Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Heute geht es um Vorstellungen über Busse. Busse gehört zu den Grundlagen des christlichen Glaubens. Das Verständnis dessen, was Busse bedeutet, schwindet jedoch immer mehr.
Der Buß- und Bettag wurde zum Beispiel weitestgehend als Feiertag abgeschafft. Der Begriff Buße wird heute im eigentlichen Sinne nur noch selten gebraucht. Er fristet ein Nischendasein, etwa bei Begriffen wie Geldbuße oder bei Busübungen taucht das Wort noch auf.
Jörg, du hast den Podcast „Was Busse nicht ist“ genannt. Das würde ich einem Predigtschüler verbieten. Ich würde sagen: Sage nicht, was nicht ist, sondern sage, was ist. Aber du darfst das natürlich.
So wie ich dich kenne, hast du dir dazu intensive Gedanken gemacht. Vielleicht steigen wir so ein: Warum hast du den Podcast „Was Busse nicht ist“ genannt?
Also, ich wollte eine Serie über Busse machen, und das sind zwei Teile. Beim ersten Teil hat sich das einfach so entwickelt, dass ich gemerkt habe, dass ich viele Beispiele habe, bei denen Leute etwas für Busse halten, obwohl es keine Busse ist.
Der Titel ist ein bisschen sperrig, das gebe ich zu. Weshalb ich ihn gewählt habe, liegt vor allem an Kindern, die in christlichen Kreisen aufgewachsen sind. Ich habe das oft in Lebenszeugnissen gehört, dass sie eine falsche Vorstellung vom Glauben und von Busse hatten.
Mir ging es nicht so, weil ich ja nicht christlich aufgewachsen bin. Deshalb höre ich das immer relativ mit Abstand und frage mich: Warum haben sie das gedacht? Sie hatten völlig falsche Vorstellungen.
Mit der Zeit habe ich über das Thema nachgedacht und gemerkt, dass sie das innere Leben noch nicht haben. Sie beobachten nur das Äußere in der Gemeinde und verwechseln dann die Auswirkungen mit dem, was innen geschieht.
Da kann es eine Hilfe sein, klarzumachen, was Busse wirklich nicht ist. Was so aussieht wie Busse, wie echte Busse äußerlich, aber nicht innerlich ist.
Ich glaube, das ist eine Thematik, die vielen so begegnet. Deshalb habe ich den Podcast so genannt.
Im ersten Teil habe ich einen anderen Zugang gewählt, mehr über die Fehler gesprochen. Manchmal lernt man am besten, wenn man zum Beispiel kochen oder andere Dinge lernt, indem man ein Gericht so richtig schön versalzt. Dann schmeckt es nach gar nichts. Beim nächsten Mal weiß man: Aha, so mache ich das nicht.
Das war so ein bisschen der Gedanke hinter diesem Podcast.
Ja, gut, dann verstehen wir das besser. Buße ist ja ein biblischer Begriff. Nehmen wir uns doch mal vor, wo Buße in der Bibel genannt wird und wo sie vorkommt.
Bei Johannes dem Täufer zum Beispiel beginnt sein Dienst mit den Worten: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahegekommen.“ Jesus sagt genau dasselbe, denselben Wortlaut: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahegekommen.“ Das ist ein ganz zentraler Begriff.
Im Missionsbefehl in Lukas 24 wird ebenfalls erwähnt, dass wir das später lehren sollen. Zum Beispiel in Apostelgeschichte 2 hält Petrus seine erste Predigt und fordert die Menschen auf, Buße zu tun. Es drang sie durchs Herz, und sie fragten: „Was sollen wir denn tun, um zu glauben?“ Er antwortete: „Tut Buße zur Vergebung der Sünden und lasst euch taufen.“
Es gibt auch viele andere Verse, die das Thema Buße behandeln. In Hebräer 6 wird Buße als Grundlage des Glaubens genannt. Dort werden mehrere Dinge aufgezählt, und die ersten beiden sind die Buße von toten Werken und der Glaube an Gott.
Wer Glauben erfahren und zu Gott kommen will, braucht Buße und Glauben. Das sind, glaube ich, die zwei Grundpfeiler, das Fundament von allem. Buße ist also ein ganz, ganz wichtiger biblischer Begriff.
Jetzt, das haben wir am Anfang schon gesagt, ist unser Thema, was Buße nicht ist. Wenn man eine Zusammenfassung oder einen Überblick geben müsste, was Buße nicht ist, welche Schlagworte würden dazu passen?
