Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir hatten uns vorgenommen, einige auffallende, besondere Psalmstellen zu besprechen, die einem beim Bibellesen auffallen. Heute habe ich ein Wort aus Psalm 29.
Dort heißt es: Die Stimme des Herrn geht über die Wasser. Der Herr der Ehren donnert, die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern. Der Herr zerbricht die Zedern im Libanon. Die Stimme des Herrn erregt die Wüste, der Herr erregt die Wüste gerade.
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
Begegnung mit der Kraft Gottes in der Natur
In diesem Sommer bin ich mit meiner Frau in einem abgelegenen Gebirge gewandert, als uns plötzlich ein Gewitter überraschte. Ein Gewitter im Hochgebirge ist schon etwas Besonderes. Wir suchten Zuflucht unter einem überhängenden Felsen. Dort erzählte mir meine Frau, dass ihr Großvater immer diesen Psalm gelesen habe, wenn ein Gewitter aufkam.
Es handelt sich um diesen Gewitterpsalm, in dem es in einer modernen Übersetzung heißt: „Die Stimme des Herrn erschallt mit Macht, die Stimme des Herrn ertrönt in Pracht.“ Psalm 29 ist in unseren Bibeln mit der Überschrift „Herrlichkeit Gottes im Gewitter“ versehen.
Wenn man ihn im hebräischen Urtext liest, merkt man, dass dieser Psalm bis in die Lautmalerei hinein ein Gewitter beschreibt. Siebenmal heißt es dort „Koljachwe, Koljachwe“, was „die Stimme des Herrn“ bedeutet. Man hört förmlich das Donnerkrachen „Korjave!“ Beim Lesen sieht man die Blitze sprühen und wie durch den Sturm die Bäume zersplittern. Die Stimme des Herrn zerbricht die Zeder des Libanon. So kann man verstehen, warum der alte Großvater diesen Psalm beim Gewitter vorgelesen hat.
Das ist immer noch besser, als einfach nur zu sagen: „Nun, meine Freunde…“ Trotzdem bin ich überzeugt, dass es in Psalm 29 gar nicht um ein tatsächliches Gewitter geht. Ich bin sicher, dass wir hier biblische Bildersprache vor uns haben. Eine Bildersprache, die sich durch die ganze Bibel zieht. Ein Ausdruck dafür, dass der Heilige Geist am Werk ist und die mehr als sechzig verschiedenen Schriftsteller inspiriert hat.
Siebenmal, wie gesagt, steht hier „die Stimme des Herrn“. Meine Freunde, ich bin überzeugt, dass die Stimme Gottes nicht der Donner ist. Donner spricht sehr unklare Worte. Haben Sie schon einmal verstanden, was der Donner sagt? Wohl kaum. Die Stimme unseres Gottes aber ist sein Wort – ein sehr klares, deutliches Wort, wie wir es in der Bibel finden und wie ich es gern verkündigen möchte.
Die Stimme Gottes als klares Wort
Ich weiß, es gibt sehr viele Leute hier im Gottesdienst, die mir immer vorwerfen: „Pastor Wust, du trägst da etwas hinein, was gar nicht drinsteht.“ Da ist doch nun vom Gewitter die Rede, und du sagst, es ist vom Wort Gottes die Rede.
Nun, diesmal bin ich wirklich gut dran, denn ich kann mich auf jemanden berufen, dem in der evangelischen Kirche wohl kaum jemand widersprechen wird: auf Luther. Luther sagt in der Auslegung zu diesem Psalm 29: „Dieser 29. Psalm ist eine Weissagung vom Evangelium, wie es in aller Welt mit Gewalt erscheinen soll.“
Luther hat den Begriff natürlich so verstanden: Die Stimme des Herrn ist sein Wort, die Heilige Schrift. Das ist ein klares, kein undeutliches, sondern ein vernehmliches Wort. Nicht wie der deutsche Spießbürger, der sagt: „Ich gehe in den grünen Wald, da höre ich Gott“ – so verwischt und verworren sind solche Aussagen.
Glaubt ein Christ nicht, dass der Donner auch ein verwischtes Wort ist? Hier ist ein klares Wort: Die Stimme des Herrn ist Gottes Wort.
