Ich habe mir die Frage gestellt, wie ich nach den Einführungen vom letzten Mal überhaupt weitermachen soll. Paul, wir freuen uns darauf, in zehn Jahren einen gereiften Paul zu hören, wie er hier vorne die Vorträge hält. Ich werde dann zurücktreten und mir sagen: „Das meine ich länger, das war sehr gut beim letzten Mal, das wollte ich nochmal auf Kassette bannen.“
Ich werde heute weitermachen oder versuchen, dort weiterzumachen, wo Paul das letzte Mal aufgehört hat. Paul hat über den Ersten Samuel gesprochen, also werde ich über den Zweiten Samuel sprechen. Zweiter Samuel ist das Buch über die Herrschaft Davids. Das ganze Buch dreht sich darum.
Es beginnt mit dem Tod Sauls und berichtet dann darüber, dass David zunächst über den Stamm Juda herrscht. Es endet kurz vor Davids Tod. Somit umfasst das Buch einen Zeitraum von ungefähr vierzig Jahren. Ungefähr vierzig Jahre sind der Bereich, über den der Zweite Samuel berichtet.
Ihr habt beim letzten Mal gehört, dass Erster und Zweiter Samuel eigentlich eine künstliche Trennung sind. Ursprünglich war es ein Buch. Erst seit der Septuaginta gibt es zwei Bücher: Erster und Zweiter Samuel. Ob das logisch und richtig ist, darüber mögen sich die Gelehrten streiten. Wir leben erst einmal damit.
Das zweite Buch Samuel zerfällt recht offensichtlich, das wird euch, denke ich, auch ins Auge fallen, in zwei Teile. Der erste Teil geht bis Kapitel zwölf. Er ist eigentlich voller Siege und Triumphe: David wird König, alles, was sich ihm in den Weg stellt, wird ausradiert, das Reich wird erweitert. Es kommt zu einer Art Erweckung, einem geistlichen Aufbruch – alles läuft super.
Dann kommt Kapitel elf, und man denkt, man liest nicht richtig. Da macht David Unsinn. Er hat ein Techtelmechtel mit einer Frau, die eigentlich die Frau eines anderen ist. Das endet dann im zweiten Teil ab Kapitel dreizehn mit sehr viel Verlust und vielen bösen Dingen, die in der Familie passieren. Es kommt zu Bürgerkrieg, und alles, was vorher so glänzend dastand, scheint im zweiten Teil des Buches von Kapitel dreizehn bis vierundzwanzig wie weggewischt.
Man liest das Buch und fragt sich, ob das eigentlich noch der gleiche David ist, der am Anfang so überwältigend dastand.
Also, wir haben den Zweiten Samuel, und wir teilen das Buch folgendermaßen ein: Einen ersten Teil, den nennen wir „Davids Siege“. Hier unterscheiden wir vielleicht Kapitel eins bis vier, weil David in diesen Kapiteln noch nicht über ganz Israel regiert, sondern zunächst nur über einen Teil – den Stamm Juda. Er ist König über Juda, und die Stadt, von der aus er regiert, heißt Hebron.
Von Kapitel fünf bis zwölf ist er dann König über ganz Israel und regiert von Jerusalem aus. Das ist der erste Teil. Das Buch ist sehr simpel.
Dann kommt der zweite Teil, den nennen wir „Davids Schwierigkeiten“. Hier haben wir Kapitel dreizehn bis achtzehn. Es geht um Schwierigkeiten, die sich in erster Linie innerhalb der Familie abspielen: Ein Bruder vergewaltigt seine Schwester, ein anderer tötet daraufhin den Täter. An dieser Stelle muss er flüchten, kommt später zurück und startet eine Revolte, einen Aufstand gegen David.
Diese Ereignisse sind im zweiten Teil, Kapitel dreizehn bis achtzehn. Sie gehen dann weiter und bleiben nicht auf dieser Ebene. In den Kapiteln neunzehn bis vierundzwanzig treten die Schwierigkeiten auch auf der Ebene des Volkes beziehungsweise der Nation zutage.
Das wäre der Zweite Samuel ganz einfach zusammengefasst.
Jetzt könnte man die Frage stellen, warum ich den Schnitt nicht nach Kapitel zehn mache. Denn, wie gesagt, in Kapitel elf wird der Ehebruch mit Bathseba geschildert. Das ist eigentlich noch im ersten Teil.
Ich packe Kapitel elf und zwölf ganz bewusst zum ersten Teil dazu, weil sowohl die Sünde, die geschildert wird, als auch die danach folgende Buße ihren Ursprung genau in diesen Erfolgen haben. Sie sind eigentlich noch Teil der Erfolge. David hat diese Erfolge, und als Konsequenz daraus kommt diese Sünde.
Deswegen nehme ich das einfach noch mit hinzu. Am Ende von Kapitel zwölf wird die Einnahme einer Stadt geschildert, nämlich der ammonitischen Königsstadt Rabba. Das ist in dieser Form die letzte Schilderung eines Erfolgs, den David hat.
Danach, ab Kapitel dreizehn, beginnen richtig die Schwierigkeiten.
Wie lautet die geistliche Botschaft des Buches? Nun, wir können uns das anschauen und sagen, es ist nicht schwer zu erkennen, worauf das Buch hinauswill. Tobi, wie würdest du die geistliche Botschaft des Buches beschreiben? Es ist etwas, das das ganze Leben verändern kann.
Wenn man es allgemeiner formuliert, nicht nur im Fall einer schwerwiegenden Sünde, dann zeigt das Buch, dass Sünde in der Lage ist, Erfolge in Niederlagen oder Schwierigkeiten zu verwandeln. Wenn man die Teilung berücksichtigt, sieht man, dass ein Leben im Glauben zu Sieg führt. Es bewirkt, dass man Feinde und Schwierigkeiten tatsächlich überwindet. Sobald ich aber der Sünde in meinem Leben Raum gebe, endet das immer in Schwierigkeiten.
Also: Erfolg durch Glauben, Schwierigkeiten durch Sünde. Was 2. Samuel betont, wie kaum ein anderes Buch, ist, dass Sünde immer bittere Konsequenzen fordert. Du kannst machen, was du willst, du kannst daran glauben oder nicht, du kannst auf die Tricks der Sünde hereinfallen – aber Sünde wird Konsequenzen nach sich ziehen. Kein Sündigen ohne Leid. Das ist ein ewiges geistliches Prinzip, ob man es wahrhaben will oder nicht.
Die Bibel sagt, dass dies besonders für den Bereich der Sexualität gilt. Weil David gefallen ist und an dieser Stelle gescheitert ist, sollten wir uns gut vor Augen halten, dass wir selbst in diesem Bereich vorsichtig sein müssen. Die Bibel nennt es „die Lust der Augen“. Wenn man genau hinschaut und die Sache einfach schicker findet, dann kommt oft noch das Begehren hinzu – das Habenwollen, das Genießenwollen. Es geht immer ein Stückchen weiter.
