Schwierigkeit und Leichtigkeit des Mitgefühls
In manchen Situationen fällt es uns leicht, Mitgefühl mit Menschen zu haben, in anderen ist es etwas schwieriger. Vermutlich geht es euch genauso. Wenn Menschen sehr egoistische Dinge tun und dadurch ihr Leben selbst nicht leichter machen, fällt es uns oft schwer, Mitgefühl für sie zu empfinden. Besonders am Anfang ist es häufig schwierig, Verständnis aufzubringen.
Zum Beispiel verlässt ein Mann seine Frau wegen der hübschen Sekretärin, die er ständig im Büro sieht. Die Frau sitzt dann allein mit drei Kindern da. Der Mann erlebt, wie die Großfamilie das nicht gutheißt, sich von ihm abwendet und auch viele seiner alten Freunde nicht mehr viel mit ihm zu tun haben wollen. Er leidet darunter. Trotzdem fällt es uns schwer, in dieser Situation mit ihm Mitgefühl zu haben. Ist das nicht so?
Dann gibt es Situationen, in denen es uns sehr leichtfällt, Mitgefühl zu empfinden. Klar, zum Beispiel bei Menschen, die schwer krank sind. Ich denke aber auch an ein Kind, das ein bisschen gehbehindert ist, in die Schule kommt und dort ständig gemobbt wird. Alle rufen ihm dann „Humpelfuß“ nach. In solchen Fällen fällt es uns leicht, mit diesen Menschen mitzufühlen, weil sie für ihre Situation nichts können. Die Situation ist schwierig, und deshalb fällt es uns leicht, Mitgefühl zu zeigen.
Also: Es gibt Situationen, in denen es schwierig ist, Mitgefühl zu empfinden, und es gibt Situationen, in denen es uns ganz leichtfällt, Mitgefühl zu haben.
Die dritte Kategorie: Mut und Mitgefühl
Ich möchte heute über eine dritte Kategorie sprechen. Es gibt Menschen, die sich nicht gut fühlen, aber nicht, weil sie egoistisch gehandelt haben. Sie sind auch nicht einfach naiv oder unbewusst in eine schwierige Situation geraten.
Die Situation ist schwierig, weil sie eine bewusste Entscheidung getroffen haben. Sie haben sich entschieden, etwas zu tun oder Dinge zu sagen, die sie für wichtig und richtig halten. Dabei waren sie sich im Klaren darüber, dass es für sie schwierig werden könnte.
In solchen Fällen stehen wir manchmal innerlich zwischen zwei Gefühlen. Wir müssen entscheiden, ob die Person dumm oder mutig gehandelt hat. Denn manchmal ist es tatsächlich dumm, sich in eine schwierige Lage zu bringen, nur weil man eine Überzeugung hat und seinen Mund nicht halten kann.
Aber manchmal ist es auch wichtig und richtig, etwas zu tun. Dann ist es mutig, sich so zu verhalten. Wenn die Situation für solche Menschen schwierig wird, sollten wir Mitgefühl zeigen.
Einführung in den zweiten Timotheusbrief
Ich möchte heute mit euch einen Blick in den zweiten Timotheusbrief werfen. Ich habe mir vorgenommen, diesen Brief nach und nach mit euch zu besprechen – vielleicht alle zwei Monate, wenn sich die Gelegenheit ergibt.
Heute wollen wir uns das erste Kapitel des zweiten Timotheusbriefs anschauen. Wir werden es nicht vollständig schaffen, aber ich möchte euch einen ersten Überblick geben und einen Rahmen setzen.
Das erste Kapitel des zweiten Timotheusbriefs ist unser Text. Dabei werde ich etwas im Text hin und her springen.
Wie war die Situation damals? Es war so, dass dies der letzte Brief von Paulus ist. Er war auf einer Missionsreise, irgendwo an der griechischen Ost- oder der türkischen Westküste – das wissen wir nicht genau. Dort wurde er verhaftet. Man brachte ihn nach Rom und sperrte ihn in einen Kerker. Er wartete auf seine Verhandlung, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass er zum Tod verurteilt wird, sehr hoch war.
Irgendwie hatte sich das Klima verändert. Die Aggression gegenüber dem Christentum, zumindest gegenüber dem evangelistischen Christentum, das sagt: „Das ist die Wahrheit“, nahm zu. Die Situation spitzte sich zu. Viele Menschen wollten das nicht, der Staat wollte es nicht mehr, und auch viele Provinzgouverneure lehnten es offenbar ab.
Die Verhaftung von Paulus war ein Signal: „Wir wollen das nicht mehr dulden. Wir wollen die Verbreitung des Christentums einschränken. Wir wollen verhindern, dass Menschen herumziehen und diese Botschaft verkünden.“
Der Druck auf die Gläubigen und auf die Gemeinden nahm zu. Paulus zu verhaften, einen der Anführer und prominentesten Prediger dieser christlichen Bewegung, war ein deutliches Zeichen an die Gemeinden und deren Verantwortliche.
Besonders die Leiter der Gemeinden standen offenbar unter starkem Druck. Es sieht so aus, als seien gerade sie von den verantwortlichen Politikern oder deren Vertretern zur Rechenschaft gezogen worden. Die Gemeindeführer wurden gefragt: „Wie stehst du dazu? Wie stehst du zu Paulus?“
Der Druck nahm also deutlich zu.
Die Situation in Ephesus und die Rolle von Timotheus
Ich möchte ein paar Verse vom Ende des ersten Kapitels im zweiten Timotheusbrief lesen. Paulus schreibt an seinen engsten Mitarbeiter Timotheus, der zu dieser Zeit in Ephesus ist. Ephesus liegt an der Westküste der heutigen Türkei und war damals die Hauptstadt der Provinz Asia. Diese Provinz war zu dieser Zeit eine römische Provinz, ursprünglich griechisch geprägt. Man sprach dort Griechisch, nicht Türkisch, denn die Türken waren damals noch nicht dort. Ephesus war die Hauptstadt dieser Provinz.
In Ephesus gab es eine Gemeinde, die schon lange bestand und viele Höhen und Tiefen erlebt hatte. Paulus war dort am Anfang drei Jahre lang, als die Gemeinde gegründet wurde und ihre erste Blütezeit erlebte. Danach gab es offensichtlich große Veränderungen. Im Epheserbrief sieht man, dass viele Leute die Gemeinde verlassen haben, während andere dazugekommen sind. Die Situation war nicht einfach. Timotheus wurde hingeschickt und blieb offensichtlich mehrere Jahre dort, um der Gemeinde Orientierung und Halt zu geben, wie man im ersten Timotheusbrief sieht.
Paulus schreibt hier seinen letzten uns überlieferten Brief an Timotheus. Ich lese aus Kapitel 1, Verse 15 bis 18:
„Du weißt, dass alle, die in Asia sind – hier ist nicht der Kontinent Asien gemeint, sondern die Provinz Asia –, sich von mir abgewandt haben, darunter Phygelus und Hermogenes. Der Herr gebe dem Haus des Onisiphorus Barmherzigkeit, denn er hat mich oft ermutigt und sich meiner Ketten nicht geschämt. Als er in Rom war, suchte er mich eifrig und fand mich. Der Herr gebe ihm, dass er vonseiten des Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag. Und wie viel er in Ephesus diente, weißt du am besten.“
Onesiphorus war offensichtlich ein Mitarbeiter in der Gemeinde in Ephesus. Paulus endet das erste Kapitel damit, dass er sagt: „Du weißt, wie viel er in Ephesus gedient hat.“ Er war vermutlich einer der Verantwortlichen, vielleicht ein Ältester oder ein bekannter Mitarbeiter, das steht nicht genau da. Jedenfalls war er in der Gemeinde bekannt und hat viel gearbeitet.
Was war passiert? Paulus schreibt, dass Onesiphorus in Rom war. Er sagt nicht, dass er extra nach Rom gekommen sei, um Paulus zu suchen, sondern dass er dort war – vielleicht geschäftlich, denn Rom war damals das Zentrum. Paulus sagt, dass Onesiphorus ihn in der Vergangenheit oft ermutigt hat. Er war ein Mann, der ermutigend war, der durch seine persönlichen Gespräche und sein Handeln Paulus oft aufgerichtet hat.
Was hat Onesiphorus getan, als er in Rom war? Paulus sagt: „Er suchte mich eifrig.“ Onesiphorus hätte viele Gründe gehabt, Paulus nicht zu suchen. Paulus war damals als Staatsfeind angesehen und inhaftiert. Sich als Freund eines Gefangenen zu zeigen, war gefährlich. Es hätte viele Gründe gegeben, zu sagen: „Ich habe es versucht, aber ich habe ihn nicht gefunden.“ Doch Onesiphorus wollte ihn finden, wollte ihn ermutigen, und er hat ihn gefunden. War das dumm oder mutig? Paulus sieht es als mutig an.
Wir wissen nicht genau, was danach geschah und in welcher Reihenfolge. Aber offenbar sitzt Onesiphorus jetzt selbst im Gefängnis – entweder direkt durch diesen Besuch oder als Folge davon. Manche interpretieren den Abschnitt so, dass Onesiphorus bereits tot sei. Das glaube ich nicht. Ich denke, er sitzt selbst im Gefängnis. Paulus wünscht ihm, dass er vom Herrn Barmherzigkeit findet an jenem Tag. Ich glaube nicht, dass „an jenem Tag“ das zukünftige Gericht meint, sondern den Tag seiner Gerichtsverhandlung.
Paulus sagt, er wünsche sich von Herzen, dass Gott ihm in seiner Verhandlung Barmherzigkeit schenkt. Das mutige Handeln von Onesiphorus hatte Folgen, direkt oder indirekt, und nun sitzt er wahrscheinlich selbst im Gefängnis. Wie die Verhandlung ausgeht, weiß niemand.
Paulus schreibt: „Er hat sich meiner Ketten nicht geschämt.“ Er hat sich nicht geschämt, einen Gefangenen des römischen Staates zu kennen und zu besuchen, um ihn zu ermutigen. „Schämen“ bedeutet hier nicht einfach, dass es ihm peinlich war, sondern dass er sich nicht zurückgezogen oder vorsichtig verhalten hat. Die Gefangenschaft von Paulus hat ihn nicht dazu gebracht, sich zurückzuziehen oder Ausreden zu finden, warum er nicht hingehen sollte. Er war mutig.