Es gibt einen alten englischen Ausleger, Kereil, von dem ich ein gutes Wort zu diesem 29. Psalm fand. Ein sehr geistreiches Wort. Er sagt: „Es handelt sich hier um Gottes Wort, das ist die Stimme des Herrn. Es ist mehr von königlicher, göttlicher Macht im Donner des Wortes als im Wort des Donners.“
Hier ist also in diesen Textworten von der Macht des Wortes Gottes die Rede.
Ich will die drei Verse noch einmal lesen, die ich vorgelesen hatte:
„Die Stimme des Herrn geht über die Wasser, der Herr gibt dem Donner seine Macht. Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern im Libanon, die Stimme des Herrn erregt die Wüste.“ (Psalm 29,3-8)
Die Macht des Wortes Gottes als Thema der Predigt
Die Macht des Wortes Gottes
Diese Überschrift steht über dem Text und der Predigt. Ich bin überzeugt, dass hier viele sitzen, die niemals angefangen haben, die Bibel für sich selbst zu lesen. Wenn Sie nicht von heute an damit beginnen, habe ich vergeblich gepredigt.
Die Macht des Wortes Gottes hat drei Teile. Meine Predigt gliedert sich danach.
Erstens: Es geht über das Wasser. Die Stimme des Herrn geht über das Wasser.
Sehen Sie, in der biblischen Bildersprache sind die großen Wasser, die Meere, ein Abbild und Gleichnis der Völkerwelt. So wie das Meer nie ruhig ist, auch an ruhigsten Tagen immer eine Dünung hat, so ist die Völkerwelt nie still. Es ist immer eine Bewegung darin.
Es ist ein wundervolles Bild: Die Völkerwelt ist wie das Meer. Und nun kann ich es mir nicht verkneifen, Ihnen einfach mal vorzulesen, was Luther in seiner Psalmenauslegung mit seiner drastischen Sprache zu diesem Wort sagt:
„Die Stimme des Herrn geht über den Wassern, da Gott ehren donnert.“
Da sagt Luther: Die Stimme des Herrn, das ist die Stimme des Evangeliums, geht auf den Wassern. Die Wasser sind die Völker und Königreiche. Da prangt das Evangelium herrlich daher.
Hier heißt es weiter, sagt Luther: „Der Gott der Ehren donnert.“ Das ist Gottes Zorn, der vom Himmel offenbar wird.
Sehen Sie, so tut Gottes Wort, dass es die ganze Welt anrührt. Es greift Herr und jedermann an, schilt und verflucht ihr ganzes Wesen. Alle sollen sich demütigen und zu Fuß fallender Lehre von Christus folgen, oder sie sollen kurzum zum Teufel verdammt werden.
„Das dürfte ich nicht tun“, sagt Luther, „aber Gottes Wort geht also, donnert und blitzt und stürmt wieder große und mächtige Berge und schlägt rein, dass es raucht, zerschmettert alles, was stolz und ungehorsam ist. So geht Gottes Wort.“
Und wiederum, als ein fruchtbarer Regen, bedient und stärkt es, was matt und krank ist. Soweit Luther.
Eine Sprache, nicht? Es ist nicht übertrieben, so ist es.
Die Stimme des Herrn geht über den Wassern. Das will also sagen: Gottes Wort geht über die Völkerwelt und über alle Wellen und Weiten der Völkerwelt.
Das Evangelium muss zu allen Völkern kommen.
Das können wir nur schwer fassen. Das geht nicht in den Kopf des Menschen.
Sehen Sie, als Hitler regierte, wurde bei uns mit lauter Stimme verkündet: Das Christentum ist eine asiatische Religion. Das kommt aus dem Nahen Osten, das passt nicht zu blonden Arier. Und die blonden Arier mit schwarzen Haaren und schrumpfigem German glauben es nicht.
Ja, manchmal kann man in Verzweiflung quaken: Was werden sie noch alles glauben? Verzeihen Sie mir, manchmal gehen im Blick auf die Geschichte die Nerven durch.
Heute schreien umgekehrt die asiatischen Völker: Das Christentum ist Sache des weißen Mannes. Das ist eine abendländische Geschichte, das passt nicht zu uns Asiaten. Lasst uns Buddhisten sein!
Sie irren sich alle.
Die Stimme des Herrn geht über den Wassern. Das heißt: Das Wort Gottes geht zu den Völkern und ist für alle Völker da!
Es kann keinen Frieden geben, bis Jesu Liebe siegt.
