Einführung in die Predigtreihe und das Hohelied
Ich hoffe, dass alle Gäste, die heute hier sind, wissen, was sie getan haben. Für den Fall, dass nicht, kommt jetzt der Moment der Überraschung. Wir haben nämlich eine Reihe am Wickel. Die Predigt heute ist eine von sechs oder sieben – schauen wir mal. Ihr seid bei Nummer sechs. Alle, die hier sitzen und regelmäßig da waren, wissen schon ganz viel und wissen, was jetzt kommt. Vielleicht wisst ihr es aber auch nicht. Sollte das der Fall sein: Überraschung!
Wir reden über das Hohelied, also über das Alte Testament, über das Liebeslied, das Salomo und Sulamit einander zusingen. Wer schon ein paar Mal dabei war, weiß, worum es dabei geht: „Du bist schön, du bist auch schön, du bist noch schöner, und du bist so schön“ – immer dieses Hin und Her. Wir stecken im allerletzten Abschnitt.
Der letzte Abschnitt, das ist in meiner internen Einteilung Abschnitt Nummer sieben. Es ist das Hohelied, Kapitel 8, Verse 5 bis 14. Also gar nicht mehr so lang. Wenn ihr das in der Bibel aufschlagt, ist das etwa eine halbe bis dreiviertel Seite – relativ überschaubar.
Wir haben den großen Hauptteil, in dem uns die beiden einen tiefen und auch zum Teil persönlichen Einblick in ihre Beziehung geben, hinter uns. Das, was vor uns liegt, ist der Epilog, das Nachwort. Das Lied klingt dabei ein bisschen aus, und es bleiben noch ein paar Dinge offen.
Im Prolog haben wir schon eine Frage gestellt bekommen. Man nimmt die erste halbe bis dreiviertel Seite, liest sie, dann kommt man aus dem Prolog, aus dem Vorwort, und stellt sich die Frage: Wie kriegen die beiden so eine Beziehung hin?
Dann hatten wir einen Mittelteil, in dem sie uns sagen, wie man ein Fundament für eine leidenschaftliche Ehe baut, wie man es schafft, die Beziehung zu genießen und auch in Momenten der Entfremdung am Ball zu bleiben. Das haben wir alles gehört.
Wir wissen inzwischen, dass das Geheimnis zwischen den beiden mit bedingungsloser Liebe zu tun hat – einer Liebe, die irgendwie nie aufhört, die nie aufhört, den Partner als ein Wunder zu sehen, als jemanden, der ein Geschenk Gottes ist, und ihn als Wunder zu genießen. Das wissen wir alles.
Und jetzt stellt sich die Frage: Warum, wenn wir all das wissen, gibt es noch den Epilog?
Der Punkt ist der: Salomo schließt sein Lied ab, um uns noch drei Dinge mit auf den Weg zu geben.
Zum einen möchte er uns noch ein letztes Mal die Macht echter Liebe, diese Dynamik echter Liebe, vor Augen malen.
Dann haben wir am Anfang vom Hohelied eine Gruppe von Leuten kennengelernt, die ziemlich schlecht wegkamen – das waren die Brüder von Sulamit. Das waren die, die sie in den Weinberg geschickt haben, und dann kam sie etwas dunkel zurück, was ihrem Teint nicht gutgetan hat. Man weiß nicht genau, was das für Typen sind. Die dürfen jetzt noch einmal erklären, warum sie das gemacht haben, und werden ein kleines bisschen rehabilitiert.
Und dann enden wir. Damit endet das Hohelied mit Salomos letztem Wunsch. Was wünscht sich Salomo ganz am Ende dieses Liedes von seiner Liebsten?
Also heute gar nicht so viel – drei Punkte. Wir starten einfach mal mit Kapitel 8, Vers 5, mit einem Bild, das uns diese zärtlich vertraute Liebe zwischen Salomo und Sulamit zeigt – etwas, das nicht nur frisch verliebten Kuschelpärchen vorbehalten ist.
Das Bild der reifen, zärtlichen Liebe im Epilog
Da hast du diese frisch Verliebten, die so eng aneinander hängen, dass man sie kaum noch auseinanderbringen kann. Wenn du dich mit einem von ihnen unterhalten willst, musst du immer mit beiden sprechen. Man denkt sich: Na ja, frisch verliebt eben.
Was wir hier sehen, ist, dass auch reife Ehepaare genau so sein dürfen.
Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her? Ihr erinnert euch, dieses Motiv des Heraufkommens aus der Wüste wurde zuletzt verwendet, als sie in einer Senfte saß und nach Jerusalem zog, um dort Hochzeit zu feiern. Jetzt erscheint dasselbe Motiv noch einmal – aber nicht mehr sie in der Senfte, getrennt von ihm, der irgendwo in Jerusalem wartet, von der Zinne herunterschaut und sagt: „Na, wo ist sie denn? Ja, da hinten kommen sie, meine Helden mit der Senfte.“
Nein, jetzt heißt es: Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her, sich lehnend auf ihren Geliebten? Dieses Bild der Nähe beginnt den Epilog dort, wo der Prolog aufgehört hat.