Vieles sieht zwar wie Buße aus, zum Beispiel Menschen, die bereuen, etwas getan zu haben. Das muss aber noch keine Buße sein. Auch eine Verhaltensänderung allein ist nicht automatisch echte Buße, denn oft kommt es auf das Innere an.
Wir werden jetzt drei Personen durchgehen, beziehungsweise sechs, jeweils mit einem Gegenpart. Zum Beispiel gibt es Personen, die etwas getan haben, was man normalerweise als Buße bezeichnen würde. Doch sie haben es nicht getan, weil sie über ihre Sünden entsetzt waren und zu Gott kamen, sondern aus anderen Gründen. Zum Beispiel aus Angst vor den Konsequenzen.
Was ich auch gehört habe: In manchen Kreisen haben viele Kinder Angst vor der Hölle. Dann gehen sie bei einer Veranstaltung nach vorne, heben die Hand, füllen einen Zettel aus oder machen irgendetwas, um dieser Hölle zu entkommen. Aber dabei fehlt alles andere. Das ist nur von Angst motiviert. Sie haben nicht verstanden, wer sie selbst sind, nicht verstanden, wer Gott ist, und nicht verstanden, wie sie zu Gott kommen. Sie wollen nur der Hölle entfliehen. Das ist natürlich keine Buße, die trägt.
Auch ein schlechtes Gewissen zu haben, ist noch keine Buße. Wir werden gleich einen sehr eindrücklichen Fall sehen. Diese Person hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, aber das reicht noch nicht aus.
Viele bekennen auch ihre Sünden, doch dann merkt man, dass es nicht tief genug geht. Sie rechtfertigen sich vielleicht, sagen, es lag am Umfeld oder an anderen Umständen, und dann geht es in die falsche Richtung.
Bußübungen allein müssen noch nichts bedeuten. Bestimmte Dinge nicht zu tun, reicht ebenfalls nicht aus. Es ist ein nicht so einfaches Thema, weil es wirklich wie eine Wasserscheide ist: Ein Tropfen kommt herunter, und wenn er ein bisschen nach links geht, fließt er in die eine Richtung, geht er nach rechts, in die andere Richtung.
Wir haben ja an der Alb eine solche Wasserscheide am Albaufstieg. Dinge sehen von außen sehr ähnlich aus, aber sie sind innen einfach anders motiviert.
Du wolltest es ja anhand von biblischen Personen zeigen. Vorhin hast du auch gesagt, man tut Buße in Anführungsstrichen oder so eine Pseudobuße aus Angst vor Konsequenzen. Hast du da ein biblisches Beispiel, an dem du das zeigen kannst?
Der Hebräerbrief erwähnt da Esau, den Bruder von Jakob, Sohn von Isaak und Rebekka. Rebekka stimmt, ich verwechsel immer Rebekka und Rahel. Du auch? Du tröstest mich jedes Mal.
In Hebräer 12, ab Vers 15 steht: „Achtet darauf, dass nicht jemand die Gnade Gottes versäumt, dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwächst, die Unheil anrichtet und viele durch diese befleckt werden, dass nicht jemand ein unsüchtiger oder ein gottloser Mensch sei wie Esau.“ Also ist Esau eindeutig ein Gottloser, der keine echte Buße erfahren hat.
Warum ist er gottlos? Da wird noch ein bisschen weiter darüber gesprochen. Er hat um einer Speise willen sein Erstgeburtsrecht verkauft. Die Geschichte ist bekannt: Er hatte Hunger, ging nach Hause und hat einfach sein Erstgeburtsrecht verkauft. Man erbt ja mehr und führt dann die Familie weiter und Ähnliches. Er konnte einfach nicht warten und wollte die Linsensuppe sofort haben.
Er hat damit sein Erstgeburtsrecht verachtet. Denn es heißt weiter, dass er nachher verworfen wurde, als er den Segen erben wollte. Er hat es sich dann anders überlegt, denn obwohl er ihn unter Tränen suchte, fand er keinen Raum zur Buße.
Hier haben wir also eine Person, die wirklich unter Tränen den Segen gesucht hat und sich auch, denke ich, irgendwie an Gott gewandt hat – in irgendeiner Form. Aber es gab die interessante Formulierung: keinen Raum zur Buße. Das war also keine Buße.
