Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit und das Wort Jesu
Lieber Herr Jesus, danke für die Zeit, die du uns hier im Haus Schönblick unter deinem Wort schenkst. Danke für die Worte, die auch Herr Schäffbuch bisher an uns gerichtet hat.
Danke für das Wort, das uns über so viele Jahrhunderte, ja über Jahrtausende hinweg überliefert ist – über mehr als zwei Jahrtausende. Danke, Herr Jesus, für die Bergpredigt, die du uns hinterlassen hast.
Danke auch dafür, dass du uns die Augen geöffnet hast, damit wir erkennen, wo wir wirklich Sünder sind. Weil wir aus eigener Kraft das nicht ändern können, bitte ich dich, dass du uns zu brauchbaren Werkzeugen machst. Gib uns den Mut, vor den Menschen Zeugnis von dir abzulegen. Nimm uns alle Scheu.
Ich möchte auch für die Kinder in der Kinderstunde bitten, dass sie dich immer mehr liebgewinnen und ihr Herz dir ganz schenken, Herr. Segne auch uns heute in dieser Stunde. Amen.
Reflexion über die Wirkung christlichen Lebens und die Bedeutung der Gnade
Nun möchte ich das Wort von gestern Abend doch noch revidieren. Vielleicht ist es ganz gut, dass wir diese beiden Themen miteinander verbinden: das Reformatorische durch diese vier Punkte und die Bergpredigt.
Gestern Abend hatten wir nach dem Schluss noch eine interessante Diskussion. Es ist überhaupt sehr hilfreich, wenn Sie Ihre Fragen einfach stellen, und wir darüber sprechen, so wie es sich gerade ergibt.
Mir wurde noch einmal die Frage gestellt: Ist es denn wirklich so, dass wir das nicht ausstrahlen können, dass die Leute unsere guten Werke sehen? Das ist ganz wichtig. Ein Christ darf nicht in der Sünde leben, das ist entscheidend. Gerade weil Jesus die Bergpredigt in einer besseren Form erfüllt hat als die Pharisäer, ist es sehr wichtig, dass wir in allen Dingen unseres Lebens eindeutig sind – bis ins tiefste unseres Herzens hinein.
Aber wahrscheinlich überschätzen wir manchmal auch das, was das ausstrahlt. Und da möchte ich Sie einfach bitten: Oft wirkt es auf die anderen Leute natürlich, aber wir wollen elitär sein, sie wollen besser sein als wir. Das ist ja das, was auch viele Mitchristen von uns wahrnehmen. Sie nehmen sich heraus, dass sie bessere Christen wären als wir. Und das sind wir wirklich nicht. Wir sind arme, verlorene Leute, die einen Heiland brauchen. Ohne den Heiland Jesus kann ich gar nichts tun.
Ich habe es Ihnen früher mal erzählt: In der Gruppe vom Schwarzen Kreuz habe ich gesagt, ich bin nicht besser als ihr. Für mich war es ganz wichtig, dass ich jeden Tag von dem Heiland Jesus bewahrt werde. Meinem Herzen nach könnte ich furchtbar abstürzen, und das ist ganz arg wichtig.
Ich muss Ihnen auch sagen, es hat mich immer wieder bestürzt. Neulich hat mir das wieder jemand erzählt, der von seinem sehr frommen Vater sprach. Wie schlimm das war in der Demenz, wie viel schrecklicher Schmutz über seine Worte kam. Und das ist unser Herz, wo wir nur flehen können: Herdecke das zu mit deinem Blut.
Wenn wir meinen, in uns sei eine Substanz, die uns besser macht, dann irren wir uns. Vielleicht müssen Sie einfach einmal mit Logenbrüdern reden. Die Logenbrüder haben eine ganz wahnsinnig hohe Ethik. Da sagen wir Christen wirklich: Die strahlen auch etwas aus, und sie machen auch Soziales.
Und die Humanisten – ich ging in ein humanistisches Gymnasium, ich weiß, wie streng die das genommen haben, mit all den hohen Werten der griechischen Antike. Ich habe das auch erlebt in der Fabrik beim Daimler durch einen kommunistischen, edelkommunistischen Kolonnenführer. Es war ungeheuer, welche moralischen Werte der vertreten hat, und das in der Fabrik vor seinen Kollegen.
Wir Christen müssen noch viel tiefer leben. Aber wir überschätzen die Ausstrahlungskraft, und das ist unser Fehler. Was wir den anderen immer erzählen müssen, ist: Ich bin meinem Wesen nach – jetzt komme ich wie Mitziensen auf eines der schlechtesten Wesen, das sich der Heiland ausgesucht hat, wo der Heiland seine große Rettungsgabe daran deutlich macht.
Es war ja toll, dass ihr gerade von Paul Gerhard gesungen habt. Die ganzen Paul-Gerhard-Lieder sind ja voll davon. Ich müsste vor Gottes Gegenwart vergehen, straks vergehen wie Wachs im Sonnenlicht, weil ich meinem Wesen nach vor dem heiligen Gott nicht bestehen kann, wenn ich Christus nicht in mir wohnen lasse.
Darum ist das auch so wichtig. Das sehen die Leute ja nicht, das müssen wir ihnen sagen. Und ich glaube, wir dürfen ihnen auch sagen – das ist auch für unsere Versammlungen so wichtig –, dass wir ihnen sagen, wie wir diese Gnade Jesu erst ganz spät verstanden haben.
Wir waren heute Morgen beim Frühstück, und jemand sagte: Ich habe das immer als Härte des Gesetzes empfunden, als junger Mensch, dass man auf mich einpeitscht, was ich alles machen muss, bis ich die Gnade verstanden habe.
