Einführung und Predigttext: Die Hochzeit zu Kana
Wir haben heute als Predigttext für den zweiten Sonntag nach dem Erscheinungsfest die Hochzeit zu Kana nach Johannes 2,1-11.
Am dritten Tag fand eine Hochzeit zu Kana in Galiläa statt. Die Mutter Jesu war dort ebenfalls anwesend. Jesus und seine Jünger wurden ebenfalls zur Hochzeit eingeladen.
Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Jesus antwortete ihr: „Frau, was habe ich mit dir zu tun? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Seine Mutter sagte zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“
Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es die jüdische Reinigungsvorschrift verlangte. In jeden Krug passten zwei oder drei Maß. Jesus sagte zu ihnen: „Füllt die Wasserkrüge mit Wasser!“ Sie füllten sie bis zum Rand.
Dann sagte er zu ihnen: „Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister!“ Sie brachten das Wasser.
Als der Speisemeister den Wein kostete, der vorher Wasser gewesen war, wusste er nicht, woher er stammte. Die Diener aber wussten es, denn sie hatten das Wasser geschöpft.
Darauf rief der Speisemeister den Bräutigam und sagte zu ihm: „Jeder gibt zuerst den guten Wein, und wenn die Gäste betrunken sind, dann den geringeren. Du aber hast den guten Wein bis jetzt aufgehoben.“
Dies war das erste Zeichen, das Jesus in Kana in Galiläa tat. Er offenbarte dadurch seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.
Herr, wecke in uns jetzt diesen Glauben. Amen.
Die Jesusinfektion: Eine ansteckende Gesundung
Jetzt geht die Grippe um. Überall hört man Leute husten, und es ist eine schreckliche Sache, wie leicht sich einer gleich an zehn andere ansteckt. Manche würden aus Vorsorge am liebsten herumlaufen und sich, wie in Japan, solche Tücher vor die Nase binden. Es ist erschütternd, was so ein kleiner Virus bewirken kann.
Sitzen gute Mediziner zusammen, muss man vorsichtig sein, aber wenn ich richtig informiert bin, ist ein Virus nur so ein ganz kleines anorganisches Teilchen, ein Zellkern, den man nur mit den besten Elektronenmikroskopen überhaupt sichtbar machen kann. Und solch ein kleines Teil, das nicht einmal ein Lebewesen ist, bringt es fertig, dass die Eisenbahnzüge nicht mehr pünktlich verkehren, dass Schulklassen plötzlich frei haben, weil der Lehrer krank ist, dass Läden schließen und Menschen sterben, weil sich das Virus unsichtbar ansteckend weiterverbreitet.
Was uns die Evangelisten von Jesus erzählen, ist ein ähnlicher Prozess der Ansteckung. Nur geht es hier nicht um eine Erkrankung, sondern um eine ansteckende Gesundung. Das sollten Sie bei der Lektüre des Johannesevangeliums noch einmal beachten. Wir haben ja jetzt nur einen Teil ausgewählt. Johannes erzählt das gleich, eigentlich könnte man sagen, mit stockendem Atem am dritten Tag. So fängt er an. Ja, was war denn am zweiten und ersten Tag?
Am ersten Tag hat Johannes den Finger ausgestreckt und auf Jesus von Nazareth gezeigt: „Siehe, das ist Gottes Lamm.“ Am zweiten Tag hat es schon den Ersten gepackt, denn Simon nennt Jesus ihn „Du bist Petrus“. Noch am gleichen Tag geht diese Epidemie durch die Jesus-Infektion weiter und packt jetzt Philippus. Er läuft zu Nathanael und ruft: „Komm und sieh es!“ Einer nach dem anderen wird gepackt und kommt mit, einer nach dem anderen, so geht es weiter.
Uns interessiert heute, wie diese Jesus-Infektion eine Ansteckung zur Gesundung bewirkt. Überall wird in den weiter erzählenden Evangelien beschrieben, wie diese Infektion nicht nur Menschen mitnimmt, sondern wie diese Menschen ihre ganzen Geschäftsbücher revidieren. Sie sind von Jesus geprägt, wie Zacchaeus, der eine ganz neue Geldordnung entwirft und eine völlig neue Geschäftsmoral hat – von heute auf morgen, weil er von Jesus getroffen und angesteckt ist.