Natürlich ist David König, wir sind keine Könige. Wir können nicht einfach die Frau der nächsten oder den Mann der nächsten Straßenecke zu uns hereinbitten. Und niemand will das. Uns fehlt vielleicht oft einfach die Möglichkeit, das umzusetzen.
Ein anderer Mann ist uns hier ein Vorbild, wie man mit solchen Versuchungen umgehen soll: Joseph. Joseph wurde von der Frau des Potiphar verführt und er ist davongelaufen. Ich denke, das ist das, was man im Umgang mit solcher Sünde überhaupt tun kann: einfach weglaufen.
Hiob schreibt in Hiob 31, Vers 1 etwas, das ich mir selbst sehr hinter die Ohren geschrieben habe und das jeden Mann begleiten sollte. Hiob 31,1 lautet: „Einen Bund habe ich mit meinen Augen geschlossen, wie hätte ich da auf eine Jungfrau lüstern blicken sollen?“ Das Problem bei Sexualität ist eigentlich ein Problem der Augen. Wenn ich erst gar nicht hinschaue, wird es auch nicht zum Problem. Eigentlich ist es relativ einfach.
Das Christentum ist immer einfach: Schaut man nicht hin, wird es nicht zum Problem. Wenn ich es mir spare, Werbung anzuschauen, Filme bestimmter Couleur zu sehen oder im Internet Seiten zu besuchen, die mich nichts angehen, dann erspare ich mir Versuchungen.
Wenn ich mir diesen Versuchungs-Input spare, kommt es auch nicht zum nächsten Schritt, zur Lust. Und wenn ich die Lust schon abgeblockt habe, dann kommt es auch nicht dazu, dass, wie Jakobus es beschreibt: „Wenn die Lust empfängt, gebiert sie Sünde. Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Wenn man also ganz vorne einfach aufhört, wird es nach hinten leichter.
Aber natürlich, und das weiß jeder, der ein bisschen darüber nachdenkt und Lebenserfahrung hat: Die Sünde wird uns immer wieder einreden, sie sei gar nicht so schlimm. Sie sagt: „Ich weiß gar nicht, was du hast. Ein bisschen ist doch gar nicht schlecht. Gönn dir doch ein klein bisschen von mir. Nur so ein bisschen. Du musst ja nicht bis zum Ende gehen. Du kannst doch vorher aufhören. Hast du nicht Lust, ein klein bisschen mit mir spazieren zu gehen?“
Und man denkt sich: „Ja, eigentlich stimmt’s, macht ja jeder so. Aber wenn die anderen das können, dann sollst du das auch.“
Vielleicht hat man am Anfang noch ein schlechtes Gewissen, wenn man sich den einen oder anderen Film anschaut oder das eine oder andere tut. Und irgendwann ist das dann auch weg.
Der Hebräerbrief warnt vor der leicht umstrickenden Sünde. Das ist wie jemand, den man fangen will: Kann man jemanden mit einem Bindfaden fesseln? Nein. Doch, man muss nur oft genug umwickeln. Das ist die leicht umstrickende Sünde, bei der man denkt: „Komm, einmal hinschauen, das macht doch nichts.“
Vielleicht schaut man einmal hin, aber dann schon bald ein zweites Mal. Der Bindfaden wickelt sich und wickelt sich weiter. Man denkt, man kommt jederzeit wieder raus. Man glaubt, man kommt raus, obwohl man schon tief drinsteckt. Falsch!
Das ist die Botschaft von 2. Samuel: Du kommst nicht raus. Sünde, einmal getan, wird ihre Konsequenzen fordern. Du kommst nicht weg.
Aber das ist der zweite Teil. Schauen wir uns erst den ersten Teil an.
Ein paar Schlaglichter zum Thema Zweiter Samuel.
Im ersten Kapitel des Zweiten Samuel begegnet uns David als eine ganz besondere Persönlichkeit. Saul stirbt, ebenso Jonathan, und das gesamte Herrscherhaus fällt in der Schlacht gegen die Philister. Man könnte erwarten, dass David sich riesig freut und sagt: „Endlich, es wurde auch langsam Zeit! Ich habe lange genug gewartet, um jetzt auf den Thron zu kommen.“ Doch genau das Gegenteil geschieht.
David zeigt eine Haltung, die wir auch von Gott kennen. In Hesekiel 18, Vers 32 sagt Gott über sich selbst: „Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht der Herr; so kehrt um, damit ihr lebt.“ Gott hat kein Gefallen am Tod des Sünders, und ebenso wenig freut sich David über Sauls Tod. Es betrübt ihn.
Als jemand versucht, aus Sauls Tod Kapital zu schlagen, zeigt sich, dass Davids Herz nie von Saul gewichen ist. Er hatte ihn die ganze Zeit gern. David tut etwas, das mich persönlich sehr berührt: Er singt ihm ein Lied. Er verpackt die Erinnerung an Saul und Jonathan in ein Lied. Wenn man dieses Lied liest, fällt auf, dass es keine schlechten Seiten Sauls erwähnt. Es ist ein Nachruf, der nur die guten Seiten hervorhebt. David möchte, dass Saul und Jonathan im Gedächtnis des Volkes in guter Erinnerung bleiben.
Das finde ich eine sehr bewundernswerte Haltung, denn aufgrund seiner Erfahrungen hätte David durchaus anders reagieren können – vor allem gegenüber Saul. Doch er zeigt keine Bitterkeit, keine Rache und keine Freude darüber, dass Saul tot ist. Vielmehr empfindet er Trauer über das Schicksal dieses Mannes.
Im zweiten Kapitel wird geschildert, wie David König über Juda wird und von Hebron aus für siebeneinhalb Jahre regiert. Warum kann David nicht sofort über ganz Israel König werden? Das liegt daran, dass einer von Sauls Generälen, Abner, Ischboschet zum König macht. Obwohl Abner Gewicht hat und Einfluss, ist dieser Schritt falsch – aus mehreren Gründen.
Erstens war die Monarchie in Israel damals nicht einfach eine dynastische Erbfolge. Wer wurde König? Nicht automatisch der Sohn des Königs, sondern Gott bestimmte den König. Danach setzte das Volk den von Gott erwählten König ein. Bei Saul war das deutlich, bei David dauerte es noch.
Das vorherrschende Denken bei Abner und anderen war jedoch: „Mein Sohn ist es einfach.“ Dieses dynastische Denken, dass der Sohn den Thron übernimmt, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgesehen. Man merkt das daran, wie Gott den nächsten König einsetzt. Es wird nicht Jonathan, Sauls Sohn, sondern jemand anders gesalbt.
