Ich möchte heute über die Losung predigen, Psalm 71, Vers 15. Ich weiß, dass die Losung für viele von Ihnen eine große Bedeutung hat. Der Brauch der Losungen ist ein Morgenbrauch, der nur in der deutschen Christenheit verbreitet ist. In fast allen anderen Ländern der Welt kennt man diesen Brauch nicht.
Herr Huter, die Losungen sind für uns jedoch immer mit einer großen Aussagekraft verbunden. Psalm 71 ist ein Psalm, der für Menschen im hohen Alter geschrieben wurde. Es gibt einen ganz ähnlichen Psalm, der genauso beginnt, Psalm 31. Ich möchte das nur erwähnen, vielleicht lesen es manche von Ihnen zuhause einmal im Zusammenhang durch: Psalm 71 und Psalm 31.
Psalm 31 ist noch klagender und beschreibt die schweren Lasten des Alters und die Tiefen, die man durchleiden muss. In Psalm 71, Vers 16, unserem heutigen Losungswort, heißt es: „Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit, täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann.“
Die Bedeutung der Losung und der Psalm für das Alter
Ich freue mich immer wieder über unsere Gemeinde, in der so viele junge Menschen versammelt sind. Ich hoffe, dass viele von ihnen auch in ihrer unmittelbaren Umgebung mit älteren, erfahrenen Christen zusammenleben. Das ist wichtig, um immer wieder von ihnen zu hören, wie die Alten unser Leben sehen und welche Erfahrungen sie gemacht haben.
Sie sollen uns den Extrakt dessen mitteilen, was all diese Erfahrungen umfassen. Ich sitze gerne bei älteren Menschen und höre zu, wenn sie erzählen, was ihnen im Leben wichtig geworden ist. Oder wenn man sie an einem Geburtstag fragt: Was war denn das Schönste? Oder vielleicht auch: Was war das Schwerste in Ihrem Leben? Dann kommen Worte, die man nicht vergisst. Worte, die unter die Haut gehen. Man spürt, dass sie ihr Leben durch Leiden geprägt haben. Die Alten unter uns haben ja sehr viel erlebt.
Manche sagen: Wenn ich aus meinem Leben erzählen sollte, könnte ich einen Roman schreiben – Flucht, Krieg, Kriegsgefangenschaft. Wenn manche mit ihren Kriegserlebnissen beginnen, hört das gar nicht mehr auf, was sie alles erfahren haben: Hunger, Not, Wiederaufbau, Trümmer. Dann sagen manche: Leben ist eigentlich Arbeit. Andere sagen: Nein, das kann nicht sein. Im Alltag ist man ja oft aus dem Arbeitsprozess herausgenommen.
Was ist denn Leben? Was ist der Inhalt? Wie kann man das alles zusammenfassen? Ich will hören, was die Alten sagen. Viele von ihnen schwelgen in Erinnerungen. Sie erzählen, wie man mit den Eltern und Großeltern in der Gartenlaube saß und Volkslieder sang – das war doch schön! Sie berichten von der Kindheit, damals, als wir noch einen König hatten. Ach, das war schön! Da müssen wir sagen: Ja, aber wir haben keinen mehr.
Doch was ist Leben? Ich kann nicht wehmütig in alten, idyllischen Erinnerungen hängenbleiben. Was ist Leben? Das sollen junge Menschen aus dem Mund der Alten erfahren.
Die Lebensperspektive des Psalmbeters
Wenn wir Psalm 71 lesen, hören wir plötzlich sehr viel, was dieser Psalmbeter hervorhebt – obwohl wir seinen Namen nicht kennen. Wir wissen nicht einmal, ob es David war. Dieser Psalmbeter bleibt nicht an kleinen Erlebnissen hängen, auch nicht an den schweren Zeiten. Er skizziert nur kurz die Tiefen, die er durchwandert hat. Stattdessen betont er, dass er überall in seinem Leben dem lebendigen Gott begegnet ist.
