Als ich das letzte Mal hier gesprochen habe, war das für viele von euch vielleicht etwas viel. Ich habe einen Überblick darüber gegeben, was die Lehre der Apostel in der Bibel beinhaltet.
Heute möchte ich nur einen Teilbereich daraus behandeln. Gleich zu Beginn möchte ich sagen: Ihr braucht keine Angst zu haben. Ich werde heute nur zwei Fragen besprechen.
Ich glaube, dass wir damit selbst nicht vollständig fertig werden.
Einführung in die Gottesfrage und ihre Bedeutung
Was lehrt die Bibel in Bezug auf Gott? Du wirst dich vielleicht fragen, warum das überhaupt wichtig ist. Ich gehe davon aus, dass wir alle, die wir hier sind, an Gott glauben. Also müsste ich darüber eigentlich nichts sagen, oder?
Doch es gibt zwei Gründe, warum ich trotzdem etwas zu diesem Thema sagen möchte. Zum einen bin ich überzeugt, dass dein Gottesbild – also wie du dir Gott vorstellst – direkten Einfluss darauf hat, wie du dein Leben führst. Das wirkt sich unmittelbar auf dein ganz persönliches und praktisches Leben aus.
Zum anderen leben in unserer Nachbarschaft viele Menschen mit einem völlig anderen Gottesbild. Vielleicht ist dein Nachbar Moslem, vielleicht Hindu, vielleicht Buddhist. Vielleicht ist er Esoteriker oder Atheist.
Wir wollen uns heute mit zwei Fragen beschäftigen: Erstens: Gibt es Gott? Und zweitens: Wie ist Gott?
Dabei muss ich gleich sagen: Wenn wir über den Gott der Bibel sprechen, werden wir feststellen, dass wir nie wirklich alles erfassen können. Wenn wir uns Gedanken machen, merken wir, dass wir nie zu Ende kommen. Alles, was ich verstehen kann, also was in mein kleines Gehirn mit seinen wenigen Gramm passt, ist kleiner als ich selbst. Alles, was wir in unserem Verstand fassen können, ist begrenzt und begreifbar. Gott aber ist größer.
Deshalb können wir in der Regel nur über Gott nachdenken, wenn er sich uns offenbart. Das heißt, wenn er uns etwas von sich übermittelt.
Auch bei der zweiten Frage, wie Gott ist, ist es wichtig zu sehen, wie uns die Bibel ihn beschreibt – und nicht, welche Vorstellungen wir selbst von ihm haben.
Die Frage nach der Existenz Gottes im Kontext der Gegenwart
Zunächst also die Frage: Gibt es Gott?
Das Thema wurde in letzter Zeit in allen Medien breit diskutiert, sowohl in christlichen als auch in säkularen Kreisen. Besonders bekannt ist die Bewegung des sogenannten Neuen Atheismus. Im Jahr 2008 veröffentlichte der Wissenschaftler Richard Dawkins seinen Bestseller „Der Gotteswahn“. Dieses Buch hat in Europa und auch in Amerika viel Aufmerksamkeit erregt. Dawkins vertritt die Ansicht, dass es keinen Gott gibt und dass die Welt ohne Gott viel besser wäre. Er sieht Gott als eine Fiktion an – und zwar als eine schädliche Fiktion.
Nach der Veröffentlichung dieses Buches formierte sich in Europa eine Gruppe, die sich dem Neuen Atheismus zuordnen lässt. Diese Gruppe startete eine Kampagne, die sogenannte Buskampagne. Wahrscheinlich habt ihr davon gelesen oder sie im Fernsehen gesehen. Die neuen Atheisten unterscheiden sich von früheren Atheisten. Früher haben Atheisten einfach nur den Glauben an Gott abgelehnt. Heute vertreten sie ihre Ansichten fast wie eine Religion und gehen dabei sehr missionarisch vor.
