Als Andreas erzählte, wie der Tag im Gärtnertum abläuft und was seine Kinder mit den Pflanzen machen, dachte ich bei mir: Meine Zeit, was kannst du vom Garten erzählen? Glücklicherweise fiel mir ein, dass mein Großvater Gärtner war. Aber das ist so ziemlich das Einzige, was geblieben ist.
Ansonsten, wenn ich einen Garten sehe, fallen mir keine Samen ein, die ich dort säen könnte. Stattdessen überlege ich immer, wie man daraus am besten ein Fußballfeld machen kann. Das ist natürlich für die Pflanzen nicht so schön, aber das ist das, was ich mit dem Garten verbinde.
Nun gut, ich hoffe trotzdem, dass wir gemeinsam zum Thema Ernte etwas beitragen können. Mein Thema heißt sinngemäß „Eden gilt für jeden“. Andy Fett liebt es, Titel zu dichten, was ich sehr mag.
Ja, wir müssen mal sehen. Letztes Mal hieß es „Der Garten deines Lebens“. Vielleicht müssen wir heute, im zweiten Teil, sagen „Der Acker deines Lebens“. Ich hoffe, dass wir die richtige Spur finden.
Eine moderne Fabel über Glauben und Realismus
Als ich darüber nachdachte, wie man beginnt, musste ich an etwas denken, das mir ein alter Freund aus Los Angeles vor einiger Zeit geschickt hat. Er liebt nette Geschichten und hatte mir kürzlich folgende Geschichte geschickt.
Es ist eigentlich eine moderne Fabel, in der sich Tiere wie Menschen verhalten. Diese Fabel handelt von einem Atheisten, der an einem Frühlingstag durch die herrlichen Wälder Kanadas wandert und tief berührt ist von der Schönheit der Natur. Er genießt es richtig: „Was für majestätische Bäume, was für ein herrlicher Fluss, wie schön die Tiere hier sind“, sagt er zu sich selbst.
Nun hat ein Atheist ja immer das Problem, dass er niemanden hat, bei dem er sich bedanken kann, wenn er sich über etwas freut. Doch bald ist ihm auch nicht mehr nach Danken zumute. Denn als er an diesem Fluss entlanggeht, hört er plötzlich hinter sich ein Rascheln aus den Büschen. Er dreht sich um und sieht, wie sich ihm ein riesiger Grizzlybär nähert.
Voller Schrecken rennt der Atheist davon. Nach einigen Metern schaut er noch einmal über die Schulter und stolpert natürlich über einen Ast, der dort liegt. Er hat keine Chance, fällt zu Boden. Der Bär steht vor ihm, hebt die Pranke, um zuzuschlagen, und unser Atheist schreit voller Schrecken: „Oh mein Gott, da ist es!“
Plötzlich scheint die Welt stillzustehen, einschließlich des Grizzlys. Der Atheist hört eine Stimme rufen: „Du hast meine Existenz seit Jahren bestritten. Du hast anderen beigebracht, dass ich nur eine fixe Idee sei. Du hast sogar meine Schöpfung auf eine Ansammlung von Zufällen zurückgeführt. Bittest du jetzt mich um Hilfe? Soll ich dich ab heute zu meinen Gläubigen zählen?“
Der Atheist richtet sich leicht auf und sagt: „Na, ich gebe zu, es wäre vermessen und heuchlerisch, wollte ich dich jetzt plötzlich bitten, mich wie einen Christen zu behandeln. Könntest du nicht stattdessen den Bären dazu bringen, der immer noch mit erhobener Pranke dasteht, sich wenigstens wie ein Christ zu verhalten? So im Sinne christlicher Ethik?“
„Das wird geschehen“, sagte die Stimme deutlich und klar. Da kam wieder Bewegung in die Szene. Der Bär senkte die erhobene rechte Pranke, legte sie auf die linke Pranke, neigte seinen Kopf und sprach: „Herr, ich danke dir für diese wundervolle Mahlzeit, die ich jetzt mit Freuden genieße.“
Die Bedeutung realistischer Einschätzung im Leben
Eine falsche Einschätzung der Situation kann in diesem Fall durchaus tödlich sein. Genau diese falsche Einschätzung ist diesem Atheisten unterlaufen. Ich kenne sogar eine noch schlimmere Version dieser Geschichte, die erzähle ich aber lieber erst beim Abendessen.
Was ich damit deutlich machen will: Wir brauchen Realismus. Wir müssen unsere Situation richtig einschätzen, wenn es nicht im übertragenen Sinne tödlich ausgehen soll. Das gilt für alle Bereiche unseres Lebens.
Wir brauchen eine realistische Einschätzung. Wir müssen wissen, was die Rahmenbedingungen unserer Situation sind. Sonst kommen wir nicht klar, können nicht richtig handeln und ertragen bestimmte Situationen überhaupt nicht.
Ein junges Ehepaar, das früher in unserer Gemeinde war, als sie noch nicht verheiratet waren, rief mich vor zwei, drei Wochen abends auf meinem Handy an. Sie leben zurzeit längst in den neuen Bundesländern. Sie sagten: „Meine Frau hat Brustkrebs bekommen.“ Sie sind noch nicht lange verheiratet, etwa 30 Jahre alt, und plötzlich ist das ganze Leben wie auf den Kopf gestellt. Eine Fülle von Fragen stürzt auf einmal auf diese beiden Menschen ein.
Sie haben geheiratet und sich vorgestellt, dass sie gerne Kinder haben wollen. Nun steht eine Operation an, gefolgt von einer fünfjährigen Therapie. Diese Therapie wird das Erbgut natürlich in Mitleidenschaft ziehen. Die Fragen nach Fehlgeburten oder behinderten Geburten stellen danach ein viel größeres Problem dar. Es ist ungewiss, ob sie überhaupt jemals Kinder bekommen können. Zunächst müssen sie auf jeden Fall die fünf Jahre der Therapie abwarten.
Die Ärzte haben ihnen vorgeschlagen, entsprechende künstliche Befruchtungsmethoden in Erwägung zu ziehen. Dabei könnte man Eizellen einfrieren oder am besten schon befruchtete Eizellen. Dann kommen die ganzen Probleme mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) hinzu.
Ihnen wurde auch gewissensmäßig klar, dass sie noch einmal fragen wollten: „Sagen Sie uns, wie sollen wir das ethisch bewerten? Wir wollen eine gründliche biblische Position dazu hören.“ Eine Wahnsinnssituation.
Wie gehen wir damit um? Wie kommen wir damit klar? Wie schätzen wir unsere Situation ein? Wie verstehen wir überhaupt, was passieren kann? Welche Widerstände gibt es?
Die Ursituation in Eden als Schlüssel zum Verständnis
Eden gilt für jeden. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir verstehen, warum das mit der Saat und der Ernte so schwierig ist. Warum es so viele Widerstände gibt – auch in unserem eigenen Herzen und Denken. Es gibt viele Widerstände, die aus uns herauskommen, und ebenso viele, die um uns herum vorhanden sind.
Wir müssen die Situation realistisch einschätzen. Deshalb war ich dankbar, dass Anifet die Idee hatte, auf diese Ursituation in Eden einzugehen. Einerseits ist das eine Geschichte und ein Ereignis, das lange zurückliegt, andererseits gilt Eden für jeden von uns. Wir sind massiv davon betroffen, und wir können unsere Situation nur verstehen, wenn wir begreifen, was damals wirklich geschehen ist.
Deshalb ist es wichtig, dass wir uns klar machen: Was auf den ersten Seiten der Bibel steht, ist reale Geschichte. Es ist nicht der Versuch, irgendwelche Grundbefindlichkeiten des Menschseins mythologisch zu verpacken. Vielleicht wurde euch das im Religionsunterricht so erzählt, ich weiß es nicht. Aber es ist reale Geschichte. Das müssen wir am Anfang ganz klar machen, sonst kommen wir mit dem Text nicht klar.