Und weil das weitergeht, werden plötzlich Menschen, die bisher nur ihren Mitmenschen Last und Qual waren und Ärgernis des bösen Geräts in der Stadt, zur Quelle der Freude und der Liebe. Von diesen Menschen geht etwas Heilendes in die Welt hinein, und es ereignet sich das ganz Große: Es wird eine heile Welt, ein Gesundungsprozess geschieht.
Die Bedeutung der Hochzeit in Kana
Uns interessiert jetzt, was an diesem dritten Tag in Kana genau passiert ist. Es handelt sich nur um einen kleinen Ausschnitt aus der großen Bewegung, die Jesus entfacht hat – eine Bewegung, in der auch unser Leben eingebettet ist und an der wir teilhaben.
Was geschah also am dritten Tag? Zunächst müssen wir die Szene betrachten: Es war eine Hochzeit in Kana. Jesus und seine Jünger waren ebenfalls dort. Kana war ein kleines Dorf, etwa dreizehn Kilometer nördlich von Nazareth. Aus dem Johannesevangelium wissen wir – ein Bibellexikon kann dies leicht bestätigen –, dass Nathanael, einer der ersten Jünger, aus Kana stammte.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wurde die Hochzeit über Nathanael organisiert, sodass Jesus und seine Jünger eingeladen wurden. Vielleicht sagte Nathanael: „Ich kenne da eine Hochzeit, lasst uns gemeinsam hingehen.“ Oder die Einladung kam über die Verwandtschaft Jesu, was ebenfalls möglich ist, da die Mutter Jesu extra erwähnt wird.
Warum aber war der Vater Jesu nicht dabei? War er bereits verstorben? Das wissen wir nicht.
Es handelt sich um eine Dorfhochzeit, die hier gefeiert wird. Das ist wichtig, denn oft bringen wir den Glauben, wenn Christen darüber sprechen, nur mit besonderen Situationen in Verbindung. Man sagt dann: „Warum müssen wir Christen sein? Weil wir Jesus brauchen, wenn es ums Sterben geht.“ Das ist richtig – wir brauchen Jesus auch für den Tod.
Doch es wäre falsch, Jesus nur an den Rand unseres Lebens zu stellen, nur in den Katastrophenmomenten, wenn schreckliche Dinge geschehen, wenn Bombenangriffe stattfinden oder andere schlimme Ereignisse eintreten. Johannes macht deutlich, dass die „Jesusinfektion“ zuerst im alltäglichen Leben geschieht. Man kann sogar sagen, sie zeigt sich an den Höhepunkten unseres Alltags, an Sonntagen, Feiertagen und Festtagen.
Gerade dort wird sichtbar, wie wunderbar dieser Gesundungsprozess durch Jesus geschieht.
Freude und Alltag: Jesus bei der Dorfhochzeit
Es gibt heute eine gewisse theologische Modelektüre. Ich las in dem Buch von H. W. Cox, einem baptistischen Pastor, der vor ein paar Tagen auch in Stuttgart war, dass er vom modernen Christentum spricht – als sei das etwas anderes. Er sagt, im modernen Christentum kehrt wieder der Geist des jubilierenden, ja des dionysischen ein.
Wenn Sie wissen, wer Dionysius war: Das ist der römische Bacchus, der Weingott. Cox meint, durch die Geschichte mit Jesus kehrt ins Christentum etwas von dieser Bacchus-Freude zurück. Nein, das ist ein Missverständnis. Bacchus und Dionys sind Götter der Ekstase und des Rausches. Wenn Sie wissen, was im Rausch geschieht und in jener Ekstase, dann wissen Sie, dass das mit der Gabe Gottes und mit der Freude an der Natur der Welt gar nichts mehr zu tun hat.