Und warum? Du siehst ja nicht, dass er gesagt hat: „Oh, ich bereue es, dass ich das Erstgeburtsrecht so gering geachtet habe.“ Da ist keine Schuldanerkennung. Er hat nicht gemerkt, dass er etwas Schlechtes gemacht hat.
Du siehst auch nicht besonders, dass er sich zu Gott gewandt hätte. Ihm ging es eigentlich nur darum, dass er den Segen nicht hat, und das bereut er eben. Vor allem vielleicht auch das Materielle, das damit verbunden war.
Vielleicht war da durchaus ein gewisser Gottesbezug, denn die Familie war ja gottesfürchtig. Ich glaube, da war schon eine gewisse Sehnsucht nach Gott da. Aber das erschöpfte sich eben in Tränen, in Reue und Bedauern. Das war eindeutig da.
Aber es war keine Umkehr. Er war nicht über die Heiligkeit Gottes entsetzt oder über seinen eigenen Zustand. Es ging ihm eigentlich nur um die Folgen, dass er die nicht ausbaden muss.
Im Gegensatz zu Kain, dem ging es auch so. Der hatte ja gar nichts bereut. Er hat den Mord nicht bereut. Kain hat nur zu Gott gesagt: „Oh, jetzt werden mich alle erschlagen.“ Er hier wollte wenigstens den Segen noch haben. Also er hat schon erkannt, dass er etwas falsch gemacht hat. Da war schon eine Erkenntnis: „Ich habe etwas falsch gemacht, ich möchte das jetzt.“ Er hat das sehr bereut. Das war alles da.
Bei Kain war das gar nicht so. Dem ging es nur darum: „Schütze mich bitte.“ Das ist hier ein Schritt weiter, aber trotzdem hat Esau keine Buße gefunden, weil wesentliche Elemente fehlten.
Das kann man schön in Kontrast setzen mit Jakob, der ja auch nicht der Vornehmste oder Musterknabe war. Er hatte auch betrogen, seinen Vater betrogen. Das ist, glaube ich, schon etwa auf derselben Ebene wie das Erstgeburtsrecht verletzen.
Er hat seinen Vater einfach belogen, wer er ist, hat sich verkleidet und behauptet, er wäre Esau, um sich den Segen zu erschleichen. Das ist auch nicht die feine Art.
Aber interessanterweise hat Gott mit ihm gearbeitet, über die Jahre. Er musste dann vor Esau fliehen. Dann begegnete Gott ihm mit der Himmelsleiter. Da hatte er eine Gottesbegegnung.
Diesen Betrug hat Gott ihm, würde ich fast sagen, so richtig ausgetrieben aus seinem Herzen, weil er selbst von seinem Schwiegervater Laban betrogen wurde, was seine Ehe mit Lea und Rahel anging.
Das heißt, Gott hat sich ihm in Gnade zugewandt. Er hat dann auch Buße getan und gemerkt: „Ich war ein Betrüger.“ Mit diesem Gotteskampf, wo Gott noch mit ihm kämpfte: „Ich lasse dich nicht los, du segnest mich denn“, wollte er den Segen und mit Gott zusammen sein.
Das ist der Unterschied zu Esau. Esau wollte mehr den Segen und wusste schon, mit wem er da kämpft – dass es kein Mensch ist. Jakob hat gesagt: „Ich will, dass du, Gott, mich segnest.“
Er war also auf Gott ausgerichtet. Ich glaube, durch die Jahre, in denen er arbeiten musste wegen seines Betrugs, hat er auch Buße darüber getan und gesagt: „Das war falsch.“ Auch wenn es nicht so deutlich drinsteht.
Ich habe keine Stelle im Kopf, wo es jetzt ganz deutlich drinsteht. Das ist so der Unterschied: Der eine hat Reue, sein Gewissen schlägt ihm, „ich habe etwas falsch gemacht“, aber mehr, weil die Folgen so gravierend sind.
Der andere hat auch Falsches getan, aber es war tiefer. Gott hat viel an ihm gewirkt in seiner Gnade, und er hat sich Gott zugewandt.
Da sehen wir schon einen Unterschied.
Ich finde es immer wieder faszinierend, dass die Bibel uns auch Beispiele liefert, an denen wir sehen können, wie Dinge wirklich aussehen.
Hast du ein praktisches Beispiel aus unserem Alltag, das das heute vielleicht noch einmal veranschaulichen kann?
