Einstieg in das Thema: Der Name und seine Bedeutung
Ja, nun können wir mit unserem dritten Erkundungsgang durch den Jakobusbrief beginnen. Ich möchte mit einem Politiker starten, der den meisten wahrscheinlich nicht mehr bekannt ist. Sein Name war Kurt Gscheidle.
Kurt Gscheidle – ja, da lachen Sie vielleicht. In den Siebzigerjahren war er längere Zeit Post- und Verkehrsminister für die SPD. In einer Bundestagsdebatte stritt der damalige Oppositionspolitiker Franz Josef Strauß, der den meisten bekannt sein dürfte, mit Gscheidle. Dabei fügte Strauß in seine Rede den Ausdruck „Süffi Sand“ ein. Er meinte damit, dass Kollege Gscheidle nichts für seinen Namen könne. So ähnlich reagierten auch die anderen im Bundestag.
Damit wollte Strauß sagen: Der heißt zwar Gscheidle, aber er ist nicht „gscheid“ (klug). Nun, ich weiß nicht, ob Franz Josef Strauß damals Recht hatte. Immerhin sprach er eine natürliche, überzeugende und nüchterne Tatsache an: Der Name stimmt nicht immer mit dem Wesen dessen überein, der diesen Namen trägt.
Der Name bildet nicht immer die Wirklichkeit dessen ab, der mit diesem Namen bezeichnet wird. Wer Bäcker heißt, muss nicht unbedingt Brot backen können. Und ein Herr Schneider kann noch lange keinen Anzug nähen.
Wie ist es nun mit denen, die sich Christ nennen? Jakobus sagt in Kapitel 2, Vers 7: „Über euch ist der gute Name genannt.“ Man könnte auch übersetzen: Über euch ist der noble Name ausgerufen worden, nämlich der noble Name Jesu Christi.
Wir tragen den ehrenwerten Namen des Herrn Jesus. Aber tragen wir diesen Namen zu Recht? Das ist die Frage: Gehören wir wirklich zu dem, dessen Namen wir tragen?
Die Realität der Gemeinde: Echte und unechte Christen
Es gehört zu den ernstesten und bedrückendsten Beobachtungen, die im Neuen Testament immer wieder auftauchen, dass die Gemeinde Jesu, wie das theologische Fachwort sagt, ein Korpus per Mixtum ist. Das bedeutet einfach übersetzt ein vermischter Haufen.
Und zwar ist diese Gemeinde nicht nur vermischt aus Alt und Jung, nicht nur aus allen Charaktertypen, Berufen und Herkünften – auch mitunter aus Charakter-Sonderlingen. Nein, die Gemeinde Jesu besteht aus echten Christen und Scheinchristen.
Das heißt, in der christlichen Gemeinde gab es zu allen Zeiten Menschen, die sich zwar Christen nennen und sich auch selbst für Christen halten, die aber vor Gott möglicherweise keine echten Christen sind.
Ein Beispiel dafür finden wir in der Bergpredigt, wo der Herr Jesus in Matthäus 7,21 diese markante Warnung ausspricht:
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr, wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut im Himmel. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben, haben wir nicht in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter.“
Es gibt viele Texte im Neuen Testament, die diesen vermischten Zustand der Gemeinde beschreiben. Zum Beispiel das berühmte Gleichnis von den fünf törichten und fünf klugen Jungfrauen (Matthäus 25), oder das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Lukas 8, Markus 4, Matthäus 13). In diesen Gleichnissen steht echter Glaube neben unechtem Glauben.
Denken wir auch an Judas Iskariot, der sich drei Jahre lang im engsten Umfeld des Herrn aufhielt und ein ganz normales, nominelles Mitglied des Jüngerkreises war.
Auch die Gemeinde, an die Jakobus schreibt, ist offensichtlich ein solcher Korpus per Mixtum. Dieser Umstand lässt dem alten Seelsorger keine Ruhe. Deshalb schreibt Jakobus diesen Brief, um seinen Leuten ein Testverfahren an die Hand zu geben, mit dem sie sich selbst überprüfen können.
Ziel des Jakobusbriefs: Unterscheidung von echtem und falschem Glauben
Ja, der Jakobusbrief ist auch eine Hilfe, um echten und unechten Glauben, um lebendigen und toten Glauben sowie um wahren und falschen Glauben voneinander zu unterscheiden.
Das ist unser drittes Thema. Gestern Abend hatten wir mit der Fragestellung begonnen: Glaube in Anfechtung und Versuchung, vor allem in Kapitel 1. Heute Vormittag setzten wir fort mit einer praktischen Anwendung, die sich durch den Jakobusbrief zieht: Geld oder Leben – woran du dein Herz hängst.
Heute, im dritten Vortrag, steht die Fragestellung im Mittelpunkt: „Kein Glaube ohne Werke?“ Als Untertitel haben wir gewählt: „Wie evangelisch ist der Jakobusbrief?“
Manche würden vielleicht sagen: Jakobus ausgerechnet? Als Schlüssel, um wahren und falschen Glauben zu unterscheiden? Machen wir da nicht den Bock zum Gärtner? Hat Jakobus denn überhaupt selbst das richtige Verständnis vom wahren Glauben?
Luther und der Jakobusbrief: Kritik und historische Einordnung
Kein Geringerer als Martin Luther hat zum Jakobusbrief zum Teil sehr kritische Bemerkungen gemacht. Für Luther war es zeitweise fraglich, ob der Jakobusbrief überhaupt zum Kanon der Bibel gezählt werden sollte.
In seiner Vorrede zum Jakobusbrief von 1522 schreibt er beispielsweise, dass es dort am richtigen Verständnis der Rechtfertigung fehle. Dieses Verständnis sei jedoch der wahre Prüfstein, um alle Bücher der Bibel richtig zu verstehen. Es komme darauf an, was Christus treibt, und dafür brauche es ein korrektes Verständnis der Rechtfertigung.
In einer berühmten Vorrede zum gesamten Neuen Testament nannte Luther den Jakobusbrief sogar eine "Ströherne Epistel" – also gewissermaßen eine Stroh-Epistel. Wie konnte er zu dieser Einschätzung kommen? Historisch ist das sicher verständlich.
Die römisch-katholische Kirche benutzte den Jakobusbrief nämlich zur Begründung der Werkgerechtigkeit und als Argument gegen die Rettung allein aus Glauben. Sie hat den Jakobusbrief instrumentalisiert, um zu zeigen, dass wir nicht allein durch den Glauben gerettet würden, sondern auch durch Werke. Luther hat sich in seinem Urteil über den Jakobusbrief offensichtlich davon beeinflussen lassen, wie die römische Kirche diesen Brief gedeutet und verwendet hat.
Daher ist es zunächst eine berechtigte Frage, wie evangelisch beziehungsweise evangeliumsgemäß der Jakobusbrief ist. Man könnte auch viel einfacher fragen: Wie einig oder uneinig sind sich Paulus und Jakobus? Oder noch anders formuliert: Hätte Paulus über den Jakobusbrief genauso geurteilt wie Luther?
So können Sie die Frage auch stellen: Hätte Paulus über den Jakobusbrief genauso geurteilt wie Luther? Das müssen wir heute Abend klären.
Die theologische Bedeutung der Frage
An der Fragestellung sieht man bereits, dass es sich nicht nur um eine theoretische oder theologische Spezialfrage handelt, wie Jakobus und Paulus zusammengehören. Natürlich geht es auch um die Frage der Einheit der Bibel. Doch vor allem ist dies eine höchst existenzielle Frage darüber, was echter Glaube und was falscher Glaube ist.
Richtig ist, dass der Jakobusbrief die zentralen Punkte der Erlösung nicht ausführlich entfaltet. Es geht dort also nicht ausführlich um die Frage, wie man Christ wird und was die Grundlage dafür ist, dass wir gerettet werden können. Das ist wahr. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Widerspricht Jakobus dem, was Paulus sagt? Ignoriert er Paulus? Hat Jakobus ein anderes Verständnis vom Evangelium? Oder setzt der Jakobusbrief das Evangelium einfach voraus?
Schon in der Apostelgeschichte finden wir dazu einige sehr spannende Hinweise, die wir heute aber nicht entfalten können. Lesen Sie zum Beispiel Apostelgeschichte 21 in diesen Tagen. Dort gibt es eine sehr interessante Begegnung zwischen Paulus und Jakobus. Dabei wird deutlich, dass Paulus und Jakobus sich gegenseitig als wahre Prediger des Evangeliums Jesu Christi anerkannt haben. Paulus hat Jakobus hundertprozentig akzeptiert.
Auch Paulus selbst schreibt das in Galater 2,9. Das ist nur eine kleine Bemerkung, aber sie zeigt sehr deutlich, wie Paulus zu Jakobus steht. Dort heißt es: „Und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, reichten Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen gelten, mir und Barnabas die Hand der Gemeinschaft.“ Paulus nennt in einem Atemzug Petrus, Johannes und Jakobus die Säulen der Urgemeinde.
Auch im Jakobusbrief selbst macht der Herrenbruder sehr klar, wo er persönlich steht. Er spricht in Kapitel 2, Vers 1 – das haben wir heute Morgen gesehen – vom Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit. Das ist ein ganz klares Bekenntnis zur Hoheit, zur Göttlichkeit und zur Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus.
Im Jakobusbrief, Kapitel 5, am Ende, zeigt sich außerdem, dass Jakobus fest mit der Wiederkunft des Herrn Jesus rechnet. Dort heißt es in Vers 7: „So wartet nun geduldig, ihr Brüder, bis zur Wiederkunft des Herrn.“ Das ist ihm alles ganz klar.
