Ich möchte Sie heute Abend alle ganz herzlich begrüßen. Ich freue mich, wieder hier zu sein. Gerade habe ich zu Lilli und Eduard gesagt, es kommt mir so vor, als wäre ich erst gestern hier gewesen. Die Erinnerung daran ist noch ganz frisch.
Es ist schön, dass wir eine ganze Woche miteinander verbringen dürfen. In den ersten drei Abenden wollen wir uns Gedanken über das Matthäusevangelium machen, insbesondere Kapitel 24, vielleicht auch noch Kapitel 25, je nachdem, wie viel Zeit uns zur Verfügung steht.
Danach möchten wir auch andere Themen besprechen. Ein wichtiges Thema wird Jüngerschaft sein, ebenso Hingabe und die Kraft im Leben eines Christen.
Doch ich möchte zunächst mit dem Wort Gottes beginnen. Wir lesen Matthäus 24, Verse 1 bis 3.
Einführung in das Thema und Kontext der Rede Jesu
Und Jesus ging hinaus und verließ die Tempelstätte. Seine Jünger kamen zu ihm, um ihm die Bauwerke der Tempelstätte zu zeigen. Aber Jesus sagte zu ihnen: „Seht ihr nicht all das hier? Wahrlich, ich sage euch, es wird kein Stein auf dem anderen bleiben, der nicht abgebrochen wird.“
Als er am Ölberg saß, kamen die Jünger zu ihm, als sie unter sich waren, und fragten: „Sag uns, wann wird das geschehen? Und was ist das Zeichen deiner Ankunft und der Vollendung der Weltzeit?“
Hier beginnt eine Rede. Zuerst stellen die Jünger eine Frage, dann folgt eine lange Rede von Jesus über das Ende. Die Kapitel 24 und 25 sowie die Parallelstellen in Markus 13 und Lukas 21 sind nicht leicht zu verstehen. Viele Christen haben sich schon Gedanken gemacht, wie das alles zusammenhängt.
Einerseits spricht Jesus von der Zerstörung des Tempels. Wir wissen, wann das war: etwa vierzig Jahre später, im Jahr 70 nach Christus, wurde der Tempel zerstört. Andererseits spricht er auch von seiner Ankunft, also von der Wiederkunft.
Für viele Ausleger ist es schwierig zu unterscheiden, welche Teile der Rede sich auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 nach Christus beziehen und welche Teile sich auf die zukünftige Wiederkunft Jesu beziehen, die von heute aus gesehen noch bevorsteht.
Einige Ausleger vertreten die Ansicht, dass sich alles auf die Vergangenheit bezieht. Sie meinen sogar, das Kommen Christi, von dem hier die Rede ist, sei das Gericht im Jahr 70 nach Christus. Dieses Gericht war nicht sichtbar, sondern unsichtbar – er kam im Gericht über die Stadt. Das ist eine extreme Position.
Andere sagen: Nein, alles, was hier geschrieben steht, bezieht sich auf die Zukunft. Auch das ist eine extreme Position.
Ich denke, wir werden uns in den kommenden Tagen gemeinsam den Text ansehen. Der Herr möge uns helfen zu verstehen, wie Jesus diese zwei Ereignisse – die Zerstörung des Tempels im Jahr 70 nach Christus und seine zukünftige Wiederkunft – miteinander verbunden hat.
Überblick über die Gliederung der Rede Jesu
Zuerst einmal etwas zur Gliederung dieses Kapitels. Morgen möchte ich Ihnen ein Gliederungsblatt geben, sodass Sie das heute Abend nicht unbedingt mitschreiben müssen. Wir konnten es heute noch nicht ausdrucken, aber ich denke, morgen kann ich es ausdrucken und auch vervielfältigen.
Wir haben hier drei Teile in den Kapiteln 24 und 25. Der erste Teil, der erste Abschnitt der Rede des Herrn Jesus, erstreckt sich von Vers 4 bis Vers 31. Dabei geht es um die Vorzeichen vom Ende und das Ende selbst, also um die Wiederkunft Jesu Christi. Es handelt sich um die Beschreibung der Ereignisse.
Im zweiten Teil, ab Vers 32 bis Kapitel 25, Vers 30, geht es um die Zeitfrage. Die Zeitfrage und die Konsequenz daraus, nämlich dass man wachsam sein muss oder wachsam sein soll. Es geht um die Zeit, wann der Herr kommt und wann diese Dinge geschehen, sowie um die Konsequenzen für die Jünger Jesu.