Wenn ihr euch noch erinnert: Am Ende des Prologs schmachten sie sich auch so unendlich an. Es ist dieses „Ach, du bist so schön!“ – „Nein, du bist noch viel schöner!“ – genau dieses Hin und Her.
Dann erzählt sie etwas vom Apfelbaum: „Du bist für mich wie ein Apfelbaum.“ Damit wir wirklich wissen, dass es an dieser Stelle wieder weitergeht, wird der Apfelbaum noch einmal erwähnt: „Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt.“ Hier spricht Sulamit zu Salomo. Man erkennt das daran, dass „dich“ in diesem Fall männlich ist. Sulamit hat also Salomo unter dem Apfelbaum geweckt.
Was will sie damit sagen? Kurz zuvor warnt sie noch davor, die Liebe nicht zu früh zu wecken, bevor es ihr gefällt. Sie warnt also ein Stück weit davor, zu früh zur Sache zu kommen.
Jetzt sagt sie: „Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt.“ Der Apfelbaum ist hier nicht wörtlich zu verstehen, sondern als Bild für den Kontext, in dem Liebe geweckt wird.
Dieses Bild steht, wie wir aus dem Prolog wissen, für Salomo, der wie ein Apfelbaum Schutz vor der Sonne bietet – durch sein Blätterdach – und Fürsorge schenkt. Sie sagt: „Das, was du mir an Frucht zukommen lässt, das schmeckt mir süß.“ Damit ist das gesamte Paket gemeint: Er respektiert sie, kümmert sich um ihre Bedürfnisse und beschenkt sie. Sie sagt: So wie du mit mir umgehst – Schutz und Fürsorge –, was ich bei dir erfahre, wow, das ist der Kontext, in dem ich dir gerne erlaube, deine Liebe auszuleben.
Dort, wo das in meinem Leben sichtbar wurde, da habe ich dich geweckt. An dieser Stelle hat sie gemerkt: Hier ist ein Mann, der mir so begegnet. Da hat sie gesagt: Mit dir will ich es probieren.
Und das geht noch einen Schritt weiter: Das ist nicht nur Sulamit, die so denkt, sondern sie kann auch sagen: „Dort hat deine Mutter dich zur Welt gebracht.“ Dieses Prinzip des Apfelbaums wird weitergeführt. Auch die Mutter von Salomo hat einen Mann geheiratet, der für sie zum Apfelbaum wurde. „Dort hat deine Mutter dich zur Welt gebracht, dort hat sie Wehen gehabt, die dich geboren haben.“
Die Bedeutung der Mutter von Salomo im Kontext
Kleiner Einschub: Halt, ich hoffe, dass der eine oder andere jetzt sagt: Stopp, das kann man doch nicht einfach so stehen lassen. Wer ist bitteschön die Mutter von Salomo? Batseba!
Merkt ihr was? Da gibt es eine kleine Diskrepanz. Die Geschichte mit Batseba läuft nicht ganz rund. Als David Batseba kennenlernt, badet sie gerade nackt auf dem Dach. Er sieht sie und lässt sie zu sich kommen, obwohl sie eigentlich nicht dürfte, denn sie war bereits verheiratet. Es entsteht ein Techtelmechtel mit ihr, und daraus entsteht ein Kind.
Um das zu vertuschen, bringt David ihren Mann um. Später bekommt er von Gott Ärger, und das Kind muss sterben. Es ist ein Riesendurcheinander.
Und das ist etwas ganz Wichtiges, das an dieser Stelle verstanden werden muss: Das hier ist ein Lied. Ein Lied ist Poesie und will niemals theologisch objektiv sein. Poesie will den Bauch ansprechen, einen Punkt rüberbringen, einseitig sein und an einer Stelle einen Schwerpunkt setzen. Ende!
Der arme Uria, der da im Grab vor sich hin modert, spielt jetzt mal gerade keine Rolle. Irgendwie war David Apfelbaum genug, okay? Und das soll jetzt betont werden. Das Prinzip ist wichtig.
Ich sage das deshalb, weil manchmal auch in unseren Kreisen Theologie auf poetische Texte aufgebaut wird. Das ist ein heikles Konzept. Tu es besser einfach mal nicht.
„Dort hat deine Mutter dich zur Welt gebracht, dort hat sie Wehen gehabt, die dich geboren.“ Wir merken: Ich will da nicht zu weit darauf eingehen, dass, auch wenn wir die ganze Zeit über Sexualität reden und sagen, es hat etwas damit zu tun, dass zwei sich gegenseitig beschenken, es gibt einen anderen Aspekt, der im Hohelied nicht im Mittelpunkt steht.
Aber dieser andere Aspekt führt dazu, dass man irgendwann nicht mehr zu zweit ist, und er gehört auch dazu. Wird nur mal kurz angerissen, ist nicht unser Thema, aber es ist eine Realität, eine Realität, der sich die beiden einfach nicht entziehen.
Die Macht und Dynamik echter Liebe
Nun zu unserem ersten großen Schwerpunkt, 8, Vers 6. Dort heißt es: „Lege mich wie ein Siegelring an dein Herz, wie ein Siegelring an deinen Arm.“ Mit „Arm“ ist hier wahrscheinlich der Finger gemeint, denn der Finger gehört zum Arm dazu.