Früher haben Christen Busse mit religiösen Botschaften beschriftet und Plakate aufgehängt. Heute tun dies die Atheisten. Die Aktion begann in England, wo Busse mit solchen Propagandabotschaften beschriftet wurden. Diese Kampagne sorgte für Aufsehen. Ähnliche Busse gab es später auch in Spanien, Frankreich und Deutschland. Auf den Bussen stand unter anderem: „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott.“ Das ist eigentlich schon ein Witz, denn ganz sicher scheinen sie sich doch nicht zu sein.
Die neuen Atheisten vertreten die Meinung, dass ein erfülltes Leben keinen Glauben benötigt. Ich habe gelesen, dass diese Bewegung beim kommenden Kirchentag in Dresden plant, dort eine religionsfreie Zone einzurichten. Ob so etwas überhaupt möglich ist, weiß ich nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Wohngebiete gibt, in denen keine Christen leben. Dennoch wird deutlich, dass sie mit ihrer Idee sehr missionarisch vorgehen.
Die Antwort auf diese Bewegung ließ nicht lange auf sich warten. Es gab verschiedene Artikel im „Spiegel“. Besonders interessant fand ich einen Beitrag von Matthias Matuschek, einem Redakteur des „Spiegel“. Er schrieb einen hervorragenden Artikel über das Thema Sünde – das war Evangelisation pur, was man in einer solchen Zeitschrift kaum erwartet hätte.
Im christlichen Bereich erschienen ebenfalls Kommentare und Bücher zu diesem Thema. Anschließend fand eine offene Diskussion zwischen Richard Dawkins und John Lennox statt. Beide sind Professoren an der gleichen Universität in England.
Natürlich hat John Lennox sehr gut argumentiert. Doch einen Atheisten überzeugt man damit nicht – und umgekehrt überzeugt man auch keinen Christen. Hier stehen Meinung gegen Meinung.
Die biblische Perspektive auf Gottes Existenz
Und ich habe mich gefragt: Was sagt die Bibel dazu? Wie geht die Bibel an diese Frage heran? Atheisten gab es zu jeder Zeit, auch solche, die an andere Götter glaubten. Wenn ich an die griechische Philosophie denke, nimmt die Bibel auch hier nicht in der Weise Stellung, dass wir von einer Auseinandersetzung oder Diskussion sprechen könnten.
Wenn wir die Bibel aufmerksam lesen, stellen wir fest: Die Bibel beweist Gott nicht. Sie geht einfach von der Existenz Gottes aus. So beginnt die Bibel. 1. Mose 1,1: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Gott wird einfach vorausgesetzt. Die Bibel fängt nicht beim Urknall an, sondern mit der Existenz Gottes.
Wer das nicht glauben will, dem kann man nicht helfen. Paulus versucht deutlich zu machen, dass ein aufmerksamer Zeitgenosse durchaus die Möglichkeit hat, Gott zu erkennen. Schlagen wir dazu im Römerbrief Kapitel 1 auf. Ich lese vielleicht schon ab Vers 18: „Denn es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“
Paulus sagt also: Es gibt die Möglichkeit, Gott zu erkennen. Wer das nicht sehen will, den wird er bestrafen. Und dann begründet Paulus das: Gott hat es ihnen offenbart, denn sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut.
Das heißt: Du erkennst den Schöpfer nicht direkt, aber du kannst die Schöpfung, sein Werk, erkennen. Das ist ähnlich wie im Museum: Du siehst ein Bild von Rembrandt. Rembrandt selbst siehst du nicht, aber du kannst ihn an seinem Werk erkennen. Wenn du durch das Museum gehst und dich mit den Gemälden beschäftigst, kannst du sofort herausfinden, welche Bilder von Rembrandt sind, obwohl du Rembrandt nicht persönlich kennst.
So ist es auch bei Gott. Du kannst sein unsichtbares Wesen nicht sehen, sagt Paulus, aber du kannst seine ewige Kraft und seine Göttlichkeit seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrnehmen. So schildert Paulus das im ersten Kapitel des Römerbriefs.
