Ich freue mich, euch zu sehen. Für diejenigen, die gestern und vorgestern schon hier waren: Ihr wisst, wie der Ablauf ist. Für alle, die zum ersten Mal dabei sind: Wir befinden uns in einer Bibelwoche.
Wir haben am Sonntag im Gottesdienst begonnen. Gestern Abend gab es zwei Vorträge, und heute folgen noch einmal zwei weitere. Gemeinsam bearbeiten wir in diesem Jahr den Ersten Korintherbrief, und zwar die Kapitel eins bis zehn. Im nächsten Jahr setzen wir den Rest fort.
Im Ersten Korintherbrief haben wir uns bereits den ersten kleinen Abschnitt angesehen. Das waren die ersten Verse, 1. Korinther 1,1-9. Dieser Teil war lediglich eine Einleitung. Jetzt sind wir gerade beim zweiten Abschnitt. Dieser beginnt mit 1. Korinther 1,10 und reicht bis Kapitel 6, Vers 20.
Die Ausgangslage in Korinth und die zentrale Ermahnung
In diesem zweiten Teil geht es darum, dass Paulus Informationen erhalten hat von, wie er sagt, den Hausgenossen der Chloe. Das sind Leute, die irgendwie zur Hausgemeinschaft von Chloe gehören. Chloe war wahrscheinlich eine reiche, einflussreiche Frau. Diese Leute haben Paulus in Ephesus besucht und ihm dort berichtet, wie es um die Gemeinde in Korinth steht. Die Situation war nicht so gut.
Es gibt eine Reihe von Problemen in der Gemeinde, und wir haben gestern begonnen, uns diese Probleme anzuschauen. Im Zentrum der ersten Ermahnung, die Paulus ausspricht, steht folgende Aufforderung: In 1. Korinther 1,10 heißt es:
„Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einerlei Rede führt und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seid.“
Vielleicht erinnert ihr euch noch, dass ich gestern gesagt habe: Seid vorsichtig, wenn ihr hierher kommt, dass ihr nicht nach Hause geht, ohne euch eine Sache einzuprägen, eine Sache gemerkt zu haben. An einer Stelle solltet ihr sagen: „Das halte ich fest, das wünsche ich mir heute auch.“ Es wäre wirklich fatal, herzukommen, zuzuhören, nach Hause zu gehen und als Nächstes den Tatort zu schauen. Versucht, zwischen dem Zuhören und dem Tatort noch irgendwo so etwas festzuhalten, etwas, was man mit ins Leben nimmt.
Wenn du sagst, gestern war das für mich so arg theoretisch, lese ich dir noch einmal den Vers vor, der mir persönlich der wichtigste ist in diesem Block, Kapitel 1 und 2:
„Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einerlei Rede führt und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seid.“
Ohne im Detail nochmals auf die einzelnen Begriffe einzugehen, geht es hier um eine Aufforderung zur Gemeinschaft. Werdet ein Team! Lasst euch nicht auseinanderdividieren. Fangt nicht an, unter euch Grüppchen zu bilden. Schaut, dass ihr in eurer Ausrichtung, in eurem Blick und in eurer Meinung zusammenpasst.
Die Herausforderung der Gemeinde in einer multikulturellen Metropole
Wenn man sich genauer anschaut, wo die Probleme liegen, stößt man auf ein Thema, das zunächst verblüfft. Paulus sagt, dass die Schwierigkeiten damit zusammenhängen, dass die Geschwister als Gemeinde in einer Metropole wie Korinth leben. Diese Stadt ist vergleichbar mit einer heutigen Großstadt wie Berlin: multikulturell, mit vielen Freiheiten, eine Hochburg der Finanzen, der Unterhaltung, aber natürlich auch des Wissens.
In einer solchen lebendigen Stadt muss die Gemeinde ihren Platz finden. Sie stellt fest, dass die Botschaft, die sie predigen – die Botschaft vom Kreuz, vom Evangelium, dass Gott Mensch wird und am Kreuz für unsere Sünden stirbt – in diesem intellektuellen Umfeld nur schwer angenommen wird. Wenn man diese Botschaft Freunden, Nachbarn oder Arbeitskollegen erzählt, reagieren sie oft skeptisch. Sie denken sich, dass das eigentlich nicht mehr in unsere Zeit passt.
Die Geschwister beginnen nun zu überlegen, wie sie es schaffen können, ihr Ansehen in Korinth zu bewahren und dabei das Evangelium nicht aufzugeben. Das, was ursprünglich im Zentrum ihres Glaubens stand – das Kreuz, der gekreuzigte Messias – rückt immer mehr an den Rand.
Wenn in einem Glaubensleben das Kreuz, der Herr Jesus, aus der Mitte genommen wird, was tritt dann an seine Stelle? So erschreckend diese Diagnose auch ist: An seine Stelle treten Menschen.
Die Gefahr der Gruppenzugehörigkeiten statt Christuszentrierung
Paulus muss sagen: Bei euch gibt es Grüppchen, die sagen: „Ich gehöre zu Paulus.“ Damit meint er nicht, dass sie zu sehr pro Paulus sind – das werden wir heute noch sehen. Eigentlich sind sie auch nicht wirklich für Paulus, aber sie schnappen sich aus dem, was Paulus gelehrt hat, wie er gedacht und gelebt hat, einen Teil heraus.
Diesen Teil, der jetzt unter dem Label Paulus läuft, dafür sind sie. Wir sind quasi Pauliner geworden. Die anderen sagen: „Ja, wir sind Apollinaris“, also wir sind für Apollos. Und die Dritten sagen: „Nein, wir sind eher so für Petrus.“ Ich habe versucht, euch das klarzumachen.
Paulus kann man auch heute noch sehr gut mit einer Strömung in der Gemeinde identifizieren, die sehr für Tradition steht. Apollos steht mehr für die Moderne, für das Jugendliche. Petrus steht vielleicht für das Bodenständige. Christus – und hier ist es am schwierigsten zu sagen, was genau damit gemeint sein könnte – steht vielleicht für das mystische Element, für diese ganz persönliche Bindung nach oben, die jeder Einzelne hat.
Ich weiß nicht genau, was sich hinter den Begriffen verbirgt. Aber in dem Moment, in dem ich aufhöre, begeistert zu sein vom Kreuz, in dem ich nicht mehr das Kreuz als den höchsten Ausdruck von Weisheit begreife, wenn ich nicht mehr glaube, dass das das Zentrum ist oder mich sogar ein bisschen dafür schäme, dann rücken andere Dinge in den Mittelpunkt.
Und genau das ist hier passiert. Plötzlich ging es nicht mehr darum zu betonen, dass wir alle eins sind in Christus, dass wir alle unter dem Kreuz stehen. Plötzlich ging es darum zu sagen: „Ich gehöre zu der Gruppe, ich gehöre zu jenem theologischen System, ich gehöre zu der Gemeinde, von mir aus, ich gehöre zu diesem Anbetungsstil, ich gehöre…“ und so weiter.
Das ist eine Tendenz, die wir immer wieder in der Kirchengeschichte feststellen können.
Die Bedeutung des Kreuzes und die Gefahr des Stolzes
Soweit ich das sagen kann, lautet die Botschaft des Kreuzes ganz einfach: Du bist schwach, du kannst dich selbst nicht retten. Du brauchst einen anderen, der für dich bezahlt. Du brauchst einen anderen, der dir Weisheit schenkt, der dir seine Heiligkeit schenkt, seine Gerechtigkeit schenkt und der dich erlöst.
Das ist eine Botschaft, die demütig macht. Wenn diese Botschaft aus dem Zentrum eines Lebens verschwindet, ist das gefährlich. Dabei geht es nicht nur um das, was wir sagen, sondern auch um das, was wir leben. Wenn ich mich anfange zu verstecken, wenn mich jemand fragt: „Glaubst du auch an diesen Jesus? Bist du auch einer, der es nicht selbst auf die Reihe kriegt? Bist du auch einer, der glaubt, dass er alleine nichts bewirken kann?“ Wenn ich da anfange zu stottern, schiebe ich vielleicht lieber meine Gemeindezugehörigkeit vor oder irgendetwas anderes.
Wenn das passiert, wird Paulus sehr vorsichtig und warnt eindringlich. Er sagt: Achtung, diese Entwicklung ist falsch. Es ist spannend zu sehen, dass wir in Korinth viele Probleme haben. Wir stoßen auf Schwierigkeiten, bei denen man vielleicht denkt, sie seien wichtiger als dieses kleine Problem hier. Ja, es gibt Spaltungen untereinander, und vielleicht können sie nicht hundertprozentig miteinander auskommen. Man hätte vielleicht gedacht, das sei thematisch weniger bedeutend als zum Beispiel der falsche Umgang mit Sünde, Probleme mit dem Verständnis der Auferstehung oder Störungen im Gottesdienst.
