Einleitung: Die Bedeutung des Wortes Gottes und des Gebets
Ich möchte auch gemeinsam beten, und danach schauen wir noch ins Wort Gottes hinein. Denn genau darum gibt es den Dauernhof, und deshalb sind wir hier. Alles andere ist zwar auch nett, aber eigentlich nur Beiwerk. Nicht, weil es weniger wertvoll wäre, sondern weil es vergänglich ist.
Das Schöne ist zu wissen, dass es jemanden gibt, der unvergänglich ist. Auf diesen wollen wir heute unseren Blick richten.
Lieber Vater, wir danken dir jetzt für die Möglichkeit, hier zusammen zu sein, auf dich zu hören, von dir zu lernen und dich zu entdecken, Vater. Herr, du kennst unser Herz. Jeder weiß, wo er steht, auch in der Beziehung zu dir. Danke, dass dir nichts verborgen ist und dass wir nichts verbergen müssen.
Das Einzige, was du dir wünschst, ist Ehrlichkeit und Offenheit mit dem, was wir sind. Und Vater, es ist schön, dass wir nachdenken dürfen. Du hast uns einen Verstand gegeben, mit dem wir prüfen können, und ein Herz, mit dem wir empfangen können.
Ich bete, dass das der Fall sein möge, dass wir dich immer wieder neu empfangen. Und das bete ich in deinem Namen. Amen.
Die Bestimmung des Menschen: Dem Sohn Gottes ähnlich werden
Ein Thema für heute Abend ist Römer 8,29. Ich lese nur einen Vers vor. Dieser stammt aus einem Brief des Apostels Paulus. Darin heißt es, dass der Mensch vorherbestimmt ist, dem Sohn Gottes ähnlich zu werden. Das ist nicht der ganze Vers, aber im Prinzip drückt er das so aus: Der Mensch hat eine Bestimmung.
Und was ist unsere Bestimmung? Dem Sohn Gottes ähnlich zu werden. Ein englischer Theologe, Selvin Hughes, der inzwischen verstorben ist, hat geschrieben: Gott möchte, dass du und ich Jesus ähnlich werden. Gottes höchstes Ziel besteht nicht darin, uns zu Missionaren, Ärzten, Predigern oder Pfarrern zu machen. Vielmehr sollen wir seinem Sohn ähnlich werden.
Alles andere muss diesem vorrangigen Ziel untergeordnet sein. Weil dies das Hauptziel ist, müssen wir uns ernsthaft damit befassen. Ich habe mir heute Gedanken gemacht, weil ich in etwa eineinhalb bis zwei Wochen in Siegen predigen werde. Dort ist das Thema, das mir gestellt wurde, genau dieses. Deshalb habe ich mich heute ein wenig damit beschäftigt: Was heißt es, dem Sohn, Jesus Christus, ähnlich zu werden?
Was es nicht heißt, ist, dass wir irgendwie göttlich werden müssten oder ein kleiner Gott werden sollen. Nur Gott ist Gott, wir sind Mensch, und mehr brauchen wir nicht zu sein. Gott hat uns so geschaffen: Er ist Gott, und wir sind Mensch. Wir müssen niemals mehr sein als Mensch. Das ist übrigens sehr entspannend.
Das Ebenbild Gottes: Missverständnisse und wahre Bedeutung
Was bedeutet es dann, Jesus ähnlich zu werden?
Gott hat den Menschen – übrigens heißt Adam ja Mensch, was eigentlich kein Name ist, sondern nur „Mensch“ bedeutet – in seinem Ebenbild geschaffen. Das steht auf der ersten Seite der Bibel. Wir sind als Gegenüber Gottes geschaffen, als Mensch im Bilde Gottes. Aber wir sind nicht geschaffen, um wie Gott zu sein, sondern um sein Ebenbild zu sein.
Das ist ein Missverständnis in der Theologie, das es seit den frühen Jahren gibt. Viele Menschen haben geglaubt, sie seien das Abbild Gottes. Praktisch heißt das, wir wären jetzt die Vertreter oder Repräsentanten Gottes, weil Gott irgendwie „abgehauen“ sei, und wir ihn jetzt repräsentieren. Das ist ein Missverständnis. Wir sind nicht das Abbild Gottes, sondern das Ebenbild Gottes.