Man konnte Siegelringe entweder an einer Schnur um den Hals tragen – dann lagen sie am Herzen – oder man konnte sie aufstecken, dann waren sie an der Hand. Die Worte lauten also: „Lege mich wie ein Siegelring an dein Herz, wie ein Siegelring an deinen Arm.“
Wofür steht ein Siegelring? Wer Robin-Hood-Filme kennt oder die entsprechende historische Epoche, weiß, dass Briefe damals mit einem Siegel verschlossen wurden. Solange dieses Siegel nicht gebrochen war, war klar, dass niemand den Brief geöffnet hatte. Das Siegel steht für den Absender des Briefes. Es zeigt an: Das ist mein Brief. So steht auch der Siegelring für Besitz und Identität.
Wenn sie sagt, sie möchte ein Siegelring an deinem Herzen oder an deinem Finger sein, bringt sie damit zum Ausdruck: Ich möchte mit dir eins werden, ich möchte deine Identität teilen.
Das machen wir heute auch noch ein Stück weit so. Manche Paare ändern ihren Nachnamen nach der Eheschließung. Wenn jemand zum Beispiel Lang heißt und heiratet Fischer, heißt er oder sie danach Fischer. Das ist eine Art, eine gemeinsame Identität zu gewinnen. Man hat Lust, zu verschmelzen.
Was jetzt folgt, ist: Wo Liebe zwischen zwei Menschen ist, da ist dieser Wunsch ganz normal. Die Bibel kennt nicht das Konzept von Lebensabschnittsgefährtinnen mit großem „I“, bei denen man sich nach einer Weile nur noch ein bisschen umeinander dreht, Zeit miteinander verbringt, aber sich eigentlich nicht mehr richtig auf den anderen einlässt. Oft ist das so, weil man weiß: Wenn ich mich wirklich auf den anderen mit echter Liebe einlasse, dann würde die Trennung unendlich schmerzhaft sein.
Unsere Zeit ist geprägt von diesem „Ich gebe noch ein bisschen Liebe und schaue dann, was auf der Strecke bleibt.“ Das ist nicht die Liebe, die die Bibel echte Liebe nennt. Das wird uns die Sulamit noch zeigen: Echte Liebe kann man nicht nur ein bisschen leben.
Wo echte Liebe ist, tritt man einer Macht gegenüber. Vielleicht habt ihr im Prolog gedacht, das ist ja süß, wie die beiden sich umeinander drehen. Ich habe heute im Auto einen Popsong gehört, in dem gesungen wird: „Ich möchte dein Satellit sein.“ Das ist gerade sehr bekannt.
Ich fand das so schön, weil es genau die Idee beschreibt: Der eine ist ein Planet, der andere möchte als Satellit um ihn kreisen. Er möchte nicht ins All hinausgeschleudert werden, sondern immer um den Planeten bleiben. Es soll eine Einheit sein.
Das ist der Gedanke hier: Liebe ist eine Macht. Du kannst sie nicht kontrollieren. Du kannst nicht sagen: Ich lebe nur mit halber Kraft. Wenn du das versuchst, kommt am Ende Unsinn dabei heraus. So lebt man nicht Liebe. Das ist nicht das Konzept, nicht die Dynamik und nicht die Macht von Liebe.
Hör dir das an: Es geht um echte Liebe, nicht um das, was wir daraus gemacht haben – nicht um Kitsch oder Hollywood-Romantik. Es geht um richtige, echte Liebe. Da öffne ich mein Herz und sage: Ich verschenke mich. Kein doppelter Boden, kein Netz. Ich lasse mich fallen, bin bereit. Ich weiß, wenn es schiefgeht, wird es unendlich schmerzhaft. Aber es ist der einzige Weg, um in einer Beziehung anzukommen, die den Tiefgang hat, den hier Salomon Sulamit vorlebt.
Denn die Liebe ist gewaltsam wie der Tod, ein unüberwindbarer Gegner. Man kann sie nicht kontrollieren oder überwinden. Hart wie der Scheol ist ihre Eifersucht. Scheol ist in der Bibel ein Wort für das Totenreich. Wenn du einmal tot bist und dem Totenreich etwas schenkst, dann sagt das Totenreich: Was mir gehört, gehört mir.
Das ist die Eifersucht des Totenreichs. Und Liebe ist genau so. Sie gibt das, was sie hat, nicht mehr her.
Dann geht es noch ein Stück weiter: Ihre Glut, also die Glut der Liebe, sind Feuergluten. Echte Liebe ist wie ein Lavastrom. Habt ihr solche Bilder gesehen, wenn ein Lavastrom irgendwo herunterfließt? Dann steht mittendrin oft ein Hirtenhäuschen am Hang. Wenn der Strom näherkommt, fängt das Haus an zu brennen, und der Lavastrom fließt einfach darüber hinweg. So ist Liebe.
Wenn ich jetzt über Liebe rede, meine ich nicht nur die Liebe zwischen Mann und Frau. Ich rede überhaupt von Liebe.
