Vom polnischen Edelmann zum Pioniermissionar
Ein polnischer Edelmann war er, mit einem Doktor der Philosophie in der Tasche. Eine vielversprechende Karriere im diplomatischen Dienst schien ihm wie auf den Leib geschneidert. Doch es kam anders. Im Leben des Grafen Felician von Zaremba ist es dem Ruf Gottes zu verdanken, dass er seinen diplomatischen Dienst verließ, um als Pionier-Missionar im Südkaukasus und in Armenien das Evangelium unter Muslimen zu verbreiten.
Dies geschah in den Jahren 1822 bis 1835. Danach war Zaremba als Reiseprediger der Basler Mission kreuz und quer in Deutschland unterwegs. Nach langem Leiden verstarb er im Alter von achtzig Jahren am Pfingstsonntag des Jahres 1874 in Dasel.
Über Leben und Wirken des polnischen Adeligen mit besonders blauem Blut erzählt nun Rolf Schäffbuch in „Blaues Blut von Gott geadelt“. Ja, ein Edelmann war er wirklich – mit dickblütigem blauem Blut von beiden Elternteilen her, aus altem polnisch-litauischem Adel, der allerdings schon seit Generationen unter Russlands Fahne gedient hatte.
Zaremba, Graf Felician Zaremba, war ein Weltbürger. Schon die Sprachen, die er sprach, zeigen das: Neben dem heimatlichen Polnisch, Litauisch und Russisch beherrschte er Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch. Er hatte einen russischen Pass, war aber Jahrzehnte als Missionar der Basler Mission unterwegs – einer schweizerischen Mission mit stark württembergischem Hintergrund.
Er reiste quer durch Deutschland, die deutschen Fürstentümer, aber auch durch Europa, Holland und Dänemark. Von der Sprache her und durch seine Erfahrungen war er ein richtiger Weltbürger. Er war tätig in Armenien, in Südrussland, im Kaukasus und in Georgien. Wenn jemand schon vor 150 Jahren Groß-Europa in seiner eigenen Person verkörperte, dann war es Graf Felician Zaremba.
Nach seinem Doktorexamen, das er im Alter von 23 Jahren in Dorpat ablegte, wurde er in das geheime Reichskollegium für auswärtige Angelegenheiten aufgenommen. Wirklich, wie gesagt, stand ihm eine Karriere als Minister oder als hoher leitender Diplomat bevor. Dies war nach dem napoleonischen Überfall, als Russland nach dem Sieg über Napoleon mit allen großen europäischen Mächten verbündet war.
Vom Spötter zum überzeugten Christen
Er war, wenn man von einem Pioniermissionar spricht, Graf Felician von Zaremba auch ein überzeugter Christ. Wie kam es dazu?
Eigentlich war es zunächst genau das Gegenteil. Mit Christus hatte er überhaupt nichts am Hut. Kirche, Bibel und Christentum waren ihm fremd, ja sogar peinlich. Es störte ihn, dass sein Zar Alexander I. so viel Frömmlerisches von sich gab. Zwar waren seine Eltern und Großeltern Calvinisten gewesen, reformiert pro forma, doch dieser christliche Anstrich war bei Zaremba völlig und endgültig abgeblättert.
Den Anstoß zu einem neuen Glauben und zu einem neuen Vertrauen in Christus bekam er durch einen Freund. Wie überhaupt? Bei der Gewinnung für den Glauben sind Freundschaften ungeheuer wichtig. Dieser Freund gab ihm ein Buch in die Hand. Es war eine Lebensbeschreibung. Gerade deshalb sind Lebensbeschreibungen, wie wir sie auch hier auf unseren Kassetten im Rundfunk machen, so wichtig. Sie zeigen deutlich, wie Jesus ein Leben gestalten kann.
Über diese Lebensbeschreibung kam es dann zum Lesen der Bibel. Diese hat Graf Felician Zaremba schließlich endgültig überzeugt, von ganzem Herzen mit Jesus leben zu wollen.
Aber es muss doch noch etwas mehr gewesen sein, was diesen, ja sagen wir ruhig, Spötter Zaremba überzeugt hat und gepackt hat, Christus nachzufolgen.
Ja, es war diese Lebensbeschreibung, die ihm der Freund in die Hand gedrückt hatte. Es war die Lebensbeschreibung des Arztes und Multigelehrten Doktor Jung, der sich selbst Jung-Stilling nannte. Er hatte das Gefühl für die Sprache der damaligen Generation. Sogar Goethe hat dieses Buch von Jung-Stilling gelobt. Die Stimmung, die in diesem Buch war, machte es zu etwas Besonderem. Es weckte ein Heimweh danach, dass das Leben anders werden soll und anders werden kann.