Darf ich ein Wort sagen, das uns vielleicht jetzt wehtut? Wir sollten uns einmal prüfen – gerade diejenigen von uns, die glauben wollen und Christen sein möchten. Wie sieht es bei uns aus, wenn wir auf unser Leben zurückblicken? Trauern wir den versäumten Gelegenheiten nach, den schönen Stunden, die vergangen sind und nicht mehr zurückkommen? Oder sollte das Thema sein, das uns erfüllt: dass wir durch unser ganzes Leben hindurch die Nähe Gottes machtvoll erlebt haben?
In der Bibel gibt es eine schöne Wendung dazu: Es heißt, von einem alten Menschen, dass seine Augen nicht dunkel geworden sind. Das ist natürlich bildlich gesprochen. Für uns, die wir manchmal eine Brille brauchen, um besser sehen zu können, bedeutet das, dass man sich nicht von Schwermut und bitteren Erfahrungen den Blick trüben lässt. Viele alte Menschen werden müde, verzagen, jammern und klagen, und dann wird ihr Blick trübe.
Dieser Psalmbeter hat keinen trüben Blick. Er hat einen ganz klaren Blick, ein Adlerauge. Er sieht das Wichtigste und sagt: „Das war in meinem Leben groß.“ Sein Mund soll die Gerechtigkeit Gottes verkünden! Er will davon reden, nicht nur still in seinem Herzen bewahren wie einen Schatz. Er möchte es fortwährend vor allen sagen. Er will es vor Kindern und Kindeskindern weitersagen. Alle sollen es wissen, alle sollen es hören.
Gott als Burg und Fels in schwierigen Zeiten
Dieser Psalm drückt auf eindrucksvolle Weise aus, wie der Psalmbeter Gott als eine Burg erfahren hat. Wir haben die Burgen der Kreuzfahrer im Heiligen Land gesehen, mit ihren dicken Mauern. Wenn man über die Schwäbische Alb geht, sieht man jedoch meist nur die Trümmerreste der Burgen.
Man kann sich gut vorstellen, wie es früher im Mittelalter war: Wenn der Kampf entbrannte, strömte die Dorfbevölkerung hinauf auf den Hohen Leufen. Dann wurde die Zugbrücke hochgeklappt und die Türen verrammelt. Die Feinde konnten draußen machen, was sie wollten. Die Menschen waren sicher und geborgen.
Der Psalmbeter rühmt Gott dafür und will seine Gerechtigkeit preisen. Das hat er oft in seinem Leben erfahren: „Gott ist meine Burg.“ Wenn andere ihn beschuldigten, gegen ihn standen oder ihm Unrecht taten, zog er sich in Gott zurück – seine Burg. Gott war ihm Halt in dunklen Stunden, und das hat er erlebt und erfahren.
Gott ist für ihn ein Fels. Wir müssen immer wieder die Bilder übersetzen: Was bedeutet ein Fels für die Besatzung eines Segelbootes, die im Sturm durch die Wellen geschleudert wird? Wenn die Winde das Wasser peitschen, drohen sie zu ertrinken. Sie strecken die Hand aus und können einen Felsen fassen.
Der Fels ist nicht bloß eine Bretterplanke, die in den Wellen untergeht. Im Fels kann man sich hochziehen. „Gott ist mein Fels, auf dem ich stehe.“ Dann steht man oben und sieht unten die tobenden Wellen.
Das hat der Psalmbeter in seinem Leben erfahren: dass es unheimliche, wilde und tobende Mächte gibt. Er hat den dunklen, teuflischen Gewalten ins Auge gesehen und wurde beinahe in die Strudel hineingerissen. Doch dann hat er das Wort und die Zusage Gottes ergriffen: „Mein Fels, ich vertraue dir, Gott. Dir gehöre ich, mit dir lebe ich.“
Die Vergänglichkeit der Weltreiche und die bleibende Kraft des Glaubens
Lassen Sie mich aus den frischen Eindrücken noch etwas ergänzen. Ich war zum ersten Mal nach vielen Reisen diesmal in Betjean, einem Ort, den wir eigentlich nur aus der Saulsgeschichte kennen. Dort wurden die Leichname des getöteten Saul und Jonathan aufgehängt.
