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Dankbar zurückblicken

31.12.1995Hebräer 13,8

Ich kann nur erstaunt sein, dass Sie sich bei so einer Wetterlage auf den Weg gemacht haben. Darüber freue ich mich ganz besonders.

Unsere Organistin ist erkrankt, und da habe ich gesagt: Das ist umso schöner, dann machen wir es an diesen Festtagen mit dem Klavier. So haben wir gleich einen anderen Rahmen. Nicht, weil sie krank ist – das wissen Sie natürlich – sondern weil wir es ein bisschen anders gestalten werden. Heute wird die Begleitung am Klavier erfolgen.

Darf ich Sie mit dem Wort grüßen: „Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Jesus Christus ist gestern und heute derselbe und auch in alle Ewigkeit.

Jahreswechsel als Zeit des Dankens und Rückblicks

Wir wollen gemeinsam das Lied von Dietrich Bonhoeffer singen, das auf dem Liedblatt unter dem Titel „Von guten Mächten treu und still umgeben“ zu finden ist. Die rechte Seite dieses Liedblatts trägt die Nummer 131.

Ein solcher Jahreswechsel ist nicht nur ein Blick auf die Vergänglichkeit der Zeit, sondern auch ein dankbarer Rückblick. Wie hat uns unser Herr in unzähligen Stunden der Vergangenheit geholfen, erquickt, aufgerichtet, Mut gemacht und beschützt! Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten.

Nun möchte ich mit Ihnen noch ein Lob- und Danklied aus dem Gesangbuch singen, Nummer 484: „Womit soll ich dich wohl loben?“ Ich werde die Verse ansagen. Zuerst den ersten Vers, dann den dritten Vers, der unsere Irrtümer, unseren Ungehorsam und manche Irrwege anspricht.

Im vierten Vers wird an die Wunder und die Führung unseres Herrn erinnert. Seine Liebe war auch in den schweren Zeiten spürbar, die uns der Herr auferlegt hat, wie im fünften Vers beschrieben.

Zum Schluss noch ein weiterer Vers, der siebte. Dort wird wunderbar ausgedrückt, wie wir die Hilfe Gottes in schweren Stunden erfahren.

Wir wollen dem Herrn danken und uns erheben. Lieber Herr, am letzten Tag des Jahres sind wir dir so viel dankbar, obwohl wir es oft kaum aussprechen. Du hast uns unerwartet und oft geholfen, unsere Gebete erhört und uns beständig deinen Schutz und deine Versorgung erfahren lassen.

Du hast den Frieden in unserem Land bewahrt, uns persönlich hindurchgeführt und immer wieder zu uns gesprochen – mutmachend, mahnend und erquickend. Am Ende dieses Jahres wollen wir vor dir auch alle Versäumnisse und alle Schuld bekennen. Wir danken dir, dass du vergibst und wegnimmst, was uns anklagt und belastet.

So wollen wir in diesen neuen Lebensabschnitt, in das neue Jahr, unter deine Führung, deine Leitung und deinen Segen treten. Wir bringen dir all das, was uns im Blick auf das vergangene und das kommende Jahr bewegt.

Wir danken dir, dass du alle Tage bei uns bist – bis an das Ende der Welt. Amen.

Psalm 90 als Gebet der Vergänglichkeit und Zuflucht

Jetzt wäre es schön, wenn wir gemeinsam den Psalm 90 lesen könnten, das Gebet des Mose, des Mannes Gottes. Es ist das Bewusstwerden der Vergänglichkeit unseres Lebens, auch an solch einem Tag, an dem die Jahre zerrinnen – auch die Jahre unseres Lebens. Wir lesen ihn einfach ganz miteinander, ohne Aufteilung in Gruppen.

Herr, du bist unsere Zuflucht für und für! Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du lässt die Menschen sterben und sprichst: „Kommt wieder, Menschenkinder!“

Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache. Du lässt sie dahinfahren wie einen Strom. Sie sind wie ein Schlaf, wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst, das am Morgen blüht und sprosst, und des Abends welkt und verdorrt.

Das macht dein Zorn, dass wir so vergehen, und dein Grimm, dass wir so plötzlich dahin müssen. Denn unsere Missetaten stellst du vor dich, unsere unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht.