Wer also Gott erkennen möchte, kann ihn erkennen. Die Menschen sind, schreibt Paulus weiter, zu dem Trugschluss gekommen, dass sie nicht in dem Gemachten Gott erkennen, sondern das Gemachte selbst als Gott ansehen. Das hat es schon immer gegeben: Man hat die Sonne angebetet, den Mond, die Sterne. Esoteriker glauben, dass in jedem Baum, in jeder Pflanze Gott wohnt. Das ist nichts Neues. Das ist genau das, was Paulus in Römer 1 beschreibt.
Man nimmt also das Gemachte von Gott und stellt es an die Stelle Gottes. So kommt man zu einem Trugschluss. Man staunt nicht über den Schöpfer, sondern über die Schöpfung. Selbst die großen Philosophen kommen dann zu dem Schluss: „Gott ist tot.“
Ich habe eine schöne Illustration gefunden, die das auf den Punkt bringt: Der Mensch, selbst die großen Denker, meinen, Gott sei tot – aber sie selbst sterben. Gott wird in der Bibel als ewig beschrieben, als jemand, der schon immer war und immer sein wird. Mit solchen Argumenten geht die Bibel ganz einfach mit den größten Philosophen der Welt um.
Psalm 14,1 sagt: „Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott.“ Damit sagt die Bibel: Nietzsche ist töricht. Damit sagt die Bibel, jeder, der Gott leugnet, ist ein Tor, er ist verblendet.
Ich finde das interessant: Wir müssen Gott nicht beweisen. Jeder, der mit Gott lebt, ist im Grunde selbst ein Beweis für Gottes Existenz.
Paulus’ Rede in Athen als Argument für Gottes Existenz und Wesen
Eine weitere Illustration zur Argumentation über Gott finden wir in Apostelgeschichte 17, als Paulus in der Weltstadt Athen ist und zuvor die Stadt besichtigt hat. Er sieht all die Götzenbilder und Altäre, und in seinem Innern ist er erregt.
Ich weiß nicht, wie dir das geht, wenn du eine Stadtbesichtigung machst. Vielleicht staunen wir darüber, wie wir heute Morgen über die Denkmäler gehört haben. Doch wenn wir die Gottlosigkeit in unseren Städten sehen, sind wir innerlich erregt.
Paulus nimmt das wahr und beginnt, mit den Athenern darüber zu sprechen. Dann schleppen sie ihn auf den Areopag, also den zentralen Gerichts- und Marktplatz Athens. In Apostelgeschichte 17, Vers 22 lesen wir: Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: „Männer von Athen, ich sehe, dass ihr in jeder Beziehung von den Göttern sehr ergeben seid. Denn als ich umherging und eure Heiligtümer betrachtete, fand ich auch einen Altar, an dem die Aufschrift war: ›Einem unbekannten Gott‹. Was ihr nun ohne es zu kennen verehrt, das verkündige ich euch.
Der Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch wird er nicht von Menschenhänden bedient, als ob er noch etwas nötig hätte, da er selbst alles Leben und Odem gibt.
Er hat aus einem jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen. Dabei hat er festgesetzte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnung bestimmt, damit sie Gott suchen, ob sie ihn vielleicht tastend fühlen und finden möchten. Obwohl er ja nicht fern ist von jedem von uns, denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.
Wie auch einige eurer Dichter gesagt haben: ›Denn wir sind auch sein Geschlecht.‹ Da wir nun Gottes Geschlecht sind, sollen wir nicht meinen, dass das Göttliche dem Gold und Silber oder Stein gleich sei, einem Gebilde der Kunst und der Erfindung des Menschen.
Nachdem nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten wird, in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat. Und er hat allen dadurch den Beweis gegeben, dass er ihn auferweckt hat aus den Toten.“
Das finde ich eine hochinteressante Argumentation, die Paulus in einer Umgebung vorbringt, die geprägt ist durch griechische Philosophie. Die griechische Religion bestand aus vielen Göttern, und es gab verschiedene Weltanschauungen der Stoiker, der Epikureer. Viele Menschen sind heute seit dem Humanismus wieder neu davon infiziert.
