Werden oder starten?
Diese beiden Verben klingen ähnlich, haben aber unterschiedliche Bedeutungen und Verwendungszwecke.
Werden drückt einen Zustand oder eine Entwicklung aus. Es beschreibt, wie sich etwas verändert oder zu etwas anderem wird. Zum Beispiel: „Er wird müde“ bedeutet, dass sich sein Zustand ändert und er müde wird.
Starten hingegen bedeutet, etwas zu beginnen oder in Gang zu setzen. Es wird oft verwendet, wenn ein Prozess, ein Fahrzeug oder eine Aktivität beginnt. Zum Beispiel: „Das Auto startet“ bedeutet, dass der Motor angeht und das Fahrzeug in Bewegung gesetzt wird.
Die Wahl zwischen werden und starten hängt also davon ab, ob man eine Entwicklung beschreiben oder den Beginn einer Handlung betonen möchte.
In manchen Fällen können beide Verben verwendet werden, aber die Bedeutung ändert sich leicht. Zum Beispiel:
„Das Projekt wird im Januar“ bedeutet, dass es im Januar beginnt oder sich entwickelt.
„Das Projekt startet im Januar“ betont den Beginn des Projekts genau zu diesem Zeitpunkt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass werden oft für Veränderungen und Zustandsbeschreibungen genutzt wird, während starten den Beginn von Aktionen oder Prozessen markiert.
Einführung in das Thema: Warten oder Starten
Worum geht es eigentlich bei diesem Thema: warten oder starten? Es geht um zwei knifflige Punkte in unserem Leben.
Einmal geht es um das Warten. Wann bin ich eigentlich reif für eine Beziehung? Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um eine Beziehung zu beginnen? Und wie beginne ich diese Beziehung? Wann ist der richtige Zeitpunkt für Sexualität in meinem Leben? Wo hat Sexualität ihren Platz, und wo soll sie ihren Platz haben?
Es gibt viele junge Menschen, die sich viel zu früh etwas nehmen, was noch nicht gut für sie ist. Viele tun Dinge, für die sie noch nicht reif sind. Dabei geht es um das Thema Warten.
Gleichzeitig nehme ich wahr, dass immer mehr junge Menschen – 20-Jährige, 25-Jährige, 30-Jährige – sich schwer tun, eine Beziehung einzugehen. Sie tun sich schwer mit dem Starten. Irgendwann ist die Zeit da, eigentlich loszulegen und zu starten mit dem Thema Partnerschaft, mit dem Thema Beziehung. Aber es passiert nichts, man kann nicht starten.
Auf diese beiden Punkte möchte ich heute Nachmittag ein bisschen eingehen. Ich werde das Thema Warten oder Starten in vier Großpunkten entfalten:
Erstens, was das Warten schwierig macht.
Zweitens, was das Warten nötig macht.
Drittens, was das Starten schwierig macht.
Und viertens, was das Starten nötig macht, was also zum Starten dazugehört.
Ich habe also zwei Themen, die beide wichtig sind. Wir sollen einmal in eine sinnvolle, tiefe, gute und vertrauensvolle Beziehung hineinfinden.
Ich möchte, dass junge Ehepaare in diese Welt hinausgehen und die Maßstäbe Gottes vorleben. Ich möchte, dass ihr glücklich werdet mit einem Lebenspartner. Ich wünsche euch, dass ihr eine sinnvolle, gute, beglückende und erfüllte, tiefe Beziehung findet in eurem Leben.
Die Voraussetzung für so eine Beziehung ist der richtige Zeitpunkt. Die Voraussetzung beginnt damit, dass man sich in seinem Leben auf diese Beziehung vorbereitet, bevor man sie findet und eingehen kann.
Eine schlechte Vorbereitung ist es, wenn man dauernd gestrittene Beziehungen hat. Wenn man ständig in Beziehungen hinein- und wieder herausschlittert, dann trägt man Verletzungen davon, die uns blockieren.
Diese Verletzungen stehen einer wirklich guten, tiefen, vertrauensvollen und erfüllten Beziehung im Weg. Dabei soll diese Beziehung unser Leben prägen, aus der wir viel Kraft und Freude beziehen.
Also: warten oder starten – wann ist was dran? Und was gehört dazu, dass es dann auch funktioniert?
Herausforderungen des Wartens
Dauerhafte erotische Reizüberflutung in der Gesellschaft
Erstens: Was das Warten schwierig macht. Ich habe vier Hauptpunkte und dazu immer wieder einige Unterpunkte. Wenn das funktioniert, blenden wir das ein.
Was das Warten schwierig macht:
A6 Wohin ist Sex, wohin das Auge blickt. Wir leben in einer Gesellschaft und in einem Umfeld, in dem wir ständig dauermotiviert und dauererotisiert werden.
Ein kurzes Beispiel: Ich fahre zu einem Dienst und möchte vorher noch etwas essen. Ich halte bei Burger King an und bestelle mir ein Burger-Menü. Ich suche mir einen Platz. Vielleicht kennt ihr das: Bei Burger King sind überall Bildschirme aufgestellt, auf denen Viva, MTV oder ähnliche Sender laufen. In diesen Musikvideos bewegen sich ständig junge Männer und Frauen in eindeutigen oder zweideutigen Positionen. Dabei werden Busen in die Gegend gestreckt und direkt in die Kamera gezeigt.
Man kann im Grunde keinen Hamburger entspannt essen, ohne ständig mit halberotischen Bewegungen, Kleidungen, Musikclips und Ähnlichem konfrontiert zu werden. Man hat seinen Burger irgendwann heruntergeschluckt, steigt ins Auto und fährt zu dem Termin. Man macht das Radio an, möchte den Stausender hören, und kommt in den Werbeblock bei SWR1 oder einem anderen Sender. Von fünf Werbeblöcken sind garantiert zwei mit erotischen Motiven unterlegt, in denen eine Frau stöhnt, um ihre Begeisterung für ein neues Auto auszudrücken. Schon hat man wieder einen erotischen Eindruck im Kopf.