Das macht uns Jesus schon deutlich, und auch Paulus zeigt das zum Beispiel in Römer, wenn er sagt: So wie durch den einen Adam die Sünde in die Welt gekommen ist, so wird sie durch den zweiten Adam überwunden und besiegt (Römer 5,12-21). Paulus geht ganz klar davon aus, dass Adam eine historische Person ist und dass das, was hier passiert ist, ein historisches Ereignis war.
Genauso sieht man das, wenn Jesus in Matthäus 19 über Ehe und Scheidung spricht. Dann zitiert er die ersten Seiten der Bibel als einen realen Bericht über reale Geschehnisse (Matthäus 19,4-6). Es ist wichtig, dass wir das vorwegnehmen und verstehen.
Der Bruch mit Gott: Die Tragödie des Sündenfalls
Wir haben jetzt nicht die Zeit, die gesamte Erste Mose Kapitel drei miteinander zu lesen und auszulegen. Aber ich möchte einige Verse daraus mit euch anschauen. Ihr wisst, Adam und Eva reißen sich von Gott los. Das ist die Tragödie.
Sie haben eine ganz klare Anweisung, eine fantastische Versorgung, und doch hören sie auf die Einflüsterungen der Schlange, durch die der große Widersacher, der Teufel, spricht. Es sind seltsame Ereignisse. Der biblische Text lässt uns jedoch keinen Raum, das mythologisch zu verflüssigen oder zu verharmlosen.
Die ganze Situation ist ernst. Alles ist passiert, und sie kapieren es plötzlich. Wir lesen ab Vers 7, 1. Mose 3,7: „Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren. Sie flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.“
Dann hören sie Gott, den Herrn, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten. Gott, der Herr, rief Adam und sprach zu ihm: „Wo bist du?“
Ihr merkt, wie hier das Misstrauen einzieht. Was vorher überhaupt kein Problem war – dass Adam und Eva nackt durchs Paradies liefen – wird jetzt, wo die Sünde eingebrochen ist, zum Problem. Plötzlich kommt Scham auf. Jetzt ist sie nötig.
Vorher gab es keinen Schutz, keine Scham. Es gab keine Entzweiung, keinen Riss, der sich zwischen Adam und Eva zieht. Dann geht es auch gleich los, als sie vor Gott miteinander reden: Der eine klagt den anderen an. Das kennen wir alles.
Aber es ist auch dieser Riss gegenüber Gott da. Dass sie sich verstecken, ist ja lächerlich. Aber so sind wir. Sie meinen, sie könnten sich vor Gott verstecken. Alles, was vorher so ungetrübt, schön und ohne Mühe war, ist jetzt kaputt.
Das ist im Grunde die Bestätigung dessen, was Andi vorhin gesagt hat: Du erntest, was du säst. In diesem Fall ist es nicht einmal das dritte Gesetz, dass es lange dauert. Hier wird das dritte Gesetz übersprungen. Es geht richtig schnell, und die Konsequenzen sind sofort da.
Gottes Reaktion auf den Sündenfall
Und jetzt passt auf, wie Gott reagiert. Das erste, was Gott sagt, ist nicht: „Leute, seid verflucht“ oder Ähnliches. Stattdessen ruft Gott: „Adam, wo bist du?“ Dann reagieren sie, und Gott lässt ihre müde Reaktion nicht einfach so durchgehen. Das ist schon interessant.
Wenn wir dann weiterlesen, ab Vers 10, spricht Adam: „Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich, denn ich bin nackt; darum versteckte ich mich.“ Plötzlich gibt es ein Problem. Gott hakt sofort ein und fragt: „Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Woher kommt plötzlich dieses Problembewusstsein? Was ist passiert?“
Dann sagt Gott natürlich: „Ich weiß, was los ist. Hast du nicht von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen?“ Schaut mal, als Erster wird Adam angesprochen. Das ist kein Zufall, denn was hatte Adam? Adam hatte die Führungsverantwortung in der Ehe. Von Anfang an hatte Gott beiden gesagt, dass Eva eine Hilfe für Adam sein soll.
Gott wendet sich darum als Erstes an den Mann, der die geistliche Führungsverantwortung trägt, und nennt die Schuld knallhart beim Namen. Im zweiten Teil von Vers 11 heißt es: „Du hast von diesem Baum gegessen.“ Dann folgt noch eine rhetorische Frage. In Vers 13 spricht Gott der Herr zur Frau: „Warum hast du das getan?“
Adam macht das erst einmal sehr elegant, indem er sagt: „Die Frau, die du mir zugesellt hast, die gab mir von dem Baum, und ich aß.“ Das ist wohl typisch: Wer eine Frau hat, kann immer die Schuld auf sie schieben – „Meine Frau sitzt da drüben.“ Es gibt ja so ein Prinzip, wie man Krimis entschlüsseln kann. Eines dieser Prinzipien lautet: Cherchez la femme – also wenn du einen Mord aufklären willst, frag nach der Frau, die hinter dem Mörder steckt.
Adam sagt also: „Die Frau, die du mir zugesellt hast, die gab mir von dem Baum, und ich aß.“ Gott der Herr spricht daraufhin zur Frau: „Warum hast du das getan?“ Und die Frau antwortet: „Die Schlange betrog mich, dass ich aß.“
Und was macht Gott jetzt? Es ist interessant: Er benennt die Schuld, aber er überlässt das Ganze nicht irgendeiner Eigendynamik. Stattdessen zieht er ganz klare Konsequenzen. Wir müssen genau hinschauen, welche Konsequenzen das sind, denn sie prägen unsere Situation heute entscheidend.
Die Folgen des Fluchs für Schlange, Frau und Mann
Und Leute, hier seht ihr, wie Gott das macht: Er erstellt das Böse. Ja, das Böse soll sich nicht tarnen können. Das Gift, das jetzt da ist, soll nicht einfach unter der Oberfläche weiter gären.
Auf all dieses Misstrauen, das der Mensch durch seine Schuld geschaffen hat, antwortet Gott jetzt mit Mühsal. Deshalb lautet die Überschrift: der Acker deines Lebens – also nicht nur der Garten deines Lebens, sondern der Acker deines Lebens.
Wenn wir genauer hinsehen, trifft diese Mühsal nicht nur die Menschen, sondern auch die Tierwelt. Das ist sehr interessant. Vers 14: Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: „Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde.“ Dann folgt dieser Hinweis: „Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang.“
Die Schlange, ein schönes, kluges Tier, wurde von Satan missbraucht. Manche Biologen meinen, am Skelett der Schlange erkennen zu können, dass sie möglicherweise früher einmal aufrecht gegangen sei. Hier würden wir die Erklärung dafür bekommen, warum das jetzt nicht mehr der Fall ist.
Dann gibt es diesen seltsamen Hinweis mit dem Staub: „Du sollst auf deinem Bauch kriechen und Erde fressen dein Leben lang.“ Das heißt nicht, dass sie sich hauptsächlich von Erde ernähren soll. Wenn man das wörtlich übersetzen will, bedeutet es, dass sie sich am Boden kriechend ernähren soll. Sie soll ihre Nahrung suchen, aber ihre Lebensweise soll gewissermaßen am Boden kriechend sein – ein Zeichen ihrer Demütigung.
Letztlich trifft dieser Fluch, den die Schlange erfährt, den, der hinter der Schlange steht.
Dann kommt der Mensch dran. Jetzt schaut mal, was Gott der Frau ankündigt, Vers 16: „Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen. Wenn du schwanger wirst, sollst du unter Mühen Kinder gebären.“ Das heißt, selbst das neue Leben steht im Zeichen des Schmerzes. Das ist erstaunlich.