Dann gibt es noch einen dritten Abschnitt, in Kapitel 25, Vers 31 bis zum Schluss. Dort ist die Rede von dem großen Gericht nach dem Ende, also von dem, was nach dem Ende stattfinden wird.
Zusammengefasst: Zuerst die Vorzeichen und die Ereignisse bis zum Ende, inklusive der Wiederkunft Jesu Christi; dann die Frage der Wachsamkeit; und schließlich die Frage des großen Gerichts nach dem Ende, das Gericht über alle Menschen.
Wir wollen uns heute Abend ein bisschen mit Kapitel 24, diesem ersten Teil bis Vers 31, beschäftigen. Wir werden nicht alles heute Abend schaffen, aber wir wollen zumindest damit beginnen.
Untergliederung des ersten Teils der Rede
Von diesem ersten Teil gibt es wiederum drei Abschnitte: Die Verse 4 bis 14 bilden einen zusammengehörigen Abschnitt. Dann folgen die Verse 15 bis 22, die man sogar als einen zweiten Abschnitt betrachten kann. Schließlich gibt es die Verse 23 bis 28.
Jetzt habe ich sogar vier Teile gezählt, denn es gibt noch einen vierten Abschnitt, die Verse 29 bis 31. Somit sind es insgesamt vier Abschnitte in diesem ersten Teil.
Wir wollen die Rede des Herrn Jesus nun einfach einmal durchlesen. Dabei werde ich einige Kommentare zu diesem ersten Teil der Rede geben. Wenn Fragen auftauchen, können diese gerne gestellt werden. Ob Sie eine Antwort erhalten, ist allerdings eine andere Frage.
Zunächst ist es wichtig, dass wir uns klar werden, zu wem der Herr Jesus spricht.
Adressaten der Rede und Verständnis der Jünger
In Vers 4 heißt es: Jesus antwortete und sagte ihnen. Wer sind diese „ihnen“? Das sind die Jünger des Herrn Jesus. Er spricht hier zu gläubigen Menschen, Menschen, die ihre Hoffnung auf den Herrn Jesus gesetzt haben – Petrus, Johannes, Jakobus, Andreas und die anderen.
Im Markus-Evangelium werden Jakobus, Andreas und Petrus erwähnt. Sie haben ihm die Frage gestellt, wie das mit der Zerstörung Jerusalems ist. Für die Jünger war es ganz klar: Wenn Jerusalem und der Tempel zerstört werden, dann ist das das Ende der Welt. Sie dachten, das wäre gleichzeitig das Ende und der Beginn des ewigen Königreiches Jesu Christi. Darauf hatten sie ja gewartet.
Aber der Herr Jesus weiß mehr als die Jünger wissen. Er wusste, dass mit der Zerstörung des Tempels noch nicht das letzte Ende gekommen sein wird, sondern dass es danach noch weitergehen wird. Deshalb muss er in seiner Rede das ein wenig auseinanderziehen.
Die Jünger denken, dass die Zerstörung des Tempels, das Kommen des Herrn Jesus und die Vollendung der Weltzeit zusammengehören. Für sie ist das Ende der Weltzeit ein zusammenhängendes Ereignis. Aber der Herr Jesus zeigt ihnen: Nein, das gehört nicht zusammen. Er tut das jedoch sehr vorsichtig, denn er möchte ja, wie er selbst sagt, nicht wissen, wann der Menschensohn wiederkommen wird.
Das lesen wir in Kapitel 24, Vers 36: „Um jenen Tag und die Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel des Himmels, außer meinem Vater allein.“ Im Markus-Evangelium steht sogar, dass er es nie gesagt hat – nicht einmal dem Sohn sei der Zeitpunkt bekannt. Als der Herr Jesus Mensch auf Erden war, wusste er nicht, wann er wiederkommen wird. Er hat darauf verzichtet, dieses Wissen zu haben.
Wenn der Herr Jesus selbst es nicht wusste, dann kann er natürlich nicht sagen, wann er kommen wird. Aber eins wusste er: In der gleichen Generation wird die Stadt zerstört und der Tempel zerstört werden. Davon hat er zuerst gesprochen.