Paulus selbst schreibt in diesem Abschnitt: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht“, obwohl er selbst im Gefängnis sitzt. Er zieht sich nicht zurück, sondern steht offen dazu. Er sagt zu Timotheus, er soll sich nicht des Evangeliums oder meiner schämen, obwohl ich Gefangener des Herrn bin. Timotheus soll sich nicht zurückziehen, nicht übervorsichtig sein, sondern mutig sein.
Dreimal in diesem Abschnitt wird gesagt, dass sich jemand nicht schämen soll: Onesiphorus hat sich nicht geschämt, Paulus schämt sich nicht, und Timotheus soll sich nicht schämen. Paulus ermutigt ihn, mutig zu sein.
Onesiphorus hatte Familie in Ephesus. Wir wissen nicht, wie alt seine Kinder waren. Paulus schreibt in Vers 16: „Der Herr gebe dem Haus des Onesiphorus Barmherzigkeit.“ Er wünscht, dass Gott sich um seine Familie kümmert.
Die anderen Verantwortlichen in der Gemeinde in Ephesus und den umliegenden Gemeinden in der Provinz Asia haben das gesehen. Sie sahen, was mit Paulus passiert ist und was es bedeutet, mutig zu sein. Vermutlich war das einer der Gründe, warum Paulus schreibt, dass alle, die in Asia sind, sich von ihm abgewandt haben, darunter Phygelus und Hermogenes – wahrscheinlich zwei prominente Christen dort.
Wahrscheinlich hat sich nicht jeder persönlich von Paulus abgewandt, aber die Verantwortlichen wurden gefragt: „Bist du für den, den wir da verhaftet haben? Bist du für diesen Gefährder?“ Viele stellten sich nicht mehr hinter Paulus. Sie sagten: „Ja, er hat unsere Gemeinden gegründet, aber inzwischen ist er uns zu extrem.“ Paulus sagt, sie haben sich von ihm abgewandt. Vielleicht war das, was mit Onesiphorus passiert ist, ein Anlass dafür.
Das war eine schwierige Situation für jemanden wie Timotheus. Natürlich würde er sich nie in einem Verhör von Paulus distanzieren, denn er war sein bester Freund. Aber wie aktiv und mutig ist man in so einer Situation? Das war die Frage, die Paulus an Timotheus hatte. Deshalb schreibt er diesen Brief: Timotheus, bist du bereit, mutig zu sein? Bist du bereit, öffentlich zum Evangelium zu stehen? Bist du bereit, dich in dieser schwierigen Situation aktiv zu Paulus zu stellen?
Timotheus war zu dieser Zeit eine Schlüsselfigur in der Bewegung. Er war der engste Mitarbeiter von Paulus. Paulus rechnete damit, dass er seinen Gefängnisaufenthalt nicht überleben würde, dass er nicht lebend frei kommen würde. Die Frage war: Wie geht es mit der christlichen Bewegung weiter? Timotheus war eine dieser Schlüsselfiguren, und es war wichtig, dass er mutig bleibt, damit die Botschaft weitergeht.
Es war wichtig, dass er sich nicht zurückzog, nicht übervorsichtig wurde und sich nicht des Evangeliums oder Paulus schämte. Paulus sagt ihm das.
Wer ist Timotheus? Lesen wir die ersten zwei Verse des zweiten Timotheusbriefs:
„Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist, an Timotheus, mein geliebtes Kind.“
Hier stellt sich Paulus vor. Im ersten Timotheusbrief nennt er Timotheus „mein echtes Kind im Glauben“, jemand, den er geistlich geprägt hat. Wahrscheinlich ist Timotheus durch Paulus zum Glauben gekommen. Paulus sieht ihn wie ein Kind, das von seinem Vater geprägt wurde. Im Titusbrief nennt er Titus ebenfalls „mein echtes Kind im Glauben“. Vermutlich ist Titus nicht durch Paulus gläubig geworden, aber Paulus sieht auch ihn als geistliches Kind.
Hier im zweiten Timotheusbrief sagt er „mein geliebtes Kind“. Das drückt eine starke emotionale Verbindung aus. Timotheus war für Paulus nicht nur ein Mitarbeiter oder Nachfolger, sondern jemand, der ihm persönlich sehr wichtig war.
Ich möchte eine Stelle aus dem Philipperbrief lesen, die Paulus einige Jahre zuvor über Timotheus geschrieben hat (Philipper 2,19-22):
„Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich guten Mutes sei, wenn ich eure Umstände kenne. Denn ich habe keinen Gleichgesinnten, der so herzlich besorgt ist um euer Wohl wie er. Alle suchen das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist. Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er wie ein Kind dem Vater mit mir gedient hat am Evangelium.“
Das zeigt, wie Paulus Timotheus sieht: als jemanden, der genauso denkt wie er, der von Herzen für die Gemeinde sorgt.
Paulus sitzt im Gefängnis, hat viel Zeit zum Nachdenken und Beten. Er macht sich Sorgen, wie es weitergeht. Sein Halt sind die Menschen, die treu bleiben. Manche Mitarbeiter haben ihn verlassen, wie man in Kapitel 4 sieht. Innerlich richtet er sich auf an Menschen, von denen er weiß, dass sie treu sind. Timotheus ist einer davon. Paulus ist überzeugt, dass Timotheus nicht einknicken wird, sondern zu ihm und zum Evangelium steht.
Gerade in dieser schwierigen Situation, mit vielen Sorgen und der nahenden Todesgefahr, ist Paulus Ermutigung für Timotheus wichtig.
Ich lese weiter aus dem Philipperbrief, Vers 3-7:
„Ich danke Gott, dem ich von meinen Vorfahren her mit reinem Gewissen diene, indem ich unablässig an dich denke in meinen Gebeten Nacht und Tag. Ich habe große Sehnsucht, dich zu sehen, damit ich mich freue. Ich erinnere mich an deine Tränen, und ich sehne mich danach, dich zu sehen, damit ich mich freue. Ich erinnere mich an deinen echten Glauben, der zuerst in deiner Großmutter Lois und deiner Mutter Eunike wohnt; ich bin aber überzeugt auch in dir.“
Paulus denkt oft an Timotheus, dankt Gott für ihn und freut sich auf ein Wiedersehen. Er erinnert sich an Timotheus’ Tränen – vielleicht bei ihrem letzten Abschied oder wegen der schwierigen Situation. Paulus weiß, dass Timotheus über dieselben Dinge weint wie er selbst, etwa die Entwicklungen in den Gemeinden.
Es ist ein großer Trost, einen Freund zu haben, der die Dinge genauso sieht und mit dem man die Lasten teilen kann. Paulus schätzt das sehr.
Paulus hat sich in dieser Zeit Gedanken gemacht, welcher Glaube wirklich Wurzeln hat. So viele sind abgefallen, sobald erste Verfolgungen begannen. Er weiß nicht, wie viele noch bleiben, wenn die Verfolgung wirklich beginnt. Er hat viele Umkippen erlebt und überlegt, wer stabil bleibt. Eine Antwort ist: Wer Wurzeln hat, eine stabile Umgebung.
Das sieht Paulus bei Timotheus, dessen Großmutter und Mutter gläubig waren. Das gibt ihm Stabilität. Paulus selbst hat sich dramatisch bekehrt, aber er hat immer versucht, mit reinem Gewissen Gott zu dienen. Für viele ist es leichter, stabil zu bleiben, wenn sie einen gläubigen Partner oder Familie haben.
Paulus ist überzeugt, dass Timotheus‘ Glaube stabil ist.
Paulus weiß, wie wichtig Freunde sind, die einen ermutigen. Er schätzt Onesiphorus, der ihn besucht hat, und Timotheus, der mit ihm fühlt und weint.
Paulus hat Mitgefühl. Er weiß, wie es ist, Mitgefühl zu brauchen. Obwohl er Timotheus liebt und die Situation von Onesiphorus und seiner Familie kennt, und obwohl er den Trend sieht, sich lieber zurückzuziehen, fordert er Timotheus nicht auf, vorsichtiger zu sein.
Wenn man jemanden wirklich liebt, überlegt man, ob man ihm sagt, er soll mutig sein und vielleicht auch ins Gefängnis gehen, oder ob man sagt, er soll sich zurückhalten. Paulus sagt: „Mein geliebtes Kind“ – und fordert ihn auf, mutig zu sein.
Vers 6-8 aus dem zweiten Timotheusbrief:
„Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Knabengabe Gottes anzufachen, die in dir ist durch das Auflegen meiner Hände. Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen, sondern leide Trübsal mit dem Evangelium.“
Paulus wünscht sich für Timotheus nicht, dass er leidet, aber dass er den Mut hat, das Leiden für das Evangelium anzunehmen.
Paulus schickt Timotheus nicht ohne Mitgefühl in diese Situation, nicht wie ein Feldherr, der seine Soldaten verheizt. Nein, er hat Mitgefühl und weiß, was wichtig ist.
Er kennt das Bedürfnis nach Mitgefühl sehr gut. Es hat ihm viel bedeutet, dass er in Ephesus Onesiphorus gefunden hat, der ihn suchte und ermutigte.
Paulus freut sich auch über die Tränen von Timotheus, weil er weiß, dass Timotheus mit ihm fühlt.
In Vers 18 heißt es:
„Der Herr gebe ihm, dass er wirklich von Seiten des Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag.“
Barmherzigkeit ist ein altes Wort, das oft Mitgefühl bedeutet. Barmherzigkeit geht über Mitgefühl hinaus, aber die Basis ist Mitgefühl.
Paulus hat Mitgefühl mit der Situation von Onesiphorus, der jetzt selbst im Gefängnis sitzt und auf sein Urteil wartet. Er wünscht ihm Gottes Mitgefühl.
Er hat auch Mitgefühl mit der Familie von Onesiphorus, die ohne den Vater und Beschützer dasteht. Paulus bittet Gott, sich um sie zu kümmern.