Darum schlug es wie ein Blitz ein – in Deutschland, in Russland, in Russland mit seinem moralischen Durcheinander. Es schlug wie ein Blitz ein, wenn es bei Jung-Stilling hieß: zuerst von ihm persönlich, doch Menschen haben das auch auf sich bezogen.
Wer nicht dahin kommt, dass das Herz mit einer starken Leidenschaft Gott liebt, dem hilft alles Moralisieren nichts. Allein die Liebe Gottes macht uns tüchtig, moralisch gut zu werden. Das Herz ist die falscheste Kreatur auf Gottes Erdboden. Man meint immer, man habe die Absicht, mit den eigenen Fähigkeiten Gott und dem Nächsten zu dienen, aber das ist nicht wahr. Man will nur selbst ein großer Mann werden, gern hochkommen, um auch tief fallen zu können.
Wo bekomme ich die Kraft, mich selbst zu überwinden? So stand es bei Jung-Stilling, und genau das hat Graf Felician von Zaremba gepackt.
Von da an war es ihm nicht mehr so wichtig, sich selbst zu überwinden und Gemeinschaft mit solchen Leuten zu haben, die aus der Bibel täglich die Kraft schöpften, nicht sich selbst zu leben, sondern Gott und dem Nächsten zu dienen.
Die Abkehr von Besitz und Karriere
Wie bereits erwähnt, trennte sich Zaremba, anders als jener reiche Jüngling, von dem die Bibel berichtet, von seinem gesamten großen Besitz. Es fiel ihm offenbar nicht schwer, sich von seiner russischen Karriere zu lösen. Auch war es für ihn nicht schwierig, sich vom russischen Reich und seinen Aufgaben als Beamter zu befreien.
Schwer hingegen war es für ihn, Menschen zu finden, die genauso leben wollten wie er – Menschen, die Gott ernst nehmen wollten. Er wanderte durch ganz Europa und landete schließlich ohne den letzten Zehrpfennig in Weinheim an der Bergstraße.
Im Badischen hatte Jungstilling gewirkt. Zaremba dachte, dort müsse es doch Christen geben. Schließlich klopfte er eines Abends beim Dekan von Weinheim an und fragte: „Wo sind hier Menschen, die wirklich Christen sind?“ Der Dekan war ganz perplex und antwortete: „Wir sind doch alle getauft, wir sind doch alle Christen.“ Doch darum ging es nicht. Es ging nicht um Taufe oder äußeres Christsein. Jungstilling wollte mit Menschen leben, die mit Christus und durch Christus leben wollten.
Schließlich kam jemand auf die Idee, ihn zu einem Missionsseminar zu schicken – eine neue, ungewöhnliche Einrichtung, die in Basel gegründet worden war. Man beschloss, diesen merkwürdigen Diplomaten und Adligen aus Polen oder Russland dorthin zu schicken.
So wurde am 21. August 1818 dieser polnische Aristokrat, der eher wie der letzte Handwerksbursche aussah, in Basel liebevoll aufgenommen. Zaremba sagte später immer: „Ich fand eine Liebe, wie ich sie in der Weise und in dem Maß noch nie kennen gelernt hatte.“
Die Anfänge in Basel und der Ruf zum Kaukasus
Damals ging es in Basel sehr ärmlich und richtig armselig zu. Der russisch-polnische Adlige musste auf engstem Raum mit den bisherigen Bauern, Bürsten- und Handwerksgesellen zusammenleben. Die Missionsanstalt zog von einer Notunterkunft zur nächsten Interimsbleibe, da bisherige Spender ausfielen. Es waren die furchtbaren Hungerjahre 1817 und 1818.