Er wird ihnen jetzt also einige allgemeine Hinweise geben. Der Herr Jesus ist ein wunderbarer Seelsorger. Er möchte nicht nur die Wissbegierde und Neugierde der Jünger befriedigen, sondern er ist ein Seelsorger, der weiß, wie wichtig es in diesen Fragen über das Kommen des Herrn Jesus und die Zerstörung des Tempels ist, dass sie richtig leben und ihre Seelen nicht unnötig in Aufregung geraten.
Deshalb hat er ihnen hier sehr, sehr wichtige Dinge zu sagen.
Erste Warnung: Vorsicht vor Verführung
Der Herr beginnt in Vers 4 mit einer Warnung vor Verführung. Vers 4 und Vers 5 enthalten eine deutliche Mahnung: Seht zu, dass euch niemand verführe. Man könnte es auch so übersetzen: Seht stets zu, dass euch niemand irreführe. Denn viele werden in meinem Namen kommen und sagen: „Ich bin der Messias, der Gesalbte“, und sie werden viele irreführen.
Grundsätzlich ist die Frage nach dem Wiederkommen Jesu immer auch mit viel Unruhe und Verführung verbunden. Deshalb ist es wichtig, vorsichtig zu sein, wenn man über das Kommen des Herrn Jesus nachdenkt. Man darf nicht einfach irgendwelchen Leuten zuhören, die Falsches sagen und Christen verführen.
Die Gläubigen sollen also nicht verführt werden. Wir alle sind gefährdet, in die falsche Richtung geführt zu werden. Deshalb sollten wir ganz eng am Wort Gottes bleiben und wie Schafe beim Hirten bleiben. Wenn wir das Wort Gottes lesen und gut kennen, und wenn wir die Menschen prüfen, die uns etwas über die Zukunft sagen, dann laufen wir nicht so leicht Gefahr, ihnen alles abzunehmen, was sie uns erzählen.
Bitte seien Sie vorsichtig bei sogenannten Endzeitspezialisten. Es gibt auch unter Christen solche sogenannten Endzeitspezialisten. Bitte passen Sie auf, denn da ist viel Falsches dabei. Wir wollen lernen, bei dem zu bleiben, was der Herr Jesus gesagt hat und was die Apostel gelehrt haben. Das ist immer die Ausgangsbasis.
Manche beginnen mit dem Buch Daniel oder mit der Offenbarung und erklären uns allerlei, wovon wir nichts wissen. Das ist gefährlich. Wir sollten mit dem anfangen, was der Herr Jesus und die Apostel gesagt haben. Diese Lehre ist einfach und nicht kompliziert.
Die Lehre über das Ende ist gar nicht schwierig. Ich selbst musste hier umdenken. Früher dachte ich immer, das sei kompliziert. Jetzt habe ich erkannt, dass es einfach ist. Mit der Zeit wird die Sache immer klarer.
Wir wollen also etwas Vorsicht walten lassen. Der Heilige Geist will uns dabei auch helfen.
Zweite Warnung: Keine Panik bei weltweiten Krisen
In den Versen 6 bis 8 folgt eine zweite Warnung. Diese warnt vor Unruhe und Erschrecken, also vor Panik. Panik ist nie hilfreich.
Ein Beispiel dafür ist der Atomreaktor in Tschernobyl, der explodierte. Die Menschen gerieten sofort in Panik, und viele Christen verkündeten, dass nun das Ende komme. Doch mittlerweile sind fast 30 Jahre vergangen, seit dieses Ereignis stattgefunden hat, und das Ende ist nicht eingetreten.
Die Warnung lautet also: Wir sollen nicht in Panik geraten. In den Versen 6 bis 8 heißt es: Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgerüchten. Seht euch stets vor, seid nicht beunruhigt, denn es muss alles geschehen, doch es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich Volk gegen Volk erheben und Königreich gegen Königreich. Es werden Hungersnöte, Seuchen und Erdbeben an verschiedenen Orten auftreten, aber dies alles ist nur der Anfang der Wehen.
Warum sollen Christen also keine Panik haben? Jesus erklärt, dass all dies geschehen muss. Kriege gab es schon immer auf der Welt. Auch vor der Zeit Jesu, im Alten Testament, gab es viele Kriege. Es hat sich nicht viel geändert. Natürlich sind die heutigen Kriege oft größer, weil mehr Menschen leben, und im letzten Jahrhundert gab es Weltkriege. Das ist schrecklich, aber auch in früheren Zeiten gab es Kriege mit vielen Toten. Bei der Zerstörung Jerusalems kamen eine Million Menschen ums Leben – man kann sich kaum vorstellen, wie schrecklich das war.