Jesus gibt keine Freude, nach der man einen Kater hat. Jesus schenkt eine Freude, die nicht vergeht. Es geht hier um das herrliche Genießen der Gaben Gottes, auch der Weingabe, einfach in der Freude. Ich möchte sogar so sagen: Es handelt sich hier vielleicht um die Schilderung einer Dorfhochzeit. Wenn ich das ein bisschen in unserer Couleur ausschmücken darf.
Auf unseren Hochzeiten ist ja auch nicht Bacchus der Herrscher, sondern da sagt die kleine Petra ein Gedicht auf, der Vetter Hans bringt seine Geige mit, und die Base Hanna noch das Cello. Dann wird musiziert, und die Väter machen noch einen Sketch. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Das ist die Situation der Dorfhochzeit.
Jesus und seine Jünger sind auch dabei. Jesus geht hin zu diesen netten, schönen Festen unserer Welt. Das ist Jesus nicht zu wenig, sondern da gehört er hin. Es gibt gar nichts, was ausgeschlossen ist. Er ist bei den Zerbrochenen, bei den Niedrigen und bei den Weinenden. Er ist dort, wo fröhlich Hochzeit gefeiert wird und wo gelacht wird. Das gehört mit dazu.
Und alles war so schön geplant, sie haben sich Mühe gegeben, das Fest zu arrangieren. Was machen da die Brauteltern oft für Mühe! Und dann passiert es doch, dass der Kuchen nicht richtig gelingt, dass der Kaffee nicht rechtzeitig auf den Tisch kommt. Sie wissen doch, wie das ist. Das sind Belanglosigkeiten.
Wenn Sie diese Geschichte genau ansehen, dann verstehen Sie, dass es nicht um das Dionysische geht. In allen unseren Festen gelingen Kleinigkeiten nicht, und unser Leben braucht so sehr die Kleinigkeiten. Was sind denn unsere täglichen Sorgen? Was sind sie denn? Kleinigkeiten.
Man könnte bei der Geschichte sagen: Müssen Sie unbedingt Wein trinken? Es gäbe ja auch noch Säfte. Ist das so lebensnotwendig? Nein, natürlich kann man auch Hochzeit feiern ohne Wein, aber es ist eben eine misslungene Festvorbereitung.
Jetzt denken Sie mal ganz konkret an die Dinge, die Ihnen Kummer machen, die Ihnen Not bereiten, die ganz kleinen Dinge. Was ist das? Die Kinder zanken immer, mein Ehemann hat nie Zeit für mich, ich hatte so einen ärgerlichen Autounfall, die Gasrechnung war so hoch. Das ist doch unser Leben, damit beschäftigen wir uns doch.
Und das ist Jesus nicht zu wenig. Das ist fast bestürzend: Er nimmt sich um diese kleinen Dinge an. Und wie er das sieht: „Ihr habt keinen Wein.“ Da ist Jesus ganz klar: Ich muss helfen, und das Letzte muss auch noch rein. Jesus will uns die ganze Freude am Urlaub schenken. Jesus will uns einen herrlichen Sonntag bereiten.
Er möchte uns auch in den ganz äußeren, kleinen, ärgerlichen Dingen unseres täglichen Lebens diese volle Freude schenken, weil er uns lieb hat. Seien Sie bitte jetzt nicht bestürzt und sagen: Das ist mir zu wenig Theologie. Heute wird viel gesprochen über Jesus und die Nöte der Welt – Nordirland, Nahost und Vietnam. Das ist alles richtig.
Aber dieser Jesus beginnt seine Heilung bei deinen ganz kleinen Alltagsnöten. Strick sie ihm hin: Es fehlt daran, und ich kann nicht fröhlich sein. Du weißt, was mir fehlt, Jesus. Aber nun schauen wir auf Jesus.
Jesus und seine Jünger bei der Hochzeit
Das war also die Szene der Dorfhochzeit – und nun Jesus selbst. Jesus ging nicht auf die Hochzeit, weil er auf unsere dionysische Freude angewiesen wäre oder weil er unsere Glückseligkeit bräuchte. Vielmehr geht er hin, weil er sich so fest mit unserem Alltag verbindet.