Deshalb kam Begeisterung auf, als ein Freund aus Odessa schrieb: „Liebe Freunde, Geschwister, kommt in den Kaukasus! Hier ist ein Arbeitsfeld, hier sind deutsche Kolonistendörfer von Bessarabien bis hinunter nach Georgien. Hier sind Menschen, die ohne euch, wenn ihr nicht als Missionare helft, ihr Christsein vergessen. Sie leben umgeben von alten nestorianischen und armenischen Kirchen, die im Laufe der Jahrhunderte ausgetrocknet sind, ohne Leben aus Gott und ohne Ausstrahlung auf die Bevölkerung.“
„Wenn ihr kommt, dann könnten die Türen aufgehen zu einem Siegeszug des Evangeliums bis hinein in den Bereich Mohammeds, des falschen Propheten. Es könnten für Jesus Brücken geschlagen und Heerstraßen gebaut werden, die bis nach Indien reichen.“
In Basel hieß es plötzlich: „Das ist ein Geschenk Gottes, das ist der Auftrag, der uns vor die Füße gelegt ist. Es muss in tatarischer Umwelt eine Vorburg der Christenheit entstehen. Von dort aus sollen die Boten Jesu die Stämme Russlands durchziehen, aber auch das wundervolle Alpenland des Kaukasus mit Leben aus Gott erfüllen.“
Missionsinspektor Doktor Hoffmann formulierte fast kühn: „Wenn nur erst einmal das Licht Gottes hoch auf den Zinnen der Kaukasusgipfel aufgesteckt ist, kann es auch hineinleuchten nach Persien und in die Quellländer von Euphrat und Tigris.“
„Wir wollen nicht nur einzelne Missionsstationen und Schulen samt Druckereien einrichten. Vielmehr sollen die alten Kirchen der Nestorianer und der Armenier mit dem Feuer der Reformation neu belebt werden.“
Herausforderungen und die Realität vor Ort
Aber eines hat man bei all dem nicht bedacht: die zähe Verschlossenheit dieser alten Kirchen, die zähe Verschlossenheit Russlands gegenüber der Botschaft der Reformation. Zaremba hätte als Edelmann und erfahrener Russe sagen können, dass man in Russland unheimlich viel Zeit braucht. Es lässt sich nicht alles von heute auf morgen erledigen. Vor allem braucht man Verbindungen in Russland. So kann der kleinste Landgendarme die Missionare abblocken. Man braucht Empfehlungsschreiben aus Petersburg.
Und man ahnt nicht, wie groß die Entfernungen in Russland sind. Schon Napoleon hatte sich mit seinen Armeen in der Weite des russischen Raumes totgelaufen. Das konnte Zaremba nicht sagen, aber er wollte den Wein nicht durch Wasser verpanschen, das er in diesen Wein gegossen hat.
Das eigentliche Bedenken von Zaremba lag tiefer. Er hat im Wort Gottes gelesen, das Jesuswort: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bringt es keine Frucht.“ Es ist nichts mit den Siegesmeldungen, dass man für Jesus triumphale Siege erringen kann. Es geht vorerst durchs Leiden, durch Verzweiflung hindurch.
Das hat Zaremba auch ganz persönlich erfahren. Am Anfang machte man viel Aufhebens um ihn, den neu erweckten russischen Edelmann. Man dachte, wenn jemand so ernsthaft Christ ist, dann wird er auch Wunder tun können. So holte man ihn etwa 1820 an das Krankenbett von Ludwig Hofacker. Dieser hatte sich beim Stürzen den Schädel verletzt und lag schwer krank im Tübinger Stift. Man holte Graf Felician Zaremba, damit er dem Kranken die Hand auflegen und mit ihm beten sollte.
Zaremba kniete auch zwei Stunden an dem Krankenbett, aber nichts geschah. Das heißt: nichts geschah – zwei Jahre später war Ludwig Hofacker der Erweckungsprediger für das Württembergische Land. Aber auf den ersten Blick, so wie Zaremba dachte: Wenn ich mit ihm bete, muss doch das Wunder geschehen, dass er aufsteht – nein, das ist nicht geschehen.
Jesus vollbringt seine Veränderungen nicht von heute auf morgen. Auch Jesus lässt Zeit. Es geht durch Leiden hindurch. Deshalb war Zarembas Ruf in die Christenheit: „Achtet auf die träumerischen Parolen vom Siegeszug des Reiches Gottes.“
Das war es, was Zaremba aus der Bibel lernte und aus der Begegnung mit Leuten, die aus der Bibel leben wollten.
Die Bedeutung des Leidens und die Kraft des Glaubens
Etwa lernte er das von Samuel Preiswerk, der Lehrer an der Basler Missionsanstalt war. Von ihm stammt das Lied „Du gingst, o Jesus, unser Haupt, durch Leiden Himmel an und führest jeden, der da glaubt, mit dir die gleiche Bahn wohl an.“
So heißt es weiter: „So nimm uns allzugleich zum Teil am Leiden und am Reich, führ uns durch deines Todestor samt deiner Sach zum Licht empor.“ Dieses Lied ist wichtig, weil Zaremba zu diesem Lied von Preiswerk einen dritten Vers gedichtet hat. Er ergänzte das Lied mit der Strophe:
„Die Sach ist dein, Herr Jesus Christ,
Du starbest selbst als Weizenkorn
und sankest in das Grab,
belebe denn, o Lebensborn!