Selbst wenn man das dynastische Denken anwendet, wäre Jonathan der legitime Nachfolger gewesen. Doch Jonathan hat seinen Anspruch an David abgetreten, indem er zu David ging und sagte: „Ich weiß genau, dass du der König bist.“ Selbst über diese Schiene wäre die Entscheidung falsch gewesen.
Es gibt noch einen weiteren Grund, warum Abners Schritt falsch war und die Sünde Abners sowie Israels noch größer ist. Sie wussten genau, dass Ischboschet der falsche Mann ist. In Kapitel drei wechselt Abner die Seiten. Dort heißt es in 2. Samuel 3, Vers 9: „Da streitet er sich mit Ischboschet: ‚So möge Gott Abner tun und so ihm hinzufügen, wie der Herr dem David geschworen hat: Ich werde das Königtum vom Haus Sauls wegnehmen und den Thron Davids über Israel und Juda aufrichten, von Dan bis Beerscheba.‘“
Abner bestreitet mit seinem König und sagt: „Jetzt reicht es mir. Ich werde tun, was Gott schon lange will. Ich werde David das gesamte Reich übergeben.“ Die Frage bleibt: Warum macht Abner das nicht früher, wenn er weiß, was Gott will?
Auch die Ältesten Israels zeigen in Kapitel fünf ihre eigene Sündhaftigkeit. Sie bitten David, ihr König zu werden, nachdem Ischboschet ermordet wurde. In 2. Samuel 5,1-3 heißt es: „Und alle Stämme Israels kamen zu David nach Hebron und sagten: ‚Wir sind dein Gebein und dein Fleisch. Schon früher, als Saul König über uns war, hast du Israel ins Feld hinausgeführt und wieder heimbrachte. Der Herr hat zu dir gesprochen: Du sollst mein Volk weiden und Fürst sein über Israel.‘“
Das ist eine großartige Aussage. Die Leute sagen zu David: „Gott hat dir gesagt, du sollst König sein.“ Aber warum kommen sie erst jetzt? Wenn ihnen das so klar war, warum haben sie siebeneinhalb Jahre gewartet? Damit verurteilen sie sich selbst.
Trotzdem wird David ihr König. In diesem Prozess, in dem er erst König über Juda ist, also über einen kleinen Teil Israels im Süden, und später über ganz Israel, zeigt er eine vorbildliche Haltung.
In 2. Samuel 2,1 lesen wir: „Und es geschah danach, da befragte David den Herrn: ‚Soll ich in eine der Städte Judas hinaufziehen?‘ Und der Herr sprach zu ihm: ‚Zieh hinauf.‘ David fragte: ‚Wohin soll ich hinaufziehen?‘ Und er sprach: ‚Nach Hebron.‘“
David handelt nicht einfach so, sondern befragt immer wieder Gott. Das ist sein Markenzeichen in den ersten Kapiteln. Wo es Siege gibt, sieht man, dass ihn vor allem interessiert, was Gott will – nicht, wohin ihn die Umstände treiben oder was nach menschlicher Logik sinnvoll erscheint. Er fragt immer wieder: „Was will Gott?“ Das gibt ihm Kraft, Sicherheit und Erfolg. Es lässt ihn nicht untergehen und macht ihn zu dem, was er ist.
In 2. Samuel 3,1 heißt es: „Der Kampf währte lange, nämlich über Jahre hinweg, zwischen dem Haus Sauls und dem Haus Davids. David aber wurde immer stärker, während das Haus Sauls immer schwächer wurde.“
Allmählich wird für jedermann offensichtlich: David ist der wahre König, der von Gott eingesetzt wurde. Wahrscheinlich kommen immer mehr Leute ins Zweifeln, ob sie richtig gewählt haben. Es ist ein langsamer Prozess. Man merkt, wie Gott Überzeugungsarbeit leistet und das Herz des Volkes Stück für Stück David zuwendet. Am Ende wird er in Kapitel fünf König über ganz Israel.
Mit seinem Königtum kommt auch eine neue Hauptstadt. Dazu ein Überblick: Wenn hier das Mittelmeer ist (MM), oben der See Genezareth und unten das Tote Meer, dann liegt Hebron ungefähr hier, ziemlich im Süden. Für ein Land, das sich nach Norden erstreckt, ist das nicht ideal.
David hat ein doppeltes Problem: Er braucht eine neue Hauptstadt. Hebron liegt zu weit südlich. Ideal wäre eine Stadt in der Mitte. Doch genau in der Mitte zu regieren ist schwierig, wenn man gerade erst König über einige Stämme geworden ist und nicht sicher weiß, wie lange die anderen an einem festhalten.
Deshalb nimmt David den Stamm Juda, der ohnehin auf seiner Seite steht, und sagt, dieser soll bis dorthin reichen. Als Hauptstadt wählt er Jerusalem, die relativ zentral liegt. Sie ist weit genug nördlich, so dass die anderen Stämme sie als Hauptstadt akzeptieren können. Gleichzeitig liegt sie noch im jüdischen Bereich, sodass David im Falle von Unruhen sicher ist und nicht mitten unter feindlichen Stämmen leben muss.
Jerusalem ist eine Stadt, die kaum bedeutsam ist. Sie liegt weder an einem großen Fluss noch am Meer oder an einem wichtigen Handelsweg. Strategisch ist sie eher unbedeutend. Diese Stadt hat eigentlich nichts, was sie interessant macht.
Was macht Jerusalem also bedeutsam? Was ist das Einzige, das diese Stadt ausmacht? Über die letzten zweitausend Jahre – oder sogar schon dreitausend Jahre – ist es die Tatsache, dass Gott sie erwählt hat.
Das erinnert mich oft an uns. Wir sind auch nicht besonders toll in irgendeiner Hinsicht. Doch der Wert eines Menschen liegt darin, dass Gott ihn erwählt hat.
So wird aus dieser kleinen, unscheinbaren Stadt, die man sich kaum vorstellen kann, wie sie Woche für Woche in den Weltnachrichten erscheint, ein weltpolitisch äußerst brisanter Ort. Man fragt sich: Wie kann das sein? Warum wird ausgerechnet diese Stadt zum Zankapfel für global operierende Machtblöcke?
Man muss bedenken: Zwei Bomben und die Stadt wäre zerstört. Es ist nicht New York oder eine riesige Metropole, sondern ein kleines, unbedeutendes Städtchen mit enormer Brisanz.
Wenn man jemanden auf der Straße fragt, was einen dritten Weltkrieg auslösen könnte, hört man oft: „Spreng die Al-Aqsa-Moschee in die Luft und schau, was passiert.“ Die Al-Aqsa-Moschee steht auf dem Tempelberg. Dort würde die Welt aus den Fugen geraten. Ein solcher Anschlag würde die Welt verändern.
Natürlich soll man so etwas nicht tun. Aber kein anderer Ort auf der Welt hat diese Brisanz – nicht einmal andere Moscheen oder Synagogen an anderen Orten. Die Bedeutung Jerusalems ist einzigartig.