Dennoch sagt Paulus: Nein, hier fängt es an. Eine Gemeinde, die nicht mehr zusammensteht, hat nicht die Kraft, all die anderen Probleme anzugehen. Es nützt nichts, theoretisch zu klären, wie das mit der Auferstehung ist, wenn die Gemeinde sonst immer weiter auseinanderdriftet. Deshalb ist dieses Thema, das Paulus an den Anfang stellt, wirklich das wichtigste.
Er nimmt sich Zeit, um einer Tendenz entgegenzuwirken, die die Gemeinde und das Evangelium aus dem Blickwinkel einer Welt bewertet, die von Weisheit spricht, aber nicht von göttlicher Weisheit, sondern von menschlicher Weisheit. Anders ausgedrückt: Du wirst das Evangelium nicht in Fachartikeln der Wissenschaft finden, nicht in Zeitungen und auch nicht an Stammtischen. Das Evangelium wird offenbart.
Menschen können noch so klug sein, am Ende brauchen wir Gottes Offenbarung darüber, wie man gerettet wird. Denn wir kommen selbst nicht darauf. Tief in uns steckt der Wunsch, doch noch selbst etwas zu schaffen, doch noch wert zu sein. Es fällt uns schwer zu glauben, dass Gott uns einfach rettet, uns ein Geschenk macht und sagt: Hier ist es. Das Einzige, was du tun musst, ist, es im Glauben anzunehmen.
Das fällt uns unglaublich schwer. Deshalb ist es so wichtig, zu begreifen: Das Evangelium ist der Inbegriff von Weisheit – aber einer Weisheit, die die Welt nicht kennt.
Die Notwendigkeit des Heiligen Geistes für geistliches Verständnis
Um die Weisheit des Evangeliums tief zu verstehen und überhaupt geistliche Dinge begreifen zu können, braucht es den Heiligen Geist. Dort, wo der Heilige Geist wirkt, kann Verständnis wachsen. Paulus beschreibt den Menschen ohne den Heiligen Geist als einen natürlichen Menschen. Ein solcher Mensch wird sich im Hinblick auf geistliche Zusammenhänge sehr schwer tun und nicht weit kommen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir verstehen, worum es Paulus geht. Ihm geht es darum, dass wir Einheit wertschätzen. Wo Einheit in Gefahr ist, warnt er: Wenn du dir ein Gebot von gestern mitnehmen willst, dann nimm dir dieses eine Gebot mit. Setze alles daran, dass du an dem Punkt, an dem du stehst – in deiner Rolle als Christ in der Gemeinde, dort wo Gott dich hingestellt hat – mit den anderen zusammen bleibst.
Wie heißt es am Ende? „Wir aber haben Christi Sinn.“ Das war der letzte Vers gestern. Wir wissen nicht nur, was Jesus will, sondern wir teilen seine Einstellung. Das ist unsere Idee: Wir wollen eigentlich dasselbe.
Und was will Jesus? Wenn man ihn fragt, was ihm das Höchste ist, antwortet er: Jesus möchte, dass wir daran erkannt werden, dass wir einander lieben. Das ist das, was uns verbindet. Und wenn diese Liebe aus irgendeinem Grund in Gefahr gerät, dann wird es schwierig.
Die geistliche Reife der Korinther und die Herausforderung für Paulus
Ja, Paulus, sag mal, warum hast du denn – jetzt gehen wir mal wieder in den Text rein – ja, die Korinther. Du erzählst die ganze Zeit davon, dass du so viel weißt und uns auch so viel mitgeben willst. Warum hast du uns denn von Anfang an nicht so tief erklärt, wie wir uns das gewünscht hätten?
Anscheinend haben die Korinther Paulus vorgeworfen, dass er sie immer nur mit dem geistlichen Einmaleins versorgt hat. Sie hätten sich gewünscht, dass er auch mal die schwierigeren Themen anpackt. Und Paulus sagt, woran das liegt. Er sagt in Kapitel 3, Vers 1: „Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden…“ Erinnerst du dich an die Zeit damals? Er hätte das gerne getan, aber es ging nicht. „Ich konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen.“
Die Korinther hatten von Anfang an ein Problem, und das Problem war, dass sie geistlich unreif waren. Paulus hätte ja gerne diese schwierigen Themen mit ihnen mal durchgekaut, aber sie hatten das Einmaleins nicht verstanden. Man macht mit Leuten keine Kurvendiskussion, solange sie nicht zwei plus zwei rechnen können.
Paulus selbst sagt, das ist mir auch schon aufgefallen, als ich bei euch war: Ihr habt da so ein bisschen in der Schleife gehangen. Ich hätte gerne, aber ich konnte nicht. Ich konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen. Fleisch ist der unerlöste Teil unseres Menschseins, ein Ausdruck unserer Bindung an diese Welt.
Das heißt, sie waren noch viel zu sehr geprägt von dem Hier, von dieser Welt, von ihrem alten Denken und ihren alten Einstellungen. Und sie wollten das gar nicht so gern loslassen. Ihr wisst, wir haben gemeinsam den Römerbrief studiert und gesehen, wie wichtig es ist, dass man, wenn man gläubig wird, anfängt umzudenken. Dass man anfängt, sein Leben zu reflektieren, sich im Spiegel des Wortes Gottes sieht und darauf reagiert.
Irgendwie waren die Korinther dazu nicht bereit. Sie waren fleischlich, sie waren, wie Paulus sagt, „als zu Unmündigen“ – das sind kleine Kinder, Unmündige in Christus. Sie waren gläubig in Christus, aber sie verhielten sich wie kleine Kinder.
Die Frage ist manchmal auch an uns: Findet sich das auch in unserem Leben? Wenn Paulus uns diesen Brief schreiben würde, was würde er sagen? Würde er vielleicht sagen: „Also, wenn ich mir dein Leben anschaue, manchmal benimmst du dich wie so ein kleines Kind, so ein bisschen geistlich kindisch“? Oder würde er zu uns schreiben: „Hey, super, ihr habt das Einmaleins verstanden, und jetzt kann man mal ein bisschen tiefer einsteigen“?
Bei den Korinthern war das nicht so. Und wenn sie ihm vorwerfen, dass er sie schlecht versorgt hat, sagt er in Vers 2: „Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht feste Speise.“ Er hat sich auf sie eingestellt und sie nicht mit seinen Predigten überfordert, denn sie vermochten das noch nicht. Es ging einfach nicht. Und ihr vermögt es auch jetzt noch nicht.
Das ist richtig übel, weil die Gemeinde schon ein paar Jahre alt ist. Wenn du mit jemandem einen evangelistischen Hauskreis machst, ihm das Evangelium erklärst und er zum Glauben kommt, dann fängst du nicht gleich an, ihm in den nächsten drei Jahren die alttestamentlichen Propheten wie Jesaja zu erklären. Das macht man nicht, das ist klar. Man fängt mit anderen Sachen an, erzählt ihm etwas über Taufe, Gottesdienst, Glauben, Gebet – solche Grundlagen.
Aber wenn jemand drei, vier Jahre gläubig ist, dann sollte er fit genug sein, um auch schwierigere Themen mit ihm durchzusprechen. Dann sollte er seine Bibel kennen, beten gelernt haben, vielleicht mal im Hauskreis aufgetaucht sein, und Gottesdienst sollte zur Regelmäßigkeit geworden sein.
Und an dieser Stelle sagt Paulus: Ihr seid immer noch so, ihr wart Kinder und ihr seid es immer noch. Woher weiß ich das? Woher weiß ich das in Vers 3? „Denn ihr seid noch fleischlich.“ Woher weiß ich, dass der Antrieb dieser Christen nicht der Geist Gottes ist? Die Antwort ist: „Ich sehe es an dem, wie sie leben.“ Denn da ist Eifersucht und Streit unter euch.
Eine Gemeinde, in der man eifersüchtig ist – ich weiß nicht, worauf –, die kann besser singen, der hat ein schöneres Auto, die Dame hat einen schöneren Urlaub, der hat was weiß ich – man kann auf alles mögliche eifersüchtig sein. Und streiten kann man über alles Mögliche, uneinig sein in der letzten Kleinigkeit.