Die Welt, die Gott dir gab,
sendet Boden aus in jedes Land,
dass bald dein Name wird bekannt,
dein Name voller Seligkeit,
auch wir stehen dir zum Dienst bereit,
zum Dienst bereit, zum Dienst in Kampf und Streit.“
Zaremba wollte bereit sein, diesen Dienst zu tun. In der Person von Zaremba hatte daher Jesus den Basler Missionsleuten die richtige und nötige Hilfe zukommen lassen.
Zaremba verfügte über die nötigen Beziehungen. In Sankt Petersburg erhielt er nicht nur die erforderlichen Empfehlungs- und Schutzschreiben. Ohne diese hätte Zaremba seinen Dienst im Kaukasus, in Georgien, gar nicht ausüben können.
Durch die Vermittlung des Grafen Galizin, des frommen Fürsten Galizin, der Zaremba sehr wohlgesonnen war, erhielt er sogar eine Audienz beim Zaren Alexander I. Dieser ermutigte Zaremba, in den Stämmen im Kaukasus für geistliches Leben zu sorgen, und...
Missionarische Arbeit im Kaukasus
Dann brauchten Zaremba und seine Freunde Dittrich, Pfander und wie sie alle hießen sehr viel Zeit, bis sie endlich im Sommer 1822 in Astrachan ankamen, im Mündungsdelta der Wolga.
In einem Bericht heißt es: Die Straßen der Stadt sind voll von Kalmücken, Tataren, Armeniern, Dagestanern und Russen. Über der Stadt strahlt weithin sichtbar die Kuppel der tatarischen Moschee. Ganze Haufen fanatischer Mohammedaner – Anhänger des falschen Propheten, Spotter des gekreuzigten Christus – und die Namenschristen aus Ost und West entehren mit ihrem Lebenswandel den Namen ihres Herrn. Alles ist von Aberglauben und Unglauben durchdrungen. Da sollen wir Boten Jesu sein. Herr, Leben und Tod sind in deiner Hand.
Aber zuerst standen Sprachstudien auf der Tagesordnung. Mit seiner ihm eigenen Auffassungsgabe lernte Zaremba rascher als seine Gefährten Tatarisch und Persisch. Während dieses Sprachunterrichts wurde Zaremba als Sprachlehrer für Christ, den Sohn Muhammad Alis, eines fanatischen persischen Muslims, eingesetzt.
Doch sonst war die Missionsarbeit knochenhart. Nach einem Besuch bei den schwäbischen Siedlern in den Dörfern um Tiflis gründete Graf Zaremba ein Zentrum, ein Missionszentrum, in der von Schluchten umgebenen Stadt Susa in der Landschaft Karabach. Dort entstand eine Missionsdruckerei und eine Ausbildungsstätte für armenische Lehrer.
Über die Schwierigkeiten hören wir Zaremba im Originalton: „Oft kommen zehn bis zwanzig Muslime in unser Haus, sie wollen mit uns über Religion sprechen. Bisweilen schenkt ihr Heiland mir die Gnade, freimütig mit ihnen über Jesus Christus zu reden. Es ist nicht so, dass es an Gelegenheiten fehlt, aber es ist einfach bei ihnen nichts zu merken von einem bleibenden, tiefen Eindruck der Wahrheit, die Christus ist. Oft schweigen sie oder sie disputieren feurig. Auf bloße Wortgefechte jedoch lassen wir uns nicht ein, wir wollen sie doch für Jesus gewinnen. Es schmerzt mich, dass ich nicht mehr Herzenswärme für sie habe, nicht mehr brennende Liebe zu Jesus, nicht mehr Salbung des Heiligen Geistes, nicht mehr himmlische Ruhe und Milde, nicht mehr Gebet für sie, nicht mehr Hunger nach Beten – kurz mit einem Wort: Es schmerzt mich, dass ich nicht mehr Gottesgaben und auch nicht mehr Sprachkenntnis besitze.“
Diese Worte sind eindrücklich auch für uns heute. Wir müssen nicht mehr so lange Reisen machen wie Dietrich, Pfander und Zaremba, bis wir endlich zu Muslimen gelangen. Sie sind uns vor die Tür gelegt. Doch das geistliche, für Jesus werbende Gespräch mit Muslimen braucht viel liebevolle Zuwendung, keine Streitgespräche voller Rechthaberei.