Gut, wenn du zum Beispiel einmal mitbekommen hast, wie ein Kind ein Kaugummi oder etwas Unbedeutendes im Supermarkt geklaut hat und dann von einem Kaufhausdetektiv – oder gibt es das Wort Supermarktdetektiv? Ich kenne nur Kaufhausdetektiv – auf jeden Fall wurde es von diesem oder von einem Mitarbeiter erwischt. Dann fängt das Kind ganz stark an zu weinen, weil es Angst hat, dass jetzt die Eltern kommen. Dabei bereut es die Tat selbst oft noch gar nicht so sehr, sondern vielmehr die Konsequenzen.
Das wäre ein Beispiel aus der heutigen Zeit. Wenn man das von außen betrachtet, versteht man es, glaube ich, schneller als im geistlichen Sinn. Im Geistlichen wird das oft falsch gedeutet, denn man kann ja nicht ins Herz der Betroffenen hineinschauen. Die Tränen bei Esau und Jakob sahen von außen erst einmal gleich aus. Doch wenn du mit ihnen gesprochen und gefragt hast, wie sie zu Gott stehen, dann haben sich langsam die Unterschiede herauskristallisiert.
Wenn du in der Gemeinde aufwächst, gibt es manchmal auch unterschiedliche Kulturen. Das fand ich ganz interessant: Wie merkt man eigentlich, dass sich das eigene Leben verändert? Mir ist aufgefallen, dass das nicht in jeder Gemeinde gleich ist.
In unserer Gemeinde wird zum Beispiel sehr stark darauf Wert gelegt, dass man ein gewisses Wohlverhalten zeigt und die Dinge richtig macht. In anderen Frömmigkeitskulturen ist das vielleicht gar nicht so wichtig. Dort sagt man eher: Du musst lebendig sein, von Gott erfahren und von Berichten hören. Wenn das nicht da ist, bist du kein Christ. Das spielt bei uns nicht so eine große Rolle.
Dann gibt es noch andere Gemeinden, in denen man sagt: Ja, du musst jeden Samstag bei der Evangelisation dabei sein, du musst aktiv sein und etwas tun. Jeder hat also andere Kriterien dafür, wie man merkt, ob jemand wirklich seine Beziehung zu Gott ins Reine gebracht hat.
Das Innere wird dabei oft gar nicht beobachtet, sondern man schaut immer nur auf die Früchte. Die kann man zwar viel erkennen, aber eben nicht immer.
Deshalb betonst du, ausgehend vom Wort Gottes, dass das Innere entscheidend ist. Die Menschen müssen ein sehr klares Verständnis ihres eigenen Zustandes haben, damit sie wirklich wahre Buße tun können, wenn sie zu Gott umkehren. Habe ich dich da richtig verstanden?
So würde ich das sehen, ja. Wenn das fehlt, nützen all die Tränen und das schlechte Gewissen nichts.
Hier ist das überarbeitete Beispiel:
Saul sollte gegen die Amalekiter ziehen und sowohl die Menschen als auch die Tiere töten. Das war ein Befehl von Gott, den er nicht ausgeführt hat. Samuel kam später an den Ort, an dem Saul war. Er war ein bisschen forscher gewesen als Saul. Samuel kam erst später hin und sprach dann mit Saul. Das findet man in 1. Samuel 15,19. Dort fragt Samuel Saul: „Warum hast du denn der Stimme des Herrn nicht gehorcht, sondern bist über die Beute hergefallen und hast getan, was böse ist in den Augen des Herrn?“
Gott hat hier einen Propheten benutzt, um Saul von seiner Sünde zu überführen. Nun hören wir auf Sauls Antwort. Saul antwortet Samuel: „Ich habe doch der Stimme des Herrn gehorcht und bin den Weg gezogen, den mich der Herr sandte, und habe Agag, den König von Amalek, hergebracht. Ich hätte nichts tun sollen nebenbei und den Amalekiter vollstrecken.“
Das stimmt, aber es ging ja auch um die Schafe. Interessant ist, dass Saul behauptet, er habe getan, was der Herr gesagt hat. Aber dann sagt Samuel: „Das Volk hat von der Beute genommen, Schafe und Rinder, das Beste des Gebannten, um es dem Herrn, deinem Gott, in Gilgal zu opfern.“
Saul meint also, er habe eigentlich alles richtig gemacht, nur das Volk wollte die Tiere haben, was er eigentlich nicht hätte erlauben dürfen. Er schiebt die Schuld einfach auf das Volk. Die Antwort von Samuel ist sehr interessant: Er sagt, Saul, hat der Herr dasselbe Wohlgefallen an Schlachtopfern und Brandopfern wie daran, dass man der Stimme des Herrn gehorcht? Siehe, Gehorsam ist besser als Schlachtopfer und Folgsamkeit besser als das Fett von Widdern. Denn Ungehorsam ist wie die Sünde der Wahrsagerei, und Widerspenstigkeit ist wie Abgötterei und Götzendienst. Weil du nun das Wort des Herrn verworfen hast, so hat er dich verworfen, dass du nicht mehr König sein sollst.