Ich las bei dem großen Ausleger Humburg, Präses im Kirchenkampf in der Rheinischen Kirche, dass er sagte, es sei eine stereotype Wendung: Jesus und seine Jünger. Das sei so stereotyp, wie man bei uns sagt: Zahn und Nopper, Knackel und Peitz, Hahn und Kolben – Jesus und seine Jünger, nicht? Sagt Humburg. So gehört das zusammen, das ist ein Kopernjoh-Geschäft. Und er hat sich an seine Jünger hingebunden. Deshalb ist er dort, und dort kehrt er ein, wo diese Festesfreude ist.
Er hat ein ganzes Buch dieser Humburg überschrieben mit der Auslegung der Hochzeit zu Kana: „Jesus und seine Jünger“. Das waren merkwürdige Gestalten, komische Leute, was das alles gewesen sein mag – Jesus und seine Jünger. Und sie sind auch da, und da ist dieses Fest verwandelt.
Warum bindet sich denn Jesus so sehr an diese Hochzeit? Warum? Wieso bindet er sich an diese Niedrigkeiten? Warum bindet er sich an seine Jünger? Er braucht es doch nicht – er tut es, weil er uns lieb hat.
Wir haben ja begonnen, unsere Abendmahlsfeier ab und zu in neuer Form zu feiern. Da sagen wir, wenn wir das Brot weitergeben, dem, der neben uns sitzt, ein Wort, ein Bibelwort oder sonst ein Wort des Zuspruchs. Und weil das für manche neu war, sage ich, dass sie jetzt nicht erschrecken sollen. Vielleicht haben sie kein Bibelwort parat, dann sagen sie doch nur dem, der neben ihnen sitzt, das größte Wort, das sie sagen können.
Ich sagte da neulich hier an der Abendmahlsfeier: Das größte Wort, das sie sagen können, ist „Jesus hat dich lieb“. Denn da ist das drin: Er bindet sich an dich und deine kleine Welt. Er geht mit auf deine Feste und auf deine Freuden, wie so ein Compagno sich hier mit seinem Anderen zusammenschließen muss, weil das gar nicht mehr anders geht. Und Jesus hat das so gemacht.
Dann nimmt er diese steinernen Gefäße – die hat vorher niemand beachtet, sie standen einfach auf der Seite da. Man hat sie für ganz andere Zwecke gebraucht, für die jüdische Reinigung. Jesus nimmt diese irdischen Gefäße, an denen jeder achtlos vorübergeht, und spricht sein machtvolles Segenswort. Plötzlich ist Wein da, die Fülle ist da, und das Fest geht weiter.
In den ganz äußeren Dingen spricht er seinen Segen – und er offenbart seine Herrlichkeit. Das macht Jesus. Wir wissen noch gar nicht, wo und wie er die Dinge löst. Es ist für ihn ein ganz Kleines.
Wir wollen uns doch nicht an dem Äußeren aufhalten. Wir sind doch gerade überzeugt: Das ist die Herrlichkeit Jesu, dass er Wunder tut in den äußeren Kleinigkeiten und großen Dingen unseres Lebens. Was mich heute auch bewegt: Er tut Wunder, er spricht sein Segenswort und wandelt Wasser in Wein.
Das war ein Staunen und ein Verwundern bei diesen Jüngern. Was ist da eigentlich geschehen? Sie haben es nicht begriffen, sie konnten nur staunend dastehen und schauen. Er hat alles gewandelt, und er macht das Fest erst zum ganzen Fest. Er gibt dieses Letzte, was wir noch brauchen, zur vollen Glückseligkeit und zur vollen Freude.
Die Bedeutung der Zeichen und die Hoffnung auf Heilung
Noch ein letztes: Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie meine Einteilung als ein Stück geistliche Zucht verstehen – damit wir nicht mit unseren Gedanken umherschweifen, sondern uns auf ganz konkrete Stellen eines Bibeltextes konzentrieren.
Zuerst haben wir die Szene betrachtet, dann unseren Blick auf Jesus gerichtet. Nun müssen wir noch einen Blick auf die Welt werfen.