Man fährt weiter. Der Dienst ist zufällig in Stuttgart. Dort ist die Außenwerbung extrem erotisch aufgeladen. H&M präsentiert immer die neuesten Bikini- oder BH-Modelle. Wenn man die Weinsteige in Stuttgart herunterfährt, sieht man an jeder Straßenbahn- und Bushaltestelle halbnackte Frauen. Das ist unsere Welt, und diese Bilder, Töne und Anspielungen prägen unser Leben. Sie machen es extrem schwierig, ein Leben zu führen, das nicht ständig erotisch aufgeladen ist – ein Leben, das nicht ständig von Gedanken, Bildern und Tönen motiviert wird, die uns Dinge ins Ohr summen, die für uns vielleicht noch nicht dran sind oder überhaupt nicht.
Eine ganze Gesellschaft hechelt im Grunde einer erotischen Wunscherfüllung hinterher. Das macht es jungen Christinnen und Christen sehr schwer, ein Leben zu führen, wie Gott es sich vorstellt.
Wir erleben in unseren Schulklassen und Ausbildungsstätten ständig eine sexistische Sprache. Es ist eine Sprache, die voller sexueller Anspielungen ist, in der ständig doppeldeutige Begriffe verwendet werden. Man lauert uns mit Begriffen auf, die erotische Gedanken in unser Gehirn setzen. Wir schauen Filme und Medien, in denen das ständig präsent ist. Doch all diese Motive sind meilenweit entfernt von der Wirklichkeit echter Sexualität.
Die Wirklichkeit der deutschen Schlafzimmer sieht ganz anders aus als das, was uns in der Medienwelt vorgespielt wird. Erst recht gilt das für einschlägige Filme oder Videos, die so himmelweit entfernt sind von dem, wie Gott sich Sexualität gedacht hat und wie die Wirklichkeit von Sexualität in deutschen Schlafzimmern oder zwischen deutschen Paaren aussieht. Das ist eine andere Welt.
Im Grunde erleben wir heute in unserer Gesellschaft ein Bild von Sexualität, das keine Maßstäbe mehr kennt. Alle einschlägigen Medien überlassen es dem Einzelnen, seine Maßstäbe für Sexualität selbst zu entdecken und zu entwickeln. Damit überfordern wir junge Menschen permanent.
Ihr seid im Grunde ständig überfordert, weil niemand euch ein klares Wort und eine Wahrheit sagt, wie Sexualität wirklich funktioniert und wie sie heilsam und verantwortungsvoll gelebt werden kann. Ich halte es mittlerweile für ein mittleres Verbrechen, was sich unsere Öffentlichkeit leistet, indem sie verantwortungslose Sexualität in allen Medien und auf allen Kanälen propagiert. Und keiner gibt mehr Maßstäbe an die Hand.
Wir stellen Sexualität nur noch dar, bewerten sie aber nicht mehr. Wir präsentieren Sexualität nach dem Motto: Jeder kann sich aussuchen, was er will. Doch keiner gibt einem mehr Maßstäbe, wie Sexualität heilvoll sein kann, wie sie erfüllt und glücklich macht.
Wir zeigen im Grunde auch nicht mehr, wie eine Beziehung sinnvoll und heilvoll begonnen wird. Beziehungen reduzieren sich heute stark auf den erotischen Aspekt.
Es gibt heute viele Menschen, die krank an ihrer Sexualität sind. Es gibt Kliniken, die Menschen behandeln, die sexsüchtig geworden sind. Es gibt eine Krankheit, die sich mit Pornosucht befasst. Wir haben im Grunde eine erkrankte Sexualität auf breiter gesellschaftlicher Ebene.
Die Wahrheit, die biblische und schöpferische Wahrheit über Sexualität, ist: Erfüllte Sexualität hängt niemals von einem bestimmten Lustniveau, einer Orgasmusfrequenz oder ähnlichem ab. Erfüllte Sexualität hat immer etwas mit Vertrauen zu tun, immer mit Verbindlichkeit.
Deshalb muss Sexualität, deshalb muss Geschlechtsverkehr immer von Verbindlichkeit gedeckt sein. Für die Bibel liegt die letzte Verwirklichung von Sexualität nur in einem Rahmen der Verbindlichkeit, in einem geschützten Raum der Treue und Verbindlichkeit. Dort sagt einer dem anderen: Ich bin dir treu – und meint es auch so. Und der andere sagt: Ich möchte dich ganz und gar, ein Leben lang, bis der Tod uns scheidet.
Nur in einem solchen Raum, in einem Rahmen von Treue und Verbindlichkeit, wird unser Leben gelingen und Sexualität erfüllt sein.
Der Mythos vom frühen Sex
Was das Warten schwierig macht, ist die Sage vom Sex mit sechzehn. Das ist ein Mythos der Gegenwart, der euch in euren Klassenzimmern und in euren Betrieben begegnet. Wer es mit sechzehn noch nicht gemacht hat, gilt als reif für die Klapsmühle. Wer es mit sechzehn noch nicht gemacht hat, soll in seiner Entwicklung zurückgeblieben sein, hat Entscheidendes verpasst und wird angeblich nie mehr einen Partner finden.
Das sind die Lügen, die jungen Menschen heute präsentiert werden. Doch niemand wagt es laut zu widersprechen – außer der Bibel und zweitens der Frauenbewegung und Alice Schwarzer. Das ist jetzt schon interessant. Alice Schwarzer, die traditionelle große Frauenrechtlerin der Frauenbewegung, sagt mittlerweile, was wir jungen Frauen und Mädchen angetan haben: Mit der Propagierung von frühem Sex begehen wir ein Verbrechen.
Sie sagt es als Frauenrechtlerin im Blick auf junge Mädchen. Man kann das in gewissem Sinn auch für junge Männer umgekehrt sagen. Sie meint, wir haben junge Mädchen zu früh ermutigt, Sexualität auszuleben, und dabei nicht bemerkt, dass wir dadurch ihre Persönlichkeitsbildung eher verhindern als fördern. Wir kommen nicht voran, wenn wir Sexualität in einem Moment ausleben, in dem wir eigentlich noch nicht reif dafür sind.
