das Passa der Errettung. Sie hatten Gott vor Augen und meinten, die andere Seite des Evangeliums sei für sie nicht mehr relevant.
In dieser Situation mussten natürlich die Propheten kommen. Doch das ist nicht unbedingt die Art und Weise, wie Gott zuerst spricht.
Ich möchte zwei Verse aus dem Neuen Testament zitieren, die für Alltagsmissionare besonders wichtig sind und die sicher viele von euch kennen. Damit möchte ich verdeutlichen, dass ich glaube, dieser Grundsatz ist auch dort zu finden. Ich denke an 1. Petrus 3,15 und an Kolosser 4,5-6.
1. Petrus 3,15:
"Heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist. Und das mit sanfterm Mut und Ehrfurcht und habt ein gutes Gewissen."
Alltagsmissionare fordern nicht die Fernstehenden auf, Rechenschaft vor uns abzulegen. Sie fragen nicht: "Was tust du Böses oder Gutes? Du wirst Rechenschaft vor Gott ablegen müssen." Das können sie zwar auch tun, aber das ist nicht das Hauptmerkmal unseres Redens, das Petrus hier nennt. Er sagt vielmehr, wir sollten es so tun, dass wir Rechenschaft ablegen über die Hoffnung, die in uns ist.
Wir können also darüber sprechen, warum wir Hoffnung haben, warum diese Hoffnung kein Allgemeingut ist und worin sie besteht. Das ist durchaus positiv. Auch wenn wir die negativen Aspekte erwähnen, die damit unmittelbar verbunden sind, sollten wir die Mahnung des Petrus nicht vergessen: Seid sanftmütig dabei. Unsere Art und Weise, zu antworten, wenn wir gefragt werden, oder hinzuweisen, dass wir anders sind, weil wir diese Hoffnung haben, soll sanftmütig sein.
Hier ist auch von Gewissen die Rede, aber nicht in dem Sinne, dass wir anderen ein schlechtes Gewissen machen sollen. Vielmehr steht hier, dass wir in unserem Vortrag ein gutes Gewissen haben müssen. Bevor wir also anderen sagen: "Schau mal, urteile selbst, ist das gut oder schlecht?", müssen wir selbst umso mehr darauf achten, dass unser Gewissen rein ist und dass wir nicht an Ehrfurcht vor Gott mangeln.
Die zweite Stelle ist Kolosser 4,5-6:
"Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit wohlklingend und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt."
Wie sollen wir reden? Wohlklingend – so übersetzen Schlachter und Elberfelder – sollen wir in Gnade reden. Die Menge-Übersetzung sagt: herzgewinnend. In der Neuen-Evangelistischen-Übersetzung heißt es freundlich. Ich glaube, das ist deutlich.
Wie sollen wir also reden? Nicht als die, die schimpfen, drohen oder von außen den Eindruck vermitteln, dass es unangenehm ist, ihnen zuzuhören. Nein, wir sollen einen freundlichen, gewinnenden Ton haben. Unsere Wahrheiten mögen zum Teil unangenehme Dinge enthalten, ganz sicher. Aber wir sollen mit Salz gewürzt reden, und dennoch soll aus unseren Worten eine wohlwollende Einladung, eine Freundlichkeit sprechen.
Dann steht hier noch: "dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt." Es gibt keine allgemeingültige Sprachregelung, wie wir jedem antworten sollen. Das hängt individuell von der Situation ab. Welche schlechten und guten Nachrichten wir in den Vordergrund stellen, wie wir beginnen – das wird unterschiedlich sein. Unsere Gesprächsführung wird sich an den verschiedenen Gesprächspartnern orientieren.
Es gibt verschiedene Einstiege, die uns angeboten werden, auf die wir eingehen oder eben auch nicht, wenn sie uns in einem speziellen Fall unangemessen erscheinen.
Ich möchte abschließen und – wie immer in dieser Podcast-Serie – auf den Herrn Jesus zu sprechen kommen. Wie hat er Gespräche geführt?
Wir haben uns in dieser Serie bereits einiges von den Gesprächen des Herrn angeschaut. Das möchte ich jetzt nicht alles wiederholen, aber ich möchte fragen: Gibt es ein allgemeines Fazit, das man vielleicht ziehen kann zur Frage, wie drohend die Frohbotschaft sein darf?
Natürlich ist der Herr auch unterschiedlichen, fernstehenden Menschen begegnet, und das haben wir in der ganzen Betrachtung immer wieder gesehen. Er hat ganz unterschiedlich mit ihnen geredet. Die Gesprächsführung war sehr verschieden, kein Gespräch ähnelt dem anderen. Es gibt nicht einmal ein Vier-Punkte-, Drei-Punkte- oder Neun-Punkte-Programm, das er in den Gesprächen abarbeitet. Er ist ganz unterschiedlich.
Aber kann man trotzdem ein Prinzip, einen Grundsatz für die Gesprächsführung ableiten – in Bezug auf die negativen Wahrheiten, die auch gesagt werden müssen, und in Bezug auf die hoffnungsfrohe, freundliche Einladung, die auf jeden Fall gesagt werden muss? Ich würde sagen: Ja.
