Die Bedeutung der Lebenskrisen im Glaubensleben
Nun wollen wir noch einmal an einer Stelle innehalten, an der wir eigentlich gerne vorbeigehen oder die wir lieber verschließen: bei den Lebenskrisen, die oft nicht bewältigt sind. Es geht um die Verse 18 bis 30.
Ich möchte aus diesem reichen Abschnitt nur einige Gedanken herausgreifen, die für unser Thema wichtig sind.
Römer 8,18-30: Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Heute Abend geht es darum, dass der Blick auf die Ewigkeit uns hilft, besser mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden.
Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja der Vergänglichkeit unterworfen – ohne ihren Willen.
Hier ist ein ganz wichtiger Punkt: Wir freuen uns über jeden Bürger in unserem Land, der die Schöpfung Gottes achtet. Leider haben jedoch viele Menschen einen falschen Blick und glorifizieren die Schöpfung. Dabei vergessen sie, dass diese Schöpfung im Argen liegt. Das kann nur verstehen, wer den Heilsplan Gottes kennt.
Deshalb ist auch manches, was heute in gut gemeinter ökologischer Denkweise gesehen wird, vom biblischen Standpunkt her nur bruchstückhaft. Es fehlt das Wichtigste: Diese Schöpfung ist eine seufzende Schöpfung – nicht erst durch Maul- und Klauenseuche, sondern schon vorher.
Und nicht allein durch CO2 – das ist nur ein Punkt unter vielen. Seit dem Fall des Menschen ist die Schöpfung von Gott, sei es gesagt, getrennt und befindet sich in einer ganz notvollen Lage. Das hat Paulus hier wunderbar beschrieben.
Die Schöpfung ist ohne ihren eigenen Willen unterworfen, durch den, der sie unterworfen hat – doch mit Hoffnung. Hoffnung bedeutet eigentlich Zuversicht, also etwas Gewisses, nichts Vages.
Denn auch die Schöpfung wird frei werden von der knechtschaftlichen Vergänglichkeit und gelangen zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.
Die Hoffnung der Schöpfung und der Gläubigen
Um diese Zukunft der Schöpfung, des Schöpfungsplans Gottes, geht es jetzt. Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt. Sie seufzt und ängstigt sich. Nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst. Wir sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes.
Denn wir sind zwar gerettet, doch nur auf Hoffnung. Man kann sie noch nicht sehen. Sichtbar ist sie noch nicht. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? Es geht um eine Hoffnung, die man noch nicht sehen kann.
Diese Hoffnung steht in einem ganz scharfen Kontrast zu dem, was man sieht. Unsere Hoffnung des Glaubens, unsere Zuversicht, steht in einem Gegensatz, solange wir leben. Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.
Desgleichen hilft auch der Geist unserer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie es sich gebührt. Der Geist selbst vertritt uns aber mit unaussprechlichem Seufzen.
Wir brauchen nie schön zu beten, sondern bloß aufrichtig. Denn der Geist Gottes vertritt uns. Das ist so schön. Der aber die Herzen erforscht, weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist, denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.
Gottes Vorsehung und die Berufung der Gläubigen
Wir wissen, dass allen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Das gilt für diejenigen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er vorhergesehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie dem Bild seines Sohnes gleichen sollten. Damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.
Diejenigen, die er vorherbestimmt hat, hat er auch berufen. Die er berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht. Und diejenigen, die er gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.
Ein ganz bekannter Missionsleiter musste auf der Hohenmark stationär aufgenommen werden. Er litt unter schwerem seelischem Leiden in einem ganz akuten Zustand. Dabei traf er ein Gemeindeglied, das zu ihm sagte: „Herr So-und-So, dass ich Sie hier treffe und dann noch als Patient, das hätte ich nicht gedacht.“
Warum kommt uns das eigentlich so seltsam vor? Vielleicht stellen wir uns manche Zeugen Jesu als besonders stabil und unantastbar vor. Spurgeon hat von Anfechtungen gesprochen und sie mit Wellen verglichen, die einen nackt auf einen Felsen schleudern, an dem man sich gerade noch festhalten kann.
Wissen Sie, dass das die Wirklichkeit der Gotteszeugen ist? Hier kommt der wichtige Punkt: In der heutigen oberflächlichen Form des Christentums, vor allem bei jungen Generationen, hört man oft: „Damit werde ich nicht fertig.“ Aber nein, das ist eine biblische Botschaft. Das kann der Normalzustand sein.
Freuen Sie sich, wenn es bei Ihnen nicht der Normalzustand ist. Das ist eine besondere Gnade.
Die Realität des Zeitleidens und die Grenzen menschlicher Erfahrung
Dieser Zeitleiden – was meint Paulus damit? Er spricht von dieser Weltzeit, in der wir auch heute leben, seit der Zeit des Paulus. Es ist die letzte böse Zeit, um die es hier geht. Dieses Zeitleiden ist geprägt davon, dass wir noch nicht über die Todeslinie hinübergegangen sind.
Wenn wir drüben sind, dürfen wir schauen. Ich denke immer, dass dies auch der Grund ist, warum wir von Gott viele Gebetserhörungen erleben. Aber eine Gebetserhörung hat uns der Herr versagt, nämlich die der Totenauferweckung.
Ich habe viele Menschen gekannt, die um einen Sarg herumgesessen haben und eine Prophetie hatten, dass der Tote wieder auferstehen werde. Doch es kam nicht dazu. Das ist ganz schlimm. Viele Nöte erlebt man, am schlimmsten bei einer Beerdigung von einem ganz kleinen leukämiekranken Kleinkind. Bis zum letzten Tag gab es Visionen von einer Gruppe aus England, die sagten: Dieses Kind wird leben, und wenn es gestorben ist, wird es wieder auferstehen, ja, in der Herrlichkeit.