Und das ist die Not unserer Kinder, dass sie das gar nicht begreifen. Ich sage: Sie brechen sich keinen Stein aus der Krone, wenn sie ihren Kindern von früh auf sagen: Ich habe ein böses Herz, aber das Wunder des Heilands ist, dass er mich erlöst hat.
Und jetzt ist es ganz wichtig: Ich brauche jeden Tag die Gnade von Jesus und seine Vergebung. Ich kann abends nicht einschlafen, ohne das in meinem Leben zu haben.
Die menschliche Schwäche und die Notwendigkeit der Gnade
Wir sind heute Morgen in der kühlen Luft noch ein wenig gelaufen und sind dabei zur Kirche gegangen. Dort steht eine Lutherstatue. Das Bild von Luther ist immer gleich: Er hält die Bibel in der Hand, als wolle er jemandem damit auf den Kopf schlagen, wie eine Säule. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“
Schau mal, dieser kleine Mann – er ist da. Er hatte eine kräftige Statur und einen Stiernacken, sodass sein Hals direkt auf der Schulter sitzt, so wie auf dieser Plastikfigur dort drüben. Die Kirche steht hinter dem Marktplatz. Das ist ein falsches Lutherbild. Luther war nämlich wahnsinnig verzagt, obwohl er wie kein anderer gesagt hat: „Ich bin nicht gut.“
Er hat betont, dass unser Tun umsonst ist, selbst in einem guten Leben. Man kann machen, was man will, aber wenn Jesus nicht in unserem Leben wirkt, hilft das alles nichts. Das hat er ausschließlich gesagt.
Wir müssen in der evangelikalen Bewegung aufpassen, weil diese Demut und Bescheidenheit oft nicht richtig verstanden wird und dann falsch ankommt. Wenn wir dann sagen, wir sind natürlich nicht so wie die anderen Gruppen, die ja nur laue Christen seien, dann sollten wir den anderen sagen: Nein, wir können nur immer mehr von Jesus aufnehmen, denn ohne Jesus sind wir nichts.
Das ist auch Teil der Tradition eines Familienstammbaums, aus dem ich stamme, von der Schwäbischen Alb, aus Hülben. Dort bin ich einer FSJlerin begegnet, die gerade von Hülben kommt. Ich habe sie gefragt, wo sie herkommt. Sie macht gerade ihr FSJ fertig; noch zwei oder drei Tage ist sie hier.
Das war im Jahr 1744, als ein Erweckungsprediger namens Fricker wirkte. Ich fürchte, Sie kennen die großen schwäbischen Erweckungsprediger nicht. Der herrliche Sam Fricker hat ein Buch geschrieben: „Weisheit im Staube“ – ein großartiges Werk über geistliche Kostbarkeiten. Er war jung und diente im Krieg in Dettingen-Erms, jenem Dettingen, wo vor kurzem die Missionarin in Afghanistan ermordet wurde. Dettingen-Erms liegt vor Urach, zwischen Metzingen und Urach.
Hülben war damals eine Filiale, und einmal in der Woche ging der Vikar hinauf, um den geistlichen Dienst zu versehen, Beistand an Sterbebetten zu leisten und die Gemeinde zu betreuen. Die Schulmeistersfrau übernahm die Betreuung. Früher war das so: Der Schulmeister betrieb auch Landwirtschaft, und seine Frau, die Schulmeisterswitwe, war für die Seelsorge zuständig. Vielleicht war sie eine Vorfahrin von mir, im elften Glied.
Fricker gab ihr als einzigen Tipp mit: „Frau Schulmeister, lesen Sie den Römerbrief.“ Nach einer Woche fragte er sie: „Wie steht es jetzt?“ Sie antwortete: „Das ist nichts für uns Hülbermer.“ Darauf sagte er: „Dann lesen Sie ihn noch einmal, denn nirgendwo wird so deutlich enthüllt, dass wir ohne Jesus verloren sind.“ Paulus hat den Römerbrief gerade an die Römer geschrieben.
Man muss wissen: Die Römer waren die stolzesten Menschen. Denken Sie an die römischen Legionäre, an die großen Siegestore, die Triumphbögen. Der römische Kaiser war Herrscher der Welt. Die Römer sagten: Wir können alles, wir sind alles, und der Mensch ist gut. Er muss nur wollen, dann schafft er alles. Das war die verbreitete Philosophie.
Paulus aber redet vom Evangelium des gekreuzigten Jesus, das für viele Ärgernis und Torheit ist. Beim dritten Besuch der Schulmeistersfrau sagte sie zu Fricker: „Doch, der Römerbrief ist das, was wir brauchen.“ So begann eine geistliche Bewegung über viele Generationen hinweg.
Später wurden auf der Uracher Alb Gemeinschaften gegründet, unter anderem von Johannes Kullen. Dort war das Wichtigste das fröhliche Christenleben, ohne Zwang und Druck.
Ich bin in einer Jugend aufgewachsen, ohne große Verbote. Die Großmutter hat immer nur gebetet: „Herr, bewahre sie vor Sünde und Schande.“ Wir wussten gar nicht genau, was das bedeutet, aber wir ahnten, dass es eine Grenze gibt, die furchtbar ist, wo man abstürzt in die Hölle. Und ich wollte bei Jesus bleiben.
Das war so lieb und groß, aus der Freude am Glauben gelebt – aus der Freude an Jesus. Die Sünde ist natürlich die schlimmste Macht in dieser Welt. Willi Krämer hat das einmal in seinen Evangelisationen so gesagt: Die schlimmste Pest, der schlimmste Virus, der in dieser Welt existiert, ist die Sünde.