Die Ausgrabungen, die ganz neu sind, stammen aus der hellenistischen griechischen Zeit von Betsche. Das ist eine Stadt im Jotatal, die uns sonst gar nicht bekannt war. Wenn man dort hindurchgeht, muss man sich fragen: Gibt es denn hier ein Amphitheater für vielleicht dreißigtausend Menschen? Kolonadenstraßen mit Säulen und Kapitellen, die aus Rom hergebracht wurden, mit Schiffen. So weit das Auge reicht – und das ist nur ein Teil, der ausgegraben wurde.
Das war die hellenistische Kultur. Was heute von ihr geblieben ist, sind umgestürzte Säulen. Wenn Sie Papandreou anschauen, merken Sie nicht mehr viel von der Herrlichkeit Griechenlands – er ist ja griechischer Präsident. Die griechische Kultur ist vergangen. Danach kamen die Römer mit ihren Legionen, die Masada belagert haben. Roms Herrlichkeit ist zerfallen.
Wo sind die Kreuzfahrer und die Staufer, die dort einst ihre Burgen errichtet haben? Wo ist das türkische Reich? Es ist zerfallen. Was geblieben ist, ist das Zeugnis von einem David, der sagt: „Der Herr ist mein Hirte.“
Gegen all die großen Weltreiche und Kulturen waren es Menschen, die Gott vertraut haben und die Geschichte gemacht haben. Allein in diesem persönlichen Glaubensverhältnis von Menschen, die sagen: „Gott ist meine Burg und mein Fels“, erleben sie, dass sie letztlich Geschichte machen. Sie wollen mit ihrem kurzen Leben Geschichte machen.
Es ist gar nicht wichtig, ob Sie auf den Titelseiten der Zeitungen vorkommen, sondern ob Ihr Leben von Gott brauchbar wird. Vertrauen Sie sich dem lebendigen Gott an, der Sie leitet und Ihnen in jeder Stunde Ihres Lebens begegnet. Dann können Sie erfahren: „Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit.“
Die Verkündigung der Gerechtigkeit Gottes als Lebensaufgabe
Ich möchte von Gott sprechen, von dem, was Gott in meinem Leben wirkt, auch wenn ich ein schwacher Mensch bin. Eine unserer Teilnehmerinnen hat noch in Nathanja in einem Laden mit einem Juden gesprochen. Sie versuchte ihm zu sagen, dass er doch zum auserwählten Volk gehört. Doch er antwortete als Jude mit einem wüsten Wort, dass er nicht glauben könne, dass hier Gottes auserwähltes Volk lebt.
Es ist immer wunderbar, diese Erwählung zu erkennen: Gott ruft verlorene, welkende und sündige Menschen, damit sie ihm vertrauen können. Das ist das Geheimnis des Glaubens, darüber muss man sprechen.
Jetzt spricht aber der Psalmbeter von der wichtigsten Entdeckung, die er gemacht hat. Zuerst sagt er, dass man dem lebendigen Gott begegnen kann. Doch nun schildert er das näher. Er sagt nicht einfach, mein Mund soll die Güte, Liebe und Freundlichkeit Gottes verkünden. Das wäre auch ein Thema, das wir gerne in Liedern singen.
Ich möchte davon reden, wie Gott Gutes tut. Er benutzt hier ein Wort, das wahrscheinlich keiner von uns wählen würde, wenn er es frei formulieren müsste. Dann würde er sagen, ich würde viel von Gott rühmen, wie Gott mir geholfen hat oder Gebet erhört hat. Aber da steht etwas anderes: „Mein Mund soll verkünden Gottes Gerechtigkeit.“
Was ist denn Gerechtigkeit? Gottes Gerechtigkeit erdrückt uns doch. Ist Gott ein gerechter Gott? Viele fragen heute: „Wo ist denn die Gerechtigkeit Gottes?“ Sie ist da. Wir werden es am Jüngsten Tag erfahren, wenn Gott die Welt richtet. Gott ist ein heiliger Gott, der unsere Taten wägt, vor dem nichts verborgen ist, was wir getan haben.
Aber warum soll mein Mund Gottes Gerechtigkeit verkünden? Ich kann Ihnen nur erzählen, wie es die Menschen in der Bibel erlebt haben. Nehmen wir zum Beispiel David, der dieser Psalmbeter gewesen sein könnte. Er saß auf seinem Königsthron, als Nathan, der Seelsorger des Königs, hereintrat.