Jakobus bekennt also nicht nur die göttliche Würde des Herrn Jesus, sondern geht auch eindeutig davon aus, dass wir den Herrn Jesus brauchen und von ihm abhängig sind, wenn wir in den Himmel kommen wollen und Gottes Kinder werden möchten.
Dennoch bleibt es richtig, was ein Ausleger schreibt: Jakobus führt nicht erst zum Kreuz hin, sondern er kommt schon vom Kreuz her. Er setzt das Kreuz also voraus.
Die Frage nach Werkgerechtigkeit im Jakobusbrief
Aber wir fragen jetzt natürlich: Wie konnte die Meinung entstehen, dass Jakobus Werkgerechtigkeit lehren würde? Also, dass Jakobus behauptet, man müsse bestimmte Dinge tun, um in den Himmel zu kommen, und es reiche nicht aus, sich auf das zu verlassen, was Jesus für uns getan hat?
Der Bibelabschnitt, den wir heute Abend miteinander lesen werden, ist anders. Dieser Abschnitt gehört zu den berühmtesten des Jakobusbriefs und ich muss zugeben, dass er auf den ersten Blick auch zu den verwirrendsten Abschnitten dieses Briefes zählt. Von daher passt es gut, dass wir nicht nur ein Lied mit einer verwirrenden Melodie gesungen haben, sondern nun auch einen auf den ersten Blick verwirrenden Text miteinander studieren. Sie sind also gerade richtig eingestimmt worden.
Gerade in diesem Text behandelt Jakobus die für uns so wichtige Unterscheidung zwischen totem und lebendigem Glauben. Er steigt gleich in Vers 14 ohne jegliche Vorwarnung ein. Davor hat Jakobus über das praktische Zusammenleben in der Gemeinde gesprochen: dass kein Ansehen der Person gelten soll, dass jeder auf gleiche Weise liebevoll versorgt und aufgenommen werden soll und dass Barmherzigkeit ein wichtiges Kennzeichen der Christen im Umgang miteinander ist.
Dann kommt er so brachial in Vers 14 auf diese grundsätzliche Frage zu sprechen, an der kein Christ vorbeikommt. Er markiert diesen Einschnitt, wie er das häufiger tut, mit der Anrede: Also Leute, jetzt kommt ein neuer Abschnitt, eine neue Frage.
Was hilft es meinen Brüdern, wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? Kann denn dieser Glaube ihn retten? Kann ein Glaube ohne Werke echt sein?
Damit erinnert Jakobus an etwas, das schon sein Halbbruder Jesus gesagt hatte: Glaube ist nicht gleich Glaube. Denken Sie an Johannes 2, die Situation, als sich einige Leute nur kurzfristig dem Herrn Jesus zuwenden. Johannes schreibt folgende Bewertung unseres Herrn über den Glauben dieser Leute:
Johannes 2,23: „Als er aber am Passahfest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, weil sie seine Zeichen sahen, die er tat. Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte und weil er es nicht nötig hatte, dass jemand von den Menschen Zeugnis gab; denn er wusste selbst, was im Menschen war.“
Das heißt, Jesus wusste sehr genau, dass der Glaube dieser Leute kein echter Glaube war.
Und es kommt darauf an, dass unser Glaube rettet, sagt Jakobus. Es kommt darauf an, Vers 17, dass unser Glaube lebendig ist und nicht tot.
Sie merken schon: Es geht jetzt nicht um eine theologische Spitzfindigkeit, die wir klären müssen. Bei dieser Frage geht es darum, ob jemand in den Himmel kommt oder in die Hölle. Jakobus legt den Finger gnadenlos in diese Wunde. In Vers 14 fragt er: Kann dieser Glaube, also dieser sogenannte Glaube, der ohne Werke ist – das wird im Griechischen ganz deutlich hervorgehoben – kann dieser Glaube, bei dem keinerlei Praxis zu finden ist, keinerlei Frucht zu erkennen ist, kann dieser Glaube retten?
Und alles, was er dann von Vers 14 bis Vers 26 schreibt, dient der Klärung dieser Frage: Kann dieser Glaube retten, ja oder nein?
Der zentrale Text: Jakobus 2,14-26
Jetzt muss Herr Butterball die Sache direkt angehen, und wir wollen den Text im Zusammenhang lesen, insbesondere die Verse 14 bis 26.
Wie gesagt, lassen Sie sich nicht verwirren. Es ist ein sehr spannender Text, und meine Hoffnung und mein Gebet ist, dass wir ihn bis zum Ende des Abends alle gut verstehen und erklären können.
Was hilft es, liebe Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, aber keine Werke? Kann denn der Glaube ihn selig machen? Wenn ein Bruder oder eine Schwester Mangel an Kleidung und an der täglichen Nahrung hat und jemand von euch zu ihnen sagt: „Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!“, ihr ihnen aber nicht gebt, was der Leib nötig hat – was könnte ihnen das helfen? Wörtlich steht da: „Was könnte das helfen?“
So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst.
Aber jetzt könnte jemand sagen: „Du hast Glauben, ich habe Werke.“ Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben durch meine Werke zeigen.
Du glaubst, dass nur einer Gott ist – du tust recht daran, die Teufel glauben es auch und zittern.
Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?
Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerechtfertigt worden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? Da siehst du, dass der Glaube zusammenwirkte mit seinen Werken, und durch die Werke ist der Glaube vollkommen oder vollendet worden.
So ist die Schrift erfüllt, die da spricht: „Abraham hat Gott geglaubt, und es ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden“, und er wurde ein Freund Gottes genannt.
So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein.
Desgleichen die Hure Rahab: Ist sie nicht durch Werke gerecht geworden, als sie die Boten aufnahm und sie auf einem anderen Weg hinausließ?
Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.
(Jakobus 2,14-26)Gebet zum Abschluss der Einführung
Herr Jesus, jetzt bitten wir dich, dass du uns hilfst, am Ende dieses langen Tages noch einmal alle Gedanken zusammenzutragen.
Hilf uns, wirklich zu erkennen und zu verstehen, was du uns hier durch deinen Boten Jakobus sagen willst. Amen!
Die Diagnose des toten Glaubens
Dreimal erscheint hier der Ausdruck „toter Glaube“: in Vers 17, Vers 20 und Vers 26. In Vers 14 sehen wir, dass dieser tote Glaube zunächst recht lebendig auftreten kann und sich oft auch durchaus für lebendig hält. Das zeigt sich in dem selbstbewussten Ton in Vers 14, wo jemand sagt: „Ich habe Glauben.“
Wenn jemand behauptet, er habe Glauben, aber keine Werke zeigt, sagt er im Grunde: „Ich habe doch Glauben, es ist alles in Ordnung.“ Heute wollen wir nur zwei Fragen stellen. Die erste Frage lautet schlichtweg: Was ist toter Glaube?
Es ist nicht schwer zu ahnen, wie die zweite Überschrift lauten würde: Was ist lebendiger Glaube? Also fragen wir zuerst: Was ist toter Glaube? Dazu schauen wir uns die Verse 15 bis 17 an.
Wenn ein Bruder oder eine Schwester Mangel an Kleidung und der täglichen Nahrung hätte und jemand unter euch spräche: „Geht hin in Frieden, wärmt euch, sättigt euch“, ihr aber gebt ihnen nicht, was der Leib nötig hat – was könnte das helfen? So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.
Der Glaube, den Jakobus hier beschreibt, ist ein Nur-Wort-Glaube. Jakobus zeichnet eine ganz praktische Alltagssituation, in der sich der Glaube bewähren müsste. Die Verse 15 und 16 lesen sich fast wie eine kleine Parabel oder ein Gleichnis. Sie sind im Konjunktiv formuliert, also hypothetisch: Angenommen, folgender Fall.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an einen konkreten Vorgang, der gar nicht so lange zurückliegt, wir wissen es nicht. Wir wissen, dass in der Jerusalemer Gemeinde Armut durchaus bekannt war. Nun sagt Jakobus in Vers 15: Stellt euch vor, ein Bruder oder eine Schwester hat Mangel. Diese Notsituation ist offensichtlich, nämlich ein doppelter Mangel an Kleidung und Nahrung. Auf Deutsch: Der friert und hat schweren Hunger.
Und das ist ein Mitchrist, Bruder oder Schwester, mit gesteigerter Verantwortung. Das tut gut, das ist jedermann klar, sagt auch Paulus meistens zu Glaubensgenossen (vgl. Galater 6,10). Und jetzt die Reaktion: Einer von euch, also einer aus der Gemeinde, einer von denen, die offiziell zu den Christen gehören – was macht er?
Immerhin findet er ein paar fromme Worte. Er sagt: „Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch.“ Sein Wunsch zeigt, dass er die konkrete Not sieht. Er sieht die Kälte und den Hunger. Er sagt: „Wärmt euch und sättigt euch.“ Er weiß also, dass es gebraucht wird.
Die Formulierung im Griechischen kann zweierlei bedeuten. Einmal kann man sie übersetzen mit „Helft euch selbst“ oder mit „Lasst euch helfen, lasst euch von irgendjemandem helfen“. Also: Helft euch selbst oder lasst euch von jemandem helfen – aber bitte nicht von mir.