Ich möchte es allen Friedensbesprechungen und Konferenzen hinschreiben: Es kann keinen Frieden geben, bis Jesu Liebe siegt, bis dieser Kreis der Erde zu seinen Füßen liegt.
Die weltweite Verbreitung des Evangeliums als Zeichen der Endzeit
Sehen Sie, ich muss Sie in diesem Zusammenhang auf eine merkwürdige Verheißung des Herrn Jesus hinweisen, auf ein ungewöhnliches Wort aus seinem Munde. Er spricht davon, dass er einmal wiederkommen wird in Herrlichkeit. Die Zeit wird zu Ende gehen, und er wird in großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen, sodass jeder ihn sehen wird.
Dabei nennt er einige Zeichen, die vorher geschehen müssen. Eines dieser Zeichen ist, dass das Evangelium allen Völkern gepredigt werden muss. Es geht nicht darum, dass sich alle Völker bekehren sollen, sondern dass es kein Volk geben wird, dem die Botschaft nicht verkündet wurde.
Nun achten Sie einmal: Bei den letzten großen Missionskonferenzen wurden Karten auf den Tisch gelegt. Dort wurde ausschließlich festgestellt, welche Völker das Evangelium noch nicht erhalten haben, also wo die Bibel und die Botschaft von dem lebendigen Gott noch nicht hingekommen sind. Es wurde beschlossen, nun diese letzten Völker in Angriff zu nehmen.
Das ist ein merkwürdiges Zeichen dafür, dass die Weltzeit zu Ende geht. Sehen Sie, so ist die Auslegung dieser Beschlüsse moderner Missionskonferenzen. Sie sind die Auslegung dieses Wortes: „Die Stimme des Herrn geht über den Wassern.“ Gottes Wort breitet sich aus über das Meer der Völkerwelt, über alle Wellen, Wogen und Weiten der Völkerwelt.
Und wenn es über die ganze Welt ergangen ist, dann kommt der Herr wieder.
Die Erweckung der Wüste durch das Wort Gottes
Wir wollten über die Macht des Wortes Gottes sprechen. Ein zweites möchte ich jetzt sagen: Das Wort Gottes erweckt die Wüste. Aber ich glaube, wir müssten doch hinten ein paar Fenster aufmachen, oder irre ich mich sehr?
Ja, wenn Sie hinten das Fenster ein Stück öffnen, also auf der Galerie dürfen nur wetterfeste Leute sitzen, nicht? Machen Sie ein paar Fenster auf, hier unten fangen wir an. So, danke!
Das Wort Gottes erweckt die Wüste. Darf ich Sie daran erinnern, dass hier biblische Bildersprache verwendet wird? Ein Junge fragte mich einmal nach einer Predigt, worüber ich sonntags predige. Ich sagte: „Das Wort Gottes, die Stimme des Herrn, erweckt die Wüste.“ Er antwortete: „Denken Sie bitte daran, dass die Wüste nicht tot und leer ist, sondern dass es dort Leben gibt.“ Ich sagte, dass ich daran nicht mehr denke. Das soll uns jetzt nicht weiter beschäftigen, immerhin war es eine nette Mitarbeit der Gemeinde.
In der Wüste lebt vom Sandfloh bis zum Löwen allerlei Getier. Die Wüste ist nicht tot. Das Wort Gottes erweckt die Wüste. Ich darf daran erinnern, dass hier biblische Bildersprache gemeint ist. Mit der Wüste sind die toten, unbekehrten Herzen gemeint, die unfruchtbaren, unbekehrten Herzen, wie sie auch hier dazwischen sitzen – haufenweise. Das ist Wüste.
Ich will ein Beispiel sagen: Der Missionsdirektor De Kleine von der Rheinischen Mission erzählte bei der Therstigen Trug Konferenz in Mülheim eine Geschichte aus Bonn. In Deutschland studieren 29.000 muslimische und buddhistische Studenten. Was meinen Sie, was sie von Deutschland mitkriegen? 29.000!