Paulus beginnt seinen Brief mit den Worten:
„Timotheus, meinem geliebten Kind, Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“
Fast alle Briefe beginnen mit „Gnade und Friede euch von Gott.“ Diese Gnade bedeutet, dass Gott gütig ist und hilft, und der Friede, dass man Frieden mit Gott hat.
Hier fügt Paulus ein Wort hinzu, das er sonst kaum benutzt: Barmherzigkeit.
Das ist ein ganz persönliches Wort zwischen Paulus und Timotheus.
Timotheus hat einen schweren Dienst und schwere Aufgaben. Er braucht Mut. Paulus wünscht ihm nicht nur Gnade und Friede, sondern auch die Barmherzigkeit Gottes – das praktische Mitgefühl und die Hilfe Gottes.
Gott hat Mitgefühl mit Timotheus, nicht weil er etwas falsch gemacht hat oder egoistisch war, sondern weil er mutig und verantwortungsbewusst handelt und seine Situation dadurch nicht leichter wird.
Paulus hat Mitgefühl mit Timotheus, der in Ephesus Verantwortung trägt in schwierigen Zeiten.
Wie ist das bei uns? Wir leben heute nicht wirklich in Zeiten aktiver Verfolgung. Aber es gibt Menschen, die Probleme bekommen haben, weil sie sich zum Evangelium bekannt haben. Gott hat Mitgefühl mit ihnen.
Gott hat auch Mitgefühl mit Menschen, die aus Verantwortung und Treue mutig sind und deren Leben dadurch schwieriger wird. Wir sollten dieses Mitgefühl haben.
Timotheus hatte nicht nur Schwierigkeiten wegen Verfolgung, sondern auch, weil er Verantwortung in der Gemeinde in Ephesus und wahrscheinlich auch in umliegenden Gemeinden übernommen hat.
Was belastet Menschen, die Verantwortung übernehmen? Es sind nicht die vielen Stunden Vorbereitung oder der Zeitaufwand. Es sind die Schwierigkeiten mit Menschen, die ständig etwas auszusetzen haben, oder die Dinge tun, die problematisch sind. Es sind auch Menschen, die untreu sind und die man investiert hat, die dann eigene Wege gehen.
Das belastet sehr, weil es nicht nur zeitlich oder körperlich belastet, sondern psychisch.
Das ist das, was Timotheus im ersten und zweiten Timotheusbrief belastet hat, ganz abgesehen vom Druck von außen.
Das belastet auch heute noch Menschen, die Verantwortung in Gemeinden übernehmen, selbst wenn es keine Verfolgung gibt.
Es ist gut, dass Gott Mitgefühl hat – auch mit diesen Belastungen.
Diese Menschen sind nicht in diese Situation gekommen, weil sie dumm oder egoistisch waren. Sondern weil sie eine bewusste Entscheidung für diesen Lebensstil getroffen haben.
Gott hat besonders mit solchen Menschen Mitgefühl.
Wir sollten auch Mitgefühl mit ihnen haben, für sie beten, sie tragen und ihnen die Barmherzigkeit Gottes wünschen, so wie Paulus es mit Timotheus, Onesiphorus und dessen Familie tut.
Diese Menschen haben eine Entscheidung getroffen, diesen Weg zu gehen und die Schwierigkeiten auf sich zu nehmen.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind – die Verantwortung freiwillig übernehmen, auch wenn sie wissen, dass es schmerzhaft wird und schlaflose Nächte kostet.
Ich wünsche uns, dass wir wie Onesiphorus sind, der Paulus besucht hat, und wie Timotheus, der nicht vor der Verantwortung in der Gemeinde weggelaufen ist.
Und ich wünsche uns, dass wir das Mitgefühl Gottes erleben – nicht nur in Krankheit, sondern auch dort, wo wir in seinem Dienst Schwierigkeiten haben.
Paulus schreibt: „Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“
Aufruf zur Mutigkeit und Treue
Paulus sagt in diesem Abschnitt: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht.“ Obwohl Paulus selbst im Gefängnis saß, zieht er sich nicht zurück und hält das Evangelium nicht zurück. Er sagt zu Timotheus in diesem Abschnitt: „Schäme dich nicht des Evangeliums, des Zeugnisses unseres Herrn, und schäme dich nicht meiner, der ein Gefangener des Herrn ist.“ Zieh dich nicht zurück, sei nicht vorsichtig, sei nicht übervorsichtig, sei mutig.
Dreimal in diesem Abschnitt wird von drei Personen gesagt, dass sie sich nicht schämen oder nicht schämen sollen. Onesiphorus hat sich nicht geschämt, er war nicht übervorsichtig. Parullus schämt sich nicht, er ist nicht übervorsichtig. Und Timotheus soll sich nicht schämen, er soll nicht übervorsichtig sein. Onesiphorus hat sich nicht geschämt, trotz der Ketten von Paulus.
Aber es ist nicht das Einzige, was passiert ist. Onesiphorus hatte Familie in Ephesus. Wir wissen nicht, wie alt seine Kinder waren, das steht hier nicht. Aber Paulus sagt in Vers 16: „Der Herr gebe dem Haus des Onesiphorus Barmherzigkeit, der Herr kümmere sich um seine Familie.“ Die anderen Verantwortlichen in der Gemeinde in Ephesus und in den Gemeinden drumherum, in diesen Gemeinden in der Provinz Asia, haben das gesehen. Sie haben gesehen, was mit Paulus passiert ist, und sie haben gesehen, was passiert, wenn man zu mutig ist.
Ich vermute, das war einer der Auslöser, warum Paulus in Vers 15 schreibt: „Ich weiß, dass alle, die in Asia sind, sich von mir abgewandt haben, unter denen Phygelus ist und Hermogenes.“ Es waren wahrscheinlich zwei prominente Christen in den Gemeinden dort. Wahrscheinlich hat sich nicht jeder einzelne persönlich und schon gar nicht innerlich von Paulus abgewandt. Dazu hätte es ja gar keinen Anlass gegeben. Aber die Leute, die konfrontiert wurden – und wahrscheinlich vor allem die Verantwortlichen – wurden gefragt: „Bist du für den, den wir da verhaftet haben? Bist du für diesen Gefährder?“ Sie haben sich nicht mehr zu Paulus gestellt. Sie sagten: „Ja, ja, irgendwann am Anfang hat er unsere Gemeinden gegründet, aber inzwischen sind sie uns auch ein bisschen zu extrem.“ Paulus sagt, sie haben sich von ihm abgewandt. Und vielleicht war das, was mit Onesiphorus passiert ist, ein Anlass dafür.
Das war eine schwierige Situation für jemanden wie Timotheus. Natürlich würde sich Timotheus nie in einem Verhör von Paulus distanzieren. Er meint, Paulus sei ein bester Freund, das würde er nicht machen. Aber wie aktiv ist man in so einer Situation? Wie mutig ist man? Das war die Frage bei Timotheus, das war die Frage, die Paulus hatte. Das ist einer der Anlässe, warum er diesen Brief schreibt: Timotheus, bist du bereit, noch mutig zu sein? Bist du bereit, mutig zu sein und zum Evangelium zu stehen, auch öffentlich? Bist du bereit, noch mutig zu sein und dich in dieser Situation noch aktiv zu mir zu stellen?
Timotheus war zu der Zeit eine Schlüsselfigur in dieser Bewegung. Er war der engste Mitarbeiter von Paulus, das habe ich schon gesagt. Paulus rechnete damit, dass er seinen Gefängnisaufenthalt nicht überleben würde, dass er nicht lebend wieder in Freiheit kommt. Die Frage an dieser Stelle ist: Wie geht es mit der christlichen Bewegung weiter? Timotheus war eine der Schlüsselfiguren, und es war wichtig, dass er mutig ist, damit diese Botschaft weitergeht. Es war wichtig, dass er nicht anfängt, sich zurückzuziehen, übervorsichtig zu sein, sich des Evangeliums zu schämen oder sich für Paulus zu schämen.
Paulus sagt ihm das. Wer ist Timotheus? Lesen wir die ersten zwei Verse vom zweiten Timotheusbrief: „Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist, an Timotheus, mein geliebtes Kind.“ Das ist eine Selbstvorstellung hier. Im ersten Timotheusbrief sagt er: „Timotheus, mein echtes Kind im Glauben.“ Jemand, den er geprägt hat. Wahrscheinlich ist Timotheus sogar durch Paulus gläubig geworden. Was Paulus hier meint, ist: Er ist von mir geprägt worden, geistig wie ein Kind von seinem Vater.
Im Titusbrief fängt er an mit: „Titus, meinem echten Kind im Glauben.“ Vermutlich ist Titus nicht durch Paulus gläubig geworden, aber Paulus sagt, er ist von mir geprägt worden wie ein Kind von seinem Vater, ein echtes Kind, eines meiner echten Kinder im Glauben. Im zweiten Timotheusbrief sagt er: „Timotheus, mein geliebtes Kind.“ Hier ist wirklich eine emotionale Komponente. Timotheus ist jemand, der ihm wichtig ist. Das Wichtigste zu sehen: Timotheus ist nicht nur ein Nachfolger, er ist nicht nur mein Nachfolger im Geschäft, mein Nachfolger in der Bewegung, dem ich meine Hoffnungen gesetzt habe. Timotheus war Paulus wirklich wichtig, ganz persönlich.
Ich möchte eine Stelle aus dem Philipperbrief lesen, die Paulus ein paar Jahre vorher über Timotheus geschrieben hat, und ich glaube, das gilt immer noch. Philipper 2,19: „Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich guten Mutes sei, wenn ich eure Umstände kenne. Denn ich habe keinen Gleichgesinnten, der so sehr genauso tickt wie ich, der von Herzen für das Evangelium besorgt sein wird; denn alle suchen das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist. Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er wie ein Kind dem Vater mit mir gedient hat an dem Evangelium.“ Das war das Bild von Timotheus, wie Paulus ihn sah. „Ich habe keinen, der so tickt wie ich.“ Timotheus, mein geliebtes Kind, schreibt er.