Der Herr sagt, dass alles so geschehen muss. Er hält alles in seiner Hand und weiß, dass die Menschen böse sind und Kriege führen. Wenn Kriege ausbrechen, ist das immer schrecklich. Ich erinnere mich daran, als ich Lehrer in Österreich war und der Irakkrieg begann. Die Kinder hatten große Angst, weil sie im Fernsehen den Krieg sahen und dachten, der Krieg komme nach Österreich. Sie verstanden nicht, dass zwischen Irak und Österreich eine große Entfernung liegt. Auch Erwachsene waren sehr beunruhigt. Krieg ist immer beunruhigend, aber das ist der Lauf der Welt – leider gibt es Kriege.
Das ist noch nicht das Ende. Deshalb sollen keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Wenn zum Beispiel Israelis einen Krieg gegen die Palästinenser führen, denken viele Christen oft sofort, dass das Ende naht. Doch es wird immer Kriege geben, auch um Israel wird es noch lange Konflikte geben. Der Herr Jesus sagt in Vers 8: Das ist nur der Anfang der Wehen.
Vor einer Geburt gibt es Wehen, und einmal wird eine ganz große Geburt stattfinden. Dann wird eine neue Welt geboren werden. Wenn Jesus wiederkommt, wird er ein ewiges Königreich aufrichten. Die neue Welt wird von diesen Wehen begleitet sein. Die Bibel nennt diese Wehen die Wehen des Messias. Im Alten Testament tauchen solche Ausdrücke mehrfach auf, zum Beispiel in Micha 4 und 5 sowie an anderen Stellen wie Jesaja. Die Menschen sehnen sich nach dem Reich Gottes, doch das bringt Leiden mit sich. Sie fragen: Wann kommt er endlich, wann kommt der Messias?
Was sollen wir tun? Jesus sagt: Wir sollen auf der Hut sein und auf ihn achten. Deshalb hat er es vorhergesagt. Wir sollen Acht geben und uns nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wir sollen Ruhe bewahren und Orientierung behalten. Wir dürfen nicht in Hektik verfallen – auch nicht bei einer Finanzkrise, Inflation oder anderen Problemen. Wir sollen nicht in Panik geraten, sondern die Orientierung bewahren.
Was hilft gegen Unruhe? Information hilft. Jesus gibt hier eine klare Information. Er spricht von fünf Nöten: viele Kriege, Völker erheben sich gegen Völker – also große Kämpfe um die Weltherrschaft, ein Ringen zwischen Großmächten. Dazu kommen Hunger oder Inflation, Geldentwertung, Krankheiten, Seuchen und Epidemien sowie Erdbeben. Diese Dinge hat es immer gegeben.
Manche Christen sagen, es gäbe heute mehr Erdbeben. Doch das stimmt nicht. Wussten Sie, dass es im letzten Jahrhundert nicht mehr Erdbeben gab als früher? Man kann heute mehr Erdbeben messen, weil die Instrumente besser sind, aber die Anzahl der Erdbeben hat nicht zugenommen. In der Bibel steht auch nicht, dass Erdbeben immer mehr werden. Ich kenne keinen Vers, der das sagt. Wenn Sie einen kennen, können Sie mir das gerne nach der Stunde sagen, dann möchte ich dazulernen. Auch dass es mehr Hungersnöte oder Seuchen geben wird, steht nicht so ausdrücklich. Das sind Leiden in dieser Welt, und sie gehen weiter.
Wir müssen immer zuerst an die damalige Zeit denken, in der Jesus gesprochen hat. Er redete zu seinen Jüngern etwa im Jahr 30 nach Christus. Damals gab es schon viele Erdbeben, Hungersnöte und Seuchen. Zur Zeit des Paulus, als er in Korinth war, gab es eine Hungersnot in Palästina. Die Christen dort sammelten Geld, um den leidenden Christen in Palästina zu helfen. Diese Dinge gab es also schon im ersten Jahrhundert.
Auch Erdbeben kamen vor. Mehrere Städte wurden durch Erdbeben zerstört, zum Beispiel Philadelphia, das öfter von Erdbeben betroffen war. Kleinasien und Palästina liegen auf einer Erdbebenlinie.
Jesus sagt: Keine Hektik!
Dritte Warnung: Standhaftigkeit in Verfolgung und Druck
Und dann, wie geht es weiter? Dann folgt die dritte Warnung. In den Versen 9 bis 13 findet sich die Warnung an die Gläubigen, dem Druck nicht nachzugeben und nicht zurückzuweichen.