Dieses Missverständnis, dass wir abbildend sind, prägt die Menschheit bis heute im Großen und Ganzen. Wir wollen sein wie Gott. Wir wollen selbstständig sein, selbstbewusst, alles selbst machen. Unsere Zeit ist voll mit „selbst“: selbstherrlich, selbstgerecht – es gibt sogar den Spruch „Selbst ist der Mann“. Wir wollen unabhängig sein, und zwar unabhängig von Gott und von allem anderen. „Ich bin Gott“ – das sagen wir sogar in Filmen, wenn jemand „meine Göttin“ anbetet.
Doch unsere Bestimmung ist nicht, selbstständig oder unabhängig zu sein, sondern in Beziehung mit unserem Schöpfer zu leben. Das ist unsere Bestimmung. Und das Fantastische daran ist: Du kannst dieser Bestimmung nie entfliehen. Du kannst sie verneinen, dich dagegen wehren, aber du wirst deine Bestimmung nie loswerden. Denn eine Bestimmung ist uns gegeben.
Die Bestimmung, die wir von Gott haben, ist, sein Ebenbild zu sein. Was das natürlich nicht bedeutet, ist, dass wir so werden oder ein Gott sind. Das ist ja auch offensichtlich. Die Bibel sagt, wir sind im Bilde Gottes geschaffen, in seinem Ebenbild. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt wie Gott sind.
Ich kann nicht etwas aus dem Nichts schaffen – das kann nur Gott. Gott sprach: „Es werde Licht“, und es ward Licht. Das kann kein Mensch. Gott kennt Anfang und Ende gleichzeitig, Alpha und Omega. Das kann ich nicht, das kann niemand. Nur Gott kann Sünden vergeben – ich nicht, und du auch nicht.
Wenn die Bibel davon spricht, Jesus ähnlich zu werden, dann bedeutet das nicht, unabhängiger oder stärker zu werden. Vielmehr sollen wir in das Bild seines Sohnes verwandelt werden.
Das Ziel der Verwandlung: Jesu Beispiel und die Herausforderung der Nachfolge
Was heißt das nun? Um zu verstehen, wie Gott uns verwandeln möchte, müssen wir zunächst wissen, wohin er uns überhaupt verwandeln will. Was ist das Ziel des ganzen Christseins?
Eine Hilfe dabei ist, wenn man zum Beispiel im Lukas Kapitel 6 liest. Ich schaue mir dort ein paar Verse an. Im Lukas Kapitel 6 ist das Licht ganz schön schlecht, da brauche ich fast meine Brille. Aber ich versuche, es nicht zu vergessen. Vielleicht schaffe ich es auch ohne.
Dort sagt Jesus Folgendes: „Aber euch, die ihr hört, sage ich: Liebt eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen. Segnet die, die euch fluchen, betet für die, die euch beleidigen.“
Wir lesen dann weiter in Vers 38: „Liebt eure Feinde, tut Gutes und gebt, ohne etwas zurückzuerhoffen. Und euer Lohn wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein, denn Gott ist gütig gegen die Undankbaren und die Bösen. Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet. Verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden.“
Mich fasziniert dieses Kapitel, denn Jesus sagt hier zu uns: Wir sollten unsere Feinde lieben, denen Gutes tun, die uns hassen, die segnen, die uns fluchen, für die beten, die uns beleidigen. Wir sollen jemandem etwas geben, ohne etwas zurückzuerhoffen. Barmherzig sein, nicht richten und nicht verurteilen.
Warum sagt Jesus das? Aus einem ganz einfachen Grund: weil er genau so ist. Jesus würde nie etwas von dir fordern, was er nicht selbst ist.
Warum sollen wir unsere Feinde lieben? Ganz einfach, weil Jesus seine Feinde liebt. Warum sollen wir jene segnen, die uns fluchen? Weil Jesus jene segnet, die ihn fluchen. Sogar am Kreuz hat er das getan.