Und er sagt in den nächsten Versen, dass er wirklich Gott dankbar ist für Timotheus. Paulus saß im Gefängnis, hatte viel Zeit zum Nachdenken und Beten. Ich glaube, er hat sich viele Sorgen gemacht in dieser Zeit, wie es weitergeht. Ein Stück weit war sein Halt über die Leute, bei denen er sagte: „Die sind noch treu.“ Selbst einige seiner Mitarbeiter haben ihn verlassen, zumindest wissen wir das aus dem, was er später in Kapitel 4 schreibt. Innerlich hat er sich an Menschen aufgerichtet, bei denen er sagte: „Die werden treu sein.“ Und Timotheus, ganz besonders Timotheus, war jemand, der überzeugt war, der wird nicht einknicken, der wird zu mir stehen, der wird zum Evangelium stehen.
Gerade in dieser Situation mit vielen Sorgen, mit vielen Unsicherheiten und mit seinem bevorstehenden Tod, von dem er nicht wusste, wie brutal und gewaltsam er sein würde, war Timotheus’ Ermutigung ihm wichtig. Lesen wir ein paar Verse: Vers 3: „Ich danke Gott, dem ich von meinen Vorfahren her mit reinem Gewissen diene, indem ich unablässig an dich denke in meinen Gebeten Nacht und Tag.“ Er hatte viel Zeit, Tag und Nacht. Er sagt: „Ich denke oft an Menschen, und ich denke auch oft an dich. Und immer, wenn ich an dich denke, danke ich dem Gott, dem ich immer dienen will, für dich.“ Er war Gott wirklich dankbar.
Paulus verlangte sehr danach, Timotheus zu sehen. Er hatte die Sehnsucht, ihn noch einmal persönlich zu sehen. Am Ende des Briefes wird er ihn auffordern, noch einmal zu ihm zu kommen. „Indem ich mich erinnere deiner Tränen.“ Welcher Tränen? Vielleicht denkt er an ihren letzten Abschied, und vielleicht hat Timotheus geweint. Wahrscheinlich. Aber Paulus ist sich auch sicher, dass Timotheus weint, wenn er an Paulus denkt, an seinen Gefängnisaufenthalt und daran, dass es wahrscheinlich ist, dass Paulus nicht überleben wird.
Paulus sagt: „Ich denke an deine Tränen.“ Aber Paulus weiß auch, dass Timotheus wegen der gleichen Dinge weint, über die Paulus weint: Entwicklungen in den Gemeinden, Entwicklungen von einzelnen Geschwistern. „Timotheus, ich denke an deine Tränen, und es erfüllt mich mit Freude.“ Es erfüllt ihn mit Freude, dass da jemand ist, der ihn so schätzt, der ihm so viel bedeutet, wie ein Vater einem Kind bedeutet. Es erfüllt ihn mit Freude, dass da einer ist, der über die gleichen Dinge weinen kann, über die Paulus weint.
Es ist krass, wenn man einen Freund hat, der die Dinge genauso sieht wie man selbst, der unter den gleichen Dingen leidet, wenn man sie beobachtet. Paulus sagt, es erfüllt ihn mit Freude, so jemanden zu haben und nicht alleine auf dieser Welt dazustehen. Und es ist so: Der Wert von wirklichen Freunden, mit denen man diesen Weg zusammen geht, mit denen man die Last gemeinsam trägt, ist gewaltig. Es ist eine gewaltige Ermutigung. Paulus wusste das zu schätzen.
„Indem ich mich erinnere deines echten Glaubens, des echten Glaubens in dir, der zuerst wohnt in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike, ich bin aber überzeugt auch in dir.“ Paulus hat sich in dieser Zeit offensichtlich Gedanken gemacht, welcher Glaube Wurzeln hat. So viele sind weggegangen, so viele sind umgekippt, sobald der erste Ansatz von Verfolgung kam.
Ich weiß nicht, wie viele hier noch sind, wenn die ersten Ansätze von Verfolgung kommen und wie viele Menschen sonntags hier zusammen wären. Paulus hat viele Umkippen gesehen und sich viele Gedanken gemacht, wer eigentlich stabil ist. Eine seiner Antworten war: Es ist leichter, stabil zu sein, wenn man Wurzeln hat, wenn man eine stabile Umgebung hat. Er hat das bei Timotheus beobachtet, wo zumindest der weibliche Teil seiner Familie schon vor ihm gläubig war: seine Großmutter und seine Mutter.
Er hat viel mit Menschen zu tun, die ganz neu zum Glauben gekommen sind, aus ihren Familien heraus, und niemand in den Familien gläubig war. Er hat gemerkt, dass manchmal die Leute aus gläubigen Familien ein bisschen stabiler sind. Er selbst hat sich natürlich dramatisch bekehrt, aber er sagt immer wieder, er habe mit reinem Gewissen Gott dienen wollen, auch wenn er total in die falsche Richtung gelaufen ist. Es ist etwas, das Wurzeln in ihm hat.
Vielen gibt es Stabilität, wenn sie einen gläubigen Partner haben, wenn sie nicht allein dastehen in der Familie. Paulus hat sich viele Gedanken darüber gemacht und war überzeugt, dass der Glaube von Timotheus stabil ist.
„Ja, es ist gut, Freunde zu haben.“ Paulus hat gesagt, das ermutigt ihn. Onesiphorus zu kennen, der ihn besucht hat; dich zu kennen, wo er weiß, dass du weinst über seine Situation, über viele Situationen in den Gemeinden, über die er auch weint – das ist gut, sagt Paulus. Paulus weiß, was Mitgefühl ist. Er weiß, wie es ist, Mitgefühl zu brauchen.
Und obwohl er Timotheus liebt und obwohl er die Situation von Onesiphorus kennt und die Situation seiner Familie, und obwohl er den allgemeinen Trend sieht in den Gemeinden, sich lieber ein bisschen zurückzuziehen und keine Zielscheibe zu sein, und obwohl er weiß, was es für Timotheus bedeuten wird, wenn er sich nicht zurückzieht, wenn er nicht vorsichtig ist, wenn er zu mutig ist, sagt er nicht: „Timotheus, sei ein bisschen vorsichtig.“
Weißt du, wenn ich jemanden wirklich liebe, wenn es mein bester Freund ist, dann überlege ich mir gut, ob ich ihm sage: „Sei mutig und komm vielleicht auch in den Knast“ oder ob ich ihm sage: „Timotheus, mach mal ein bisschen ruhig für ein paar Monate, sei mal nicht zu öffentlich.“ Aber obwohl Paulus sagt: „Mein geliebtes Kind“, meint er das Gegenteil von „Sei ein bisschen vorsichtig.“
Vers 6: „Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Knabengabe Gottes anzufachen, die in dir ist durch das Auflegen meiner Hände; denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen, sondern leide Trübsal mit dem Evangelium.
Timotheus, ich liebe dich wirklich. Ich wünsche dir kein Leiden, aber ich wünsche dir, dass du den Mut hast zu leiden. Paulus schickt Timotheus nicht in eine Situation ohne Mitgefühl, nicht nur als der Feldherr, der seine Soldaten verheizt. Nein, er hat Mitgefühl und trotzdem einen Sinn dafür, was wichtig ist und was wichtiger ist.
Paulus kennt das Bedürfnis nach Mitgefühl. Es hat ihm unglaublich viel gegeben, dass er in Onesiphorus jemanden gefunden hat, der ihn eifrig suchte und ihn fand. Das spürt Paulus, das ist emotional. Er fand ihn. Das hat ihm wirklich viel bedeutet. Onesiphorus zu begegnen, einem, der ihn gesucht hat, dem er wichtig war und der ihn gefunden hat in den Wirren der römischen Gefängnisse.
Er freut sich über die Tränen von Timotheus, auch über seine persönliche Situation, weil er weiß um das Bedürfnis nach Mitgefühl. Er sagt: „Ich wünsche Onesiphorus wirklich das Mitgefühl Gottes.“ Hier steht dieses Wort, ich weiß nicht, wie ihr das übersetzen würdet, Vers 18: „Der Herr gebe ihm, dass er wirklich vom Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag.“ Barmherzigkeit ist so ein altes deutsches Wort. Was bedeutet Barmherzigkeit? Ich glaube, der Auslöser für Barmherzigkeit ist ganz oft Mitgefühl. Und dann geht es einen Schritt weiter mit Barmherzigkeit. Das heißt, dass jemand etwas aus Mitgefühl tut. Aber die Basis ist, dass ich Mitgefühl habe.
Paulus hat Mitgefühl mit der Situation von Onesiphorus, der jetzt im Gefängnis sitzt, selbst im Gefängnis sitzt und auf sein Urteil wartet. Er wünscht von ganzem Herzen, dass Gott Mitgefühl mit ihm hat. Paulus hat auch Mitgefühl mit der Familie von Onesiphorus, die allein ohne den Vater dasteht, ohne den, der sie beschützt. Er sagt in Vers 16: „Der Herr gebe dem Haus der Familie des Onesiphorus Barmherzigkeit.“ Er hat Mitgefühl mit ihnen und greift für sie ein. Paulus wünscht sich das.
Aber wisst ihr, wie er seinen Brief anfängt? „Timotheus, meinem geliebten Kind, Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“ Fast alle Briefe fangen mit „Gnade und Friede seid ihr von Gott“ an. Diese Gnade bedeutet, dass Gott gütig mit dir ist und dir hilft. Der Friede bedeutet, dass du Frieden mit Gott hast und inneren Frieden empfindest.
Aber hier bei Timotheus, auch schon im ersten Timotheusbrief, fügt Paulus ein Wort hinzu, das er sonst nirgends verwendet. Das ist ein ganz privates Ding zwischen Timotheus und ihm: Barmherzigkeit. Timotheus, du hast einen schweren Dienst. Du hast schwere Aufgaben, du brauchst Mut. Und ich wünsche dir nicht nur, wie allen, Gnade und Friede, sondern ich wünsche dir, dass du das Mitgefühl, diese praktische Hilfe aus dem Mitgefühl Gottes, erfährst.