Das merkt heute die Protagonistin der Frauenbewegung, und immer mehr Menschen begreifen, dass Sexualität in eine Altersphase der Reife gehört – und nicht in eine Phase, in der man dazu eigentlich noch nicht reif und fähig ist. Es ist eine Grundeigenschaft des Menschseins, dass geschlechtliche Gemeinschaft zwischen Mann und Frau von Verbindlichkeit gedeckt sein muss. Sie kann erst dann wirklich erfüllend sein, wenn sich zwei Persönlichkeiten in die Augen schauen, die wissen, wer sie sind, die Verantwortung für sich selbst und für den anderen übernehmen können.
Wir haben heute ein riesiges Problem, und das muss ich unumwunden beschreiben und zugeben: Die Geschlechtsreife eines jungen Menschen und seine emotionale Reife liegen oft zehn bis fünfzehn Jahre auseinander. Heute gibt es junge Menschen, die mit zwölf oder dreizehn körperlich voll ausgereift sind. Da ist alles komplett da, man ist körperlich reif, hat Lust, einen Trieb, sehnt sich nach dem anderen. Das ist von Gott so eingerichtet. Gott hat eure Sexualität geschaffen und sie gut geschaffen. Es ist in Ordnung, Lust zu empfinden. Das ist nichts Schmutziges oder Falsches, sondern eine Erfindung Gottes, dass ihr Lust aufeinander habt.
Es ist eine Einrichtung Gottes, dass ein junger Mann eine junge Frau anschaut. Diese Lust hat Gott installiert. Es gibt immer wieder junge Mädchen, die sich bei mir beklagen, dass die Jungs immer auf ihren Busen schauen. Aber wenn dieser Busen dann auch noch aufgepeppt und auftrapiert ist, fragt man sich doch: Es ist völlig logisch, dass die Jungs darauf schauen. Wenn man sich so präsentiert, dann ist das auch zur Präsentation da. Junge Männer sind so eingerichtet, dass sie dann hinschauen. Darüber solltet ihr euch nicht bei den Jungs beklagen, sondern eher über eure Kleidung nachdenken, wenn euch das lästig ist.
Gott hat unsere Sexualität geschaffen und uns einverleibt. Das Problem ist: Wir sind mit zwölf oder dreizehn körperlich komplett fertig. Da kann man ein Kind zeugen, da ist alles da. Auf der anderen Seite tritt die soziale Reife eines Menschen heute erst etwa mit zwanzig Jahren ein. Soziale Reife bedeutet, dass man halbwegs unfallfrei mit einem anderen Menschen zusammenleben kann – zum Beispiel in einer Wohngemeinschaft, wenn man studiert oder so –, ohne ständig Streit zu haben oder zusammenzurauschen.
Diese soziale Reife tritt heute erst im Durchschnitt mit zwanzig Jahren ein. Die emotionale Reife entwickelt sich bei den meisten erst mit etwa 23 Jahren. Emotionale Reife ist die Fähigkeit, mit Niederlagen und Enttäuschungen umzugehen, nicht gleich bei der ersten kleinen Niederlage alles hinzuwerfen, sondern zu sagen: „Okay, ich habe eine Enttäuschung erlebt, ich lerne daraus viel für mein Leben, und ich will wieder aufstehen, weitermachen und aus der Enttäuschung lernen.“
Diese emotionale Reife, also die Fähigkeit, eigene negative Gefühle und Erfahrungen zu verarbeiten, tritt heute bei den allermeisten erst zwischen 23 und 25 Jahren ein. Das ist ein echtes Problem: Wir sind eigentlich sehr früh sexuell fertig und haben Lust, aber wir bekommen das nötige Werkzeug für eine Beziehung und für eine treue, gute Partnerschaft erst zwischen 20 und 25 Jahren.
Die große Herausforderung besteht darin, diese Jahre dazwischen sinnvoll zu gestalten – mit guten, ehrlichen und sinnvollen Beziehungen und Freundschaften, die aber noch nicht überfrachtet werden mit sexuellen Beziehungen, für die wir noch nicht das Handwerkszeug haben. Das ist die große Herausforderung eurer Generation.
Ich kann euch da nicht viele Tipps geben, sondern nur einen: Lasst euch Zeit mit der Rutschbahn der Sexualität! Sexualität ist wie eine Rutschbahn, die ganz flach beginnt, aber je weiter man rutscht, umso steiler wird sie. Hebt euch die entscheidenden Dinge für den Zeitpunkt auf, an dem ihr diese Reife habt. Dann könnt ihr einem anderen Menschen in die Augen schauen und sagen: „Du, dich will ich! Ich möchte gern mit dir ein Leben leben, bis dass der Tod uns scheidet.“
Ab diesem Zeitpunkt ist es nicht nur gut, sondern auch sinnvoll und zwingend, dass es zu einer sexuellen Beziehung kommt – wenn man heiratet. Das gehört in eine Ehe hinein. Aber das ist ein Zeitraum, der mit einer sinnvollen Beziehung verbunden sein sollte. Ich habe nichts gegen Freundschaften mit sechzehn, aber mir ist wichtig, dass wir diese Freundschaften so gestalten, dass sie keine Dinge vorwegnehmen, die in diese Altersphase noch nicht gehören, weil man noch nicht den Werkzeugkoffer hat, um eine Beziehung mit Sexualität gestalten zu können.
Das verletzt nur, hinterlässt oft Wunden und macht Menschen eher unfähig zu einer sinnvollen Partnerschaft, anstatt sie dazu fähig zu machen.
Voraussetzungen für das Warten
Die Sensibilität der Seele
Zweitens macht die Sensibilität unserer Seele das Warten notwendig. Sexualität kann für uns selbst und für den anderen zerstörerisch wirken, wenn sie nicht von dem Rahmen und Raum der Treue gedeckt ist. Das glaubt man eigentlich nicht, aber ich habe zu viele junge Menschen in der Seelsorge erlebt, denen genau das passiert ist.
Diese jungen Menschen haben sich zu einem Zeitpunkt etwas genommen von einem anderen, das eigentlich noch nicht dran war. Mit 23 oder 24 Jahren sitzen sie dann vor mir, blockiert für eine wirklich gute Beziehung. Sie haben Angst vor einer guten Beziehung und tun sich schwer damit, weil in einem früheren Lebensabschnitt etwas geschehen ist, das dort noch nicht hingehört hatte.