Da ist so ein muslimischer Student, der ein Zimmer in einem Haus hat. Eines Tages fragt er seinen Hauswirt: „Was haben Sie eigentlich für eine Religion?“ Der antwortet: „Ich bin Christ.“ Da sagt der muslimische Student: „Davon merkt man aber gar nichts. Wie äußert sich das?“
Der Bonner Hauswirt sagt: „Doch, doch. Wissen Sie, ich gehe immer an Weihnachten mit meiner ganzen Familie in die Kirche.“ Da sagt der muslimische Student: „Das muss aber eine sehr billige Religion sein. Ich breite fünfmal am Tag meinen Gebetsteppich aus und rufe Allah an. Und Sie gehen einmal im Jahr an Weihnachten in die Kirche. Das muss eine sehr billige Religion sein, die Sie haben.“
Liebe Freunde, hier haben Sie das Bild der Wüste bei beiden. Der junge Muslim, der sein Gebet wie ein Werk verrichtet, nicht wie ein Kind mit dem Vater spricht und sich rühmt seiner Werke, und der Bonner Bürger, von dem wir gar nicht reden müssen. Dass das Wüste ist, das begreift ja jeder. Hoffnungsloser Fall!
Können Sie sich vorstellen, dass manchmal eine Pastorin in stillen Nachtstunden, wenn sie nicht schlafen kann, das Grauen packt, ob das nicht alles hoffnungslos sei, was wir tun? So viel Selbstgerechtigkeit, ich bin doch richtig, und so viel Gleichgültigkeit, so viel Tod und so viel Sünde – ist das nicht ein hoffnungsloser Fall, diese Wüste?
Nein, es ist kein hoffnungsloser Fall. Die Stimme des Herrn erweckt die Wüste! Hier ist gesagt, dass Gottes Wort so stark und mächtig ist, dass es den Tod belebt und lebendig macht.
Gut, wenn die Wüste unserer toten Herzen also auch noch belebt ist – vom Sandfloh bis zum Löwen, es ist allerhand böses Getier in unseren Herzen. Darüber ließe sich viel sagen, nicht? Die Stimme des Herrn erweckt die Wüste, macht sie grün und macht alles neu!
Meine Freunde, ich stünde nicht hier auf dieser Kanzel, wenn ich nicht selbst erfahren hätte, dass das Evangelium von Jesus mein totes, unfruchtbares Wüstenherz verwandelt hätte, dass ich ihm glauben kann, ihm gehören darf und an ihm grünen darf.
Oh, diese gewaltige Stimme des Herrn! Verstehen Sie, in diesem Vers wird deutlich, dass nicht vom Gewitter die Rede ist, nicht? Ein Gewitter geht über eine Wüste hin, da regt sich nichts in der Wüste. Hier ist vom Wort Gottes die Rede, diesem mächtigen Wort Gottes.
Ich muss einen Moment einschieben und von seinem Inhalt reden. Wissen Sie, was hier drinsteht? Ich will es mit zwei Bibelworten sagen, eines aus dem Alten und eines aus dem Neuen Testament.
Doch erdonnert, da steht Jeremia 2,19: „Du musst erfahren und inne werden, du, du musst erfahren und inne werden, du abendländische Welt, musst erfahren und inne werden, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen und ihn nicht zu fürchten.“ Schrecklicher Donner, nicht?
Und wie lieblich klingt diese Stimme des Herrn, dieses Wort Gottes! So sehr hat Gott diese Welt geliebt, diese Wüste, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die sich diesem Jesus anvertrauen, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.
Dieses Wort Gottes, dieses Wort Gottes vom Heil und vom Heiland, erweckt die Wüste der toten Herzen.
Zeugnis eines Wandels durch die Stimme Gottes
Ich war an diesem Tag ein wundervolles Beispiel für das, was ich jetzt sagen will. Jean-Baptiste Massillon war einer der bedeutendsten katholischen Prediger Frankreichs. Dieser Mann musste Ludwig dem Vierzehnten die Leichenrede halten. Vielleicht war das die einzige Gelegenheit, bei der über ihn die Wahrheit gesprochen wurde – über diesen schrecklichen Menschen.
Jean-Baptiste Massillon hatte den Mut zu sagen, dass die Bartholomäusnacht, die Ermordung der Hugenotten, die größte Ungerechtigkeit der Weltgeschichte war. Für einen katholischen Prediger war das immerhin eine tapfere Aussage.