Okay, lasst uns zwei Lektionen zum Thema erfolgreiches geistliches Leben anschauen. Die eine Lektion findet sich in Kapitel fünf, Verse 17 bis 25. Zweimal lest ihr davon, dass die Philister kommen.
In 2. Samuel 5,17 heißt es: Als die Philister hörten, dass David zum König über Israel gesalbt worden war, zogen alle Philister herauf, um David zu suchen. Na ja, „suchen“ klingt ein bisschen gut, sie wollten natürlich mit ihm kämpfen. David hörte es und zog in die Bergfeste hinab.
Und jetzt passiert Folgendes: In Vers 18 heißt es, die Philister kamen und breiteten sich in der Ebene Rephaim aus. Nun befragte David den Herrn: „Soll ich gegen die Philister hinaufziehen? Wirst du sie in meine Hand geben?“ Der Herr sprach zu David: „Zieh hinauf, denn ich werde die Philister gewiss in deine Hand geben.“ David zog hinauf, und sie gewannen.
Du denkst dir vielleicht: Okay, ich habe das Prinzip verstanden. Da kommt eine Schwierigkeit in mein Leben hinein, ich bete, schaue, was Gott dazu sagt, und werde Sieg haben.
Lesen wir weiter: In Vers 22 heißt es, die Philister zogen noch einmal herauf und breiteten sich in der Ebene Rephaim aus. Und wie ist der Mensch gestrickt? Na, eigentlich brauche ich jetzt nicht mehr beten, oder? Ich weiß ja, was richtig ist. Wie war das oben? „Und der Herr sprach zu David: Zieh hinauf, denn ich werde die Philister gewiss in deine Hand geben.“ Da kam David nach Baal Perazim und schlug sie dort. Aha, das war ganz einfach: Du ziehst hin, kämpfst mit ihnen und schlägst sie.
Jetzt haben wir, wie gesagt, die zweite Situation – genau das Gleiche. Du schaust raus und siehst da unten diese Ebene Rephaim und all die Philister. Wir haben die gleiche Schwierigkeit in unserem Leben noch einmal. Und was machen wir? Es hat beim ersten Mal geklappt, ich weiß, wie ich mit dem Ding umzugehen habe. Ich brauche gar nicht mehr zu beten, oder? Wenn ich mein Problem erkannt habe, dann muss ich es genauso machen wie beim letzten Mal, dann wird das schon irgendwie hinhauen.
Warum immer dieses ständige Beten? Jetzt kann ich doch Gott beweisen, dass ich etwas gelernt habe. Jetzt kann ich doch einfach mal aus eigener Kraft zeigen, dass ich jemand bin und dass ich jetzt schon meine Probleme und mein Leben unter die Füße kriege.
In Vers 23 befragte David den Herrn, der sprach: „Du sollst nicht hinaufziehen!“ Hä, halt stopp, was ist denn jetzt los? „Wende dich und fall ihnen in den Rücken, dass du von der Seite der Backerbäume an sie herankommst“ usw. Und er schlug die Philister bei Gibeon.
Merkt ihr was? Er hat zweimal fast das gleiche Problem: Die Philister sind in der Ebene Rephaim. Und wie löse ich ein Problem in meinem Leben? Nicht immer auf die gleiche Weise. Auch wenn das Problem sehr ähnlich aussieht, lasst euch nie davon abhalten, bei jedem Problem zu beten und zu überlegen: Ist das wirklich dasselbe, oder bilde ich mir bloß ein, ich wüsste schon, wie man mit dieser Schwierigkeit fertig wird?
David ist unser Vorbild an dieser Stelle. Er betet bei jedem Problem, findet eine Lösung. Problem, Gebet, Lösung; Problem, Gebet, Lösung – auch dann, wenn die Probleme sehr ähnlich aussehen.
Lektion eins: Beten nicht vergessen!
Lektion zwei findet sich in Kapitel sechs. Diese Liste hattet ihr ja schon: die Bundeslade bekommen. Dann haben sie diese Bundeslade zurückgeschickt. Erinnert euch, das war so ein Experiment, ob wirklich Gott dahintersteckt. Sie haben alles Mögliche gemacht, damit diese Bundeslade nicht nach Israel zurückkommt. Sie haben Kühe genommen, die noch nie einen Wagen gezogen hatten, dann noch Kühe, die gerade säugend waren, also ein hohes Interesse hatten, zurückzulaufen zu ihren Kälbern. Und dann haben sie einfach die Kühe laufen lassen.
Und was machen diese Kühe? Sie tun genau das, was du nicht erwarten würdest: Sie ziehen die Bundeslade auf dem Wagen gen Israel und schreien dabei, weil natürlich mit jedem Schritt ihre Euter voller werden mit Milch. Es ist total gegen ihre Natur. Sie gehen ihren Weg und bringen die Lade zurück. Also dieses, wir würden heute sagen, wissenschaftliche Experiment beweist: Gott steckt dahinter.
Jetzt ist die Bundeslade wieder im Land, und David möchte sie gerne nach Jerusalem holen. Was macht man da? Na ja, man nimmt halt einen Wagen, packt die Bundeslade drauf, spannt ein paar Kühe davor und zerrt sie nach Jerusalem.
Und dann lesen wir in Kapitel sechs, Vers 6: „Und als sie zur Tenne Nachons kamen, streckte Usa seine Hand nach der Lade Gottes aus und fasste sie an, denn die Rinder hatten sich losgerissen.“ Logisch, ja. Du hast ja diese Kühe, und irgendwie zoppelt es ein bisschen, wackelt ein bisschen. Das ist diese große Bundeslade, und sie steht eben in der Gefahr, herunterzufallen. Also halten wir sie fest. Logisch, soll ja nicht herunterfallen, die Bundeslade, wird ja verbeult oder sonst etwas. Ist doch eine gute Idee, oder?
Vers 7: „Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Usa, und Gott schlug ihn dort wegen der Unehrerbietigkeit. Und er starb dort bei der Lade Gottes.“ Oh oh! Stellt euch den Schreck vor: Eben noch „Hurra, wir bringen die Lade Gottes nach Hause“, vorne wird gesungen und getanzt. Und mit einem Mal siehst du diesen Toten da liegen und denkst dir: Oh oh, ich glaube, man hat etwas falsch gemacht. Ich glaube, wir sind irgendwie auf dem falschen Weg. Die Musik bricht ab, und du denkst dir: Was machen wir jetzt? Ja, wir lassen die Lade mal hier. Nach Jerusalem bringen wir sie noch nicht. Da wissen wir, es ist irgendwie komisch, das lassen wir mal noch sein. Den müssen wir beerdigen, das machen wir auch schnell.