Darum fahren alle unsere Tage dahin durch deinen Zorn. Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz. Unser Leben wäre siebzig Jahre, und wenn es hochkommt, so sind es achtzig Jahre. Und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe, denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.

Wer glaubt aber, dass du so sehr zürnst, und wer fürchtet sich vor dir in deinem Grimm? Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.

Herr, kehre dich doch endlich wieder zu uns und sei deinen Knechten gnädig. Fülle uns früh mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang.

Erfreue uns nun wieder, nachdem du uns so lange plagst, nachdem wir so lange Unglück leiden. Zeige deinen Knechten deine Werke und deine Herrlichkeit ihren Kindern.

Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern! (Psalm 90)

Lied und musikalische Begleitung am Jahresende

Der Süddeutsche Rundfunk in Stuttgart hat morgens immer eine beliebte Sendung: Sie wünschen, wir spielen. Dort wird Jubilaren gratuliert.

Da beim Süddeutschen Rundfunk Chorälen nicht besonders viel Bedeutung beigemessen wird, hat man eine Melodie aus England gewählt. Ich weiß, die meisten Hörer haben sich immer wieder diese Melodie gewünscht, ohne wahrscheinlich zu wissen, dass es in England eine der beliebtesten Choralmelodien ist.

Diese Melodie haben Sie sicher auch schon gehört, wenn Sie im Auto unterwegs waren. Es ist ein Lied, das von einem Liederdichter in schwerer Krankheit verfasst wurde. Es ist ein Lied des unbedingten Vertrauens zu Gott, ein Abendlied, das zu den beliebtesten englischen Liedern gehört.

Ich freue mich, dass dieser Text nun auch in deutscher Sprache zugänglich ist. Wir wollen dieses Lied am Abend eines Jahres singen, am Altjahrsabend, wie man sagt, wenn das alte Jahr zu Ende geht: „Herr, bleib bei mir, der Abend bricht herein.“

Auf der linken Seite unseres Liedblattes singen wir alle fünf Verse. Es ist schön, dass wir trotz der schwierigen äußeren Umstände und all der Widrigkeiten noch gemeinsam wirken können. Besonders dankbar sind wir der Chorgruppe, die sich dafür gebildet hat. Vielen Dank!

Predigttext aus dem Hebräerbrief und seine Bedeutung

Unser Predigttext steht im Hebräerbrief ganz am Schluss, im letzten Kapitel, Kapitel 13. Nach der Landeskirchenordnung wären heute eigentlich nur die Verse 8 und 9 vorgesehen. Ich meine jedoch, wir sollten von Vers 1 bis Vers 9 lesen, weil diese Zusammenhänge auch für uns sehr wichtig sind.

 Hebräer 13:

Bleibt fest in der brüderlichen Liebe. Seid gastfrei, vergesst das nicht, denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.

Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil ihr auch noch im Leibe lebt.

Die Ehe soll in Ehren gehalten werden bei allen, und das Ehebett unbefleckt, denn die Unzüchtigen und die Ehebrecher wird Gott richten.

Seid nicht geldgierig und lasst euch genügen an dem, was da ist, denn der Herr hat gesagt: „Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen.“

So können auch wir getrost sagen: „Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten. Was kann mir ein Mensch tun?“

Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben. Schaut auf ihr Ende und folgt ihrem Glauben nach.

Jesus Christus ist gestern und heute derselbe und auch in Ewigkeit.

Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben. Denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, was durch Gnade geschieht, nicht durch Speisegebote.

Von solchen Geboten haben die, die damit umgehen, keinen Nutzen.

Die Vergänglichkeit des Lebens und die Herausforderung des Jahreswechsels

Es ist immer wieder erschütternd, wie schnell die Zeit an diesem Tag des Jahres vergeht. Eins, zwei, drei – im schnellen Schritt läuft die Zeit, und wir laufen mit. Es geht ungeheuer schnell.

Gestern war ich in einer Gemeinschaftsstunde. Dort erzählte ein Mann aus Reutlingen, dass vor zwei Tagen bei einer CVJM-Freizeit auf dem Kapf von Egenhausen eine junge Frau aus dem Ort, gerade einmal dreißig Jahre alt, ganz plötzlich tot umgefallen sei. Das passierte mitten in der Freizeitgruppe, während sie fröhlich zusammensaßen. Sogar ein Arzt war bei der Gruppe, doch er sagte, er habe nichts machen können.