Ich kann nur empfehlen, mit einem Atlas einmal die Karten Vorderasiens aufzuschlagen und die Namen zu finden, wie Kalmücken, Steppe, Astrachan, Han, Georgien, Krusien, Karabach, Tiflis. Dann wird uns deutlich, was das für Mühe kostete, früher wochenlange Reisen zu unternehmen – auf Kamelrücken, Maultierrücken, Flusstäler zu durchqueren, Hitze und Durst auszuhalten und dann noch die Liebe aufzubringen, diesen Menschen zu bezeugen, dass nur einer sie durch und durch versteht, dass einer sie annehmen will: Jesus Christus. Nicht der Prophet Mohammed, der ihnen Gebote gibt, Auflagen, vor dem man Angst haben kann, sondern der liebevoll uns zugewandte Jesus als Heiland.
Ein erster Schatten fiel auf manches Verheißungsvolle dort in dem Gebiet um Georgien und den Kaukasus. Als 1825 der fromme Zar Alexander I. starb, kam sein Bruder Nikolaus an die Regierung. Er hatte eine Parole: ein Volk, eine Sprache, eine Kirche – nämlich die russische orthodoxe Kirche. „Wir wollen keine Missionare aus den Ländern der Reformation haben.“
Und wirklich, 1835 kam dann nach immer bedrohlicheren Einschränkungen das endgültige Aus für die Missionare. Zaremba versuchte noch, aufgrund seiner guten Beziehungen nach Petersburg Reisen zu unternehmen und dort in den Ministerien vorzusprechen, ob nicht das Aus aufgehoben werden kann. Doch schließlich musste er 1838 sein geliebtes Missionszentrum in Schuscha verlassen.
Die Bilder von jener Zeit zeigen einen vorzeitig gealterten Mann, körperlich tief gebeugt. Das war auch die Folge einer schweren Choleraerkrankung, die er sich in Tiflis zugezogen hatte. Auf dem Foto ist nichts mehr zu sehen von der vornehmen Jugendlichkeit, die einst bei Zaremba bis ins Mannesalter hinein auffallend gewesen war. Aber die Augen strahlen. Aus den Augen spricht Zuversicht und Liebe.
Als einmal Schulkinder in Beugen gefragt wurden: „Wie sieht Liebe aus?“, antwortete eines von diesen Schulkindern: „Wie Zaremba!“ Wir sprechen von einem Grafen Zaremba, Rolf Schäffbuch, der gerade mal 45 Jahre alt war – oder muss man sagen jung? Er konnte sich doch noch nicht in den Ruhestand begeben, wohl auch angesichts seines dynamischen Lebens, seiner Motivation, seiner Kraft.
Konnte man ihn eigentlich noch auf irgendeinem anderen Missionsgebiet antreffen? Das hätte man wohl tun können, aber Zaremba hatte etwas ganz Neues entdeckt. Er war auch hier innovativ. „Wir müssen die Gemeinden in Deutschland, in der Schweiz, im Elsass, wir müssen ihnen den Horizont öffnen für die Weite des Königreiches Jesu. Wir müssen Missionsberichte machen, die in sich selbst schon wieder Evangelisation, Mission sind. Weckt die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit“, so hieß es in einem Missionslied.
Darin sah Zaremba seine Aufgabe und bat die Missionsleitung in Basel, als Missionsprediger, als Heimatmissionar eingesetzt zu werden. Es gab damals schon viel Ablehnung von Mission. Damals schon hieß es: „Man soll doch den Hindus nicht ihren Glauben nehmen, man soll doch den Muslimen ihren Glauben lassen.“ Und es wehrt sich doch auch jeder normale, durchschnittliche Christ dagegen, dass er noch mal einen Anstoß im Glauben braucht. „Ich bin doch schon recht, wenn alles so wäre wie ich, wäre es gut, was will denn die Evangelisation?“
Ja, schon Petrus, der Jünger Jesu, muss doch eigentlich aufbegehrt haben, als er nach drei Jahren Begleitung Jesu nach aller Bereitschaft für Einsatz von Jesus gesagt bekam: „Wenn du dich dereinst einmal bekehrst, dann stärke deine Brüder.“ Das ist keinem von uns, die wir Christen sein wollen, sehr lieb, dass uns gesagt wird, wir brauchen nochmal einen Anstoß.
Deshalb wird Evangelisation in der Kirche selbst, in der Christenheit selbst, sehr viel Widerstand erleben. Das wusste Zaremba. Und genau deshalb ließ er sich auf das schwierigste Missionsgebiet entsenden, das es gibt: hinein in die Kirchen Europas.