Was war der Fehler? Hätte sie nicht getragen werden sollen? Richtig! Sie hätte getragen werden müssen. Von wem? Wie bitte? Ja, von den Leviten, ganz genau.
Er wollte nur retten, richtig. Du fasst die Leute Gottes nicht an, egal aus welchem Grund. Wenn eine Sache verboten ist und du tust sie trotzdem, egal wie deine Haltung ist, sie bleibt verboten. Kein Levit wird jemals in seinem Leben die Lade Gottes anfassen, auch nicht, um sie zu retten, damit sie nicht herunterfällt. Du fasst sie nicht an.
In 1. Chronik 15,2 lesen wir, was David vor dem zweiten Versuch sagte. Der zweite Versuch ist der, bei dem man tatsächlich die Leviten nimmt, und sie tragen die Lade Gottes eigenhändig nach Jerusalem. Da heißt es: „Damals sagte David, die Lade Gottes soll niemand tragen außer den Leviten, denn sie hat der Herr erwählt, die Lade des Herrn zu tragen und seinen Dienst zu verrichten auf ewig.“
Die zweite geistliche Lektion für ein siegreiches Leben lautet also: Lies die Bibel! Lies nach, denn da stand es ja drin. David hätte ja nur nachlesen müssen und hat das wahrscheinlich danach auch gemacht. Er hat festgestellt, wie er es hier sagt: Die Lade Gottes trägt niemand außer den Leviten. Und wo man das macht und sich an diese Prinzipien hält, klappt es dann auch.
Also zwei Prinzipien für ein siegreiches Leben:
Erstens, bete vor deinen Problemen, egal wie vertraut sie dir erscheinen. Egal, wie sehr du glaubst, jetzt auf sicherem Terrain zu sein und genau zu wissen, was dran ist – lass dich nicht davon abhalten zu beten.
Und zweitens, lies die Bibel und schau nach, ob das, was du tust, wirklich das ist, was Gott will. Manchmal sieht unser Leben ganz toll aus, und wir meinen: Na ja, ich will doch nur Gott helfen, dass seine Lade nicht von der Plattform hier kippt. Aber Vorsicht, es gilt immer Gottes Maßstab.
Dann kommen wir in Kapitel sieben zu einem Abschnitt, der die gesamte Menschheitsgeschichte beeinflusst. In Kapitel sieben lesen wir vom Bund Gottes mit David, und zwar in den Versen 11b bis 16 – das ist der sogenannte Davidische Bund. Gott hat verschiedene Bünde mit Menschen geschlossen, und hier geht es um den Bund, den er mit David abgeschlossen hat.
Das ist jetzt etwas, worauf ich euch bitte, besonders zu achten, weil es meiner Meinung nach sehr wichtig ist. Darüber kann man auch am Sonntag nicht einfach so predigen, weil es ziemlich kompliziert ist.
So verkündigt dir nun der Herr:
Der Herr wird dir ein Haus machen, wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast. Dann werde ich deinen Nachkommen, der aus deinem Leib kommt, nach dir aufstehen lassen und werde sein Königtum festigen. Er wird meinem Namen ein Haus bauen, und ich werde den Thron seines Königtums für ewig festigen. Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen. Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen, wie ich sie von Saul habe weichen lassen, den ich vor dir weggetan habe.
Dein Haus aber und dein Königtum sollen vor dir Bestand haben für ewig, dein Thron soll feststehen für ewig.
Was ist neu durch diesen Bund? Erstens: Sowohl Saul als auch David wurden als Könige zuerst von Gott und dann vom Volk erwählt. Von nun an gibt es eine Dynastie, nämlich das Haus David. Jetzt war klar: Könige kommen aus der Nachkommenschaft Davids. Es ist nicht mehr so, dass Gott jeden König einzeln erwählt, sondern wir haben jetzt das, was man ein königliches Geschlecht nennt. Das ist Punkt eins.
Punkt zwei: In Vers 16 heißt es:
Dein Haus aber und dein Königtum sollen vor dir Bestand haben für ewig, dein Thron soll feststehen für ewig.
Das bedeutet, sowohl das Haus – also die Nachkommenschaft – als auch das Königtum, das heißt der Regierungsbereich, und der Thron, ein Bild für die Autorität, sind auf Ewigkeit angelegt.
Zunächst geht es bei diesem Bund um einen wirklichen Nachfolger, nämlich Salomo. Das erste Prinzip in der Auslegung lautet immer: Wenn der wörtliche Sinn Sinn macht, dann bleibt er bestehen. Erst einmal ist hier Salomo im Blick. Man muss aufpassen, wenn man anfängt, Dinge zu vergeistigen. Man darf in der Bibel nicht vorschnell über den wörtlichen Sinn hinausgehen.
Die Frage ist: Gibt der Text Anhaltspunkte dafür, dass über den wörtlichen Sinn hinaus – also über Salomo hinaus – noch ein zweiter, dritter oder vierter Nachfolger gemeint ist, vielleicht sogar der Messias? Gibt der Text Hinweise darauf, dass der Blick von Salomo über ihn hinaus bis zum Messias reicht? Wenn nicht, interpretiert man nur etwas in den Text hinein.
Hier ist es so, dass in diesem Wort Gottes viel mehr steckt als nur die Bestätigung, dass David einen Sohn haben wird, der nach ihm regiert. In Kapitel sieben, Vers 18, 19 und auch in Vers 29 lesen wir, wie David reagiert und wie er selbst das versteht:
Da ging König David hinein, setzte sich vor dem Herrn nieder und sagte:
Wer bin ich, Herr, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher gebracht hast? Und das war dir noch zu gering, Herr, du hast sogar über das Haus deines Knechts auf ferne Zukunft hingewiesen, als Weisung für Menschen.
David merkt, dass es nicht nur um die nahe Erwartung eines Nachfolgers geht. Der Horizont dieser Weissagung ist wirklich ewig und geht weit darüber hinaus.
In Vers 29 heißt es:
Und du hast dieses Gute zu deinem Knecht geredet, so lass es dir nun gefallen und segne das Haus deines Knechts, dass es ewig vor dir sei. Denn du, Herr, hast geredet, und mit deinem Segen wird das Haus deines Knechts gesegnet sein für ewig.
David erkennt, dass die Verheißung, die Gott gibt, sich nicht nur auf eine kurze Zeit oder ein, zwei Nachfolger bezieht, sondern tatsächlich auf eine lange Zeit. In dieser Form schaut er auf eine Erfüllung der Verheißung, wie sie erst am Ende der Zeit in einem Mann sichtbar wird, der auf dieser Erde schon als Gottesprophet war, jetzt im Himmel als ewiger Hoherpriester ist und in der Zukunft als König aller Könige zurückkommen wird. So erfüllt dieser Mann die Verheißung.
Wir haben also die Naherwartung in Salomo, aber die Verheißung geht weit darüber hinaus. David erkennt das noch undeutlich, aber es ist da.