Der König war gerade erbost über eine Geschichte, die Nathan ihm erzählte: Ein Unrecht war in seinem Königreich geschehen. Gerechtigkeit muss walten, solche Leute gehören ausgemerzt, es soll keine solchen schlimmen Menschen geben, die das Recht beugen. Dann sagt Nathan zu ihm: „Du bist der Mann.“
Plötzlich steht König David unter der Gerechtigkeit Gottes. Lesen Sie nach, wie David ein gebeugter, zerbrochener Mann ist – nicht nur da, sondern auch schon viel früher, als so viel Blutschuld in Israel durch seine Hand kam. Später, als die Pest über das Volk kam, war David ein gebeugter Mann, der spürte: Mein Leben ist voller Unrecht. Ich bin nicht der König, so wie die Leute mich sehen, sondern ein sündiger Mensch.
Ich freue mich, dass Sie mir zu meinem fünfzigsten Geburtstag gratuliert haben. Heute Morgen haben wir am Morgen den fünfzigsten Psalm gelesen: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, gib mir einen neuen gewissen Geist.“ Das war das Gebet Davids.
Mein ganzes Wesen ist doch so, dass ich vor Gottes Heiligkeit nicht bestehen kann. Aber das ist nur die eine Seite der Gerechtigkeit Gottes. Gerade David erlebt ja, dass Gott sündige Menschen gerecht macht. Es hört bei Gott nicht mit dem Urteil auf, sondern er ist gekommen, um selig zu machen, die verloren sind.
Wenn die Bibel und Paulus von der Gerechtigkeit Gottes reden, ist damit immer gemeint: Er macht Menschen, die seine Gnadengabe annehmen, gerecht. Das meint der Psalmbeter: „Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit.“
Liebe Freunde, das soll nie mehr aus unserem Munde verschwinden. Wir sollen erzählen und sagen, dass in unserem Leben dauernd das Wunder passiert, dass Gott meine Sünde weggenommen hat, dass sein Blut mich gerecht macht. Das ist das Mark und Bein unseres Christentums.
Wenn andere sagen, es gibt doch noch so viele wichtige Themen, und heute müssen wir zur Europawahl gehen und wählen, erzähl uns doch ein bisschen über Europa, über die Parteien und über Rechtsradikalismus. Dann sage ich: Weißt du, worauf es ankommt? Dass Gott in deinem Leben wirken kann.
Und das möchte ich über Europa noch einmal erbitten: Dass Gott uns Führer schenkt. So wie Gottes Geist in der Geschichte unseres Volkes Menschen berufen hat – nicht dort, wo Machtpolitik im Zeichen der Kirche geschah, sondern wo ein Augustinermönch eine Stimme hatte, ein Prediger Huss in Prag seine Stimme erhob, wo die Waldenser durch die Täler eilten, wo die iroschottischen Mönche Predigten durch unser Land zogen.
Herr, gib uns noch einmal dieses Wirken, dass du wirken kannst. Wir setzen unser Vertrauen nicht auf Menschen, obwohl ich hoffe, dass keiner da ist, der nicht zur Wahl geht. Das machen wir wieder: Linke wählen, dann Rechte. Da braucht es keine Worte.
Wenn andere sagen, die Politik sei bei euch ausgeklammert, dann sage ich: Nein, das machen wir. Aber wir haben noch mehr, wir haben etwas Größeres zu tun: Dass mein Mund die Gerechtigkeit Gottes verkündigt, dass Gott im Leben von zerbrochenen und fehlbaren Menschen heilwirken kann.
Das erbitten wir. Wir trauen nicht auf Menschen, wir haben gar kein Vertrauen mehr in Menschen. Aber wir wissen, dass Gott unser Land noch nicht abgeschrieben hat. Wir bitten ihn, dass er seine Gnade nicht von uns abzieht.
Und das, was dieser Psalmbeter an Gerechtigkeit Gottes erlebt hat, hat ihn so befreit. Ich darf Sie jetzt bitten: Weichen Sie in dunklen Stunden nicht zurück, wenn Gott mit Ihnen ins Gericht geht. Oft ist es schwer, nachts nicht schlafen zu können, weil einem so vieles an Versäumnissen und Schuld bewusst wird.