Wir sind ja noch in dieser Weltzeit gewissen Dingen unterworfen. Wir bekommen zeichenhaft Gebetserhörungen, müssen uns aber noch darunter beugen. So wie unser Leib das ganz natürlich sagt: Wenn man 80 Jahre alt ist, fühlt man sich nicht mehr wie der Leib eines Zwanzigjährigen.
Auch wenn man rund um die Uhr betet, muss man sich einfach unter die Schöpfung, unter die gefallene Schöpfung beugen. Auch die gläubigsten Christen haben daran Anteil. Wir erleben Wunder, aber die Schranke wird nicht aufgehoben: Dieses Zeitleiden bleibt.
Dabei ist unser Leib eine ganz besondere Not, denn er ist dem Tod verfallen. Das erleben wir ja heute immer noch. Vielleicht ist es heute die größte Anfechtung für unsere Generation, weil alle anderen Nöte unter Kontrolle gekommen sind.
Die Herausforderung der Krankheit und das Bewährungsfeld des Glaubens
Interessant! Mein Großvater auf der Schwäbischen Alb hat sehr unter der Armut gelitten. Die Kinder hatten oft nichts zu essen. Sie kennen ja den dünnen Albboden, der nicht fruchtbar ist. Dort kommt zuerst der Stein, und dann wurde die letzte Kuh aus dem Stall geholt, wenn der Vater beim Zechen im Wirtshaus alles aus seiner Armut heraus vertrunken hatte. Dann kam der Viehhändler und nahm die letzte Kuh mit.
Mein Urgroßvater ist sogar auf die Knie gegangen und hat gebetet: „Herr, gib Industrie unserem Dorf.“ Heute hat jede Familie zwei Autos. Man geht halt nicht mehr in die Kirche, man hat Wohlstand, aber es hat sich unheimlich viel verschoben.
Die Geldsorgen sind anders geworden. Sie können sagen, was Sie wollen, aber auch wenn jemand ohne Einkommen ist oder auf der Straße lebt, würden Sie staunen, wie hoch die Sozialleistungen sind. Sie sind oft höher als manches Einkommen oder manche Rente. In unserem Staat wird enorm viel getan, vor allem in Geldfragen.
Aber das medizinische Thema, das ist eine andere Sache. Wenn man heute sieht, was alles gemacht wird, ist das unglaublich. Doch was man nicht gelöst hat, ist die Gesundheitssache. Jetzt muss ich sagen: Wer ist eigentlich gesund? Gibt es jemanden, der wirklich gesund ist? Vielleicht ist es schon Glaube, dass es Gesundheit überhaupt gibt.
Kinder leiden oft schon, haben ihre Nöte und ihr Asthma. Viele werden vom Wehrdienst freigestellt. Und ich frage mich, wie ich mit meinen eigenen Leiden fertig werde. Viel konnte man wirtschaftlich lösen. Wir haben seit über fünfzig Jahren Frieden. Es wird vieles gelöst, und Gott schenkt uns das. In anderen Teilen der Welt sieht es natürlich ganz anders aus.
Es gibt kein Volk der Welt, das so eine Sozialversicherung hat wie wir. Deshalb sind wir oft undankbar und schimpfen viel. Es gibt kein Volk, das so viel Wohlstand hat. Es gab auch nie eine Generation, die sich so etwas hätte träumen können – in der ganzen Welt nicht. In den USA gibt es nie so eine Sozialversicherung und Fürsorge wie bei uns.
Aber das Problem bleibt: die Krankheit. Das Wissen der Ärzte bekommt das nicht in den Griff. Das ist für den Glauben eine große Anfechtung. In etwa Afrika ist das ganz anders. Ich hatte letzte Woche einen Besucher aus Namibia, der sagte: In den nächsten 20 Jahren wird die Hälfte der Bevölkerung an Aids sterben.
In der Weltgesundheitsstatistik letzte Woche wurde gefragt, ob die schwarzen Bevölkerungen in den nächsten 30 Jahren überhaupt noch existieren werden oder ob sie wegen Aids aussterben. Obwohl das Sterben an Aids so groß ist, ist die häufigste Todesursache in Afrika nicht Aids, sondern Durchfall durch Schmutzwasser.
Schmutzwasser und Durchfälle sind interessant, weil man sie eigentlich ganz leicht besiegen könnte. 1,4 Milliarden Menschen auf der Welt können nie in ihrem Leben ein Glas sauberes Wasser trinken. Wenn sie ein solches Glas trinken, müssen sie auf die Intensivstation.
Dort ist alles ganz anders. Die Eltern können ihren Kindern den Glauben ganz anders weitergeben als bei uns. Man merkt es schon wieder daran, wie leicht es für sie ist, weil es an der Tagesordnung ist, dass von acht Kindern vielleicht nur vier groß werden dürfen.
Wir leben in einer Zeit, in der der Tod bei uns ganz selten ist, und er ist weit hinausgerückt. Deshalb ist die Frage der Krankheit ganz wichtig. Und jetzt noch einmal: Das ist ein Bewährungsfeld, um unseren Glauben zu beweisen – gerade auch in schweren Lebenssituationen.
Je mehr die Medizin leistet, desto mehr fragt man sich, ob das ein Gewinn ist. Alle, die in einem Heim leben, und wenn man an einer Pflegestation vorbeigeht, schon die Düfte riecht, und wenn man hört, dass viele Menschen gern sterben würden, aber es kein Ende nimmt – das ist ganz schwer. Das ist ein großes Bewährungsfeld des Glaubens.
Die Kraft der Ewigkeitshoffnung im Angesicht des Leidens
Und jetzt ist es ganz wichtig, dass wir durchblicken. Ich habe es in meiner eigenen Lebensgeschichte so erlebt: Als wir junge Leute waren, war der Spross des Marxismus groß. Da hat man gesagt, wir wollen doch nicht auf ein Jenseits hoffen, wir müssen uns in dieser Zeit bewähren.
Inzwischen hat der Kommunismus in fast allen Ländern abgedankt. Das sollte man euch wieder sagen. Aber ihr könnt nicht helfen beim Sterben und beim Leiden. Und das, was letztlich beim Leiden hilft, ist der Blick in die Ewigkeit.