Ich möchte euch noch zwei weitere Stellen zeigen, die belegen, dass die Propheten immer wieder an diesem Thema anknüpfen. Es gibt natürlich noch viel mehr Stellen.
Die erste ist Jesaja 9, dort wird der Messias vorgestellt. In Jesaja 9, Vers 5, kommt das Thema wieder auf, dass er eines Tages auf dem Thron Davids sitzen wird als der abschließende, endgültige König, auf den alles hinausläuft, dessen Thron in Ewigkeit bestehen wird:
Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Man nennt seinen Namen wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens. Groß ist die Herrschaft, und der Friede wird kein Ende haben auf dem Thron Davids und über seinem Königreich.
Hier sehen wir die enge Verbindung, dass der Prophet sagt: Wenn der Messias kommt, wird er auf dem Thron Davids sitzen. Aber was heißt das, auf dem Thron Davids? Ist es der gleiche Stuhl, auf dem David gesessen hat? Ist es ein alter Holzstuhl, mit Gold überzogen, mit Elfenbein ausgeschmückt und kleinen Glöckchen dran? Das ist es natürlich nicht.
Der Thron Davids steht für die Dynastie, für die Abfolge von Königen. Der Messias wird seinen Platz einnehmen als einer, der von seinen Vorfahren her, von David abstammt, und am Ende diesen Thron Davids, also die Autorität und Herrschaft Davids, übernehmen wird.
Eine weitere Stelle ist Jeremia 33. Auch hier geht der Blick des Propheten nach vorne:
Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da erfülle ich das gute Wort, das ich über das Haus Israel und das Haus Juda geredet habe. In diesen Tagen und zu dieser Zeit werde ich David einen Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen lassen, der Recht und Gerechtigkeit im Land üben wird. Denn so spricht der Herr: Nie soll es David an einem Mann fehlen, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt.
Und das Wort des Herrn geschah zu Jeremia:
So spricht der Herr, wenn ihr jemals meinen Bund mit dem Tag und meinen Bund mit der Nacht brechen könntet – das bedeutet so viel wie, wenn ihr es jemals schafft, dass Tag und Nacht nicht mehr zu ihrer Zeit sind –, dann kann auch mein Bund mit meinem Knecht David gebrochen werden, dass er keinen Sohn hat, der auf seinem Thron König ist.
Dieser Bund gilt und wird in dem ewigen König Erfüllung finden.
Das, was wir heute Morgen schon hatten, Matthäus 1, ist ja die Erfüllung davon. Dort sehen wir die Genealogie, das Geschlechtsregister Davids, wie es sich durch die Jahrhunderte hindurchzieht und immer jemand da ist, der die Königswürde weiterführt.
Man kann sagen: Okay, aber sie waren ja relativ schnell keine Könige mehr. Das ist richtig. Und das ist auch das, was Jeremia hier andeutet. Obwohl sie aus der Linie Davids stammen und das Recht auf den Königsthron weitergeben, wird es so sein, dass, wenn Jesus kommt, ein Spross der Gerechtigkeit hervorsprießen wird.
Da ist etwas, wenn man sich ein Land vorstellt, da ist dieses Pflänzchen, das hochkommt. Alles andere ist nicht überall Pflänzchen, und dann sagt man sich: Was soll das? Da wächst etwas hoch, und das ist Jesus. Er kommt nicht aus dem Nichts, aber er ist etwas Besonderes, mit einem ganz besonderen Hintergrund, der sich von den anderen unterscheidet. Er ist der Spross der Gerechtigkeit.
Schauen wir noch einmal zurück zu 2. Samuel 7, warum diese Könige dann nicht regiert haben in der Zeit zwischen zum Beispiel dem babylonischen Exil und Herodes dem Großen. Dort steht in 2. Samuel 7, Vers 14b:
Wenn er – das ist der kommende König, egal welcher – verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen.
Genau das ist passiert. Diese Könige haben nicht nach Gottes Willen gelebt, und dann kam Zucht. Diese Zucht führte dazu, dass sie über Israel einfach keine Könige sein konnten. Es gab eine ganze Weile lang kein Königtum, sondern Fremdherrschaft. Die Könige, die von den Römern eingesetzt wurden, hatten wenig mit David zu tun. Das war eher eine Frage der machtpolitischen Konstellation.
Das führt zum nächsten Punkt: In Vers 15 heißt es:
Meine Gnade soll nicht von ihm weichen.
Letztlich ist der Bund, den Gott mit David schließt, ein Gnadenbund. Er ist nicht an Bedingungen geknüpft, im Sinne davon, dass er sich endgültig erfüllt. Im Hinblick auf den einzelnen menschlichen Nachfolger Davids verlangt Gott Gehorsam. Wenn dieser Gehorsam nicht kommt, wird er züchtigen.
Aber die Erfüllung des gesamten Bundes – dieses „In Ewigkeit wird da ein König sein, der auf dem Thron Davids sitzt“ – ist bedingungslos. Hier heißt es: „Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen.“ Das bedeutet, dieses Versprechen wird ewig bestehen. Es wird nicht irgendwann aufgehoben oder ungültig.
Wir wissen, dass dieser Bund in Ewigkeit aufrechterhalten werden kann, weil der Letzte, Jesus, vollkommen ist. Es kommt überhaupt nicht zu Zuchtmaßnahmen bei ihm. Er hat nie gesündigt und wird deshalb in Ewigkeit auf dem Thron sitzen.
Der letzte Punkt: Der Davidische Bund ist ein vierter großer Schritt im Bereich der messianischen Prophetien.
Wo ist die erste messianische Prophetie der Bibel? Wo wird das erste Mal von einem Retter gesprochen? Das findet sich in 1. Mose 3,15. Das ist die erste Stelle, an der überhaupt etwas über Rettung gesagt wird:
Ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, und du wirst ihm die Ferse zermalmen.
Hier wird eine Rasse ausgewählt, wenn man so will. Ein Mensch wird der zukünftige Retter sein. Das ist der erste große Schritt: Man weiß, es wird einen Menschen geben, der mit dem Teufel abrechnen wird. Eva dachte, das käme gleich, aber wir wissen, es hat noch eine Weile gedauert.
In dieser großen messianischen Prophetie geht es weiter in 1. Mose 22, Vers 18, wo Abraham die nächste Verheißung bekommt. Nun wird die Menschheit auf ein Volk eingeengt: die Nachkommen Abrahams, das Volk Israel.
Der nächste Schritt stammt aus 1. Mose 49, Vers 10, dem Segen Jakobs an seine Söhne. Dort wird Juda in besonderer Weise herausgehoben. Wir haben also zunächst die Rasse Mensch, dann die Nation Israel und jetzt den Stamm Juda. Es war klar, dass der Retter aus Juda kommen muss.