Wenn ich die Geschichten lese, die Gespräche, die unser Herr geführt hat, dann drängt sich mir immer wieder eine ganz grobe Zweiteilung auf. Diese lautet folgendermaßen:
Bei denen, die ihm mit Selbstsicherheit, Selbstgerechtigkeit oder sogar mit einer kritischen Haltung begegnen, liegt der Schwerpunkt Jesu in seinem Reden auf der Warnung und der Vorsicht. „Mein lieber Freund, sei nicht zu gewiss, komm von deinem hohen Ross herunter, damit du die Rettung annehmen kannst.“
Jenen gegenüber, die zu den Verachteten gehören, die sich ihrer misslichen Lage bewusst sind oder die wenigstens eher als Bittsteller kommen, liegt der Tonfall eindeutig stärker auf dem Freundlichen, auf der Aufforderung, fast auf der Bitte, die Einladung zur Rettung anzunehmen. Hier ist der wahrende und herausfordernde Teil der Botschaft eindeutig im Hintergrund, so meine ich.
Unser Herr hat gesagt: „Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder“ (Markus 2,17).
Aber jetzt traten Menschen auf, die nicht glaubten, Sünder zu sein, sondern Gerechte. Ihnen muss er diesen Teil der Botschaft überaus deutlich machen: „Du bist auch ein Sünder“, damit sie auch gerettet werden können.
Anderen gegenüber heißt die Botschaft folgendermaßen: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich werde euch Ruhe geben“ (Matthäus 11,28).
Wer mühselig und beladen ist, dem muss man nicht erst erzählen, welche schlechten Nachrichten es in dieser Welt gibt, die alle zutreffend sind. Dem kann man die gute Botschaft verkündigen, dass es eine Einladung gibt, herzukommen und die Last loszuwerden.
Den anderen, die mit Selbstsicherheit auftreten, sagte er Worte wie: „Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden“ (Matthäus 7,14).
Er sagte ihnen sogar noch deutlicher: „Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: ‚Herr, Herr, haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan?‘ Und dann werde ich ihnen erklären: ‚Ich habe euch niemals gekannt, weicht von mir, ihr Übeltäter!‘“ (Matthäus 7,22-23).
Das wird gegenüber den Irrlehrern, den falschen Propheten gesagt, ihnen zur Warnung. Diese dachten, sie hätten Grund für Selbstsicherheit und zum Rühmen vor dem Herrn.
Ein Zachäus hört die Botschaft: „Steige eilends herab, denn heute muss ich in deinem Haus bleiben“ (Lukas 19,5). Im Haus des Simon ist Jesus bereits, aber dann kommt die kritische Frage oder das kritische Urteil von ihm: „Ich, Simon, bin in dein Haus gekommen und du hast mir kein Wasser auf meine Füße gegeben“ (Lukas 7,44).
Das ist keine nur frohe Botschaft, das ist auch eine Aussage, die natürlich hinterfragt: Warum hast du das nicht getan? Liebst du mich weniger als jene Frau, die meine Füße mit Tränen benetzt hat? Ganz deutlich, das ist immer wieder gesagt worden, aber es ist trotzdem zu auffällig, als dass ich es hier einfach übergehen könnte.
Die Gesprächsführung Jesu in Johannes 3 und Johannes 4 zeigt dies ebenfalls: Nikodemus tritt vor ihn und sagt, wir wissen … Und er scheint ein angesehener Lehrer in Israel zu sein. Jesus sagt zu Nikodemus: „Du musst von neuem geboren werden, so wie du jetzt vor mir stehst, wirst du das Reich Gottes nicht sehen können“ (Johannes 3,3).
Nikodemus ist völlig vor den Kopf geschlagen: Wie kann ich von neuem geboren werden?
Dagegen die Samariterin in Kapitel 4, die gar nicht weiß, wer da vor ihr steht, die nicht weiß, wonach sie sucht, die nur ein wenig ahnt, wie sie ist. Ihr wird gesagt: „Wenn du wüsstest, wer vor dir ist, würdest du ihn um lebendiges Wasser bitten“ (Johannes 4,10).
Sie bittet gar nicht, aber sie wird sozusagen aufgefordert: Komm doch als Bittsteller.
Ich fasse zusammen: Wir sollten als Alltagsmissionare auch Warnungen aussprechen, so wie Jesus es getan hat. Die schlechten Nachrichten dürfen wir nicht einfach unter den Tisch kehren. Irgendwann müssen sie auf den Tisch, denn spätestens wenn das Evangelium angenommen wird, sind die Menschen schlecht vorbereitet auf die nächsten Schritte, wenn wir ihnen nur rosarote Wolken gemalt haben.
Dabei sollten wir sehr vorsichtig sein, wenn wir Warnungen oder ein „Aber“ aussprechen. Es darf auf keinen Fall der Anschein von Schadenfreude, Überheblichkeit oder eines richterlichen Auftretens entstehen. Auch hier können wir uns an unserem Herrn orientieren.
Er hat in Matthäus 23 die Wehe über Jerusalem und die jüdischen Führer ausgesprochen, die ihm nicht geglaubt und ihn nicht angenommen haben. Doch es heißt dort auch: „Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“
Das ist keine bloße Abrechnung ohne Gefühl, sondern eine tiefe Trauer. Es ist keine Gerichtsbotschaft, die einfach entgegengeschleudert wird. Hier spürt man, wie traurig unser Herr ist.
In Lukas 19 heißt es ebenfalls: „Und als er sich der Stadt näherte und sie sah, weinte er über sie und sprach: Wenn du doch erkannt hättest, wenigstens an diesem deinem Tag, was zu deinem Frieden dient!“
Wir verkündigen also eine Frohbotschaft, keine Drohbotschaft. Dazu gehört aber auch eine nüchterne und klare Bestandsaufnahme – allerdings nicht mit erhobenem Zeigefinger oder Überheblichkeit, sondern mit traurigem Feststellen der Realität, so wie es unser Herr getan hat. Dabei sind wir immer bereit, den Weg zur Lösung aufzuzeigen.
Ich danke dir fürs Zuhören und wünsche dir Gottes Segen für deine Alltagsmission!