Mein Vater war im politischen Bereich tätig und hatte sein Amtszimmer im Neuen Schloss in Stuttgart. Er ließ sich hinter dem Schreibtisch von einem der Söhne einen Liedvers schreiben. Viele Theologen haben die Nase darüber gerümpft, aber es hat meinem Vater Kraft gegeben:
„Mach mir stets süß deinen Himmel und bitter diese schnöde Welt,
gib das mir in dem Weltgetümmel die Ewigkeit sehr vorgestellt.“
Das haben wir heute verloren. Wir haben dann immer gesagt: Ja, wir wollen doch in der Welt sein. Mein Vater hat selten sein Amtszimmer nachts vor zwölf Uhr verlassen. Er war ein Mann, der so gearbeitet hat.
Als der Arzt ihm sagte, er müsse den Schreibtisch räumen und ins Krankenhaus gehen, starb er an dieser Krankheit in kurzer Zeit. In drei Stunden hat er seinen Schreibtisch aufgeräumt und gesagt: „Herr, ich gehe.“ Er war viele Jahre jünger als ich.
Es ist etwas Herrliches, wenn ein Mensch die Leiden seines Lebens im Blick der großen Ewigkeitshoffnung nehmen kann. Denn sonst kann man das gar nicht klären. Sonst muss man sagen: Warum hilft mir Gott nicht?
Dieses Zeit-Leiden ist nicht das Ziel, nicht das Ziel. Und das ist oft hoffnungslos. Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie hundert Jahre alt werden. Ich wünsche es Ihnen nicht, weil es nicht schön ist. Und trotzdem wollen wir dieses Zeit-Leiden erleben.
Die Bibel gebraucht bei Paulus für den Leib ein Wort, griechisch steht dort „der Leib der Erniedrigung“. Wissen Sie, das macht einem so Probleme. Sie kennen es bei der Pflege, wenn alles so erbärmlich und schwach wird: der Rücken aufgelegt, die Geschäfte gehen nicht mehr, alles zerbricht.
Dieser Leib, der ja mal so schön war, den wir so geschmückt haben, auf den wir stolz waren, die Jugendkraft – und dann wird alles zerbrochen. Das ist von Gott so gewollt und von Gott so gemacht.
Sicher, es ist ein Gnadengeschenk, wenn Gott uns bis ins hohe Alter eine Wirkung schenkt. Unser lieber 93-jähriger Bruder – ich war ja sprachlos in unserer Mitte. Das ist ja herrlich, mit welcher geistigen Denkkraft und körperlichen Frische es solche Menschen gibt. Da kann man den Herrn nur preisen.
Nur ist das nicht der Normalzustand dieses Zeit-Leidens. Das mit dem „nichtigen Leib“, dem Leib der Erniedrigung, steht in Philipper 3,21, über den er sich verherrlichen will – den Leib der Erniedrigung, den nichtigen Leib.
Joachim Braun, der Evangelist, jetzt auch schon zwischen neunzig und hundert, vielleicht kennen ihn viele noch, hat erzählt von seinen Brasilienreisen. Wie er von einem Freund, der ihn im Auto mitnahm, hörte: „Jetzt besuchen wir noch einen lieben Bruder.“
Dann sind sie durch die Bananenstauden zu einer ganz schlichten Holzhütte hochgelaufen. Dort angekommen, hing ein alter Mann in der Ecke gelehnt. „Was ist denn los?“ – „Ich kann nicht liegen im Bett, die Gicht war so schrecklich.“ Man hatte ihn in die Ecke gestellt.
Joachim Braun sagt, er war ganz sprachlos: „Was soll ich diesem Mann zurufen?“ Dann sagte dieser Mann: „Ich achte, dass dieses Zeit-Leiden nicht wert sei der Herrlichkeit, die an uns soll offenbart werden.“
Das kann man übersetzen in seine Schmerzen hinein, in seine Hoffnungslosigkeit: „Ich freue mich auf die Ewigkeit.“ Und das ist es, was Gott bei uns will – dass wir durch diese Leiden hindurchblicken können.
Die Leiden der Jetztzeit haben kein Gewicht mehr und dürfen uns nicht niederdrücken. Darum ist es nicht gut, wenn wir immer wieder an den Gesundheitsfragen auch die großen Glaubenszweifel aufhängen.
Wunder und Glaubenszweifel im Umgang mit Krankheit
Wir dürfen Wunder erleben. Ich habe selbst bei meinen Kindern solche Dinge erlebt. Bei schweren Unfällen und bei meiner jüngsten Tochter haben fünf Professoren in Heidelberg diagnostiziert, dass sie ein krankes, ein behindertes Kind sei. Sie wollten bereits im sechsten Monat operieren oder etwas Ähnliches unternehmen.
Mein Schwiegersohn sagte: „Die kommen zurück.“ In Tübingen hat man das Kind dann sofort in die Kinderklinik gebracht. Dort sagte man: „Schauen Sie sich Simon an, er hat keinen Brandgeruch, Sie kennen keinen gesünderen Jungen.“ Das zeigt, was Gott tut.
Ob es sich um eine Fehldiagnose der Medizin oder um ein Wunder Gottes handelt, das lässt sich nicht immer eindeutig sagen. Man kann viele solcher Geschichten erzählen, wie Gott Wunder wirkt. Wir freuen uns über das, was Gott in diesem Leib, in diesem vergänglichen Körper, Großes wirkt.
Doch wir können von Gott nicht verlangen, dass er immer nur Wunder tut. Sie sind besondere, herausragende Zeichen seiner Herrlichkeit. Gleichzeitig gibt er uns oft auch Schweres zu tragen. Erst in der Wiederherstellung durch Christus in der neuen Welt wird dieses Leid aufgelöst.
Jetzt ist es wichtig, dass auch in der Gemeinde das Ertragen von Leiden geübt wird. Nicht nur das körperliche Leiden dieser Zeit, sondern auch die Leiden durch Widerspruch, Feindschaft und Kümmerlichkeit, wie wir heute Morgen schon besprochen haben.