Sie ist der schlimmste Taifun, der alles wegschwemmt, wie ein Buschfeuer, das alles kaputt macht und zerstört. Sie haben erlebt, wie viele Menschen von der Macht der Sünde zerstört werden. Ganze Völker werden von dieser brutalen, gottlosen Macht weggerissen, die alle Werte auf den Kopf stellt.
Wir Christen kennen das am besten aus unserem eigenen Herzen. Wie furchtbar die Wunden sind, hat Luther so fest erkannt. Und das ist ein Satz von Paulus: Durch das Tun des Guten wird niemand gerecht.
Wenn man darüber nachdenkt, ist das ein Satz, der die Welt ärgern muss. Die Leute sagen: „Doch, ich tue Gutes, und dann bin ich recht.“ Dabei sagt Paulus, dass du es gar nicht schaffst, dein Leben vor Gott so zu ordnen.
Man kann sagen: „Ich habe das unten im Griff, ich habe nicht gestohlen, ich habe die Steuererklärung ehrlich gemacht.“ Aber dann sind da andere Punkte im Leben: Hochmut, Ichsucht, Überheblichkeit, Leidenschaft, Lieblosigkeit. Wir wissen, wie all das zu allen Zeiten hereindringt.
Paulus spricht davon, wie das unser Leben trübt. Juden wie Heiden sind von dieser Macht der Sünde betroffen. Im dritten Kapitel sagt Paulus, dass Jesus die Rechnung für uns bezahlt hat.
Deshalb finde ich die Lieder so wichtig. Ich weiß nichts Besseres zu sagen, als dass da ein Erlöser kam, der meine Last getragen hat, die Rechnung auf sich nahm und sie so vollständig beglichen hat, dass von der ganzen Schuld nicht ein Pfennig fehlt.
Er hat für mich bezahlt, für meine Schuld. Und das ist meine Freude jeden Tag bis zur letzten Minute meines Lebens.
Wir tragen an dieser alten Art, aber wir freuen uns, dass Jesus die Wirklichkeit in unserem Leben ist und Neues geschieht.
Der innere Kampf mit der Sünde und die Kraft des Gesetzes
Es ist erstaunlich, dass Herr Paulus im Römerbrief Kapitel 7 noch einmal von der großen Not seines Lebens spricht, obwohl er zuvor so schön entfaltet hat, wie Christus die Mitte unseres Lebens ist und wie Christus in unserem Leben die Macht hat.
Wenn Sie Römer 7 aufschlagen, hören Sie, wie Paulus dort spricht. Er sagt: Das Gesetz ist gut, auch die Bergpredigt ist gut, aber wie kann ich das verwirklichen? Ich will das Böse ja gar nicht tun, aber ich tue es trotzdem. Ich wollte ganz anders sein.
Wir Menschen sind schrecklich zerrissen durch die Macht der Sünde. Auch wir gläubigen Menschen sind zerrissen, weil wir sagen: Ich will das doch gar nicht. Sie kennen das vielleicht von kleinen Kindern, die sagen: Mama, ich will wieder lieb sein, ich wollte das gar nicht, was ich da getan habe. Aber das erleben wir auch in unserem Erwachsenenleben. Wir wollten ganz andere Menschen sein, Lichtkraft von Jesus ausstrahlen. Und dann sagt Paulus: Aber ich bin unter die Sünde verkauft.
Es gibt natürlich die Auslegung, dass Paulus das vor seiner Bekehrung gesagt habe. Liebe Freunde, das stimmt nicht. Paulus sagt das nicht vor seiner Bekehrung. Ich weiß, diese Lehre ist auch in evangelikalen Kreisen verbreitet. An dieser Stelle können wir gerne streiten. Aber auch der gläubige Mensch spürt die Versuchung der Sünde.
Paulus sagt: Ich bin fleischlich unter die Sünde verkauft. Er meint damit nicht nur körperliche Regungen, erst recht nicht nur unterhalb der Gürtellinie. Es geht um mein ganzes Denken, mein ichbezogenes Denken, das gottwidrig ist und immer wieder bei uns Menschen zum Vorschein kommt. Wie sich das immer wieder ausbreitet!
Dann sagt Paulus weiter: Ich weiß, dass in meinem Fleisch, Vers 18, nichts Gutes wohnt. Ich will das gar nicht, dass das in meinem Leben immer wieder herausbricht. Das dürfen wir auch vor unseren Kindern sagen, wenn wir uns als Eltern einmal danebenbenommen haben. Und auch in der Gemeinde können wir sagen: Ich bitte um Verzeihung.
Das ist doch ganz wunderbar. Ich habe das erlebt in der ostafrikanischen Erweckungsbewegung in Uganda. Dort trafen sich jede Woche die Kreise, und sie bekannten einander ihre Gemeinschaftssünden. Es war Festo Kiventsere sehr wichtig, das wissen Sie auch aus Ihren Gemeinden und Kreisen, dass das Schlimmste ist, wenn man über den Bruder oder die Schwester Arges denkt und aus Kleinigkeiten einen Elefanten macht, der unüberwindbar erscheint. Dann sagt man: Du vergib mir doch, ich habe schlecht über dich gedacht, das wusste ich gar nicht. Aber ich möchte vor Jesus treten.
Dann singen sie immer diese Tugutenderessa in ugandischer Sprache: Das Blut Jesu macht uns rein. Und das brauchen wir, gerade weil wir in dieser Welt noch in diesem Fleisch leben. Wir sind noch nicht vollkommen.