Diese Nachricht hat mich gestern sehr getroffen. Wie vergänglich doch unser Leben ist! Nicht nur, weil die Zeit so rasch vorbeifliegt und wir das am Jahresende an solchen Meilensteinen merken. Wir Älteren spüren ja, dass mit dem fortschreitenden Alter auch alles schwieriger wird.

Solche Jahreswechsel sind auch Wechseljahre. Da muss man zurückstecken, sich umorientieren. Vieles läuft anders ab – in der Familie, im Beruf, mit der Gesundheit. Das ist alles nicht mehr so, wie es einmal war.

Die Jungen haben es dagegen oft sehr leicht. Wir beneiden sie. Sie können groß planen und sagen: „Jetzt geht es in die Weite, ich kann gestalten, ich habe die Zukunft vor mir, ich kann aus dem Vollen schöpfen.“

Doch gerade bei jungen Menschen merken wir oft, dass auch sie spüren: Diese Jahre liegen nicht einfach als verfügbare Masse vor uns. Es ist Unruhe da, Angst, wie es werden wird. Was kann ich in diesen Jahren tun? Welche Veränderungen bringen sie mit sich? Was fordern sie von uns?

Bild vom Baum als Symbol für Standhaftigkeit in stürmischen Zeiten

Gestern, als ich auf der Schwäbischen Alb war, wurde ich wieder an die großen Albbäume erinnert, die dort stehen, auf der Alb, durch die der Wind richtig hindurchweht. Die Winterstürme brausen, dachte ich. Das ist so ein Bild für uns am Jahreswechsel: Die Stürme brausen darüber hinweg, die Baumkronen werden weit gebeugt, das Laub wird davon geweht.

Im Flug der Zeiten wird man geschüttelt und gerüttelt. Es gibt viel, was uns Angst und Sorge macht. Zerbrechen wir nicht in diesen Stürmen? Es kommen viele Unruhen und schwierige Zeiten auf uns zu.

Aber bei so einem Baum, der da auf der rauen Alb steht, ist es interessant, dass der Stamm ganz fest steht, auch wenn die Äste noch so gerüttelt und geschüttelt werden. Die morschen Äste werden heruntergeweht, und das sollen sie auch. Sie müssen ja nicht dranbleiben, so wie das Laub weggeweht wird.

Legen Sie mal Ihre Hände an den Stamm und merken Sie: Wenn der Stamm richtig steht, können die Stürme noch so wild blasen – er steht fest gegründet. Ganz gleich, was jetzt vor Ihnen steht, auch im neuen Jahr, was an Veränderungen auf Sie zukommt, was an Ungewissem und Schwierigem vor Ihnen liegt – wenn Sie diesen festen Stamm haben, können Sie unbesorgt in die Zukunft blicken.

Es ist ein köstliches Ding, wenn das Herz fest wird, ganz fest. Denn das Schlimme in all den Erschütterungen unserer Zeit ist doch, dass unser Herz immer so zappelt, unser Herz so wackelt. In Krankheitszeiten, in Trauerzeiten, in Zeiten der Ungewissheit, auch der wirtschaftlichen Nöte oder was Sie bewegen mag – das Herz ist unruhig.

Ja, wenn das Herz ruhig werden kann, ist es ein köstliches Ding, wenn das Herz fest wird, ganz fest und nicht mehr wackelt. Das Herz, das hinter unsere Sehnsüchte, unsere Wünsche, unsere Träume blickt, wenn dieses Herz ganz still ruht in der Hand Jesu.

Und das ist jetzt am Jahresschluss so schön, dass wir sagen können: Jesus, Du hast das neue Jahr in Deiner Hand. Auch was dort kommt, hast Du mir zugemessen, so wie ich Dich im alten Jahr in Deiner Güte erleben durfte, so wie Du uns im Evangelium gegenübertrittst.