Das Geheimnis des Leidens und die Kraft des Glaubens
Es ist eine sehr wichtige Stelle, die erzählt, wie die Jesusjünger einmal ganz erhoben waren. In Johannes 12 wird berichtet, dass Hellenisten, also griechische Leute, kamen. Diese waren gebildet, vornehm und beschäftigten sich mit Philosophie. Jesus sagte daraufhin: „Das sind Griechen.“
Jetzt interessierten sie sich für ihn, und das Reich Gottes wurde groß herausgestellt. So, wie wir heute ganz begeistert sind, wenn Akademiker, Fabrikanten oder bedeutende Persönlichkeiten zu uns kommen.
Wissen Sie, was Jesus dann sagte? Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und ersticken, um Frucht zu bringen. Das ist sehr wichtig, weil wir oft gerne glänzen wollen, auch mit unseren eigenen Plänen. Dabei vergessen wir, dass Gott solche Zeiten, in denen er uns in die Tiefe führt, zum Segen nutzen will.
Man kann das von sich aus kaum verstehen, aber es ist ein Geheimnis. Wenn der äußere Mensch vergeht, wird der innere von Tag zu Tag erneuert. Sind Sie in Groll gegen Gott oder haben Sie Raum, wie es in 2. Korinther 4,17 heißt, dass Gott in Ihnen diesen inneren Menschen erneuern kann?
Paulus sagt, dass das, was am Sichtbaren zerfällt, gar nicht schlimm ist, solange der innere Mensch erneuert wird. Umso mehr sollten wir unseren Blick nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare richten. Natürlich schauen wir auf das Kommende.
Die Schöpfung selbst hat keine Hoffnung, aber die Gotteskinder haben eine Hoffnung. Die Schöpfung sehnt sich danach, die Gotteskinder zu sehen, um zu erkennen, wie es einmal in der Herrlichkeit sein wird. Die Tierwelt weiß das noch nicht, und die Pflanzen wissen nicht, wie es einmal sein wird.
Ich persönlich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen, die die Schrift nicht klar aussagt. Darüber können wir nur nachsinnen. Doch es steht ganz klar geschrieben, dass die Schöpfung einmal neu sein wird. Sie wird in das neue Leben der Gotteskinder hineingeschaffen und verändert werden.
Die Gotteskinder sollen jetzt schon dieses neue Leben erfahren.
Die Bedeutung schwacher Menschen in der Gemeinde
Ich war oft töricht in meinem Dienst als Pfarrer. Ich habe immer geglaubt, man könne den Gottlosen eine perfekte Gemeinde vorführen. Dabei dachte ich, man könnte es so gestalten, dass man sagt: „Schaut mal, wie wir das alles hinkriegen.“
Doch dann habe ich erkannt, dass Gott am meisten Frucht durch schwache Menschen wirkt. Als ich vor 30 Jahren in die Hofhacker Gemeinde nach Stuttgart kam, wollte ich die Kinderkirche organisieren. Dabei dachte ich: „Ja, die Kinder, da muss man mal schauen, welche Leute man als Kinderkirchhelfer nimmt – flott und schick.“
Bei uns war eine liebe, alte Frau, körperbehindert, aber auch noch so altmodisch gekleidet – richtig wie aus einem Museum. Wenn ich sie in meinem Hochhaus besuchte, war es mir fast peinlich. Diese alte Dame wollte immer noch „Fräulein“ genannt werden. Sie machte Besuche bei Menschen, die Minister oder angesehene Rechtsanwälte waren. Diese hatten Zweitwohnungen in diesem riesigen Hochhaus.
Bei einem solchen Besuch traf ich eine Schauspielerin. Ich sagte zu ihr: „Sie dürfen sich nicht stoßen daran, wer da von der Gemeinde kommt.“ Sie antwortete: „Die Frau ist meine Seelsorgerin. Ich gehe nicht in die Kirche, aber Sie wissen nicht, welches Vertrauen ich zu dieser Frau habe.“
Ich war sprachlos. Diese Schauspielerin hatte den Glanz der Kosmetik genug erlebt. Sie suchte etwas anderes. So habe ich verstanden, dass Gott seine Gemeinde oft ganz anders baut, als man denkt.
Diese Frau habe ich mit 75 Jahren in die Kinderkirche geholt. Wenn heute alle meine Kinder den Weg mit Jesus gehen, dann hat diese Frau einen großen Anteil daran – durch ihren Dienst.
Wir müssen aufpassen, die Gemeinde nicht nach den Kategorien der Welt zu beurteilen: Ist sie glänzend, leuchtend oder schön? Es ist viel wichtiger zu erkennen, dass der Herr oft in leidenden Menschen wirkt. Er benutzt oft solche, die, wie der Apostel Paulus selbst, nichts Strahlendes oder Glänzendes sind.
Es gefällt Gott, das zu rufen, was nichts ist, damit es sei. Deshalb darf es uns in unserer Leidenszeit nicht überraschen, wenn wir Schwierigkeiten erleben. Es gehört zum Glauben dazu.
Jetzt sagt Paulus, dass wir seufzen und uns nach der Erneuerung sehnen. Und dann kommt ein ganz wichtiges Wort, in dem er von Geduld spricht, Vers 25.
Die Herausforderung der Geduld im Glauben
Bevor wir zu dem Punkt kommen, ist es wichtig, die Geduld zu betrachten. Dieses Sehnen und Harren hinterlässt nichts Sichtbares, keine Pfänder in der Hand. Im Glauben möchte man oft solche Pfänder haben, mit denen man sagen kann: „Schau her, ich kann das zeigen, so funktioniert es.“ Im Glauben ist das jedoch nicht möglich.
Ich bin ganz aufs Wort angewiesen. Ich kann nur aus der Bibel herauslesen und sagen: Der Herr hat es verheißen, und ich halte mich an diese Verheißung. Mehr nicht. Ich harre, sehne mich und seufze. Das Seufzen ist auch ein Ausdruck von Enttäuschung und Not.