Philipper 3 ist toll. Ich möchte immer mehr von der Auferstehungskraft durchdrungen sein. Ich habe es aber noch nicht. Ich habe es nur geschmeckt und erlebt in der Befreiung. Aber erst im Himmel wird es so sein, dass die Sünde endgültig weggetan ist.
Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Und das ist dieser ganz schwere Streit, der in unserem Leben wohnt. Darüber müssen wir immer wieder sprechen. Darum ist es auch ein wichtiges Thema.
Wir dürfen nicht dauernd so tun, als ob das alles so schnell besiegt werden kann und als hätten wir alles unter unsere Füße gebracht. Das ist so wertvoll, dass Martin Luther viel darüber geschrieben hat, ebenso die Väter der Reformation und besonders die Erweckungsprediger.
Ich habe gestern Gustav Knak erwähnt, von dem ich mir auch ein Predigtband besorgt habe, aus der pommerschen Erweckung. Wenn Sie das verfolgen, bei all den anderen wie Fritz von Bodelschwingh und wie sie alle heißen, mit ihren Schriften, was sie uns gegeben haben, dann finden Sie auch Ludwig Hofacker. Er sagt: Du meinst, das sei alles bei mir vollkommen. Du ahnst gar nicht, wie schwach mein Glaube ist. Ich denke immer, er fliegt auf einmal weg. Ich habe gar keine innere Kraft mehr zum Glauben in den Tiefen der Anfechtung und des Leidens.
Und das wissen Sie, wie manche von uns auch hindurchgehen und sagen: Ich kann gar nicht mehr glauben. Es sind ja einige auch aus ihrer Mitte weggegangen, weil sie es nicht mehr durchhalten konnten.
Und da müssen wir ihnen nachgehen und sagen: Du, das ist bei mir doch auch so, dass man da nicht hängen bleibt. Aber Jesus wird nicht müde an uns, und das ist so groß.
Jetzt lesen wir noch weiter: Denn das Gute, Vers 19, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
So finde ich nun das Gesetz, das mir das Gute tun will, das Böse anhängt. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.
Alle Lieder zur Heiligung haben das ja zum Thema, dass ich das nicht mit meiner Willenskraft besiegen kann. Das ist eben so, dass ich es immer nur ins Licht von Jesus bringen kann und er mein Innerstes heilt.
Dann werden Sie darauf achten, wenn Sie die Lieder wieder singen, wie wir gestern Abend von Bramwell Booth gesungen haben. Das Wunderbare war gerade in der Heiligungsbewegung nicht ein Perfektionismus, den man vortäuscht, sondern die Freude am Kreuz Jesu, dass ich es täglich brauche. Ohne Jesus falle ich in die Tiefen der Hölle, und er allein rettet mich.
Das sagt Paulus hier in Vers 24: Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leib? Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Gott sei Lob und Dank, dass Jesus mich nicht loslässt.
Die zentrale Botschaft der Gnade und das Verhältnis zu guten Werken
Und das ist unser Thema heute: allein die Gnade. Ein Christ muss natürlich gute Werke tun. Doch mit diesen Werken kann ich mir den Himmel nicht verdienen – selbst wenn ich mein ganzes Leben lang alles richtig mache.
Nehmen wir zum Beispiel Albert Schweitzer, der sein ganzes Leben Afrika widmete. Er konnte nicht gerecht vor Gott leben, weil er vor Gott ein Ungerechter blieb. Er blieb ein Mensch der Sünde bis zur Erlösung. Wir wissen ja, dass Albert Schweitzer sogar das Erlösungswerk von Jesus geleugnet hat. Er war ein Humanist, nichts weiter. Ein Vorbild vieler Heiden, die sagen: „Ich will in die Fußstapfen von Albert Schweitzer treten.“
Die großen Humanisten können uns Christen schon beschämen, wenn man sieht, was sie alles geleistet haben. Ich kann es ein bisschen frech sagen: Du kannst in den Urwald gehen, Orgel spielen wie Albert Schweitzer und Kranke pflegen, aber du bist verloren ohne die Gnade. Jeder Mensch, so vollkommen er in seinen Werken auch sein mag, braucht die Gnade von Jesus. Diese Gnade befreit ihn aus den Werken der Finsternis, die in jedem Menschen verborgen sind – mal mehr, mal weniger sichtbar.
Das ist das große Jubellied des Paulus: allein die Gnade, allein die Gnade! Und jetzt achten Sie mal darauf, dass die ganze Bibel dieses Thema hat. Die ersten Menschen, Adam und Eva, fielen in die Sünde. Sünde ist ein Majestätsverbrechen am lebendigen Gott, ein Aufruhr gegen Gott. Sünde heißt, Gott ins Gesicht zu spucken und zu sagen: „Weg, ich will dich nicht haben.“ Adam und Eva haben das getan.
Dann kamen ihre Kinder, Kain und Abel. Nachdem Kain seinen Bruder umgebracht hatte, sagte er: „Bin ich meines Bruders Hüter?“ Damit leugnet er seine Schuld. Das ist enorm – dass Schuld immer wieder geleugnet wird, obwohl sie die große Macht ist, die das Leben zerstört. Die Sünde ist wie ein Virus, der alles infiziert.