Saul hat sich herausgeredet. Er sagte, er habe ja Krieg geführt, wie der Herr es gesagt hat, nur das Volk habe von der Beute genommen, um sie zu opfern. Das ist natürlich unsinnig. Das bisschen, was geopfert wurde, fiel ja nicht ins Gewicht. Die wollten das Essen. Aber es klingt fromm, und deswegen ist dieser berühmte Vers „Gehorsam ist besser als Schlachtopfer“ so bekannt.
Daraufhin hat der Herr Saul als König verworfen. Ich denke, dadurch hat Saul nicht sein Heil verloren, aber vom Königtum wurde er wegen des Ungehorsams abgesetzt.
Saul sprach nun zu Samuel, nachdem er das gehört hatte: „Ich habe gesündigt, dass ich den Befehl des Herrn und deine Worte übertreten habe, denn ich fürchtete das Volk und gehorchte seiner Stimme. Nun aber vergib mir doch meine Sünde und kehre mit mir um, damit ich den Herrn anbete.“
Das klingt nach Buße, oder? Das ist ein eindeutiges Sündenbekenntnis: „Ich habe gesündigt.“ Es wird sogar konkret benannt, nicht so allgemein wie „Oh, ich bin ein Sünder.“ Das kann man ja nachplappern, wenn man zum Beispiel christlich aufwächst. Dann geht man nach vorne und sagt: „Ja, mein Leben war eigentlich ganz in Ordnung, aber ich bin ein Sünder.“ Das kann jeder nachplappern, das muss nicht im Herzen sein.
Aber Saul sagt noch konkret: „Ich habe den Befehl des Herrn und deine Worte übertreten, ganz genau.“ Was du gesagt hast, mach das und das und das nicht. Klare Aussage. Gut, er relativiert ein bisschen, denn er sagt: „Ich fürchtete das Volk und gehorchte seiner Stimme.“ Aber das ist eigentlich auch ein Schuldbekenntnis, das würde ich akzeptieren, denn so war es ja. Er hat das Volk gefürchtet.
„Nun aber vergib mir doch meine Sünde.“ Also er will Sündenvergebung vom Propheten, also letztendlich von Gott, und „kehre mit mir um, damit ich den Herrn anbete.“ Er will sich auf den Herrn ausrichten. Was kann bei Buße noch mehr sein? Eigentlich nichts Äußerliches. Das hört sich auf jeden Fall busfertig an. Ja, das würde ich akzeptieren.
Jetzt geht es aber weiter. Samuel sagt zu Saul: „Du hast das Wort des Herrn verworfen.“ Saul wollte das nicht akzeptieren. Samuel ging weg, doch Saul packte ihn am Mantel und riss ihn ab. Da ging es ziemlich heftig zu.
Dann redet wieder Samuel zu ihm, und zwar im Vers 30. Nein, Saul redet zu ihm umgekehrt, weil Samuel gesagt hatte: „Das war es jetzt.“ Und Saul versucht es noch mal und spricht: „Ich habe gesündigt. Nun aber ehre mich doch vor den Ältesten meines Volkes und vor Israel und kehre mit mir um, damit ich den Herrn, deinen Gott, anbete.“
Jetzt wird es interessant. Man merkt, dass das davor nur Worte waren. Letztendlich geht es Saul nur um die Konsequenzen. Er will König bleiben, er will geehrt werden vor den Ältesten. Und es ist nicht sein Gott, sondern Samuels Gott, denn er sagt: „Deinen Gott.“
Er hat die Sünde zwar irgendwo, aber ich weiß nicht, ob er sie überhaupt erkannt hat. Ich glaube, er ist ein König, er hat eine gute Auffassungsgabe, er hat verstanden, was Samuel sagt. Samuel hat gesagt: „Du hast das und das und das getan.“ Darauf sagte er blitzschnell, weil er wusste, dass er sein Königsamt verliert: „Ja, ich habe das und das und das getan.“ Angriff ist die beste Verteidigung, so würde ich das deuten. Ziemlich hart.