„Der Druck wird stärker“, sagt Herr Jesus. Sie sollen nicht aufgeben, sondern dranbleiben. Sie sollen bei Christus bleiben und nicht alles aufgeben, wenn es schwieriger wird. Vers 9: „Dann werden sie euch in Bedrängnis ausliefern und euch töten. Ihr werdet von allen Völkern wegen meines Namens gehasst sein.“
Dann werden viele Anstoß nehmen, stolpern und zu Fall kommen. Sie werden einander ausliefern und einander hassen. Viele falsche Propheten werden aufstehen und viele irreführen. Wegen der Vermehrung der Gesetzlosigkeit wird die Liebe vieler erkalten. Aber derjenige, der bis zum Ende Ausdauer bewahrt, wird gerettet werden.
Hier spricht der Herr von vier großen Nöten unter Christen beziehungsweise für Christen. Das erste ist die Verfolgung. Er sagt, sie werden wegen Jesus gehasst werden. Das gab es damals schon, liebe Geschwister. Im ersten Jahrhundert wurden die Christen gehasst, weil sie sich zu Jesus Christus bekannten. Im zweiten Jahrhundert wurde es noch schlimmer. Im dritten Jahrhundert gab es eine große Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian.
Die Christen wurden wegen des Namens Jesu Christi gehasst. Durch die Geschichte hindurch waren Christen immer wieder die Verhassten und Benachteiligten. Das gehört dazu, sagt der Herr Jesus: „Sie werden euch in Bedrängnis ausliefern.“
Paulus hat gesagt, dass wir durch viele Bedrängnisse ins Königreich Gottes eingehen müssen. Wenn wir in unserem Land so wenig Bedrängnis und Christenverfolgung haben, dann ist das eine Ausnahme der Geschichte. Normalerweise gibt es Bedrängnisse.
Ein Bruder ist in ein Land gefahren, wo es viel Christenverfolgung gab. Einer der Gläubigen dort fragte ihn, er war ein holländischer Bruder: „Gibt es denn in euren Ländern keine Christenverfolgung?“ Er schämte sich und antwortete: „Nein, wir haben Freiheit, bei uns ist alles erlaubt, und es gibt keine Christenverfolgung.“
Dann schauten sie ihn ungläubig an: „Wie könnt ihr Christen sein, dem Herrn treu dienen und nicht verfolgt werden?“ Es steht in der Bibel: „Alle aber, die gottselig leben in Christus Jesus, werden Verfolgung erleiden müssen“ (2. Timotheus 3,12).
Er schämte sich, sie schämten sich. Was soll man machen? Bei uns gibt es keine Christenverfolgung. Für manche ist das ein Fremdwort, dass es überhaupt Ruhe gibt.
Je nachdem, in welche Gegend man in der Welt kommt, gibt es ganz schlimme Christenverfolgung. Sie dürfen kaum von Jesus Christus sprechen, denn wenn sie es tun, werden sie ins Gefängnis geworfen. Das ist das Normale, das Übliche.
„Sie werden euch in Bedrängnis ausliefern“, das war auch im ersten Jahrhundert so. „Sie werden euch töten, und ihr werdet von allen Völkern wegen meines Namens gehasst sein.“
Vers 10: „Dann werden viele Anstoß nehmen und stolpern und zu Fall kommen.“ Viele werden also versagen. Wegen der Verfolgungen und Bedrängnisse werden viele sagen: „Oh nein, dann sage ich lieber gar nichts. Nein, ich bin nicht Christ.“
Sie werden Anstoß nehmen, stolpern und zu Fall kommen. Sie werden einander ausliefern. „Der andere ist aber Christ.“ Sie werden einander hassen. Das gab es auch im ersten Jahrhundert in vielfacher Weise, besonders als die Zeiten schlimmer wurden, als die Römer kamen, der römische Krieg begann und unter den Juden viel Widerstand gegen die Christen entstand.
Leider gab es auch viele falsche Brüder, die einander auslieferten und hassten. Das war schon im ersten Jahrhundert so, aber auch im zweiten, dritten und vierten Jahrhundert. Bis zum heutigen Tag gibt es immer wieder Zeiten, in denen die Verfolgung stark wird.
Dann gibt es viele, die einfach nichts mehr sagen oder die anderen verraten. Auch im Zweiten Weltkrieg gab es das – viel Versagen.