Massillon war ein Mann, der dem Evangelium unerhört nahestand. In seiner Biografie erzählt er von sich selbst und spricht dort gleichsam ein Gebet: „Großer Gott, wie habe ich mich bemüht, dir zu entrinnen! Weit weg von allen Kanälen, die mir die Wasser der Gnade zuführen konnten, getrennt von allen, deren überführendes Zeugnis mich von der Sünde hätte zurückhalten können – eben dort, großer Gott, wohin, wie ich dachte, deine Gnade nicht reichte, dort, wo ich straflos sündigen konnte und wollte, eben dort in jener Wüste, ergriff mich deine Stimme und warf mich dir zu Füßen.“
In jener Wüste, so wie im Psalm 29, herrschen Sünde und Gottlosigkeit. Fern von Gott ergriff ihn die Stimme des Herrn und warf ihn zu Füßen.
Sind hier Menschen, die in der Wüste leben, fern vom lebendigen Gott? Die nichts wissen vom Bibellesen oder Beten? Die sich nicht freuen im Herrn, nicht vom neuen Leben, von Liebe zum Nächsten wissen? Die nichts vom Heiligen Geist oder von der Wiedergeburt gehört haben? Ich sage Ihnen: Doch, der Herr kann seine Stimme auch in ihre Wüste dringen lassen. So wie bei Massillon wirft sie ihm zu Füßen.
Was hier gemeint ist, ist die Stimme des Herrn, die die Wüste erregt. In einem Lied heißt es: „Deines Wortes stille Kraft ist die neue Menschschaft. So mächtig ist Gottes Macht.“
Ich habe mir ausgedacht: Wenn in diesem armen Westdeutschland, das ja immer mehr auf den Hund kommt und gottlos wird, nur noch ein paar Höhepunkte bleiben – der Karneval und das Himmelfahrtsfest als Vatertag, die großen Tage des deutschen Volkes – wenn in diesem armen deutschen Volk nur noch eine einzige Bibel übrig bliebe und diese in einem Museum hinter Glas und Rahmen verschlossen wäre, dann würde von dieser Bibel doch eines Tages eine Lebensbewegung ausgehen.
Dann würde der Wärter sie nachts heimlich herausnehmen und lesen müssen. Und er würde weitergeben, was er gehört hat: Jesus ist gekommen, Grund ewiger Freuden. Sünder können Frieden mit Gott bekommen. Wir haben einen ewigen Hohenpriester. Hier ist Heil Gottes.
Von dieser einen verschlossenen Bibel würde eine Lebensbewegung ausgehen.
Das Zerbrechen des Hochmuts durch das Wort Gottes
Lassen Sie mich noch kurz ein drittes sagen: Die Macht des Wortes Gottes. Es geht über den Wassern der Völker, über dem Meer der Völkerwelt. Es erregt die Wüste.
Und das Dritte: Das Wort Gottes zerbricht die Zedern des Libanon. Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern, der Herr zerbricht die Zedern im Libanon.
Meine Freunde, ich erinnere Sie wieder daran, dass hier biblische Bildersprache verwendet wird. In der ganzen Bibel steht die Zeder auf dem Libanon, dieser besonders hohe, stolze Baum, als Bild für das hochmütige Herz.
So heißt es zum Beispiel beim Propheten Jesaja: „Der Tag des Herrn wird über alles Hoffärtige und Hohe gehen, über alle hohen und erhabenen Zedern des Libanons.“ Ein schöner, hoher Baum ist das Bild für das hochmütige Herz.
Nun sind wir ja alle hochmütig, nicht wahr? Die älteste Oma und das kleinste Kind sind hochmütig. Das Kind sagt: „Mama, sieh mal, was ich kann!“ Und die älteste Oma sagt: „Sieh mal, liebe Welt, was ich leide – von Nachbarn, von meinem Ischias und was weiß ich.“
Wir müssen wissen, dass unser Hochmut – auch wenn er nur eine einfache Begleiterscheinung ist – zu unserem natürlichen Herzen gehört. Doch Gott ist ein solcher Gräuel an Hochmut. Hochmut ist für Gott so sehr Sünde, dass in der Bibel steht: Gott widersteht den Hoffärtigen. Manche spüren die Hand Gottes gegen sich und ahnen es gar nicht.
Gott widersteht den Hoffärtigen. Das ist ja einer, der sagt: „Ich tue Recht, scheue niemanden.“ Und doch weiß er nicht, dass in diesem Augenblick die Hand Gottes ihm widersteht – diesem hoffärtigen Narren. Gott widersteht dem Hoffärtigen, aber dem Demütigen gibt er Gnade.