So bist Du auch in diesem neuen Jahr 1996 bei uns: Jesus Christus, gestern, heute und derselbe auch in alle Ewigkeit. Bis hinein in meine Todesstunde, in die letzten Sekunden meines Lebens, ist er derselbe, der sich nicht wandelt. Er kann mich nicht täuschen.

Und wie es hier auch in den Worten so schön heißt – da ist es doch so schön zitiert: "Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten. Was kann mir ein Mensch tun? Ich will Dich nicht verlassen und nicht von Dir weichen." Das gilt bis in die letzten Sekunden meines Lebens.

Und dann erst recht, dass er mich hindurchträgt durch dieses Todestal. Welch eine Freude habe ich da! Das ist Trost, das nimmt die Angst weg, das macht mich ruhig und unbesorgt. "Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."

Und jetzt leg deine Nerven in Gottes Hand, Jesus Christus gestern und heute. Es ist eine köstliche Sache, wenn das Herz fest wird, wie...

Wie wird das Herz fest? – Gnade als Grundlage

Wie wird das Herz fest? Ganz klar: Durch Gnade, nicht durch Speisegebote. Früher glaubte man, man könne das Herz durch ein gewisses Training, durch Gesetzestreue festigen.

Manche meinen, man müsse vielleicht eine Schulung durchlaufen, um das Herz zu stärken – ein psychologisches Training. Andere denken, es sei vielleicht ein geheimnisvolles Fluidum. Handauflegung oder eine bestimmte Zeremonie, die an einem vollzogen wird, könnten helfen.

Manche haben sich vielleicht schon zum zweiten oder dritten Mal taufen lassen, in der Hoffnung, dadurch ein festes Herz zu bekommen. Doch das Herz wird nicht durch äußere Dinge gefestigt.

Gnade bedeutet, dass ich am Jahresende vor dem Herrn Jesus alle Versäumnisse niederlege und Gnade um Gnade, Vergebung um Vergebung empfange. Im alten Jahr liegt so viel: Was ich falsch gemacht habe, versehentlich oder absichtlich, so viele Worte, die ich gesprochen habe, so viele wüste Gedanken in meinem Kopf, so vieles, was ich versäumt habe. Doch der Herr vergibt.

Wer Gnade empfängt, dessen Herz wird fest. Das ist der einzige Weg zu einem festen Herzen.

Es ist eine köstliche Erfahrung, wenn wir das am Jahreswechsel entdecken. Wir merken den Frieden, wenn wir das alte Jahr vor unserem Herrn abschließen dürfen. In der Vergebung wird unser Herz fest.

So sagen wir: Es war ein schönes Jahr, ein reiches Jahr, ein erfülltes Jahr.

Drei Wirkungen eines festen Herzens im Alltag

Und jetzt entdecke ich drei Dinge, die ich Ihnen zeigen möchte, um zu verdeutlichen, wie sich dieses verhärtete Herz auswirkt.

Festwerden in einer kontaktarmen Zeit

Wir dürfen in einer kontaktarmen Zeit fest bleiben. Heute ist die Einsamkeit so groß, dass viele darunter leiden. Das sieht man besonders an den Hochhäusern. Niemand ist so allein wie die Menschen dort. Sie haben oft große Angst vor Überfällen an den Glastüren. Obwohl sie dicht beieinander wohnen, sind sie doch ganz allein. Ähnlich ist es oft im Verkehrsstau: Man steht neben anderen Menschen, hat aber doch niemanden bei sich.

Auch am Arbeitsplatz, zum Beispiel in einem Großraumbüro, fühlt man sich oft allein, weil niemand da ist, der einen wirklich versteht. Diese Not der Einsamkeit ist nicht nur ein Problem unseres zwanzigsten Jahrhunderts. Vielleicht wird sie uns heute besonders bewusst, weil Familienbande oft zerbrochen sind und viele gesellschaftliche Beziehungen nicht mehr intakt sind.

Jean-Paul Sartre sagt: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Jean Améry hingegen meint: „Die Hölle ist, wenn ich niemandem mehr fehle.“ Die Menschen können also sowohl der Anlass zur Hölle sein als auch das Gefühl, entbehrlich zu sein, was zur Verzweiflung führt. Es ist schlimm: Wir kommen mit den Menschen, an denen wir uns ärgern, nicht mehr zurecht, sie gehen uns auf die Nerven. Andererseits finden wir keine Menschen, mit denen wir wirklich zusammen sein können.