Nun möchte ich auf den Punkt kommen, dass wir nicht nur beim körperlichen Leiden stehenbleiben. In der Offenbarung Kapitel 12 wird gezeigt, wie die antichristliche Macht wüten darf. Man kann es kaum glauben, wenn man sieht, welche Zerstörung in unserer Welt zugelassen wird.
Lesen Sie die Märtyrergeschichten. Warum dürfen so reine, treue Menschen geschändet und zerschlagen werden? Das bedeutet eine Glaubensanfechtung. Die Besten heute, die Jesus bekennen, gerade auch in der Welt des Islam – wir sprechen von Pakistan –, niemand weiß, wie viele dort in Gefängnissen sitzen. Viele haben nie einen Prozess bekommen, sondern müssen einfach schmoren.
Treue Jesus-Zeugen werden verfolgt, nur weil sie Jesus bekannt haben. Diese Menschen bleiben namenlos. Warum gibt es das? Das gehört zu unserer Weltzeit. Die antichristliche Macht darf zerstören, verwüsten und gegen Christus wüten.
Doch wir durchschauen das schon und sehen, was daraus werden wird.
Zeugnisse von Glauben und Hoffnung in schweren Zeiten
Ich möchte Ihnen immer wieder Geschichten erzählen. Vor vielen Jahren, in Bulgarien, war der Methodistenpastor Szymion Popow in Schumen tätig. Er hatte eine Schweizerin zur Frau. Das war etwa 1970, als ich ihn traf. Walter Klach war zu dieser Zeit oft dort und erzählte immer wieder von Langenstein, Bayerhöhe. In Schumen hatte Pastor Popow nur noch sechs oder acht Gemeindemitglieder.
Er war sehr arm. Er hatte nur einen Haken an der Wand, an dem er sein einziges Kleidungsstück, einen Kittel oder etwas Ähnliches, aufhängte. Trotzdem waren sie fröhliche Christen. Wir sprachen mit ihnen und fragten uns, wie es im Balkan weitergehen solle. Das Evangelium schien ausgelöscht zu sein.
Pastor Popow wollte einmal mit seiner Schreibmaschine für andere junge Leute schreiben, um das Wissen, das er über Kirchengeschichte und Ähnliches im Kopf hatte, weiterzugeben. Doch die Staatsführung verbot es ihm. Wenn man ihn jedoch fragte und bemitleidete, sagte er: „Das gibt einmal etwas.“ Er sagte, in Bulgarien werde es eine Evangeliumsbewegung geben. Ich dachte damals: Schön, was du da sagst, aber wie soll das gehen?
Wenn man ihn fragte, ob er einen Wunsch habe, sagte er, seine Frau wolle nur einmal wieder einen Knorr-Suppenwürfel – mehr habe sie als Schweizerin nicht gewünscht. Es waren ganz entbehrungsreiche Menschen.
Neulich besuchte mich ein Bulgare. Er sagte: „Wissen Sie, der Staatspräsident ist mein Freund, und der Parlamentspräsident hat neulich 300 Kinderbibeln an alle Abgeordneten verteilt.“ Ich fragte ihn, wo er zum Glauben gekommen sei. Er erzählte, er war Student in Ulm zur Zeit des Kalten Krieges. Dort sprach ihn eine Frau auf der Straße an. Sie gehörte zur Eglisia-Gemeinde und fragte: „Liebst du Jesus?“ Dann schaute sie sich um, weil wir ja über Religion sprachen. Es war mitten in einer Evangelisation in Ulm.
Er war begeistert. Er war orthodox gewesen und ist heute einer der führenden Mediziner Bulgariens. In Bulgarien wird eine Ernte eingebracht, wie er erzählte, was dort heute alles läuft. Nach dem Kahlschlag des Kommunismus müssen wir weiter darauf achten, dass die Heilsgeschichte Gottes durch alle Jammertäler hindurch weitergeht – die Siegesgeschichte des Reiches Gottes.
Man sieht nur, dass ihre Enkel böse Wege gehen, aber man soll dranbleiben am Beten. Was kann der Herr noch wirken aus denen, die wir verloren meinen? Darum geht es doch. Dieses Warten in Geduld und nicht sofort aufgeben wollen.
Es gibt viele, die erzählen und sagen: Bei ihnen klappt es immer, wenn sie beten. Bei mir klappt es nicht. Ich habe das auch erlebt. Aber es klappt nicht so, dass ich darüber verfügen könnte. In der Bibel steht es auch anders. Das ist wichtig.
Siegfried Harren sagte immer, wenn er in Missionsländern die Missionsgräber sieht, besonders die Kindergräber, dann ist er tief betroffen. Was war das damals? Die Eltern zogen hinaus, obwohl viele Kinder starben. Heute würde man das gar nicht mehr machen. Eine Rettungsflucht ist in wenigen Stunden vor Ort und holt jeden raus. Damals zogen sie hinaus in dem Bewusstsein: Es macht nichts, wenn alle unsere Kinder sterben.
Der große Moslemmissionar Samuel Zwemer sagte, wir brauchen junge Leute, die sich nach Mekka einschleusen lassen und dort in der Kaaba missionieren. Das waren unerschütterliche Menschen. Samuel Zwemer hatte großartige Visionen. Er verlor zwei Kinder im Golf von Bachrhein. Auf dem Grabstein ließ er schreiben: „Das Lamm, das erwürfelt ist, ist würdig, Reichtum zu nehmen.“ Es war der Reichtum, den sie hergaben, weil sie eine Hoffnung hatten. Sie dachten daran, dass sie einmal vor dem Lamm stehen, es preisen und ihm danken würden für seine herrlichen Führungen.
Sonst würde ich das nie unter die Füße bekommen. Von reichen Christen, die uns vorangingen und es ausprobierten, kann man lernen. Wenn man daran denkt, welche Opfer Männer und Frauen schon gebracht haben, behaupte ich immer wieder: Das kann man nicht tun, nicht einmal aus Liebe zu Menschen.