Jakobus sagt: Leute, jetzt seht hin, schaut euch bitte diesen Glauben an. Denn es handelt sich ja um einen offiziellen Mitchristen, also jemanden, der offiziell gläubig ist und allgemein als gläubig gilt. Und er ist nicht einmal bereit, sich die Finger für den notleidenden, vor Kälte bibbernden und vor Hunger mit lautem Magenknurren leidenden Christen schmutzig zu machen.
Die Formulierung zeigt ganz deutlich: Er könnte, wenn er nur wollte, aber er will nicht. Dann sehen wir diesen krassen Gegensatz, diese krasse Diskrepanz zwischen dem frommen Segenswort und der kaltschnäuzigen Abweisung, die sich weigert, dem anderen praktisch zu helfen.
Jakobus stellt die Frage in Vers 16: Was würde das helfen? Einige übersetzen hier: Was würde das dem helfen? So kann man es etwas freier übersetzen. Es heißt aber eigentlich wörtlich: Was würde das helfen – dem, der da die Frage stellt, aber auch dem, der ihn abweist?
Die Antwort steht in Vers 17: Tod! So ist der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.
Jetzt kommt eine hochspannende Konsequenz, die wir sehr genau verstehen müssen. Jakobus zieht eine Verbindungslinie von Vers 16 zu Vers 17 und sagt: Leute, passt auf! So ist auch der Glaube. Er sagt, was das Beispiel über diesen einen Mann zeigt, das wenden wir jetzt grundsätzlich an auf den Glauben ohne Werke.
Hier kommt es auf jedes Wort an. Er sagt: So ist der Glaube an und für sich tot. Das heißt, der Glaube im Blick auf sich selbst, der Glaube in seinem Kern ist tot. Das gilt nicht nur für die Außenseite.
Versteht ihr? Jakobus sagt hier nicht: Na ja, der Glaube ist eigentlich da, aber er hat keine Wirkung. Sondern er betont in diesem Vers: Dieser vermeintliche Glaube, der keine Wirkung hat, ist tot in sich selber.
Es ist nicht so, dass Glaube und Werke getrennt sind und der Glaube leider keine Wirkung zeigt, sondern irgendwo auf halbem Wege verpufft. Nein, der Glaube in sich selber ist tot.
Dass dieser Glaube nichts bewirkt, ist kein Wunder, denn er ist in sich leblos.
Was ist das für eine Situation? Da ist ein Mensch, der hat eine äußere Form von Glauben, aber dieser äußeren Form fehlt die innere Füllung. Man könnte vielleicht etwas flapsig sagen: Es ist wie ein Anzug ohne Inhalt.
Die äußere Form ist da, aber da steckt nichts drin – wie ein Anzug ohne Inhalt. Der Betreffende hält diese Form selbst für Glauben, und viele andere halten diese Form, die er vorlebt, auch für Glauben. Aber in Wirklichkeit sagt Gott für Vers 17: Tod! Tod in sich selber, an sich selber, in seinem Kern.
Diese Diagnose finden wir nicht nur bei Jakobus. Der Herr Jesus hat das ganz ähnlich gesagt. In Johannes 15,5 sagt er: „Wer in mir bleibt und ich in ihm“ – also wer in einer echten, lebendigen, persönlichen Beziehung zu mir lebt – „der bringt viel Frucht.“
Oder Galater 5,6: „In Christus Jesus gilt der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.“
Viele von Ihnen haben kleine Babys oder hatten kleine Babys. Wenn ein Baby lebt, dann ist das Atmen keine zusätzliche Leistung, die das Baby erbringen muss. Das ist kein Add-on, keine Zusatzleistung, die das Baby nun leben soll, damit es wenigstens auch ein bisschen atmet und ein paar rote Bäckchen bekommt.
Sondern wenn ein Baby lebt, dann ist Atmen eine völlig normale, selbstverständliche, unvermeidbare, unwillkürliche Auswirkung der Tatsache, dass es lebt.
Und so ist das bei dem Typen, den Jakobus hier beschreibt, gerade nicht. Bei ihm finden wir einen Nur-Wort-Glauben, und dieser Nur-Wort-Glaube ist, sagt Jakobus, ein toter Glaube.
Der Nurwissenglaube: Wissen allein rettet nicht
Und dann fügt er gleich ein zweites Beispiel für Totenglauben hinzu: den Nurwissenglauben. Dieser wird in den Versen 18 bis 20 behandelt. Sie sehen, wir arbeiten uns fleißig voran. Also, Verse 18 bis 20 – jetzt kommt der Nurwissenglaube.
Es könnte jemand sagen: Jakobus steigt wieder in die Diskussion ein. „Du hast Glauben, und ich habe Werke“, als ob das auseinandergerissen wird. An dieser Stelle kann man gewissermaßen eine Pause einlegen, und dann folgt die Antwort: „Zeige du mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus den Werken.“
Vers 18 bringt diesen Einwand: Ja, so weiß Jakobus, gehören Glaube und Werke nicht zwingend zusammen. Diese Ansicht haben wir auch schon oft von Bischöfen und Kirchenleitern gehört, wenn es um die Diskussion ging. Bestimmte Leute meinten, sie könnten Christen sein, ohne die Bibel zu lesen und ohne zu Jesus zu beten. Dann wurde oft gesagt: Na ja, gut, der eine hat eben den Glauben – das sagen eher Evangelikale – und der andere hat die Werke. Der macht eben im Sinne der Bergpredigt Politik. Es ist auch die Frage, ob man im Sinne der Bergpredigt überhaupt Politik machen kann. Aber beide seien echte Christen: Die einen engagieren sich sozial, die anderen reden von Jesus. Der eine hat eben den Glauben, der andere die Werke.
Das ist eine typische Argumentation für die liberale Volkskirche. Hier wird diese Argumentation aber gegen Jakobus gerichtet. Man sagt ihm: „Lieber Jakobus, dein Bestehen auf den Werken ist übertrieben. Es gibt auch lebendigen Glauben ohne Werke, das muss nicht unbedingt zusammengehen.“ Jakobus antwortet ab Vers 18b: „Zeige du mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich zeige dir meinen Glauben aus den Werken.“
Nun kann man sich fragen: Wie will er denn den Glauben ohne Werke zeigen? In einigen Übersetzungen steht auch: „Zeige du mir deinen Glauben aus deinen Werken.“ Aber das ist nicht so entscheidend, ob man das so oder anders übersetzt. Entscheidend ist die Frage, dass gesagt wird: Es muss nicht unbedingt zusammengehören, es gibt doch echten Glauben ohne echte Werke. Und Jakobus fordert auf: Zeig mir das mal!
Dann bringt Jakobus ab Vers 19 einen schlagenden Beweis, warum der Nurwissenglaube nicht rettet. Er sagt: „Du glaubst, dass nur einer Gott ist?“ Und was heißt hier „glauben“ in Vers 19? Da bedeutet Glauben, dass du das für wahr hältst, dass du es als Realität anerkennst, dass du es zugestehst und nicht bestreitest.
Dann sagt er: „Okay, diese Wahrheiten werden auch vom Teufel nicht bestritten, im Gegenteil.“ Diese Wahrheiten werden vom Teufel gerade deswegen bekämpft, weil er sie für wahr hält. Der Teufel bekämpfte Jesus und seine Jünger, weil er weiß, dass Jesus der Sohn Gottes ist und der einzige Retter für alle Menschen.
Das kann man zum Beispiel in Markus 5, Verse 1 bis 10, sehr deutlich sehen. Dort erkennt man, dass der Teufel sehr genau weiß, wer Jesus ist, dass er die richtigen Informationen hat und sie nicht bestreitet. Er hält sie für wahr.
In Markus 5, bei der Heilung eines Besessenen, sprechen die Dämonen mit lauter Stimme: „Jesus, du Sohn Gottes des Höchsten, was habe ich mit dir zu tun? Jesus, du Sohn Gottes des Höchsten!“ Das ist ein ganz klares, lehrmäßig eindeutiges Bekenntnis zur Gottheit des Herrn Jesus. Da könnte sich mancher eine Scheibe davon abschneiden.
Aber, sagt Jakobus, dieser Nurwissenglaube rettet auch nicht. Beim Teufel führt das richtige Wissen wozu? Zum Zittern, weil er weiß, dass er gegen Jesus nicht ankommt. Das heißt: Bestimmte Wahrheiten als wahr zu akzeptieren bedeutet für sich genommen noch nicht, dass jemand Christ ist. Der Teufel ist der Beweis dafür, dass Nurwissenglaube noch kein rettender Glaube ist.
Aber Vorsicht! Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Denn es ist ganz typisch zu sagen: Glaube hat nichts mit Wissen und Fakten zu tun, sondern nur mit der persönlichen Beziehung zu Jesus. „Glaube hat doch nichts mit Wissen und Fakten zu tun, dieser Intellektualismus passt doch nicht zur Bibel.“ Entschuldigung, aber das ist genauso unsinnig. Nein, das ist nicht nur unsinnig, das ist falsch und irreführend.
Denn natürlich gehört das richtige Wissen zum Glauben dazu, das ist doch klar. Ohne Wissen, ohne Fakten, ohne bestimmte Setzungen, die Gott uns gegeben hat und die dem Glauben vorangehen, gibt es auch keinen lebendigen Glauben. Das ist doch logisch. Ohne Wissen kann ich keine Irrtümer korrigieren.
Ernst Moritz Arndt hat dieses berühmte Lied geschrieben, und er wusste, was er da schrieb als Historiker: „Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was festbesteht, wenn alles hier im Staube wie Sand und Staub verweht.“ Ich weiß es, ich verlasse mich auf die Fakten. Ich glaube dem, was die Bibel uns als propositionale Wahrheit, das heißt als feststehende, ganz klar sachlich richtige Wahrheit über Jesus sagt. Das glaube ich.