Hinter dieser Macht steckt Gott selbst. Die Glut der Liebe ist eine Flamme Gottes. Ein Gott der Liebe ist derjenige, der hinter echter Liebe steht. Wo echte Liebe gelebt wird, da zeigt sich etwas von seinem Charakter und seinem Verständnis von Liebe.
Deshalb ist da, wo echte Liebe ist, jede Form von Berechnung, Zurückhaltung oder Zwang völlig fehl am Platz. Liebe gibt das einfach nicht her.
Wenn Gott ein Gott der Liebe ist und unser Prototyp, dann verschenkt Liebe sich bis ans Kreuz und sagt: Hier hänge ich, weiter kann ich nicht gehen, mehr kann ich nicht geben.
Und wir sagen oft: Ich bin bereit, zwanzig Euro in die Beziehung zu investieren. Oder zweihundert. Oder ich verzichte an dieser Stelle auf mein Recht. Aber wir sind nicht bereit zu sterben, uns ganz zu investieren. Wir geben immer nur einen Teil von uns.
Wie auch immer wir dazu gekommen sind – das entspricht nicht der Liebe, von der hier die Rede ist.
Die Unerschütterlichkeit der Liebe und die Realität von Beziehungen
Vers sieben: große Wasser! Das steht hier natürlich für Schwierigkeiten. Große Wasser vermögen nicht, die Liebe auszulöschen, und Ströme überfluten sie nicht.
Kennt ihr noch Bilder von der großen Flut hier vor ein paar Jahren, als wir als Gemeinde Urlaub machen wollten? Unser Freizeitheim wurde in diesem Sommer einfach weggeschwemmt. Vorher gab es das Freizeitheim, wir waren dort schon einmal und wollten wieder hinfahren. Danach war kein Freizeitheim mehr da. Das ist eine große Flut. Nicht wirklich riesig, aber groß genug, um uns zu zeigen, worum es geht.
Flut kommt, Flut geht. Da sind Fundamente unterspült, Mauern fallen ein, überall ist Schimmel und Feuchtigkeit – es ist einfach zerstört. Hier heißt es: große Wasser, große Schwierigkeiten. Probleme sind nicht in der Lage, Liebe, echte Liebe, auszulöschen.
Jetzt versteht ihr, warum in unserem Leben oder in unserer Gesellschaft so ein großes Problem besteht, wenn auf der einen Seite niemand mehr bereit ist, sich wirklich zu investieren. Menschen erleben Verletzungen in Beziehungen immer wieder, bis sie an einem Punkt ankommen, an dem sie sagen: „Mir tut eh keiner mehr weh.“ Sie führen viele Beziehungen, damit es gerade nicht weh tut. Dann kommen die ganz normalen Probleme – Probleme, die nur gemeistert werden können, wenn ich bereit bin, wahre Liebe zu leben.
Dann stimmt es nicht mehr, dass große Wasser die Liebe nicht auslöschen können. Schon kleine Wasser reichen, und plötzlich ist von dieser Liebe nichts mehr da.
Wir haben noch Liebeslieder, schmalzig bis zum Abwinken, die uns davon träumen lassen, wie schön es wäre, so zu lieben. Aber was wir nicht mehr haben, ist echte Liebe.
Jetzt kommen Salomo und Sulamit und halten uns diesen Spiegel vor Augen. Sie sagen: Hört mal her, das wäre Gottes Ideal. Brauchst du dich noch daran zu orientieren? Und wenn nicht, warum nicht? An welcher Stelle ziehst du dich zurück? An welcher Stelle hast du Angst, dich zu investieren?
Es geht mir nicht nur um Mann und Frau, sondern um Gemeinde, um Menschen, die uns begegnen. Warum hast du Angst, an der Stelle mit dem, was du bist und darstellst, reinzugehen?
Ist es nicht so: Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe geben wollte, würde man ihn nur verachten. Du kannst Liebe nicht kaufen.
Wenn Bill Gates zu einer Frau sagt: „Ich möchte deine Liebe kaufen“, wird sie sagen: „Sag mal, du magst ja wirklich Geld haben, aber das kann man nicht kaufen.“
Wie bekommt man die Liebe einer Frau? Auf eine einzige Weise: Sie muss sie dir schenken. So bekommt man die Liebe eines Mannes. Man muss sie geschenkt bekommen.
Liebe ist nichts, was man kaufen oder abwägen kann. Ich kaufe jetzt tausend Euro von Holgers Liebe. Versteht ihr? Dann würde Holger sagen: „Du würdest sie haben? Okay, gut.“
Wir wollen um unseres Charakters willen geliebt werden. Wir wollen uns verschenken – das ist Liebe.
Ich gehe nicht zu einem anderen und sage: „Ich liebe dich, weil dein Bankkonto so groß ist und du mir so viel Prestige bringst.“ Das ist ein Gedanke, dem wir noch begegnen müssen.
Sulamit hat natürlich die große Sache gemacht, ein bisschen so, als würde man in den schwedischen Königshof einheiraten: Mit einem Mal denkt man, „Oh, jetzt bin ich plötzlich ganz oben mit dabei, hi society, hallo, ich bin angekommen.“
Das kann ein Motiv sein – aber nicht für Liebe, sondern für Berechnung.