Wenn jemand sagt, er habe Liebe zu Menschen, stimmt das oft nicht. Wissen Sie, zu Menschen anderer Völker und so kann Mission gar nie getrieben werden, auch nicht aus Humanismus. Das ist auch das Ende all der großen Hilfsaktionen der Dritten Welt.
Man kann Mission nur tun, wenn man weiß, dass man an den Leiden dieser Welt teilhat und sie gerne auf sich nimmt, weil man eine Hoffnung hat. Dann weiß man, dass man hindurchmuss, auch wenn man oft nicht alles versteht, auch wenn es schwer ist.
Ihr habt immer gern gelesen, besonders Missionsleute haben es mir angetan. Es tut mir leid, dass das heute vergessen ist. In dem gelben Buch steht die Geschichte von Henri Martin. Er war ganz wahnsinnig verliebt in eine Frau und wollte es ihr nicht mitteilen. In seinem großen Einsatz in Indien, vor über zweihundert Jahren, war er einer der ersten Pioniere dort. Er machte die ganzen Bibelübersetzungen.
Er war ein genial begabter Mann. Er schrieb dieser Frau, um sie zu fragen, ob sie seine Frau werden wolle. Sie schrieb ihm zurück. Doch das ganze menschliche Leid kam noch dazu. Er starb mit 31 Jahren in Tokat in der Türkei. Er war noch in Persien gewesen, hatte das persische Neue Testament übersetzt – der erste Übersetzer des persischen Neuen Testaments. Dann kam er nach Tokat, wo ihn wahrscheinlich Cholera oder eine andere Krankheit erwischte. Dort wurde er beerdigt.
In seinem Tagebuch, das noch erhalten ist, schrieb er etwas Bezeichnendes: „Wann wird diese Zeit der Ewigkeit weichen?“ Ein Mann, der so erfüllt war, sollte diese schweren Dinge eigentlich nicht erleiden müssen. Er fragte: „Wann wird der neue Himmel und die neue Erde erscheinen, wo Gerechtigkeit wohnt? Dort wird nichts Unreines mehr hineinkommen, nichts von der Bosheit, die die Menschen schlechter gemacht hat als wilde Tiere.“
Solche Erfahrungen machte er in Indien. Dort wird es keine Verkommenheit mehr geben, die den Jammer des Sterbens nur vergrößert. Die armenischen Freunde, die ihn beerdigten, schrieben: Trost und Frieden fand er in seinem Gott, der sein Gefährte, Freund und Tröster in der Einsamkeit war.
Wissen Sie, so tief müssen wir gar nicht durch. Aber wenn wir von der Hoffnung leben, können wir das auch bewältigen.
Die Kraft der Ewigkeitsverheißungen im Alltag
Man versteht oft nicht, dass in den alten Chorellen immer der letzte Vers ein Ewigkeitsvers war. Das hatte natürlich seinen Sinn: Man sollte sich ständig daran erinnern.
Ein schönes Lied ist zum Beispiel „Beide Jesu will ich bleiben“. Dort heißt es: „Wird mein Auge dunkler drüber, dann erleuchte meinen Geist, dass ich fröhlich ziehe hinüber, wie man nach der Heimat reist.“ Ja, man will immer daran denken. Im Sommer singt man das Lied „Geh aus, mein Herz“, und dann die herrlichen Verse: „Ach wäre ich da, stünde ich schon, o großer Gott, vor deinem Thron und trüge meine Palmen.“ Da möchte man doch am Sommertag daran denken.
Wir freuen uns auf die große Ewigkeit, und unser Leben muss sich oft an den Pforten der Hölle messen lassen. Das ist ein harter Satz: „Muss sich oft messen lassen an den Pforten der Hölle.“ Aber wir wissen, dass der Sieg Jesu niemals geraubt werden kann. Jesu Sieg bleibt ewig ausgemacht, und keine Macht der Finsternis kann daran etwas ändern.
Wie hat Luther gesagt: „Wenn so viel Teufel wie Dachziegel in Worms wären, ich geh doch hinein!“ Wer den Glauben an Jesus hat und von Jesus angenommen ist, braucht nichts mehr zu fürchten vor dunklen Mächten. Dann geht es immer aus der Finsternis zum Licht, und immer durch die Dunkelheit hindurch.
Deshalb brauchen wir Geduld. Geduld ist etwas Schwieriges. Ich selbst habe überhaupt keine Geduld. Ich bin ein ganz ungeduldiger Mensch. Aber wir müssen Geduld lernen, weil Geduld aus Glauben kommt. Im Griechischen heißt es „drunterbleiben“ – also unter diesem Platz bleiben, den wir jetzt leben müssen.
Wir haben ja schon eine Ratenzahlung bekommen: den Heiligen Geist als Erstlingsgabe. Römer 8 ist das wichtigste Kapitel über den Heiligen Geist in der ganzen Bibel. Von der Zungenrede steht es dreimal in der Apostelgeschichte, aber Römer 8 entfaltet, wer den christlichen Geist nicht hat, der ist nicht sein. Wir sind nicht mehr fleischlich, sondern geistlich.
So schön heißt es dort: Dieses Harren können wir aus unserer Natur heraus nicht. Wir können diese Geduld nicht haben, wenn nicht der Geist Gottes uns dies schenkt – drunterbleiben. Vorhin hat mich eine Frau gegrüßt, die ihren Mann unten in der langen Steinbaren Höhe in der Klinik hat. Gerade wenn man so ein schweres Schicksal tragen muss, gibt es herrliche Zusätze, ganze biblisch volle Trostworte.
Deshalb wollen wir sagen: Es ist auch immer gut, wenn wir sagen: „Ich verstehe das auch nicht.“ Wir wollen gar nicht den Eindruck erwecken, dass wir alles verstehen. Ich habe nie, auch als Seelsorger, den Versuch gemacht, Menschen alles zu erklären, weil wir es in dieser Weltzeit auch nicht erklären können.