Offensichtlich war Schwangerschaft vor dem Sündenfall als etwas konzipiert, das ohne Schmerzen verlief, etwas, das nur schön war. Jetzt sagt Gott: Mühsal wird deine Schwangerschaft begleiten. Das ist eine interessante Information, die wir hier bekommen. Die Schmerzen bei der Geburt und die medizinische Gefahr, die damit zusammenhängt, sind keine Naturnotwendigkeit. Das war offensichtlich von der Schöpfung her nicht so.
Darauf haben uns die Biologen hingewiesen. Eine interessante Beobachtung. Was löst das denn aus? Nun, ich bin kein Gynäkologe, aber ich habe mir sagen lassen beziehungsweise gelesen, dass das Hauptproblem ein Knochenring im Becken ist, der nicht erweitert werden kann. Ein Knochenring im Becken ist das Problem, das die Schmerzen bei der Geburt auslöst.
Die Evolutionisten haben auch schon bemerkt, dass man das im Sinne einer optimalen Höherentwicklung nicht deuten kann. Sie helfen sich dann dadurch, dass sie sagen: Das ist ein Konstruktionsfehler.
Ja, die menschliche Geschichte hat eben ihre Kompromisse. Der ganze Körper des Menschen ist ein Kompromiss. Gut, bei manchen Menschen würde man das auch glauben. Jedenfalls ist es interessant, dass die Evolutionstheoretiker kapieren, dass hier eigentlich ein Konstruktionsfehler vorliegt, der nicht passt.
Hier bekommen wir einen Hinweis darauf, wie das gekommen ist: mühevolle Schwangerschaft, schwierige Geburt.
Dann geht es weiter. Was sagt Gott? „Dein Verlangen soll nach deinem Mann sein.“ Man hat das oft so gedeutet, dass die Frau sich nun gewissermaßen verzehrt vor sexuellem Verlangen nach dem Mann. Nun gut, aber das wäre ja umgekehrt genauso. Das ist nicht unbedingt zwingend so gemeint.
Wenn man sich das Wort genau anschaut, das im Hebräischen „Schuk“ heißt, steht es ein Kapitel später noch einmal in einem anderen Zusammenhang. Dann kann man es am besten wörtlich übersetzen mit: „Dein Verlangen soll danach sein, deinen Mann zu beherrschen.“
Das ist hier eigentlich gemeint. In Kapitel 4 kommt dieses Verb noch einmal vor: „Du sollst über die Sünde herrschen.“ Dort ist es ebenfalls richtig übersetzt.
Also ist höchstwahrscheinlich hier gemeint, dass die Frau entgegen ihrer ursprünglichen Schöpfungsbestimmung jetzt gewissermaßen unter diesem Fluch steht, dagegen anzukämpfen. Anstatt sich dem Mann in der von Gott gewollten Weise anzuvertrauen und sich in guter Weise unterzuordnen, soll ihr Verlangen sein, den Mann zu beherrschen.
Hier ist im Grunde genommen die ganze Emanzipationsdebatte vorweggenommen. Es ist interessant, was die Frau in ihrer Auflehnung wollte: Eva wollte den Mann nach ihren Vorstellungen gängeln und leiten.
Sie hat sich – und ich meine, die Schlange wusste schon, warum sie an Eva heranging und nicht an Adam – in ihrer Auflehnung genau das gewünscht. Das ist nun der Fluch: diese aggressive, emanzipatorische Grundhaltung. Das ist der Gau. Hier gerät die Schöpfungsordnung sehr schnell aus den Fugen.
Paulus wird das später interessanterweise noch einmal aufgreifen. Ich weiß nicht, ob ihr schon mal über diesen Vers gestolpert seid: 1. Timotheus 2,13. Dort sagt Paulus – es ist faszinierend, wie konkret die Anweisungen sind – das ist mal ein Thema für einen anderen Jugendtag.
Paulus sagt: „Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva.“ Also wieder eine ganz wörtliche Aufnahme des Schöpfungsberichtes. Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva. Und weiter: „Adam wurde nicht verführt. Die Frau hat sich zur Übertretung verführen lassen.“
Die ursprüngliche Schöpfungsordnung und ihre Gefährdung
Also Adam wurde als Erstes geschaffen, sagt Frau Paulus, und die Bestimmung der Frau, die dann dem Adam gegeben wurde, steht in 1. Mose 2,18. Dort können wir ja nach vorne gehen, wo Gott zu Adam sagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“
Für „Gehilfin“ steht im Hebräischen das Wort „Ezer“. Das bedeutet wirklich eine ihm entsprechende Hilfe, nicht eine Sklavin, sondern eine Hilfe, gleichwertig, aber nicht gleichartig. Gleichwertig, aber nicht gleichartig.
Was passiert hier? Eva bricht am Anfang schon aus dieser Bestimmung aus. Seitdem gibt es immer wieder neue Varianten, mit denen wir Menschen versuchen, Gottes Schöpfungsordnung auszuhebeln und umzudrehen. Ich denke, das hat sich ziemlich zugespitzt bei uns.
Die bisherige Krone sind, denke ich, zwei Entwicklungen. Einmal dieses sogenannte Gender Mainstreaming, das überall durchgepaukt wird. Gender Mainstreaming bedeutet, dass man versucht, grundsätzlich die Polarität zwischen Mann und Frau aufzuheben. Es wird gesagt, Gender sei nur die soziale Geschlechterrolle. Sex ist das, was biologisch festgelegt ist, und das ist nur relevant für die Frage des Kinderkriegs.
Alles andere sei nur Gender, das heißt, es ist soziologisch den Leuten so antrainiert gewissermaßen. Das sind gesellschaftliche Konventionen, dass die Frauen eben so sind und die Männer so. Alles, was nur antrainiert und anerzogen ist, kann man wieder abtrainieren und umerziehen. Und das wollen wir jetzt mal machen.
Wir wollen im Grunde genommen die Polarität zwischen Mann und Frau aufheben, rausnehmen. Das geht so weit, dass in manchen Kindergärten in Skandinavien schon die Unterscheidung zwischen Jungs- und Mädchen-Toiletten abgeschafft wurde. Es geht so weit, dass in manchen Kindergärten schon davon gesprochen wird, dass die Eltern nicht mehr als Vater und Mutter angesprochen werden, sondern als „Elter“, also E-L-T-E-R.
Mein Elter holt mich ab, nicht mehr „Mama hat mich hingebracht“, „Papa wird mich abholen“, sondern ein Elter holt mich ab, Elter eins holt mich ab, Elter zwei bringt mich hin oder wie auch immer. Das ist eine radikale Rebellion gegen die Schöpfungsordnung.
Die Schriftstellerin Sophie Dannenberg, ich glaube gar nicht, dass sie Christin ist, hat total kapiert, was da läuft. Sie ist Jahrgang 1971, also etwa so der Jahrgang von Andy Feth. Welchem Jahrgang bist du? Vier Jahre älter als Sophie. Vier Jahre älter sogar, das hat ja gut gehalten.
Sie hat Folgendes gesagt und das super beschrieben: Sie sagt, der Feminismus frisst seine Schwestern, indem er eben aus Gleichberechtigung letztlich Gleichheit macht. Und dann schreibt sie Folgendes:
„Anstatt die Andersartigkeit der Frau zu feiern und sich über die des Mannes zu freuen, hat der Feminismus einen Dreischritt vollzogen: das Gleiche dürfen, das Gleiche wollen und schließlich nur noch das Gleiche sein.“
Diesen Prozess hat man Gender Mainstreaming genannt. Im Gender Mainstreaming wird der eine des anderen banales Spiegelbild statt dessen Gegenstück und Vollendung. Was wir im Gender Mainstreaming erleben, sagt Sophie Dannenberg, ist die Geburt der Einsamkeit aus dem Schoss der Gleichheit.