Warum sollen wir geben, ohne etwas zurückzuverlangen? Weil Gott immer gibt, ohne etwas zurückzuverlangen.
Es ist so fantastisch, zu entdecken, wie gut Gott ist.
Persönliche Erfahrungen und die Exzellenz Jesu
Ich kann mich erinnern, das war vor zwei, drei Jahren. Wir haben eine Frühstückspension bei uns in Ramsau, die meine Frau Hannelore führt. Ab und zu komme ich mit unseren Gästen ins Gespräch. Das sind ganz normale Leute, die von überall herkommen, um Urlaub zu machen.
Sie sehen dann unsere christlichen Bücher, die Hannelore so offen auslegt. Dann fragen sie oft nach, was das ist und wer die Autoren sind. Dabei schimpfen sie manchmal über die Kirche und sagen, dass die Kirche Unsinn sei.
Daraufhin habe ich ihnen erklärt, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Institution Kirche, wie manche sie erleben, und Jesus Christus. Ein Mann sagte dann: „Ja, ich glaube dir, Jesus war eh ganz in Ordnung.“
Da habe ich geantwortet: „Weißt du was? Jesus ist nicht einfach nur in Ordnung, er ist der Beste. Wenn du wüsstest, wie exzellent Jesus ist, würdest du sehen, dass er der Beste von allen ist.“
Um zu verstehen, wie wir verwandelt werden sollen oder was Gott sich wünscht, muss man nur auf Jesus schauen. Wir haben mit dem Vers angefangen, dass wir vorherbestimmt sind, dem Sohn ähnlich zu werden.
Nun, wie ist Jesus? So, wie wir es gerade gesagt haben. Jesus sagt auch über sich selbst: „Ich bin die Wahrheit.“
Die Bedeutung von Wahrheit und das Original
Jetzt stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Wahrheit? Wer von euch die Bibel kennt, erinnert sich sicher daran, dass Pontius Pilatus gefragt hat: „Was ist Wahrheit?“ Was ist das eigentlich? Erklärt es uns!
Kommt ruhig herein, es sind noch genug Plätze frei. Was bedeutet Wahrheit überhaupt?
Nun, ich muss ein Beispiel nennen. Ich nehme diese Tasse hier. Wenn ich sage, in dieser Tasse hat ein Viertelliter Wasser Platz, dann könntest du sagen: „Hans Joachim, das ist Blödsinn. Österreicher kennen sich nicht aus. Das sind kein Viertelliter, sondern ein halber Liter Wasser.“ Und ich entgegne: „Nein, das ist ein Viertelliter.“ Du sagst: „Ein halber Liter.“ Ich sage: „Viertel.“ Du sagst: „Halb.“ Wie können wir herausfinden, wer die Wahrheit sagt?
Um das ganz genau zu klären, müssten wir nach Frankreich fahren. Dort befindet sich nämlich die europäische Eichstelle für Maße und Gewichte, glaube ich, in Paris oder irgendwo in der Nähe. Dort gibt es das Originalgefäß für einen Viertelliter und einen halben Liter.
Was wir jetzt tun müssten, um herauszufinden, wer Recht hat: Wir füllen das Glas mit Wasser, fahren nach Paris und schütten den Inhalt in das Originalgefäß. Wenn das Viertelliter-Originalgefäß genau gefüllt wird, dann habe ich die Wahrheit gesagt. Wenn nicht, dann habe ich nicht die Wahrheit gesagt.
Denn wisst ihr, was Wahrheit ist? Wahrheit ist das, was dem Original entspricht. Wenn es also ein Viertelliter Wasser ist und es genau mit dem Originalgefäß übereinstimmt, dann habe ich die Wahrheit gesagt.
Wenn Jesus sagt: „Ich bin die Wahrheit“, was meint er damit? Jesus sagt, dass er haargenau dem Original entspricht. Er ist genauso wie Gott. „Ich und der Vater sind eins.“
Warum ist das die Wahrheit? Weil er dem Original entspricht.
Übrigens, warum ist Morden falsch? Nicht, weil es in der Bibel steht. Es ist ganz einfach: Morden ist falsch, weil Gott Leben möchte und nicht den Tod. Gott rettet.