Man könnte es so formulieren: Richtiges Wissen ist keine hinreichende Bedingung für den Glauben, aber eine notwendige. Keine hinreichende, aber eine notwendige.
Ich muss wissen, dass Jesus Gottes Sohn ist. Ich muss wissen, dass er am Kreuz für mich starb. Ich muss wissen, dass er der auferstandene Herr ist. Ich muss wissen, dass ich ein Sünder bin und Vergebung brauche. Wenn ich all das nicht weiß, kann ich mich nicht bekehren. Das ist doch logisch.
Das heißt, wir müssen aufpassen, dass das nicht gegeneinander ausgespielt wird. Beim biblischen Glauben gehört immer beides zusammen: das Wissen und die persönliche Beziehung zu Jesus. Dass ich bestimmte Wahrheiten akzeptiere, sie auch für wahr halte und anerkenne. Und dann entsprechend persönlich reagiere, dass ich Jesus wirklich so anerkenne, wie die Bibel ihn mir offenbart, dass ich mein Leben persönlich ihm anvertraue und zu ihm als meinem Herrn und Erlöser bete.
Das ist lebendiger Glaube: von Jesus wissen, das, was Gott in der Bibel über Jesus offenbart, akzeptieren, ihm abnehmen und mich dann an Jesus hängen. Das ist wahrer, normaler Glaube. Das ist auch nicht strittig. Da kann nicht irgendjemand herkommen und sagen: „Nö, der wahre Glaube kann eigentlich auch noch ganz anders sein.“ Nein, kann er nicht. Kann er definitiv nicht.
Und dieser Glaube kann dann gar nicht anders, sagt Jakobus, als bestimmte Werke hervorzubringen.
Dann zeigt Vers 20, wie leidenschaftlich Jakobus um die Leute ringt, dass sie ihm das abnehmen. Er formuliert jetzt sehr zugespitzt. Er sagt in Vers 19: „Du glaubst, dass nur einer Gott ist, du tust recht daran.“ Die Teufel glauben es auch und zittern. Und dann in Vers 20: „Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?“
Er hat den Eindruck, er will sein Gegenüber so richtig schütteln und sagen: Mensch, nun kapier’s doch! Es ist doch so klar, lüg dir nicht weiter in die Tasche. Kapier es doch endlich!
Ein lebendiger Christ ist vergleichbar mit einem Motor. Der Motor produziert Energie, weil er vom Strom durchpulst ist. Genauso produziert der Christ Werke, weil er vom Glauben durchpulst ist. So wie der Strom aus der Steckdose lebt, lebt der Glaube aus der Verbindung mit Jesus. Und dann produziert der Christ Werke, weil er vom Glauben durchpulst ist. Das ist die Logik von Jakobus.
Der lebendige Glaube: Zwei Kronzeugen
Und jetzt, im zweiten Schritt, macht Jakobus deutlich: Leute, das ist nicht nur eine Theorie, sondern die Wirklichkeit der Kindergottes. Das ist die wirkliche Erfahrung der Kindergottes.
Damit kommen wir zum zweiten und letzten Punkt für heute Abend. Das ist doch ein Trost. Was ist nun lebendiger Glaube? Es ist schön, dass wir zuerst über den toten Glauben sprechen konnten und jetzt im zweiten Schritt über den lebendigen Glauben.
Für den lebendigen Glauben bringt Jakobus zwei ganzfarbige Kronzeugen. Im ersten Fall hat er zwei Modelle genannt: diejenigen, die nur Worten glauben, und diejenigen, die nur Wissen glauben. Jetzt, für den lebendigen Glauben, stellt er zwei sehr klare Typen vor, die jeder Leser des Alten Testaments kannte.
Der erste Kronzeuge wird besonders ausführlich behandelt, den zweiten können wir dann mit einigen wenigen Sätzen gewissermaßen nachschieben. Der erste Kronzeuge, den Jakobus nennt, ist Abraham. Das ist besonders liebevoll gewählt, gerade im Hinblick auf die ersten Empfänger dieses Briefes, die größtenteils Juden waren oder jedenfalls viele Juden in der frühen Gemeinde dort.
Der zweite Kronzeuge steht menschlich betrachtet genau am anderen Ende der Skala: die Hure Rahab. Was für ein krasser Gegensatz! Hier der Jude, dort die Heidin; hier der Gottesmann, dort die Prostituierte; hier derjenige, von dem man sagt, er war ein Freund Gottes, und dort diese Frau, die zu den Feinden Israels, nämlich Kanaan, gehörte.
Menschlich gesehen kann man sich keinen größeren Gegensatz vorstellen als den zwischen Rahab und Abraham. Was war ihnen gemeinsam? Sagt Jakobus: der rettende Glaube, der durch Werke bestätigt wurde.
Damit sagt Jakobus: Leute, dieses Grundprinzip gilt immer. Es gilt für Abraham genauso wie für Rahab, es gilt unter allen Umständen und ohne Ausnahme für lebendigen Glauben.
Abraham als Kronzeuge des lebendigen Glaubens
Nun schauen wir uns den Kronzeugen Abraham an. Ich kann versprechen: Wenn wir den verstanden haben, haben wir das Schwierigste unserer heutigen Arbeit geschafft. Aber es lohnt sich, denn Abraham ist im Grunde genommen der Schlüssel zur kritischsten Stelle dieses Textes.
Was sagt Jakobus über Abraham? Hier müssen wir genau hinschauen. Er fragt: Wurde Abraham nicht durch Werke gerechtfertigt, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? Dort sieht man, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und durch die Werke der Glaube vollendet wurde. So wird die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham hat Gott geglaubt, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet; er wurde ein Freund Gottes genannt.“ Daraus folgt: Der Mensch wird durch Werke gerechtfertigt, nicht durch den Glauben allein.
Dieser Vers löst natürlich Irritationen aus. Wenn er beim ersten Lesen keine Irritationen bei Ihnen hervorruft, dann haben Sie vermutlich etwas anderes bei Paulus nicht richtig verstanden. Sicherlich hat dieser Vers auch bei Luther zunächst Irritationen ausgelöst. Denn hier steht, Abraham wurde durch Werke gerechtfertigt, während wir doch von Paulus im Ohr haben, dass wir allein durch den Glauben gerechtfertigt werden – sola fide, allein durch den Glauben; sola gratia, allein durch die Gnade Gottes; solus Christus, allein durch Christus.
Was bedeutet das nun? Gibt es einen Widerspruch zwischen Paulus und Jakobus? Kann sich die römische Kirche am Ende doch noch auf Jakobus berufen? Was ist hier gemeint? Um das zu verstehen, müssen wir wissen, dass das griechische Verb „gerechtfertigt“ mindestens zwei verschiedene Bedeutungen haben kann. Welche Bedeutung es jeweils hat, entscheidet sich am Zusammenhang, am Kontext. Dies müssen wir hier genau berücksichtigen.
Was meint Paulus, wenn er sagt, gerechtfertigt durch Glauben, zum Beispiel in Römer 3? Und was meint Jakobus, wenn er sagt, gerechtfertigt durch Werke? Schauen wir uns zuerst Paulus an.
Was versteht Paulus unter Rechtfertigung? Im Römerbrief macht Paulus das sehr deutlich. Wer sich dort einarbeiten möchte, kann auf der Homepage unserer Gemeinde ausführliche Predigten finden – inzwischen etwa vierzig zum Römerbrief –, in denen das genau erklärt wird.
Bei Paulus bedeutet Rechtfertigung Gottes richterlicher Freispruch. Gott spricht mich gerecht, obwohl ich bei ihm hoch verschuldet bin. Mein Leben ist durch Schuld und Sünde verwirkt. Aber um Jesu Willen spricht Gott mich gerecht, weil Christus meine Schuld am Kreuz getragen hat. Er erklärt mich für gerecht und nimmt mich als sein Kind an.
Wie erlange ich diesen Freispruch? Durch Werke? Nein, allein durch den Glauben an den Herrn Jesus. Glauben heißt, dass ich mich persönlich an ihn klammere und sage: Herr Jesus, ich gebe zu, dass dein Urteil über mein Leben wahr ist. Ich bin ein verlorener Sünder ohne dich. Aber ich glaube dir, dass das, was du am Kreuz getan hast, für mich persönlich gilt, dass du auch meine Schuld gesühnt hast und die Strafe für meine Verlorenheit getragen hast. Ich bitte dich, lass das für mich gelten. Bitte vergib mir meine Schuld und sei du mein Herr und Retter!
Das ist lebendiger Glaube, der sich an Jesus klammert. Diesem Glauben schenkt Gott den Freispruch. Er sagt: „Jawohl, das ist ein elender, verlorener Sünder, aber mein Sohn ist für ihn gestorben. Darum erkläre ich dich für frei, für gerecht. Du stehst nicht mehr unter dem Verdammungsurteil, du bist mein Kind, du gehörst in den Himmel, und niemand kann dich mehr aus meiner Hand reißen.“
Das ist die Rechtfertigung im Römerbrief: Gottes richterlicher Freispruch. Gott erklärt mich für gerecht und adoptiert mich zu seinem Kind. Verschiedene Begriffe können dafür verwendet werden. Und wie erlange ich das? Allein durch den Glauben, der Jesus persönlich vertraut. Das ist die Hauptbedeutung von Rechtfertigung.