Die Geburt der Einsamkeit aus dem Schoss der Gleichheit – genau das ist es. Das Gegenüber ist nicht mehr da. Es ist alles gewissermaßen entgeschlechtlicht, alles entpolarisiert.
Sie sagt dann: Gender Mainstream beerdigt die Hoffnung. Es ist nicht nur ein Mainstream, der alles gleich macht, sondern ein Mahlstrom, in dem die Idee der Liebe zerrieben wird.
Und Leute, jetzt versteht ihr auch, warum ein solcher Fight geführt wird gegen dieses Betreuungsgeld, das Eltern kriegen sollen, die zuhause ihre Kinder erziehen. Es ist ja ein Lappalienbetrag, ein Minibetrag.
Aber plötzlich stellen sich Abgeordnete, denen man sonst die riesigsten Euro-Rettungsschirme bei Nacht blind über den Schreibtisch schieben kann, auf die Hinterbeine wegen dieser 150 Euro Betreuungsgeld. Es geht um etwas ganz anderes.
Es geht um die Frage: Wird das noch von unserem Staat anerkannt, dass ein klassisches Familienmodell gelebt wird? Dass eine Mutter zu Hause bleibt – nur in Anführungsstrichen –, weil sie Zeit haben will, diese wichtige Anfangsphase des Kindes zu gestalten? Gender Mainstreaming.
Das andere schroffe Beispiel ist natürlich die totale Umwertung der Homosexualität zur gottgewollten Schöpfungsvariante. Gott sagt, dass praktizierte Homosexualität immer ein Gräuel ist.
Inzwischen hat die evangelische Landeskirche in Deutschland ein neues Pfarrer-Dienstgesetz beschlossen, wonach es möglich ist, dass homosexuelle Pfarrpaare in den Pfarrhäusern leben und dort ihren Dienst tun. Es ist irre, was da passiert ist.
Aber den Anfang genommen hat es hier, den Anfang genommen hat es hier in 1. Mose 3. Und Leute, wir verstehen unsere Situation nur, wenn wir diese Zusammenhänge sehen.
Gott lässt das nicht durchgehen. Die Konsequenzen für Eva – aber schaut, auch für Adam gibt es Konsequenzen.
Die Mühsal als Folge des Sündenfalls
Und jetzt taucht dieses Wort auf, um das es uns eigentlich geht – dieses Wort der Mühsal. Ja, es ist eine unendliche Mühsal, die plötzlich das ganze Leben durchsäuert und durchsetzt.
Paulus schreibt in Römer 8, dass das ängstliche Harren der Kreatur darauf wartet, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Also sagt Paulus, die ganze Schöpfung ist mit hineingezogen in dieses durchsäuerte, unendlich mühselige Dasein.
Und was sagt Gott zu dem Mann? Der bekommt auch sein Fett weg. In Vers 17 heißt es: „Und zum Mann sprach er: Weil du der Stimme deiner Frau gehorcht hast“ – was immer gefährlich ist, der Stimme seiner Frau zu gehorchen – „und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten habe, du sollst nicht davon essen: Verflucht sei der Acker deines Lebens um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang.“
„Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zur Erde wirst, davon du genommen bist; denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“
Versteht er die Mühsal? Der Acker deines Lebens, dein Leben wird von Mühe und beschwerlicher Arbeit bestimmt sein. Du wirst gegen den Widerstand des Feldes abrackern müssen. Nicht nur deine Arbeit, sondern dein ganzer Lebensraum wird in diese Fluchexistenz hineingezogen.
Das ist hier sehr plastisch von Gott gesagt: Verflucht sei der Acker, Dornen und Disteln soll er dir tragen, im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen. Und wisst ihr, diese ganze Zerstörung, die wir auch in der Natur wahrnehmen, hat hier ihre Ursache. Letztlich kann auch die Evolutionstheorie das nicht erklären.
Luther hat schon einen großartigen Rat an Naturwissenschaftler gegeben. Er sagte: „Leute, wenn ihr wirklich mit Weisheit forschen wollt, wenn ihr die Geheimnisse der Natur verstehen wollt, dann müsst ihr kapieren, dass die Kreatur ächzt und seufzt aufgrund dieses Ereignisses.“
Luther hat es wörtlich so gesagt. Er meinte, ihr werdet die besten Philosophen und Naturforscher sein, wenn ihr vom Apostel Paulus lernt, die Kreatur als eine harrende, seufzende, in Wehen liegende zu betrachten. Das heißt, als eine, die das, was ist, verabscheut und nach dem verlangt, was erst zukünftig ist und darum noch nicht ist.
Diese Mühsal, dieses Schwierige, diese Widerständigkeit und zugleich diese Doppeldeutigkeit merken wir ständig. Auf der einen Seite die Herrlichkeit der Schöpfung – wir sind fasziniert vom Blick auf einen See, ein herrliches Gebirge, eine lauschige Sommernacht. Auf der anderen Seite diese schlaffe, zerstörte, hässliche Welt.
Das Geniale und das Triviale, das Makabre liegen ganz nah beieinander. Und das können die Evolutionisten auch nicht erklären. Sie stehen diesem Befund im Grunde hilflos gegenüber. Aber wir können es erklären. Wir verstehen, dass es Gottes perfekte, vollkommene Schöpfung einerseits ist und andererseits die Folgen dieses Risses, dieses Geschehens, das hier in 1. Mose 3 beschrieben wird.
Also: mühselige Arbeit, dein Lebensraum wird mit hineingezogen, und schließlich kurz und knapp der Tod, „bis du wieder zur Erde wirst, davon du genommen bist.“ Bei wie vielen Beerdigungen habe ich das schon gesagt: „Erde zu Erde, Staub zu Staub.“ Dann wandert der Sarg in die Gruft, und darin verschwindet dieser Körper – nicht der Mensch, aber der Körper.
Das ist die Situation. Und wir müssen das verstehen, wenn wir begreifen wollen, warum diese Widerständigkeit da ist, warum es Leid gibt, warum wir mit so vielen Dingen zu kämpfen haben. Warum da nicht einfach nur ein Feld ist, auf das wir schauen können. Wäre doch bequem, wenn es nicht die beiden gäbe.
Warum wir immer wieder in diese Spannungssituation gestellt werden, warum wir entscheiden müssen, warum wir versucht werden, warum wir reinfallen, warum wir schuldig werden. Und doch macht Gott deutlich: Ich lasse euch nicht einfach laufen.
Er gibt ihnen – wir können das jetzt nicht im Einzelnen anschauen – neue Kleider. In Vers 21 macht er Adam und seiner Frau Röcke aus Fellen. Dazu kann man viel sagen. Es wirkt fast putzig, aber es ist so etwas wie eine Notgarderobe, die er ihnen gibt. Er kümmert sich immer noch um sie.
Und noch etwas macht Gott hochinteressant: Er stabilisiert die Schöpfungsordnung. Schaut mal, in Vers 16 am Ende heißt es: „Dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, und er soll dein Herr sein.“
Das ist nicht im despotischen Sinne gemeint, also nicht so, dass du dich auflehnen wirst und er dir ordentlich einen draufgibt. Das Wort „Herrsein“, das hier steht, meint, dass er dich führen, verantwortungsvoll leiten und beschützen soll.