Warum ist Stehlen falsch? Nicht, weil es in der Bibel steht, sondern weil Gott kein Dieb ist. Es entspricht nicht dem Original.
Warum ist Ehebruch falsch? Nicht, weil es in der Bibel steht, sondern weil Gott immer treu ist. Das entspricht dem Original.
Warum ist Geiz falsch? Weil Gott immer großzügig ist. Das entspricht dem Original.
Warum ist Lügen falsch? Weil Gott immer die Wahrheit sagt.
Wahrheit ist all das, was dem Original entspricht, und das ist so wesentlich.
Der Sündenfall und die Verwirrung des Menschen
Und der Mensch war von Anfang an geschaffen, um das Ebenbild Gottes zu sein. Jetzt kommen wir zurück zu meinem Vers, um das Original wiederzuspiegeln: Wir waren geschaffen, im Ebenbild Gottes zu sein und ihn widerzuspiegeln.
Dann ist allerdings etwas geschehen, das wir alle kennen. Wir nennen es den Sündenfall. Das heißt, der Mensch wurde angestachelt von Luzifer. Es genügte ihm nicht, das Original – Gott – widerzuspiegeln, sondern er wollte selbst ein Original sein.
Satan hat es ungefähr so gesagt – du kannst das im dritten Kapitel der Bibel nachlesen: Er sagte zu Adam und Eva: „Ihr seid doch kluge Köpfe, ihr müsst nicht abhängig leben von diesem Gott. Ihr könnt selbst Gott sein. Ihr braucht ihn nicht. Ihr könnt unabhängig von ihm leben. Ihr könnt selbst bestimmen, was gut und böse ist. Ihr braucht nicht jemanden, der euch sagt, was gut und böse ist. Ihr könnt alles selbst tun. Ihr könnt selbst das Original sein.“
Und das nennt die Bibel Sünde. Sünde ist nicht einfach, wenn du zu schnell mit dem Auto fährst. Das ist auch nicht richtig, aber Sünde ist mehr als das.
Diese Stimme ist bis heute in uns geblieben. Wir sagen: „Selbst ist der Mann“, „Du kannst dich selbst verwirklichen“, „Du bist das Original“, „Du hast alles in dir.“ Das ist die Verirrung, wenn wir glauben, wir haben es in uns selbst.
Weil wir uns von Gott getrennt haben, sind wir verwirrt über Sünde, über uns selbst und über unser Leben. Wir wissen nicht mehr genau, wie der Mensch geschaffen ist.
Die Suche nach Sinn und Gott im modernen Leben
Doktor Viktor Frankl, den ich oft zitiere und sehr schätze, ist inzwischen verstorben. Er war Jude und überlebte drei Konzentrationslager, darunter Auschwitz. Nach Freud und Adler gründete er in Wien die dritte Wiener Schule, die Logotherapie.
Frankl hat ein Buch geschrieben, das ich nur empfehlen kann. Es ist kein christliches Buch, aber ein fantastisches Werk: "Der Mensch auf der Suche nach Sinn". Dieses Buch wurde in unzählige Sprachen übersetzt.
Er sagte: Unsere moderne, materialistische Welt bietet uns zwar alle Lebensmittel und Mittel zum Leben, aber keinen Sinn. Frankl prägte auch diesen Satz: Der beste Beweis, dass es so etwas wie Wasser gibt, ist die Tatsache, dass der Mensch Durst hat.
Ebenso ist der beste Beweis, dass es so etwas wie Sinn im Leben gibt, die Tatsache, dass der Mensch nach Sinn fragt. Ist es nicht interessant, wie oft wir zu unseren Kindern sagen: "Ergibt das, was du tust, einen Sinn? Willst du nicht etwas Sinnvolles lernen? Wollen wir heute nicht etwas Sinnvolles tun?"
Warum wollen wir etwas Sinnvolles tun, wenn es keinen Sinn gibt? Der beste Beweis, dass es Sinn gibt, ist die Tatsache, dass der Mensch danach fragt.
