Das zweite Tier und seine Macht
Wir sind jetzt in Offenbarung 13, ab Vers 11. Dort heißt es:
„Und ich sah ein anderes Tier aufsteigen aus der Erde. Es hatte zwei Hörner, gleich einem Lamm, und redete wie ein Drache. Es übte alle Vollmacht des ersten Tieres vor ihm aus und veranlasste, dass die Erde und die darauf wohnen, dem ersten Tier huldigten, dessen Todeswunde geheilt wurde.
Es tat große Zeichen, sodass es auch Feuer aus dem Himmel auf die Erde niederkommen ließ vor den Menschen. Es führte die, die auf der Erde wohnen, durch die Kraft der Zeichen, die ihm gegeben wurden, in die Irre. Es sagte denen, die auf der Erde wohnen, sie sollten dem Tier, das die Schwertwunde hatte und wieder lebte, ein Bild machen.
Und es wurde ihm gegeben, dem Bild des Tieres Geist zu verleihen, damit das Bild auch spreche und bewirke, dass getötet würden, wer dem Bild des Tieres nicht huldigte.
Es geschah mit dem Ziel, dass allen – den Kleinen und den Großen, den Reichen und den Armen, den Freien und den Knechten – ein Malzeichen auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn gegeben wurde. Niemand konnte kaufen oder verkaufen, wenn er nicht das Malzeichen hatte, entweder den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.
Hier ist Weisheit gefragt: Wer Verstand hat, berechne die Zahl des Tieres! Denn sie ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist 666.“
Dieser Abschnitt ist sehr bekannt, wahrscheinlich der bekannteste aus dem ganzen Buch der Offenbarung. Wahrscheinlich wurde er am meisten darüber gepredigt und es wurden viele Bücher darüber geschrieben.
Für uns ist es wichtig, uns in die Leser hineinzuversetzen, die diesen Text damals gelesen haben. Sie werden hier direkt angesprochen – ist das aufgefallen? Die Leser des Briefes im ersten Jahrhundert werden direkt aufgefordert: Wer Weisheit hat, soll berechnen.
Das ist eine Aufforderung an die damaligen Leser, die Zahl des Tieres zu berechnen – und zwar diejenigen, die Weisheit besitzen. Wenn sie also aufgefordert wurden zu berechnen, dann müssen wir davon ausgehen, dass es damals irgendwie möglich war, diese Zahl zu berechnen.
Verbindung zu Daniel und das römische Reich
Bevor wir uns Gedanken über die Zahl des Tieres machen, sollten wir nicht vergessen, dass die Kapitel zwölf bis vierzehn den beschriebenen Kampf behandeln. Dies wurde bereits im Kleinen angesprochen, nämlich in Kapitel elf, Vers sieben. Dort heißt es, dass das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, Krieg gegen die Heiligen führen, sie überwinden und töten wird.
Von diesem Tier lesen wir hier in Kapitel 13. Es steigt aus dem Meer auf – das Meer steht hier wieder symbolisch für den Abgrund, die Tiefe. Dieses Tier kommt also aus der Tiefe hervor. Gestern haben wir bereits erkannt, dass dieses Tier mit den Tieren aus Daniel Kapitel 7 zusammenhängt. Johannes oder der Engel, der ihm diese Vision zeigte, macht hier eine Anspielung auf die Tiere aus Daniel 7.
Das Bild ist nicht in allen Details genau dasselbe wie in Daniel 7. Oft sind Visionen nicht haargenau identisch, aber im Großen und Ganzen erkennt man, dass es um dieselbe Sache geht. Diese Tiere symbolisieren Weltmächte. Das vierte Tier vereint die anderen drei, die vor ihm waren. Dieses vierte Tier entspricht dem Römischen Reich.
Wenn wir uns in die damaligen Leser dieses Buches hineinversetzen, die diesen Brief erhielten, war ihnen das ganz sicher klar: Das ist das Weltreich, das jetzt herrscht – dieses Tier. Es hat sieben Köpfe und zehn Hörner. Es vereint die Köpfe der Vision aus Daniel 7, also alle Köpfe, und alle Hörner aus Daniel 7 auf sich.
Sieben Köpfe und zehn Hörner – genauso wie der Drache, der ebenfalls sieben Köpfe und zehn Hörner hat. Man erkennt hier, dass das Tier ein Mitarbeiter des Drachen ist. Der Drache steht hinter dem Tier. Dem Tier wurde Vollmacht gegeben, zu herrschen und zu walten – und zwar für vierundvierzig Monate.
Wir haben bereits entdeckt, dass es sich bei diesem Zeitraum um eine symbolische Zeit handelt. Sie soll an das Alte Testament erinnern und eine Assoziation hervorrufen: die große Drangsal des Gottesvolkes im Alten Testament. Hier handelt es sich um die große Drangsal des Gottesvolkes im Neuen Testament.
Dieses Tier, also das römische Tier mit seinen Köpfen, birgt ein Geheimnis, das uns nicht offenbart wird: Einer seiner Köpfe war wie zu Tode geschlagen. Dies wird in Vers 3 und noch einmal in Vers 14 erwähnt. Das Tier hat eine Schwerwunde erlitten, wurde aber wieder lebendig.
Es sah so aus, als sei das Tier getötet worden, als sei es tot. Doch hier ist es wieder.
Das zweite Tier als Helfer und Falschprophet
Dieses wiederbelebte Tier hat hier noch einen Helfershelfer. Dieser Helfershelfer ist das andere Tier, das zweite Tier, das aus der Erde kommt. Das eine Tier kommt aus dem Meer, das andere aus dem Land.
Man könnte hier eine Parallele ziehen zu den zwei großen furchterregenden Tieren im Buch Hiob. Dort gibt es auch zwei ungewöhnliche, grässliche Tiere: Der eine heißt Leviathan und kommt aus dem Meer, der andere heißt Behemoth und kommt aus dem Land. Das erinnert an die Tiere hier.
Was wir hier lernen, ist, dass dieses zweite Tier, das aus dem Land kommt, zwei Hörner hat und wie ein Lamm aussieht. Das ist interessant: Es sieht aus wie ein Lamm. Das Lamm, von dem wir zuvor gelesen haben, ist ein Bild für das Passahlamm, Jesus Christus. Dieses Tier hier scheint das Lamm, das Passahlamm Jesus Christus, nachahmen zu wollen. Es hat zwei Hörner wie ein Lamm, aber es redet wie ein Drache. Mit dem Reden kann es nicht nachahmen, wohl aber mit dem äußeren Erscheinungsbild.