Das hat Paulus dann in Epheser 5 ab Vers 21 ausgeführt. Dort heißt es, dass der Mann das Haupt der Frau ist, so wie Christus das Haupt des Mannes und der Gemeinde ist. Der Mann muss sein Leben für seine Frau hingeben, sie beschützen, sich geistlich um sie kümmern und die Verantwortung für Familie und Ehe übernehmen. Die Frau soll ihn darin unterstützen.
Das schreibt Gott schon hier nach dem Sündenfall noch einmal fest. Und ihr müsst verstehen: Diese Zuordnung von Mann und Frau gab es schon vor dem Sündenfall. Das ist keine Notverordnung, dass Mann und Frau in der Ehe so aufeinander bezogen werden. Das ist die ursprüngliche Schöpfungsordnung vor dem Sündenfall.
Nach dem Sündenfall wird sie von Gott noch einmal bekräftigt: Er soll ein Herr sein. Natürlich bleibt diese Zuordnung nach dem Sündenfall hochgefährdet. Gefährdet durch Rücksichtslosigkeit, Despotismus und Egoismus der Männer, aber auch durch die Tendenz zu herrschsüchtiger Auflehnung auf Seiten der Frau.
Viele Männer ziehen sich dann feige zurück, weil die ganze Gesellschaft sie am liebsten zu Softies umerziehen will. Auf der einen Seite gibt es große Erwartungen, auf der anderen Seite sollen die Männer ihre weiblichen Anteile entdecken. Das ist schon schwer, auch für die Männer, muss ich sagen.
Viele reagieren dann einfach mit Rückzug, und da sind die Frauen wiederum nicht zufrieden. Ihr merkt, alles ist ins Wanken geraten. Und doch hat Gott uns diese Ordnung gewissermaßen aus dem Paradies in unsere gefallene Welt hinübergerettet.
Was Paulus in 1. Timotheus 2 macht, ist, dass er die Leute daran erinnert und sagt: Lasst euch das nicht kaputtmachen! Adam wurde als erster geschaffen, danach die Frau. An dieser Ordnung hat sich nichts geändert.
Der Teufel hat diese Ordnung beim ersten Mal angegriffen und ergreift sie immer wieder, aber sie gilt.
Hoffnungsschimmer: Das erste Evangelium
Und dann gibt es noch einen Hoffnungsschimmer, was Gott gegen diese Mühsal sagt. Der entscheidende Vers in diesem ganzen Kapitel ist eigentlich Vers 15. Dort sagt Gott: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“
Das ist der erste Hinweis auf Jesus. Ein Nachkomme der Frau – und Jesus ist ja Mensch geworden, von einer Frau geboren – wird den Teufel niedertreten und entmachten. Man nennt diesen Vers das erste Evangelium. „Proto Evangelium“ – „Protos“ ist griechisch und bedeutet „der Erste“. Hier ist also zum ersten Mal vom Evangelium im Grunde genommen die Rede.
Wenn ihr euch die alten Weihnachtslieder in Erinnerung ruft, dann erinnern sie immer wieder an dieses Ereignis, also an diesen Vers, 1. Mose 3,15. Zum Beispiel das Lied „Jakobs Stern ist aufgegangen, kommt und lasst uns Christ zum Ehren“. Dort heißt es: „Jakobs Stern ist aufgegangen, still das sehnliche Verlangen, tritt den Kopf der alten Schlangen und zerstört das Höllenreich.“
Das ist genau dieser Vers. Es ist sozusagen die Ankündigung: Diese Mühsal wird ein Ende haben. Es wird eine Lösung geben, eine Befreiung und eine Rettung aus diesem ganzen Schlamassel, aus der Verworrenheit und Verlorenheit. Denn es wird der kommen, der der Schlange den Kopf zertritt.
Jesus lädt ein: Ruhe für die mühseligen und beladenen
Als Jesus auftrat, griff er den Begriff der Mühsal und Mühseligkeit wieder auf. Deshalb möchte ich im letzten Teil mit euch zwei oder drei Verse aus dem Neuen Testament betrachten, die diesen Ton aus 1. Mose 3,15 aufnehmen. Diese Verse gehören zu meinen Lieblingsstellen im Neuen Testament.
Matthäus 11,28 lautet: Da sagt der Herr Jesus: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid!“ Und dann weiter: „Ich will euch...“ Luther hat übersetzt: „Ich will euch erquicken.“ Man kann es auch übersetzen mit „Ich will euch Frieden geben“ oder „Ich will euch Ruhe geben.“
Wenn wir dann Hebräer 4 zum Vergleich hinzuziehen, sehen wir, dass Ruhe Erlösung meint. Jesus sagt: „Ich will euch erlösen, ich will euch freimachen von eurer Verlorenheit, ich will euch Frieden schenken.“ Gemeint ist Frieden mit Gott. Er will euch zur Ruhe bringen. So ist der Sinn.
Hier sagt Jesus: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ Das beschreibt genau die Situation: mühselig bedeutet, dass ihr euch abgeschuftet habt, euch abgemüht habt und im Grunde genommen nicht mehr weiterwisst. Worum mühen wir uns ab? Gegen den Widerstand der Dornen und Disteln, gegen den Widerstand der Krankheit, gegen den Widerstand des Scheiterns und die Bedrohung durch den Tod.
Wir schuften, rackern und wollen, dass aus unserem Leben etwas aufblüht – doch immer gibt es diesen Widerstand. Die einen mühen sich um Lebenserfüllung und Glück. Der Philosoph Ernst Bloch hat etwas Interessantes gesagt: Er sprach von der „Melancholie der Erfüllung“. Ich glaube, ihr versteht, was damit gemeint ist.
Melancholie der Erfüllung heißt, dass ich mich nach etwas sehne, mich auf etwas freue, und sobald ich es habe, war es schön, aber das Loch ist nicht ausgefüllt. Ich habe es und bin doch wieder traurig.
Mir wird immer in Erinnerung bleiben, als ich ein kleiner Junge war, sechs oder sieben Jahre alt. Es war ein Länderspiel in Hannover, Deutschland gegen England. Mein Vater sagte damals: „Hier im Niedersachsenstadion gehen wir hin.“ Ich hatte mich wochenlang darauf gefreut. Der Tag war herrlich, ein schöner Sommertag. Deutschland gewann 1:0 durch einen abgefälschten Schuss von Franz Beckenbauer – damals noch, das weiß ich noch.
Es war ein wunderschöner Tag, aber ich erinnere mich genau daran, wie mich am Abend, als wir vom Stadion zurückkamen und die Sonne langsam unterging, eine unsägliche Traurigkeit packte. Ich hatte mich so lange darauf gefreut. Das war das Ziel, auf das ich als sechs- oder siebenjähriger wochenlang hingearbeitet hatte: Länderspiel gegen England, Nationalhymne, großes Stadion.
Dann kam der Tag, er war schön, und er war vorbei. Das ist natürlich harmlos, am nächsten Tag war ich wieder fröhlich. Aber diese Erfahrung hat sich bei mir eingeprägt. Das ist es, was Ernst Bloch meint mit der Melancholie der Erfüllung.
Wir sehen uns, wir rappeln uns auf, wir streben danach, und wenn es da ist, genießen wir es vielleicht. Doch es war. Jesus sagt: „Mühselig und beladen!“ Jeder erfüllte Wunsch erzeugt neuen Durst. Die nächste Reise muss noch weiterführen, das nächste Auto noch größer werden.
Eleonore von Reuss lebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie war mit reichen, weitgereisten Leuten viel zusammen und hat ihre Erfahrungen mit ihnen geteilt. Sie war selbst eine seriöse Dame und schrieb in einem bekannten Lied:
„Ich habe die Menschen gesehen, immer her und sie suchen spät und früh. Ich weiß nicht, was ihr sucht.“
Das ist ein Stichwort. Es wäre schön, wenn wir einen Rat bekommen könnten. Sie sagt weiter:
„Ich habe die Menschen gesehen, sie kommen, sie schaffen und gehen, und ihr Leben ist Arbeit und Müh.“
Das ist die Mühsal. Sie suchen, was sie nicht finden: Liebe, Ehre und Glück. Und sie kommen belastet mit Sünden und unbefriedigt zurück. Das ist die Realität.