Gott hat Mitgefühl mit deinen Problemen, die du hast – nicht weil du etwas Dummes gemacht hast, nicht weil du egoistisch warst, nicht einfach so, weil dir etwas passiert ist, was jedem Menschen passieren kann. Sondern Timotheus, Gott hat Mitgefühl mit dir, weil du Dinge tust aus Mut und Verantwortungsbewusstsein und weil das deine Situation nicht leichter macht.
Timotheus, ich habe Mitgefühl mit dir, dass du in Ephesus verantwortlich sein musst in diesen Zeiten. Und Timotheus, ich glaube, Gott hat Mitgefühl mit dir, und ich wünsche dir das Mitgefühl und die Barmherzigkeit Gottes.
Wie ist es bei uns? Wir leben nicht wirklich in Zeiten aktiver Verfolgung. Ja, es gibt Menschen, die Probleme in ihrer Umgebung haben, weil sie sich an irgendeiner Stelle zum Evangelium bekannt haben, weil sie sich zu einer Wahrheit Gottes bekannt haben. Und Gott hat Mitgefühl mit ihnen.
So wie er Mitgefühl hat mit Leuten, die völlig unverschuldet in schwierige Situationen gekommen sind, hat er Mitgefühl mit Leuten, die aus Verantwortungsbewusstsein und Treue mutig waren und deren Leben dadurch schwieriger geworden ist. Und wir sollten das auch haben.
Timotheus hatte nicht nur Schwierigkeiten, weil Verfolgung da war. Er hatte Schwierigkeiten, weil er bereit war, Verantwortung in der Gemeinde in Ephesus und wahrscheinlich auch in umliegenden Gemeinden zu übernehmen.
Ihr habt in der letzten Zeit öfter darüber nachgedacht, was eigentlich belastend ist für Menschen, die Verantwortung übernehmen: Verantwortung für eine Gemeinde, für einzelne Menschen oder für eine Jugendarbeit. Egal was – was belastet sie?
Viele denken, es sind die vielen Stunden Vorbereitung, der Zeitaufwand, die Müdigkeit. Aber ich glaube, das ist nicht das, was wirklich belastet. Was belastet, sind Menschen, die schwierig sind – entweder weil sie ständig etwas auszusetzen haben oder weil sie Dinge tun, die einfach daneben sind und bei denen man das Gefühl hat, man muss die Gruppe davor schützen. Und natürlich belastet auch, wenn Menschen untreu sind, die einfach weggehen, in die man viel investiert hat und die dann doch ihre eigenen Wege gehen.
Das belastet, weil es nicht nur zeitlich und körperlich belastet, sondern auch psychisch. Das belastet Menschen, die wirklich Schwierigkeiten haben. Das heißt nicht, dass Menschen, die Schwierigkeiten haben, nicht mehr zu den Verantwortlichen gehen sollen und ihr Herz ausschütten dürfen. Aber es ist das, was belastet.
Man hört so viele Probleme, hat bei so vielen Menschen das Gefühl, dass man nicht wirklich helfen kann, dass man ihre Situation nicht ändern kann. Und man geht nicht aus dem Raum und sagt: „Und dann ist alles wieder weg.“ Man kann danach nicht gut schlafen. Das ist das, was belastet.
Das ist das, was Timotheus belastet hat im ersten Timotheusbrief, und das ist das, was ihn belastet im zweiten Timotheusbrief, ganz abgesehen von dem Druck von außen. Und das ist das, was Menschen belastet, die Verantwortung unter den Gläubigen übernehmen, auch heute noch – selbst wenn es von außen keine Verfolgung gibt.
Was ich gut finde: Gott hat Mitgefühl. Gott hat gerade mit diesen Menschen Mitgefühl. Sie sind ja nicht in diese Situation geraten, weil sie dumm sind oder weil sie es nicht hätten vermeiden können. Sie sind nicht in diese Situation gekommen, weil sie bösartig oder egoistisch waren. Sondern weil sie etwas getan haben, von dem sie überzeugt sind, dass es gut und wichtig ist. Weil sie eine bewusste Entscheidung für diesen Lebensstil getroffen haben.
Ich glaube, ganz besonders mit diesen Menschen hat Gott Mitgefühl. Und ganz besonders mit ihnen sollten wir Mitgefühl haben, für sie beten, sie tragen und ihnen von ganzem Herzen die Barmherzigkeit und das Mitgefühl Gottes wünschen – so wie Paulus es mit Timotheus, mit Onesiphorus und mit der Familie von Onesiphorus tut.
Das sind Menschen, die eine Entscheidung getroffen haben, diesen Weg zu gehen und die Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind, die Verantwortung für andere übernehmen – freiwillig, auch wenn wir vorher schon wissen, dass es uns wehtun wird, auch wenn wir wissen, dass es schlaflose Nächte kosten wird.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind wie Onesiphorus, der Paulus besucht hat, wie Timotheus, der nicht vor der Verantwortung in der Gemeinde in schwierigen Situationen weggelaufen ist. Aber ich wünsche uns auch, dass wir das Mitgefühl Gottes erleben – nicht nur da, wo wir krank sind, sondern auch da, wo wir in seinem Dienst in Schwierigkeiten geraten sind.
Paulus schreibt: „Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“
Die persönliche Beziehung zwischen Paulus und Timotheus
Ja, wer ist Timotheus? Lesen wir die ersten zwei Verse vom zweiten Timotheusbrief:
Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist, schreibt: „Timotheus, meinem geliebten Kind.“
Das ist eine Selbstvorstellung und zugleich eine persönliche Anrede an Timotheus, den Paulus als sein geliebtes Kind bezeichnet.
Im ersten Timotheusbrief sagt Paulus: „Timotheus, mein echtes Kind im Glauben.“ Damit meint er jemanden, den er geistlich geprägt hat. Wahrscheinlich ist Timotheus sogar durch Paulus gläubig geworden. Paulus betont hier, dass Timotheus von ihm geistlich geprägt wurde, so wie ein Kind von seinem Vater.
Im Titusbrief beginnt Paulus ebenfalls mit einer ähnlichen Anrede: „Titus, meinem echten Kind im Glauben.“ Vermutlich ist Titus nicht durch Paulus gläubig geworden, aber Paulus sagt, dass er von ihm geprägt wurde – wie ein echtes Kind von seinem Vater, eines seiner echten Kinder im Glauben.
Im zweiten Timotheusbrief hingegen nennt Paulus Timotheus „mein geliebtes Kind“. Hier schwingt eine deutlich emotionale Komponente mit. Timotheus ist jemand, der Paulus sehr wichtig ist. Es geht nicht nur darum, dass Timotheus ein Nachfolger ist, nicht nur sein Nachfolger im Dienst oder in der Bewegung, auf den Paulus seine Hoffnungen gesetzt hat. Timotheus war Paulus persönlich wirklich wichtig.
Timotheus als einzigartiger Gefährte
Ich möchte eine Stelle aus dem Philipperbrief vorlesen, den Paulus einige Jahre zuvor über Timotheus geschrieben hat. Ich glaube, er steht noch dazu: Philipper 2,19: "Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich guten Mutes sei, wenn ich eure Umstände kenne."
Nun kommt das Besondere: Paulus schreibt, dass er keinen Gleichgesinnten habe. Er sagt, wir haben niemanden, der so denkt wie er, der von Herzen um das Evangelium besorgt ist. Denn alle suchen das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist. Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er wie ein Kind dem Vater mit mir gedient hat am Evangelium.
Das war der Vers über Timotheus, wie Paulus ihn sah. Er schreibt: "Ich habe keinen, der so tickt, so gleich tickt mit mir wie Timotheus." Timotheus, mein geliebtes Kind, schreibt Paulus. Und in den nächsten Versen sagt er, dass er wirklich Gott dankbar ist für Timotheus.
Paulus saß im Gefängnis, hatte viel Zeit zum Nachdenken und Beten. Ich glaube, er machte sich viele Sorgen in dieser Zeit, wie es weitergeht. Ein Stück weit war sein Halt die Gewissheit, dass es noch treue Menschen gab. Einige seiner Mitarbeiter hatten ihn verlassen, zumindest wissen wir das aus dem, was er später in Kapitel vier schreibt.
Innerlich richtete er sich an Menschen auf, von denen er wusste, dass sie treu sein würden. Und Timotheus, ganz besonders Timotheus, war jemand, der überzeugt war, nicht einzuknicken, der zu Paulus stehen und zum Evangelium halten würde.
Gerade in dieser Situation mit vielen Sorgen, mit vielen Unsicherheiten, mit seinem bevorstehenden Tod – von dem er nicht wusste, wie brutal und gewaltsam er sein würde – war Timotheus ihm eine Ermutigung.
Lest mal ein paar Verse: Vers 3 – "Ich danke Gott." Paulus stellt Gott an erste Stelle, was einen ungewöhnlichen Satzbau ergibt. Er hätte den Satz anders formuliert, aber er wollte, dass Gott vorne steht. "Ich danke Gott, ich danke nicht dir, Timotheus, dass du so treu bist und dass du so ein treues Kind bist und dich so bewährst. Ich danke Gott, dem ich von meinen Vätern her mit reinem Gewissen diene, indem ich unablässig an dich denke in meinen Gebeten Nacht und Tag."
Paulus hatte viel Zeit, Nacht und Tag zu beten, und er sagt, dass er oft an Menschen denkt, auch an Timotheus. Immer wenn er an ihn denkt, dankt er Gott, dem er dienen will, für ihn. Er war Gott wirklich dankbar.
Er sehnte sich sehr danach, Timotheus zu sehen. Am Ende des Briefes fordert er ihn auf, noch einmal zu ihm zu kommen. Paulus erinnert sich an Timotheus’ Tränen – welche Tränen? Vielleicht denkt er an ihren letzten Abschied, bei dem Timotheus wahrscheinlich geweint hat.
Doch Paulus ist sich auch sicher, dass Timotheus wegen derselben Dinge weint, über die auch Paulus weint: Entwicklungen in den Gemeinden, Entwicklungen einzelner Geschwister. Paulus sagt: "Ich denke an deine Tränen." Und das erfüllt ihn mit Freude.
Es erfüllt ihn mit Freude, dass es jemanden gibt, der ihn so schätzt und ihm so viel bedeutet, wie ein Vater einem Kind. Es erfüllt ihn mit Freude, dass da jemand ist, der über die gleichen Dinge weinen kann, über die er selbst weint.