Gott sagt zu Kain: „Die Sünde liegt vor der Tür, aber du sollst über sie herrschen.“ Das geht aber gar nicht. Gott macht ein Mal an den Menschen, dass niemand ihn töten soll. Doch Kain lebt mit dieser großen Last. Und das wissen wir alle, besonders unsere jungen Leute. Sie leiden darunter. Sie wollen ein heiliges Leben führen, kämpfen gegen die Macht der Sünde und sagen: „Ich habe es geschafft!“
Ich habe auch unsere Tagebücher aus dieser Zeit, in denen wir oft geweint haben. Wir wollten den Fuß in die Tür stellen und sagen: „Nein, ich will die Tür zumachen, damit der Teufel nicht rein kann.“ Doch da ist schon ein Fuß drin – in unserem Herzen. Und das ist die große Not unseres Lebens, bis wir an den Punkt kommen, an dem wir sagen: „Danke, Jesus, dass du die Macht der Sünde in meinem Leben gebrochen hast.“
Aber die Sünde kommt doch wieder hoch. Lass sie doch! Was tot ist, muss tot bleiben. Nehmen Sie sie nicht mehr ernst. Lebe in der Freude an Jesus und lass Jesus der Herr deines Lebens sein. Nimm ihn in dein Herz auf!
Die Überwindung der Sünde durch die Liebe und den Heiligen Geist
Aus der Liebe zu Jesus entsteht plötzlich die Kraft, die Versuchung der Sünde zu überwinden. Die Liebe zu Jesus ist stärker und deckt die Mängel der Sünde auf. Das ist wunderbar in Römer 8 beschrieben, und wir haben es gerade gesungen: Gott steht für uns ein. Diese große Gewissheit gibt uns Halt, egal was noch kommen mag. Was soll mich denn aus der Hand von Jesus reißen?
Das beginnt mit dem großen Reden, dass der Heilige Geist in meinem Leben Wohnung nehmen will. Hast du den Heiligen Geist? Ja, hoffentlich. Du darfst darum schreien und sagen: Herr, ich will mehr haben, von deiner Quelle nehmen, gib mir deinen Geist! Nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir. Es ist furchtbar, wenn er seinen Heiligen Geist von mir nimmt. Dann hat die Sünde keinen Raum mehr, weil der Geist uns regiert.
Wenn der Geist uns regiert, werden alle Gebote des Gesetzes erfüllt – nicht aus Zwang, sondern aus Freude. Wer hat denn Spaß an der Sünde? Keine einzige Sünde macht wirklich glücklich. Manche Leute mögen denken, Ehebruch oder Diebstahl seien „lustig“, aber das ist falsch. Später leidet man darunter. Das ist der Trick des Teufels, der uns im Herzen bindet.
Immer wieder, wenn die Gnadenpredigt kommt, denken manche: „Das ist nicht für mich, ich habe so massive Sünde in meinem Leben.“ Doch irgendwann begreift man: Es ist allein die Gnade, die mich rettet. Ich kann es nicht durch mein Tun schaffen, sondern kann nur einmal wie der Schächer am Kreuz sagen: Herr, für mich ist das geschehen. Dein Kreuz ist wunderbar, weil du für mich gestorben bist. Allein die Gnade zählt.
Das ist herrlich! Mir fallen dann immer Liederverse ein, die ich gut behalten kann. Hedwig von Redern hat es so schön gesagt: „Ich rühme die Gnade, die mir Heil gebracht.“ Im ganzen Leben war es immer nur die Gnade.
In Korinth gab es überhebliche Christengemeinden mit charismatisch überspannten Leuten. Sie prahlten damit, wie sie Gott darstellen konnten und wie ideal ihr Gemeindeleben sei. Doch sie gerieten immer wieder in Versuchung zu denken: „Wir sind die Supergemeinde.“ Die Korinther waren besoffen von ihrer Selbstdarstellung.
Paulus sagte dann: „In eurer Gemeinde stinkt es vorne und hinten.“ Er deckte Rechtsstreitigkeiten, Böses und die Sünde in ihrem Leben auf. Das ist im ersten Korintherbrief massiv beschrieben. Sie rühmten sich sogar der Zungenrede. Paulus sagte: „Was nützt das, wenn ein Ungläubiger reinkommt und in lallenden Lauten spricht, die niemand versteht? Lieber fünf verständliche Worte als zehntausend in unverständlicher Sprache.“
Paulus sagte auch, Christen brauchen nicht anzugeben. Wir können der Welt nicht protzen, was wir alles gemacht haben. Aber wenn er wollte, könnte er erzählen, wie oft er im Schiffsuntergang war, von Räubern überfallen wurde und viele Leiden ertragen hat. Doch er sagt: „Nicht ich, sondern die Gnade, die in mir wirkt.“ Das ist die unbegreifliche Liebe Gottes, die bei schwachen Menschen wirkt.
Darum habe ich gestern Abend gesagt: Das müssen Sie anderen einfach erzählen. Nicht mit einem Bibelwort um den Kopf hauen, sondern vielleicht einmal einem Menschen, der gestrandet ist, sagen: „Ich war auch in großen Tiefen der Verzweiflung. Ich weiß, dass ich immer wieder hineingeraten kann.“ Viele gläubige Christen kämpfen mit Depression, weil sie um die Macht der Finsternis wissen. Doch sie sagen: „Mich tröstet immer nur der Blick auf Jesus.“
Ich erinnere auch daran, dass es in den Erweckungszeiten immer dieser Blick auf Jesus war. Vielleicht habe ich es Ihnen schon erzählt: Das Büchlein, das Mauerhofer herausgebracht hat, heißt „Christus in uns, Christus für uns“. Es beschreibt die Memminger Erweckung 1820 nach Napoleon. Damals kamen viele katholische Kapläne in Memmingen und Umgebung zum Glauben an Jesus. Nicht nur ein nomineller Glaube, sondern die Erkenntnis: Ohne Jesus bin ich verloren, wenn er nicht in meinem Herzen wohnt.