Dann passiert über eine ganze Weile erst einmal nichts Weiteres, bis wir bei David ankommen. Von allen Familien Judas wird es jetzt auf eine Familie eingeengt: David.
Das ist schon ziemlich exakt. Schritt für Schritt wird es immer kleiner und klarer, wo der Messias herkommen muss.
Insofern ist der Davidische Bund auch hier der vierte große Schritt der messianischen Prophetien.
Kapitel acht bis zehn im zweiten Buch Samuel springen wir wieder zurück. In diesen Kapiteln lesen wir von vielen Kriegen, aus denen David immer siegreich hervorgeht. Das Land wächst zu einer Einheit zusammen. Umso erstaunter sind wir, wenn wir bei Kapitel elf ankommen. Dort heißt die Überschrift „Davids Ehebruch und Blutschuld“.
Kritiker greifen diesen Abschnitt gerne auf und sagen: „Na schau mal, da siehst du doch, die Bibel ist ein einziges Buch voller Korruptheit. Und das soll ein Mann nach dem Herzen Gottes sein? Nein, ihr seid mir komische Kauze, ihr Christen. Was wollt ihr noch, wenn das eure Vorbilder sind? Dann verstehe ich, wie es zu Kreuzzügen kommt, dann verstehe ich, wo dieses ganze aufgeblasene falsche Christentum herkommt. Mit dem will ich nichts zu tun haben.“ Das ist ein Vorbild, der so etwas macht.
Es ist schon interessant: Wie kann David auf der einen Seite ein Held Gottes sein und auf der anderen Seite so etwas tun? Ich habe ein paar Antworten dazu aufgeschrieben.
Die erste Antwort lautet: Schau dir bitte, bevor du vorschnell das Leben eines Menschen wegen einer Sache beurteilst, sein ganzes Leben an. Das ist nur fair. Wir schauen uns immer ein ganzes Leben an und nicht nur eine Episode. Das würden wir bei uns selbst ja auch nicht wollen.
Aber wenn du dir schon die Episode anschaust, dann schau dir wenigstens die ganze Episode an. Und es bleibt ja nicht beim Ehebruch. Was kommt nach dem Ehebruch? Mord. Wunderbar. Und was kommt nach dem Mord? Es dauert ein paar Monate, aber was kommt danach? Die Reue oder die Buße.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, zumindest denen, die schon gelesen haben, wie ihr Psalm 51 empfindet. In meinem Leben gab es Momente, in denen ich auf eine Weise gesündigt hatte, dass ich mich gefragt habe, ob Gott überhaupt noch etwas mit mir zu tun haben will. Wenn ich dann so etwas lese wie Psalm 51, ein Lied von David, geschrieben nachdem er von Nathan überführt worden ist wegen seiner Schuld, dann berührt mich das tief.
Psalm 51, Vers 3 und folgende: „Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Gnade, tilge meine Vergehen nach der Größe deiner Barmherzigkeit. Wasche mich völlig von meiner Schuld und reinige mich von meiner Sünde. Denn ich erkenne mein Vergehen, und meine Sünde ist stets vor mir. Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt und getan, was böse ist in deinen Augen, damit du im Recht bist mit deinem Reden, rein und gerecht in deinem Richten.“
Wir könnten weiterlesen. Aus dem, was er hier sagt, und aus der tiefen Betroffenheit, mit der er schreibt, merken wir: Sünde ist für David nicht die Norm. Es ist nicht so, dass da einfach noch eine Frau dazugekommen ist. Sondern es ist die Ausnahme. Er ist selbst entsetzt darüber, dass er an dieser Stelle so etwas hat machen können.
Lasst uns das nicht vergessen, wenn wir David und seine Sünde beurteilen: Wie tief, nachdrücklich und aufrichtig er Buße getan hat.
Der dritte Punkt ist: Schau dir auch Davids inneres Leben an. Also einmal das Leben als Ganzes, dann die Situation mit der Buße, und jetzt schaue dir Davids inneres Leben an.
Ich kann euch nur raten, sehr viel in den Psalmen zu lesen, um David kennenzulernen und seine tiefe Liebe zum Gott Israels zu begreifen. Das erste und auch das zweite Buch Samuel sowie das erste Buch Chronik zeigen uns David perspektivisch von außen. Sie zeigen, was er macht, aber nicht so sehr, wie seine Herzenshaltung ist. Um das zu erkennen, müssen wir die Psalmen lesen.
Ein letztes möchte ich noch anbringen, das David nicht entschuldigen soll, aber wichtig ist: Beurteile David bitte auch im Licht seiner Zeit und nicht im Licht der Bergpredigt.
Wir neigen ganz schnell dazu, unsere christliche Ethik zu nehmen, die geprägt ist von einem Jesus von Nazareth, der auf diese Erde kam und viele Dinge geradegerückt hat, und mit dieser Ethik jetzt ins Alte Testament hineinzuleuchten. Dabei hinterfragen wir alles und vergessen völlig, dass es auch Menschen waren, die in einer bestimmten Zeit gelebt haben.
Damals war es für einen König total normal, einen extravaganten Lebensstil zu führen, bei dem Genuss jeder Art, inklusive Sexualität, einfach an der Tagesordnung war. Die Königshäuser ringsum und auch David selbst hätten das gar nicht als Problem gesehen. Keiner wäre auf den Gedanken gekommen: Was soll ich mir den Kopf machen, wenn ich die Frau von einem anderen hatte?
David hatte wohl nicht alle Tassen im Schrank, aber die meisten Könige hätten kein Empfinden dafür gehabt, dass das überhaupt Sünde ist. Lest mal, was Nero gemacht hat, das war ein paar Jahrhunderte später, oder Caligula und andere Kaiser. Dort bekommt ihr ein Gefühl dafür, was an solchen Königshöfen normal war. Dagegen sticht David total ab.
Abschließend zu diesem Thema hat Augustinus etwas sehr Interessantes gesagt: „Davids Versagen sollte all jene zur Wachsamkeit ermahnen, die nicht gefallen sind. Und es rettet all jene vor Verzweiflung, die gefallen sind.“
Also noch einmal: Davids Versagen sollte all jene zur Wachsamkeit ermahnen, die nicht gefallen sind. Und es rettet all jene vor Verzweiflung, die gefallen sind.
Ich finde, das trifft genau den Kern. Ich werde schön meinen Mund halten und sagen: Das könnte mir nie passieren. Denn David ist mit Sicherheit ein Mann Gottes, der mich weit überragt.
Auf der anderen Seite werde ich, wenn es mir passiert, was ich nicht hoffe, so wie er zu Gott kommen und sagen: „Vater im Himmel, du hast damals David angenommen, nimm mich bitte auf der gleichen Basis an.“ Und ich wüsste nichts anderes, was ich sagen würde als Psalm 51: „Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Gnade, tilge meine Vergehen nach der Größe deiner Barmherzigkeit.“
Was sollte ich sonst sagen? Ich würde wie David um die Gnade Gottes flehen. Und ich wüsste, weil Gott unveränderlich ist, dass das heute noch gilt.