Später wird dieses Tier als Falschprophet bezeichnet. In Kapitel 19 wird auf dieses Tier Bezug genommen und es wird dort Falschprophet genannt. Hier sehen wir also ein anderes Tier in dieser Vision. Es handelt sich um ein Tier, das ein Falschprophet ist. Ein Tier kann also auch falsch prophezeien. Dieses Tier kann nämlich sprechen.
Ob es sich bei diesem Tier um eine Einzelperson handelt oder nicht, wissen wir nicht. Beim anderen Tier waren wir uns auch nicht sicher, ob es eine Einzelperson oder ein Weltreich ist. Zuerst bleibt das Tier aus dem Meer ganz sicher ein Weltreich. Das zweite Tier, das Landtier, könnte auch eine Gruppe sein und muss nicht unbedingt eine Einzelperson darstellen. Wir müssen das erst noch herausfinden.
Dieses zweite Tier übt die Allvollmacht des ersten Tieres vor ihm aus. Es veranlasst, dass die Erde, also die Erdbewohner, das erste Tier anbeten. Es ist wie ein Propagandaminister oder eine Propagandamaschine, die dafür sorgt, dass die Anbetung des ersten Tieres funktioniert und organisiert wird. Es organisiert also die Anbetung des Tieres, dessen Todeswunde geheilt wurde.
Die Wunderzeichen und das Bild des Tieres
Es ist ähnlich wie bei den zwei Zeugen. Die zwei Zeugen in Kapitel elf konnten nämlich auch Feuer vom Himmel fallen lassen, und dieses Tier kann ebenfalls Feuer vom Himmel fallen lassen.
In Vers 13 wird ein großes Zeichen beschrieben: Feuer kommt aus dem Himmel auf die Erde nieder, vor den Menschen. Hier haben wir also, wie das große Lamm – das wirkliche Lamm – und seine Zeugen, seine Krieger, so hat das Tier seinen Propheten.
Wie die anderen zwei Zeugen Propheten waren, so ist dieses andere Tier auch ein Prophet, aber ein Falschprophet. Die zwei Zeugen ließen Feuer vom Himmel fallen, wie wir im Kapitel 11 gelesen haben. Im Vers 5 heißt es: Wenn jemand ihnen Schaden zufügen will, geht Feuer aus ihrem Mund hervor und verzehrt ihre Feinde. Also kommt das Feuer aus ihrem Mund heraus.
Dieses Tier kann genau das gleiche Zeichen tun. Es ahmt die Heiligen nach. Dieses Tier handelt im Namen des ersten Tieres oder für das erste Tier, damit die Anbetung des ersten Tieres geschieht. Genau wie die richtigen Propheten, die zwei guten Propheten, Gott die Ehre geben, so will dieses Tier, dass dem Biest die Ehre gegeben wird – dem Land, dem Meerestier, dem Weltreich.
Die Wunderzeichen sind dazu da, ihre Prophetenrolle zu bestätigen. Jetzt wird ihre Falschprophetie durch Zeichen und Wunder aus dem Himmel bestätigt. Damit leitet es die Menschen, die auf der Erde wohnen, in die Irre. Das Ziel ist, eine Lüge zu verbreiten und Menschen in die Irre zu führen. Diese Kraft liegt in den Zeichen, die vor dem Tier getan wurden.
Es wird denen gesagt, die auf der Erde wohnen, sie sollen dem Tier, das die Schwertwunde hat, ein Bild machen. Jetzt kommt das Bild ins Spiel: Im Gebot heißt es, man soll sich kein Bildnis machen. Doch hier wird ein Bild von dem Tier gemacht, also ein Standbild. So wie der römische Kaiser tatsächlich überall Standbilder von sich aufstellen ließ. Im ganzen Römischen Reich gab es Standbilder des Kaisers.
Dieses Bild soll angebetet werden. Es wurde dem Bild sogar Geist verliehen, damit das Bild des Tieres auch sprechen kann. Nun vollbringt es Zauberkunststücke, ähnlich wie die Zauberer bei den Plagen von Mose, die ebenfalls Zauberkunststücke zeigten.
Es bewirkt, dass Menschen getötet werden, wenn sie das Bild des Tieres nicht anbeten. So viele wurden getötet, weil sie das Bild nicht anbeteten.
Das ist die Vision, und wir müssen sie wortwörtlich so stehen lassen, wie sie ist. Die Übertragung ist viel schwieriger. Wie soll das Bild übertragen werden? Hier bleiben die Geister und vor allem die Details ein wenig im Dunkeln, weil wir keine weiteren Erklärungen bekommen und uns kaum etwas gesagt wird.
Das erste Tier als Weltreich und der Kaiser als Repräsentant
Etwas wissen wir: Das erste Tier ist ein Weltreich. Dieses erste Tier soll angebetet werden und hat eine Zahl, die auch eine Menschenzahl ist. Die Anbetung des Weltreichstieres geschieht durch einen Menschen. Das kann wohl nur der Oberste dieses Weltreiches sein, also der Herrscher. In diesem Fall war es der römische Kaiser, der gerade regierte.
Für die Christen der damaligen Zeit war das wahrscheinlich leichter zu verstehen als für uns heute. Versuchen wir uns einmal in die damalige christliche Zeit hineinzuversetzen: Sie konnten durchaus erkennen, wer dieses Tier war. Das Tier war ziemlich eindeutig – das Römische Reich, vertreten durch den jeweiligen Repräsentanten, den Kaiser.
Das andere Tier hingegen muss nicht unbedingt eine Einzelperson gewesen sein. Es könnte einfach die Maschinerie gewesen sein, die dafür zuständig war, dass dem Kaiser Opfer und Anbetung dargebracht wurden. Denn der Kaiser verlangte einen Opferkult. Er forderte, dass seine Statuen angebetet werden und Opfer dargebracht werden. Diese Opfer wurden eigentlich nicht dem Kaiser selbst gebracht, sondern den römischen Göttern, die hinter dem Kaiser standen.