Mühsal um Glück – sich abmühen. Wenn die Leute merken, dass mit dem großen Glück nichts wird, dann mühen sie sich um Ablenkung. Die ganze Vergnügungsindustrie lebt davon, dass Menschen sich abmühen, um sich von der Erkenntnis abzulenken, dass das große Glück doch nicht kommt.
Man kann sich auf viele Weisen ablenken. Wir haben es schon gehört: durch Fernsehen. Ich finde es erstaunlich, wie manche ältere Menschen stundenlang vor dem Fernseher sitzen. Es ist wirklich irre.
Oder ich kann mich ablenken, indem ich mir meinen eigenen Sandkasten baue. Der eine lebt für seine Karriere, der andere für seinen Sportverein, der nächste lebt für seine Familie – das ist immer noch das Beste. Aber trotzdem spielen wir wie Kinder im Sandkasten.
Die Welt, die wir uns aufbauen, ist nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit. Das kann uns nicht schützen. Aber es gibt uns ein täuschendes Gefühl von Geborgenheit, obwohl morgen jemand mit einem Stich in den Luftballon alles platzen lassen kann. Es ist so brüchig.
Andere mühen sich um Religion. Denkt an Luther, wie er auf Knien die Straßen Roms hochgekrochen ist, um durch gute Taten etwas bei Gott zu erreichen. Das ist eigentlich das Kennzeichen aller Religionen: Sie versuchen, durch Taten und ordentliches Leben etwas zu erreichen. Doch es bleibt immer ungewiss, was am Ende herauskommt.
Deswegen sind sich Islam und echter Katholizismus auch so ähnlich. Weder der Moslem noch der Katholik darf nach seiner Lehre Heilsgewissheit haben. Es ist eine Gesetzesbotschaft: Du musst dich abrackern, du musst alles versuchen, und du darfst trotzdem nicht wissen, ob es am Ende reicht.
Jesus sagt: „Mühselig“ – das ist das Struggeln um Erfüllung und Glück. Und „beladen“ – das ist das, was uns aufgeladen wird. Manchmal legen uns Leute mit besten Absichten eine Last auf. Sie sagen: „Du musst dich annehmen“, „Du musst dein Schicksal akzeptieren“, „Du musst dich zusammenreißen“, „Du musst fleißig sein“, „Du musst über deinen Schatten springen“, „Du musst alles nicht so ernst nehmen.“
Wir bekommen viele gut gemeinte Ratschläge, die uns aber im Grunde nur Lasten auflegen. Wir denken: „Wenn du wüsstest, wie schwer das ist!“
Und dann gibt es natürlich die schlimmste Last, die wir tragen: unsere Schuld. Wir können dem heiligen Gott, dem wir alles verdanken, niemals die Liebe, Ehre und Anbetung zurückgeben, die ihm zusteht. Wir laden Schuld auf Schuld auf uns.
Und das bleibt uns tief in den Knochen hängen. Andreas Vett hat es vorhin gesagt: Diese Saat der Sünde, die wir durch alle Versäumnisse in unserem Leben säen, trägt ihre Früchte. Sie macht uns oft kaputt, ohne dass wir es merken, und vor allem zerstört sie unser Verhältnis zu dem, der uns geschaffen hat.
Jesus spricht in diese Situation hinein. Es ist eigentlich eine doppelte Einladung: Jesus sagt: „Kommt her zu mir!“
Das ist ein Lieblingswort Gottes, habe ich festgestellt. Es kommt immer wieder in der Bibel vor. Schon in Jesaja 55 könnt ihr das nachlesen. Jesus verwendet es so gerne.
Johannes 6,35 lautet: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nicht mehr dürsten.“
Das heißt: Kommen ist glauben.
Oder denkt an das letzte Kapitel unseres Neuen Testaments, Offenbarung 22,17. Dort steht es auch wieder, dieses Kommen:
„Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen da dürstet, der komme! Und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“
Immer herein. An diesen Stellen seht ihr: Das ist umsonst, das ist Kommen, und das ist Trinken von dem Wasser, das Jesus uns geben will. Das heißt im Grunde immer glauben.
Jesus sagt also: „Abgemüht, das habt ihr jetzt lange genug versucht. Das hat nicht funktioniert, das reicht nicht, das wisst ihr. Aber jetzt kommt!“
Kommen bedeutet, dass ich Jesus meine leeren Hände hinhalte, dass ich Jesus mein fruchtloses Leben hinhalte, dass ich Jesus diese ganze Schuld, Vergeblichkeit und Mühsal, die sich in meinem Leben angesammelt hat, einfach an ihn abgebe. Ich sage: „Ich bewältige das nicht allein, ich kann es auch nie wieder gut machen, ich brauche dich.“
Das meint Jesus, wenn er sagt: „Kommt!“ Die ganze Mühsal, der Acker deines Lebens – gut, du bist einerseits Opfer, hineingeboren in diese Welt des Sündenfalls. Das ist das eine.
Aber du bist auch Täter. Du bist mindestens genauso viel Täter. Täter durch dein mangelndes Vertrauen zu Gott, Täter durch deine mangelnde Ehrerbietung, Täter durch deinen Unglauben, Täter durch deinen Egoismus und deine elende Selbstfixiertheit. Du bist Täter durch und durch.
Darum gibt es nur eins: Wenn du davon loskommen willst, dann komm!
Die doppelte Bedeutung des Kommens zu Jesus
Und dieses Kommen – das müssen wir am Schluss ganz klar sehen – könnte missverständlich sein, weil es eben nichts kostet, weil es umsonst ist. Jesus sagt: Du kannst sowieso nicht bezahlen. Also komm lieber gleich und zeig deine leeren Taschen. Tu nicht so, als ob du etwas mitbringen müsstest.
Man könnte daraus das Missverständnis ableiten, dass es, weil es umsonst ist, unverbindlich sei. Diesem Missverständnis tritt Jesus entgegen, indem er erklärt, was es bedeutet, zu ihm zu kommen und was die andere Seite dieser Medaille ist.
Leute, das müsst ihr richtig verstehen: Das ist keine Zusatzbedingung, sondern einfach die andere Seite der Medaille, zu Jesus zu kommen. Wie geht es weiter? Was gehört dazu? Was bedeutet das?
Er sagt: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Und das ist dann das Ergebnis: So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.
Das musst du verstehen: Dieses Joch auf sich nehmen ist keine zusätzliche Leistung. Es ist nicht so, dass du zu Jesus kommen, an ihn glauben und ihn um Vergebung bitten musst – das ist Schritt eins – und wenn du wirklich in den Himmel kommen willst, dann musst du auch noch das Joch auf dich nehmen.
Das wäre ein absolutes Missverständnis. Es geht vielmehr darum: Du kommst zu Jesus, hältst ihm deine leeren Hände hin und sagst: Ich brauche dich als meinen Retter. Ich hänge mich an dich.
Du hängst dich an den Jesus, der der Herr ist. Das heißt: Du bleibst nicht auf Distanz. Du behältst nicht das letzte Wort über dein Leben, sondern sagst: Ja, Jesus, ich komme zu dir. Ich bin bereit, mich ganz und völlig dir anzuvertrauen. Und das heißt, ich nehme dein Joch auf mich.