Es ist beeindruckend, einen Freund zu haben, der die Dinge genauso sieht wie man selbst, der unter denselben Dingen leidet, die einen selbst belasten. Paulus sagt, es erfüllt ihn mit Freude, so jemanden zu haben und nicht alleine auf dieser Welt zu stehen.
Der Wert von wirklichen Freunden, mit denen man diesen Weg gemeinsam geht und die Last teilt, ist gewaltig, eine große Ermutigung. Paulus wusste das zu schätzen.
Er schreibt weiter: "Indem ich mich erinnere deines echten Glaubens, des echten Glaubens in dir, der zuerst wohnt in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike, ich bin aber überzeugt auch in dir."
Paulus hat sich in dieser Zeit offensichtlich Gedanken gemacht, welcher Glaube Wurzeln hat. So viele sind weggefallen, so viele sind umgekippt, sobald der erste Ansatz von Verfolgung kam. Ich weiß nicht, wie viele hier noch wären, wenn die ersten Ansätze von Verfolgung kämen und wie viele Menschen sonntags hier zusammenkämen.
Paulus hat viele Umkippen gesehen und sich viele Gedanken gemacht, wer eigentlich stabil ist. Eine seiner Antworten war: Es ist leichter, stabil zu sein, wenn man Wurzeln hat, wenn man eine stabile Umgebung hat.
Er hat das bei Timotheus beobachtet, dessen weiblicher Teil der Familie schon vor ihm gläubig war – seine Großmutter und seine Mutter. Paulus hatte viel mit Menschen zu tun, die ganz neu zum Glauben gekommen waren, aus ihren Familien heraus, wo niemand gläubig war. Er merkte, dass Leute aus gläubigen Familien manchmal etwas stabiler sind.
Er selbst hatte sich dramatisch bekehrt, aber er sagt immer, er habe versucht, mit reinem Gewissen zu dienen, auch wenn er vorher in die falsche Richtung lief. Etwas war in ihm verwurzelt.
Für viele gibt es Stabilität, wenn sie einen gläubigen Partner haben und nicht allein in der Familie dastehen. Paulus war überzeugt, dass der Glaube von Timotheus stabil ist.
"Ja, es ist gut, Freunde zu haben." Paulus sagt, das ermutigt ihn. Onesiphorus zu kennen, der ihn besucht hat, dich zu kennen, zu wissen, dass du weinst über meine Situation und über viele Situationen in den Gemeinden, über die ich auch weine – das ist gut, sagt Paulus.
Paulus weiß, was Mitgefühl ist. Er weiß, wie es ist, Mitgefühl zu brauchen. Und obwohl er Timotheus liebt, die Situation von Onesiphorus kennt und den allgemeinen Trend in den Gemeinden sieht, sich lieber zurückzuziehen und keine Zielscheibe zu sein, sagt er nicht zu Timotheus: "Sei vorsichtig!"
Weißt du, wenn ich jemanden wirklich liebe, meinen besten Freund, dann überlege ich gut, ob ich ihm sage: Sei mutig und komm vielleicht auch ins Gefängnis, oder ob ich ihm sage: Mach mal ein bisschen ruhig, sei nicht zu öffentlich.
Aber obwohl Paulus sagt: "Mein geliebtes Kind", sagt er das Gegenteil von "Sei vorsichtig."
Vers 6: "Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Knabengabe Gottes anzufachen, die in dir ist durch das Auflegen meiner Hände; denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit."
Paulus ermutigt Timotheus: "Schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen, sondern leide Trübsal mit dem Evangelium."
Timotheus, ich liebe dich wirklich. Ich wünsche dir kein Leiden, aber ich wünsche dir Mut, zu leiden.
Paulus schickt Timotheus nicht ohne Mitgefühl in diese Situation, nicht wie ein Feldherr seine Soldaten verheizt. Nein, er hat Mitgefühl. Und trotzdem weiß er, was wichtig ist und was wichtiger ist.
Paulus kennt das Bedürfnis nach Mitgefühl. Es hat ihm viel bedeutet, Onesiphorus gefunden zu haben. "Er suchte mich eifrig, und er fand mich", spürt Paulus emotional. Das hat ihm wirklich etwas bedeutet.
Onesiphorus hat ihn in den Wirren der römischen Gefängnisse gefunden. Paulus freut sich über die Tränen von Timotheus, auch über seine persönliche Situation, weil er das Bedürfnis nach Mitgefühl kennt.
Er wünscht Onesiphorus wirklich das Mitgefühl Gottes. In Vers 18 steht: "Der Herr gebe ihm, dass er vom Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag."
Barmherzigkeit ist ein altes deutsches Wort. Der Auslöser für Barmherzigkeit ist oft Mitgefühl. Dann geht es einen Schritt weiter, denn Barmherzigkeit bedeutet, aus Mitgefühl zu handeln. Aber die Basis ist, dass man Mitgefühl hat.
Paulus hat Mitgefühl mit der Situation von Onesiphorus, der jetzt im Gefängnis sitzt und auf sein Urteil wartet. Er wünscht von ganzem Herzen, dass Gott Mitgefühl mit ihm hat.
Paulus hat auch Mitgefühl mit der Familie von Onesiphorus, die ohne den Vater, ohne den Beschützer dasteht. In Vers 16 schreibt er: "Der Herr gebe dem Haus der Familie des Onesiphorus Barmherzigkeit." Er bittet Gott, für sie einzutreten.
Aber wisst ihr, wie Paulus seinen Brief anfängt? "Timotheus, meinem geliebten Kind, Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn."
Fast alle Briefe fangen mit "Gnade und Friede sei mit euch von Gott" an. Die Gnade, dass Gott gütig mit dir ist und dir hilft, und der Friede, dass du Frieden mit Gott hast und inneren Frieden empfindest.
Aber hier, im ersten Timotheusbrief, fügt Paulus ein Wort hinzu, das er sonst nirgends verwendet. Es ist eine ganz private Sache zwischen Timotheus und ihm: Barmherzigkeit.
Timotheus, du hast einen schweren Dienst, schwere Aufgaben, du brauchst Mut. Paulus wünscht dir nicht nur, wie allen anderen, Gnade und Friede, sondern auch das Mitgefühl Gottes, diese praktische Hilfe aus dem Mitgefühl Gottes.
Gott hat Mitgefühl mit deinen Problemen, nicht weil du etwas Dummes getan hast oder egoistisch warst, sondern weil dir etwas passiert ist, was jedem Menschen passieren kann.
Timotheus, Gott hat Mitgefühl mit dir, weil du Dinge tust aus Mut und Verantwortungsbewusstsein, und weil das deine Situation nicht leichter macht.
Timotheus, ich habe Mitgefühl mit dir, dass du in Ephesus in diesen Zeiten Verantwortung tragen musst. Und ich glaube, Gott hat Mitgefühl mit dir. Ich wünsche dir das Mitgefühl und die Barmherzigkeit Gottes.
Wie ist es bei uns? Wir leben nicht wirklich in Zeiten aktiver Verfolgung. Ja, es gibt Menschen, die Probleme haben, weil sie sich zum Evangelium bekannt haben, weil sie sich zu einer Wahrheit Gottes bekannt haben.
Gott hat Mitgefühl mit ihnen. So wie er Mitgefühl mit denen hat, die unverschuldet in schwierige Situationen geraten sind, hat er auch Mitgefühl mit denen, die aus Verantwortungsbewusstsein und Treue mutig waren und deren Leben dadurch schwieriger wurde.
Wir sollten dieses Mitgefühl haben.
Timotheus hatte nicht nur Schwierigkeiten wegen der Verfolgung. Er hatte Schwierigkeiten, weil er bereit war, Verantwortung in der Gemeinde in Ephesus und wahrscheinlich auch in umliegenden Gemeinden zu übernehmen.
Ihr habt in letzter Zeit öfter darüber nachgedacht, was eigentlich belastend ist für Menschen, die Verantwortung übernehmen – Verantwortung für eine Gemeinde, für einzelne Menschen, für eine Jugendarbeit.
Ist es die viele Vorbereitung, die viele investierte Zeit, die Müdigkeit? Nein, das ist es nicht, was wirklich belastet.
Was belastet, sind schwierige Menschen. Menschen, die ständig etwas auszusetzen haben oder Dinge tun, die einfach daneben sind. Menschen, vor denen man die Gruppe schützen muss. Und natürlich Menschen, die untreu sind, die weggehen, in die man viel investiert hat, die dann doch ihren eigenen Weg gehen.
Das belastet, weil es nicht nur zeitlich und körperlich belastet, sondern auch psychisch.
Das belastet Menschen, die wirklich Schwierigkeiten haben.
Das heißt nicht, dass Menschen mit Schwierigkeiten nicht zu Verantwortlichen gehen und ihr Herz ausschütten sollen. Aber das ist es, was belastet.
Du hörst viele Probleme, hast bei vielen Menschen das Gefühl, nicht wirklich helfen zu können, ihre Situation nicht ändern zu können. Und du gehst nicht aus dem Raum und sagst: "Jetzt ist alles wieder gut." Du kannst danach nicht schlafen.
Das belastet.
Das hat Timotheus im ersten Timotheusbrief belastet, und das belastet ihn auch im zweiten Timotheusbrief, ganz abgesehen vom Druck von außen.
Das belastet heute noch Menschen, die Verantwortung unter Gläubigen übernehmen, selbst wenn von außen gerade keine Verfolgung da ist.
Was ich gut finde: Gott hat Mitgefühl. Gott hat gerade mit diesen Menschen Mitgefühl.
Sie sind nicht in diese Situation geraten, weil sie dumm waren oder es nicht vermeiden konnten. Sie sind nicht hineingekommen, weil sie böse oder egoistisch waren.
Sondern weil sie etwas getan haben, von dem sie überzeugt waren, dass es gut und wichtig ist. Weil sie eine Entscheidung für diesen Lebensstil getroffen haben.
Ganz besonders mit diesen Menschen hat Gott Mitgefühl.