Dieses Bild lässt sich zeitgeschichtlich einordnen, also aus der damaligen Zeit heraus. Für die ersten Leser war das noch nachvollziehbar. Man könnte einwenden, dass die Standbilder ja nicht sprechen konnten. Natürlich sprechen sie auch heute nicht. Standbilder können nicht sprechen. Manche haben vermutet, es könnte sich um eine Art Hologramm handeln, bei dem jemand mit Laserprojektionen dargestellt wird und dann sprechen kann. Aber das sei dahingestellt.
Wenn man bedenkt, dass heute ein Laptop Bilder anzeigen kann, kann man sich vorstellen, dass Bilder zu einer Art „Sprache“ werden könnten. Die Frage ist für uns natürlich: Was bedeutet diese Vision? In dieser Vision sprechen die Bilder. Für uns ist unklar, was die ersten Christen damals verstehen sollten und was wir heute verstehen sollen.
Eine zeitgeschichtliche Interpretation könnte sein, dass die Christen im ersten Jahrhundert sich Folgendes vorstellten: Johannes beschreibt den Kaiser, der göttliche Anbetung verlangt, dargestellt durch die Statuen, die überall aufgestellt wurden. Diese Statuen sind die Bilder.
Es gab Priester, nämlich römische Priester, die vom Kaiser angestellt wurden, damit der Kaisergottesdienst oder die Anbetung des Kaisers gefördert wird. Das gesamte Priestertum der römischen Priesterschaft könnte gemeint sein. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht, aber ich möchte es einfach einmal so darstellen.
Sicher ist, dass hier etwas ausgedrückt werden soll. Das Bild soll zeigen, dass es eine Parallele gibt zu dem, was wir bei den zwei Zeugen gesehen haben – also eine Gegenanbetung.
Das zweite Tier zeichnet sich dadurch aus, dass es mit einem Malzeichen versehen ist. Es gibt dem Menschen ein Malzeichen auf die rechte Hand oder auf die Stirn.
Das Mahlzeichen als Gegenbild zum Gebot Gottes
Wenn man das Alte Testament durchliest, fällt auf, dass es dort ebenfalls ein Malzeichen auf die rechte Hand oder auf die Stirn gibt. Dabei handelt es sich um ein positives Malzeichen. Es ist ein gutes Zeichen, das man sich auf die Hand oder auf die Stirn tut. Dieses Malzeichen hängt mit den Geboten zusammen. Wir kommen dem Thema also schon näher.
Die göttlichen Gebote sollte man sich genau an die Hand binden und auf die Stirn legen. Das steht in 2. Mose 13, Vers 9, wo es heißt: „Es sei dir ein Zeichen auf deiner Hand und ein Gedenkzeichen zwischen deinen Augen, damit das Gesetz des Herrn in deinem Munde sei, denn mit starker Hand hat dich der Herr aus Ägypten herausgeführt.“ Noch einmal in Vers 16 heißt es: „Da sei dir ein Zeichen auf deiner Hand und ein Merkzeichen zwischen deinen Augen.“
Das Wort Gottes gehört also auf die Hand und zwischen die Augen, also auf die Stirn, um sich daran zu erinnern. Dieses Gebot soll das Denken und das Tun des Menschen prägen.
Demgegenüber steht jedoch ein Gegenbild: Das falsche Propheten-Tier will, dass die Menschen ein Malzeichen auf die Stirn oder auf die rechte Hand bekommen. Dieses Malzeichen des Tieres erinnert nicht an das Wort Gottes, sondern es soll das Denken oder die Hand vom Tier prägen. Die Zahl dieses Malzeichens ist der Name oder die Zahl des Tieres.
Damals war es fast wie ein Spiel, heute kennen wir das nicht mehr. Man konnte einen Namen auch in Form von Zahlen ausdrücken, denn die hebräischen und auch die griechischen Buchstaben konnten als Zahlen verwendet werden. So steht A für eins, B für zwei, C für drei und so weiter. Wenn man also einen Namen hatte, konnte man die Buchstaben zählen und so zu einer Zahl kommen. Zum Beispiel hat das hebräische Wort JHWH (Jahwe) den Zahlenwert 26: J = 10, H = 5, W = 6 und H = 5. Zusammen ergibt das 26.
Jesus hat nach dem griechischen Alphabet die Zahl 888, wenn man die Buchstaben zusammenzählt. Das Tier hingegen hat die Zahl 666. Wenn man die Buchstaben zusammenzählt, erhält man diese Zahl. Welche Buchstaben das genau sind, muss man herausfinden.
Für die Christen damals galt: „Wer Weisheit hat, der soll sie bitte berechnen.“ Wir können uns also in die damaligen Christen hineinversetzen und überlegen, wie sie rechnen konnten.
Es gibt tatsächlich eine Rechnung, die sehr einfach ist, wenn man an den berühmtesten römischen Kaiser denkt, der vielleicht gerade zur Zeit der Offenbarung gestorben war: Kaiser Nero. Manche meinen, die Offenbarung wurde knapp vor dem Jahr 70 nach Christus geschrieben, andere datieren sie auf die späten 90er Jahre. Wir nehmen hier die erste Theorie an.
Kaiser Nero starb im Jahr 68 nach Christus. Er beging Selbstmord, nachdem er zuvor seine Mutter hatte töten lassen. Er war ein schrecklicher Kaiser und wurde auch das Biest genannt. Es gibt zahlreiche Legenden um ihn. Einige sagen, er werde wieder auferstehen – die sogenannte „Wiederauferstehung des Nero“. Es heißt, er werde mit einem großen Heer am Euphrat gegen das Römische Reich ziehen und die Herrschaft an sich reißen.
Diese Legenden entstanden allerdings erst nach seinem Tod. Wenn die Offenbarung um diese Zeit geschrieben wurde, dann ergibt der Name „Kaiser Nero“ in hebräischen Buchstaben tatsächlich die Zahl 666. Die Bezeichnung lautet „Kesaneron“ oder „Caesar Neron“. Alle Kaiser hießen Caesar.
Es gibt sogar eine Handschrift, den Codex Ephraemi Rescriptus aus dem 5. Jahrhundert, in der statt 666 die Zahl 616 steht. Das hat einige stutzig gemacht. Tatsächlich gibt es Handschriften, die 616 schreiben. Wenn man das Schluss-N in „Caesar Neron“ weglässt, also „Caesar Nero“, ergibt sich der Wert 616. Das N hat den Zahlenwert 50, also 666 minus 50 ergibt 616.