Aber die Worte danach sind das Gegenteil von dem, was er davor gesagt hat. Vorher sagte er: „Ich will Gott anbeten.“ Jetzt sagt er: „Deinen Gott.“ Also es ist nicht sein Gott. Er hat sich nicht auf Gott ausgerichtet. Und vorher hat er gesagt: „Ich habe gesündigt.“ Jetzt geht es ihm hauptsächlich um die Ehre.
Das passt einfach nicht zusammen. Wenn du deine Sünde vor Gott erkennst, dann sind die anderen Leute ausgeblendet. Du weißt gar nicht mehr, dass sie da sind. Du hast nur dich und Gott im Blick und deine Sünde, die dich trennt. Du denkst doch nicht darüber nach, was die anderen von dir denken im Moment der Mea culpa, der Schuld-Eingeständnis.
Das fehlt hier alles. Es sieht aus wie Buße, aber ist keine Buße. Da muss man genauer hinschauen.
Nicht in Schuld bin ich geboren, David. Vergleichen wir es einmal mit David. David hat ebenfalls Ehebruch begangen und einen Auftragsmord in Auftrag gegeben. Das ist ja auch nicht ohne. Außerdem hat er andere Dinge getan, die falsch waren, wie zum Beispiel die Volkszählung und so weiter.
Gott hat ihn dafür bestraft: Sein Kind ist gestorben. Aber er hat David nicht vom Königtum entfernt, von seinem Thron. David kam zu Gott – man muss nur Psalm 51 lesen. Interessanterweise kam er nicht von alleine zu dieser Erkenntnis. Auch bei ihm musste Nathan kommen, damit er seine Sünde erkennt.
Genauso wie Saul hat David, bevor der Prophet kam, nichts erkannt. Aber Gott hat ihm einen Propheten geschickt. Danach hat er sich wirklich zu Gott hingegeben. Er hat zum Beispiel gesagt: „In Schuld bin ich geboren, ich habe gegen dich gesündigt“ und hat die Schuld nicht woanders gesucht. Das Volk war ihm egal, denn wenn du erkennst, wer du vor Gott bist und dass du vor ihm nicht bestehen kannst, dann denkst du nicht mehr an das Volk, sondern nur noch an dich.
Das ist der Unterschied zu David und Saul – warum David Gnade erfahren hat und Saul nicht. Das heißt also: Reue ist sehr wichtig, also dieses innere Betroffensein. Ebenso wichtig ist das Sündenbekenntnis, also dass ich meine Schuld konkret benenne. Sie bleibt also nicht im Nebulösen.
Was ist mit den Taten? Welche Rolle spielen sie? Kann man Buße auch an Taten erkennen?
Wenn du zum Beispiel etwas gestohlen hast, solltest du es wieder gutmachen. Ich kenne eine Schwester, die früher vom Mercedes-Stern, als es den noch gab, 20 oder 40 Stück abgerissen hat. Später hat sie in der Zeitung veröffentlicht, dass sie das damals war und dass man auf sie zukommen solle. Das war damals wohl das häufigste Ersatzteil.
Es ist nichts weiter passiert, aber sie wollte es wieder gutmachen. Ich denke, das gehört zur Buße dazu. Aber allein das ist eben noch keine Buße. Es ist alles so schwierig. Wie gesagt, es gibt feine Unterschiede, und ich finde Judas in diesem Zusammenhang sehr interessant. Von Judas braucht man nicht reden, dass er keine Buße getan hat – das ist offensichtlich, auch im Blick auf Taten.
Wenn wir in Matthäus 27, ab Vers 3, nachlesen, steht dort: Als Judas, der Jesus verraten hatte, sah, dass er verurteilt war, reute es ihn. Er brachte die dreißig Silberlinge den obersten Priestern und Ältesten zurück und sprach: „Ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe.“
Denen war es aber egal. Judas warf die Silberlinge im Tempel hin, machte sich davon und erhängte sich. Er hat Reue empfunden, wusste, dass er Sünde begangen hatte, und versuchte, es wieder gutzumachen, indem er das Geld zurückgab und den Priestern und Ältesten bekannte, dass er gesündigt hatte und es falsch war.