Vielleicht sagt jemand: Was ist denn schon geschehen? Sechs Krüge wurden verwandelt. Doch wir hören immer wieder viele Stimmen, die sagen: Was ist das schon? In der Welt gibt es so viel, ja fast möchte ich sagen, ein Sehen von Leid, Tränen und Klagen. Was ist das schon, wenn Jesus da sechs Krüge in Wein verwandelt hat?
Diejenigen, die so reden, haben nichts verstanden. Diese Zeichen, die Jesus getan hat, sind keine Mythen, sondern Ereignisse, die wirklich geschehen sind. Das ist so wichtig, gerade angesichts der leidenden Kreatur. Denn wenn das nicht geschehen ist, dann gibt es in dieser Welt kein vollkommenes Heil. Dann gibt es in dieser Welt eben nur das, was es eben gibt: diese Alltäglichkeiten.
Hier wird gesagt: Jesus macht im Alltag das ganz besondere Heil, auch im Äußerlichen. Es gibt die Vollendung dieser Kreaturen, dieser Natur. Weil Jesus dies exemplarisch, also beispielhaft, vollzogen hat – hier als erstes Zeichen, zeichenhaft an einem Stück –, hat er es später auch an einem blind geborenen Menschen vollzogen, an einem Aussätzigen, an einem Gichtbrüchigen, an einem Toten. An einigen Zeichen, damit wir wissen: Die Welt wird anders, sie wird herrlich werden.
Das ist der einzige Grund, warum man in dieser Welt den Kopf hochheben kann und fröhlich sein darf. Weil Jesus an unserer leidenden Natur, an unserer leidenden alltäglichen Welt diese Zeichen vollzogen hat. Es gibt eine wirkliche Hoffnung auf die neue Welt.
Karl Marx hat das Schlimme getan, dass er diese Heilshoffnung der Christen auf die irdische Weltgeschichte übertragen hat. Dabei hat er nicht erkannt, dass diese Heilsgeschichte eine Geschichte ist, die mit dem Heiland Jesus, mit dem Zurechtbringer Jesus zusammenhängt – und nicht mit Menschen.
Das wollten die Zeugen doch erzählen. Karl Marx hat das ja noch irgendwo von den Christen mitbekommen: Diese ganz große Heilshoffnung gibt es nirgendwo sonst in der Welt. Sie wissen vielleicht, wie es in anderen Religionen ist: Der Gedanke ist, dass alles beim Alten bleibt, die Welt sich dreht und so bleibt, wie sie ist.
Die Christen haben von Jesus her auf einmal eine bestürzende Weitung ihres Horizonts bekommen. Es gibt eine Hoffnung, und es lohnt sich, an dieser Welt zu arbeiten. Aber doch nicht so, wie heute manche christliche Revolutionäre bei uns sagen wollen. Nicht dann, wenn der Mensch die ganze Kraft zusammennimmt und die Revolutionäre aller Welt sich vereinigen. Sondern dann, wenn Beter um diese Welt ringen.
Das ist doch das Zeugnis des Neuen Testaments. Die Erneuerung der Welt geschieht nicht, wenn ein paar Menschen den Willen zum Guten haben. Deshalb steht hinter all diesen neuen Menschheitsentwürfen und Heilsentwürfen, die noch so viel Leiden über die Welt bringen, nur Tränen, Unterdrückung und Unterjochung.
Denn Heil gibt es nicht, wenn der Mensch es will, sondern Heil gibt es, wenn Jesus seine Herrlichkeit offenbart – ja, wenn die Stunde Jesu gekommen ist. Wie hart hat er Jesus die Maria anfahren können: „Weib, was geht es dich an? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Und manchmal wundert man sich, wie hart wir mit Jesus ringen und fragen: Warum denn das alles in der Welt? Und er sagt: Meine Stunde ist noch nicht gekommen – die Weltvollendung und die Schaffung der neuen Welt.
Doch das letzte Wort, das wir hier über diesen wunderbaren Bericht von der Hochzeit zu Kana sprechen können, lautet: Über dieser Welt gibt es Hoffnung.