Wo solche Dinge da sind, wo man sich streitet und eifersüchtig ist und dem anderen nicht gönnt, wie er lebt, da sagt Paulus: „Seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“ Gemeint ist: nach menschlichen Maßstäben.
Ist das nicht das, was alle tun? Da kommt einer mit seinem neuesten Handy, alle sagen: „Ah, lass mal sehen! Oh, boah, was für ein Display, was für Farben, boah, möchte ich auch haben!“ Das ist fleischlich. Das ist nicht das Nachdenken: Was brauche ich? Wo stehe ich? Was macht Sinn? Das ist Statussymbol, haben, was darstellen in der Welt, „in sein“. Nicht die Frage: Was möchte Gott von mir? Sondern sich den Ansprüchen einer Gesellschaft unterwerfen, mitschwimmen, bloß nicht auffallen.
Paulus sagt, wo das in der Gemeinde deutlich wird, wenn jemand sagt: „Ich bin des Paulus“, der andere aber: „Ich bin des Apollos“ – seid ihr nicht menschlich? Dieses „Ich gehöre zu dem, und ich zu dem“.
Weißt du, wenn du hier die kleinen Kinder am Sonntag hast und du fragst: „Zu welcher Gruppe gehörst du denn?“ – und jetzt weiß ich nicht, ob Marianne noch eine Gruppe macht, aber ich nehme sie mal als Beispiel –, und ein Kind sagt nicht: „Welche Gruppe“, sondern „Ich gehöre zu Marianne“, dann sagst du: Es ist ein kleines Kind, alles okay.
Wenn du aber bei Erwachsenen fragst: „Zu wem gehörst du denn?“ und er gibt dir die gleiche Antwort, „Ich gehöre zu irgendeinem Ältesten oder zu irgendwem“, dann denkst du: Entschuldigung, ich denke, du gehörst zu Jesus. Ich denke, du bist Christ. Du kannst doch nicht deine Identität an einem Menschen festmachen. Du kannst doch nicht sagen: „Ich bin ein toller Christ, weil ich Paulus kenne.“ Das geht doch nicht.
Ich muss sagen: Ich bin ein toller Christ, weil ich einen Vater im Himmel habe, der mich liebt und mich toll findet. Und ich folge einem Herrn, der so fantastisch ist. Ich bin gespannt, was noch alles kommt. Das macht mich groß, wenn mich irgendetwas groß macht. Ich bin begeistert.
Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn. Das war unsere Lektion von gestern. Ich kann doch nicht sagen: Ich bin was, weil ich irgendjemanden kenne, weil mir jemand mal eine E-Mail geschrieben hat oder ich im Gebetsbriefverteiler von irgendwem bin. Das spielt wirklich keine Rolle.
Es spielt wirklich keine Rolle, wenn du in deiner persönlichen Beziehung zu Gott nicht auf zwei Beinen stehen kannst.
Die Rolle von Paulus, Apollos und Gott im Gemeindewachstum
Und warum kann Paulus sagen, dass das egal ist? Er fordert auf, doch einmal zu überlegen: Wer sind denn die beiden? Ihr nehmt hier Menschen und hebt sie in den Himmel, hängt euch gleich mit an sie dran.
Vers 5: Was ist denn Apollos? Und was ist Paulus? Mal ganz nüchtern betrachtet: Sie spielen eine Rolle, aber welche? Sind sie euer Freudengeber, euer Identitätsstifter? Nein, sie sind Diener, durch die ihr gläubig geworden seid. Und zwar so, wie der Herr jedem hier gegeben hat – gemeint sind Paulus und Apollos.
Sie sind Diener. Gott hat Paulus und Apollos genommen und eingesetzt. Er ist der Diener und hat ihnen unterschiedliche Aufgaben gegeben. Paulus sagt: Ich habe gepflanzt. Ja, ich bin der Gemeindegründer. Das muss man ja nicht kleinreden – er hat wirklich die ersten Predigten gehalten. Er hat sich hingesetzt, mit Leuten diskutiert, bis sie gläubig geworden sind. Er hat ihnen erklärt, wie Gemeinde funktioniert. Er hat das Ganze zum Rollen gebracht.
Irgendwann später kam Apollos. Apollos hat begossen. Natürlich nicht mit der Gießkanne, sondern mit Predigten. Wir würden heute sagen: Er hat Jüngerschaft gemacht, Nacharbeit geleistet, sich darum gekümmert, dass die Leute wachsen. Er hat auch selbst evangelisiert.
Aber, das hatten wir gestern schon: Woher kommt denn das Wachstum? Von Apollos? Nein. Von Paulus? Nein. Gott aber hat das Wachstum gegeben. Und das ist wichtig. Es ist schön, wenn du so einen Paulus und einen Apollos erlebst. Aber wenn du wissen willst, was eigentlich entscheidend ist, dann ist es Gott.
So heißt es in Vers 7: Weder der da pflanzt etwas, noch der da begießt, sondern Gott, der das Wachstum gibt. Die einen mögen Bedingungen schaffen, in denen Wachstum möglich ist, und wir tragen da eine Verantwortung – dazu gleich mehr. Aber das Wachstum selbst, dass etwas daraus wird, dass Menschen über die Jahre geistlich reifer, erwachsener werden, Jesus ähnlicher, dass sie Sünde lassen und Heiligkeit leben, dass sie eine Liebe zum Wort Gottes gewinnen, eine Liebe zu den Geschwistern, eine Liebe zu einer verlorenen Welt, dass sie diszipliniert leben, dass Frucht des Geistes in ihrem Leben entsteht – dass sie liebevolle, heilige, weise, alte Christen werden – das liegt in Gottes Hand. Das wirkt er. Das können wir nicht tun. Gott muss in unser Leben eingreifen, unseren Charakter verändern.
Gott gibt das Wachstum.
Der, der pflanzt, und der, der begießt, sind eins, aber nicht identisch. Sie sind Teamworker, wie wir heute sagen würden. Sie gehören zusammen, sie spielen für dasselbe Ziel, für dieselbe Mannschaft. Jeder aber wird seinen eigenen Lohn empfangen nach seiner eigenen Arbeit.
Gott weiß genau, was die beiden geleistet haben – Apollos und Paulus. Und Gott kennt das für jeden, der sich in der Gemeinde investiert. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter. Es ist nicht meine Gemeinde, es ist Gottes Gemeinde.
Gottes Mitarbeiter sind wir, Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr. Ihr seid als Gemeinde wie ein Ackerfeld, das Gott gehört.
Verantwortung und Prüfung im Gemeindebau
Paulus sagt über seinen Dienst Folgendes: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als weiser Baumeister den Grund gelegt.“ Der Baumeister ist der Anführer eines Bautrupps, der sozusagen das Fundament gegossen hat. Paulus kann also sagen, dass er seine Aufgabe gut gemacht hat.
Ich finde es schön, wie Paulus seine eigene Arbeit vernünftig darstellt. Er sagt: Ich bin ein weiser Baumeister. Ich habe das nicht zum ersten Mal gemacht. An anderer Stelle habe ich gesehen, dass es funktioniert. Ich weiß, wie das geht, habe mich eingesetzt und Mühe gegeben. Und das Fundament, das ich bei euch gelegt habe, war gar nicht schlecht.
Ein anderer aber baut darauf. Jetzt stellt sich die Frage: Wer ist dieser andere? In der Gemeinde richtet sich der Blick ein Stück weit von der Masse hin zu den Verantwortungsträgern. Je mehr du dich in der Gemeinde engagierst, desto mehr wirst du jemand, der auch Gemeinde baut.
Gemeinde wird jetzt als Ackerfeld oder als Bauwerk betrachtet. Wir nehmen das Bild von einem Haus oder einem Tempel, weil wir dort enden. Die Gemeinde als Ganzes ist Gottes Tempel. Dieses Bild wird im ersten Korintherbrief doppelt verwendet: Sowohl der einzelne Gläubige ist Gottes Tempel – also „mein Leib ist ein Tempel Gottes“ –, als auch die Gemeinde als Ganzes, also die Summe der Menschen, die Gemeinde bilden.
Dieser Tempel wird durch Menschen gebaut, die Verantwortung in der Gemeinde übernehmen. So wünschenswert es ist, dass viele das tun, so klar muss sein: Wo wir es tun, tragen wir Verantwortung. Wir werden dafür von Gott belohnt, wenn wir es gut machen. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass Gemeindebau etwas ist, bei dem Gott genau hinschaut.
Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist – und das ist Jesus Christus. Gemeinde steht auf diesem Fundament, und darauf bauen wir. Wir können unterschiedlich darauf bauen. Du kannst Gemeinden bauen, die vor Gott keinen Bestand haben; Gemeinden, die dem Urteil Gottes nicht standhalten.
Wenn aber jemand auf den Grund Gold, Silber, kostbare Steine oder Edelsteine baut – das sind Dinge, die Wert haben und, was viel wichtiger ist, nicht brennen – dann ist das in Gottes Augen wertvoll. Das ist gut, das sollen wir tun.
Es geht aber auch anders: Holz, Heu, Stroh – und du merkst schon, da möchte ich nicht wohnen. Holz mag noch gehen, Heu ist schon wie ein Heuballenhaus, und Stroh ist noch dürftiger. Es gibt anscheinend beides.
Es gibt Leute, die in Gemeinden mitarbeiten und Gemeinden bauen, aber das, was entsteht, ist ein sehr zerbrechliches, strohiges Etwas. Und wenn Gott hinschaut und das beurteilt, wird das Werk eines jeden offenbar werden. Gott wird es testen – entweder jetzt in dieser Zeit oder später.
Das, was wir tun, wird beurteilt werden, spätestens wenn Jesus wiederkommt und mit uns darüber redet, wie unser Leben verlaufen ist. Der Tag, von dem die Rede ist, ist wahrscheinlich der Tag des Herrn, also der Tag des Gerichts. An diesem Tag wird die Qualität dessen deutlich, was wir gearbeitet haben.
Wenn du jetzt denkst: „Boah, ich bin froh, dass Gemeindebau nicht so mein Ding ist“, dann darfst du dich an dieser Stelle ehrlich mal zurücklehnen. Aber wenn du sagst: „Eigentlich bin ich da schon mittendrin“, dann lass dieses Wort zu.
Es geht wirklich nicht nur um die aktuell gängigen Methoden, wie man Gemeinde baut. Es geht nicht nur um Organisation oder Verwaltungsstrukturen. Gemeinde hat immer auch eine geistliche Dimension, die Menschen betrifft.
Gemeinde repräsentiert das Haupt, den Herrn, und damit das Kreuz. Deshalb ist es so wichtig, dass wir wirklich Einheit, Einigkeit und Zusammengehörigkeit bewahren. Darauf müssen wir hinarbeiten.
Deshalb wird Gott einmal, und hier kommt das Bild vom Feuer für das Gericht, prüfen, wie das Werk eines jeden beschaffen ist. Das Feuer wird es erweisen.
Wenn du mitarbeitest, wird Gott das prüfen. Wenn du dazu beigetragen hast, dass Gemeinde stabil wurde, Geschwister gestärkt wurden, Jesus in ihnen lebendig wurde und Menschen gemeinsam in einem Team Richtung Himmel gelaufen sind, sich gegenseitig gestützt und geholfen haben, dann wird Gott dich dafür belohnen.
Wenn das nicht so ist, wenn du Gemeinde benutzt, wenn Gemeinde deine Spielwiese für eigene Ideen ist und es dir eigentlich darum geht, dich selbst zu verwirklichen, dann wird das auch irgendwann klar werden.
Paulus sagt in Vers 14: Wenn jemand auf dem Werk bleibt, das er darauf gebaut hat, wird er Lohn empfangen. Wenn Gott sagt: „Hey, das war gut“, wirst du dafür belohnt.
Wenn jemand das Werk verbrennen wird – und das ist ein Bild, wie Gott es richten wird –, wenn Gott sagt: „Es tut mir leid, du hast dich zwar angestrengt, aber deine Motive waren doch bestimmt nicht Liebe“, dann wird Gott uns so tief in unser Herz blicken, dass wir alle sagen: „Ja, du hast Recht.“
Dann wird das, was wir uns zurechnen, also unser Verdienst, im Bild gesprochen verbrennen. Das meint den, der schlecht gebaut hat. Er wird Schaden leiden.
Achtung: Er wird nicht verloren gehen, darum geht es nicht. Aber er wird zurückblicken auf ein Leben, in dem er sich in Gemeinde investiert hat, und am Ende feststellen, dass Gott sagt: „Weißt du, ich lasse mich nicht täuschen.“
Wenn du ehrlich bist, wusstest du die ganze Zeit, dass irgendwas faul ist. So wird er Schaden leiden. Er selbst aber wird gerettet werden – doch so wie durchs Feuer.
Derjenige kommt also in den Himmel. Bitte keine Angst haben! Wir dürfen Fehler machen. Du darfst sogar so große Fehler machen, dass du völlig falsch gemeint bist und dich investierst. Das wird dir deine ewige Rettung nicht nehmen.
Aber du wirst zurückblicken auf dein Leben und sagen: „Naja, hätte ich das bloß mal anders gemacht.“ Ich stelle mir immer jemanden vor, der in den Himmel eintritt, so mit Unterhosen, die gerade noch brennen. Alles andere fackelt ab, und gerade so mit brennenden Unterhosen huscht er durch die Hintertür in den Himmel.
So ist mein Bild, wenn ich diesen Text lese: Jemand, der sich angestrengt hat, aber nichts von dem, was er getan hat, hat ewigen Wert.
Wenn du glaubst, dass das nicht passieren kann, doch! Wir werden uns nächstes Jahr, wenn wir den zweiten Teil anschauen, über 1. Korinther 13 unterhalten. Dort spricht Paulus davon, dass Menschen ihren Besitz und sogar ihr Leben in Gemeinde investieren, aber ohne Liebe – und es ihnen nichts nützt. Wahnsinn!
Ich hoffe, ich kann euch das predigen. Ich hoffe, ihr gehört zu den Geistlichen, denen man so etwas zumuten darf, ohne dass ihr innerlich zu zittern beginnt – obwohl das auch nicht schlecht wäre.
Die Bibel sagt ganz nüchtern: In Jesaja 66 werden Gläubige beschrieben, und ich mag diesen Vers sehr, weil er auf eine sehr lustige, meine Definition von lustig, Art ist. Dort heißt es: „Aber auf den will ich blicken, den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist und der da zittert vor meinem Wort.“ (Jesaja 66,2b)
Es ist nichts Verkehrtes, dem Wort Gottes zu begegnen und innerlich zu zittern. Besser jetzt als später, denn dieses Wort, so sagt der Herr Jesus, ist das Wort, nach dem wir gerichtet werden.
Die Heiligkeit der Gemeinde als Tempel Gottes
Paulus sagt: Achtung, wenn du etwas aufbaust, dann mach es richtig. Nimm das Fundament und baue sorgfältig darauf. Warum ist das so wichtig? Weil die Gemeinde so wertvoll ist.
In Vers 16 heißt es: "Wisst ihr nicht?" Zehnmal verwendet Paulus diese Formulierung im ersten Korintherbrief. Er greift damit auf etwas zurück, das eigentlich schon bekannt sein sollte. "Wisst ihr nicht?" – und ich hoffe, dass wir das wissen: Was denn? Dass ihr als Gemeinde, als Leib Christi, Gottes Tempel seid.
Wisst ihr, dass die Gemeinde der Ort ist, an dem Gott wohnt? Wenn man hier in den Gottesdienst kommt – und ich meine jetzt bewusst die Gemeinschaft, nicht nur, dass wir einzeln auch Tempel sind –, dann betritt man den Tempel Gottes. Man erlebt den Tempel Gottes. Deshalb sagt Paulus: "Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?"
Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt – und ich formuliere es so: Wenn jemand die Funktion der Gemeinde kaputt macht, die ich als Gottes Alternative zur heidnischen Götzenverehrung in der Stadt verstehe –, dann nimmt er der Gemeinde ihre Kraft und Schlagkraft. Vorsicht! Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, dann wird Gott ihn verderben. Gott wird dich persönlich dafür verantwortlich machen.
Es ist eine unglaublich ernste Angelegenheit, über Gemeinde nachzudenken. Ehrlich gesagt, lese ich mir solche Texte nur ab und zu durch, weil man eigentlich lieber das Positive predigen möchte. Zum Beispiel, wenn ich Ende des Jahres wieder eine Bestätigung als Ältester bekomme, möchte ich nicht unbedingt so predigen. Man will viele Menschen mit ins Boot holen. Aber Vorsicht! So schön es ist, wenn viele mitarbeiten, sollten wir auch ab und zu verstehen, woran wir mitarbeiten.
Selbst wenn wir, ich weiß nicht, wie ihr organisiert seid: Wir sind als Verein strukturiert. Ja, wir sind ein Verein, genau wie der Sportverein Alemannufer e.V., wo ich wohne, oder der Angelverein e.V. und der Kleintierzüchterverein e.V. Wir haben diese Struktur, und es kann leicht der Eindruck entstehen, dass wir genau so sind. Aber das ist nur die äußere Struktur.