Ich finde es interessant, wie Paulus in dieser kurzen Rede Gott darstellt. Er sagt zum Beispiel zunächst etwas über den Menschen. Er sagt darin, dass der Mensch von Gott gemacht ist – und zwar nicht durch Evolution – und dass im Grunde alle miteinander den gleichen Ursprung haben. Das war selbst für die Juden damals eine schwere Pille zu akzeptieren.
Er macht auch deutlich, dass Gott uns Menschen die Ewigkeit ins Herz gelegt hat und dass Gott alles gemacht hat. Dann wird kurz gesagt, wer Gott ist: Er sagt, Gott hat die ganze Welt geschaffen, alles, was darin ist. Dann sagt er, wo Gott zu finden ist, und macht deutlich: Gott ist nicht ein ferner Gott, sondern er ist ganz nah bei dir. Du kannst ihn finden.
Er macht klar, dass Gott nicht in Tempeln zu finden ist, nicht in Götzenbildern. Gott ist viel größer. Dann kommt der entsprechende Ausdruck, und ich glaube, das ist das Wesentliche, wenn wir über Gott mit anderen Menschen reden: Dieser Gott, der sich in der Bibel offenbart und an den wir glauben, hat einen Anspruch an jeden Menschen.
Damit wird im Grunde jeder Mensch in die Verantwortung gestellt. Gott lässt sich nicht bedienen. Gott gebietet Buße zu tun. „Gott wird einmal den Erdkreis richten.“ Es gibt also eine Gerechtigkeit am Ende in dieser ungerechten Welt. Er hat einen bestimmt, der richten wird, und er hat den Beweis dafür gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat.
Diese Predigt weckt Widerspruch, und wenn wir heute in dieser Welt so von Gott reden, erregt das auch Widerspruch. Denn Gott stellt dadurch jeden Menschen vor eine Entscheidung.
Hier bei der Predigt in Athen damals kommt das sehr gut zum Ausdruck: „Als sie aber von der Totenauferstehung hörten, spotteten die einen, die anderen aber sprachen: Wir wollen dich darüber noch einmal hören.“
An Gottes Wort und an Gott selbst muss sich jeder Mensch entscheiden. Man kann nicht neutral sein. Das ist, glaube ich, eine wichtige Sache, die wir, wenn wir mit anderen Menschen sprechen, deutlich machen müssen.
Verschiedene Gottesbilder und ihre Auswirkungen
Die zweite Frage, mit der wir uns heute beschäftigen wollen, lautet: Wie ist Gott?
Ich glaube, jeder von uns hat ein bestimmtes Bild von Gott. Der eine stellt sich Gott vor wie einen Polizisten, der überall hinter jeder Ecke steht, mit dem Strafzettelblock in der Hand. Sobald du etwas falsch gemacht hast, notiert er es. Und irgendwann bekommst du dann das Knöllchen.
Viele sehen Gott eben als jemanden, der straft, gerecht und heilig ist – so wie „Big Brother is watching you“, er sieht alles. Vielleicht ist uns das auch im Hauskreis aufgefallen, als wir Johannes 2,24-25 gelesen haben. Dort steht, dass Jesus nicht nötig hatte, dass irgendjemand etwas über ihn sagte oder von sich selbst erzählte. Denn er kannte jeden und brauchte keine Informationen von anderen.
Man kann sagen: Wenn Jesus, wenn Gott alles über dich weiß, dann kann das auf der einen Seite beängstigend sein. Das heißt, du kannst ihm nichts vormachen. Auf der anderen Seite kann es auch sehr wohltuend sein, weil ich weiß, dass er mein Herz kennt. Er hat keinen falschen Blick auf mich und meint es gut mit mir.
Die Frage ist: Wie ist Gott? Ist er der Polizist oder der gutmütige Opa im Sessel? Ist Gott heilig und gerecht oder gnädig und barmherzig? Ist er der Gott der Liebe oder der heilige und zornige Gott?