Die Brüder von Sulamit: Sorge und Verantwortung
Wir kommen darauf gleich zurück. Vorher dürfen wir noch einmal die Brüder von Sulamit kennenlernen. Die Brüder von Sulamit hatten ihr in Hohelied 1,6 gezürnt und sie in den Weinberg geschickt. Wir haben natürlich gemerkt, dass das zur Folge hatte, dass Sulamit in der Jerusalemer High Society nicht so den Schönheitsidealen entsprach, weil sie etwas dunkler war. Sie muss sich dafür entschuldigen und verbietet sich dann auch, dass man so hinschaut.
Was für Typen sind das, diese Brüder? Haben sie das absichtlich gemacht, um ihrer kleinen Schwester ein bisschen eins auszuwischen? Wir werden sehen, dass das nicht so ist. Sie sind nicht böse, sondern besorgt. Das heißt nicht, dass ihre Maßnahmen nicht unangemessen oder falsch gewesen sein können, aber ihre Intention war gut.
Anscheinend gibt es keinen Vater im Haus, und die Brüder überlegen sich: „Wir haben ja so eine kleine Schwester.“ In Vers 8 heißt es: „Wir haben eine Schwester, eine Kleine, die noch keine Brüste hat.“ Also sie ist wirklich noch jung. Was sollen wir mit unserer Schwester tun an dem Tag, da man um sie werben wird? Das ist gar nicht dumm. Sie übernehmen Verantwortung und überlegen sich, welche Strategie ihnen helfen könnte, wenn die Männer ein Auge auf ihre Schwester werfen. Wie gehen sie damit um?
Ihre Strategie geht ungefähr so: Sie beobachten ihr kleines Schwesterchen. Wie geht sie mit Männern um? Es gibt ja zwei Möglichkeiten. Die einen sind vielleicht so ein bisschen kokett, aufreizend, verführerisch. Sie flirten gern mit den Männern, wickeln sie so ein bisschen um den Finger, setzen sich auf jeden Schoß, der vorbeikommt, suchen Bewunderung. Das ist die eine Richtung, die nicht so tolle.
Die andere Möglichkeit ist, dass sie eine natürliche Vorsicht walten lässt – das, was die Bibel Heiligkeit und Ehrbarkeit nennt. Sie hält Abstand, ist schamhaft und hat Respekt vor Männern. Sie will vorsichtig sein, weil sie weiß, was sie als Frau auslösen kann, und weil sie auf den Richtigen warten möchte.
Diese beiden Konzepte werden jetzt bezeichnet als Mauer oder als Tür. Mauer heißt: Kommst du nicht rein. Tür heißt: Jeder kann rein.
In Vers 9 heißt es: „Wenn sie eine Mauer ist, so wollen wir eine Zinne von Silber darauf bauen.“ Also wenn sie feststellen, unser kleines Schwesterherz hat eigentlich einen feinen Umgang mit Männern und schmeißt sich nicht jedem an den Hals, dann wollen sie die Ersten sein, die sie schmücken – diese Zinne aus Silber, die man oben draufsetzt. Sie wollen das anerkennen und sie dafür ehren.
Und wenn sie eine Tür ist, also wenn sie immer offen ist und jeder zu ihrem Herzchen durchkommt, dann wollen sie sie mit einem Zedernbrett verschließen. Sie wollen Verantwortung dafür übernehmen, dass sie an dieser Stelle keinen Fehler macht.
Wir mögen das nicht gut finden, aber wir merken: Sie hatten es richtig gewollt.
Was sie dann gemacht haben, ist vielleicht noch mal eine andere Sache. Wir wissen aber auch, dass egal, was sie gemacht haben, Gott für Sulamit den richtigen Ehepartner vorbeigeschickt hat – genau an der Stelle, wo sie ihn treffen sollte.
Also auch wenn die Brüder einen Fehler machen, auch wenn in deinem Leben alles rundläuft oder wenn andere dir Dinge aufbürden, die falsch sind, heißt das nicht, dass Gott nicht darübersteht und alles so macht, wie er es für richtig hält.
Sulamit als Mauer und Tür: Selbstbewusstsein und Öffnung
Tja, was ist Sulamit – Mauer oder Tür? In Vers 10 sagt sie: „Ich bin eine Mauer.“ Selbstbewusst, oder? Sie sagt: „Ich bin eine Frau. Ich habe Charakterstärken. Ich lasse mich von Männern nicht einfach so verführen oder manipulieren. Ich bin nicht die kleine Dumme vom Land.“
Dann kommt etwas, was ich total lustig finde: „Meine Brüste sind Türme.“ Ich finde das deshalb lustig, weil Türme Teil der Wehranlage sind. Sie sagt, dass etwas, das normalerweise als Objekt der Lustbefriedigung für die Träume unreifer pubertierender Jungs herhalten muss, für sie Teil ihrer Verteidigungsanlage ist.