Vom Himmel aus betrachtet wird Gott sagen: "Das ist mein Tempel." Und er würde nicht im Ansatz dasselbe über den Kleintierzüchterverein sagen. Gott beurteilt uns anders. Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, wird Gott ihn verderben. Denn der Tempel Gottes ist heilig, er gehört Gott.
Wenn wir an der Gemeinde mitarbeiten, arbeiten wir an etwas mit, das Gott als seins betrachtet. Und wehe, du gehst nicht gut damit um. Ich weiß nicht, ob du etwas hast, das du sehr schätzt, etwas Wertvolles, das du ungern aus der Hand gibst. Vielleicht hast du etwas, das in diese Kategorie fällt.
Oder du sagst: "Wenn ich das jemals ausleihe..." Ich hatte einen Freund, der hatte eine Special Edition von "Krieg der Sterne", so eine Sammlerbox. Ich dachte, ich könnte mir mal den Film anschauen. Du hast gesehen, wie in ihm ein Kampf tobte. Einerseits wollte er ein guter Christ sein, andererseits wusste er: Wenn er die Box aus dem Regal nimmt und sie mir gibt, und ich gehe damit um, wie ich es üblicherweise mit einer DVD-Box mache – bei mir zuhause, wo ständig Gäste sind und das Arbeitszimmer chaotisch ist –, dann hat er Angst, dass da vielleicht eine halbe Dose Cola drüberläuft oder jemand den Stuhl draufstellt und sie beschädigt wird.
Das war für ihn heilig, wertvoll, und er wollte das nicht jedem geben. Vielleicht hast du auch so etwas. Vielleicht hast du dir gerade etwas Neues gekauft, das du selbst noch nicht richtig ausprobiert hast, und denkst: "Schon jetzt ausleihen? Nein, lieber nicht."
So denkt Gott über die Gemeinde. Für Gott ist die Gemeinde heilig. Er vertraut sie nicht jedem an. Wenn jemand meint: "Ich komme schon klar, wird schon nichts passieren", dann ist es besser, du gehst wirklich so damit um, dass nichts passiert.
Denn der Tempel Gottes ist heilig – und der seid ihr. Deshalb sind Spaltungen in der Gemeinde so fatal. Wenn Gott sagt, dass seine Leute daran erkannt werden sollen, dass sie einander lieben, und ich arbeite dagegen, vielleicht weil ich ein kleines Lästermäulchen bin oder eine geheime Agenda habe, die ich in der Gemeinde durchsetzen will, obwohl ich weiß, dass es Stress gibt – oder was auch immer du anstellst, um die Gemeinde zu unterminieren, durch offene oder versteckte Sünde –, dann vergreifst du dich am Eigentum Gottes.
Vorsicht! Ich kann nur warnen: Vorsicht!
Warnung vor Selbsttäuschung und falscher Weisheit
Paulus geht noch einmal auf das Problem ein, das die Korinther haben, und warnt sie: Niemand soll sich selbst betrügen. Man soll sich nichts vormachen über die eigenen Motive. Wenn du angetrieben bist von Gedanken über die Gemeinde, die denen in der Welt ähneln, wie man beispielsweise über einen Kleintierzüchterverein denkt, und wenn du diese Methoden in der Gemeinde anwenden willst, um dein eigenes Ding durchzuziehen – Vorsicht! Niemand betrüge sich selbst.
Wenn jemand unter euch meint, weise zu sein, ein Schlaukopf in dieser Welt, der glaubt, den Durchblick zu haben, so werde er töricht. Das heißt: Wenn du nach den Maßstäben der Welt etwas darstellst, dann fang an, ein Dummkopf für die Welt zu sein. Natürlich soll er töricht werden, damit er weise werde – gemeint ist vor Gott. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott.
Nach den Maßstäben, die in dieser Welt gelten, ist Gemeinde ein Nichts, aber in Gottes Augen alles. Es steht geschrieben, das ist im Buch Hiob: „Der die Weisen fängt in ihrer List.“ Die Weisen versuchen, schlau zu sein. Ich sage dir eines: Gott lässt sich nicht fangen, sondern er fängt die Schlauen. Und wieder: „Der Herr kennt die Überlegungen der Weisen, dass sie nichtig sind.“ Denkst du wirklich, dass Gott nicht weiß, was gedacht wird? Natürlich weiß er es! Und wenn du das Denken der Welt übernimmst, glaubst du, dass du schlauer bist als Gott?
Jetzt wird der große Bogen wieder zum eigentlichen Problem gezogen. Das Problem ist, dass Leute in der Gemeinde sagen: Es ist besser, mit Menschen anzugeben als mit Gott. Es ist besser, menschliche Aushängeschilder zu haben, damit man in der Gesellschaft etwas darstellt, als zum Evangelium zu stehen, das in der Welt nichts gilt.
Damals ging es um die Frage: Zu welchem großen Mann gehörst du? Wen kennst du? Wer ist dein Freund bei Facebook oder vielleicht eher bei Xing? Mit wem hast du Geschäftskontakte? Das waren die Fragen damals. In wessen Einflussbereich gehörst du? Mit wem kannst du punkten? Wenn der Gedanke, wir sind etwas, weil wir Leute kennen, oder ein beliebiger anderer Trendgedanke aus der Welt, sich in die Gemeinde hineinzieht und zum beherrschenden Maßstab wird, dann muss Paulus sagen: „So rühme sich denn niemand im Blick auf Menschen.“ Lass das sein, hör sofort auf!
Warum soll man nicht mehr mit Menschen angeben, die man kennt? Warum soll man an der Stelle nicht mal sagen, was man wirklich ist? Paulus sagt, weil es Blödsinn ist. Du denkst, wenn du bestimmte Leute kennst, bist du jemand? Oder wenn du einen bestimmten Abschluss hast, ein bestimmtes Einkommen, irgendwas – dann bist du etwas? Erlaubt mir, dir die Realität kurz zu skizzieren: „Verrühme sich denn niemand im Blick auf Menschen, denn alles ist euer.“ Weißt du eigentlich, wer du bist?
Wenn du deine Identität und deinen Wert ableitest von Leuten, die du kennst, von Besitz, den du hast, von Ausbildung, die du genossen hast – weißt du eigentlich, wer du bist? Nicht wer du jetzt hier bist, sondern wer du vor Gott bist. Paulus sagt: „Alles ist euer.“ Vielleicht ist das ein neuer Gedanke, aber wir sind Miterben Christi. Es wird einen neuen Himmel und eine neue Erde geben. Diese neue Himmel, neue Erde, dieses gesamte Ding, ein neuer Kosmos, vielleicht ein bisschen größer als der alte – keine Ahnung – das gehört dir. Ist dir das klar? Das gehört dir, es ist deins.
Wenn du ein Problem damit hast, Selbstwert zu entwickeln, was hältst du davon, dir vorzustellen: Mir gehören fünf Galaxien – ich weiß nicht, ob es nur fünf sind – aber wenn du sagst, ich möchte gern etwas haben, dann wird dir eine Welt gehören, ein Kosmos, den du erben wirst. Dann hör doch auf mit diesem Kleinkram hier! Selbst wenn du irgendeinen Präsidenten kennst, na und? Ist doch völlig egal! Der Präsident wird froh sein, dich zu kennen.
Herr, ehrlich, er ist nichts, wenn er sich nicht bekehrt. Denn alles ist euer: Paulus oder Apostel, Kephas, Welt oder Leben oder Tod, Gegenwärtiges oder Zukünftiges – alles ist euer. Weißt du das? Kannst du glauben, dass du so wertvoll bist, dass du Erbe des Universums bist, Erbe der Ewigkeit? Dass Gott zu dir sagt: Nicht nur tritt ein in die Freude deines Herrn, sondern die Freude des Herrn besteht darin, dich mit allem zu beschenken, wonach du dich sehnst – und noch mehr? Dass es lächerlich sein wird, zu sagen: Ich kenne Paulus?
Wenn du dich sehen könntest als der, der du wirklich bist, als der, der zu Christus gehört, der uns alles geworden ist – und weil es in der Dreieinigkeit eine funktionale Differenzierung gibt, damit werden wir uns in 1. Korinther 11 noch beschäftigen nächstes Jahr – Christus aber ist Gottes. Punkt.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es in der Gemeinde eine Gruppe gibt, die sagt: Wir sind die Pauliner, wir sind die Paulusleute. Dass Paulus in der Gemeinde selbst einen relativ guten Stand hat. Doch dieser Eindruck ist falsch. Kapitel vier zeigt uns, wie weit die Gemeinde sich innerlich von ihrem Apostel entfernt hat, obwohl sie auf der einen Seite Paulus als Aushängeschild verkauft hat.