Zu Jesus kommen bedeutet: Ich kann nicht einfach weiterleben wie bisher. Zu Jesus kommen heißt: Ich kann nicht einfach sagen, ja gut, jetzt habe ich eben noch dazubekommen, dass ich meine Sünden vergeben habe, dass ich mich auf das ewige Leben freuen kann und dass ich Jesus alle Zeit in Gesprächsnähe habe – aber ansonsten mache ich weiter wie bisher.
Sondern wenn du zu Jesus kommst, dann hängt dein Leben an ihm.
Und jetzt müssen wir am Ende noch klären, was das praktisch bedeutet, damit wir das vor Augen haben. Jesus verwendet dafür dieses Bild vom Joch. Das müssen wir zum Schluss kapieren, dann sind wir durch.
Das Joch als Bild für das Leben mit Jesus
Ich weiß nicht, gut, ihr kennt euch mit Garten aus, vielleicht auch mit Landwirtschaft. Ich habe meine Anfangsjahre als Pfarrer in einem Dorf verbracht, in einem richtig stinkenden Moorkuhdorf. Das Joch musste ich trotzdem erst nachlesen.
Ein Joch ist Teil des Zaumzeugs bei Lasttieren, ein Querholz an der Deichsel. Es wird den Tieren über den Nacken gelegt. Ihr könnt euch das vorstellen. Heute kennt man das Joch meist nur noch bei Ochsen. In der Antike wurde so ein Joch auch Pferden übergelegt. Heute sehen wir es, wenn überhaupt, nur noch bei Ochsen.
Rechts und links am Joch wurden die Zügel befestigt, durch Ringe hindurch. So wurde das Tier gewissermaßen geführt. Christsein heißt also, unter dem Joch von Jesus zu leben. Und das zeigt uns schon die erste Wirkung dieses Jochs: Das Joch lenkt mich.
Am Joch sind die Zügel befestigt, und Jesus sagt: „Nehmt auf euch mein Joch, kommt und lernt von mir.“ Lass dich durch Jesus lenken, lass Jesus wirklich die Zügel deines Lebens in der Hand halten.
Ich erinnere mich an einen Mannschaftswettbewerb der Springreiter vor einigen Jahren. Da konnte man sehen, wie nützlich ein Joch ist. Ludger Beerbaum, der heute noch aktiv ist, ging damals mit seiner Stute Classic Touch über den Parcours. Dabei riss zwar nicht genau das Joch, aber zumindest der Nasenriemen des Pferdes.
Meine Frau hat mir das damals erklärt, weil sie sich mit Reiten besser auskannte. Der Nasenriemen ist der Teil, an dem der Zügel befestigt ist. Ihr könnt euch vorstellen, was die Folge war: Der Reiter hatte nur noch freischwebend die Zügel in der Hand. Das sah zwar ganz nett aus, aber er konnte das Pferd nicht mehr lenken.
Das Pferd hatte keine Führung mehr und konnte die Hindernisse nicht mehr überwinden. Deshalb mussten sie den Ritt abbrechen. Das Pferd war völlig führungslos, weil die Verbindung von Joch und Zügel gerissen war. Wer hingegen nur die Steigbügel verlor, hatte damit keine großen Probleme.
Das ist also das Entscheidende: Wer lenkt, wer bestimmt, wie ich laufe und springe? Jesus sagt: „Kommt zu mir und lernt von mir, nehmt mein Joch auf euch.“ Das heißt, lass dich freiwillig von Jesus lenken.
Jesus vergleicht das Verhältnis zwischen sich und uns mit dem Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. Dabei dürfen wir uns das nicht so unverbindlich vorstellen, wie es bei unseren Lehrern oft der Fall war – Dienst nach Vorschrift. Es gab natürlich auch andere Lehrer, aber in Israel war das viel enger.
Lehrer und Schüler bildeten eine Lebensgemeinschaft. Deshalb hat Jesus seine Anhänger auch als seine Jünger bezeichnet. Das bedeutet eine ganz freiwillige Unterordnung des Schülers und eine liebevolle Führung durch den Lehrer.
Wenn Jesus sagt: „Nehmt auf euch mein Joch, kommt und lernt von mir“, dann meint er nicht, dass wir nur ein bisschen von ihm abgucken sollen. Er sagt auch nicht einfach: „Nimm mich als dein Vorbild.“
Vor einigen Jahren gab es die Aktion „What would Jesus do?“ – also die Frage, was Jesus in einer Situation tun würde. Das ist sicher gut gemeint, aber nur sehr begrenzt umsetzbar. Denn vieles können wir einfach nicht so tun wie Jesus.
Jesus war im Unterschied zu uns ohne Sünde. Er konnte Wunder wirken, während wir oft Schwierigkeiten haben. Jesus hat Menschen, die ihm begegnet sind, sofort durchschaut – das schaffen wir meist nicht.
Vielleicht sollte man besser sagen: „What would Jesus want me to do?“ – Was würde Jesus wollen, dass ich jetzt tue? Jesus als großes Vorbild zu nehmen, ist nicht schlecht, aber es bleibt doch immer bruchstückhaft.
Wenn Jesus hier sagt: „Komm und lerne von mir“, meint er viel mehr. Er meint: Lebe in enger Verbindung mit mir, lass dich von mir an die Hand nehmen, lass dich führen. Lass dir von mir sagen, was Leben ist. Nimm mein Joch auf dich und lerne von mir.
Das ist das Kennzeichen eines Christen: Ein Christ schätzt sich glücklich, Jesus zum Lehrer zu haben. Ein Christ ist dankbar, dass er weiß, sein Leben liegt in Jesu Hand.
Das heißt nicht, dass alle Führungen angenehm sind. Manche würde ich mir sicher anders wünschen. Aber ich darf wissen: Es ist richtig, Jesus macht keinen Fehler, und ich darf ihm vertrauen.
Manchmal grummle ich innerlich ein bisschen, aber dann sagt er wieder: „Denk daran, ich weiß es besser als du.“ Das ist gemeint, wenn es heißt: Lass dich von Jesus führen.
Deshalb brauchen wir die Bibel, das Beten und die Gemeinschaft mit anderen Christen. So wie ein Erstklässler Lesebuch, Schreibheft und Federwappe braucht, sind das die Lehrmittel Jesu. Mit ihnen führt er uns, erklärt uns seine Sicht der Welt und des Lebens.
Aber wir brauchen ihn wirklich, ihn ganz persönlich. Das ist die erste Aufgabe dieses Jochs: Es lenkt dich.
Die Angst vor Verbindlichkeit und die sanfte Führung Jesu
Und wenn wir das so hören, dann wird es uns manchmal etwas ungemütlich, weil wir Angst vor Verbindlichkeit haben. In unserer Zeit ist die Angst vor Verbindlichkeit, Stichwort Postmoderne, noch viel ausgeprägter als vielleicht vor vierzig Jahren. Im Herzen hat der Mensch diese Verbindlichkeit zwar immer gescheut, aber heute habe ich manchmal den Eindruck, dass diese Empfindlichkeit besonders groß ist.
Mir haben das schon oft Leute gesagt, wenn sie kurz davor standen, ihr Leben wirklich Jesus anzuvertrauen. Sie sagten, sie fürchteten, nicht durchzuhalten, sie hätten Angst, es nicht zu schaffen. Dann habe ich ihnen immer gesagt: Das muss nicht Ihre Sorge sein, Jesus bringt Sie da schon durch. Das ist nicht der Punkt.
Beim Joch müssen wir eben dieses Zweite sehen, was Jesus hier sagt: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Das heißt, sein Joch passt uns. Sein Joch lenkt dich nicht nur, sondern es passt dir.