Es ist ja wichtig, dass anschaulich erzählt wird: Es ist nicht selbstverständlich, dass der Christenglaube bleibt. Er kann erstarren. Ganze große Gebiete, in denen einst lebendige Gemeinden gelebt haben – Nordafrika, Kleinasien – sind heute tot für das Evangelium. Christenglaube, auch der Glaube der Reformation, kann verkalken, erstarren, so wie die armenische Kirche und die nestorianischen Kirchen erstarrt sind.
Das wollte Zaremba anschaulich sagen und damit Menschen wecken: Es ist nicht selbstverständlich, den Glauben kann man nicht pachten. Und er wollte auch deutlich machen: Hopplahopp, Bekehrungen haben keinen Wert. Es braucht Generationen, bis christliche Gemeinden in ihrem Umfeld spürbar werden. Es braucht Jahrzehnte, bis sich in einem Christenleben Glaube gepaart hat mit Erfahrung, mit Gehorsam, mit Erkenntnis.
Vor allem wurden Zaremba und seine Gefährten, die nach ihm kommenden Heimatmissionare der Basler Mission, nicht müde, ihre packend anschaulichen Missionsberichte mit dem einladenden Ruf zu verbinden, der die Botschaft Jesu immer bestimmt hat: „Komm doch zu mir!“
„Mach ganz ernst mit mir, verbinde dich mit mir, folge mir nach, verlasse alles, was du hast, folge mir nach, kehre um, vertraue dem Evangelium.“ Diesen Ruf hatte Zaremba einst gehört und befolgt. Deshalb konnte er ihn auch selbst dringlich ausrichten – so dringlich, dass immer wieder Pfarrer und Konsistorien ihm den Mund zu verbieten versuchten. Hessen blieben ihm alle Kirchen versperrt.
In Gotha schrieb ein Zeitungsreporter: „Zu tadeln ist es, dass man auf der Kanzel der Schlosskirche einen Redner auftreten lässt, der sich erlaubt, zu einem gebildeten, an gutes Predigen gewöhnten Publikum zu sprechen wie zu einer unkultivierten russischen Bauerngemeinde.“ Man stelle sich vor, da musste ein Adliger mit erlesenster Bildung, ein Doktor der Philosophie, sich von einem kleinen Rezensenten in der Provinz sagen lassen: „Das passt nicht zu uns.“
Aber Zaremba wusste: Es gilt nicht nur, die Sache ist dein Herr Jesus Christus, sondern auch die Schmach ist dein Herr Jesus Christus, und wir wollen deine Schmach zusammen mit dir tragen.
Schließlich hat Felician von Zaremba auch über seinen Reisedienst gerade in Süddeutschland erfahren, dass Jesus auch scheinbar tote Gemeinden, Christen und Kirchen belebt. Es gibt den Bericht, dass ein Kutscher, der eigentlich Zaremba nur von dem entlegenen Dorf an die nächste Bahnstation bringen sollte, dann bei dem Missionsbericht dabei war und nachher sagte: „Mit diesem Mann würde ich um die ganze Welt reisen.“ Über den Vortrag von Zaremba hatte ihn die Liebe dieses Missionars gepackt. Die Horizontweitung für das immer stärker werdende Reich Jesu hat ihn erfüllt. Er wollte dabei sein, dazugehören zu dieser missionarischen Kirche.
„Du starbest selbst als Weizenkorn, nun sankest in das Grab“, so hat es Felician von Zaremba gedichtet. Die Gemeinschaft mit dem Leiden Jesu hatte er am eigenen Leib erfahren, zuletzt dann in einer acht Jahre dauernden Vorbereitung auf die Ewigkeit, wie er selbst sagte.
Nach mehreren Schlaganfällen konnte er seine Stube im Basler Missionshaus nicht mehr verlassen. An Pfingsten des Jahres 1874 ist er verstorben.
Aber sein Vermächtnis an uns heutige besteht im Wissen: Wir schulden Muslimen die liebevolle Einladung zu Christus Jesus, weil Gott ihnen mit Jesus mehr zugedacht hat als eben einen unter der Reihe der Propheten. Gott hat ihnen einen erbarmenden Erlöser zugedacht, und sein Name voller Seligkeit ist Jesus, Erbarmer, Retter, Seligmacher.
Euw-Chef-Buch über den polnischen Grafen und Edelmann Felician Graf Zaremba, den Pioniermissionar unter Muslimen im Südkaukasus und in Armenien.
Zaremba verstand die Nachfolge Jesu nicht wirklich als ein Opfer, sondern als eine Tat, einen Akt des Gehorsams, wörtlich als innere Notwendigkeit, als eine göttliche Leitung und ein an ihn ergangenes Gebot.