In dieser Situation ist es wichtig, Menschen zu haben, bei denen Jesus Christus das Herz festmacht. Solche Menschen können auch in einer bewegten, kalten Zeit standhaft bleiben. Das Jahr 1996 wird ein kaltes Jahr sein, nicht nur wegen Glätte, sondern auch wegen menschlicher Kälte. Doch es gibt Menschen, die Liebe weitergeben können.

Bleibt fest in der brüderlichen Liebe! Was bedeutet brüderliche Liebe? Es heißt, einen anderen höher zu achten als sich selbst. Das fängt im Denken an: Ich nehme den anderen wichtiger als mich selbst.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen auch danken für die Liebe, die ich im vergangenen Jahr bei Ihnen gefunden habe, für das, was eine Gemeinde bedeutet. Ich hoffe, dass alle, die hier zum Gottesdienst kommen, nicht nur das Predigtwort gehört haben, sondern auch die Freude entdeckt haben, dass hier Menschen sind, mit denen wir in einer engen Bruderschaft des Glaubens verbunden sind. Menschen, die füreinander beten, füreinander Sorge tragen und den anderen höher achten als sich selbst. Menschen, die sich in der Liebe verströmen dürfen.

Ich denke an viele Dienste, an Opfer, an Liebe, die gegeben wurde, an Einsatz, der geleistet wurde. Das ist etwas Wunderbares: Menschen, die nicht an sich denken, sondern einfach aus dem Frieden ihres Lebens lieben können. Das ist ihre Aufgabe im neuen Jahr, in einer kontaktarmen Zeit.

Bleibt fest in der brüderlichen Liebe!

Festwerden in der Gastfreundschaft und im Dienst an den Bedürftigen

Dann steht dort etwas über die Gastfreundschaft. Heutzutage machen wir es uns oft kompliziert. Vielleicht würden wir jemanden aufnehmen, aber zuerst wollen wir alles in Ordnung bringen. Dann sagen wir: Im Moment geht es gerade nicht.

Gastfreundschaft bedeutet jedoch, einen Menschen in meinem unaufgeräumten Zimmer aufzunehmen – so, wie es gerade ist. Nicht erst, wenn alles ordentlich ist. Es bedeutet, dass der Gast an meinem Leben teilhaben darf, dass ich ihn am Tisch mitessen lasse, so wie ich esse. Nichts Besonderes.

Früher war Gastfreundschaft ein echtes Opfer. Die Gäste blieben oft wochenlang. Das war schwierig, wenn zum Beispiel die Apostel in den Städten Gastfreundschaft in Anspruch nahmen. So ist es hier gemeint: Gastfreundschaft erfordert, dass man ein Opfer bringt, sich für den anderen einsetzt und etwas investiert.

Mich hat beeindruckt, wie mir ein junger Mann erzählt hat, dass er Jahre gebraucht hat, um aus der schrecklichen Drogenszene auszusteigen und Christ zu werden. Er sagte, wenn nicht jemand gewesen wäre, der täglich viel Zeit für ihn hatte – ein Berufskollege, ein Christ – und ihn auf seinem Weg begleitet hat, hätte er es nicht geschafft. Dieser Mensch ist ihm in der Liebe nachgegangen, weil er die Hoffnung auf ihn nie aufgegeben hat. Heute leitet dieser junge Mann selbst einen Hauskreis.

Es ist doch wunderbar, gastfrei zu sein – gerade in einer Zeit, die so kalt und hartherzig ist. Dazu gehört auch das Gedenken an die Gebundenen. Nicht nur an jene in der Ferne, wo wir heute wissen, wie Christen in anderen Kulturkreisen, etwa in der Welt des Islam, verfolgt werden. Sondern auch, wie wir uns Zeit nehmen für die Kranken und Alten, die jetzt nicht unter uns sein können, die ans Bett gefesselt sind. Wie wir ihre Not mittragen.

Wo man selbst ein festes Herz hat, kann man weitergeben, kann man den Lichtschein weitertragen und Freude hineinbringen. Dort wird die Gemeinschaft mit Jesus erlebt. Und die Menschen werden jedes Mal durch all die Dienste, die man tut, gestärkt.