Der Erste war Martin Bosch aus Gallneukirchen. Er gründete später das diakonische Werk, saß oft Jahre im Gefängnis und wurde von seiner Kirche verfolgt. Beim Sterben einer Frau sagte er: „Sie können ja gut sterben, Sie haben keinen Gottesdienst ausgelassen und sind eine gute Christin.“ Sie antwortete: „Das rettet mich nicht im Gericht Gottes.“ So kam der Kaplan durch eine sterbende Frau zum Glauben: „Nur das Blut von Jesus rettet mich.“
Dass das Gesetz erfüllt werden muss, ist klar, aber das kann nur Jesus durch seine Gnade. Es folgten weitere Kapläne, darunter Bischof Seiler, ein katholischer Bischof. Gestern war ein Gast aus Nürnberg da, und ich sagte, da geht mir gleich das Herz auf: Kaufmann Kiesling, eine Säule des Reiches Gottes. Man nennt ihn einen Bischof im Kaufmannsgewand. Er förderte die Missionsbewegung und sagte zum Gosner: „Der katholische Priester wird nicht evangelisch, die evangelische Kirche ist genauso schwarz wie die katholische. Bleibe ein Jesusjünger.“ Er ging nach Russland, nach Petersburg, und die ganze Segensgeschichte setzte sich fort.
Ignaz Lindl ging nach Odessa zu den deutschen Auswanderern. Die Spuren der Erweckung sind bis heute sichtbar. Eine Spur führt zu Ludwig Hofeck, eine andere zu Henhofer, ebenfalls katholischer Priester. In Mühlhausen am Grenzgebiet zu Baden waren seine Gemeindeglieder Diebe und Betrüger, die Zollgebühren sparen wollten, ohne zu wissen, dass man Zoll zahlen muss.
Henhofer wetterte von seiner Kanzel gegen die Sünde – wie es ein katholischer Priester tun kann. Doch es half nichts, bis er sagte: „Ein Apfelbaum muss gepfropft werden, da muss ein anderer Zweig eingesetzt werden.“ Ohne die Umwandlung, dass Christus in deinem Leben Herr wird, aus unverdienter Gnade, geht es nicht. Das kannst du nicht durch Werke erreichen.
Natürlich gehören gute Werke zum Ziel. Jakobus sagt ganz richtig: Wenn der Glaube keine guten Werke treibt, stimmt etwas nicht. Aber durch Werke kannst du dir nichts verdienen. Es ist Freude, Gutes tun zu dürfen. Macht es Ihnen nicht Spaß? Manchmal tun wir das Werk des Herrn unwillig, weil wir müde sind. Bei mir war das auch so, wenn meine Frau sagte: „Wir machen noch ein paar Krankenbesuche im Altenheim.“ Ich dachte oft: „Danke, mein Bedarf ist gedeckt.“ Aber am Ende ging ich beglückt nach Hause.
Der Herr lässt uns nie in seinem Dienst leiden. Was wir für ihn tun, ist Erquickung bis ins hohe Alter. Es ist nichts Schlimmeres, als auf dem Kanapé zu liegen oder im Pflegebett. Solange wir wirken dürfen, ist es das schönste Geschenk.
Gestern sprachen wir von den Gaben, genauso von der Zeit und unserem Einsatz. Das gute Wirken tun wir nicht, um uns vor Gott etwas zu verdienen, sondern aus Freude und Spaß. Wir tun es, weil der Herr in uns wirkt und uns Erfüllung und Kraft gibt. Das ist wunderbar, wenn er uns etwas anvertraut und wir durch die Gnade, die in uns wirkt, etwas tun dürfen.
Deshalb ist es so wichtig, dass Sünde vor Jesus, dem Gekreuzigten, bekannt wird – ein ganzes Leben lang, auch die versteckten Dinge. Ich habe immer gern Evangelisationen besucht, weil ich jedes Mal das gebraucht habe. Ich ging immer wieder busbereit nach Hause, weil der Herr mir etwas aufgedeckt hatte.
Immer wenn wir etwas lesen oder hören, wird deutlich: Da bist du noch nicht so weit, dass du dein Leben Jesus ausgeliefert hast. Es gibt Teile in uns, die zur alten Natur gehören, an der wir schwer tragen. Wir tragen auch an unseren Kindern, weil sie Fehler aus unseren Genen haben. Die Kinder leiden an den Genen ihrer Eltern, und es gibt immer Spannung.
Statt zu klagen, sollten wir sagen: „Ich lasse mir sagen, dass da Dinge in meinem Leben sind, die Jesus noch verändern kann.“ Das ist in der Bergpredigt besonders schön, denn sie treibt uns in die Gnade Jesu hinein.
Jetzt kann ich nicht sagen: „Das mache ich.“ Paulus sagt, das ist die Aufgabe des Gesetzes für gläubige Christen. Er gebraucht das Wort „pädagogos“, das Sie alle kennen. Im Griechischen ist das der Knabenschinder, der Plageist, der uns in die Arme von Jesus treibt.
Es ist ein Irrtum zu sagen: „Ich mache das alles mit der Gnade, ich bin so ein perfekter Mensch.“ Was für ein Heuchler! Wer sagen kann, dass er erst durch die Gnade die klaren Pfeile der Bergpredigt gefunden hat, ist ehrlich.