Legen Sie es nieder unter das Kreuz Jesu und wissen Sie: Er will Ihnen jetzt alle Schuld wegnehmen, Ihnen vergeben und Sie gerecht machen. Der Psalmbeter sagt hier im 71. Psalm: „Preisen dich meine Lippen und meine Seele, die du erlöst hast.“
Wenn sie das tun, dann haben sie eine geistliche Heilung erfahren. Ihre Seele wird frei, sie können aufatmen aus der Tiefe der gebeugten Depression. Herr, du nimmst mich an, obwohl ich nur eine welke Blume bin.
Die befreiende Kraft der Gerechtigkeit Gottes
Du hast mich erwählt, dir gehöre ich. Wissen Sie, dass das die Mitte dessen ist, was wir verkündigen können: die Gerechtigkeit Gottes, die Heiligkeit Gottes, die nicht zerstört, sondern die Menschen neu macht, verändert und heilt.
Noch ein Letztes, weil wir darüber sprechen wollen, wie Gott uns im Leben begegnet: Mein Mund – und nicht nur meine Seele – soll deine Gerechtigkeit verkündigen. Oft besprechen wir das nur in der Seele. Reden Sie darüber, erzählen Sie es anderen.
Der wichtigste Punkt ist die Gerechtigkeit Gottes, die wir erfahren.
Jetzt kann uns fast schwindlig werden, denn es heißt hier: „Wohltaten, täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann.“ Er erlebt so viele Wohltaten Gottes, dass er nicht aufhören kann, sie aufzuzählen. Ihm wird schwindlig. Wenn wir in Gruppen oder im Mitarbeiterkreis zu Beginn sagen: „Lasst uns erzählen, was ihr gerade mit Gott erlebt habt“, dann schauen viele nur auf den Boden. „Was habt ihr mit Gott erlebt?“
Vor Jahren haben wir etwas erlebt. Habt ihr nichts mit Gott erlebt? Schönes, Wohltaten? Nein, eigentlich nichts Besonderes, wir haben viel Ärger erlebt. Wir können über unsere Sorgen reden oder über das, was uns nicht erfüllt wurde, über Wünsche. Aber die Wohltaten Gottes erzählen? Nun, vielleicht gieren wir auch zu sehr nach Sensationen. Wir suchen nach etwas ganz Außergewöhnlichem.
Ist Gottes Wohltat nicht auch im Gewöhnlichen versteckt?
Der Psalmbeter sagt: „Du hast mich aus dem Mutterleib gezogen.“ Das ist fast unheimlich. In der Höhle des Mutterleibs, in der Dunkelheit, hast du schon deine schützende Hand über mich gehalten. Ist das nicht tröstlich? Gottes Wohltaten haben ihn damals schon umgeben, bevor er denken konnte. Er durfte sich blind diesen Vaterhänden Gottes anvertrauen und brauchte keine Sorgen zu haben.
Die Wohltaten Gottes sind so groß: die Gaben, die wir genießen – die Sonne, die scheint, der Atem, den ich ein- und ausatme, die Kraft, die ich noch habe, auch wenn es vielleicht nur unter Schmerzen ist, auch wenn ich nur mit Belastungen gehen kann.
Jeder Tag, den Gott uns schenkt, ist voller Wohltaten. „Täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann“ – wie der Sand am Meer. Haben Sie mal die Sandkörner gezählt? Wie die Sterne am Himmel, die Millionen Heere.
Täglich die Güte Gottes – wo sind denn die Wunder Gottes? Auch in den ganz alltäglichen Dingen sind sie hineingepackt.
Ich erlebe mit Gott sensationelle Dinge, die ich in meinem Kopf nicht verstehe. Aber ich will Gott nicht nur in den Wundern preisen, sondern auch im ganz Alltäglichen: dass noch Friede ist in unserem Land, dass ich gesund bin, dass Menschen um mich sind, die grüßen und lieben.
Ich erlebe Gottes Wunder in den vielen Tausenden, Abertausenden Dingen. Ach, was sollten wir Gott preisen und ihn rühmen! „Täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann!“ Es soll in unserem Mund nur noch das Lob Gottes erklingen. Wir sollten ihn preisen. Amen!