Warnung vor falschen Propheten und Verfall der Liebe
Das nächste ist Vers elf: Verführung.
Viele falsche Propheten werden aufstehen und viele irre führen. Hier sagt der Herr Jesus, dass viele unter den Gläubigen etwas Falsches verkündigen werden, also falsche Propheten und falsche Lehrer. Das gab es bereits im ersten Jahrhundert, es gab sie durch die Jahrhunderte hindurch, und bis heute tauchen immer wieder falsche Propheten auf. Auch dies ist ein allgemeines Zeichen, ein Vorzeichen, das sich durch die ganze Geschichte zieht.
Im nächsten Vers, Vers zwölf, heißt es: Wegen der Vermehrung der Gesetzlosigkeit wird die Liebe der vielen erkalten. Hier ist die Rede davon, dass die Gesetzlosigkeit immer mehr zum Ausbruch kommt, so sagt der Herr Jesus. Paulus hat im ersten und zweiten Thessalonicherbrief, Kapitel zwei, Vers sieben, bereits erklärt, dass das Geheimnis der Gesetzlosigkeit zu seiner Zeit, etwa im Jahr fünfzig nach Christus, schon am Wirken ist. Die Gesetzlosigkeit wirkt also bereits im Verborgenen.
Wie sich die Jahre entwickelten, lesen wir im zweiten Petrusbrief, dass viele falsche Propheten aufstanden und die Gläubigen verführten. Im Judasbrief wird ebenfalls beschrieben, dass viele falsche Leute, falsche Propheten, aufstanden und die Menschen abwendig machten. Im zweiten Petrusbrief Kapitel drei lesen wir von Spöttern – alles schon im ersten Jahrhundert –, die fragten: „Wo bleibt denn die Wiederkunft Jesu Christi?“ und dabei spotteten.
Zur Zeit des zweiten Timotheusbriefes gab es viele falsche Lehrer, die die Christen verführten. Auch dies war im ersten Jahrhundert bereits vorhanden. In den späteren Jahrhunderten nahm dies noch zu. Bis zum heutigen Tag erleben wir eine Zeit, in der sehr viel Falsches verkündigt wird, falsche Propheten auftreten und die Gesetzlosigkeit sich vermehrt. Die Liebe vieler Menschen erkaltet dadurch.
Auch dies gab es schon im ersten Jahrhundert, als der römisch-jüdische Krieg von 66 bis 70 nach Christus begann. Damals gab es viele, die einander hassten – zumindest unter den Juden. Ob dies auch unter den Christen so war, ist nicht sicher. Jedenfalls vermehrte sich die Gesetzlosigkeit unter den Juden stark.
In Jerusalem gab es drei Parteien: Die Zeloten, eine kämpferische, kriegerische Gruppe; die Hohepriesterpartei; und die Gemäßigten, Liberalen, die bereit waren, zu den Römern überzulaufen, als die Stadt von römischen Heeren belagert wurde. Die Zeloten ließen die anderen nicht aus der Stadt, sondern töteten sie. Juden töteten Juden. Es herrschten schreckliche Zustände zwischen 66 und 70 nach Christus, bevor Jerusalem eingenommen wurde.
Die Liebe erkalte damals schon bei vielen, und dies geschah immer wieder in der Geschichte dort, wo die Gesetzlosigkeit stark zunahm. Doch wer bis zum Ende Ausdauer bewahrt, wird gerettet werden. Hier kommt der Aufruf: Der Herr Jesus ermutigt die Jünger, ausdauernd zu sein, auch wenn die Zeiten schwierig werden. Sie sollen standhaft bleiben – damals schon und heute genauso.
Auftrag der Jünger: Verkündigung des Evangeliums als Zeichen
Also, was wir hier sehen, das sind lauter Vorzeichen des Endes. Diese Vorzeichen gab es jedoch schon im ersten Jahrhundert. Dann folgt ein weiteres Vorzeichen und ein Hinweis auf den Auftrag der Jünger.
Was ist denn der Auftrag? Den könnte man leicht vergessen. Vers 14 sagt: „Und diese gute Botschaft, dieses Evangelium vom Königreich, wird im ganzen Weltreich verkündet werden, allen Völkern zum Zeugnis, und dann wird das Ende kommen.“
Die Botschaft vom Königreich Jesu Christi ist das Evangelium vom König. Das heißt, es ist die Botschaft, dass Jesus Christus König ist. Wer ihn annimmt, wird ewig gerettet. Der Herr wird ein ewiges Königreich aufrichten.