Festwerden in der Bewältigung von Sehnsüchten und Herausforderungen

Das Zweite, was hier beschrieben wird, ist das Festwerden in der Zeit der Ungestillten. In einer Welt voller ungestillter Sehnsüchte lodern diese heute besonders stark. Jeder fragt: Wie bekomme ich Befriedigung? Wie werde ich erfüllt? Ich habe meine Lebenswünsche nicht erfüllt – wie kann ich das immer wieder erreichen?

Wir müssen wissen, dass unsere Zeit darin sicher schonungslos ist. Die Menschen werden heute wie nie zuvor betrogen und getäuscht, besonders in Bezug auf die Erfüllung ihrer Lust. Keine Generation wurde so sehr getäuscht. Man sagt jungen Leuten heute: Leb dich in ganzer Freiheit aus. Doch was bekommen sie? Knechtschaft. Sie werden abhängig.

Aus dem ungezwungenen Leben, das man jungen Leuten anbietet, entstehen nur Zwänge – verzwungene Menschen. Das geht gar nicht anders, wenn man den Lüsten und Begierden ausgeliefert ist. Das ist schon in unserem eigenen Leben eine Knechtschaft, unter der wir oft seufzen.

Darum gibt uns hier das Wort Gottes ganz klare Richtlinien. Darüber muss man gar nichts mehr sagen. Im zurückliegenden Jahr haben wir oft von jungen Leuten gehört, dass in der Bibel nicht klar gesagt wird, wann die Ehe anfängt und was Ehe ist. Doch es steht geschrieben: Die Ehe soll in Ehren gehalten werden. Sie ist keine bürgerliche Angelegenheit, sondern Gott ist sie wichtig.

Gott, der Herr, ist ein Richter der Gedanken und Sinne – nicht, weil er uns strafen will, sondern weil er uns beschenken will. Das ist ein großes Geschenk, auch wie ich geführt werde, ob ich alleinstehend oder verheiratet bin. Der Herr gibt mir klare Weisung, wo ich erfüllt und glücklich werde.

Aber das betrifft nicht nur unsere Wünsche und Sehnsüchte, sondern auch die Geldsorgen. Gerade in unserer reichen Welt werde ich heute immer wieder umgetrieben: Wie komme ich mit meinen wirtschaftlichen und beruflichen Problemen durch? Wie werde ich das alles schaffen?

Junge Leute sind oft von Sorgen erfüllt, die sie sich kaum vorstellen können. Lachen Sie jetzt nicht: Sie machen sich Gedanken darüber, wie ihre Rente sein wird und wie ihre Pensionierung verlaufen wird. Es ist schlimm, dass man die Zukunftssorgen kaum noch meistern kann. Dabei wird vergessen, dass man in allen Lebensbereichen mit Jesus Christus lebt – gestern, heute und in alle Ewigkeit, der mein Herr ist.

Andere wiederum quälen sich mit Sorgen um ihre Gesundheit, weil die Befunde so schlimm sind. Lass doch du den Herrn Jesus sorgen. Leg alles in seine Hand, und er wird dich überraschen, wie er dich versorgt.

Er hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen. Er lügt nicht und betrügt dich nicht. Unzählige Menschen vor dir haben das schon ausprobiert. Sollte ich der Erste sein, der zu Schanden wird? Nein, das ist unmöglich.

Unser Herr und Gott ist so treu, wie er uns versorgt.

Festwerden in einer Zeit des Meinungspluralismus

Und das Dritte: Festwerden – Festwerden in einer Zeit des Meinungspluralismus. Besonders schwierig ist das auch für uns Christen, wo so viele Meinungen auf uns einprasseln und so viel erzählt wird. Auf was soll man sich denn verlassen?

Es ist ganz einfach. Wieder wollen wir auch den jungen Leuten zum Jahreswechsel einen Rat mitgeben – als Erinnerung daran, wie man sicher durch die Zeiten gehen kann. In einem Lied zum Jahreswechsel heißt es: „Herr, hilf uns durch die Zeiten und mache fest das Herz.“

Wenn das Herz fest ist, dann kann ich auch durch all die Erschütterungen ganz unerschüttert hindurchgehen, festen Schrittes, weil das Herz fest ist. In diesem Meinungswirrwarr hilft mir ganz entscheidend das Vorbild der Lehrer.