Von Natur aus sind wir nicht demütig, und ich bin froh, dass die Stimme des Herrn, das Wort Gottes, imstande ist, unseren Hochmut zu zerbrechen. Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern des Libanon.
Vor meiner Seele steht das Bild des späteren Apostels Paulus. Er hieß in seiner Jugend Saulus, ein hochmütiger junger Mann. Und er hatte Grund dazu. Ich kenne viele Hochmütige, die überhaupt keinen Grund haben. Da laufen kleine Mädchen mit wildem Schwertespann herum und bieten etwas darauf an – das ist überhaupt kein Grund.
Aber Paulus hatte Grund, hochmütig zu sein. Als junger Mann schon Ratsherr, eine Karriere, klug, gebildet – sowohl in der Gelehrsamkeit Israels als auch in der Welt. Untadelig, ohne dunkle Geheimnisse. Er hatte Grund, hochmütig zu sein. Er war eine stolze Zeder auf dem Libanon.
Ich hoffe, Sie kennen die Geschichte, wie auf dem Weg nach Damaskus der Herr Jesus ihm erscheint. Er sagt ihm einen Satz, ein Wort: „Saul, was verfolgst du mich?“ Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern des Libanon.
Dieses eine Wort genügt, damit Saulus, der hochmütige junge Mann, am Boden liegt, zerbrochen wird. Das ist der Anfang einer ganz großen Wandlung, in der aus dem hochmütigen Menschen ein begnadigtes Kind Gottes wird, das das Kreuz Jesu rühmen kann. Ich wüsste nicht, was ihr sonst rühmen solltet als das Kreuz Jesu Christi.
Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern des Libanon. Ach, möge das auch unter uns geschehen, dass hochmütige Menschen unterbrochen werden.
Ich denke an David. Da sitzt der Großmächtige auf seinem Thron, eine schöne Zeder des Libanon. Als der Prophet Nathan zu ihm kommt, will er erst nicht verstehen, was dieser Mann Gottes von ihm will. Doch schließlich sagt Nathan ihm unüberhörbar ein Wort Gottes: „Du bist der Mann der Ehebrecher und der Verworfenen, dem Gott widersteht.“
Du bist der Mann – da ist die Zeder zerbrochen. Da sieht David seinen verlorenen Zustand, sein böses Herz, die Schrecklichkeit seiner Sünde. Und er sucht die Gnade und findet sie. Das ist schon eine große Sache.
Manchmal denke ich, unsere Kirche weiß gar nicht, was sie hier hat mit diesem Wort Gottes, und dass sie viel zu harmlos mit diesem Dynamit umgeht.
Die Stimme des Herrn in Jesus Christus
Ich möchte zum Abschluss noch zwei Bemerkungen machen.
Das Erste ist dies: Die Stimme des Herrn ist Gottes Wort. Meine Freunde, Gottes Wort ist nicht nur das Wort in der Bibel, sondern es ist noch viel vernehmlicher zu uns gekommen. Gottes Wort hat Gestalt angenommen, ist Mensch geworden, Fleisch geworden, sagt die Bibel. Jesus ist das Wort Gottes. Er war Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit als eines eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Alles, was ich gesagt habe, stammt von Jesus, dem Sohn Gottes, der im Bethel in der Krippe lag, der am Kreuz für uns alle hing und der von den Toten auferstanden ist. Dieser gewaltige Jesus – die Welt täusche sich nicht in Jesus.
Das Zweite, was ich zum Schluss sagen möchte, damit schließe ich wirklich, ist Folgendes: Ein Mann hat einmal den Hebräerbrief geschrieben. Wir wissen nicht, wer es war, aber er hat ein Wort gesagt, das er uns heute Morgen aus dem Jahr 59 sagen möchte. Es heißt: „Seht zu, seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet, die Stimme des Herrn. Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Wie wollen wir entfliehen, wenn wir den abweisen, der vom Himmel redet?“
Und nun wollen wir beten: Oh, ich danke dir, Herr, dass deine Stimme über die Wüste dieser Welt und über die Meere der Völkerwelt geht. Nun lass doch deine Stimme, Herr, in unserem Herzen ganz mächtig werden. Zerbrich die Zedern unseres hochmütigen Herzens! Decke alles auf, aber gib nicht her, dass unser Leben verringert wird, ehe wir die Stimme gehört haben! Amen!