Nun fragen wir: Wie kommt Jakobus dazu, plötzlich zu schreiben „gerechtfertigt durch Werke“? Dazu müssen wir die zweite Bedeutung des Begriffs Rechtfertigung betrachten.
Rechtfertigung bedeutet nämlich nicht nur, jemanden im Gerichtssaal freizusprechen, also für gerecht zu erklären. Es kann auch bedeuten, jemanden nach dem Freispruch als freigesprochen auszuweisen, als freigesprochen zu bestätigen. Sozusagen eine Urkunde auszuhändigen, die den Freispruch bestätigt und sagt: „Ja, der gilt jetzt als freigesprochen.“
In diesem zweiten Sinne verwendet Jakobus den Begriff. Ich nenne das „Rechtfertigung zwei“ – die nachträgliche Bestätigung des Richterspruchs. „Rechtfertigung eins“ ist der Freispruch selbst: Gott sagt, das ist mein Kind, der ist frei und kommt nicht mehr in die Hölle. „Rechtfertigung zwei“ ist die nachträgliche Bestätigung, die Urkunde, die dem Freigesprochenen ausgehändigt wird: Du bist jetzt ein freier Mann. Das ist eine Beglaubigung, die den Freispruch im Nachhinein bestätigt.
Das Entscheidende geschieht im Gerichtssaal – Rechtfertigung eins, der Freispruch. Dieser gilt, egal ob es eine Urkunde gibt oder nicht. Aber genauso wie die Urkunde der sichtbare Beweis für den Freispruch ist, so sind die Werke laut Jakobus der sichtbare Beleg für den Glauben.
Den Freispruch selbst ergreife ich allein im Glauben. Ich nehme das Urteil an, das Gott über mein Leben spricht, und sage: Ich brauche Jesus zu meiner Rettung. Aber später zeigt sich die Urkunde, die das Urteil dokumentiert und beglaubigt, in den Werken.
Hier bedeutet Rechtfertigung: Der Glaubende, der gerechtfertigt wurde, wird nun als gerecht bestätigt. Diese Bestätigung zeigt sich an den Werken, die aus dem Glauben folgen.
Auch dafür gibt es ein Beispiel aus dem Leben Abrahams, das Jakobus bringt: die Opferung Isaaks, Abrahams Gehorsam. Dadurch wird Abraham nicht gerechtfertigt oder von Gott angenommen. Aber daran, dass er bereit war, Isaak zu opfern, zeigt sich, dass er wirklich glaubte. Das ist eine Folge, eine Frucht seiner bereits erfolgten Bekehrung.
So haben wir die beiden Bedeutungen von Rechtfertigung gegenübergestellt: Bei Paulus bedeutet es der Freispruch, Gott erklärt mich für gerecht, und das ergreife ich im Glauben. Das Beispiel dafür ist Abrahams Bekehrung.
Der andere Begriff von gerechtfertigt, „gerechtfertigt durch Werke“ bei Jakobus, ist die nachträgliche Bestätigung. Der Glaubende wird als gerecht bestätigt, beglaubigt, dokumentiert. Das zeigt sich an den Werken, die aus dem Glauben folgen. Das Beispiel dafür ist Abrahams praktischer Gehorsam bei der Opferung Isaaks.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Die Urkunde trägt nicht zum Freispruch bei. Sie macht den Freispruch nicht besser, als er ist. Der Freispruch ist schon perfekt. Die Urkunde bestätigt nur, dass der Freispruch einmal erfolgt ist – nicht mehr und nicht weniger.
Genauso tragen die Werke nicht zu unserer Rettung bei, nicht zu unserer Adoption als Kinder Gottes, nicht zu unserer Bewahrung für die Ewigkeit. Sie bestätigen nur, dass diese Rechtfertigung einmal erfolgt ist. Verstehen Sie?
In diesem Sinne bringt Jakobus das Beispiel Abrahams. Vers 21 beschreibt nicht das Mittel von Abrahams Errettung, sondern die Auswirkung.
Wir müssen immer gut unterscheiden: Der Glaube an Jesus ist das Mittel der Rechtfertigung. Die Werke und der Dienst für Jesus sind die Folge der Rechtfertigung beziehungsweise der Rettung. Das Zweite ist das, was Jakobus hier beschreibt.
Abrahams Rettung wurde durch Werke beglaubigt, in dem Sinne durch Werke bestätigt, in dem Sinne durch Werke gerechtfertigt. An seinem praktischen Gehorsam kann man sehen, dass er Gott wirklich vertraut hat.
Der Höhepunkt des praktischen Gehorsams war die Bereitschaft, seinen Sohn Isaak zu opfern. Hier sehen wir, dass Rechtfertigung eins und Rechtfertigung zwei sich nicht im Geringsten widersprechen, sondern sich komplementär ergänzen und zusammengehören.
Das ist immer so: Wenn jemand Christ wird, ändert sich als Folge dieser Rechtfertigung sein Leben in der einen oder anderen Weise. Es muss nicht immer so drastisch sein wie bei Rosaria Butterfield.
Beispiel Rosaria Butterfield: Eine dramatische Lebensveränderung
Rosaria Butterfield war vor ihrer Bekehrung eine bekennende Propagandistin der linken Szene und der Lesbenbewegung. Sie war Professorin für Englisch und Frauenforschung und setzte sich intensiv dafür ein, auch die Gedanken des Genderismus zu verbreiten, über den wir ja morgen Nachmittag sprechen werden. Damals hieß das zwar noch nicht Genderismus in dieser Weise, aber viele der Gedanken hatte sie bereits propagiert. Sie war eine sehr kampfbereite Feministin.
Außerdem schrieb sie ein großes Buch, in dem diese Ideen besonders provokant dargestellt wurden. Sie war sehr glücklich und wurde immer bekannter. Sie lebte mit einer lesbischen Partnerin zusammen.
Eines Tages erschien ein bedeutender Artikel von ihr in einer Lokalzeitung, in dem sie sich negativ über eine christliche Organisation äußerte. Sie machte deren überholtes Menschenbild lächerlich oder zumindest scharf kritisierte sie dieses.
Daraufhin erhielt sie viele Leserbriefe als Reaktion auf ihren Artikel. So viele, dass sie auf beiden Seiten ihres Schreibtisches je einen Behälter aufstellte: einen für die Hassbriefe und einen für die Fanpost.
Dann kam ein Brief, den sie weder in den Hass- noch in den Fankorb werfen konnte. Er stammte von einem Pfarrer einer reformatorischen Kirche. Es war ein gütiger und zugleich herausfordernder Brief. Der Pfarrer ermutigte sie durch seine Art, wie er Fragen stellte. Er bat sie, die Theorien, die sie verteidigte, zu hinterfragen und zu belegen.
So entstand ein Kontakt zu diesem Pfarrer und seiner Frau. Sie wurden eingeladen und lernte die beiden näher kennen. Irgendwie merkte sie, dass diese Leute es ehrlich mit ihrem Glauben meinten.
Das Ehepaar freundete sich quasi mit ihr an. Sie trafen sich öfter und versuchten ihr zu erklären, warum sie ihre Ehe und ihre Familie so lebten, wie sie es taten. Rosaria Butterfield war bei weitem nicht überzeugt, aber sie fand die Leute nett und glaubwürdig. Dann begann sie, die Bibel zu lesen.
Sie beschreibt das so: „Ich fing an, die Bibel zu lesen, ich las ungefähr so wie ein Vielfraß frisst.“ Während dieses Jahres las sie sie einige Male in mehreren Übersetzungen. Bei einem Abendessen trieb sie ihre geschlechtsumgewandelte Partnerin in die Enge. Sie sagte: „Das Lesen in der Bibel scheint sich zunehmend zu verändern.“ Und Rosaria flüsterte: „Aber was ist, wenn das wahr ist? Was ist, wenn Jesus wirklich der auferstandene Herr wäre? Was ist, wenn wir alle in der Klemme sitzen?“
Sie schreibt, dass sie die ganze Zeit gegen die Idee ankämpfte, dass die Bibel wahr sei und von Gott inspiriert. Aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. „Die Bibel wurde immer größer in mir, bis sie meine ganze Welt überströmte. Ich kämpfte mit aller Kraft dagegen an. Die Vorstellung, die mich wellenartig ergriff, war, dass ich und alle Menschen, die ich liebte, in der Hölle landen würden. Diese Vorstellung brach in mein Bewusstsein hinein und ließ mich nicht mehr los. Ich kämpfte mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen.“
Schließlich wurde sie doch von dem Wort Gottes überführt. Sie schreibt: „An einem der folgenden Tage kam ich schließlich mit offenen Händen und offenem Herzen zu Jesus. In all diesen Auseinandersetzungen zwischen den krass verschiedenen Weltanschauungen standen mir Ken und Floyd, das ist das Pfarrerehepaar, stets bei, ebenso auch die Gemeinde, die seit Jahren für mich gebetet hatte. Jesus triumphierte, und ich war zerbrochen. Meine Bekehrung glich einem Zugunglück. In all meiner Schwachheit glaubte ich aber, dass, wenn Jesus den Tod besiegen konnte, er auch mein Leben in Ordnung bringen würde.“
Von da an änderte sich alles. Sie trennte sich von ihrer Lebenspartnerin, erkannte Homosexualität als Sünde an und fragte nun, wie sie Gott mit ihrem neuen Leben dienen könnte. Gott führte es so, dass sie einen Pastor kennenlernte, den sie dann liebte und heiratete. Heute lebt sie in North Carolina, unterstützt den Gemeindedienst ihres Mannes und ist durch ihr Lebenszeugnis – gerade in dieser Zeit, in der ethische Fragen so umkämpft sind – eine starke Ermutigung für viele Menschen.