Ich glaube, Kapitel vier zeigt uns, wo das Problem mit dem Evangelium liegt. Das Problem liegt nämlich darin, dass, wenn wir wirklich im Zentrum unseres Glaubens ein Kreuz haben, das nicht nur bedeutet, dass Jesus einmal für uns am Kreuz gestorben ist. Es bedeutet auch, dass Jesus uns verordnet hat, ein Kreuz zu tragen. Das, was Jesus gelebt hat, hat etwas mit uns zu tun.
Weil wir an das Evangelium glauben, sind wir berufen, in den Fußstapfen Jesu zu laufen. Das heißt: Wenn er abgelehnt worden ist, müssen auch wir mit Ablehnung rechnen. Wenn er, der so viel Gutes getan hat, von den Menschen auch viel Schlechtes erfahren hat, dürfen wir nicht glauben, dass die Menschen bei unserem Auftreten als Christen klatschen.
Von Anfang an predigt Paulus den ersten Gemeinden das schon, wie wir in Apostelgeschichte 14,22 lesen: Er sagt, sie befestigten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, und sagten, dass wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen. Das ist die Botschaft der Bibel.
Oder an anderer Stelle schreibt Paulus in 2. Timotheus 3,12: „Alle aber, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.“ Es gehört zum Christsein dazu, dass Menschen uns nicht toll finden, dass sie schlecht über uns reden.
Bei den Seligpreisungen zeigt Jesus, wie der Weg zu dem Glück aussieht, das sich wirklich lohnt zu gewinnen. Er sagt: „Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden um meinetwillen.“
Ich bin mir sicher, dass uns diese Aussagen in der Bibel nicht schmecken. Mir jedenfalls nicht. Ich hätte mir gewünscht, es ginge so: Jesus stirbt am Kreuz, ja, ein bisschen tut mir das leid, aber bei mir ist jetzt alles besser. Aber so funktioniert das nicht.
Wir teilen sein Leben und sein Sterben. Und das, was die Korinther wollten, war im Grunde: Christ sein ohne Leid. Sie wollten Christus, aber nicht das Kreuz. Sie wollten Nachfolge ohne Selbstverleugnung. Sie wollten die Ewigkeit, Miterben sein, ohne mitzuleiden.
Da muss Paulus noch einmal ran und ihnen sagen, dass das nicht geht. Und weil Paulus das in seinem eigenen Leben so radikal anders gelebt hat, weil er ein Vorbild an Hingabe und Selbstaufopferung ist, haben die Korinther angefangen, ihn als Person abzulehnen. Sie wussten genau: Wenn wir ihn so toll finden, wie er wirklich gelebt hat, dann bringen wir zum Ausdruck, dass wir es falsch machen. Also muss an Paulus etwas dran sein, was nicht ganz richtig ist – und wir machen es richtig.
Paulus versucht sie einzufangen und zurückzubringen. Er macht ihnen deutlich, worum es eigentlich in der Beurteilung geistlicher Mitarbeiter geht. Was ist das Kriterium, was wirklich wichtig ist?
In Kapitel 4, Vers 1 sagt Paulus: „Dafür halte man uns“, und meint sich, Apollos und vielleicht noch andere Mitarbeiter, „für Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes.“ Sein Verwalter zu sein ist eine relativ hohe Position. Er sagt: Ja, das möchte ich sein. Ich möchte jemand sein, der Gott dient und von ihm einen Auftrag bekommt, den ich gut erfülle.
Dann sagt er: „Übrigens wird von den Verwaltern verlangt, dass einer Treue erfunden werde.“ Also Paulus sagt: Ich möchte Verwalter für Gott sein, und wenn ihr überlegt, was einen guten Verwalter ausmacht, dann muss er zuerst treu sein. Er muss an dem festhalten, was ursprünglich Auftrag war – und das hat Paulus getan.
Weiter sagt er: „Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde.“ Für ihn ist es unbedeutend, wenn Menschen ihn nicht mögen. Damit kann er leben. Er denkt über sich selbst nach: Ich beurteile mich aber auch nicht, denn ich bin mir selbst nichts bewusst. Dadurch bin ich aber nicht gerechtfertigt.
Paulus denkt über sich selbst nach und sagt, er hat den Eindruck, nicht ständig Selbstprüfungen zu machen. Er denkt ab und zu mal darüber nach, ob er mit Gott noch im Reinen ist. Wenn ihm nichts einfällt, sagt er: Okay, ich bin nicht gefangen in einer Selbstprüfungsspirale, in der ich mich immer wieder um mich selbst drehe. Er hat eine gesunde Distanz zu dem, was er tut.
Gleichzeitig sagt er: Auch wenn ich mir selber nichts bewusst bin, wenn ich keine offensichtliche Sünde sehe und glaube, einen guten Job zu machen, dadurch bin ich nicht gerechtfertigt. Das menschliche Beurteilen, auch das eigene Gewissen, ist immer ein relativer und kein absoluter Maßstab.
Paulus sagt: Wenn du mich fragst, ich weiß nichts, ich sehe meine Arbeit, ich habe sie gemacht, aber am Ende bleibt: Der mich beurteilt, ist der Herr. Darauf warte ich. Dann werden wir sehen, was Sache ist. Dann werden wir sehen, ob ich treu war und so gehandelt habe, wie Gott es sich vorstellt, oder ob ich euren sehr schrägen Vorstellungen entspreche.
Vers 5: „So verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen wird und die Motive und Absichten der Herzen offenbaren wird.“ Merkt ihr was? Wir hatten das schon eben beim Gemeindebau: Es geht nicht immer nur um das, was ich tue, sondern wirklich entscheidend ist die Frage, warum ich es tue.
Wenn Gott kommt und unser Leben prüft, dann ist die entscheidende Frage: Warum hast du das getan? Wir sollen etwas tun – das steht oft in der Bibel: tut gute Werke! Aber wenn du gute Werke tust, lass zu, dass dein Motiv Liebe ist. Wenn es nicht Liebe ist, möchte ich nicht sagen: Lasst die guten Werke sein. Aber wenn es nicht Liebe ist, dann erwarte nicht, dass Gott dich am Ende dafür belohnt. Warum sollte er das tun? Weil er gute Werke aus Liebe möchte.
Paulus sagt: Wenn ihr mich beurteilt oder sogar verurteilt, wenn ihr als Menschen über mich ein Urteil fällt, dann lasst das sein. Ich bin verantwortlich für das, was ich tue, vor meinem Gott. Und das gilt auch für jeden von euch. Du bist für dein Leben verantwortlich vor deinem Gott.
Wir reden nicht über Sünde, sondern darüber, wie jemand sein Leben lebt. Lasst uns vorsichtig sein, einander zu verurteilen oder zu richten. Das ist einfach nicht unser Job. Morgen Abend werden wir in Kapitel 5 sehen, dass es irgendwo eine Aufgabe gibt, einander zu richten bei grober Sünde. Aber hier geht es um den Dienst, den jemand leistet.
Wenn du jemanden in der Gemeinde verurteilst, der seinen Dienst tut, sei vorsichtig. Es könnte sein, dass er mit den besten und edelsten Motiven unterwegs ist, dass Gott das sieht und sich freut – und du verstehst es nur nicht.
Paulus hatte dieses Problem bei den Korinthern. Er sagt: „So verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt.“ Wir rechnen damit, dass Jesus wiederkommt, und dann wird jeder sein Lob vor Gott erhalten. Das ist die Idee.
Wir tragen Verantwortung für das, was wir tun. Wer einen guten Dienst tun will, soll nicht im Gericht verbrennen. Gleichzeitig gilt: Nicht nur unser Tun, sondern auch unsere Motive sind wichtig. Und wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir einander richten, weil wir nicht ins Herz hineinschauen können.
Es wird Leute geben, die in der Ewigkeit eine kleine Nummer sein werden, und du wirst dich fragen, warum sie nicht mehr sind, obwohl sie viel getan haben. Gott wird sagen: Ja, aber ihr Motiv war falsch. Und es wird Leute geben, die du nicht gesehen hast, die unter dem Radar geflogen sind und in der Ewigkeit leuchten und groß sein werden, weil ihre Motive rein waren und sie ihre Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Das wird Gott belohnen.