Damit sind nicht verkupfte Professoren gemeint und nicht sieben gescheite Theoretiker. Was sind in der Bibel die Lehrer? Das sind Zeugen der Wahrheit, Menschen, die es nicht bloß mit einem Spruch auf den Lippen uns vorgelebt haben, sondern mit ihrem ganzen Leben.

Und da kann man sie jetzt alle einsetzen, die wir kennen: einen Bodelschwingh, Johann Sebastian Bach, Paul Gerhard, Helmut Thielig oder Fritz Grünzweig – wenn wir wollen. Das waren Menschen, die ihre Macken und Fehler hatten. Vielleicht haben wir uns an ihnen gerieben, und sie waren uns manchmal auch ärgerlich. Aber wir haben in ihrem Leben etwas entdeckt von dieser Spur: dass sie sich Jesus anvertraut haben, dass sie ihr altes Leben begraben wollten und Jesus nachfolgen wollten.

Und in diesem Leben kam auch dieses Zeugnis, dieses Lehren hervor, das uns in einer Zeit der widerstrebenden Meinungen einen klaren Kurs gegeben hat, dem man nachfolgen kann – so wie Paulus, Jakobus oder Johannes es uns im Neuen Testament gemacht haben.

Da stehen also die Lehrer, die uns nicht ihre Theorien verzapft haben, sondern die uns das Wort Gottes gesagt haben. Das ist so ganz simpel: das Wort Gottes.

Ja, was ist das Wort Gottes? Das Wort der Schrift. So praktisch ins Leben hinein, dass man es brauchen konnte in den Sorgen, in den Ängsten, in der Traurigkeit, in der Einsamkeit – das Wort Gottes weitergesagt.

Und da kann man immer mehr nur aufschauen zu denen. Lasst euch nicht durch eine mancherlei und vielfältig verwirrende Lehre beeindrucken und von der Meinungsvielfalt verwirren.

Da heißt es im alten Luthertext so schön, durch die bunte Lehre: „Lasst euch nicht durch bunte und fremde Lehren umtreiben“ (Luthertext, Vers 9). Das wird ja manchmal auch so, weil es lustig aussieht und vielleicht auch ganz schick, modisch und attraktiv ist.

Lasst euch nicht durcheinanderbringen, sondern bleibt an dem, wie euch die Lehrer, die Zeugen, das Wort Gottes gesagt haben. Die haben es erfahren, wie das Wort sie umgestaltet.

Beispiel aus der Geschichte und Abschluss

Jetzt möchte ich einfach schließen und Ihnen dazu noch ein Beispiel geben – von einem leidenschaftlichen Patrioten, Ernst Moritz Arndt.

In seiner Liebe zu seinem Deutschland, wie wir sie heute wohl kaum noch so nachsprechen können, hat er ein Lied gedichtet, das leider in unserer deutschen Geschichte viel Unheil angerichtet hat. Ernst Moritz Arndt hat das Lied gedichtet: „Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte.“ Also hat Gott das Eisen gegeben, damit man richtig streiten kann.

Man merkt, wie schnell auch alles vergeht im Lauf der Zeit. Es ist gut, dass die Stürme durchblasen und vieles altmodisch wird. In unserem Leben wird dennoch so viel bleiben, dass unsere Urenkel einmal sagen: „Mensch, was unsere Vorväter und Urmütter damals gelebt haben!“ Und sie werden sich darüber kaputtlachen.

Aber eines bleibt von Ernst Moritz Arndt ernst: Wie er an einem Fluss am Ufer stand und seinen Sohn unter ein Floß geriet. Er konnte nicht hinein, um seinen Sohn zu retten, kniete nieder und betete: „Herr, rette ihn!“ Doch der Herr erhörte es nicht, und der Sohn ertrank.