Ich habe Zorn auf den Tod, wenn ich ein Kind beerdigen muss. Aber ich will das Begraben in der Geduld des Glaubens hören und lauschen auf die wunderbaren Verheißungen des Herrn. Wissen Sie, es gibt Dinge, die man nicht verstehen kann. Darfst du mir deuten? Wir sind ja kein Kindergarten hier.
Vor ein paar Jahren wurde eine Missionarin, Bibelübersetzerin und Mutter von vier Kindern, von Kriminellen schrecklich vergewaltigt. Sie sagt: „Ertrage das noch, wenn ich doch Jesus dienen will. Warum muss ich doch die Diebe durch?“ Sie sagt: „Herr, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht.“ Es gibt viel Schweres. Wir schütteln den Kopf und wissen nicht.
Wir können das oft nur mit Seufzen sagen. Aber wir dürfen die großen Zusagen des Herrn festhalten und sagen, dass doch alles klar ist.
Die Rolle des Heiligen Geistes im Glaubensleben
Weil wir den Geist haben, gibt uns der Geist den Durchblick und lehrt uns, auf Jesus zu blicken. Wir können Jesus nicht zum Herrn erklären, ohne dass der Heilige Geist uns dabei hilft. Er öffnet unsere Augen und macht uns das Wort verständlich.
Das ist das Wunderbarste am Heiligen Geist: dass ich das Wort verstehen und daran glauben kann. Ich kann nicht aus eigener Vernunft oder Kraft an Jesus glauben, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen. Der lutherische Katechismus zeigt uns, wie herrlich es ist, diesen Geist zu haben.
Deshalb dürfen wir auch immer sagen: Krankheiten sind tückisch, böse und gemein, aber sie sind auch wieder natürlich. Ich habe zeitlebens nie die Bestattungsformel so sagen können, wie es in Württemberg üblich ist, dass Gott einen Menschen abberufen hat. Das ist für mich zu schwierig. Manche haben sich das Leben genommen, der Tod hat gerufen. Jetzt legen wir einen Menschen in die Hände Gottes. So habe ich es gesagt – das war für mich das Einzige, was ich sagen konnte.
Wir müssen die Macht des Todes ernst nehmen. Der Tod hat Raum und schlägt oft sinnlos zu. Aber jetzt lege ich einen Menschen in die Hand Gottes. Ich darf auch sagen: Auch dort, wo der Tod zugeschlagen hat, hat er nicht wahllos gehandelt, sondern so weit, wie Gott ihm Raum gab. Das gilt für alle Leiden, Armut, Misserfolg, Enttäuschung und schwere Lebensführung.
Dazu gehört das herrliche Wort: Wir wissen, dass allen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Alle Dinge – auch die widerlichen, unangenehmen und ärgerlichen. Zum Beispiel, als ich im Januar 1971 nach Stuttgart ging, war ich in großer Auflehnung. Ich war eigentlich auserwählt worden, Evangelist zu sein. Dieses Amt habe ich mir zeitlebens erträumt.
Zuerst suchte ich eine Mission, doch das zerschlug sich immer wieder. Dann das evangelistische Amt, nachdem ich sechs Jahre in der Gemeinde war. Doch es wurde durch eine dumme Entscheidung in der Kirchenleitung verhindert. Später entschuldigten sich alle. Ich war voller Zorn und sagte, das sei von Menschen versaut, da könne kein Segen draufliegen.
Ich konnte mich aus der Gemeinde nicht mehr lösen, obwohl ich dachte, es sei Schikane und Willkür von Menschen. Nein, Gott hat geführt. Trotzdem war es sicher blöd und ärgerlich, was Menschen getan haben. Das sieht man oft: Wenn Böses geschieht, handeln Menschen. Aber jetzt ist es interessant: Denen, die Gott lieben, muss auch das Widrige, das Unangenehme und das Böse zum Besten dienen.
Das ist das Tolle. Ich darf mich noch ärgern, aber ich muss lernen, im Rückblick den Segen zu sehen. Wem gilt das? Denen, die Gott lieben. Liebst du Gott? Es ist wichtig, dass ich nicht grolle und ihn nicht mit meinem Unglauben beschimpfe. Ich darf nicht bloß unter Bitterkeit sagen: „Ja, Herr, Zähne zusammenbeißen.“ Sondern ich sage: „Herr, ja, ich verstehe dich nicht, aber ich vertraue dir.“ Das ist kindlicher Glaube.
William Bush, dessen Frau an schrecklichem Brustkrebs starb, brauchte diese Frau sehr. Er war ein schwerer Nöter und kam mit dem Leben nicht zurecht. Diese Frau, Catherine, hielt ihn zusammen. Doch Gott nahm sie ihm in der wichtigsten Zeit weg. Er sagte: „Herr, ich verstehe dich nicht, aber ich vertraue dir.“
Das ist so wichtig, dass ich das annehmen kann. Und dass andere Gott lieben und dass Gott die Regie in ihrem Leben führen kann. Wir dürfen nicht in Gottes Steuer greifen, sondern sagen: „Herr, jetzt möchte ich nur, dass nichts geschieht. Wir wollen in diesen Zeiten sagen: Herr, dein Wille geschehe.“ Genau das hat Jesus uns im Garten Gethsemane vorgebetet.
Ja, du musst die Regie haben und bestimmen, was kommt – nicht die Ärzte, nicht die Krankheit, nicht der Tod, sondern du. Aus deiner lieben Hand nehme ich alles, auch das, was ich nicht verstehe.
Wir verstehen unter dem Besten natürlich meist nur das Leben, Erfolg, Geld, Wohlfühlen und Freude. Das ist in dieser Weltzeit so. Aber Gott hat es anders. Er hat seinen Sohn Jesus selbst einen anderen Weg geführt. Deshalb ist es gut, dass Gott oft auch unter dem Anderen seine Gaben hineingelegt hat.