Sie schreibt: „Heute genieße ich den inneren Frieden mit Gott und die Gemeinschaft mit meinem Ehemann. Aber ich vergesse das Blut nicht, das Jesus für mein Leben vergossen hat. Mein früheres Leben lauert aber immer noch in den Ecken meines Herzens.“ Sie sagt, sie erinnert sich noch manchmal daran, was da war. Aber sie weiß: Jesus ist stärker, ihm gehört ihr Leben, und ihm will sie jetzt dienen.
Das ist zugegeben ein besonders dramatischer Fall, liebe Geschwister, aber das Prinzip gilt für jeden Christen. Unser Leben wird durch den Glauben bestimmt, den Jesus uns geschenkt hat. Das meint Jakobus mit „gerechtfertigt durch Werke“. Damit kommt die Bekehrung zum Ziel.
So ist das nämlich gemeint in Jakobus 2,22: „Du siehst, dass der Glaube zusammenwirkt mit den Werken, und durch die Werke wird der Glaube vollendet.“ Das heißt, in dem Werk von Vers 21 erfüllte sich, zeigte sich und entfaltete sich die Bekehrung von Vers 23. Das war nicht sozusagen das letzte i-Tüpfelchen, das die Bekehrung erst zur Bekehrung machte, sondern es war die Entfaltung dieser Tatsache, die mit der Bekehrung geschehen war.
Und dann hat sich dieser Glaube des geretteten Menschen, der durch die Bekehrung untrennbar zu Jesus gehört, eben in diesem Sinne entfaltet, erfüllt. Ein gehorsamer Dienst für Christus war darin erkennbar.
Damit will Jakobus sagen: Echter Glaube hat Wirkungen. Oder wie es einer der Reformatoren einmal formuliert hat: „Glaube allein rettet, aber dieser Glaube, der rettet, ist niemals allein.“
Und, ihr Lieben, in diesem Sinne ist dann auch Jakobus 2,24 plötzlich ganz einfach zu verstehen. Da löst sich alles wirklich in Wohlgefallen auf. Dort heißt es: „So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerechtfertigt wird und nicht durch den Glauben allein.“ Ja klar, durch Werke gerechtfertigt wird im Sinne von Rechtfertigung zwei. Die Werke bestätigen die Rettung, beglaubigen sie und sind die Urkunde dafür, dass die Rettung stattgefunden hat.
Rahab als zweiter Kronzeuge
Und weil es so schön war, zeigt uns Jakobus das Ganze an einem zweiten Kronzeugen, an einer zweiten Kronzeugin. In diesem Fall ist es Rahab. Das können wir jetzt ganz kurz betrachten. In Jakobus 2,25 heißt es: „Desgleichen die Hure Rahab – ist sie nicht durch Werke gerechtfertigt worden im Sinne von Rechtfertigung zwei, als sie die Boten aufnahm und sie auf einem anderen Weg wieder hinausließ?“
Man könnte sagen, Rahab ist eine Art Rosaria Butterfield der Bibel. In Hebräer 11,31 zeigt uns die biblische Bewertung von Rahab, wie ihr Verhalten die Folge ihres echten Glaubens war. Dort steht: „Durch den Glauben kam die Hure Rahab nicht mit den Ungehorsamen um, weil sie die Kundschafter freundlich aufgenommen hatte.“
Worin bestand ihr Glaube? Klar, Rahab kannte den Herrn Jesus noch nicht. Wenn man jedoch Joshua 2 nachliest, sieht man, dass Rahab den Gott Israels ehrte und ihn für den wahren Gott hielt. Sie sagt diesen wunderbaren Satz in Joshua 2,11: „Als wir dies hörten, dass ihr euch nähert, da wurde unser Herz verzagt; denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.“
Das ist ein klares Gotteslob, ein Zeugnis und Bekenntnis von Rahab. Sie glaubt diesem Gott. Und sie vertraut seinen Boten – das ist der Glaube.
Wie äußert sich dieser Glaube nun? Rahab unterstützt die Boten Israels logistisch bei deren Flucht. Sie entlässt sie auf einem anderen Weg und kümmert sich später auch um die Rettung ihrer eigenen Familie. Sie sagt dem Boten: „Passt auf, wenn ihr kommt, wenn ihr die Stadt einnehmt – ich weiß, ihr werdet gewinnen, denn ihr habt den einzig wahren Gott auf eurer Seite. Aber bitte, bitte rettet auch meine Familie.“
Also tut sie, was sie mit ihren begrenzten Möglichkeiten tun kann. Warum? Weil sie dem lebendigen Gott glaubt. Was immer sie in ihrer begrenzten Situation erkennen und tun konnte, das tat sie.
Damit will Jakobus zeigen: Leute, schaut euch Rahab an! Schaut euch Abraham an! Echter Glaube, lebendiger Glaube ist wirksamer Glaube.
Darum gehören Paulus und Jakobus aufs Engste zusammen. Das hat jemand einmal sehr schön ausgedrückt: Jakobus und Paulus stehen nicht gegeneinander. Man muss sich das so vorstellen, dass sie gewissermaßen Rücken an Rücken stehen.
Sie stehen Rücken an Rücken und verteidigen das eine Evangelium gegen jeweils andere Gegner. Paulus verteidigt den Glauben gegen die Vermischung mit Werken. Er verteidigt den Glauben gegen den römisch-katholischen Angriff, der sagt: „Ja, Glaube ist schön und gut und wichtig, aber Glaube allein reicht nicht, um in den Himmel zu kommen. Jesus allein genügt nicht. Du musst auch noch ein bisschen selbst dafür tun.“
Dagegen verteidigt Paulus den Glauben gegen die Vermischung mit Werken. Jakobus, der Rücken an Rücken mit Paulus steht, verteidigt den lebendigen Glauben gegen die Verkürzung auf ein allgemeines Lippenbekenntnis, das schon als Glaube gilt, wenn jemand sagt: „Ja, ich halte es für wahr, dass Jesus am Kreuz gestorben und auferstanden ist.“
Jakobus wehrt sich gegen den Glauben als ein allgemeines Lippenbekenntnis ohne persönliche Hingabe an Jesus. Beide kämpfen für denselben Glauben, für das Sola Fide.
So kann Jakobus am Ende ein ganz klares Ergebnis formulieren, in Vers 26: „Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.“
Das kann man sich gut vorstellen: Ein Körper ohne Geist. Man stellt sich eine Leiche im Sarg vor, in der der Mensch nicht mehr da ist, sondern nur noch die sterbliche Hülle. Das ist ein Körper ohne Geist, er ist tot; es ist nicht mehr der Mensch selbst, er ist tot.
Paulus sagt: Guck dir das an, guck dir so eine Leiche im Sarg an. Genau das ist der Glaube ohne Werke: tot, kein Glaube.
Dieser Vergleich ist sehr passend. Denn dieser „Glaube“ in Anführungszeichen, dieser tote Glaube, ist nur eine Form, nur wie ein toter Körper ohne lebendige Füllung, wie ein Anzug ohne Inhalt.
Das hat Luther im Grunde ganz genau so gesagt. In der Sache hat Luther Jakobus überhaupt nicht widersprochen. Luther hat das wunderschön formuliert in seiner Vorrede zum Römerbrief. Dort schrieb er: „Der echte Glaube ist ständig dabei, gute Werke zu tun.“
Er schreibt weiter: „Glaube ist ein göttliches Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert, den alten Adam tötet und aus uns ganz andere Menschen macht.“
Oh, es ist ein lebendiges, geschäftiges, tätiges Ding, dieser Glaube, so dass es unmöglich ist, dass er nicht ohne Unterlass Gutes wirken sollte.
Der Glaube fragt nicht, ob gute Werke zu tun sind, sondern er fragt: Hat er sie getan? Und er ist immer im Tun. Wer aber nicht solche Werke tut, der ist ein glaubloser Mensch. Klare Worte.
Luther sagt, lebendiger Glaube in seiner Vorrede zum Römerbrief kann gar nicht anders, als in Bewegung zu sein im Dienst für Jesus.
Klar weiß auch Luther, dass wir nicht immer gleich konsequent sind. Er weiß, dass wir schwache Tage und schwache Stunden haben. Luther wusste besser als viele andere, dass auch der echte Christ noch in Sünde fallen kann.
Aber trotzdem ist lebendiger Glaube letztlich getrieben von der Sehnsucht und dem innersten Wunsch, dem Herrn zu dienen.
Die richtige Schlussfolgerung: Glaube und Werke in der biblischen Perspektive
Und eines müssen wir noch klären, ihr Lieben: Dass Glaube nicht ohne Werke ist, darf uns nicht zu einem Umkehrschluss verleiten. Das ist uns von der Bibel her untersagt.
Wenn man sagt: „Wo Glaube ist, da sind auch Werke“, dann gilt das umgekehrt nicht unbedingt. Es ist nicht so, dass dort, wo Werke sind, auch automatisch Glaube sein muss. Das lehrt Jakobus definitiv nicht. Das ist nicht die Umkehrung.