Viele vermuten daher, dass die Botschaft darin besteht, dass der damalige Kaiser Nero als Repräsentant des Tieres gemeint ist. Das mag sein, wir wissen es nicht genau. Dennoch möchte ich diese Möglichkeit aufzeigen.
Heute gibt es viele, die meinen, das beziehe sich auf einen anderen Herrscher, der erst in der Zukunft kommen werde, den man Antichrist oder „den Menschen der Sünde“ nennt (vgl. 2. Thessalonicher 2). Das wissen wir nicht sicher.
Wir wollen uns nun in die Christen der damaligen Zeit hineinversetzen, die die Offenbarung lasen. Wenn sie aufgefordert wurden, die Zahl zu berechnen, dann konnten sie das so tun, dass „Kaiser Nero“ herauskam. Nero selbst ergab nicht direkt 666, aber mit dem Titel „Caesar“ schon.
Das ist die Vision: Es wird beschrieben, dass dieses andere Tier Wunder tut. Auch die Propheten vollbringen Wunder, wie die zwei Zeugen aus Offenbarung 11. In der Vision wird auch gezeigt, dass Standbilder sprechen können. Wir sollten vorsichtig sein, eine Vision nicht eins zu eins zu interpretieren.
Viele Ausleger haben das getan und die Offenbarung als Voraussage konkreter historischer Ereignisse verstanden. Doch wichtiger ist, was hier ausgesagt wird, als wer genau das Tier ist.
Es wird deutlich, dass hier eine Gegendarstellung zu Jesus Christus und seinen Propheten vorliegt. Der Drache dahinter ist ein Geist. Es gibt eine unheilige Dreieinheit: den Drachen, das Tier und das zweite Tier. Sie handeln alle mit der Kraft des Drachen.
Das zweite Tier sorgt dafür, dass das erste Tier alle Ehre bekommt. So wie die Zeugen Christi darauf achten, dass Christus alle Ehre erhält. Gott sagt: „Du sollst kein Bildnis machen.“ Das zweite Tier macht bewusst ein Bildnis.
Was wird hier ausgeprägt? Es geht um den großen Kampf. Es gibt zwei Seiten. Wie ein Vorhang wird uns gezeigt, wie dieser Kampf verläuft. Er dauert nicht nur wenige Jahre oder 42 Monate, sondern viel länger. Die 42 Monate sind ein Symbol.
Der Kampf dauert die ganze Zeit des Gottesvolkes. Für die damalige Zeit war das die Zeit, in der die Offenbarung entstand. Für heute kann man das übertragen, denn das Tier hört letztlich nicht auf.
Dennoch wird den Christen damals beschrieben, dass Jesus bald kommen werde und die Zeit nahe sei. Es ist nur noch eine kurze Zeit.
In Offenbarung 17, Vers 9 heißt es: „Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt, und die sieben Könige.“ Fünf sind gefallen: Octavian, Tiberius, Caligula, Claudius und Nero. Nero war der fünfte.
Fünf sind gefallen. Der eine ist noch da. Das war im Jahr 69 nach Christus, dem sogenannten Vierkaiserjahr. In diesem Jahr herrschte großes Chaos in Rom. Man wusste nicht, ob das Römische Reich überleben würde. Das Tier schien zu sterben.
Mit dem Tod Neros endete die Dynastie der Julisch-Claudischen Kaiser. Danach begann die flavische Dynastie. Die vorherige Dynastie war die der Julisch-Claudischen, zu der Nero gehörte.
In diesem Wirrenjahr waren Galba, Otho und Vitellius Soldatenkaiser, aber keiner von ihnen blieb länger als drei Monate an der Macht. Galba war der Erste, er kam Ende 68 nach Neros Tod an die Macht, gefolgt von Otho und Vitellius.
Währenddessen war Vespasian ein großer Feldherr. Er führte die römischen Heere im Jüdischen Krieg, der etwa 66 begann und bis 70 beziehungsweise 73 dauerte, bis alle Reste besiegt waren.
Vespasian hatte mehrere Legionen in Judäa und schlug alles nieder. Die Städte wurden zerstört, doch Jerusalem hielt stand. Die Verteidiger kämpften bis aufs Blut.
Die Römer waren sehr zornig. Anfang 69 erhielt Vespasian Nachrichten aus Rom, dass viele Anhänger ihn zum Kaiser machen wollten. Die drei Soldatenkaiser waren gefallen, und nun sollte er die Operation in Jerusalem abbrechen und nach Rom zurückkehren, um die Kaiserkrone anzunehmen.
Das tat er auch. Er wurde Kaiser und herrschte von 69 bis 79, also etwa zehn Jahre.
Sein Sohn Titus, ebenfalls Feldherr, übernahm die Operation in Jerusalem. Er eroberte die Stadt und zerstörte sie vollständig. Allein in Jerusalem starben etwa eine Million Menschen, und hunderttausend wurden in die Sklaverei verkauft. Sklaven waren damals billig zu haben.
Titus wurde nach Vespasian Kaiser. Das war die flavische Dynastie, bestehend aus Vespasian, Titus und dem zweiten Sohn Domitian.
Titus war nur zwei Jahre Kaiser, von 79 bis 81. Domitian, sein Bruder, wurde danach Kaiser und herrschte etwa siebzehn Jahre.
Man dachte, das Tier sei tot, die tödliche Schwertwunde wirklich tödlich. Doch als Vespasian kam, erwachte das römische Kaiserreich zu neuer Stärke. Er brachte Ordnung und das Reich wurde stärker als je zuvor.
Es ist also möglich, dass hier ein Bezug auf die Schwertwunde des Tieres genommen wird. Das Tier wird an einem Kopf getroffen, und dieser Kopf könnte Nero gewesen sein.
Die Zahl 666 würde ebenso auf Nero hindeuten – als Symbol für das Tier und seinen Namen.