Das Evangelium von der Gnade Gottes ist das Evangelium vom Königreich Gottes. Es gibt nicht zwei verschiedene Evangelien – nicht ein Evangelium der Gnade und ein Evangelium des Königreiches. Es gibt nur ein Evangelium, nur ein wahres Evangelium. Ein anderes Evangelium wäre eine falsche Lehre.
Dieses eine Evangelium wird im ganzen Weltreich verkündet werden. Das Wort für Weltreich hier heißt „Oikumene“ und meint das römische Reich, auf Latein „Imperium“. Im gesamten Imperium wird das Evangelium verkündet werden – im römischen Reich, das damals die bekannte Welt war.
Das Evangelium reichte bis nach Spanien im Westen, im Süden bis nach Nordafrika und Äthiopien, das war der südlichste bekannte Teil. Im Osten bis nach Indien kam das Evangelium. Man sagt, der Evangelist Thomas sei bis nach Indien gekommen. Das war der östlichste bekannte Teil. Im Norden reichte das Evangelium bis zu den Skythen, das ist beim Kaukasus.
Überall im römischen Reich wurde das Evangelium bereits im ersten Jahrhundert verkündet, Geschwister. In gewissem Sinn ist auch diese Verheißung schon im ersten Jahrhundert erfüllt gewesen.
Im Kolosserbrief, Kapitel 1, Vers 5 steht: „Wegen der Hoffnung, die euch im Himmel hinterlegt ist, von der ihr zuvor gehört habt im Wort der Wahrheit, des Evangeliums, das zu euch gekommen ist, so wie es auch in der ganzen Welt ist und von sich aus Frucht bringt, so wie auch unter euch.“
Paulus schrieb das im ersten Jahrhundert, im Jahr 62 nach Christus, im Kolosserbrief. Damals konnte Paulus schon sagen, dass das Evangelium in der ganzen Welt verkündet ist – das heißt in der bekannten Welt, im römischen Reich.
Auch im Römerbrief, Kapitel 10, steht dasselbe mit etwas anderen Worten. Römer 10, Vers 18: „Jedoch sage ich: Haben Sie es nicht gehört? Doch! In jedem Teil der Erde ging ihre Stimme hinaus, und zu den Enden des Weltreiches gingen ihre Worte.“
Im Zusammenhang geht es um die Verkündigung des Evangeliums. Vers 14 sagt: „Wie sollen sie den anrufen, an den sie nicht geglaubt haben? Wie sollen sie glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören ohne Verkündiger? Wie sollen sie verkündigen, wenn sie nicht gesandt werden?“
Dann heißt es in Vers 17: „Demnach ist der Glaube aus der Botschaft, die Botschaft aber durch das Wort Gottes.“
Paulus sagt also: „Jedoch sage ich: Haben Sie es nicht gehört? Doch! In jedem Teil der Erde ging ihre Stimme hinaus bis zu den Enden des Weltreiches.“
Kann Paulus im Jahr 57 nach Christus schon sagen, dass das Evangelium bis ans Ende des Weltreiches hinausgegangen ist? Ja, das kann er.
Hier sehen wir, dass auch diese Verheißung des Herrn Jesus von der Verkündigung des Evangeliums bereits im ersten Jahrhundert erfüllt wurde – um wie viel mehr in unserem Jahrhundert.
In unserem Jahrhundert geht das Evangelium in jeden Winkel der ganzen Welt, zum Beispiel durch das Radio. Das heißt, was der Herr Jesus hier gesprochen hat, sind alles Voraussagen, die bereits im ersten Jahrhundert erfüllt waren und in den folgenden Jahrhunderten genauso erfüllt wurden.
Damit will ich nur sagen: Für diejenigen, die das gelesen haben und am Ende des ersten Jahrhunderts lebten, hätte der Herr Jesus schon jederzeit kommen können. Es hätte nichts mehr passieren müssen.
Beginn der Beschreibung der Bedrängnis und Flucht: Vers 15-22
Lesen wir weiter in Matthäus 24,15-22. Haben wir noch Zeit? Ja, wir haben noch Zeit. Geht es noch? Sind Sie noch frisch? Geht es einigermaßen? Sonst müssen wir eine Pause machen.