Je nachdem, welches Bild du von Gott hast, wirst du dein Leben führen. Deshalb ist es ungeheuer wichtig, zu sehen, was die Bibel über Gott sagt. Wir brauchen ein ausgewogenes Bild von Gott, damit wir ein Leben führen können, wie Gott es sich wünscht.
Gottes Wesen im Garten Eden: Gemeinschaft und Gebot
Wo offenbart sich Gott als Erstes? Schauen wir uns das einmal in 1. Mose 2 an, wie Gott dem ersten Menschenpaar begegnet. Ich habe mich in letzter Zeit damit beschäftigt, und es fasziniert mich sehr, wie Gott mit Adam und Eva umgegangen ist. Daraus können wir einiges über Gottes Wesen erkennen.
Wir lesen in Kapitel 2, Vers 5: An dem Tag, als Gott der Herr Erde und Himmel gemacht hatte, war noch kein Gesträuch des Feldes auf der Erde. Auch war noch kein Kraut des Feldes gesprossen, denn Gott, der Herr, hatte es noch nicht auf die Erde regnen lassen. Außerdem gab es noch keinen Menschen, der den Erdboden bebauen konnte. Ein Dunst stieg von der Erde auf und bewässerte die ganze Oberfläche des Erdbodens.
Dann bildete Gott, der Herr, den Menschen aus Staub vom Erdboden und hauchte ihm den Atem des Lebens in die Nase. So wurde der Mensch eine lebende Seele. Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, um ihn zu bebauen und zu bewahren.
Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: „Von jedem Baum des Gartens darfst du essen. Aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen darfst du nicht essen, denn an dem Tag, an dem du davon isst, musst du sterben.“
Gott hatte Adam und Eva geschaffen, um mit ihnen Gemeinschaft zu haben. Die Bibel berichtet, dass Gott Adam und Eva regelmäßig besuchte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das eine wunderschöne Zeit gewesen sein muss. Stell dir vor, jeden Abend kommt Gott zu dir zu Besuch, und du kannst ihm alles fragen.
Das war Gottes Wunsch, als er den Menschen erschuf. Er wollte Gemeinschaft mit dem Menschen haben. Ich habe versucht, das mit einem Dreieck zu verdeutlichen: eine harmonische Beziehung zwischen Gott und den Menschen.
Gott hatte ihnen nur ein Gebot gegeben. Man könnte sich fragen: Warum macht Gott das? Ich glaube, Gott möchte keine Marionetten haben, sondern Menschen, die ihm freiwillig gehorsam sind. Deshalb stellt er diese eine Probe, diesen Test: Nur von der Frucht dieses einen Baumes darfst du nicht essen!
Er kündigt auch eine Strafe an: Wenn du davon isst, musst du sterben. Man kann sagen, das ist einfach, klar und sachlich formuliert – damit kann man leben.
Der Sündenfall und Gottes Reaktion darauf
Wir lesen Kapitel drei: Die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sprach zur Frau: „Hat Gott wirklich gesagt, ihr dürft von keinem Baum im Garten essen?“
Da antwortete die Frau der Schlange: „Von den Früchten der Bäume im Garten essen wir. Aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: ‚Ihr sollt nicht davon essen und sie nicht berühren, damit ihr nicht sterbt.‘“
Die Schlange entgegnete der Frau: „Keineswegs werdet ihr sterben. Gott weiß, dass an dem Tag, an dem ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, der Gutes und Böses erkennt.“
Die Frau sah, dass der Baum gut zur Speise war, dass er eine Lust für die Augen darstellte und begehrenswert war, Einsicht zu geben. Sie nahm von seiner Frucht, aß davon und gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, davon, und er aß ebenfalls.
Da wurden ihre beiden Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.
Wir sagen uns: Das war zunächst ein paradiesischer Zustand, doch dann sündigten sie.
Was war ihre Sünde? Sie zweifelten an Gottes Wort, waren ungehorsam und selbstsüchtig. Der Teufel hatte ihnen gesagt, sie würden sein wie Gott. Das wollten sie haben, obwohl sie bereits alles besaßen.