Ich füge hinzu, was Frankl nicht gesagt hat: Der beste Beweis, dass es Gott gibt, ist die Tatsache, dass der Mensch nach Gott fragt. Ich bin viel herumgekommen auf der Welt – ein großes Privileg. Ich war sogar in Gegenden, in denen es keine Schulen und keine Krankenhäuser gibt.
Aber ich war noch in keiner einzigen Gegend, in der es keine Anbetungsstätte gibt. Diese gibt es überall, weil der Mensch irgendwie nach Gott fragt. Das ist im Menschen drin.
Der moderne Mensch ist oft so beschäftigt – er weiß oft nicht genau, wozu. Die eigentliche Not in unserer Welt ist, dass wir so viele Beschäftigungen haben, dass wir uns damit über Wasser halten. Dadurch brauchen wir nicht mehr nach dem Sinn zu fragen. Das ist die Tragik der ganzen Sache.
Jesus ist gekommen, um uns wieder in Verbindung mit dem Vater zu bringen.
Das Geheimnis der Verwandlung: Christus in uns
Und wie können wir jetzt unsere Bestimmung leben? Wie können wir Jesus ähnlich werden? Das ist ein Geheimnis, und über dieses Geheimnis predige ich schon seit zwanzig Jahren, weil ich es selbst erlebt habe. Es ist Christus in mir, Christus in uns. Die Bibel sagt, es ist die Hoffnung der Herrlichkeit.
Im Kolosserbrief Kapitel 1 lese ich euch zwei Verse vor. Im Vers 28 und 29 steht: Der Apostel Paulus sagt: "Ich erzähle euch jetzt ein Geheimnis, und das ist das Geheimnis: Christus lebt in euch, und darin liegt eure Hoffnung. Ihr werdet an seiner Herrlichkeit teilhaben."
Dann sagt er weiter: "Für dieses Ziel setze ich mich mit meiner ganzen Kraft ein, indem ich mich auf die mächtige Kraft von Christus verlasse, die in mir wirkt." Nicht ich bewerkstellige es, es ist Christus in mir.
Zwanzig, dreißig Leute, die jetzt auf der Straße sind, jeden Tag – ich finde es super, dass sie das machen. Aber weißt du was? Die können noch so viel reden, sie können noch so begabt sein. Aus eigener Kraft werden sie keinen einzigen Menschen zu Jesus führen können. Sie können gar nichts tun. Wenn sie gute Unterhalter sind, können sie Leute unterhalten, wenn sie witzig sind, können sie Leute zum Lachen bringen.
Sie können keinen einzigen Menschen retten, sie können überhaupt nichts tun, wenn nicht der Geist Christi bewirkt, dass er das Herz eines Menschen öffnet. Ich kenne euch ja alle immer nur vom Sehen, aber nicht persönlich. Es kann sein, dass jemand hier ist, der Jesus noch gar nicht kennt.
Ich kann stundenlang predigen, es wird überhaupt nichts bewirken, wenn nicht der Geist Jesu Christi in dir etwas bewirkt, wo dein Herz aufgeht und du weißt, es ist wahr und ich bin dran. Du weißt es, und du kannst dir gar nicht erklären, warum.
Ich kann dir das auch nicht erklären. Ich kann dir nur sagen: Jesus macht dein Herz auf für die Bestimmung, für die du geschaffen wurdest, nämlich wieder in Beziehung mit ihm zu leben. Das ist der ganze Sinn.
Der Irrtum eigener Kraft und die Notwendigkeit von Christus
Das Missverständnis, dem ich jahrelang als Christ aufgesessen bin, war, dass ich versucht habe, aus eigener Kraft Christ zu sein und Gott zu gefallen.
Es gab einen sehr einflussreichen geistlichen Vater in Europa, Blumhardt, glaube ich, der einmal erzählt hat, wie Christus am Kreuz hängend zu ihm sagte: „Das habe ich für dich getan, was tust du jetzt für mich?“ Für ihn hatte das viel bewirkt.