Antichrist und Falschpropheten
Lassen Sie mich nur kurz fragen: Wie war das Tier mit der Zahl 666 eigentlich immer dargestellt? Diese Zahl gilt als die Zahl des Antichristen, aber man kann das nicht einfach so sagen. Nun, ich sage ja und nein. Johannes sagt zu seiner Zeit: „Ihr habt gehört, dass der Antichrist kommt.“ Und er fügt hinzu: „Es sind schon viele Antichristen gekommen.“ Der Antichrist hat viele Antichristen. Schon im ersten Jahrhundert gab es Antichristen.
In gewissem Sinn waren auch diese Tiere Antichristen. Sie waren gegen Christus und gegen die Christen gerichtet und haben auch tatsächlich gehandelt. Vielleicht war sogar das zweite Tier noch mehr ein Antichrist als das erste Tier.
Das Wort „Antichrist“ gibt es nur im ersten und zweiten Johannesbrief; es kommt sonst nirgends in der Bibel vor. Es erscheint nur an drei Stellen: 1. Johannes 2,18; 1. Johannes 4,3; und 2. Johannes 1,7.
In diesen Versen ist immer deutlich die Rede davon, dass dieser Antichrist ein falscher Prophet ist. Man soll die Geister prüfen, denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen. Jeder Geist, der nicht bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, stammt vom Geist des Antichristen. Es handelt sich also um einen Geist der Falschprophetie, den Geist des Antichristen.
Daher könnte man den Begriff „Falschprophet“ auch auf diesen Antichristen anwenden. Aber es gibt viele Antichristen, und es werden immer mehr. Dieses Steigern kulminiert in einem letzten Antichristen. Wenn ich Paulus richtig verstehe, ist der „Mensch der Sünde“ der letzte und schlimmste Antichrist.
In der Offenbarung selbst ist jedoch nur ein Bild dargestellt. Wir müssen vorsichtig sein, nicht zu viel hineinzuinterpretieren, insbesondere keine historische oder zukünftige Geschichtsschreibung. Damals, als die Menschen in Kleinasien diese Briefe erhielten, wussten sie genau, was das Bild des Kaisers bedeutete.
In all diesen Städten wie Pergamon standen Statuen des Kaisers und der römischen Götter. Dort waren Priester, die dafür sorgten, dass Opfer dargebracht wurden – Opfer zu Ehren des Kaisers und der Götter. Der Kaiser ließ sich auch als Gott bezeichnen. Zumindest bei Domitian weiß man mit Sicherheit, dass er sich als Gott und Herr titulieren ließ.
Für die Gläubigen war das jedoch eine große Schwierigkeit. Sie nahmen nicht an diesem Kult teil und wurden deshalb benachteiligt und in große Not gebracht. Viele wurden sogar getötet. Nero und Rom ließen Christen töten, später auch Domitian.
Diese Verfolgungen standen in Verbindung mit dem Kaiserkult. Wir können hier nichts mit absoluter Sicherheit sagen, denn es gibt gewisse Unsicherheiten. Einerseits ist das Ganze zeitgeschichtlich zu verstehen, andererseits wissen wir, dass es in der weiteren Geschichte immer so gewesen ist.
Es gab immer ein „Tier“ und immer Propaganda für dieses „Tier“. Auch die katholische Kirche hat später mit Kaisern zusammengearbeitet. Die Kirche war in gewisser Weise ein Falschprophet für den Kaiser. Der Papst fungierte als eine Art Falschprophet für den Kaiser.
Manchmal standen Kirche und Krone in Opposition, oft arbeiteten sie jedoch zusammen. Kirche und Krone gingen in der Geschichte Europas häufig Hand in Hand.
Die Gefahr besteht heute darin, dass man beim Lesen der Offenbarung aktuelle Zeitungsberichte oder Zustände des 20. Jahrhunderts darauf projiziert. Wenn das 20. Jahrhundert vorbei ist, wird versucht, Zustände des 21. Jahrhunderts auf die Offenbarung zu übertragen. Und wenn diese Zeit vorüber ist, nimmt man wieder das 20. Jahrhundert oder die Zeit Luthers, um die Offenbarung zu interpretieren.
Luther war überzeugt, dass der Papst das Ziel der Offenbarung ist. Jede Generation läuft Gefahr, ihre politische und religiöse Situation in die Offenbarung hineinzulesen.
Wichtiger für uns ist jedoch, die großen Gedanken zu erkennen. Diese sind beständig: Es gibt immer ein „Tier“ und immer eine Bedrohung für die Christen, bis der Herr Jesus wiederkommt.
Damals war das Ganze ganz eindeutig mit der Ehrung des Kaisers verbunden, und die Nachfolger litten darunter über viele Jahre hinweg.
Also, nur mal so viel.
Die Gegenüberstellung der Gläubigen und des Tieres
Für uns ist es wichtig, die Gegenüberstellung zu sehen. In Offenbarung Kapitel 14, Vers 1 heißt es: Ich sah, und siehe, ein Lamm stand auf dem Berg Zion, und mit ihm waren 144.000, die den Namen seines Vaters auf ihren Stirnen geschrieben hatten.
Das ist eindeutig eine Gegenüberstellung zum Malzeichen. Die einen tragen an der Stirn den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Die anderen hingegen haben den Namen des Vaters an ihrer Stirn geschrieben.
Es handelt sich nicht um eine Zahl. Gott ist gegen Zahlen; wir sind mehr als Zahlen, wir sind Namen. Gott selbst hat einen Namen und nicht einfach eine Zahl. Das Tier dagegen hat eine Zahl, die als Name dient.
Wir sehen hier die Anhänger des Lammes, die auf dem Berg Zion stehen. Sie tragen den Namen des Vaters auf ihren Stirnen. Wir haben bereits herausgearbeitet, dass dies die Versiegelung ist. Das Siegel an den Stirnen ist der Name des Vaters, den sie dort erhalten haben.
Diese sind diejenigen, die jetzt mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen – dem Zionsberg in der Vision, einem himmlischen Zion. Er sieht den Zionsberg und das Lamm dort stehen.
Das ist die andere Seite. Dort war der Drache, das Tier und der falsche Prophet. Hier jedoch steht das Lamm mit den 144.000 Versiegelten, den Gläubigen, den Überwindern des Tieres.
Sie haben sich nicht mit dem Malzeichen des Tieres an der Stirn kennzeichnen lassen, sondern mit dem Namen Gottes. Und zwar durch das Überwinden. Gerade durch das Überwinden sind sie zu solchen geworden, die an der Stirn mit dem Namen des Vaters beschrieben sind.