Sexualität ist zu 95 Prozent eine seelische Angelegenheit und nur zu 5 Prozent eine körperliche. Das Körperliche ist kein Problem. Wenn man sich nicht absolut ungeschickt anstellt, kann man auch relativ unverletzt aus einem Geschlechtsverkehr hervorgehen. Das Problem ist die seelische Geschichte. Zu 95 Prozent geschieht hier etwas in unserer Seele, das wir mit 16 oder 17 Jahren noch gar nicht abschätzen können.
Weil Sexualität vor allem eine seelische Angelegenheit ist, hat Gott einen dicken Panzer darum gelegt. Er hat gesagt, Mann und Frau sollen sich in der Ehe sexuell begegnen. Sexualität ist nach dem Heiligen Geist die zweitstärkste Kraft, die es in unserem Leben gibt. Abgesehen vom Heiligen Geist gibt es keine Kraft in unserem Körper, die stärker ist als unsere sexuelle Kraft.
Diese sexuelle Kraft bringt ungeheure Energien hervor. Sie motiviert uns, treibt uns voran, lässt uns den anderen suchen, lässt Liebe wachsen und gedeihen. Schließlich führt sie dazu, dass neue Menschen aus unserem Körper hervorgehen, indem wir Kinder bekommen. Sexualität ist die zweitstärkste Kraft nach dem Heiligen Geist.
Weil sie so eine immense Gewalt hat, hat Gott sie in einen Mantel gepackt. Man kann es mit Kernenergie vergleichen: Kernenergie ist eine immense Kraft, die man in einem Meter dicken Stahlmantel einschließt. So ähnlich tut Gott es mit unserer Sexualkraft. Er packt sie in einen Stahlmantel, damit sie für uns heilvoll wird, unser Leben erfüllt und nicht zerstört.
Sexualität kann, wenn sie von einem verbogenen, durch die Sünde verbogenen Menschen missbraucht wird, auch andere verbiegen und missbrauchen. Es gibt zu viele Menschen, die genau wissen, was ich meine. Verbogene Sexualität verbiegt andere Menschen, weil sie zerstörerisch wirkt.
Geschlechtsverkehr ist ein Eingriff nicht nur in unseren Körper, sondern auch in unsere Seele. Stell dir vor, du müsstest ins Krankenhaus und hättest eine Operation vor dir. Ein Arzt kommt herein, dem du nicht vertrauen kannst, weil er zum Beispiel nach Alkohol riecht. Ein schmuddeliger Typ betritt das Krankenzimmer, will dich auf eine Blinddarmoperation vorbereiten und riecht nach Alkohol. Er lacht und sagt: „Lieber Vassin, jetzt gucken wir mal, was wir an dir machen.“ Du würdest nervös werden und den Eindruck bekommen, dass er keine Ahnung von dem hat, was er tut. Du würdest dich bedanken, wenn er dich auf die Trage legen und an dir herum operieren wollte. Du würdest sagen: „Nein, bitte nicht!“
Mit Geschlechtsverkehr ist es ganz ähnlich. Wenn du einem Menschen nicht hundertprozentig vertrauen kannst, dass er verantwortungsvoll und treu mit dir ein Leben begleitet, solltest du keinen Eingriff an dir vornehmen lassen. Er wird dich nur verletzen, auch wenn er beste Absichten und Motive hat.
Diese Geschichte habe ich in der Seelsorge schon so oft erlebt. Es kann unter der Liebe Gottes wieder heilen, aber es ist besser, wenn es erst gar nicht passiert. Die Liebe und Vergebung Gottes kann vieles heilen, doch es ist immer besser, wenn gar keine Wunde entsteht.
Gott hat Treue nicht als Schikane für unser Leben erfunden, sondern als Schutzraum, in dem unser Leben wachsen und gedeihen soll.
Der Wille Gottes
Was das Warten nötig macht, ist der Wille Gottes. Bis jetzt habe ich sehr humanwissenschaftlich argumentiert, also vom Menschsein herkommend. Jetzt möchte ich auch die andere Seite ansprechen.
Es ist der Wille Gottes, dass wir mit der Sexualität, mit der sexuellen Gemeinschaft, bis zu dem Punkt warten, an dem zwei Menschen sich absolute Treue für ein Leben lang versprechen und Gott diesen Bund segnet. Biblisch gesehen ist es durchweg so, dass der Rechtsakt eindeutig vor dem Geschlechtsakt kommt.
Ich habe diesen Satz sogar auf PowerPoint: Wenn wir eine Folie weiterklicken, sieht man, dass biblisch gesehen der Rechtsakt – also der Akt, bei dem zwei Menschen vor Zeugen sagen, dass sie nun ein Leben lang einen gemeinsamen Weg gehen wollen – immer vor dem Akt kommt, bei dem zwei Menschen eine sexuelle Gemeinschaft haben.
Ehe ist in der Bibel eine öffentliche Gemeinschaft. Alle sollen wissen, dass die zwei zusammengehören. Und weil es alle wissen sollen, damit niemand in Versuchung kommt, einen der beiden Partner anzumachen oder ihn zu verführen, soll diese Gemeinschaft geschützt sein. Alle sollen wissen, dass die zwei zusammengehören. Niemand darf in diese Beziehung einbrechen, und die beiden sollen wissen, dass sie nicht aus dieser Beziehung ausbrechen sollen.
In biblischen Zeiten wurde dies manchmal durch die Kleidung signalisiert: So konnte man erkennen, ob jemand verheiratet war oder nicht. Es gibt in der Bibel keinerlei Stelle, die den Geschlechtsverkehr als Beginn einer Ehe definiert. Diese Vorstellung, die in manchen Jugendkreisen kursiert – nach dem Motto „Wenn zwei miteinander geschlafen haben, dann sind sie biblisch gesehen ein Ehepaar“ – ist schlicht falsch.
Nirgendwo in der Bibel wird Geschlechtsverkehr als Beginn einer Ehe beschrieben, im Gegenteil. Aus biblischer Sicht gibt es zwei Grundlagen für eine Ehe: Erstens die Öffentlichkeit – alle sollen es wissen – und zweitens den Rechtsschutz. Die zwei gehören zusammen, und dieser Rechtsschutz ist einklagbar. Der eine hat Anspruch auf die Treue des anderen. Das sind die zwei biblischen Motive, die entscheidend sind: Alle sollen es wissen, und es ist eine geschützte Gemeinschaft, auf die man sich verlassen kann.