„Wenn dein Auge dich reizt“ – liebe Leute, das geht bis ins hohe Rentenalter. Es gibt eine große Not: Es gibt Medikamente, die bei einer verbreiteten Alterskrankheit die Leute „geil“ machen wie junge Leute. Sie leiden darunter und sagen: „Ich bin doch alt, hilf mir und bete mit mir, dass ich die Schmutzgedanken aus meinem Kopf bekomme.“ Wir dürfen das aufgreifen und ein Herz für Menschen haben. Jesus kennt dich und versteht dich.
Das ist eine große Not, die bis ins hohe Alter reicht. Sie wissen, wie schwierig manche Alten sind, die gepflegt werden müssen: quengelig, dickköpfig. Wir Alten wissen das ganz besonders von uns selbst. Da hilft nur: „Herr, ich brauche deine Gnade noch viel mehr.“
Eines der meistgesungenen Lieder ist „O Gnade Gottes wunderbar!“ Es wurde von einem tief im Alkohol versunkenen Juden gesungen. Es ist eine Neigung in vielen christlichen Gemeinden, Bücher zu vertreiben, in denen Leute von ihrem alten Leben erzählen. Am meisten geht man dem Müller auf die Nerven, einem ziemlich berüchtigten Schurken, der vom FBI gejagt wurde und ein Bestsellerautor ist.
Ich liebe es nicht, wenn man seine alten Sündengeschichten noch einmal auftischt. Aber die Gnade wollen wir rühmen. Dazu ist es nicht nötig, alles aus der Vergangenheit auszubreiten. „Wie tief ich da drin war, im Schmutz und Dreck der Welt, das genügt.“ Ich weiß von Jesus, dass er freimacht und dass seine Gnade so groß ist, dass sie auch für die allerschlimmsten Sünden gilt.
Das Größte davon möchte ich Ihnen erzählen: Im Nürnberger Gefängnis spielte Saukel Harmonium bei den Gottesdiensten zum Abendmahl. Die schlimmsten Verbrecher erkannten: „Ich brauche es.“ Junge Leute nehmen daran Anstand. Denn für Nazi-Verbrechen gibt es doch keine Vergebung? Doch, wie denn sonst?
Für uns ist das ein großer Trost: Die Gnade ist unendlich. Die Gnade muss die größte Triebkraft unseres christlichen Lebens sein: Jesus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit. Aber unverdient, nicht weil ich so fromm bin, so gut singen kann oder so schön handle.
Das kann ich den Leuten nur mit Worten sagen, nicht demonstrieren. Ich bin lang Christ, aber mich hat noch nie jemand gefragt: „Warum tust du das?“ Ich habe auch noch nie einen Arzt gefragt, warum er so lieb ist. Die Antwort ist schwierig zu durchschauen, aber für uns Christen gibt es keine größere Kraft als diese.
In unserer Welt steht das schon im Alten Testament. Es zieht sich durch die ganze Bibel. „David, nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir.“ (Psalm 51, Psalm 32) Ich wollte es verschweigen, doch meine Gebeine verschmachten in der Not der Sünde im Leben der Gläubigen. Der Herr, nimm deine Gnade nicht von mir weg.
Die Gnade Gottes ist schon im Alten Testament bei Noah erwähnt: Noah fand Gnade vor dem Herrn. Gott will Gnade geben, unbegrenzt. Wir würden immer sagen: „Stopp, du musst dich erst bewähren.“ Nein, Gott sagt: „Du musst glauben, das ist morgen noch das letzte Thema. Du musst es nur annehmen – ohne Vorbedingungen.“
Das ist mir immer so groß beim verlorenen Sohn. Der Vater im Gleichnis sagt nicht: „Du musst erst ein Jahr lang in der Stallarbeit arbeiten, dann kann ich sehen, ob wir wieder alte Verhältnisse herstellen.“ Nein, sofort, als der Sohn sagt: „Ich habe gesündigt“, folgt die Vergebung: der Gerechtigkeitskleid, der Ring am Finger, das Fest.
So ist die Vergebung – unglaublich groß die Gnade. Im ganzen Alten Testament, gerade in Hosea, wird gezeigt, wie Sünde ist wie Ehebruch. Wenn man eine Hure heiratet, ist das bei Hosea grausam. Dann bricht die Gnade überwältigend durch: „Mein Volk hat mich verlassen und einen anderen Liebhaber gesucht, aber ich will mich erbarmen bis zum Letzten über dich.“
Das müssen wir predigen: diese große Botschaft des Erbarmens. Am schönsten steht sie in Jesaja: „Es sollen wohl Berge weichen, ich habe dich einen Augenblick verlassen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deines erbarmen.“ Ewige Gnade ist unverbrüchlich über dem Volk Israel.
Gott hat es bei Mose angekündigt: „Wenn ihr von mir weicht, werde ich euch zerstreuen in der ganzen Welt.“ Aber Gott will Erbarmen schenken, wenn Sündenerkenntnis da ist und wenn der Herr spricht: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfahren, die schlimmsten Katastrophen dieser Welt mögen kommen. Aber meine Gnade soll nicht von dir weichen. Und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen.“
Dieses Lied ist mir als Erbarmung widerfahren. Ich nenne es die Nationalhymne der wirklich glaubenden Jesusleute: „Erbarmung, deren ich nicht wert, da sehe ich zu dem Wunder wahr, mein stolzes Herz hat es nie begehrt.“ Wir sind wahnsinnig stolz, wahnsinnig stolz.
Wir hatten Hermann Hofsess, den Weingärtner aus Neustadt in der Pfalz. Er hat es immer sehr schlicht als Nichttheologe gemacht. Er baute einen Sarg auf und sprach mit jungen Leuten: „Ich weiß, was ihr alles im Internet gesehen habt, was für ein Dreck. Ihr werdet die Sachen nicht los, das begleitet euch.“ Das rief tiefe Betroffenheit hervor.