Nun könnten wir uns fragen: Wie reagiert Gott darauf? Wir hatten uns die Frage gestellt: Wie ist Gott? Wie reagiert Gott?
Gott hatte Strafe angedroht. Er hatte gesagt: „Des Tages, da du davon isst, wirst du sterben.“ Was passiert nun? Die Gemeinschaft mit Gott ist zerstört. Auch die Gemeinschaft zwischen Adam und Eva ist durch den einen Ungehorsam zerbrochen.
Die Frage ist jetzt: Was erwarten wir, wie Gott reagiert? Er hatte ja gesagt, an dem Tag, an dem du davon isst, musst du sterben.
Wie würden wir reagieren? Wenn ein Kind etwas Verbotenes tut, wie reagiert man dann? Man sagt: Die Strafe muss sein.
Nach dieser Ankündigung der Strafe, „an dem Tag, da du davon isst, wirst du sterben“, erwartet man doch eigentlich, dass Gott mit einem riesigen Donnerwetter kommt. So ähnlich wie bei Ananias und Saphira im Neuen Testament, die fallen tot um.
Man müsste doch erwarten, dass Gott, nachdem er das Gebot gegeben und die Folgen angekündigt hat, sofort mit einem Blitz, mit sofortigem Tod und ewigem Verderben reagiert. „Wer nicht hören will, muss fühlen.“
Man könnte auch erwarten, dass Gott sagt: „Test misslungen, wir kneten alles wieder zusammen und machen etwas Neues.“ Das wäre doch eigentlich logisch, oder?
Aber Gott macht keinen neuen Himmel und keine neue Erde. Gott reagiert ganz anders, und das fasziniert mich an Gott.
Auf der einen Seite ist Gott heilig und gerecht. Er hat gesagt: „Das darfst du nicht, und du wirst Strafe kriegen.“
Doch bei der weiteren Beschreibung des Sündenfalls fällt auf: Die beiden sterben nicht sofort. Sie erkennen, dass sie nackt sind, machen sich Feigenblätter zu Kleidern, was auch einige Zeit in Anspruch nahm.
Sie waren erst einmal beschäftigt. Dann heißt es in Vers 8: Sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages, also abends. Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor dem Angesicht Gottes des Herrn mitten zwischen den Bäumen des Gartens.
Das heißt: Gott wartet. Er greift nicht sofort ein. Warum?
Seht, Gott ist ganz anders als wir. Gott wartet, weil er möchte, dass bei Adam und Eva etwas im Gewissen passiert, dass sie über das nachdenken, was sie getan haben.
Wir merken: Gott ist auf der einen Seite heilig und gerecht, aber auf der anderen Seite gnädig, selbst im Gericht. Er wartet. Sie haben also Zeit zur Gesinnung.
Ich weiß nicht, wann sie von der Frucht gegessen haben. Abends kommt Gott. Sie hören seine Stimme und verstecken sich.
Wir sagen: Dummheit, Gott sieht doch alles klar. Aber Gott geht nicht so vor, dass er sagt: „Komm, ich weiß doch, wo du bist!“ und sie einfach herausholt.
Stattdessen ruft Gott: „Adam, wo bist du?“
Wusste Gott das nicht? Natürlich wusste Gott, dass Adam sich hinter der dritten Birke versteckte.
Aber Gott fragt. Mir ist aufgefallen, dass Gott in der Bibel immer wieder uns Menschen fragt.
Gott hält uns keine Gardinenpredigten, sondern er fragt. Warum? Weil er möchte, dass wir selbst über unsere Stellung nachdenken.
„Adam, wo bist du?“ Gott erwartet nicht, dass Adam sagt: „Ich bin hinter der dritten Birke.“ Adam antwortet auch anders: „Ich hörte deine Stimme und fürchtete mich.“
Gott erwartet, dass Adam über seinen geistlichen Standpunkt nachdenkt. Die Beziehung zu Gott ist kaputt. Adam fürchtet sich zum ersten Mal vor Gott.