Bringt in eurem Leben gegenüber einem anderen Menschen nichts zum Ausdruck, was ihr nicht wirklich meint. Wenn ich einen Menschen an der Hand nehme, ohne wirklich zu meinen: „Ich möchte mit dir einen gemeinsamen Weg gehen, der von Verbindlichkeit und Treue geprägt ist“, dann soll ich ihn nicht an der Hand nehmen. Auch durch Zärtlichkeit soll nichts ausgedrückt werden, was ihr nicht ehrlich meint, damit daraus keine verlogene Beziehung entsteht.
Bringt nur das zum Ausdruck, was ihr wirklich meint. Ob wir alles so umsetzen können, hängt immer auch von der Treue und Barmherzigkeit Gottes ab. Meine Frau ist auch ein Geschenk der Treue Gottes; das liegt nicht nur an mir. Aber bringt nichts mit eurem Körper und eurer Zuneigung zum Ausdruck, was ihr nicht wirklich meint.
In der Bibel gibt es klare Linien, was in eine Ehe gehört und was nicht. Bitte beachtet diese Linien. Geschlechtsverkehr ist eine Geschichte, die Gott sich für die Ehe ausgedacht hat.
Ich kann euch auch die Bibelstellen dazu nennen. Beim Bibelstand in Eidlingen, bei der Bibelschule Eidlingen, gibt es ein Heft, das wir im CVJM erstellt haben. Dort könnt ihr die wesentlichen Bibelstellen nachlesen. Ich kann sie euch auch per E-Mail schicken, aber an dieser Stelle kann ich nicht ausführlich darauf eingehen.
Das war das eine Thema: das Warten. Wie gesagt, ich wünsche euch gute Beziehungen und erfüllende Freundschaften. Hebt euch aber die entscheidende Vereinigung in der Sexualität für den Punkt auf, an dem ihr euch in die Augen schauen und sagen könnt: „Du, dich meine ich. Dich will ich – du ganz!“ Dabei ist „du“ klein und mit „z“ geschrieben.
Du sollst mit mir durch mein Leben gehen. Ich will dich umfassend in meinem Leben begleiten, und du sollst mich begleiten. Dann kommt der Punkt, an dem man auch in sexueller Hinsicht ein Mann und eine Frau werden kann, an dem man sich vereinigt und eins wird.
Schwierigkeiten beim Starten
Nun komme ich aber auf die anderen zu sprechen. Wenn ich so zwischen die Scheinwerfer blicke, sind viele dabei, die Anfang bis Mitte 20 sind. Das ist ein Alter, in dem man auch gut starten sollte.
Das Verrückte ist, dass viele heute beim Starten ihre Schwierigkeiten haben.
Unfähigkeit zur Entscheidung
Was das Starten schwierig macht – auch dazu habe ich ein paar Punkte.
Ein wesentlicher Grund, warum das Starten so schwierig ist, ist die Unfähigkeit zur Entscheidung. Ihr seid eine Generation, die heute entschieden unentschieden ist – und das mit Lust und Leidenschaft. Wir sind entschieden unentschieden.
Dabei ist es ein elementarer Bestandteil des Erwachsenwerdens, Entscheidungen für das eigene Leben zu treffen und das Treffen von Entscheidungen zu lernen. Genau an dieser Stelle zögern heute viele. Sie haben Angst, Entscheidungen zu treffen – nicht nur in Bezug auf die Partnerfrage, sondern oft auch in Bezug auf Beziehungen allgemein, auf den Beruf, das Studium und so weiter.
Wir zappen uns heute gerne durchs Leben. Ihr kennt das Zappen: Ich habe zuhause einen neuen Fernseher. Unser alter Fernseher ist pünktlich zur WM kaputtgegangen. Glücklicherweise haben wir jetzt einen neuen, großen, flachen Fernseher mit Fernbedienung. Wer vor der WM einen kaputten Fernseher hat, bekommt eben einen neuen.
So wie man sich durch diese 30 Programme oder wie viele es auch sind rauf und runter zappen kann, so zappen wir uns heute gerne durch die Möglichkeiten. Aber wir legen uns nur sehr ungern auf eine Möglichkeit fest. Wir drücken uns oft um Entscheidungen herum, weil wir tief in uns ahnen, dass wir uns dadurch andere Möglichkeiten verbauen.
Die Wahrheit ist aber: Durch keine Entscheidung verbauen wir uns immer alle Möglichkeiten. Keine Entscheidung ist immer die falsche Entscheidung, und späte Entscheidungen sind oft schlechte Entscheidungen. Wir haben eine Art Last-Minute-Mentalität entwickelt. Wir entscheiden uns am liebsten immer erst im letzten Moment – oder am besten gar nicht.
Die Wahrheit, die ich schon gesagt habe, ist: Späte Entscheidungen sind oft schlechte Entscheidungen, und keine Entscheidungen sind immer falsche Entscheidungen. Nur wer den Mut hat, Entscheidungen für sein Leben zu treffen, wird sein Glück finden. Wer das nicht tut, hat das Glück immer nur vor sich, aber es wird nie Wirklichkeit in seinem Leben. Er erwischt es nie.
Es gibt tolle Bücher über diese Generation Golf, zu der die Zwanzigjährigen von euch gehören. Florian Iljes hat solche Bücher geschrieben. Er ist kein frommer Mensch und kein Christ, aber er hat diese Generation Golf beschrieben. In einem seiner Bücher beschreibt er das Lebensgefühl von Leuten wie uns, die keine Entscheidungen treffen.
Er schreibt darin: „Peter, das weiß ich, ist heilfroh, dass er alles hinter sich hat, mit Beziehungen usw. Er hasst Hochzeiten, er findet es pervers, im Januar für einen Termin im Mai zuzusagen.“ Kennt ihr das alles? Er hält sich grundsätzlich bei der Wochenendplanung alle Optionen bis zum letzten Moment offen. Dann nervt er alle, die zufällig die gewählte Option sind, damit, dass er die gemeinsame Zeit damit verbringt, per SMS anderen Optionen abzusagen oder sie auf später zu vertrösten.