Bei mir bewirkte es jedoch nur Angst. „So, das habe ich für dich getan, und jetzt bist du dran.“ So habe ich einige Jahre versucht zu leben. Es hat mich kaputtgemacht, denn ich habe nie genug getan und war nie gut genug. Ich war kein guter Ehemann, kein guter Freund, in meinem Denken nicht gut genug und so weiter.
Wenn man versucht, aus eigener Kraft Gott zu gefallen oder religiös zu sein, endet das immer im Frust – und das ist auch gut so. Nur wenn man im Frust endet, findet man zu dem, was Leben wirklich ist.
Seht ihr, Jesus ist nicht gekommen, um dein Leben noch schwerer zu machen, als es ohnehin schon ist. Er will nicht zu deinen zwanzig Aufgaben noch eine einundzwanzigste hinzufügen: „Jetzt muss ich religiös auch noch sein.“ Stattdessen will er mit seiner Kraft in deinen zwanzig Lebensbereichen wirken. Er will die Kraft sein, die du nicht hast und nicht haben kannst.
Ich kann nicht den lieben, der mich hasst. Tut mir leid, das schaffe ich nicht. Ich kann nicht den segnen, der mich verflucht. Das kann ich nicht. Dafür brauche ich jemanden – und das ist Christus in mir.
Das ist der fatale Denkfehler, den wir oft machen: Wir verwechseln das Leben mit Jesus mit Religion.
Das Bild vom Traktor: Die Kraft Christi in uns
Ich nehme oft ein Beispiel, weil es so eindrücklich und schnell zu erklären ist. Es wäre so, als müssten wir für Jesus aus eigener Kraft leben und Christ sein. Das wäre ungefähr so, als ob ich jetzt im Winter, in dieser Woche soll es noch mehr schneien, den Traktor von meinem Schwager hole.
Mein Schwager ist Bauer, und Bauern heiraten bekanntlich oft Bauerstöchter. Zum Traktor gibt es quasi gratis die Schwiegertochter dazu. Ich hole also den Traktor und räume damit unseren großen Parkplatz zu Hause frei. Wir haben dort, genauso wie hier, einen riesigen Parkplatz, aber bei uns liegt viel mehr Schnee, weil wir weiter oben wohnen. Mit dem 100-PS-Traktor schaffe ich es in einer Stunde, den Platz großräumig und sehr gut freizuräumen.
Mein Sohn Lukas ist alt genug, deshalb sage ich zu ihm: „Jetzt schau genau zu, so räumt man den Parkplatz.“ Ich bin drei Wochen auf Reisedienst unterwegs, und in meiner Abwesenheit möchte ich, dass du den Parkplatz genauso räumst wie ich. Ich lasse ihn eine Stunde lang zuschauen, wie ich mit dem Traktor arbeite. Danach bringe ich den Traktor zu meinem Schwager zurück, gebe Lukas eine Aluminiumschaufel in der Größe und noch einen Kuss. Dann sage ich zu ihm: „Wenn du mich wirklich liebst, wirst du genau das tun, was ich getan habe.“
Weil Lukas mich liebt, wird er jeden Tag schaufeln, so gut er kann. Nach drei Tagen wird er ganz verzweifelt sein und sagen: „Ich schaffe es einfach nicht.“ Aber wisst ihr, wenn ich das von Lukas verlangen würde, wäre das eine Riesengemeinheit. Denn wenn ich von ihm dasselbe verlange, was ich getan habe, dann muss ich ihm auch dieselben Mittel zur Verfügung stellen, die ich selbst hatte.
Wenn Jesus von dir verlangt, den zu segnen, der dich verflucht, den zu lieben, der dich hasst, und dem zu geben, der dir nimmt, dann muss er auch in dir die Kraft sein, das zu tun. Jesus sitzt nicht oben auf dem Thron und schaut von dort herunter, um zu sehen, wer es gut macht und wer weniger gut. Das ist eine Karikatur.
Vielmehr wohnt Christus in uns, und das ist das Geheimnis. Das Geheimnis, von dem Paulus gesprochen hat: Christus ist die Kraft, die mir Leben gibt. Er ist der geheime Motor im Leben eines Christen.
