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Die Überlieferung der Ältesten – Teil 1

Jesu Leben und Lehre, Teil 348/619
11.12.2023Matthäus 15,1-2
SERIE - Teil 348 / 619Jesu Leben und Lehre

Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.

Episode 347: Die Überlieferung der Ältesten, Teil I.

Jesus zieht sich nach Galiläa zurück und begegnet Widerstand

 Johannes 7,1: Danach zog Jesus in Galiläa umher, denn er wollte nicht in Judäa umherziehen, weil die Juden ihn zu töten suchten.

Jesus bleibt zunächst in Galiläa, da es für ihn in Judäa zu gefährlich wird. Doch auch in Galiläa gibt es Probleme mit den Pharisäern und den Schriftgelehrten. Diese kommen sogar aus Jerusalem zu ihm.

In Matthäus 15,1-2 heißt es, dass Pharisäer und Schriftgelehrte von Jerusalem zu Jesus kamen und ihn fragten: „Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.“

Die Bedeutung und Problematik der Überlieferung der Ältesten

Zuerst müssen wir den Begriff Überlieferung der Ältesten klären. Dieser Begriff steht für Gesetze, die nicht direkt in der Bibel, also in der Tora, den fünf Büchern Mose, stehen. Es handelt sich dabei um zusätzliche, von Menschen erdachte Gebote. Diese nehmen jedoch die Bedeutung echter, gottgegebener Gebote ein und verdrängen, wie wir noch sehen werden, sogar die ursprünglichen Gebote Gottes.

Die Überlieferung der Ältesten ist also eine Sammlung mündlich weitergegebener Gebote. Natürlich ist so etwas verboten. Gemeint ist hier das Hinzufügen von Geboten zum Gesetz Gottes. In 5. Mose 4,2 heißt es: „Ihr sollt nichts hinzufügen zu dem Wort, das ich euch gebiete, und sollt nichts davon wegnehmen, damit ihr die Gebote des Herrn, eures Gottes, haltet, die ich euch gebiete.“

Wer Gebote zum Gesetz Gottes hinzufügt, egal aus welcher noch so guten Motivation, greift in Gottes Rechte ein. Wir dürfen die Gebote Gottes nicht verändern. Der einzige, der das darf, ist Gott selbst. Natürlich darf Gott einen neuen Bund mit den Menschen schließen und einen alten Bund mit seinen Geboten außer Kraft setzen. Menschen dürfen das jedoch nicht. Sie dürfen weder Gebote wegnehmen noch neue, eigene Gebote hinzufügen.

Aber genau das ist geschehen, und was dabei herauskommt, ist die Überlieferung der Ältesten.

Die Auseinandersetzung um das Händewaschen

Und es versammelten sich zu ihm die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten, die von Jerusalem gekommen waren.

Als sie einige seiner Jünger sahen, wie sie mit unreinen, das heißt ungewaschenen Händen Brot aßen, wurden sie aufmerksam. Die Pharisäer und alle Juden essen nämlich nicht, wenn sie sich nicht sorgfältig die Hände gewaschen haben. Dies geschieht nach der Überlieferung der Ältesten.

Sie halten es für notwendig, sich die Hände zu waschen, besonders wenn sie vom Markt kommen. Auch gibt es viele andere Vorschriften, die sie befolgen, zum Beispiel Waschungen der Becher, Krüge und Kupfergefäße.

Daraufhin fragten die Pharisäer und die Schriftgelehrten ihn: „Warum leben deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Ältesten, sondern essen das Brot mit unreinen Händen?“

Ursprung und Ausgestaltung des Händewaschens

Es gibt von der Überlieferung der Ältesten eine Niederschrift, die sogenannte Mischna. Die Mischna entstand als literarisches Werk in der Zeit nach Jesus, als Reaktion auf die Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Darin finden sich ausführliche Vorschriften für das Waschen der Hände vor den Mahlzeiten.