Lasst uns bitte vorsichtig sein, wenn wir übereinander reden, einander beurteilen oder verurteilen.
Vers 6: „Dies, diesen ganzen Komplex, habe ich auf mich und Apollos bezogen, um euretwillen, damit ihr an uns lernt, nicht über das hinaus zu denken, was geschrieben ist.“ Was ist geschrieben? Das Prinzip in der Bibel, dass wir einander nicht richten und verurteilen sollen.
Wenn einer den anderen richtet, wie funktioniert das? Richten heißt, sich irgendwo hinzustellen, wo man höher ist, und auf den anderen herabzuschauen. Richten ist nicht, dem anderen auf Augenhöhe zu begegnen, Mensch zu Mensch. Sondern richten heißt immer, von oben herab zu schauen. Ich halte mich für besser und den anderen für schlechter. Und ich glaube, ich kann den anderen beurteilen, so wie Gott es tut.
Jetzt sagt Paulus: Damit ihr an uns lernt. Apollos und Paulus taugen als Vorbild. Sie sind kein Gottersatz, aber sie sind Vorbild. Ihr Korinther könntet etwas an ihnen lernen. Was denn? Damit ihr euch nicht aufbläht für den einen gegen den anderen.
Ich finde das herrlich, dieses Aufblähen. So ein kleiner Strich in der Landschaft – ihr kennt das vielleicht von Fröschen oder Kröten. Es gibt Kröten, die sind ganz klein, und wenn eine Schlange kommt, blähen sie sich auf. Paulus überträgt dieses Bild: Da ist jemand eine geistliche Nullnummer und schmückt sich mit jemand anderem, sei es Apollos, Petrus oder Paulus, um sich größer zu machen, weil er selbst nichts darstellt.
Paulus sagt: Lass das sein! Du brauchst dich nicht hinstellen und andere runterzumachen, um höher zu stehen. Du brauchst dich nicht an einen großen Namen zu hängen. Das ist nicht nötig und falsch. Wenn du das machst und dich für besser hältst, dann frage dich: Wer gibt dir eigentlich einen Vorrang? Auf welcher Grundlage verhältst du dich so? Wer glaubst du, wer du bist?
Vers 7: „Was aber hast du, das du nicht empfangen hast?“ Ganz nüchtern: Wer bist du ohne Gott? Alles, was du bist, hast du von Gott bekommen. Und was bist du ohne Gott? Gar nichts. Alles, was du hast, hat Gott dir geschenkt.
Wenn alles, was du hast und bist, geschenkt ist, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? Warum stellst du dich hin und tust so, als wäre das dein eigenes Verdienst und du wärst groß, wenn in Wirklichkeit alles nur Geschenk ist? Du hast dir nichts davon erarbeitet. Du bist, was du bist, weil Gott dich dazu gemacht hat. Punkt.
Wenn das so ist, wie kann es sein, dass du auf andere Menschen herabschaust, wenn alles, was du bist, von Gott kommt und nicht aus dir selbst?
Jetzt merken wir, wie die Korinther ticken. Dieses „Alles ist geschenkt“ und „Ich bin jemand, weil Gott mich beschenkt hat“ und „Ich bin dazu berufen, dem Kreuz zu folgen, ein Leben für andere zu leben, mich mit meinem Leben in die Sache Gottes zu investieren und zuerst nach dem Reich Gottes zu trachten“ – das war überhaupt nicht die Idee der Korinther.
Die Korinther dachten: Boah, sind wir cool! Was sind wir für tolle Typen! Paulus muss ganz ironisch in Vers 8 schreiben: „Schon seid ihr satt.“ Sie waren nicht mehr hungrig nach Gerechtigkeit oder Wissen. „Ihr seid satt, schon seid ihr reich geworden, ihr seid ohne uns zur Herrschaft gekommen.“
Erinnerst du dich? Es wird eine Zeit kommen, in der wir als Miterben über einen neuen Kosmos herrschen werden – das ist die Zukunft. Die Korinther dachten, das, was da mal kommt, holen wir uns einfach schon mal in die Gegenwart. Nichts von wegen Kreuztragen, Selbstverleugnung, Fußstapfen Jesu.
Nein, sie fingen hier auf der Erde an zu herrschen. Es war natürlich nur eingebildete Herrschaft, nichts wirklich Wahres. Aber in ihrem Denken stellten sie sich dar als die Guten, die Besonderen. Es kam nicht in die Tüte, dass Christsein etwas kostet.
Sie fühlten sich wirklich als Könige, als Herrscher im Reich Gottes. Paulus sagt jetzt, die Ironie endet hier: „O dass ihr doch wirklich zur Herrschaft gekommen wäret.“ Die Korinther dachten, sie seien am Ziel. Das, was Zukunft ist, war für sie Gegenwart – sie haben es einfach reingeholt. „Wir herrschen jetzt.“ Aber das stimmt nicht.
Paulus sagt, wenn das wirklich so wäre, dann könnten wir mit euch herrschen. Paulus wäre gern mit ihnen an diesem Ziel, das fände er toll. Aber es stimmt nicht.
Woher weiß Paulus, dass das nicht stimmt? Weil er als Apostel ein Leben führt, das Christus widerspiegelt. Wenn Christen in dieser Welt zum Herrschen berufen wären, müssten doch die Abgesandten des Königs mit der größten Verantwortung über die Welt das am deutlichsten zeigen, oder?
Aber Paulus sagt: „Denn mir scheint, dass Gott uns Apostel als die Letzten hingestellt hat, wie zum Tod bestimmt. Denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, sowohl Engeln als auch Menschen.“ Die Letzten, die an einem Triumphzug mitgingen, waren die, die am Ende umgebracht wurden. Die letzten Gladiatoren, die in die Arena eingezogen sind, waren die, von denen man wusste, dass sie am Ende den wilden Tieren vorgeworfen werden. Sie durften kämpfen bis aufs Blut, aber keiner blieb übrig.
Paulus sagt: Wenn ich mein Leben anschaue, fühle ich mich wie so einer, der weiß: Mein Leben ist vorbei. Ich fühle mich wie jemand, der permanent sein Leben bis zum letzten Blutstropfen für das Reich Gottes investiert. Ich kann nicht sehen, dass ich irgendwo herrsche.
Wir sind Narren um Christi willen. Menschlich gesprochen steht Paulus auf der Seite der Verlierer. Sie sind Narren. Menschen sehen unser Leben und halten uns für bescheuert. Sie sehen, wie wir mit Zeit, Geld und Prioritäten umgehen, und halten uns für verrückt.
Das kann man nicht bringen, so ein Leben zu führen wie Paulus. Du kannst nicht von Stadt zu Stadt ziehen, in die Synagoge gehen, das Evangelium predigen, bis du rausgeworfen wirst, weiter predigen, wenn sie dich nicht steinigen wollen. Du musst warten, bis Gott dich wieder zum Leben erweckt, erleidest Schiffbruch, wirst geschlagen, hungerst. Das kann man doch nicht bringen! Da muss man doch irgendwann sagen: „Jetzt hast du genug geleistet, lieber Paulus.“
Wärst du nach deiner ersten Steinigung, die du mit Ach und Krach überlebt hast, wieder aufgestanden, hättest den Staub von den Füßen geschüttelt und gesagt: „Auf zur nächsten Stadt!“? Das hat schon etwas Psychotisches, oder? Da ist jemand fokussiert. Da hat jemand eine Lebensvision, die über „Ich baue mir ein Haus, fahre in Urlaub und habe alle drei Jahre ein neues Auto“ deutlich hinausgeht.
Da lebt jemand für Christus. Da wickelt jemand sein Leben ums Kreuz. Das ist, was Paulus tut und hier beschreibt.
Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus. Wie sieht es bei uns aus? Sind wir klug? Haben wir uns in dieser Welt eingerichtet? Haben wir unsere Kinder so erzogen, dass sie gut zurechtkommen, Karriere machen? Sind wir abgesichert? Freuen wir uns auf die Rente? Wie sieht das aus? Wer sind wir in dieser Welt? Sind wir die Klugen, kennen alle Tricks, alle Steuerschlupflöcher, wissen, wie man lebt?
Gemeinde ist prädestiniert, solche Typen hervorzubringen, weil wir ein großes Netzwerk haben. Wir können uns einen klugen Lebensstil ganz einfach verschaffen. Wenn mein PC nicht funktioniert und ich keine Ahnung habe, kenne ich fünf Leute, die ich anrufen kann. Fünf Leute, die mich mögen, die vorbeikommen und meinen PC reparieren. Ist das nicht irre?