Die Diskussion darüber, was das Malzeichen ist – ob es ein Chip ist oder ob man es mit Kugelschreiber schreibt – ist dabei nicht wichtig. Ich frage dann immer: Wie ist denn der Name des Vaters an die Stirn dieser Menschen gekommen? Mit Kugelschreiber oder mit Chip?
Es geht doch nicht darum, wie es geschieht, sondern was hier ausgesagt wird.
Die Reinheit und Treue der Überwinder
Vers 2: Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel, die dem Rauschen vieler Wasser und dem Rollen eines großen, lauten Donners glich. Gleichzeitig hörte ich den Klang von Harfenspielern, die auf ihren Harfen spielten.
Musik erklingt, und sie singen ein neues Lied vor dem Thron, vor den vier lebenden Wesen. Hier wird die Verbindung zu Kapitel 4, dem Thronsaal, deutlich. Wir werden erneut an den Thronsaal erinnert. Dort singen diese Überwinder über das Tier ein Lied vor dem Thron, vor den vier lebenden Wesen und den Ältesten. Niemand konnte das Lied lernen außer den 144.000, die von der Erde erkauft sind.
Diese sind mit dem Blut Jesu Christi erkauft. Sie haben das angenommen, was Jesus für sie getan hat. Nun sind sie die Schar Gottes, das Heer Israels. Die Heiden sind eingepfropft, doch sie bilden das israelitische Heer. Die Zahl ist vollkommen: 144.000, zwölf mal zwölftausend – eine vollkommene Zahl. Zwölf steht für Vollkommenheit, tausend für Vielheit.
Hier haben wir also ein vollkommenes Heer, genau abgezählt, und keiner fehlt, nicht ein einziger. Gott hat sie alle durchgebracht. Sie stehen jetzt vor dem Thron und singen das Erlösungslied. Erlösungslieder können nur Erlöste singen. Engel können kein Erlösungslied singen, denn sie sind nicht erlöst, sondern erkauft. Diese hier sind die Einzigen, die erlöst sind.
Niemand, weder Engel noch die vier lebenden Wesen, stimmt in das Lied ein. Nur die 144.000 Erlösten können dieses Lied singen, weil sie die einzigen Erlösten sind. Diese sind es, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich. Hier werden wir an die Soldaten Israels erinnert, die in den Krieg ziehen müssen – Männer.
Es geht also um Männer. Es steht außerdem, dass sie nicht befleckt sind. Diese Soldaten sind zugleich ein Opfer, denn sie haben ihr Leben als Opfer gegeben und sind dem Lamm nachgefolgt, wohin es auch ging. Der Islam ging in den Tod, und sie gingen ebenfalls in den Tod, wie wir in Kapitel 7 bereits gesehen haben.
Diese 144.000 sind also Märtyrer. Ihr Opfertod wird als Opfer betrachtet. Hier wird Opfersprache verwendet: Sie sind unbefleckt. In ihrem Munde wurde kein Falsch gefunden, denn sie sind ohne Tadel, wie ein Opfer, das Gott gebracht wird, ohne Tadel sein muss. Nun stehen sie vor dem Thron Gottes.
Zur kultischen Reinheit gehört, dass man sich nicht mit Frauen befleckt. Im Mosebuch steht, dass die Befleckung mit Frauen als Unreinheit gilt. Es ist in 5. Mose 21,21-24 erwähnt, wobei die genaue Stelle hier etwas unklar ist. Wichtig ist: Die Ehe gilt nach Gottes Wort nicht als Befleckung mit Frauen. Sie sind jungfräulich, also keusch und unbefleckt.
Denken wir an 2. Mose und 3. Mose: Wenn die Israeliten vor Gott treten, müssen sie kultisch rein sein. Es heißt, dass niemand sich den Frauen nähern soll. Der Samenerguss verunreinigt den Mann kultisch, sodass er an diesem Tag nicht opfern darf. Er muss sich baden, und Wasser gilt bis zum Abend als unrein. Das steht in 3. Mose 15, und auch in 2. Mose 19 ist davon die Rede.
Als die Soldaten zu David kamen, um das Brot zu essen, sagte der Priester, wenn sie sich nur von Frauen enthalten hätten, dürften sie essen. Frauen sind ihnen schon seit Tagen verwehrt. So sind sie kultisch rein und dürfen essen. Das steht in 1. Samuel 21, und auch in 2. Mose 19,15 ist zu lesen: "Am dritten Tag nähert euch keiner einer Frau."
Diese Jungfräulichkeit und Unbeflecktheit sind natürlich nicht buchstäblich im Sinne von Eheverbot zu verstehen, sondern beziehen sich auf kultische Reinheit. Jungfräulich bedeutet hier kultisch unbefleckt. Sie sind ohne Tadel, und in ihrem Munde wurde kein Falsch gefunden. Sie stehen ohne Tadel vor dem Thron Gottes, im Gegensatz zum falschen Propheten, der viel Falschheit und Lüge verbreitet hat (Kapitel 13).
Hier wird eine klare Gegenüberstellung zum falschen Propheten, dem zweiten Tier, gemacht. Diese Schar aber ist von der Erde erkauft, nicht befleckt, und gehört ganz Gott. Sie sind eine Soldatenschar, die dem Lamm überallhin nachfolgt. Sie wurden als Erstlinge aus den Menschen erkauft, Gott und dem Lamm geweiht. Sie sind die Erstlingsfrucht, das Beste gehört Gott.
So heißt es auch im Hebräerbrief: Jesus ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern. Diese 144.000 sind die Erstlingsfrucht, die Gott gehört. In ihrem Munde wird kein Falsch gefunden, so wie auch im Lamm kein Falsch gefunden wurde. Jesus Christus, der Herr, war ohne Tadel (1. Petrus 2). Er tat keine Sünde, und in seinem Munde wurde kein Falsch gefunden.
Petrus schreibt in 1. Petrus 2,23: "Als er geschmäht wurde, schmähte er nicht; als er litt, drohte er nicht, sondern übergab sich dem, der gerecht richtet." Jesus ist das Opfer ohne Fehl. Diese 144.000 haben sich ebenso geopfert, als treue Zeugen, so wie Christus der treue Zeuge war. Nun stehen sie vor Gott.