Nicht nur darin bleibt er für uns bis heute herausfordernd und beispielgebend – der feinsinnige Adelige mit einer großen Sehnsucht und Liebe zu seinem Herrn Jesus Christus.
Rückschläge und das Ende der Mission im Kaukasus
Ein erster Schatten fiel auf manches Verheißungsvolle in dem Gebiet um Georgien, Kaukasien. Als 1825 der fromme Zar Alexander I. starb, kam sein Bruder Nikolaus an die Regierung. Nikolaus hatte eine klare Parole: ein Volk, eine Sprache, eine Kirche – nämlich die russisch-orthodoxe Kirche. Missionare aus den Ländern der Reformation sollten nicht geduldet werden.
1835 führte dies nach immer bedrohlicheren Einschränkungen zum endgültigen Aus für die Missionare. Zaremba versuchte noch, aufgrund seiner guten Beziehungen in Petersburg Reisen zu unternehmen und in den Ministerien vorzusprechen, ob das Aus nicht aufgehoben werden könne. Doch schließlich musste er 1838 sein geliebtes Missionszentrum Schuscha verlassen.
Die Bilder aus jener Zeit zeigen einen vorzeitig gealterten Mann, körperlich tief gebeugt. Dies war auch die Folge einer schweren Choleraerkrankung, die er sich in Tiflis zugezogen hatte. Auf dem Foto ist von der einst vornehmen Jugendlichkeit, die bei Zaremba bis ins Mannesalter auffallend war, nichts mehr zu sehen. Doch seine Augen strahlen. Aus ihnen spricht Zuversicht und Liebe.
Als einmal Schulkinder in Beugen gefragt wurden: „Wie sieht Liebe aus?“, antwortete eines von ihnen: „Wie Zaremba!“ Wir sprechen von einem Grafen Zaremba.
Die neue Aufgabe als Heimatmissionar
Rolf Schäffbuch war gerade einmal 45 Jahre alt – oder sollte man besser sagen jung. Er konnte sich noch nicht in den Ruhestand zurückziehen, vor allem angesichts seines dynamischen Lebens, seiner Motivation und seiner Kraft.
Konnte man ihn eigentlich noch auf einem anderen Missionsgebiet antreffen? Das hätte man wohl tun können. Doch Zaremba entdeckte etwas ganz Neues und war auch hier innovativ. Er sagte: „Wir müssen die Gemeinden in Deutschland, in der Schweiz und im Elsass erreichen. Wir müssen ihnen den Horizont für die Weite des Königreiches Jesu öffnen. Wir müssen Missionsberichte erstellen, die in sich selbst bereits Evangelisation und Mission sind. So wecken wir die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit“, wie es in einem Missionslied heißt.
Darin sah er seine Aufgabe. Er bat die Missionsleitung in Basel, ihn als Missionsprediger und Heimatmissionar einzusetzen. Schon damals gab es viel Ablehnung gegenüber Mission. Man sagte, man solle den Hindus ihren Glauben lassen und auch den Muslimen ihren Glauben nicht nehmen.
Jeder normale, durchschnittliche Christ wehrt sich dagegen, noch einmal einen Anstoß im Glauben zu brauchen. „Ich bin doch schon recht so, wie ich bin. Wenn alles so wäre wie ich, wäre es gut. Was will denn die Evangelisation?“
Schon Petrus, der Jünger Jesu, musste wohl aufbegehren, als er nach drei Jahren Begleitung Jesu und nach aller Bereitschaft für den Einsatz für Jesus von ihm gesagt bekam: „Wenn du dich dereinst einmal bekehrst, dann stärke deine Brüder.“
Das ist keinem von uns, die wir Christen sein wollen, sehr lieb, wenn uns gesagt wird, dass wir noch einmal einen Anstoß brauchen. Deshalb erfährt Evangelisation in der Kirche selbst, in der Christenheit, sehr viel Widerstand – das wusste Zaremba.
Und genau deshalb ließ er sich in das schwierigste Missionsgebiet entsenden, das es gibt: hinein in die Kirchen Europas.
Die Gefahr des Erstarrens und die Notwendigkeit der Erneuerung
Es ist wichtig, dass anschaulich erzählt wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Christenglaube erhalten bleibt. Er kann erstarren. Ganze große Gebiete, in denen einst lebendige Gemeinden existierten – wie Nordafrika oder Kleinasien – sind heute tot für das Evangelium.
Auch der Christenglaube, einschließlich des Glaubens der Reformation, kann verkalken und erstarren. So wie es bei der armenischen Kirche und den nestorianischen Kirchen geschehen ist. Das wollte Zaremba anschaulich darstellen und damit Menschen wachrütteln. Der Glaube ist nicht selbstverständlich und kann nicht einfach gepachtet werden.