Gemeinde kann ein Instrument werden, nicht nur zur Verkündigung des Evangeliums, sondern auch, um das eigene Leben schicker, klüger und reicher zu machen. Sind wir klug? Oder erlauben wir uns einen Lebensstil, bei dem andere sagen: „Narren!“
Paulus sagt: Wir sind schwach – das wird er im zweiten Korintherbrief ausführlich darlegen, das könnt ihr gerne nachlesen. Er wird auch hier noch einmal sagen, was Schwachheit bedeutet.
Vers 11: „Bis zur jetzigen Stunde leiden wir Hunger und Durst, sind nackt im Sinne von schlecht gekleidet, werden mit Fäusten geschlagen und haben keine bestimmte Wohnung. Wir mühen uns ab und arbeiten mit unseren eigenen Händen.“ Das war damals wenig angesehen. Man hatte Angestellte oder Sklaven, die für einen arbeiteten. Paulus sagt: „Ich mache das nicht.“
„Geschmäht segnen wir, wir regen uns nicht auf, wir segnen. Verfolgt wir dulden, gelästert wir reden gut zu.“ Das heißt, wir suchen das Gegenüber im Gespräch. So leben wir.
Und die Korinther? Noch einmal Vers 10: „Wir sind Narren um Christi willen, wir sind schwach, ihr aber stark, ihr geehrt.“ Das ist, was die Korinther wollten. Sie wollten in der Gesellschaft einen Platz einnehmen, etwas darstellen, geachtet, stark und klug sein.
Wenn du das nicht aufgeben willst, wirst du am Ende das Evangelium und das Kreuz verlieren. Du musst dich entscheiden, ob du einem Mann folgst, der alle Regeln gebrochen hat, der so schwach geworden ist, wie es nur geht, und ob du sagst: Ich setze sein Reich und seine Herrschaft in meinem Leben an erste Stelle. Und alles andere muss sich dieser Beziehung zu meinem Herrn unterordnen.
Ich werde die größte Frage stellen und beantworten: Wie kann ich zuerst nach Gottes Reich trachten? Wie kann ich mit meinen Gaben, Lebensumständen, Finanzen und meiner Zeit zuerst nach Gottes Reich trachten? Und ich werde das leben.
Ich werde mich nicht irgendwo eingliedern lassen, es sei denn, Gott sagt mir, dass ich dorthin gehöre. Ich werde meinen Weg wählen, egal was es mich kostet. Und wenn der Rest meiner Verwandtschaft sagt, ich habe einen Fehler gemacht, werde ich ihm folgen.
Das ist die eine Seite. Oder wir wollen stark und geehrt sein.
Paulus sagt in Vers 14: „Nicht um euch zu beschämen schreibe ich dies.“ Es geht ihm nicht darum, euch eine verbale Ohrfeige zu geben. Es geht nicht darum, dass du dich schuldig fühlst oder dich wiedererkennst – vielleicht findest du einen kleinen Korinther in dir, der auch stark und geehrt sein will und für klug gehalten werden will.
Es geht Paulus nicht darum, dich zu beschämen. Er fragt: Wer bin ich, dass ich dir das sagen darf? Es geht ihm darum, euch als seine geliebten Kinder zu ermahnen.
Paulus sagt: Ich bin euer geistlicher Vater. Das bin ich jetzt nicht persönlich, ich will nicht, dass er mich falsch versteht. Aber Paulus als Gemeindegründer kann das sagen: Ich bin euer geistlicher Vater. Und wie Kinder möchte ich euch ermahnen, ermuntern und auf den richtigen Weg zurückbringen.
Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister hättet – mit „Zuchtmeister“ ist ein Sklave gemeint, der die Kinder zur Schule brachte, eine Art Aufpasser – wenn ihr zehntausend Aufpasser in Christus hättet, also zehntausend Älteste, Diakone und was weiß ich, dann hättet ihr nicht viele Väter.
Denn in Christus Jesus habe ich euch gezeugt durch das Evangelium. Paulus hat die Gemeinde gegründet.
Aufruf zur Nachfolge und Warnung vor Überheblichkeit
Ich bitte euch nun, sagt er, seid meine Nachahmer. Sie schauen auf ihn herab als auf den Apostel, der nicht viel hermacht – der schwach, arm, unansehnlich und misshandelt in die Stadt gekommen ist, der Hunger leidet und sich geweigert hat, von ihnen Geld anzunehmen. Lieber wollte er arbeiten gehen. Er hat es ganz bewusst darauf angelegt, nichts darzustellen und hat ihnen das Evangelium gepredigt.
Sie schauen auf diesen Mann herab, statt dass sie ihn zum Vorbild nehmen und sagen: Wenn die Ersten im Reich Gottes so leben, wenn Reich Gottes bauen eigentlich bedeutet, auf die Christusweise in die Gesellschaft hineinzuwirken und sein Leben zu verlieren – es wie ein Weizenkorn in die Erde zu säen, damit es stirbt, um dann, weil ich es verloren habe, es zu gewinnen; weil es gestorben ist, zu erleben, wie es neues Leben schafft und Frucht bringt –, dann kann Paulus zu Recht sagen: Seid meine Nachahmer, folgt mir doch darin. Ich bitte euch nun, seid meine Nachahmer.
Deshalb habe ich euch Timotheus gesandt, der mein geliebtes und treues Kind im Herrn ist. Er wird euch an meine Wege in Christus erinnern, er wird euch erzählen, wie ich das gelebt habe, falls ihr es vergessen habt. So lehre ich überall in jeder Gemeinde.
Einige aber sind aufgeblasen. Ja, da haben wir es: Einige halten sich für etwas Besseres. Einige sind aufgeblasen, als ob ich nicht zu euch kommen würde. Überhaupt, der traut sich eh nicht.
Achtung, Vers 19: Ich werde aber bald zu euch kommen, wenn der Herr will. Ich finde es spannend, wie Paulus sein Leben plant. Er hat Pläne, er sagt: Ich möchte dahin – mit der Einschränkung, wenn der Herr will. Planung und die Option, dass Gott jederzeit in mein Leben eingreift und Dinge ändert – das gehört einfach zusammen. So ist geistliches Leben. Wir planen, wir sind klug, wir sind weise, wir denken nach. Und dann kann Gott jederzeit sagen: Ja, ich habe noch eine andere Idee, dann machen wir es so. Die beiden Sachen gehören zusammen.
Paulus weiß nicht, ob er kommen wird, er würde gerne – wenn der Herr will. Und dann möchte er die Leute beurteilen, nicht nach dem, was sie reden – das kann jeder. Er will nicht das Wort, sondern die Kraft der Aufgeblasenen kennenlernen.
Die Frage ist nicht, wie du dich verkaufen kannst. Die Frage ist nicht, welche Stellung du in der Gesellschaft hast. Die Frage ist nicht einmal, wie gut du reden kannst, sondern ob das, was du sagst, dazu führt, dass Menschen verändert werden. Ob deine Worte Kraft haben, Herzen zu bewegen, Christus großzumachen in diesen Herzen und Menschen zu motivieren, anders zu leben – sei es, dass sie sich bekehren, sei es, dass sie Jüngerschaft ernst nehmen und abschließen mit ihrem alten Leben und ein ganz neues Leben in neuer Hingabe für Gott anfangen.
Warum? Denn das Reich Gottes besteht nicht im Wort, es besteht nicht durch Blabla, sondern in Kraft. Es ist keine Theorie, keine Philosophie, die wir verkündigen, sondern Lebensveränderung, Lebenstransformation.
Und dann kann Paulus sehr grob, finde ich, in Vers 21 abschließen: Was wollt ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen, als einer, der in die Gemeinde reinkommt und richtig aufräumt? Paulus hätte sich das anscheinend getraut – oder in Liebe und im Geist der Sanftmut, in einem sanftmütigen Geist.
Was wollt ihr? Wollt ihr Böses tun? Und dieses blöde Verhalten, das ihr euch angewohnt habt, wollt ihr das sein lassen? Dann werden wir uns auf eine sehr freundliche Weise begegnen. Wenn nicht, dann ist es die Verantwortung des Gemeindegründers Paulus, des Apostels Jesu Christi, nach Korinth zu ziehen und für Ordnung zu sorgen. Und wenn er das tut, dann kann es passieren, dass die, die jetzt noch groß von sich denken, erleben müssen, wie Paulus ein ganz unangenehmer Gesprächspartner wird.
Amen!