Hier sehen wir die andere Seite, die für Gläubige sehr wichtig ist: Sie bekommen einen Blick in die Zukunft. Der Aufruf lautet, treu im Zeugnis zu bleiben. Wer sind eigentlich die Überwinder? In Kapitel 13 heißt es, das Tier habe die Heiligen überwunden (Kapitel 13, Vers 7). Das Tier wurde ermächtigt, Krieg zu führen und die Heiligen zu überwinden.
Man könnte denken, die Heiligen seien Verlierer. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Die Heiligen sind auch Überwinder, wie wir in Kapitel 15, Vers 2 sehen. Dort stehen sie als Überwinder über das Tier, sein Bild und das Malzeichen. Sie haben sich weder von der Zahl des Tieres noch von seinem Namen prägen lassen.
Wenn wir mit diesen Visionen zu tun haben, dürfen wir sie nicht eins zu eins nehmen, sondern müssen schauen, was ausgesagt wird. Das Malzeichen des Tieres steht für eine Prägung des Denkens und Handelns. Ich habe manchmal Angst, dass Christen sich heute zu sehr auf das Physische konzentrieren und nur sagen: "Nimm nicht den Chip!" Dabei merken sie nicht, dass sie in ihrem Denken schon Gefahr laufen, sich vom Tier prägen zu lassen.
Es geht nicht nur um ein physisches Malzeichen, wie es bei den Juden war, sondern um das Denken und Handeln. Manche Christen erwarten, dass das Malzeichen erst noch kommt, doch es ist vielleicht schon längst da. Die Drangsalzeit wird noch kommen, doch erleben viele Christen heute nicht schon eine Drangsalzeit?
In dieser Zeit wird die Entscheidung gefragt: Stelle ich mich dagegen oder nicht? Sage ich klar, was Sünde ist, oder schweige ich aus Angst vor Verfolgung? Bekenne ich mich zu Christus oder nicht? Das war nur eine kleine Anwendung für uns heute. Nun kehren wir zum Text zurück.
Sieben Szenen der Offenbarung
Nachdem er also diese Überwinderschar gesehen hatte – das ist natürlich die ganze Schar der Gläubigen, hier dargestellt mit 144, wie in Kapitel 7 –, sah ich in Vers 6 einen anderen himmlischen Boten.
Hier beginnt die nächste Szene. Übrigens haben wir auch hier sieben Szenen, wenn ich das kurz einflechten darf. Die erste Szene ist in Kapitel 12, das sind die Frau und das Tier, die Frau und der Drache. Die zweite Szene ist in Kapitel 13: „Und ich sah aus dem Meer das Meerestier“. Die dritte Szene ist fast in Kapitel 11: „Und ich sah ein anderes Tier“. Die vierte Szene ist in Kapitel 14, Vers 1: „Und ich sah ein Lamm stehen auf dem Westil“. Die fünfte Szene ist „Und ich sah einen anderen himmlischen Boten“ in Vers 6. Die sechste Szene ist dann wieder in Vers 14: „Und ich sah an dir eine weiße Wolke und den Menschensohn“. Die siebte Szene ist schließlich in Kapitel 15, Vers 1 und 2, wo er die sieben Engel mit den sieben Plagen sieht und die Überwinder auch vom Meer. Wieder gehören diese zusammen. Also haben wir sieben Szenen.
Hier, in Vers 6, heißt es: „Und ich sah einen anderen himmlischen Boten, der flog inmitten des Himmels. Er hatte ein ewiges gutes Evangelium, eine ewige gute Botschaft, um sie denen zu verkünden, die auf der Erde wohnen, jedem Volk, jedem Stamm, jeder Sprache und jeder Völkerschaft.“
„Ewig“ ist hier wahrscheinlich im Sinne von „weil die Botschaft ewig gültig ist und weil die Botschaft mit der Ewigkeit zu tun hat, weil die Botschaft von dem Ewigen kommt“. Diese Botschaft wird die ganze Zeit verkündigt. Es ist die Botschaft, die die Propheten und die zwei Zeugen Jesu bezeugen. Es ist die Botschaft der Heiligen, die hier im Bild von einem Engel verkündet wird. Aber das ist ein Bild.
Diese Botschaft gilt für jedes Volk, jeden Stamm, jede Sprache und jede Völkerschaft. Der vierfache Ausdruck der Völker hier betrifft also die ganze Welt, die ganze Völkerwelt. Mit lauter Stimme sagt er: „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre.“
Das ist genau die Botschaft, die wir in Kapitel 11 hatten – die Botschaft der zwei Zeugen: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Stunde seines Gerichtes ist gekommen. Das heißt, sie warnen vor der Stunde. Es fängt gleich das Gericht an, es ist ganz, ganz kurz, so gut wie da. Die Stunde ist gekommen.
Und betet den an, der den Himmel und die Erde gemacht hat, das Meer und die Wasserquellen, den Schöpfer, der die vier Himmelsteile gemacht hat – vier Teile: Himmel, Erde, Meer und Wasserquellen.
Ein anderer Bote folgte und sagte: „Sie fiel, sie fiel, Babylon, die große Stadt, weil sie mit dem Wein der Leidenschaft ihrer Hurerei alle Völker getränkt hat.“
Hier ist ein kurzer Blick, nur ein Vers, von Babylon. Hier kommt sie unvermittelt vor – die große Stadt Babylon. Nur hier erscheint sie in diesem Abschnitt, erst dann wieder in Kapitel 16. Mehr wird nicht gesagt. Sie ist gefallen, die Stadt.
Das würde auch ins erste Jahrhundert passen, denn Babylon, die Hure Babylon, wenn es sich auf Jerusalem bezieht, ist die große Stadt, wo der Herr Jesus gekreuzigt wurde (Kapitel 11, Vers 8). Die große Stadt, wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde, der Herr dieser Propheten, ist gefallen. Tatsächlich fiel sie unter Vespasian, als dieser Kaiser war.
Ein dritter Bote folgte ihnen und sagte mit lauter Stimme: „Wenn jemand dem Tier und seinem Werk willgehuldigt und ein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, wird auch er von dem Wein des Grimms des Gottes trinken, der vermischt in den Becher seines Zorns eingeschenkt ist.“
Übrigens: Das Malzeichen muss man annehmen. Es wird einem nicht einfach unfreiwillig aufgezwungen. Es ist ein bewusster Schritt, das Malzeichen anzunehmen.