Ursprünglich war das Waschen der Hände und Füße nur den Priestern geboten. In Zweite Mose 30,18-21 heißt es: „Stelle ein bronzenes Becken und sein bronzenes Gestell her zum Waschen. Das stelle zwischen das Zelt der Begegnung und den Altar und fülle Wasser hinein. Aaron und seine Söhne sollen ihre Hände und Füße darin waschen, wenn sie in das Zelt der Begegnung hineingehen. Sie sollen sich mit Wasser waschen, damit sie nicht sterben. Oder wenn sie an den Altar herantreten zum Dienst, um für den Herrn ein Feueropfer als Rauch aufsteigen zu lassen, dann sollen sie ihre Hände und Füße waschen, damit sie nicht sterben. Und das soll für sie eine ewige Ordnung sein, für ihn und seine Nachkommen, für all ihre Generationen.“

Hier haben wir es mit einem Gebot für die Priester zu tun. Dieses Gebot des Händewaschens wurde jedoch zu einem Gebot für alle Menschen, vor jeder Mahlzeit. Die Regelungen dazu waren sehr detailliert. So mussten die Hände bis zum Handgelenk zweimal mit Wasser begossen werden. Die Menge des Wassers war genau geregelt, ebenso die Art des Gießens und wer diesen Dienst ausführen durfte.

Spätere Aussagen im Talmud machen deutlich, wie ernst es den Pharisäern mit diesem Gebot war. So heißt es dort: „Wer Brot ohne Händewaschen isst, der ist ein Sünder.“

Die theologische Bedeutung der Überlieferung der Ältesten im rabbinischen Judentum

Jetzt verstehen wir auch, warum die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragen: Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten?

Für die Pharisäer und die Schriftgelehrten war das Händewaschen nicht nur normal, sondern geboten. Es war verpflichtend, sich vor dem Essen die Hände mit Wasser abzuspülen. Für sie war das Verhalten der Jesusjünger eine Übertretung, das heißt die Übertretung eines Gebotes.

Dazu muss man Folgendes verstehen: Für das rabbinische Judentum, wie es hier in der Form der Pharisäer und Schriftgelehrten in Erscheinung tritt, gibt es nicht nur die schriftliche Tora. Es gibt also nicht nur die Gebote, die in den fünf Büchern Mose aufgeschrieben sind, sondern zusätzlich noch eine mündlich überlieferte Auslegung dazu.

Auch diese Auslegung wurde direkt auf Mose zurückgeführt. Es wurde behauptet, dass Mose sie von Gott als Auslegung zum geschriebenen Gesetz bekommen hatte. Genau das war die Überlieferung der Ältesten.

Für die Pharisäer und für ihre theologische Elite, die Schriftgelehrten, gab es also ein doppeltes Gesetz: das geschriebene Gesetz der fünf Bücher Mose und ein mündlich überliefertes, aber in ihren Augen ebenso von Gott gegebenes zweites Gesetz, die Überlieferung der Ältesten.

Auch diese Überlieferung war in ihren Augen göttlichen Ursprungs. Deshalb gehen sie Jesus wegen seiner Jünger so an.

 Matthäus 15,1-2: Dann kommen Pharisäer und Schriftgelehrte von Jerusalem zu Jesus und sagen: Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.

Jesu Haltung gegenüber menschlichen Zusatzgeboten

Frage: Warum macht Jesus dabei nicht einfach mit? Das Händewaschen ist doch keine große Sache und aus heutiger Sicht sogar hygienisch. Ich lasse meine Enkel, wenn wir vom Spielplatz in die Wohnung kommen, auch immer erst einmal die Hände waschen.

Warum geht Jesus an dieser Stelle, wie wir sehen werden, so auf Konfrontationskurs?

Die Antwort ist: Dort, wo Menschen zum Gesetz Gottes hinzufügen – und sei es aus einer noch so vermeintlich geistlichen Haltung – machen sie sich selbst zu Gesetzgebern. Ihre Menschengebote verdrängen das Gesetz Gottes.

Menschengebote lockern den Gehorsam gegenüber Gottes Geboten und heben die Originalgebote schließlich auf. Damit das nicht geschieht, besteht Jesus darauf, diesen von Menschen erdachten Gesetzen keine Bedeutung beizumessen.

Einladung zur persönlichen Reflexion und Abschluss

Was könntest du jetzt tun? Denk einmal darüber nach, ob es in deinem Leben Gebote gibt, die du übernommen oder dir selbst gegeben hast – Gebote, die nicht in der Bibel stehen.

Das war's für heute. Nimm dir jetzt Zeit, noch einmal über die Predigt vom Sonntag nachzudenken. Welchen Bibelvers möchtest du auswendig lernen? Wie willst du das Gesagte anwenden?

Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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