Jesus begründet auch, warum sein Joch passt. Es ist sehr interessant, wie er das hier erklärt. Warum ist sein Joch sanft und seine Last leicht? Jesus sagt dir warum – und man glaubt es kaum, wenn man es liest. Er sagt: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“
Ich weiß nicht, ob dir das als Erstes einfällt, wenn du an Jesus denkst, dass er sanftmütig und von Herzen demütig ist. Damit ist auch nicht die kitschige Vorstellung gemeint, die sich in manchen alten Bildern findet: ein weites Ehrenfeld, und dann steht eine Jesusfigur da mit halblangen Haaren und weichen Gesichtszügen. Das ist damit nicht gemeint.
Aber was heißt sanftmütig? Das ist das Gegenteil von hartherzig. Es heißt: Ich bin liebevoll, ich will dir helfen, sagt Jesus, ich habe dich lieb. Sanftmütig und dann von Herzen demütig. Demütig ist das Gegenteil von hochmütig. Jesus sagt: Ich will dir ganz nahekommen, ich komme dir entgegen, ich hole dich ab. Ich bin dir nahe, ich bin liebevoll, ich bin dir nahe.
Darum mussten auch die Ausgestoßenen keine Angst vor Jesus haben. Es ist interessant, wie Leute, die es nie gewagt hätten, mit einem Pharisäer zu reden, sich in die Nähe Jesu getraut haben. Die Kinder haben sich in die Nähe Jesu getraut, weil er das auch deutlich gemacht hat: Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.
Darum kannst du sicher sein, dass dein Joch dir passt, dass es Maßarbeit für dich ist, dass es dich nicht wundscheuert und dich nicht überfordert.
Überleg mal, wer das von sich selbst sagt: das ist Gottes Sohn, der Herrscher der Herrscher, der König der Könige. Und ich finde es großartig, dass bei Jesus so in einer Person beides zusammen ist.
Einerseits ist Jesus diese starke Autorität. Er hat den Tempel, der für irgendwelche religiösen Geschäfte missbraucht wurde, gereinigt. Er hat eine Art Peitsche in die Hand genommen, die Tische umgeworfen, ist durchgegangen und hat gesagt: „Leute, so geht es nicht.“ Er hat sich absolut durchgesetzt, und die Starken haben vor ihm gezittert.
Auf der anderen Seite ist er auf einem Esel nach Jerusalem eingeritten, hat sich an dieses Kreuz schlagen lassen, hat das zugelassen. Er konnte von sich sagen: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Der Stärkste hat uns lieb, und darum ist sein Joch Maßarbeit und Handarbeit für dein Leben.
Das Joch als Stütze in Leid und Mühsal
Und dann das Letzte: Manchmal könnte man fragen: Weiß Jesus denn nicht von dem Leid? Das gibt es doch auch. Wie kann Jesus dann sagen: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“? Das Leid gibt es doch weiterhin. Er hat es doch im Kapitel vorher gesagt, in Kapitel zehn, dass seine Leute damit rechnen müssen, verfolgt zu werden und schlimmes Leid um seines Willens zu ertragen haben. So hat er ja alles gesagt.
Wie kann er dann trotzdem sagen: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“? Uns reichen manchmal schon unsere alltäglichen Nöte, wir brauchen gar keine Verfolgung. Uns ist schon vieles andere zu schwer. Warum?
Und das ist das Letzte: Sein Joch ist die entscheidende Tragehilfe. Sein Joch führt uns und lenkt uns nicht nur. Sein Joch ist nicht nur maßgeschneidert, sondern das Entscheidende ist: Sein Joch stärkt uns. Und das müssen wir verstehen: Das Joch ist eine unterstützende Maßnahme.
Das unterscheidet den Christen vom Nichtchristen. Die Not, die Christen haben, sieht von außen oft genauso schlimm aus wie die Not der Menschen ohne Jesus. Die Not, die diese Ehefrau hat, die jetzt Brustkrebs bekommen hat, sieht von außen nicht weniger schlimm aus als die Not, die Nichtchristen betrifft.
Aber der entscheidende Unterschied ist, dass die einen mit dieser Not allein fertig werden müssen, während die anderen unter dem Joch von Jesus leben und Kraft zum Tragen erhalten. Das ist der Unterschied. Das Gewicht, die Last ist dieselbe. Aber die Christen haben jemanden, der ihnen unsichtbar unter die Arme greift, jemanden, der sie trägt und nie zu spät kommt.
Darum kann Jesus sagen: „Meine Last ist leicht.“ Diese Last ist nicht leicht, obwohl wir sein Joch tragen, sondern die Last ist leicht, weil wir sein Joch tragen. Mit dem Joch kann ein Ochse einen Karren ziehen, den er ohne Joch niemals von der Stelle bewegen könnte.
Deshalb brauchst du keine Angst zu haben, wenn du unter dem Joch von Jesus lebst. Wir denken manchmal: „Ach ja, wir werden nicht durchhalten. Wenn es wirklich schwer wird, dann werden wir weglaufen und einknicken.“ Aber Jesus sagt: „Du brauchst keine Angst zu haben. Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Ich bringe dich durch. Ich helfe dir, das zu tragen, und du wirst nicht scheitern, weil du zu mir gehörst.“
Ein Bild der Ruhe inmitten von Turbulenzen
Zwei Maler bekamen die Aufgabe, ein Bild zu entwerfen, das Ruhe ausdrücken sollte. Es ist eine interessante Aufgabe.
Der erste Maler malte Ruhe, indem er einen stillen, einsamen See zwischen den Bergen darstellte. Und der zweite Maler? Er malte einen schäumenden Wasserfall. Über dieser Gischt streckte eine Buche ihre Zweige ein wenig über das Wasser. In der Gabelung eines Zweiges saß, fast nass vom Schaum des Wassers, ein Rotkehlchen in seinem Nest. Das war Ruhe.
Und der zweite Maler hat es getroffen. Der erste Maler malte vielleicht einen stillstehenden, einsamen See unter Bergen – das ist schön, aber das andere Bild zeigt die Gischt, den Sturm, das Bedrängende. Und dann, im Schutz dieser Gabelung des Zweiges, getroffen und teilweise noch vom Gischt bedeckt, aber doch ganz sicher und geborgen, sitzt das Rotkehlchen. Es kann dort trotzdem fröhlich zwitschern.
Das ist die Ruhe, die Jesus meint. Das ist der Friede, den er uns schenkt und der deinem Leben geschenkt werden will. In deinem Leben wird es massive Turbulenzen geben. Sicherlich wird es auch Not geben, die du dir jetzt noch gar nicht vorstellen kannst. Wahrscheinlich werden manche deiner Träume zerplatzen. Es werden Situationen auftreten, die du dir vorher nicht vorstellen konntest.
Aber Jesus garantiert, dass er dich da durchführt. Er garantiert, dass er dich wirklich in seinen Frieden einhüllt. Das Geheimnis liegt darin, dass er den Fluch, der seit 1. Mose 3 über unserem Leben liegt und unseren Acker im Grunde genommen versaut und so viel kaputt gemacht hat, besiegt hat. Er ist der Einzige, der diese Mühsal wirklich besiegt hat, weil er am Kreuz unsere Schuld getragen und alles bereinigt hat.
Darum ist er unsere Zuflucht. Dein Leben wird fruchtbar werden, dein Leben wird wirklich zur Ehre Gottes gelebt werden, und dein Leben wird eine unvorstellbare Erfüllung erfahren. Du wirst Gott ehren und dienen dürfen, wenn du unter diesem Joch von Jesus gehst, wenn du ihm als deinem Herrn und König wirklich folgst und vertraust.
Du brauchst keine Sorge zu haben, dass du nicht durchhältst. Du musst dich an ihn hängen, und er sorgt dafür, dass du durchkommst. Es wird manchmal hart sein, aber es wird im Letzten immer spannend und schön sein.
Ich möchte noch beten.