Vorher hatten sie Gemeinschaft, ein vertrautes Miteinander.
Es gibt Menschen, die fürchten sich vor Gott. Woher kommt das?
Wir merken hier bei Adam und Eva: Die Furcht zieht an dem Punkt ein, wo Sünde da ist. Die Furcht vor Gott entsteht, weil Adam weiß: Gott ist jetzt Richter und nicht mehr mein gemeinsames Gegenüber.
Deshalb fürchten sich viele Menschen vor Gott, weil sie Angst vor dem Richter haben.
Aber Gott möchte vergeben. Er möchte aus der Rolle des Richters heraus. Er möchte Sünde vergeben.
Gott fragt Adam. Adam tut das, was wir Menschen oft tun: Er schiebt die Schuld weg. Er schiebt die Schuld auf seine Frau. Er schiebt die Schuld auf Gott. Er sagt: „Die Frau, die du mir gegeben hast, hätte mir eine andere geben sollen, dann wäre das nicht passiert.“
Gott geht nicht darauf ein. Er sagt nicht: „Hör mal, Adam, überleg mal, mit wem du redest.“ Gott lässt den Unsinn von Adam stehen.
Ich muss mich wundern über die Geduld Gottes. Dann fragt Gott Eva. Doch auch Eva schiebt die Schuld weg – auf Satan.
Dann spricht Gott mit Satan. Nein, er fragt sie nicht, sondern kündigt sofort bei Satan das Gericht an.
Wir merken: Mit den Menschen geht Gott anders um als mit dem Verursacher der Sünde.
Gott ist gerecht, und die Schlange schweigt.
Ich staune über die Art, wie Gott mit Menschen umgeht.
Gott ist auf der einen Seite gerecht und heilig. Ja, das muss er sein, sonst wäre er nicht Gott.
Aber auf der anderen Seite ist er gnädig – Gottes Gnade im Gericht.
Er gibt Eva die Verheißung auf den Retter. Das ist unglaublich.
Er sagt nicht: „Gute Frau, du hast falsch gehandelt und musst jetzt die Folgen tragen.“
Natürlich kommen die Folgen auch noch. Aber zunächst einmal sagt er ihr: „Ich habe eine Lösung.“
Er gibt die erste Verheißung auf den Herrn Jesus, den Retter.
Ist das nicht wunderbar? Die beiden ersten Menschen haben gesündigt, und Gott greift nicht hart durch, sondern schenkt Gnade und die Verheißung im Gericht.
Dann stellt er ein Opfer und bekleidet die beiden. Auch damit gibt er einen Hinweis auf den Herrn Jesus.
Und trotz allem Versagen macht er Adam zum Vorbild für den Herrn Jesus.
Gottes Wesen: Heiligkeit und Gnade in Balance
Und ich muss sagen, ich staune über Gott. Wie ist Gott? Gott ist heilig und gerecht, aber gleichzeitig auch gnädig und barmherzig. Selbst im Gericht Gottes, dort, wo er mit uns menschenrichtend eingreifen muss, ist seine Gnade noch größer.
Ich finde es faszinierend, dass wir das bereits auf den ersten Seiten der Bibel erkennen können. Natürlich wissen wir, die wir nach Golgatha leben, warum Gott gnädig sein kann. Denn Jesus hat all das für uns übernommen. Deshalb kann Gott gnädig und barmherzig sein.
Ich möchte mit einem Merksatz schließen: Gottes Seelsorge zeigt selbst im Gericht den Weg der Gnade und Vergebung auf. Gott ist nicht nur heilig und gerecht, er ist auch gnädig und barmherzig. Dein Gottesbild wird dein Leben prägen.
Wenn der Herr es schenkt, wollen wir uns ein anderes Mal vielleicht damit beschäftigen, wie Gott als Vater ist, wie Gott als Sohn ist und wie Gott als Heiliger Geist ist.