Ermutigung für Frustrierte und das Geheimnis des Durchhaltens
Und wer von euch vielleicht schon länger Christ ist, aber verzweifelt und frustriert, dem kann ich nur gratulieren. Ihr seid bis zu einem guten Punkt gekommen. Jetzt wendet euch an Jesus und sagt dem Herrn: „Ich habe so lange versucht, für dich zu arbeiten. Ich habe erkannt, dass ich es nicht schaffe und es auch nicht muss. Hier bin ich – mach du es.“
Das ist der Grund, warum ich jetzt schon 24 Jahre im Dauernhof bin. Die Inge hat es letzte Woche so schön gesagt: Oft fragen uns Leute, wie wir das schaffen. Jede Woche eine neue Gruppe, jede Woche wieder – und das seit 24 Jahren. Wie könnt ihr da frisch bleiben? Wie könnt ihr das immer wieder so machen, wie ihr es macht? Das sei ja fast unmenschlich.
Inge hat einen guten Vergleich gebracht. Sie sagte: Es ist wie ein Brunnen, ein schöner Brunnen in der Stadt mit verschiedenen Schüsseln. Das Wasser rinnt rund um den Brunnen, Tag und Nacht, Jahre, Jahrzehnte. Und jemand fragt den Brunnen: „Wie schaffst du das nur, dass du immer Wasser bringst und immer Wasser?“ Der Brunnen antwortet: „Ich bin nicht die Quelle, ich bin nur der Brunnen. Das Entscheidende ist die Quelle.“
Jesus hat einmal zu der Frau in Samaria gesagt – erinnert euch an die Frau am Brunnen: „Wer von dieser Quelle trinkt, wird wieder durstig. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, dem wird es zu einer Quelle des Wassers, das nie versiegt.“ Das ist das Geheimnis des Lebens.
Die Gefahr des Ausbrennens und die Notwendigkeit der Quelle
Unter den Menschen, die heute am häufigsten durch Burnout ausbrennen, sind Pfarrer, Gemeindeleiter und Jugendpastoren. Ein Grund dafür ist, dass sie versuchen, Christ zu sein. Das funktioniert jedoch nicht, wenn man die Quelle nicht in sich hat.
Früher oder später geht man daran zugrunde, weil man den Standard, den Jesus vorgibt, nie ganz erfüllen kann. Eine interessante Studie zeigt, dass Männer, die religiös werden oder irgendwie Zugang zur Bibel bekommen, zu Hause in ihrer Familie um zwanzig Prozent aggressiver werden als zuvor.
Das ist verständlich, denn sie haben jetzt einen neuen Maßstab, der viel höher ist als früher. Sie merken, dass sie diesen Maßstab nicht schaffen, und das macht sie aggressiv.
Wenn wir die Quelle nicht kennenlernen, werden wir es nicht lange schaffen. Ich bin sehr dankbar, Christ zu sein, weil ich weiß, dass ich nicht für ihn etwas tun muss, sondern dass er schon alles getan hat.
Der tägliche Prozess der Christusähnlichkeit
Und noch ein letzter Vers: Diese Christusähnlichkeit entsteht, wenn man einfach lernt, Jesus leben zu lassen.
Ich muss euch sagen, wie ich es morgens mache. Meistens liege ich noch im Bett, schaue an die Decke und sage: Vater, ich gehöre zu dir. Ich gehöre nur zu dir. Hier bin ich. Ich habe keine Ahnung, was der Tag bringt, aber du weißt es. Gebrauche mich so, wie du möchtest. Lass uns gehen.
Ich vertraue einfach darauf, dass wenn ich zu Jesus sage: Hier ist mein Tagesplan, das soll oder muss ich tun. Wenn es gut ist, dann lass es mir gelingen. Danke dafür. Wenn du etwas anderes tun willst, dann tu etwas anderes. Ich möchte einfach so leben, dass ich sage: Herr Jesus, was willst du heute mit mir tun?
Und Jesus will vielleicht morgen mit dir ganz etwas anderes tun, als er in den letzten zehn Jahren gemacht hat. Das ist so spannend.