Sie ist also nicht nur Mauer, sondern weiß auch, wie sie dich auf Abstand hält. Und ich finde das toll. Ich werde jetzt nicht über den Tipp an junge Mädchen sprechen, den ich hier in meinem Skript habe. Ihr könnt das nachlesen, denn bei Frogwords ist das Skript zum Hohelied fast vollständig drin: frogwords.de/Hohelied. Dort könnt ihr lesen, wie wichtig es für junge Mädchen ist, diese Busengratscher auf Abstand zu halten. Das ist einfach mal wichtig, denn das sind definitiv keine passenden Ehemänner. Sie geben dir weder Schutz noch Fürsorge. Da fehlt das Apfelbaumkonzept. Es ist eher so: Wurzelrübe. Da gibt es keinen Schatten, keine Fürsorge.
Gut, also: Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme. Nun aber bin ich in seinen Augen wie jemand, die Frieden anbietet. Sie ist ein Mauertyp, aber kein Mauerblümchen.
Kommt der Richtige vorbei – und ich würde mir das so sehr wünschen, ich bete jeden Tag für meine Töchter –, dass sie warten, bis Mr. Wright vorbeikommt, der Prinz auf dem strahlenden Pferd. Vielleicht ohne Pferd und Strahlen, aber der Prinz. Ich sage: Ich warte, bis der Richtige erscheint.
Und wenn es so weit ist, wenn sie ihrem Salomo begegnet, einem Mann, der sich für sie interessiert, sie respektiert und sie beschützt – wie wir im zweiten Abschnitt gesehen haben, sogar vor seiner eigenen Lust –, dann bietet sie Frieden an. Sie öffnet in der Mauer ein Türchen zu ihrem Herzen. Dann macht sie die Tür auf, und der gute Salomo darf herein.
Gottes Fügung im Zusammentreffen von Salomo und Sulamit
Wie ist es dazu gekommen? Jetzt lesen wir etwas von Gottes Fügung.
Salomo hatte einen Weinberg in Balhermon. Diesen Weinberg gab es zu verpachten. Es war ein wertvoller Weinberg, was man an der Höhe der Pacht erkennen kann. Aus dem Prolog wissen wir, dass Sulamit als Hüterin von Weinbergen eingesetzt wurde. Das Wort „Hüterin“ oder „Hüten“ findet sich nur an diesen beiden Stellen im Hohelied. Das bildet eine Klammer, die hier geschlossen wird.
Anscheinend hatten die Brüder von Sulamit den Zuschlag für diesen Weinberg bekommen, der zu verpachten war. Noch einmal: Salomo hatte einen Weinberg in Balhermon und übergab ihn den Hütern, wie wir inzwischen wissen. Die Hüterin wurde Sulamit. Jeder Pächter sollte für seine Frucht tausend Silberschäkel zahlen – das war die Pacht. Ein wirklich wertvoller Weinberg.
Es ist naheliegend, dass Salomo, wenn er so einen wertvollen Weinberg verpachtet, gelegentlich nach dem Rechten sieht. Und was findet er im Weinberg? Genau: die Hüterin des Weinbergs. Wenn ich mir das so vorstelle, reitet man zu seinem Weinberg, denkt, dort seien ein paar Kerle, die in irgendeiner Hütte übernachten, klopft vielleicht an, und plötzlich steht ein nettes junges Mädchen vor einem. Das ist natürlich eine Vorstellung, aber so ungefähr stelle ich es mir vor.
Ein kleines Mädchen vom Land trifft auf den großen Prinzen. Der Prinz hat Geld, Prestige und sieht gut aus – er hat alles, was man sich wünschen kann. Die große Verführung lautet: Ich lasse mich von seinem Reichtum bestechen. Ich heirate ihn für sein Geld, ich heirate ihn, um Königin zu werden, weil ich immer schon so ein Krönchen tragen wollte. Wenn ich durch die Straßen von Jerusalem laufe, höre ich, wie die Leute sagen: „Eure Hoheit!“ Das ist die Gefahr – ich lasse mich kaufen.
Aber ich denke, man kann Liebe nicht kaufen. Das stimmt.
Jetzt kommt die Spannung, und der nächste Vers, Vers zwölf, ist nicht einfach. Dort steht: „Mein eigener Weinberg ist vor mir.“ Die Betonung in diesem Vers liegt auf „mein, mein Weinberg“. Sie meint sich selbst, ihren Körper.
„Mein Weinberg ist vor mir“ im Sinne von: „Mein Weinberg gehört mir, egal wie viel Geld du hast.“ Die Tausend Silberschäkel sind dein, Salomo, zweihundert den Hütern seiner Frucht, also zweihundert Silberschäkel Gewinn für die Pächter und tausend für dich als Pacht. Ich schenke dir das: Mein Weinberg. Ich gehöre mir mit meinen Worten. Du kannst mit deinem Geld gestohlen bleiben.
Wenn ich dir Frieden anbiete, dann nicht, weil du mich in die High Society einführst. Nicht, weil ich ausgesorgt habe und nie wieder in meinem Leben den öden Job des Weinberghütens machen muss. Nicht, weil ich immer schon Prinzessin oder Königin sein wollte, sondern weil ich dich liebe. Und zwar dich, liebe ich.