Wenn Huldreich Zwingli mit dem Einsatz seines Lebens für die Kommunalpolitik von Zürich gestritten hat oder Johannes Calvin um die sittenverderbte Stadt Genf gerungen ist, dann haben sie das getan, indem sie darauf pochten, dass Jesus Wasser zu Wein verwandelt.
Es lohnt sich, über diese kaputte Welt noch sein Leben hinzugeben im Dienst. Denn sie wird verwandelt werden von Jesus. Dieses Heil ist zugesagt.
Und wenn die Stunde Jesu kommt, dann kommt sie. Wir dürfen darum beten und unser Leben dafür einsetzen.
Ich möchte es noch krasser sagen: Wie konnte Luther um eine kaputte, kranke Kirche kämpfen? Er hat nicht gesagt: Mit der Kirche ist auch nicht mehr viel los. Was war damals alles kaputt? Und doch hat er um diese Kirche gekämpft, weil er wusste: Jesus macht aus Wasser Wein. Das ist eine Verheißung Jesu über dieser Welt.
Schlussgebet und Sendung
Und jetzt können wir all das nehmen, was uns heute an Leiden in der Welt bedrängt. Wir Christen, die wir Jesus kennen, haben dieser Welt etwas Großes zu bringen – nicht nur Sprüche, sondern Heil, vollkommenes Heil, dort, wo Jesus wandelt.
Deshalb haben wir noch mehr zu bringen, selbst bei den hungernden Völkern. Wir sagen ihnen von Jesus, der all die Leiden dieser Welt in Freude verwandeln kann. Dort, wo Jesus seine Herrlichkeit offenbart, wenn seine Stunde kommt. Es waren nur Zeichen, die geschahen. Doch seine Jünger glaubten an ihn. Glaubende gehen durch die Welt und erleben weitere Zeichen. Sie werden Träger der Jesus-Infektion, die die ganze natürliche Welt mit einschließt. Amen!
Unter vielen Glaubenden, die uns schon gestärkt haben, selbst im Glauben, wie dein Reich von Anfang der Welt an steht. Vergib uns, dass wir uns so oft von Zweifeln und Widerspruch bedrücken lassen. Oft weichen wir auch dem Leiden dieser Welt aus, weil wir es nicht ertragen können. Wir meinen, es sei zu schwer, all das zu sehen.
Aber du gibst uns Mut, uns ganz neu dieser ganzen Macht des Leidens zu stellen – der kranken Welt und all dem, was fehlt zur vollen Freude und zur vollen Herrlichkeit. Du setzt Zeichen, Zeichen deiner Herrschaft, und lässt uns auch heute deine großen Wunden erleben.
Im Glauben an deine Herrschaft, an dein Reich und an deine Macht wollen wir uns wieder neu von dir senden lassen. In unser tägliches Leben hinein, in die vielen Aufgaben, die wir haben, zu den Menschen, die dich nicht kennen. Dass wir ihnen von der großen Hoffnung dieser Welt sagen, von der großen Hoffnung unseres Menschenlebens, von der großen Hoffnung, die über dieser Natur liegt und die in dir verbürgt ist. Dass wir den Kopf aufrichten dürfen und fröhlich sein können.
Herr, wir wollen dich jetzt auch ganz besonders für die bitten, die durch schweres Leiden gehen müssen, die du im Glauben zubereitest, damit sie im Glauben wachsen. Und denen du die Zeichen deines Sieges vorenthältst: Gib, dass sie nicht müde werden, sondern sich an deinem Wort genügen lassen.
Hilf uns, dass wir sie stärken können, dass wir ihnen Mut machen, festzubleiben an dir und zu danken über den Sieg, den du schenkst, wo die Welt überwunden wird.
Wir bitten dich für alle Kreise und Veranstaltungen, die auch in dieser Woche beginnen und wieder stattfinden. Wir bitten dich für deine ganze Kirche, für unser Volk und für diese ganze friedlose Welt.
Lass doch überall in dieser Welt zeichenhaft deine Herrlichkeit sichtbar werden, damit Menschen nicht von menschlichen Utopien betrogen werden, sondern deine Hoffnung kennen, die du über die Welt sprichst. Und dass Menschen an dich glauben und dein Reich in dieser Welt gebaut werde.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.