Diese Christusähnlichkeit aber – und da muss man auch geduldig sein – entsteht nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess vom Christwerden, wenn der Heilige Geist in ein Leben kommt, bis zum Sterbebett. Dieser Prozess hört nie auf.
Auf dem Weg dorthin gibt es auch Rückschläge, bei denen man sich wieder erholen muss. Das ist ganz normal.
Der Wandel von Herrlichkeit zu Herrlichkeit
Ich schließe noch einmal an den Vers 2. Korinther 3,18 an. Dort beschreibt Paulus den Prozess der Christusähnlichkeit. Er schreibt: „Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie es vom Herrn, dem Geist, geschieht.“
Wir werden verwandelt. Mir gefällt diese Formulierung sehr, denn sie beschreibt etwas Gegenwärtiges. Es steht nicht: Ihr seid am Tag der Wiedergeburt verwandelt worden. Es steht auch nicht: Ihr werdet einmal verwandelt werden, wenn Christus wiederkommt. Nein, wir werden verwandelt – von einer Herrlichkeit zur anderen.
Das ist ein Prozess. Diesen Prozess nennt man Leben. Er besteht darin, zu lernen, Jesus Freiraum zu geben, der zu sein, der er ist – auch in unserem Leben. Es bedeutet, auf ihn zu hören, ihn lieben zu lernen, ihm zu danken und ihm zu vertrauen.
Und genau in diesem Prozess dürfen wir alle stehen.
Schlussgebet: Dankbarkeit für die Bestimmung und Bitte um Segen
Aber das finde ich spannend. Ich möchte noch beten:
Lieber himmlischer Vater, ich danke dir, dass es unsere Bestimmung ist, deinem Sohn ähnlich zu werden. Diese Bestimmung können wir nicht ändern, und wir können sie auch nicht ablegen. Wir können sie verleugnen, versuchen davonzulaufen oder zu unterdrücken, aber wir werden sie nie los. Denn Herr, dazu hast du uns bestimmt. Das ist, wozu du uns geschaffen hast.
Danke, Jesus, das ist eine spannende Geschichte und Verwandlung. Du bewirkst sie durch deinen Geist. Es liegt nicht an uns, durch unsere eigene Anstrengung dir ähnlicher zu werden, sondern an dir, Herr, so wie es durch deinen Geist geschieht. So willst du uns verwandeln in dein Bild – mit mehr Liebe, mehr Barmherzigkeit, mehr Geduld, mehr Freundlichkeit und all den Gaben des Geistes, die dein Heiliger Geist in uns bewirken kann.
Vater, danke, dass wir in einem Prozess stehen. Wir erleben auch Rückschläge, doch du stehst zu uns und bist treu. Auch wenn wir untreu sind, bleibst du treu, Herr, und vollbringst deine Arbeit in und durch uns.
Herr, wir danken dir, dass wir in dieser Bestimmung leben dürfen. Wir wollen uns voll darauf einlassen, dankbar sein für diese Bestimmung und uns darüber freuen. Es ist die gewaltigste Bestimmung im Leben.
Danke, Vater, für all das, was du uns auch in dieser Welt schenkst – sei es die Freude am Skifahren, der Kaffee in einer Skihütte, ein netter Spaziergang mit jemandem, den man gerne hat. All diese Dinge sind so schöne Geschenke. Doch Herr, wir wollen sie nicht als Ersatz nehmen für die Bestimmung, die du für uns hast, nämlich in Beziehung mit dir zu leben und dir ähnlich zu werden.
Danke für den Abend jetzt. Wir lieben die Leute hier, segne du sie und mach uns zum Segen. Wir beten ganz speziell für das Vientim, dass du ihnen gute Gelegenheiten schenkst und offene Herzen, die du bereits vorbereitet hast. Schenke ihnen viel Liebe und viel Gnade im Umgang mit anderen. Lass sie leuchten, Herr, als deine Kinder.
So danken wir dir für den Abend und beten auch für die Sportler, besonders für Linse von heute Abend, die sich so schwer verletzt hat, und für den Mann, der die Piste präpariert hat. Herr, lass sie genesen und noch viel mehr: Herr, lass sie zu dir finden.
In Jesu Namen, Amen.