Wenn Nicole, seine Freundin, mit ihm am Donnerstag einen Sonntagsausflug planen will, sagt er nur: „Das engt mich zu sehr ein.“ Sie leidet total darunter. Das ist ein Lebensgefühl, das sich nicht entscheidet.
Fabian Vogt von der Andreasgemeinde in Niederhöchstadt schreibt einmal: „Eure Generation, also diese Generation, ist von der schizophrenen Suche nach Ordnung bei gleichzeitiger Angst vor Regelmäßigkeit und Planung geprägt.“ Junge Menschen suchen nach Regelmäßigkeit und Ordnung – und fliehen gleichzeitig davor.
Ich weiß nicht, ob ihr das schon einmal gespürt habt: Eigentlich suchen wir nach klarer Ordnung in unserem Leben. Eigentlich sehnen wir uns nach einer gewissen Regelmäßigkeit. Aber wenn es dann darum geht, diese Regelmäßigkeit einzurichten und die Ordnung zu planen, fliehen wir gleichzeitig davor.
Heute wissen 50 Prozent aller Studenten, also viele 20-Jährige, nicht, warum sie das studieren, was sie studieren. Man studiert einfach irgendwas, weil man nicht weiß, was man eigentlich will. Am Ende des Studiums steht man da – mit oder ohne Abschluss – und muss irgendwann wissen, was man will.
Das gleiche Phänomen passiert auch bei Beziehungen. Man lebt einfach mal in Beziehungen hinein, ohne wirklich zu wissen, ob man die oder den wirklich will. Ich habe junge Menschen getroffen, die seit Jahren in einer wilden Ehe leben, ohne dass sie nach Jahren des gemeinsamen Lebens und einem gemeinsamen Dach wirklich wissen, ob sie mit dieser Person leben wollen.
Ich habe eine junge Frau getroffen, 24 Jahre alt. Sie sagte: „Ich lebe jetzt vier Jahre mit dem Typ zusammen und weiß, ich will ihn nie heiraten. Aber ich habe nicht den Mut, ihn zu verlassen, weil er doch so süß ist.“
Da verbaut man sich eine Zukunft. Wenn ich in einer Partnerschaft lebe, die ich mir eigentlich für meine Zukunft nicht vorstellen kann, aber nicht den Mut habe, sie zu beenden, weil ich weiß, er ist so süß – aber eigentlich will ich nicht –, dann verbaut man sich die Zukunft.
Ich wünsche euch den Mut, Entscheidungen zu treffen. Ich weiß nicht, was bei dir dran ist. Vielleicht ist bei dir mal der Mut dran, zu sagen: Ich beende diese Freundschaft, weil ich tief in mir weiß, sie führt nicht in die Zukunft.
Oder – und das ist sehr oft der Fall – es wäre endlich mal Zeit, dass ihr klare Sache macht. Vielleicht wartet da schon seit vielen Jahren ein Mensch auf ein klares Wort von euch. Vielleicht wäre es mal dran, den Finger zu heben und zu sagen: „Du, ich liebe dich.“ Oder: „Du, ich möchte dich heiraten.“ Dann macht man einen Punkt und trifft einen Entschluss.
Alles, was in unserem Leben Zukunft haben soll, beruht auf klaren Entscheidungen. Ohne klare Entscheidung wird nichts vorangehen in eurem Leben. Wisst ihr: Eine wilde Ehe ist immer eine Beziehung ohne Entscheidung. Eine wilde Ehe ist eine Beziehung, solange es gut geht, weil man nicht den Mut hat, klare Entscheidungen zu treffen.
Es gibt immer wieder Leute, die sagen: „Ja, Mensch, man muss doch nicht heiraten, man kann doch auch so.“ Müssen tut niemand etwas. Aber wer nicht den Mut hat, endgültig Ja zu sagen zu einem Menschen, der braucht mir nichts von Treue zu erzählen.
Wenn ein Mensch treu sein will, dann kann er das auch sagen. Und wenn er das sagen kann, kann er es öffentlich sagen. Und wenn er es öffentlich sagt, dann kann er es vor einem Traualtar sagen, dann kann er es auch vor Gott sagen.
Mir mache keiner etwas vor von wegen „Man kann es doch auch irgendwie so oder so.“ Nein! Eine Ehe ohne Entscheidung ist eine Ehe bis zur ersten großen Krise. Eine Ehe, die auf einer fundamentalen Feigheit basiert, die eigentlich den Begriff Ehe nicht verdient.
Ich wünsche euch den Mut, Entscheidungen zu treffen – im Blick auf eure Partnerschaften. Und ich wünsche euch, dass ihr eine gute, tiefe, tragfähige und zukunftsfähige Partnerschaft findet.
Angst vor dem Scheitern
Was macht es schwierig, mit dem Starten?
B Der Schiss vor dem Scheitern.
In den Siebzigerjahren gab es ein Schlagrechtler von Udo Jürgens mit dem anspruchslosen Refrain: „Mit siebzehn hat man noch Träume.“ Und die Bildzeitung hat vor vier Jahren eine Werbekampagne gemacht, in der sie titelte: „Mit siebzehn hat man geschiedene Eltern.“
Das ist ein Punkt, der sehr wehtut. Sehr viele von euch haben ganz bittere Erfahrungen gemacht, dass die beiden liebsten Menschen im Leben – der Vater und die Mutter, die Menschen, die man als Kind liebt wie keine anderen – sich auf einmal nicht mehr lieben und getrennte Wege gehen.
Das ist ein tiefer Schmerz, ein tiefer Einschnitt in der Seele eines Menschen, eine lebenslange Wunde. Und der Punkt ist: So etwas stärkt nicht unbedingt das Selbstvertrauen im Blick auf Partnerschaft.