Deshalb lesen wir im Prolog, dass sie von seinem Charakter schwärmt. Aber ist euch aufgefallen, wovon sie überhaupt nicht schwärmt? Von seinem Bankkonto. Es ist ihr einfach völlig egal.
Die Botschaft ist ganz simpel: Geld ist kein Ersatz für Liebe. Es mag richtig sein, nicht den letzten Loser zu heiraten oder die letzte Loserin. Aber im Endeffekt geht es um Liebe. Es geht darum, dass ich bereit bin, mich in diese Beziehung zu investieren. Es geht darum, dass ich mich öffne und bereit bin, mich in dieser Beziehung zu verschenken.
Liebe versus Berechnung in Beziehungen
Wenn du mit Berechnung an eine Beziehung herangehst, Eisenhard, dann gab es da eine blonde junge Dame, die einen älteren Herrn mit einem Altersunterschied von sechzig Jahren hatte. Erinnert ihr euch? Sie war vor ein paar Jahren in den Schlagzeilen. Sie wurde als aufgedonnerte Sexbombe dargestellt, während er eher wie ein tattriger alter Greis wirkte.
Und du dachtest dir: Sie hat dann so ein Interview gegeben, in dem sie sagte, es sei Liebe gewesen. Ich dachte mir: Du bist sechsundzwanzig und hast eine ausgesprochen interessante Figur. Er ist wahrscheinlich sechsundachtzig, aber er hat ein Bankkonto mit so vielen Nullen hinten dran. Das war keine Liebe, Entschuldigung, du kannst es mir einfach nicht verkaufen. Das ist Berechnung. Und Sulamit sagt: Ich lasse mich nicht kaufen.
Dann kommt der vorletzte Vers, in dem Salomo noch einmal den Mund aufmacht: „Bewohnerin der Gärten“ – ach, süß! Ihr wisst schon, wer Salomos Garten ist. Der Garten steht für dieses intime Miteinander, und die Bewohnerin der Gärten ist ein Bild für die Frau, die ihn, was seine Fantasie angeht, was seine Wünsche angeht, einfach gefangen genommen hat. Wenn er an Gärten denkt, denkt er an sie.
„Bewohnerin der Gärten, während die Gefährten auf deine Stimme horchen, lass mich hören.“ Und jetzt kommt ganz am Ende ein Satz. Was möchte Salomo von seiner Liebsten hören, von der Frau, die sein Herz gefangen hat? Was ist der letzte Vers, was möchte er abschließend im Hohenlied hören?
Ich weiß nicht, wie es euch jetzt geht. Ich lese es mal vor: „Enteile, mein Geliebter, und sei gleich einer Gazelle oder einem jungen Hirsch auf den duftenden Bergen.“
Die Bedeutung des Abschiedswunsches am Ende des Hohelieds
Preisfrage! Warum möchte er von ihr am Ende des Liedes, wenn alle noch einmal „und und und“ sagen, hören: „Hau ab“? Da steht „enteile“ – warum möchte er von ihr hören „hau ab“ ein bisschen netter, „enteile, mein Geliebter“? Aber warum?
Wisst ihr noch, wo das Motiv herkommt, „enteile“? Es kommt aus Hohelied 2, Vers 17. Es ist der Moment, in der Verlobungszeit, in dem die Geliebte ihren jungen Hirsch wegschickt. Sie merkt, jetzt haben sie den Tag miteinander verbracht, es wird Abend, und sie sagt zu ihm: „Du, die Zeit ist rum, ich schicke dich jetzt weg.“
Habt ihr euch die Frage gestellt, warum sagt Salomo nicht: „Ach, ich möchte von dir, der Bewohnerin der Gärten, hören, ich liebe dich!“? Warum sagt er „enteile“?
Die Antwort ist folgende: Weil er zurückdenkt an diesen Moment, als ihre Liebe noch ganz jung war, ganz frisch. In einem Zeitpunkt, in dem es darauf ankam, ihre Liebe zu beweisen, war sie stark genug, ihn wegzuschicken. Das ist ein Ausdruck ihrer Liebe.
Dieser Ausdruck der ersten Liebe, der in seinem Ohr ist, ist der Moment, in dem er merkte: „Wow, die will wirklich mich, und sie ist bereit, an dieser Beziehung zu arbeiten. Sie ist bereit, verantwortlich in diese Beziehung zu investieren, ein wirkliches Gegenüber zu sein.“ Nicht nur die Kleine, die versucht, den König herumzumanipulieren, sondern hier ist eine Frau, die sagt: „Stopp! Du magst der König sein, du magst reich sein, du magst für mich der Eintritt in die höchsten Kreise der Gesellschaft sein, aber Stopp! Ich bin bereit, weil ich dich liebe, dich wegzuschicken und verantwortlich Erziehung zu leben.“
Salomo sagt: „Das hat mich so gefangen genommen. Jeder andere hätte versucht, die Nacht mit mir zu verbringen, und du schickst mich weg. Du hast mich wirklich lieb.“
Dieser Ausdruck echter erster Liebe hat sich tief in sein Herz eingebrannt. Und er sagt eines: „Sulamit, ich möchte immer und immer wieder von dir hören. Ich möchte immer wieder hören, dass du mich mit dieser ersten Liebe liebst, mit der du mich damals geliebt hast.“
Er möchte von ihr nicht hören, dass sie ihn liebt, weil er ihr ein schönes Zuhause geschaffen hat, weil er ihr Sicherheit gegeben hat oder weil er ihr Prestige verschafft hat. Er möchte immer wieder von ihr hören, dass sie ihn liebt, lange bevor irgendetwas war, worauf sie stolz sein konnte. Dass sie ihn um seiner selbst willen liebt, mit dieser ersten echten Liebe, mit der sie ihn liebt.