Das ist der Ernst Moritz Arndt, der das Liedgedicht schrieb, das die Spur des Wortes Gottes für uns ist. „Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was festbesteht, wenn alles hier im Staube wie Sand und Staub verweht – auch mein Nationalismus und meine Ideologie. Ich weiß, was ewig bleibt, wo alles wankt und fällt, wo Wahn die Weisen treibt und Trug die Klugen prellt. Ich weiß, was ewig dauert, ich weiß, was nimmer lässt. Mit Diamanten mauert mir Gott im Herzen fest.“

Das ist das Licht der Höhe, das ist Jesus Christus, der Fels, auf dem ich stehe, der Diamanten ist. Diese Festigkeit will Ihnen Jesus im neuen Jahr schenken. Amen.

Nun wollen wir das Lied „Nun lasst uns gehen und reden“ singen, 42, die Verse 1 bis 7.

Wir beten: Herr, mit deinem Wort hast du auch viel bei uns aufgerissen, auch an Schuld. Es ist keiner unter uns, der nicht liebeschuldig geblieben ist, keiner, der sich nicht versündigt hat an deinen heiligen Ordnungen. Keiner unter uns, der sich nicht von verschiedenen unbiblischen Lehren hat bezaubern lassen.

Da ist es eine Hilfe, dass wir zu dir jetzt kommen dürfen, dass du uns neu das Herz fest machst, damit wir auch im neuen Jahr deine Zeugen sein können. Darum bitten wir dich, dass du uns gebrauchen und zum Segen setzen willst in einer verwirrten Welt.

Wir danken dir, dass du uns heiligst und in deinen Dienst nimmst. Wir bitten dich, dass du uns jetzt auch im Blick auf alles, was vor uns liegt, das frohe und getrostete Herz schenkst. Dass wir alle unsere Sorgen auf dich legen und wissen: Du sorgst für uns, du wirst uns nicht verlassen noch versäumen.

Mach das besonders bei den Alten und Kranken wahr, bei den Leidenden und Geschlagenen, damit sie die Freude in dir haben. Auch denen, die sich zum Sterben rüsten, gib die Bereitschaft, wann ihre Stunde kommt, dir entgegenzugehen.

Lasst uns gemeinsam das Gebet des Herrn beten:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Nehmen Sie noch einmal Platz.

Hat meine Frau daran gedacht, an diese Losungskerzen? Die denken an alles. Sie dürfen am Ausgang wieder ein Losungswort mitnehmen, das Sie ins neue Jahr begleiten soll. Sie dürfen das gern auch für jemanden mitnehmen, der heute nicht unter uns sein konnte.

Die Neukirchner Abreißkalender waren ausgegangen und einige Wochen nicht erhältlich. Wir haben jetzt noch einmal einige da drüben, falls jemand sie sucht.

Wenn wir keine Orgel haben, ist es nach dem Segen immer so still. Das ist schön, wenn Sie auch noch aufeinander zugehen und sich untereinander grüßen, auch zum neuen Jahr.

Ich grüße heute nicht, weil sich ja das Abendmahl anschließt. Ich darf Sie einladen: Wir feiern das Abendmahl hier vorne, weil ja hier der Christbaum steht. Das will uns Jesus auch zusprechen – über der vergebenen Schuld, dass er bei uns ist und uns fest an seiner Hand hält.

Und noch zu unseren Gaben, die wir geben:

Am Ende dieses Jahres hat mich unter den vielen Aufgaben, die wir angepackt haben, etwas ganz besonders gefreut. Die evangelischen Gemeinden in Kroatien sehen die große Not und tun viel. Wir konnten auch manche konkrete Hilfe leisten mit unserer Werkhilfe.

Sie haben uns jetzt darum gebeten, einen Sonderdruck zu finanzieren – ich glaube, es sind mehrere Zehntausend Exemplare des Buchs von Wilhelm Busch „Jesus unser Schicksal“, weil sie sagen, das bewegt die Leute ganz besonders jetzt in Kroatien in der ungewissen Zukunft.

Wir wollen heute unser Opfer geben zur Finanzierung dieser Sonderdrucke „Jesus unser Schicksal“ und können nur Gott bitten, dass daraus Frucht entsteht.

Im Balkan ist die Gemeinde Jesu leider ganz klein in den verschiedenen Volksgruppen – ob Kroaten, Serben, Bosnier oder Montenegriner. Gott kann jetzt ganz besonders wirken, und wir wollen um seinen Segen bitten:

Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.