Es gibt heute so viele junge Menschen. Früher sagten junge Menschen: „Ja, okay, warum soll es denn bei mir eigentlich nicht klappen mit einer Ehe? Warum soll es denn bei mir nicht klappen mit einer Partnerschaft?“ Heute ist es genau umgekehrt. Eine Mehrheit von euch sagt: „Mensch, 60 Prozent aller Ehen, die heute geschlossen werden, werden geschieden.“
Das ist die verheerende Zahl der Gegenwart, die verheerende Zahl. Viele von euch, und ich verstehe das, sagen: „Mensch, warum soll es denn ausgerechnet bei mir klappen?“
Wer erlebt hat, dass die eigenen Eltern sich getrennt haben, bei dem ist in der Tat eine wesentliche Schulstunde des Lebens ausgefallen. Er hat nämlich nicht erlebt, wie die beiden wichtigsten Menschen im Leben die tiefste Krise ihrer Beziehung bewältigt und überstanden haben.
Dann fällt eine Schulstunde des Lebens aus, und die muss ich bitte nachpauken. So etwas muss ich anderswo lernen, wie ich in den tiefsten Krisen einer Beziehung – und jede Beziehung hat solche Krisen – da durchkomme, wie ich das überlebe, wie ich bindungsfähig und bindungswillig bleiben soll.
Der Schiss vor dem Scheitern ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich bitte euch deshalb: Habt den Mut, Partnerschaftskurse zu belegen!
Ich kenne einen Freund, der Pfarrer ist. Er traut keine Ehepaare mehr, die zu ihm kommen, ohne dass sie vorher einen Partnerschaftskurs gemacht haben.
Ich möchte euch herzlich bitten, diese riesigen Angebote anzunehmen. Es gibt sehr viele Initiativen, es gibt Team F, und es gibt kaum eine Kirche, die das nicht anbietet.
Ich bitte alle jungen Paare – meine Damen und Herren, ich habe das auch gemacht – einen Partnerschaftskurs zu machen. Ein Wochenende oder eine ganze Woche, in der man sich einmal mit der eigenen Persönlichkeit beschäftigt, mit den Erwartungen, mit der Persönlichkeit des Anderen, und sich darauf einstellt, wie wir unsere Krisen bewältigen werden.
Ich möchte euch herzlich Mut machen: Macht euch hier fit!
Wisst ihr, es ist ja verrückt: Wir leben in der EU, und in der Europäischen Union braucht man für jeden Unsinn, Entschuldigung, einen Schein. Wir brauchen für alles, für das Banalste, eine Ausbildung.
Nur für die entscheidenden Dinge des Lebens brauchen wir heute keine Ausbildung – für Partnerschaft, Ehe und für das Erziehen von Kindern. Das kann wirklich jeder machen, ohne Schein. Das ist auch okay so.
Aber wir haben immense Defizite im Blick auf Beziehungsarbeit heute. Wir wissen nicht, wie eine Beziehung funktioniert, und immer mehr wissen auch nicht, wie man Kinder erzieht.
Wir müssen uns hier fortbilden, damit wir fähige Menschen werden im Blick auf Beziehung.
Ich muss mal auf die Zeit gucken, damit wir auch hier ein Ende finden.
Fehlende Rollenbilder
Ein dritter Punkt, der es heute schwierig macht, mit dem Starten zu beginnen, sind fehlende Rollenbilder. Wir haben im Grunde die Vorbilder verloren, die uns zeigen, wie vernünftige Partnerschaften funktionieren. Es gibt nur sehr wenige Rollenvorbilder, in die wir hineinschlüpfen können und die uns sagen: „Mach es so, wie wir es gemacht haben, so ist es gut.“
In unseren Medien finden sich fast nur Problembeziehungen. Wenn du den Fernseher einschaltest und einen Spielfilm anschaust – es sei denn, es ist gerade eine Rosamunde-Pilcher-Verfilmung – siehst du vor allem gescheiterte und komplizierte Beziehungen. Prinzipiell ist jeder Krimikommissar schon mehrfach geschieden und hat nur komplizierte Partnerschaften hinter sich.
Auch im eigenen Umfeld gibt es meist sehr wenige Beziehungen, von denen man wirklich lernen kann, wie man eine Partnerschaft lebt. Es fehlen die Rollen, in die wir hineinschlüpfen können. Das führt dazu, dass jedes Paar, das unter euch befreundet ist, ständig neu erfinden muss, wie es eigentlich leben will. Und das überfordert uns ständig.
Wir müssen uns immer wieder neu erfinden und neu definieren. Diese permanente Überforderung ist belastend. Jede Partnerschaft muss sich neu ausprobieren, und damit sind wir immer wieder überfordert. Das, was wir heute an Beziehungen erleben, ist eine ständige Überforderung einer eigentlich wunderschönen Beziehung.
Ich kann nur raten: Sucht euch ein Ehepaar, bei dem ihr denkt: „So wie die, so wollen wir es auch können.“ Dann bittet sie, euch einen Einblick in ihre Beziehung zu geben. Fragt, was sie in der einen oder anderen Situation gemacht haben. Lernt von ihnen, weil wir heute oft nicht mehr wissen, wie es geht.
Deshalb müssen wir in die Lehre gehen – sowohl, was Beziehung als auch Erziehung angeht.
Astronomische Ansprüche an den Partner
Was das Starten schwierig macht, sind die astronomischen Ansprüche. Heute haben wir gigantische Erwartungen an unsere Partner. Früher, bei einem Jungscharlager, konnte man noch zehn Kilometer gegen den Wind laufen und den Schweiß der Jungs riechen. Wenn man heute Jungscharlager macht oder Zellenlager, dann brauchen die Jungs vor der stillen Zeit erst einmal zwanzig Minuten für die Körperpflege, das Deo, das Parfüm, die Frisur und so weiter. Jungs wollen heute schön sein. Ja, wir sind heute schöne Männer, das ist doch klar.
Der Grund dafür ist, dass wir heute schön sein wollen, weil wir immense Ansprüche an das andere Geschlecht haben. Wirklich kritisch wird es, wenn sich 15-jährige Mädchen unters Messer eines Schönheitschirurgen legen, um sich einen größeren Busen operieren zu lassen. Die körperliche Entwicklung ist da noch nicht abgeschlossen, und man operiert an sich herum, ohne zu wissen, was das mit unserer Seele und unserem Körper macht.