Ganz besonders mit diesen Menschen sollten wir Mitgefühl haben, für sie beten, sie tragen und ihnen von ganzem Herzen die Barmherzigkeit und das Mitgefühl Gottes wünschen – so wie Paulus das mit Timotheus, mit Onesiphorus und mit dessen Familie tut.
Das sind Menschen, die eine Entscheidung getroffen haben, diesen Weg zu gehen und die Schwierigkeiten auf sich zu nehmen.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind, die Verantwortung für andere übernehmen, freiwillig, auch wenn wir vorher schon wissen, dass es wehtun wird, dass es schlaflose Nächte kosten wird.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind wie Onesiphorus, der Paulus besucht hat, wie Timotheus, der nicht vor der Verantwortung in der Gemeinde in schwierigen Situationen weggelaufen ist.
Ich wünsche uns auch, dass wir das Mitgefühl Gottes erleben – nicht nur dort, wo wir krank sind, sondern auch dort, wo wir in seinem Dienst in Schwierigkeiten gekommen sind.
Paulus schreibt: "Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn."
Der Glaube als Wurzel der Standhaftigkeit
Indem ich mich an deinen echten Glauben erinnere, den echten Glauben in dir, der zuerst in deiner Großmutter Lois und deiner Mutter Eunice wohnte – ich bin aber überzeugt, dass er auch in dir ist. Paulus hat sich in dieser Zeit offensichtlich Gedanken darüber gemacht, welcher Glaube wirklich Wurzeln schlägt.
So viele sind weggegangen, so viele sind umgekippt, sobald die ersten Ansätze von Verfolgung kamen. Ich weiß nicht, wie viele hier noch wären, wenn die ersten Ansätze von Verfolgung auftreten würden, und wie viele Menschen sonntags hier zusammenkämen.
Paulus hat viele Umkippen gesehen und sich viele Gedanken darüber gemacht, wer eigentlich stabil bleibt. Eine seiner Antworten war: Es ist leichter, stabil zu sein, wenn man Wurzeln hat, wenn man eine stabile Umgebung hat. Er hat das bei Timotheus beobachtet, bei dem zumindest der weibliche Teil seiner Familie schon vor ihm gläubig war – seine Großmutter und seine Mutter.
Paulus hatte viel mit Menschen zu tun, die ganz neu zum Glauben gekommen sind, aus ihren Familien heraus, in denen niemand gläubig war. Dabei hat er gemerkt, dass Menschen aus gläubigen Familien manchmal ein bisschen stabiler sind. Er selbst hat sich natürlich dramatisch bekehrt, aber er sagt immer wieder, dass er schon immer versucht hat, mit reinem Gewissen zu leben, auch wenn er total in die falsche Richtung lief. Er wollte Gott dienen – das ist etwas, das Wurzeln in ihm hat.
Viele Menschen finden Stabilität, wenn sie einen gläubigen Partner haben und nicht allein in der Familie dastehen. Paulus hat sich viele Gedanken darüber gemacht und war überzeugt, dass der Glaube von Timotheus stabil ist.
Mitgefühl in schwierigen Zeiten
Ja, es ist gut, Freunde zu haben. Paulus sagt, das ermutigt ihn. Onesiphorus zu kennen, der ihn besucht hat, und dich zu kennen, wo er weiß, dass du über seine Situation weinst, über viele Situationen in den Gemeinden, über die er auch weint – das ist gut, sagt Paulus.
Paulus weiß, was Mitgefühl ist. Er weiß, wie es ist, Mitgefühl zu brauchen. Und obwohl er Timotheus liebt und die Situation von Onesiphorus sowie die seiner Familie kennt, und obwohl er den allgemeinen Trend in den Gemeinden sieht, sich lieber etwas zurückzuziehen, um keine Zielscheibe zu sein, sagt er nicht zu Timotheus, sei ein bisschen vorsichtig.
Paulus weiß, was es für Timotheus bedeuten wird, wenn er sich nicht zurückzieht, wenn er nicht vorsichtig ist und zu mutig handelt. Doch er sagt nicht: „Timotheus, sei ein bisschen vorsichtig.“ Wenn ich jemanden wirklich liebe, meinen besten Freund, überlege ich mir gut, ob ich ihm sage: „Sei mutig und komm vielleicht auch in den Knast“ oder ob ich ihm sage: „Timotheus, mach mal ein bisschen ruhig für ein paar Monate, sei nicht zu öffentlich.“ Aber Paulus sagt zu seinem geliebten Kind das Gegenteil von „Sei vorsichtig.“
In Vers 6 heißt es: „Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Knabengabe Gottes anzufachen, die in dir ist, durch das Auflegen meiner Hände; denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Paulus fordert Timotheus auf, mutig zu sein.
Er fährt fort: „So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen, sondern leide Trübsal mit dem Evangelium.“ Timotheus, ich liebe dich wirklich. Ich wünsche dir kein Leiden, aber ich wünsche dir Mut, zu leiden.
Paulus schickt Timotheus nicht ohne Mitgefühl in diese Situation, nicht wie ein Feldherr, der seine Soldaten verheizt. Nein, er hat Mitgefühl. Trotzdem hat er einen Sinn dafür, was wichtig ist und was wichtiger ist.
Paulus kennt das Bedürfnis nach Mitgefühl. Es hat ihm unglaublich viel bedeutet, dass er in Onesiphorus jemanden gefunden hat, der ihn suchte und fand. „Er suchte mich eifrig, und er fand mich“, spürt Paulus emotional. Diese Begegnung hat ihm wirklich viel bedeutet – jemanden zu treffen, der ihn suchte, dem er wichtig war und der ihn in den Wirren der römischen Gefängnisse gefunden hat.
Er freut sich auch über die Tränen von Timotheus und über dessen persönliche Situation, weil er das Bedürfnis nach Mitgefühl kennt. Er sagt: „Ich wünsche Onesiphorus wirklich das Mitgefühl Gottes.“ In Vers 18 heißt es: „Der Herr gebe ihm, dass er wirklich vom Herrn, von Seiten des Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tag.“
Barmherzigkeit ist ein altes deutsches Wort. Was bedeutet Barmherzigkeit? Ich glaube, der Auslöser für Barmherzigkeit ist oft Mitgefühl. Barmherzigkeit geht einen Schritt weiter – sie bedeutet, dass jemand etwas aus Mitgefühl tut. Die Basis ist jedoch, dass ich Mitgefühl habe.
Paulus hat Mitgefühl mit der Situation von Onesiphorus, der jetzt im Gefängnis sitzt und auf sein Urteil wartet. Er wünscht, dass Gott mit ihm Mitgefühl hat. Auch mit der Familie von Onesiphorus hat Paulus Mitgefühl, die ohne den Vater dasteht, der sie verdient und beschützt. In Vers 16 heißt es: „Der Herr gebe dem Haus der Familie des Onesiphorus Barmherzigkeit.“ Paulus greift für sie ein und wünscht sich das.
Doch wisst ihr, wie Paulus seinen Brief beginnt? „Timotheus, meinem geliebten Kind, Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“ Fast alle Briefe beginnen mit „Gnade und Friede seid ihr von Gott.“ Diese Gnade bedeutet, dass Gott gütig mit dir ist und dir hilft. Der Friede bedeutet, dass du Frieden mit Gott hast und inneren Frieden empfindest.
Aber hier, im ersten Timotheusbrief, fügt Paulus ein Wort hinzu, das er sonst nirgends verwendet. Es ist etwas ganz Persönliches zwischen Timotheus und ihm: Barmherzigkeit.
Timotheus, du hast einen schweren Dienst. Du hast schwere Aufgaben, du brauchst Mut. Paulus wünscht dir nicht nur Gnade und Frieden, sondern auch die praktische Hilfe aus dem Mitgefühl Gottes.
Gott hat Mitgefühl mit deinen Problemen – nicht, weil du etwas Dummes gemacht hast oder egoistisch warst, sondern weil dir etwas passiert ist, was jedem Menschen passieren kann. Gott hat Mitgefühl mit dir, weil du Dinge tust aus Mut und Verantwortungsbewusstsein, und weil das deine Situation nicht leichter macht.
Timotheus, ich habe Mitgefühl mit dir, dass du in Ephesus verantwortlich sein musst in diesen Zeiten. Ich glaube, Gott hat Mitgefühl mit dir, und ich wünsche dir das Mitgefühl und die Barmherzigkeit Gottes.
Wie ist es bei uns? Wir leben nicht wirklich in Zeiten aktiver Verfolgung. Ja, es gibt Menschen, die Probleme in ihrer Umgebung haben, weil sie sich an irgendeiner Stelle zum Evangelium bekannt haben, weil sie sich zu einer Wahrheit Gottes bekannt haben. Gott hat Mitgefühl mit ihnen.
So wie er Mitgefühl hat mit Leuten, die unverschuldet in schwierige Situationen gekommen sind, hat er Mitgefühl mit denen, die aus Verantwortungsbewusstsein und Treue mutig waren und deren Leben dadurch schwieriger geworden ist. Und wir sollten das auch haben.
Timotheus hatte nicht nur Schwierigkeiten wegen Verfolgung. Er hatte Schwierigkeiten, weil er bereit war, Verantwortung in der Gemeinde in Ephesus und wahrscheinlich auch in umliegenden Gemeinden zu übernehmen.
Ihr habt in letzter Zeit öfter darüber nachgedacht, was eigentlich belastend ist für Menschen, die Verantwortung übernehmen – Verantwortung für eine Gemeinde, für einzelne Menschen, für eine Jugendarbeit. Egal was, was belastet sie?
Nicht die vielen Stunden der Vorbereitung oder die investierte Zeit, nicht die Müdigkeit – das ist nicht das, was wirklich belastet. Belastend sind Menschen, die schwierig sind: entweder weil sie ständig etwas auszusetzen haben oder weil sie Dinge tun, die einfach daneben sind. Man hat das Gefühl, man muss die Gruppe davor schützen.
Natürlich sind auch Menschen belastend, die untreu sind, die einfach weggehen, in die man viel investiert hat und die dann doch ihre eigenen Wege gehen. Das belastet, weil es nicht nur zeitlich oder körperlich anstrengend ist, sondern auch psychisch.