Ein Beispiel: Triathlon besteht aus drei Disziplinen – Schwimmen, Radfahren und Langstreckenlauf. Jeder Triathlet muss schwimmen können, klar. Aber die Umkehrung gilt nicht. Man kann nicht sagen, jeder, der schwimmen kann, ist ein Triathlet. Ich denke, viele von Ihnen können schwimmen und sind trotzdem keine Triathleten. Ich auch nicht, muss ich zugeben.
Hier kann man nicht einfach die Umkehrung formulieren. Ebenso kann man nicht sagen: Wenn dort, wo Glaube ist, auch Werke sind, dann müssen dort, wo Werke sind, auch Glauben sein. Nein, das stimmt nicht.
Auch Heiden können gute Werke tun, die von außen betrachtet den Werken der Christen sehr ähnlich sind. Sie können Einsame besuchen, arme Menschen unterstützen, in Krisengebieten reisen und ihr Leben riskieren, um Kinder ärztlich zu versorgen. Auch Heiden können traurigen Nachbarn geduldig zuhören und sich fürsorglich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern.
Um solche Werke zu tun, muss man grundsätzlich kein Christ sein. Als Christ wird man es sicher auf eine bestimmte Weise tun, aber um das prinzipiell zu tun, braucht man keinen Glauben an Jesus. Die Werke für sich genommen lassen keinen zwingenden Rückschluss auf den Glauben zu. Christliche Werke aus Gehorsam zu Jesus und heidnische Wohltaten können sich von außen betrachtet bis zum Verwechseln ähnlich sehen. Das müssen wir nüchtern zur Kenntnis nehmen.
Aber umgekehrt gilt: Wenn echter Glaube da ist, dann werden die Werke unweigerlich folgen. Das kann nicht anders sein. Das heißt nicht, dass Christen immer konsequent sind oder immer alles richtig machen. Aber in der Regel ist unser Lebensstil insgesamt davon geprägt, dass wir Jesus gehören.
Der Jakobusbrief lehrt keinen Perfektionismus. Er sagt nicht, dass unsere guten Werke immer und ständig und zweifelsfrei für jedermann sichtbar sein müssen. Nein, das ist definitiv nicht so. Auch echte Christen können müde werden, auch echte Christen können in bestimmten Situationen feige sein. Christen können von Krankheit oder Faulheit befallen werden. Es kann alles passieren, wir kennen uns doch.
Trotzdem ist es Christen ein letztliches inneres Anliegen, dass unser Leben Frucht bringt für Jesus. Dass der Herr sich über unser Leben freuen kann und dass wir ihm wirklich dienen.
Es kann nicht sein, dass einer behauptet: „Ich habe mich bekehrt“, aber ansonsten fröhlich sein altes heidnisches Leben weiterlebt, als sei nichts geschehen. Das kann nicht sein!
Es kann auch nicht sein, dass jemand sagt: „Jesus ist mein Herr“, aber seine Gedanken sich von Montag bis Freitag nur um Hund, Katze, Maus, Haus, Auto, Beruf und Familie drehen. Das kann nicht sein!
Warum? Weil derselbe Jesus, der die Vergebung schenkt, auch der Jesus ist, der die Veränderung wirkt. Wenn du wirklich zu Jesus kommst, wenn du dich ihm wirklich anvertraut hast, dann ist seine Gnade in deinem Leben. Dann wirkt sein Heiliger Geist in deinem Leben.
Dann ist Jesus nicht nur dein Retter, sondern auch dein Herr. Du kannst Jesus nicht auseinanderreißen. Dann wirkt er durch seinen Heiligen Geist in deinem Leben und verändert dich.
So können wir zusammenfassen: Die Bibel unterscheidet ganz ausdrücklich zwischen lebendigem Glauben und totem Glauben. Diese Wahrheit ist deshalb so brisant und spannend, weil sie eine dramatische Grenze markiert – zwischen echtem Glauben, dem lebendigen Glauben, und Scheinglauben, dem toten Glauben.
Das wichtigste Kennzeichen des Scheinglaubens ist, dass er keine bleibende Lebensveränderung bewirkt. Das ist das zentrale Merkmal.
Die Ursache dieser Not ist, dass kein echter Glaube da ist, dass der Glaube an sich tot ist. Ein toter Zahn kann keine Schmerzen mehr haben, und ein toter Glaube kann keine Werke hervorbringen.
Die Einladung zur Selbstprüfung und mögliche Reaktionen
Wenn wir das hören, merken wir, dass Jakobus 2 uns eine dringende Einladung ausspricht: uns selbst zu prüfen. Welche Reaktionen kann eine solche Selbstprüfung hervorrufen?
Eine mögliche Reaktion wäre Empörung. Jemand könnte sagen: „So eine Anmaßung! Was soll ich mein Leben daraufhin überprüfen?“ Das könnte ein Symptom dafür sein, dass Gottes Maßstab nicht anerkannt wird. In diesem Fall befände sich die Person in einer gefährlichen Situation, denn die Wahrscheinlichkeit wäre groß, dass sie noch kein Christ ist. Wer also empört zurückweist, dass sein Leben mit Gottes Maßstäben übereinstimmen soll, empfindet es als Frechheit, so etwas zu fordern.
Es kann aber auch sein, dass jemand erschrickt. Dann befindet er sich definitiv in guter Gesellschaft. Die Bibel macht immer wieder deutlich, dass auch Christen noch mit Sünde kämpfen – und zwar hier in diesem Leben. Paulus selbst schreibt davon, zum Beispiel in Römer 7, wo er sehr deutlich macht, dass er oft das Gute, das er will, nicht tut, und das Böse, das er nicht will, doch tut.
Wenn jemand aufgrund dieser Aufforderung zur Selbstprüfung erschrickt, ist das ein gutes Zeichen. Im Leben mit Jesus werden wir immer wieder an den Punkt kommen, den die holländische Christin Corrie ten Boom einmal so beschrieben hat: Sie kam an einen Punkt, an dem sie zu Gott sagte: „Herr, das schaffe ich einfach nicht.“ Sie schreibt, dass es ihr dann so vorkam, als hätte Gott geantwortet: „Das weiß ich, Corrie, aber ich bin froh, dass du es jetzt endlich auch weißt.“
Der Apostel Paulus hätte diesen Seufzer von Corrie ten Boom sicher dick unterstrichen. Wenn Jakobus 2 in unserem Leben bewirkt, dass wir wie Corrie sagen: „Ich schaffe es nicht“, dann ist schon viel gewonnen. Das treibt uns dazu, den Herrn zu bitten, unser Leben immer weiter und mehr zu verändern. Durch seine Gnade wird er uns immer stärker dahin führen, ihm so zu dienen, dass es ihm Ehre macht.
Schließlich kann dieser Text auch Empörung oder Erschrecken auslösen, vielleicht aber auch Ernüchterung. Ernüchterung in dem Sinne, dass jemand merkt: „Okay, was ich bisher für meine Bekehrung gehalten habe, war offensichtlich nur ein Lippenbekenntnis.“ Vielleicht hat jemand bei einer Evangelisation einen Text mitgesprochen und dachte danach, er sei Christ. Doch es hat sich nichts in seinem Leben geändert.
Das wäre dann Ernüchterung. In diesem Fall kann ich nur dringend empfehlen: Ziehen Sie die Konsequenzen! Versuchen Sie nicht krampfhaft, ein besseres Leben zu führen – das schaffen Sie sowieso nicht, niemand schafft das. Bitten Sie Jesus stattdessen, Ihnen echtes Leben zu schenken, neues Leben.
Beugen Sie sich vor Jesus, vertrauen Sie ihm Ihr Leben an und sagen Sie: „Herr, ich merke, dass mein Leben dir noch nicht gehört. Ich bin nicht wirklich innerlich vor dir eingebrochen. Ich habe nie wirklich zugegeben, dass ich dich und deine Vergebung brauche, um gerettet zu werden. Aber jetzt habe ich es kapiert. Ich bitte dich, vergib mir wirklich alles: meinen Unglauben, meine Ignoranz, meine Sucht danach, mein Leben letztlich selbst wie einen eigenen Gott zu bestimmen.“
„Ich danke dir, dass du für mich gestorben bist. Bitte vergib mir alles und übernimm die Herrschaft in meinem Leben, so wie es dir angemessen ist.“
Dann wird Jesus Ihr Leben unter seine Fittiche nehmen. Schritt für Schritt wird er Ihr Leben nach seinem Willen verändern. Sie werden staunen, was alles geschehen wird und wie der Herr auch durch Sie seinen Plan in dieser Welt durchführen wird.
Beispiel aus dem Leben: Wilhelm Busch und der Hömpel
Ich schließe mit einem Beispiel, das der Jugendpfarrer, damals noch Jugendpfarrer Wilhelm Busch, im Jahr 1938 erlebt hat. Er beschreibt, wie er, weil er ja zur Bekennenden Kirche gehörte, die sich kritisch mit dem Nazi-Irrsinn auseinandersetzte und das Evangelium gegen alle Verfälschungen zu verteidigen versuchte, immer wieder mit der Geheimen Staatspolizei in Konflikt kam und auch inhaftiert wurde.
Er schreibt: „Eine ganz große Dunkelheit kroch auf mich zu, innerlich und äußerlich in diesem Gefängnis. Es wurde wieder Nacht, das Licht in meiner Gefängniszelle war von außen abgedreht. Nun wartete wieder eine dieser schrecklichen schlaflosen Nächte auf mich. Ich war eingesperrt in einer Zelle des Polizeigefängnisses und saß dort in meinem engen Raum.“
Plötzlich fuhr ich auf: Die Riegel wurden zurückgeschoben, der Schlüssel klirrte, und ich sah im Zwielicht einen Beamten, den ich nicht kannte. Mir wurde unheimlich zumute, denn man erzählte sich hier die dunkelsten Geschichten von Misshandlungen. Instinktiv schob ich erst einmal einen Stuhl zwischen mich und diesen Mann.