Ich möchte euch bitten: Steht zu eurem Körper und sagt Ja zu dem Körper, den ihr habt. Gott hat ihn wunderbar und fantastisch gemacht. Aber heute haben wir astronomische Ansprüche, und unser Schulhof ist im Grunde zum Laufsteg geworden. Dort wird man bewertet, als gäbe es Noten für das Aussehen.
Die Idealbilder sind heute Jennifer Lopez, Pierce Brosnan oder wie auch immer die Schönheitsideale heißen. Doch keiner von uns ist so schön wie die Filmstars in Hollywood, keiner von uns ist so schön wie die Mannequins und Models auf den Laufstegen. Wenn ihr diese astronomischen Erwartungen habt – ich brauche jemanden, der aussieht wie Jennifer Lopez, oder ich brauche jemanden, der aussieht wie Kai Pflaume oder so – dann müsst ihr euch auch damit abfinden, dass ihr selbst nicht so ausseht.
Wir müssen unsere Ansprüche in Bezug auf Ästhetik und Schönheit wieder auf ein normales Maß zurückbringen. Unsere Traumfrauen und Traummänner finden wir nicht. Die Traumprinzessinnen und Traumprinzen gibt es nur bei den Gebrüdern Grimm. In der Wirklichkeit sind sie nicht da.
Lasst euch wieder Augen schenken für die Schönheit der Mädchen und jungen Männer in eurer Umgebung. Lasst euch Augen schenken für eure eigene Schönheit. Lasst euch nicht von den Blendwerken aus Hollywood oder von den Laufstegen in Paris, Mailand oder wo auch immer diese Klamotten präsentiert werden, die Sicht verstellen.
Lasst euch Augen schenken für die Schönheit, für eure Schönheit und für die Schönheit der jungen Menschen um euch herum. Lasst euch Augen schenken für die schönen Menschen hier in Eidlingen.
Voraussetzungen für das Starten
Jetzt komme ich zum letzten, dem vierten Punkt. Ich bitte darum, diesen jetzt einzublenden, da ich das Blatt mit den Informationen vergessen habe.
Zum Starten gehören drei kurze Punkte.
Körperliche, soziale und emotionale Reife
Die körperliche, soziale und emotionale Reife sind entscheidend. Wenn du sagst: „Jawohl, eigentlich bin ich so weit. Ich weiß, wie man halbwegs unfallfrei eine Beziehung aufbaut. Und ich habe auch schon so viel Schwieriges in meinem Leben erlebt, dass ich bei der ersten Frustration nicht gleich zusammenklappe und weglaufe“, dann bist du bereit.
Wenn du hingegen sagst, dass deine bisherige Frustbewältigung nicht gerade von Reife geprägt war, dann suche dir jemanden und sage: „Ich möchte an diesem Punkt noch etwas lernen. Ich habe hier noch etwas zu lernen, damit ich beziehungsfähig werde.“
Zum Start gehören diese Reifeformen: die körperliche, die habt ihr, aber auch die soziale und die emotionale Reife.
Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung
Der zweite Punkt B, der zum Starten gehört, ist die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung. Immer mehr Menschen wissen eigentlich nicht, wer sie wirklich sind. Sie haben ein völlig falsches Bild von sich selbst und ein Selbstbild, das meilenweit vom Fremdbild entfernt ist – also dem Bild, das andere Leute von ihnen haben.
Wer keine Ahnung hat, wer er selbst ist, wird in jeder Beziehung scheitern. Vielleicht findet er eine Beziehung und kann sie auch beginnen. Vielleicht wird es sogar einige Monate gut gehen. Doch die Beziehung wird scheitern, weil der andere etwas völlig anderes in dir sieht, als du wirklich bist.
Deshalb gehe zu einem Menschen und lass dir ehrlich sagen, wie er dich wahrnimmt. Höre das an, auch wenn es wehtut. Höre zu, wenn er sagt: „Ich nehme dich so und so wahr.“ Dabei geht es sowohl um das Positive als auch um das Negative.
Arbeite dann an dem, was anderen Leuten an deiner Persönlichkeit Mühe macht. Das ist richtig, richtig hart, aber auch richtig, richtig gut. Du wirst damit beziehungsfähiger werden, wenn du an deiner Selbstwahrnehmung arbeitest. So läufst du nicht ständig mit einer Lüge über dich selbst herum.
Mut zur Ehrlichkeit
Und schließlich ergreifend ist C, was zum Starten gehört: der Mut zur Ehrlichkeit. Der Mut zur Ehrlichkeit.
In dieser Halle sitzen viele, die gerade eigentlich jemanden im Blick haben, aber nicht den Mut haben, es ihm zu sagen. Jeder muss das Recht haben, einem anderen zu sagen, dass er ihn mag. Dieses Recht muss man haben.
Wer dieses Recht in Anspruch nimmt, hat auch das Recht auf eine ordentliche Antwort. Nicht das Recht auf ein Ja-Wort, das ist klar und logisch. Aber er hat das Recht auf eine offene und ehrliche Antwort.
Wenn du den Mut hast, einer jungen Dame oder einem jungen Mann zu sagen, dass du ihn magst – wir sind heute ja ziemlich gleichberechtigt – dann muss er oder sie dir eine ehrliche und anständige Antwort geben.
Wenn er oder sie dich auslacht, dann war er oder sie es nicht wert. Wer blöd zurückantwortet, der war es nicht wert. Da weiß man immerhin, woran man ist. Aber man hat das Recht auf eine ehrliche Antwort.
Ich wünsche euch einfach, habt den Mut, die Dinge ehrlich auf den Punkt zu bringen: „Ich liebe dich“ oder „Ich mag dich“. Dann können andere sagen: „Ich auch“ oder „Ich nicht“ oder wie auch immer.
Die Ehrlichkeit muss man haben. Habt den Mut, ehrlich über euer Leben zu werden. Gaukelt einander nichts vor über eure Lebensgeschichte, sondern werdet ehrlich zueinander.
Nur ehrliche Menschen sind attraktive Menschen. Andere können vielleicht gut aussehen, sie können viel Spachtelmasse im Gesicht tragen, aber sie sind nicht wirklich schöne Menschen. Nur ehrliche Menschen sind schöne und attraktive Menschen.
Ich wünsche euch diese Ehrlichkeit. Danke fürs Zuhören, tschüss!