Gottes Werk an uns und die Führung in schweren Zeiten
Das ist ein tolles Thema. Ich habe mich sehr gefreut, was hier auf der Langensteinbacher Höhe für diese Urlaubswoche vorbereitet wurde. Ich sage ja, ich habe Ihnen durch viele Beispiele einen großen Apfelmus in Ihrem Kopf gemacht. Aber es kommt noch einmal eins von William Carey.
William Carey war ja ein Schuhmacher. Er hat immer gesagt: „Ich bin nur Schuhflieger.“ Interessant ist, dass er Baptist war, aber auch die Baptisten haben Mission nicht wirklich verstanden. Er musste eine eigene Mission gründen, weil sein eigener Superintendent oder was auch immer sie dort hatten, gesagt hat: „Sie sind ein unverbesserlicher Phantast.“ Man hatte nicht begriffen, dass William Carey wirklich eine Vision für Missionen hatte. Er wurde der große Indienmissionar.
Es ist merkwürdig, dass so ein scheinbar schwachbegabter Mann für dieses Amt gerüstet war. Dann kam jene Stunde in Serampor, wo später eine große Universität entstand, die bis heute noch existiert. Im Jahr 1812 zerstörte in wenigen Minuten ein Feuer alles. Ich lese vor: Viele Manuskripte, viele Schriftauslegungen in indischer Sprache, das ganze Neue Testament in Kanaräsisch, das Alte Testament in Sanskrit, viele Seiten seines Wörterbuchs in Bengali, ein großer Teil der Grammatik in Panschabi, das Wörterbuch in Sanskrit – alles war ausgelöscht. Die ganzen Buchstaben für Tamil und Chinesisch – alles zerstört, alles vernichtet!
Es war doch ein Gotteswerk. Warum konnte Gott das alles zerstören lassen? Kein Mensch kann darauf eine Antwort finden. Was schrieb William Carey dazu? „Gott wird zweifellos das Beste aus diesem Unglück machen und unsere Interessen fördern.“ In seiner Lebenszeit war es nicht mehr möglich, auch nur einen Bruchteil von dem, was verloren ging, wiederherzustellen. Aber er sagt: „Gott wird ohne Zweifel das Beste daraus machen und unsere Interessen fördern. Er wird das Werk seiner Hände nie im Stich lassen.“
So etwas muss man einfach wissen: Ich bin nicht der Erste. Sollte ich der Erste sein, der zu Schanden wird – ich bin nicht der Erste. Viele haben es mit Gott erlebt. Und jetzt wird es auf einmal interessant, dass Gott gar nicht an der Leistung interessiert ist, die wir produzieren. Das ist nämlich unser Missverständnis.
Ich habe immer gemeint, Gott wolle von uns, dass wir ein ganz großes Tablett hinstellen: „Lieber Gott, das bringe ich, das habe ich in meiner Lebenszeit geschafft.“ Wenn ich sterbe, dann kann man es aufzählen – das war meine Lebensleistung. Das will Gott gar nicht. Er hat Engel genug, er kann alles produzieren. Was will er? Er will mit uns zum Ziel kommen – das ist seins. Er arbeitet an uns. Wir sind sein Werkstück. Wir sind sein Werkstück.
Das Schaffen macht Spaß. Das ist das, was man tun darf. Wir legen uns ja nicht faul aufs Canapé. Wir wollen ja etwas tun. Gottes Absicht ist, dass er an William Carey gearbeitet und ihn zugerichtet hat. Wenn man das sieht, versteht man viel. Dann erkennt man, wie Gott es macht mit seiner Regie.
Ich möchte schließen mit Josef. Es ist eigentlich toll, wie Josef zuerst die Brüder, mit denen er aufgewachsen ist, kannte und wusste, wie man mit ihnen umgeht. Aber wie Josef das durchgestanden hat, das hat keiner von ihnen heimgehalten. Dann kam noch die Frau Potifar, und dann kam noch dieser Mönch – so unverschämt! „Vergiss den einfach.“ Aber der Herr war mit Josef.
Was Josef tat, dazu gab der Herr ihm Glück, auch im Gefängnis. Und er lief nicht Sturm, er rüttelte nicht an den Gefängnisstäben. Stattdessen gab der Herr ihm Heil und Glück. Merkwürdig. Es geht darum, dass wir unsere Vorstellungen ändern und merken, dass der Herr an uns arbeitet. Dann können wir manche unserer Vorstellungen begraben, die nämlich nicht biblisch sind – wie wir meinen, wie der Herr uns führen müsste.
Es steht tatsächlich drin: Er hat Gedanken des Friedens und der Liebe und nicht des Leides mit uns. Er wird uns übervoll geben – Leben in Fülle. Da braucht er gar keine Sorge zu haben. Und Sie dürfen sagen: „Ich habe nie Mangel gehabt.“ Es sind lauter Verheißungen, auf die Sie sich stützen dürfen. Aber er macht es nie nach unseren Vorstellungen, sondern ganz wunderbar und neu.
Und da will ich aufhören. Im Text steht noch viel mehr, als wir ausschöpfen können: „Die er verordnet hat, die er berufen hat, die wird er herrlich machen, und mit denen wird er weitergehen.“ Er ist der, der uns berufen hat, und der führt uns zum Ende. Er ist der Herr, und in seine Hand darf man sich ganz getrost fallen lassen.
Schlussgebet
Wir wollen beten.
Danke, Herr, für den Zuspruch deiner Liebe. Du hast ihn durch deinen Tod am Kreuz festgemacht. Dass uns nichts und niemand aus deiner Hand reißen kann – das ist genug.
Vielen Dank, dass du uns dein Wort gegeben hast. Dein Wort kann uns niemals enttäuschen. Du revidierst oder änderst dein Wort auch niemals.
Danke für die vielen Erlebnisse deiner Zeugen, Herr. Wir sind in einer Staffelübergabe und wollen diesen Glauben weitertragen.
Wir sind überwältigt von deiner Güte und danken dir, Herr, wie wohl du an uns tust! Amen.