Da trat er ganz dicht vor mich und fragte: „Kennen Sie Hömpel?“ Ich musste lachend auffahren, denn der Hömpel war natürlich einer meiner Helfer im Weiglerhaus, einer von den ganz Treuen, ein junger Mann. Ich sah ihn vor mir, diesen stabilen, immer lachenden Kerl. Natürlich hieß er nicht Hömpel, aber das war sein Spitzname.
Aber woher kannte dieser Beamte den Hömpel? Ich wurde misstrauisch. „Ja, ich kenne ihn“, sagte ich zögernd. Da deutete der Polizist auf sich und sagte: „Ich bin der Vater.“
„Ach, Sie sind der Vater“, sagte ich. „Ja, und ich sollte Ihnen einen Gruß bestellen vom Hömpel und von all den Leitern und Helfern im Weiglerhaus.“ Das war ein christliches Jugendzentrum. „Sie denken immer an Sie, und in jeder Gebetsstunde wird für Sie gebetet.“
„Bo, da war ich schon mal erleichtert“, sagt Wilhelm Busch. „Sie kam also noch zusammen, die Arbeit ging weiter. Oh Gott, ich danke dir.“ Aber der Beamte war noch nicht fertig.
„Und der Hömpel möchte Sie gern besuchen“, sagt der Polizist. „Aber das geht doch nicht“, fiel ich ein, „ich darf doch nicht besucht werden.“ Nun sagt er: „Der Hömpel hat sich was überlegt, und ich als sein Vater muss das ja schließlich wissen. Er hat einen Antrag gestellt, dass er das Gras auf dem Gefängnishof für seine Kaninchen absicheln dürfe.“
Wilhelm Busch schreibt: „Die merkwürdige bürokratische Ordnung hatte den Antrag durch eine Menge Instanzen laufen lassen, und dann kam er mit vielen Stempeln zurück – genehmigt. Also durfte Hömpel auf dem Gefängnishof Gras sicheln für seine Kaninchen.“
Nun erklärte der Vater von Hömpel Wilhelm Busch den Plan: „Passen Sie auf, Pfarrer Busch, morgen um 18:15 Uhr wird der Hömpel eingelassen. Da stellen Sie Ihren Tisch an die Lichtklappe, und auf den Tisch stellen Sie den Schemel. Dann können Sie durch den Seitenspalt hinaussehen und dem Hömpel ein wenig winken.“
Nun wurde ich wieder misstrauisch. „Das Ganze ist eine Falle, Sie wissen doch genau“, sagte ich streng, „dass das verboten ist.“ „Ja, ich bin doch der Vater“, erwiderte er, „und ich werde vor der Tür aufpassen, dass niemand Sie stört.“
Nun musste ich doch wieder lachen, das war ja köstlich: Die Polizei selbst wollte also mein ungesetzliches Tun bewachen. Da konnte ja nichts mehr schiefgehen.
Dann kam der nächste Tag langsam heran. Endlich war es 18 Uhr, und um 18:15 Uhr erklang der Turm. An der Tür hörte ich ein leichtes Kratzen. Aha, meinen Wächter hatte ich, jetzt seinen Posten bezogen. Ich schob den kleinen Tisch unter das Fenster, der Hocker wurde daraufgestellt, und ich wundere mich heute noch, wie ich das schaffte: Dann stand ich auf dem schwankenden Bau und spähte hinaus.
Und wirklich: Dort kniete auf einem Rasenfleck der Hömpel und sichelte. Ab und zu schielte er zu meinem Zellenfenster hoch. Offensichtlich hatte ihm der Vater genau erklärt, dass es das dritte Fenster von rechts im zweiten Stock war. Leise schob ich die Hand ein wenig hinaus. Wir mussten ja vorsichtig sein, denn man konnte von vielen Seiten eingesehen werden.
Aber jetzt hatte Hömpel mich gesehen. Er verzog keine Miene, er fing nur an, bei der Arbeit fröhlich zu pfeifen. Die Beamten, die aus vielen Fenstern den Hof sehen konnten, kannten das Lied sicher nicht. Aber ich kannte das Lied, das er pfiff.
Bei Feierstunden hatten wir es oft gesungen. Es war unser Kampflied. Da heißt es: „Steil und dornig ist der Pfad, der uns zur Vollendung leitet. Selig ist, wer ihn betrat und zur Ehre Jesu streitet.“ Und das pfiff er, und die Tränen liefen mir übers Gesicht. Jetzt verstehe ich die Predigt, die mein junger Bruder mir dort hält.
Leise spreche ich mit in meiner Zelle, was er da unten pfeift: „Auf, denn Streitgenossen, geht mutig durch die kurze Wüste, seht auf Jesum, wacht und fleht, dass er selbst zum Kampf euch rüste, der in Schwachen mächtig ist, gibt uns Sieg durch Jesus Christ.“
Wilhelm Busch schreibt: „Dazwischen muss ich immer wieder ein wenig lachen über Hömpel. Den kleinen Rasenfleck könnte man in drei Minuten absicheln, aber er will Zeit gewinnen und schneidet ganz vorsichtig Gräslein um Gräslein ab und legt es in den Sack.“
Aber schließlich ist er doch fertig, fertig mit seinem Lied und fertig mit seinem Gras. Er richtet sich auf, nimmt seine Tüte mit, und dabei flötet er noch einmal. Jubelnd klingt die Melodie durch den Gefängnishof: „Gott ist die Liebe, er liebt auch dich.“
Dann fällt das Gefängnistor hinter Hömpel wieder zu. Ich schnell runter von meinem hohen Turm, da krachen auch schon die Riegel. Hömpels Vater in Polizeiuniform schaut herein und brüllt mit barscher Stimme: „Alles in Ordnung in Zelle 34?“ „Jawohl, der Wachtmeister“, brülle ich ebenso laut zurück und zwinkere ihm mit dem linken Auge zu.
Dann sitze ich wieder in meiner einsamen Zelle. Aber es ist auf einmal alles verändert. „Wer in Schwachen mächtig ist, gibt uns Sieg durch Jesus Christ“, und um dieses kleine Sätzchen kreisen meine Gedanken unablässig. Das war die Predigt, die Hömpel mir gehalten hat. Ich bin gar nicht mehr verlassen. Meine Brüder denken an mich, sie lassen es sich etwas kosten, mir das mitzuteilen.
Der Dienst im Weiglerhaus geht weiter, und junge Menschen erfahren von der Rettung durch Jesus.
Jetzt kommt die Anwendung, warum ich das vorlese: „In der Nacht liege ich lange wach“, sagt er, „und eine Frage ist mir aufgetaucht: Wie kommt so ein rauer, junger Schlosser wie der Hömpel zu so etwas Feinem, Zartsinnigem, wie es dieser Besuch war?“
Da wird mir wieder klar: Das hängt mit dem Kreuz Jesu zusammen. Wenn ein junger Mensch in den Bannkreis dieser Erlösung kommt, dann wird das Wort Gottes an ihm wahr: „Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“
Und das genau ist die Botschaft, die Jakobus uns in diesen Versen offenbart. Im Auftrag Gottes: Da, wo wir in den Bannkreis des Kreuzes Jesu geraten, da, wo unser Herz an dem Herrn hängt, der für uns gestorben und auferstanden ist, da kann es nicht anders sein, als dass sich das auf unser ganzes Leben auswirkt, dass es uns prägt, verändert und dass es Menschen aus uns macht, die Jesus dienen, weil sie Jesus liebhaben.
Schlussgebet
Lass uns beten, lieber Jesus Christus. Danke, dass du der Herr bist und dass du, wenn du in unser Leben und in unser Herz einziehst, uns wirklich veränderst.
Du vergibst uns unsere Schuld, machst unser Gewissen sensibler und zeigst uns unsere Aufgaben. Du gibst uns ein neues Herz, auch für die Menschen um uns herum.
Ja, Herr, du zeigst uns auch, welche Schuld noch in unserem Leben ist – an alten Verhaltensweisen und an altem Groll. Du zeigst uns, wie wir immer wieder und täglich deine Vergebung brauchen. Aber du arbeitest wirklich an uns, weil du bei uns bist.
Herr, wir wollen dich von Herzen darum bitten, dass du weiter an uns arbeitest. Dass du unser Leben auch in diesem neuen Jahr, das vor uns liegt, so unter deine Führung hältst. Dass wir Briefe deiner Liebe und deines Erbarmens sind.
Herr, schenke uns ein immer sensibleres Herz und eine tiefe, tiefe Sehnsucht, dir mit unserem ganzen Leben zu dienen und zur Verfügung zu stehen.
Und Herr, wir bitten dich: Wenn heute Abend jemand unter uns ist, dem klar geworden ist, dass er noch nicht zu dir gehört, der sein Leben noch nicht wirklich dir anvertraut hat und dich noch nicht als seinen Retter und König angerufen hat, dann schenke ihm oder ihr den Mut, genau das zu tun.
Herr, danke, dass das eine Sache ist zwischen dir und jedem einzelnen Menschen, und dass du voller Erbarmen und Geduld bist.
Danke, Herr, dass du treu bist. Dich wollen wir ehren. Amen.