Am Ende hat er sich jedoch erhängt, anstatt zu Gott zu kommen. Er hat sein schlechtes Gewissen erkannt, aber er hat sich nicht Gott zugewandt. Vielleicht dachte er, es gehe nicht mehr – ich weiß es nicht. Wahre Buße führt immer zum Glauben. Man erkennt die Gnade Gottes, dass Gott sich dir zuwendet. Man greift das auf und geht dann auf Gott zu.
Judas hat alles gemacht: Sündenbekenntnis, Reue, Wiedergutmachung – alles war drin. Aber er ist nicht auf Gott zugegangen. Das war der Unterschied.
Man kann das mit Petrus vergleichen. Auch er hat Jesus verraten – nicht ganz so aktiv wie Judas. Jesus hatte ihm vorher schon gesagt, dass er ihn verraten würde. Petrus antwortete: „Nein, nein, das werde ich nicht tun.“ Dann kam der Hahnenschrei. Nach der Auferstehung ist Gott wieder auf ihn zugekommen, am See Genezareth. Dort führte Jesus mit ihm ein seelsorgerliches Gespräch und fragte: „Hast du mich lieb?“
Petrus ist an dieser Stelle zerbrochen. Warum ist Petrus bei Jesus geblieben und Judas nicht? Zum einen, weil Jesus für Petrus’ Glauben gebetet hatte, damit er nicht aufhöre. Das ist wieder die Gnade Gottes, die sich ihm zuwendet – wie bei David mit den Propheten oder bei Jakob, wo Gott ihm begegnet ist.
Ganz klar, Petrus liebt Jesus. Wo diese Liebe nicht da ist, nützen all diese äußeren Dinge nichts.
Mhm, doch, das ist sehr entscheidend. Ja, da bin ich gespannt, auch auf den zweiten Teil, den wir ja demnächst bringen werden, zum Thema Buße.
Wir haben uns heute eher damit beschäftigt, was Scheinbuße ist, so nenne ich sie einfach mal. Aber vielleicht ist es doch gut, schon mal einen Ausblick zu geben.
Was wirst du im zweiten Podcast sagen, was Buße wirklich ist? Also dass es auch wirklich eine Umkehr zu Gott ist, die ich mal sehr plakativ als in Gottes Büchern eingeschrieben bezeichne. Dabei bekommt man eine Beziehung zu ihm.
Wenn wir das jetzt mal zusammenführen, haben wir hier ja auch schon Punkte, was Buße wäre – vor allem im Vergleich mit den Gegenparts, den Personen, die ich genannt habe. Es ist vor allem eine Erkenntnis, dass ich Sünder bin und Jesus brauche.
Wir merken immer wieder, dass Gott sich in Gnade den Menschen zugewandt hat. Du merkst einfach das Eingreifen Gottes bei wahrer Buße. Das spürt man. Und das ist der Unterschied zu diesen nachgeplapperten Sachen, bei denen diese Erfahrung fehlt.
Das kann man teilweise heraushören, nicht immer, aber von außen ist es schwierig. Aber Gott in seiner Gnade ist immer dabei. Das hörst du immer in den Geschichten. Du erkennst auch die Gnade Gottes und wendest dich dann eben Gott zu, seiner Herrlichkeit, und kommst zum Thron der Gnade.
Wie es heißt im Hebräerbrief, wo man freizügig, also mit Freimut, hinkommen soll.
Auch ein Umdenken gehört dazu. Buße heißt ja im griechischen Sinneswandel, und das wird oft durch Propheten oder durch das Wort gewirkt und Ähnliches.
Das sind schon Bestandteile von wahrer Buße: Wer bin ich, wer ist Gott, wie komme ich zu ihm, und vor allem – will ich zu Gott, zu seiner Herrlichkeit? Und Gott greift da ein.
Das sind Elemente, die bei wahrer Buße immer dabei sind.
Vielen Dank, Jörg, das war ganz wichtig, sich nochmal Gedanken zu machen, was Buße nicht ist oder was als Buße verkauft wird.
Wir freuen uns schon auf den nächsten Podcast, in dem es dann darum geht, was Buße wirklich ist.
Und das war ja schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, ihr habt einen klareren Blick dafür bekommen, was Buße nicht ist, und freut euch schon darauf, genau zu hören, was Buße sein wird oder was Buße ist.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, dann schreibt uns doch unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und dass ihr wie Jakob, David und Petrus echte Buße erfahren dürft.