Das belastet Menschen, die wirklich Schwierigkeiten haben. Das heißt nicht, dass diese Menschen nicht zu den Verantwortlichen gehen sollen, um ihr Herz auszuschütten. Aber es ist etwas, das belastet.
Man hört so viele Probleme, und bei vielen hat man das Gefühl, nicht wirklich helfen zu können, ihre Situation nicht ändern zu können. Man verlässt den Raum nicht und denkt: „Jetzt ist alles wieder gut.“ Man kann danach nicht schlafen.
Das belastet. Das hat Timotheus im ersten Timotheusbrief belastet, und das belastet ihn auch im zweiten Timotheusbrief – ganz abgesehen vom Druck von außen.
Das belastet auch Menschen, die Verantwortung unter den Gläubigen übernehmen, heute noch, selbst wenn von außen gerade keine Verfolgung da ist.
Was ich schön finde: Gott hat Mitgefühl. Gott hat gerade mit diesen Menschen Mitgefühl.
Sie sind nicht in diese Situation gekommen, weil sie dumm waren oder es nicht hätten vermeiden können. Sie sind nicht hineingekommen, weil sie bösartig oder egoistisch waren. Sondern weil sie etwas getan haben, wovon sie überzeugt waren, dass es gut und wichtig ist. Weil sie sich für diesen Lebensstil entschieden haben.
Ich glaube, ganz besonders mit diesen Menschen hat Gott Mitgefühl. Und ganz besonders mit diesen Menschen sollten wir Mitgefühl haben. Für sie beten, sie tragen und ihnen von ganzem Herzen die Barmherzigkeit und das Mitgefühl Gottes wünschen – so wie Paulus es mit Timotheus, mit Onesiphorus und mit der Familie von Onesiphorus tut.
Alle sind Menschen, die eine Entscheidung getroffen haben, diesen Weg zu gehen und die Schwierigkeiten auf sich zu nehmen.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind, die Verantwortung für andere übernehmen – freiwillig, auch wenn wir vorher schon wissen, dass es wehtun wird und schlaflose Nächte kosten wird.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind wie Onesiphorus, der Paulus besucht hat, wie Timotheus, der nicht vor der Verantwortung in der Gemeinde in schwierigen Situationen weggelaufen ist.
Ich wünsche uns auch, dass wir das Mitgefühl Gottes erleben – nicht nur da, wo wir krank sind, sondern auch da, wo wir in seinem Dienst in Schwierigkeiten geraten sind.
Paulus schreibt: „Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.“
Gottes Mitgefühl und Barmherzigkeit
Ja, und er sagt: Ich wünsche Onesiphorus wirklich, wirklich das Mitgefühl Gottes. Hier steht dieses Wort, und ich weiß nicht, wie ihr es übersetzen würdet. In Vers 18 heißt es: Der Herr gebe ihm, dass er wirklich vom Herrn, von Seiten des Herrn, Barmherzigkeit finde an jenem Tag.
Barmherzigkeit ist ein altes deutsches Wort. Was bedeutet Barmherzigkeit? Ich glaube, der Auslöser für Barmherzigkeit ist ganz oft Mitgefühl. Dann geht es natürlich einen Schritt weiter mit Barmherzigkeit. Das heißt, dass jemand etwas aus Mitgefühl heraus tut. Aber die Basis ist, dass ich Mitgefühl habe.
Paulus hat Mitgefühl mit der Situation von Onesiphorus, der jetzt im Gefängnis sitzt, selbst im Gefängnis sitzt und auf sein Urteil wartet. Er sagt: Ich wünsche von ganzem Herzen, dass Gott Mitgefühl mit ihm hat.
Paulus hat auch Mitgefühl mit der Familie von Onesiphorus, die allein dasteht – ohne den Vater, ohne den, der sie verdient, ohne den, der sie beschützt. Er sagt in Vers 16: Der Herr gebe dem Haus der Familie des Onesiphorus Barmherzigkeit. Er hat Mitgefühl mit ihnen und greift für sie ein. Paulus wünscht sich das.
Gottes Gnade, Barmherzigkeit und Friede für Timotheus
Aber wisst ihr, wie er seinen Brief anfängt? „Timotheus, meinem geliebten Kind, Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus unserem Herrn.“
Fast alle Briefe beginnen mit „Gnade und Friede sei mit euch von Gott“. Diese Gnade bedeutet, dass Gott gütig mit dir ist und dir hilft. Der Friede zeigt, dass du wirklich Frieden mit Gott hast und inneren Frieden empfindest.
Doch hier, im ersten Timotheusbrief, fügt Paulus ein Wort hinzu, das er sonst nirgends verwendet. Es ist ein ganz persönliches Wort zwischen Timotheus und ihm: Barmherzigkeit.
Timotheus, du hast einen schweren Dienst. Du hast schwere Aufgaben, du brauchst Mut. Paulus wünscht dir nicht nur, wie allen anderen, Gnade und Friede, sondern auch Barmherzigkeit – das Mitgefühl und die praktische Hilfe, die aus dem Mitgefühl Gottes herauskommt.
Gott hat Mitgefühl mit deinen Problemen, die du hast. Nicht, weil du etwas Dummes gemacht hast oder egoistisch warst. Auch nicht einfach so, weil dir etwas passiert ist, was jedem Menschen passieren kann. Sondern weil du Dinge tust aus Mut und Verantwortungsbewusstsein – und weil das deine Situation nicht leichter macht.
Timotheus, ich habe Mitgefühl mit dir, dass du in Ephesus verantwortlich sein musst in diesen Zeiten. Und ich glaube, Gott hat Mitgefühl mit dir. Deshalb wünsche ich dir das Mitgefühl und die Barmherzigkeit Gottes.
Mitgefühl für Verantwortliche heute
Ja, wie ist es bei uns? Wir leben nicht wirklich in Zeiten aktiver Verfolgung. Dennoch gibt es Menschen, die Probleme in ihrer Umgebung haben, weil sie sich an irgendeiner Stelle zum Evangelium bekannt haben oder weil sie sich zu einer Wahrheit Gottes bekannt haben. Gott hat Mitgefühl mit ihnen. So wie er Mitgefühl mit Leuten hat, die völlig unverschuldet in schwierige Situationen geraten sind, hat er auch Mitgefühl mit denen, die aus Verantwortungsbewusstsein und Treue mutig waren und deren Leben dadurch schwieriger geworden ist.
Und wir sollten dieses Mitgefühl ebenfalls haben.
Timotheus hatte jedoch nicht nur Schwierigkeiten wegen der Verfolgung. Er hatte auch Belastungen, weil er bereit war, Verantwortung in der Gemeinde in Ephesus und wahrscheinlich auch in umliegenden Gemeinden zu übernehmen. In letzter Zeit habt ihr öfter darüber nachgedacht, was eigentlich belastend ist für Menschen, die Verantwortung tragen – sei es für eine Gemeinde, für einzelne Menschen oder für eine Jugendarbeit.
Ist es die viele Zeit, die sie investieren müssen? Die vielen Stunden der Vorbereitung? Die Müdigkeit? Nein, das ist es nicht, was wirklich belastet.
Was belastet, sind Menschen, die schwierig sind. Entweder weil sie ständig etwas auszusetzen haben oder weil sie Dinge tun, die einfach daneben sind. Man hat das Gefühl, man muss die Gruppe vor solchen Personen schützen. Und natürlich sind es auch Menschen, die untreu sind, die einfach weggehen – Menschen, in die man viel investiert hat und die dann doch ihre eigenen Wege gehen.
Das ist es, was belastet. Denn das belastet nicht nur zeitlich und körperlich, sondern vor allem psychisch.
Menschen, die wirklich Schwierigkeiten haben – das heißt nicht, dass sie nicht mehr zu den Verantwortlichen gehen sollen, um ihr Herz auszuschütten. Aber genau das ist das, was belastet. Man hört so viele Probleme und hat bei so vielen Menschen das Gefühl, nicht wirklich helfen zu können, ihre Situation nicht ändern zu können. Und man verlässt den Raum nicht einfach mit dem Gefühl, dass danach alles wieder gut ist. Man kann danach nicht einfach schlafen.
Das ist das, was belastet. Das war die Belastung für Timotheus im ersten und zweiten Timotheusbrief, ganz abgesehen vom Druck von außen.
Und das ist es, was Menschen belastet, die Verantwortung unter den Gläubigen übernehmen – selbst wenn von außen gerade keine Verfolgung stattfindet.
Gottes Mitgefühl für mutige Verantwortungsträger
Was ich besonders schön finde, ist, dass Gott Mitgefühl hat – gerade mit solchen Menschen. Sie sind nicht in diese Situation geraten, weil sie dumm waren oder es nicht hätten vermeiden können. Auch waren sie nicht bösartig oder egoistisch.
Vielmehr haben sie eine Entscheidung für diesen Lebensstil getroffen, weil sie überzeugt waren, dass es gut und wichtig ist. Und ich glaube, gerade mit diesen Menschen hat Gott ein besonderes Mitgefühl.
Auch wir sollten mit diesen Menschen Mitgefühl haben, für sie beten, sie tragen und ihnen von ganzem Herzen die Barmherzigkeit und das Mitgefühl Gottes wünschen. So wie Paulus es mit Timotheus und den Onisiphören sowie deren Familien tut – all jene Menschen, die sich bewusst für diesen Weg entschieden haben und die Schwierigkeiten auf sich nehmen.
Ich wünsche uns, dass wir solche Menschen sind, die Verantwortung für andere übernehmen – freiwillig. Auch wenn wir schon vorher wissen, dass es uns wehtun wird, auch wenn wir wissen, dass es uns schlaflose Nächte kosten wird.
Ich wünsche uns, dass wir so sein können wie Onisiphör, der Paulus besucht hat, oder wie Timotheus, der nicht vor der Verantwortung in der Gemeinde in schwierigen Situationen weggelaufen ist.
Gleichzeitig wünsche ich uns, dass wir das Mitgefühl Gottes erleben – nicht nur dann, wenn wir krank sind, sondern auch dann, wenn wir in seinem Dienst in Schwierigkeiten geraten.
Paulus schreibt: Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn.