Hier geht es also sehr wohl um eine bewusste Entscheidung. Wenn jemand dem Tier huldigt, wird er von den Weinen des Grimms Gottes trinken, dem Becher seines Zorns. Er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor dem Angesicht der heiligen Engel und des Lammes.
Schrecklich! Mir wird die andere Seite gezeigt: Entweder Märtyrertod oder ewiges Feuer. Wir haben gesehen, entweder wirst du getötet oder du kommst ins ewige Feuer. Gerade das Gegenteil – diese Wahl hatten damals die drei Freunde Daniels auch. Entweder anbeten oder ins Feuer. Sie waren bereit, ins Feuer hier zu gehen, weil sie nicht das Feuer dort wollten.
Feuer hier oder Feuer dort – das ist die Wahl. Dieses Feuer hier ist kurz, der Herr Jesus ist dabei. Das Feuer dort ist ewig. Der Rauch ihrer Qual steigt auf in alle Ewigkeit. Sie haben keine Pause, Tag und Nacht, die dem Tier und seinem Bild huldigen und das Malzeichen seines Namens annehmen.
Hier ist Ausdauer der Heiligkeit gefragt. Das heißt, hier ist Standhaftigkeit in der Heiligkeit gefragt. Jetzt weiß man, was es heißt, zu überwinden. Hier sind die, die die Gebote Gottes halten und den Glauben an Jesus bewahren.
Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel, die zu mir sagte: „Ich schreibe: Selig sind die Toten, nämlich die Getöteten, die im Herrn sterben von jetzt an.“ Im Herrn heißt das auch für den Herrn natürlich. Wir sind jetzt in Kapitel 14, Vers 13.
Ich höre eine Stimme: „Selig sind die Toten, die im Herrn sterben von jetzt an.“ Also jetzt wird geschlachtet. Ja, sagt der Geist, damit sie ruhen von ihren Arbeiten, von ihren Mühen. Aber ihre Werke begleiten sie, kommen ihnen nach – ihre Werke, ihre Treue bis zum Tod.
„Ich weiß deine Werke“, sagte er, „werde treu bis zum Tod.“ Ausdauer der Heiligen ist hier gefragt.
Die Ernte und das Gericht
Das war die fünfte Szene. Die sechste Szene ist die Gewichtsszene. Ich sah eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß jemand, der dem Sohn eines Menschen glich. Auf seinem Haupt trug er eine goldene Krone, in seiner Hand hielt er eine scharfe Sichel.
Ein anderer himmlischer Bote kam aus dem Tempelheiligtum hervor und rief mit lauter Stimme zu dem, der auf der Wolke saß: „Schicke deine Sichel aus und ernte, denn die Stunde der Ernte ist gekommen. Die Ernte der Erde ist reif und verdorrt.“
Der, der auf der Wolke saß, legte seine Sichel an die Erde, und die Erde wurde geerntet. Manche meinen, dies könnte ein positives Bild sein, dass es die Gläubigen sind, die er zu sich holt. Ich weiß es nicht. Mir scheint es eher negativ zu sein.
In Vers 17 kam ein weiterer Bote aus dem himmlischen Tempelheiligtum hervor. Auch er hatte eine scharfe Sichel. Ein anderer Bote, der Vollmacht über das Feuer hatte, kam aus dem Altar hervor. Er rief dem Boten mit der scharfen Sichel mit großem, lauten Ruf zu: „Schicke deine Sichel aus und ernte die Trauben der Erde, denn ihre Beeren sind reif.“
Der Bote legte seine Sichel an die Erde, erntete die Trauben vom Weinstock der Erde und warf sie in die große Kelter des Zorns Gottes. Die Kelter wurde außerhalb der Stadt getreten, und Blut floss aus der Kelter bis zu den Zäunen der Pferde, tausendsechshundert Stadien weit, also etwa dreihundert Kilometer.
Das ist alles Bildersprache, alles Bildersprache! Wenn hier Bildersprache verwendet wird, warum sollte das Mahlzeichen keine Bildersprache sein, Pagis Mörder? Warum sagt man bei dem einen, das übernimmt man eins zu eins, und das andere nicht? Alles ist Bildersprache.
Für uns ist die Botschaft wichtig, die hier vermittelt wird: das schreckliche Gericht und diese Bilder, mit denen es endet. Dort wollen wir auch enden.
Der Lobpreis der Überwinder
Und ich sah ein anderes Zeichen im Himmel, groß und wunderbar: sieben himmlische Boten, die die sieben Plagen hatten, die letzten Plagen. Denn in ihnen und durch sie wurde der Grimm Gottes vollendet.
Und ich sah etwas wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermischt. Dort standen die Überwinder vom Tier, vom Bild, von seinem Malzeichen und von der Zahl seines Namens. Sie standen am gläsernen Meer und hatten Harfen Gottes bei sich.
Man sieht hier wieder die Harfen, ähnlich wie zuvor in Kapitel 14, wo die Harfen erwähnt wurden. Dort hörte man den Klang von Harfenspielern. Diese sind die Erlösten. Sie singen das Lied des Moses, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes.
Sie rufen: „Groß und wunderbar sind deine Werke!“ Hier ist der große Exodus vollendet. Sie sind durchs Meer gegangen, das Meer, in das der Pharao sie hatte treiben wollen. Nun stehen sie auf der anderen Seite, vor dem gläsernen Meer. Nichts kann ihnen mehr schaden, alles ist schön geworden.
Sie sind die Überwinder über das Tier. Der Exodus des Volkes Gottes ist vollendet, der Ausdruck des Volkes Gottes ist groß und ganz. Sie singen auf ihren Harfen, so wie die Israeliten damals gesungen haben: „Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott. Macht hast du über alles. Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, König der Heiligen und König der Heiden.“
Wer, Herr, sollte dich nicht fürchten und deinen Namen verherrlichen? Denn du allein bist heilig. Alle Völker werden kommen und vor dir anbeten, weil deine Rechte und Urteile offenbart werden.
Hier also ist der Abschluss, das Lob auf der anderen Seite. In diesem Kapitel wird der Kampf dargestellt – die andere Seite. Wir haben Halt, sie müssen schließen, und wir sind hier.