Das Prinzip der bleibenden Begeisterung in Liebe und Gemeinde
Damit kommen wir zu diesem abschließenden Prinzip. Ich glaube, Liebe kann gelebt werden – zwischen Mann und Frau, aber auch in der Gemeinde, in jeder Beziehung. Dort, wo wir die Faszination des ersten Eindrucks, des ersten Augenblicks festhalten, in dem der andere noch ein Wunder ist.
Ich habe es für mich so formuliert: Wenn es mir gelingt, so unvoreingenommen begeistert zu bleiben, wie ich es am 31.12.1983 war, als ich zum ersten Mal einen Blick auf diese junge Frau warf. Für mich war sie damals eine Mischung aus Wunder, Gebetserhörung – ich war nicht gläubig, aber trotzdem empfand ich es so – und blonder Engel. Dieser erste Blick, an einer Silvesterparty, wenn man nichts erwartet, und dann sitzt sie da, und du weißt nicht mehr, was du denken sollst.
Die nächsten Wochen und Monate waren davon geprägt, dass dein ganzes Denken und Handeln um diesen Planeten kreist. Du machst heimlich einen Tanzkurs, besorgst dir ihre komische Musik, versuchst, sie in ihren Freundeskreis einzuführen, und tust all die Dinge, die dazugehören. Ich habe Operetten gehört. Wer mich kennt, weiß, das ist ein weiter Weg für mich. Früher bin ich auf Kiss-Konzerte gegangen. Von Kiss zu Offenbach – oh ja, das ist ein Weg. Aber die Liebe macht einfach alles möglich.
Heute, 26 Jahre später, möchte ich mit derselben Qualität von Begeisterung und Liebe an meinem Mädchen hängen. Wenn mir das gelingt, wenn wir die Begeisterung, die wir füreinander haben, auch in der Gemeinde leben können. Gerade wenn man sich so kennenlernt, wenn man den anderen noch irgendwie beeindruckend findet – nicht erst, wenn man schon fünf Jahre in der gleichen Gemeinde ist und merkt, welche Macken der andere hat. Das ist schwierig.
Aber wenn wir die erste Begeisterung füreinander bewahren – zum Beispiel, wenn jemand zum Glauben gekommen ist. Boah, Gott hat dir ewiges Leben geschenkt, Mann, ich freue mich so sehr! Wisst ihr, wie das bei der Taufe ist? Da sind immer alle begeistert, dass sich jemand endlich taufen lässt. Super!
Stellt euch vor, ihr könntet diese Begeisterung für den anderen festhalten. Und sie würde nicht von Routine oder negativen Erfahrungen überdeckt werden – von Streit oder Missverständnissen. Stellt euch vor, diese Begeisterung bliebe lebendig. In der Bibel steht, dass im Himmel Party gefeiert wird, wenn einer zum Glauben findet. Stellt euch vor, wir könnten diese Begeisterung festhalten.
Dann könnte ich von diesem Punkt aus jeden Gottesdienst feiern. Ich komme hierher, schaue euch an, wie ihr da wippt, die einen kenne ich besser, die anderen weniger. Und ich freue mich über jeden einzelnen.
Wenn dann so ein Gedanke hochkommt wie: „Na ja, das und das ist nicht so gut gelaufen“, dann mache ich sofort das, was wir im Hohelied gelesen haben: „Egal!“ Ja, da steht dieses „Ja“, wie Streit. Ihr habt das Kapitel noch vor Augen, wie ihr da wart. Egal! Ich werde ihn trotzdem bewundern, trotzdem weiter lieben. Ja, er ist mir auf die Füße getreten, ja, er hat mir eine blöde Mail geschrieben, ja, er hat sich zurückgezogen – egal, ich werde ihn weiter lieben.
In meiner Ehe ist das sowieso klar, da muss ich das tun. Aber stellt euch mal vor, dieses Konzept – weil es um die Frage geht, was Liebe ist, nicht nur darum, wie Mann und Frau einander lieben können.
Stellt euch vor, wir würden das in der Gemeinde leben. Ich wage es kaum, mir vorzustellen, was das bedeuten würde, wenn ich das weiterdenke.
Dazu werde ich nächste Woche abschließen. Dann nicht mehr zum Hohelied, sondern zum Prinzip Liebe in der Gemeinde – mit dem Hohelied in der Tasche, logisch, gebe ich euch noch ein paar allgemeine Prinzipien weiter.
Das machen wir aber erst nächste Woche. Vielen Dank!