Er wollte außerdem deutlich machen, dass schnelle Bekehrungen keinen bleibenden Wert haben. Es braucht Generationen, bis eine christliche Gemeinde in ihrem Umfeld spürbar wird. Es dauert Jahrzehnte, bis sich im Leben eines Christen Glaube mit Erfahrung, Gehorsam und Erkenntnis verbindet.
Vor allem aber wurden Zaremba und seine Gefährten, die nach ihm kommenden Heimatmissionare der Basler Mission, nicht müde, ihre packend anschaulichen Missionsberichte mit dem einladenden Ruf zu verbinden, der die Botschaft Jesu immer bestimmt hat: Komm doch zu mir!
„Mach es ganz ernst mit mir, verbinde dich mit mir, folge mir nach, verlasse alles, was du hast, kehre um und vertraue dem Evangelium.“
Widerstand und Ermutigung im Heimatdienst
Diesen Ruf hatte Zaremba einst gehört und befolgt. Deshalb konnte er ihn auch selbst so dringlich ausrichten, dass immer wieder Pfarrer und Konsistorien ihm den Mund zu verbieten versuchten. In Hessen blieben ihm alle Kirchen versperrt.
In Gotha schrieb ein Zeitungsreporter: „Zu tadeln ist, dass man auf der Kanzel der Schlosskirche einen Redner auftreten lässt, der sich erlaubt, zu einem gebildeten, an gutes Predigen gewohnten Publikum zu sprechen, wie zu einer unkultivierten russischen Bauerngemeinde.“ Man stelle sich vor, da musste ein Adliger mit erlesenster Bildung, ein Doktor der Philosophie, sich von einem kleinen Rezensenten in der Provinz sagen lassen: „Das passt nicht zu uns.“
Aber Zaremba wusste, es gilt nicht nur: „Die Sach ist dein Herr Jesu Christ“, sondern auch: „Die Schmach ist dein Herr Jesu Christ.“ Und wir wollen deine Schmach zusammen mit dir tragen.
Schließlich hat Felician von Zaremba auch über seinen Reisedienst gerade in Süddeutschland erfahren, dass Jesus auch scheinbar tote Gemeinden, Christen und Kirchen belebt. Es gibt den Bericht, dass ein Kutscher, der eigentlich Zaremba nur von dem entlegenen Dorf an die nächste Bahnstation bringen sollte, dann bei dem Missionsbericht dabei war und nachher sagte: „Mit diesem Mann würde ich um die ganze Welt reisen.“
Über den Vortrag von Zaremba hatte ihn die Liebe dieses Missionars gepackt. Die Horizontweitung für das immer stärker werdende Reich Jesu hat ihn erfüllt. Er wollte dabei sein, mit dazugehören zu dieser missionarischen Kirche.
Das Vermächtnis eines lebenslangen Dieners
Du starbst selbst als Weizenkorn, nun sankst du in das Grab, so hat es Felician von Zaremba gedichtet. Die Gemeinschaft mit dem Leiden Jesu hatte er am eigenen Leib genug erfahren, zuletzt in einer acht Jahre dauernden Vorbereitung auf die Ewigkeit, wie er selbst sagte.
Nach mehreren Schlaganfällen konnte er seine Stube im Basler Missionshaus nicht mehr verlassen. An Pfingsten des Jahres 1878 ist er verstorben.
Sein Vermächtnis an uns heute besteht im Wissen, dass wir Muslimen die liebevolle Einladung zu Christus Jesus schulden. Denn Gott hat ihnen mit Jesus mehr zugedacht als nur einen weiteren unter der Reihe der Propheten. Gott hat ihnen einen erbarmenden Erlöser zugedacht, und sein Name voller Seligkeit ist Jesus – Erbarmer, Retter, Seligmacher.
Das Euw-Chef-Buch über den polnischen Grafen und Edelmann Felizjan Graf Zaremba beschreibt ihn als Pioniermissionar unter Muslimen im Südkaukasus und in Armenien. Zaremba verstand die Nachfolge Jesu nicht als ein Opfer, sondern als eine Tat, einen Akt des Gehorsams – wörtlich als innere Notwendigkeit, als göttliche Leitung und als ein an ihn ergangenes Gebot.
Nicht nur darin bleibt er für uns bis heute herausfordernd und beispielgebend: der feinsinnige Adelige mit einer großen Sehnsucht und Liebe zu seinem Herrn Jesus Christus.