Offensichtliche Lektionen aus dem, was danach kommt – drei Stück:
Erstens: Die Bibel ist ehrlich. Sie beschreibt eine Sache so, wie sie ist. Sie ist ehrlich und deshalb auch einfach vertrauenswürdig. Wie leicht hätte ein Geschichtsschreiber diese Episode unter den Tisch kehren können! Wir hätten es ja nie gewusst. Ja, David wäre als der strahlende Held in die Geschichte eingegangen. Und naja, ein, zwei, drei, vier Jahrhunderte später hätte man sich nicht daran erinnert, dass Uriah der Hethiter verscharrt und vermodert war. Jörg hätte auch nichts gesagt, keiner hätte darüber nachgedacht. Also: Die Bibel ist ehrlich.
Der Talmud – das wollte ich euch erzählen – tut sich sehr, sehr schwer, also die Juden tun sich unglaublich schwer mit dieser Geschichte, dass ihr großer David gesündigt haben könnte. Und sie haben eine Idee, wie man es wegerklären kann. Wollt ihr die noch hören? Und zwar folgendes: Sie sagen, was natürlich Quatsch ist, aber weil sonst hätte diese ganze Buße und so nicht bedurft und schon gar nicht eines Nathans und schon gar nicht eines Psalm 51.
Aber ihre Theorie, warum David doch richtig gehandelt hat in dem Fall, ist folgende: Sie behaupten, dass vor einem großen Krieg sich jeder Krieger scheiden musste. Weil die Soldaten, immer bevor sie in den Krieg zogen, erst einmal Scheidung durchmachten, so dass die Frauen dann auch nicht verheiratet waren. Warum auch immer, was das für einen Sinn haben mag.
Und das, weil demzufolge Bathseba geschieden war, sie auch nicht verheiratet war, und demzufolge war es auch kein Ehebruch. Über so eine Logik wird das Eck erklärt, weil man einfach nicht akzeptieren will, dass David, ein Mann Gottes, so etwas Böses tun kann.
Trotzdem wissen wir: Bathseba war nicht frei für David, sie war verheiratet. Wir merken es an dem, was David anstellt – oder ihr werdet lesen, was David alles anstellt, um irgendwie das Kind doch noch Uriah unterzujubeln.
Der zweite Punkt, den wir lernen können, nachdem wir wissen, dass die Bibel ehrlich ist: David fiel, als es ihm gut ging. Ihr lest diesen rasanten Aufstieg, und als er oben angekommen ist, wo du sagst: super, jetzt sind wir so stark, jetzt muss nicht mal mehr David als König ins Feld, jetzt kann er seine Armeen vorneweg schicken und die erledigen die grobe Arbeit. Und dann, was weiß ich, eine Woche bevor die Stadt eingenommen wird, da holt man David ran, dass er dann als der Erste durch das Stadttor einzieht.
Also, dieser quasi am Zenit angekommen ist, als es ihm richtig gut ging, als er sagen könnte: so, jetzt relaxing, ich habe es erreicht, es gibt nicht mehr viel, das Land ist befriedet, es ist so riesengroß geworden, uns kann eigentlich nichts mehr passieren, wir sind hier in dem Bereich die vorherrschende Macht – da kommt der große Fall.
Und die Lektion, die wir daraus lernen können, ist: Vielleicht sollten wir Schwierigkeiten in unserem Leben, die uns ins Gebet treiben, viel mehr schätzen lernen. Vielleicht sollten wir gar nicht so sehr dahinterher sein, Zeiten zu erleben, in denen es uns richtig gut geht.
Der Mann hier hatte Schwierigkeiten, damit richtig umzugehen. Vielleicht schätzen wir Schwierigkeiten, die uns zu Gott hintreiben, in unserem Leben zu wenig. Ich kann es für mich jedenfalls sagen, dass ich an der Stelle noch einmal deutlich überlegen will.
Der letzte Punkt, der auch ganz offensichtlich ist, weil er die zweite Hälfte dieses Buches ab Kapitel 13 dann umfasst, ist: Eine Sünde führt dazu, dass Jahre schrecklichen Leidens über David und das ganze Volk hereinbrechen.
In den Kapiteln 13 bis 24 werden so schreckliche Dinge geschildert wie Inzest, Brudermord, Rebellion, Bürgerkrieg, Intrigen, geistliche Fehlentscheidungen, wo du sagst: Das ist eigentlich noch der Mann von Kapitel 1 bis 10? Es ist wirklich traurig an manchen Stellen.
Und obwohl Sünde vergeben ist – Gott vergibt Sünde – trägst du die Konsequenzen. Und wenn das die einzige Lektion ist, die er mitnimmt, dann nimmt er sie mit: Gott vergibt Sünde. Aber du trägst in deinem Leben die Konsequenzen.
Das Kind wird geboren, die Söhne nehmen sich an dem Vorbild ihres Papas ein Vorbild. Und du siehst plötzlich: ein Absalom, ein Amnon verhalten sich gegenüber den Frauen nicht viel anders als David. „Ich will eine haben“, wird sich Amnon denken, „dann nehme ich sie mir.“ Hat doch Papa auch gemacht, hat doch auch funktioniert.
Die Konsequenz der Sünde im Leben Davids. Und ich frage mich oft, wie oft musste David dagewesen sein, da wächst der kleine Salomo heran, und er denkt zurück, wie das alles anfing mit Bathseba. Und er sieht sich vielleicht die Katastrophe seines Lebens an.
Wie oft stand er da und dachte: Warum habe ich das bloß getan? Und das ist, wenn ihr wollt, die vielleicht bitterste und tragischste Frage, die sich jemand in seinem Leben jemals stellen kann: Wie konnte es bloß dazu kommen?
Du kannst das nicht mehr rückgängig machen, und du stehst vor einer Tat, du schaust auf etwas und sagst: Das ist schrecklich. Und innerlich denkst du fast, damit will ich nichts zu tun haben. Es ekelt dich davor. Du kannst dich gar nicht mehr hineinversetzen in diese Tat.
Sie ist so gar untypisch, nicht mehr dementsprechend, was du eigentlich ausdrücken willst. Sie ist so ganz anders, sie ist so falsch. Und dann kommt diese Erkenntnis langsam hoch: Doch, es ist meine Tat, es ist doch das, was ich getan habe.
Und du stellst dir diese Frage: Wie kann das sein? Warum habe ich das getan?
Deshalb meine Bitte: Lasst uns lieber mit Joseph vor der Sünde fliehen, als mit David auf ein Leben zurückzuschauen und uns die Frage zu stellen, warum, und eigentlich genau zu wissen, es war die Sache nicht wert.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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