Dann stand eine Frau auf und sagte: „Das muss ich mir nicht gefallen lassen.“ Andreas Malessa sagte später, so darf man nicht mit Menschen reden. Aber ich habe einige gesprochen, unter ihnen ein hoher Ingenieur bei Julian Pegger. Er sagte: „Zum ersten Mal hat einer mein Herz getroffen.“ Hofsess baute den großen Sarg auf, zog den Vorhang weg und sagte: „Da werfen wir jetzt alles rein, und Jesus macht euch frei von dieser Last.“ Herrlich!
Wie soll man das Evangelium der Gnade predigen? Ich möchte die Sünde nicht austoben, Hermann Hofsess konnte das gut und hatte die Reife dazu. Aber ihr wisst, wo es ist: bei jedem sind es ganz andere Dinge. Bei dem einen ist es der Geist, bei einem anderen Feindschaft und Streit.
Doch Jesus macht uns frei, und unverbrüchlich steht die Gnade, diese Gnade, die mir Heil gebracht, die nicht ausgelöscht werden kann, die absolut gilt – auch über der Last meiner Sünde. Das war das Thema der Gnadenpredigt bei Krummerers Predigten, die Sie ansehen können. Dort brachen die Erweckungsbewegungen los, die Gnade, die überwältigend erlebt wurde über der Menge der Schuld.
Ich bitte euch auch in den Gruppen, in denen ihr seid: Ihr seid heute wirklich seltsame Einzelgänger, weil die meisten das gar nicht mehr sagen. Im neuesten Hofhacker-Heft war vorne eine Predigt, dass man in die Gemeinde gehen muss und die Gemeinde ansehen soll, wie die Leute richtig leben. Welche Gemeinde ist das? Kennen Sie die Gemeinde? Ich kenne sie nicht.
Wenn ich dabei bin, ist die Gemeinde schon immer gut, denn ich habe ein böses Herz. Das gibt es doch nicht. Das stellt man äußerlich fest. Aber in der Gemeinde, wo die Gnade von Jesus gerühmt wird, haben wir immer wieder die Gewissheit: Dieser Jesus will dich nicht verlassen. Er will mit dir das tun, und das steht unverbrüchlich fest. Es rostet nicht und geht nicht kaputt. Gott hat es geschworen.
Über deinem Leben, bevor du geboren wurdest, als du noch im Mutterleib warst, will er sich mit ewiger Gnade deines erbarmen. Das ist der einzige Weg, Gott zu begegnen, dem heiligen Gott, dem Richter, in seiner Gnade.
Was auch immer geschieht, wir dürfen das wissen. Wir haben dort Festigkeit. Morgen kommen wir noch einmal auf die Gewissheit, die absolute Heilsgewissheit unseres Lebens, weil es nicht auf uns ankommt, sondern auf die Gnade.
Wenn wir nur von der Gnade her leben – das ist das Thema. Ihr könnt in der ganzen Bibel lesen, es geht immer wieder um diese überwältigende Gnade, bei den Propheten, in den Paulusbriefen erst recht. Paulus rühmt sie bei seinen Mitarbeitern: „Nicht ich, sondern die Gnade des Herrn, die in mir wirkt.“
Ich bin, wie Paulus zu Timotheus sagt, der schlimmste aller Sünder. Ich stehe ganz vorne, ich bin der Prototyp eines Sünders, weil ich gegen Jesus gekämpft habe. Doch mir ist Barmherzigkeit widerfahren.
Und diese Barmherzigkeit beschreibt Römer 8: Nichts kann mich scheiden von der Liebe Gottes. Ich ruhe in dieser Gewissheit, weil ich in Christus bin. Nicht weil ich fehlerlos bin, sondern weil ich in Christus bin und weil er Gnade gibt für sündige Menschen.
Herrlich ist, dass ich alles, was ich erkenne, ablegen darf. Jesus schafft Neues in meinem Leben, auch noch im Alter. Es ist ein laufender Erneuerungsprozess, in dem wir immer mehr erkennen und wachsen in der Gnade. Wachsen in der Gnade, immer weiter. Stillstand ist Tod.
Das macht uns mutig für unsere Aufgaben und Dienste. Es ist schön, wenn wir auch noch eine Gebetsgemeinschaft machen können. Bevor wir das tun, singen wir ein Lied, das Dora Rappert in die deutsche Sprache übersetzt hat:
„Wie lang habe ich mühsam gerungen, gesäuft unter Sünde und Schmerz, doch als ich mich ihm überlassen, da strömte sein Frieden in mein Herz. Sein Kreuz bedeckt meine Schuld, sein Blut macht mich hell und rein.“
Es gibt so viel Schweres, das vor einigen von uns liegt. Sie blicken bang in die Zukunft – ob Altersnöte, Krankheiten oder junge Leute mit Schwierigkeiten in Beruf und Schule. Überall türmen sich Probleme in Familien und Ehen.
Herr, wir trauen deiner Gnade. Du hast uns das zugesprochen: Die Gnade sei mit uns allen. Das macht uns fröhlich und zuversichtlich, dass du noch viel wirken willst, auch in dieser letzten bösen Zeit.
Wir dürfen es erleben, auch von dieser Freizeit reich beschenkt heimzufahren, wenn deine Gnade mitgeht. Niemand kann uns stehlen, auch die Macht des Teufels nicht. Du überwindest alles und machst uns durch deine Gnade zu Siegern. Das ist wunderbar. Amen!