Vers 15: „Wenn ihr also den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel den Propheten geredet wurde, an heiligem Ort werdet aufgestellt sehen – der, der es liest, bedenke es –, dann sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen. Und der, der auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um etwas aus dem Hause zu holen, und der, der auf dem Felde ist, kehre nicht um, um seine Oberkleider zu holen.“
Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen! Aber betet, dass eure Flucht nicht im Winter geschehe, noch am Sabbat. Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein, eine solche, die seit Anfang der Welt bis jetzt nicht geschehen ist, auch keinesfalls geschehen wird.
Und wenn jene Tage nicht kurz gemacht würden, würde kein Fleisch gerettet. Aber der Erwählten wegen werden jene Tage kurz gemacht werden.
Wovon spricht denn der Herr Jesus jetzt? Es gibt Leute, die sagen, er spricht von etwas, das noch in der Zukunft liegt und noch nicht geschehen ist. Andere sagen, nein, das ist schon lange geschehen, nämlich im Jahre siebzig nach Christus oder vor dem Jahre siebzig nach Christus.
Wie können wir hier weiter vorgehen? Am besten ist es, wenn man die Parallelstelle in Lukas 21 liest. Das hilft weiter.
In Lukas 21, wenn wir das noch aufschlagen dürfen, Vers 20: „Wenn ihr aber Jerusalem von Heerestruppen umringt seht, dann habt Kenntnis, dass ihre Verwüstung nahegekommen ist. Dann sollen die in Judäa in Richtung der Berge fliehen und die in ihrer Mitte daraus entweichen. Und die auf dem Lande sollen nicht in die Stadt hineingehen, weil das die Tage der Vergeltung sind, damit erfüllt werde alles, was geschrieben ist.“
Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen, denn es wird große Not sein im Land und Zorn in diesem Volk. Sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen geführt werden zu allen Völkern. Jerusalem wird getreten werden von den Heidenvölkern, bis die Zeiten der Völker erfüllt sein werden.
Ich denke, in Lukas ist es klar, wovon der Herr Jesus sprach, oder? Er sprach von der Zerstörung Jerusalems. Er sprach davon, dass Jerusalem von Truppen umringt wird.
Wenn die Christen das sehen, dass Jerusalem von Truppen umringt ist, dann sollen alle Christen, die in Judäa wohnen, weit weg fliehen – in die Berge, ins Gebirge. Die, die in Jerusalem sind, sollen aus der Stadt heraus und in die Berge fliehen. Denn es kommt jetzt die Zerstörung Jerusalems.
Historischer Hintergrund der Zerstörung Jerusalems
Es ist interessant zu wissen, wann das war. Es war im Jahr 66. Damals kam der Legat von Syrien, der Cestius Gallius hieß, und erhielt vom römischen Kaiser den Auftrag, Jerusalem einzunehmen. Jerusalem war eine rebellische Stadt, die sich gegen die Römer aufgelehnt hatte.
In Jerusalem gab es die Zelotenpartei, die unbedingt einen Aufstand gegen die Römer wollte und gegen sie kämpfen wollte. Daraufhin wurden die römischen Truppen zusammengezogen, und die Stadt wurde umzingelt. Aus irgendeinem Grund – und man weiß bis heute nicht genau warum – gab der Legat von Syrien, Cestius Gallius, die Belagerung auf. Nach einer gewissen Zeit zog er die Truppen zurück und marschierte mit ihnen nach Westen.
Als die Juden das bemerkten, versammelten sie alle ihre Kämpfer. Die kämpfenden Zeloten verließen die Stadt und verfolgten die Römer. Es kam zu einer Schlacht zwischen Römern und Juden in Judäa. Inzwischen war die Stadt leer oder fast leer. Die Römer waren weg, und auch die Zeloten, die forderten, man dürfe nicht zu den Römern überlaufen, waren verschwunden.
Das war die Gelegenheit für jeden, der aus der Stadt fliehen wollte, weil er die Lage gefährlich einschätzte. Die Christen erinnerten sich an das Wort des Herrn Jesus und flohen aus der Stadt. Damals lebten viele Christen in Jerusalem. Da Jesus gesagt hatte, wenn man Jerusalem umzingelt sehe, wisse man, dass seine Zerstörung nahe sei, flohen sie in das jüdische Gebirge. Viele zogen auch ins Transjordanland, also über den Jordan ins andere Land, nach Pella in Transjordanien. Dort versteckten sie sich und waren sicher.
Als die Zeloten zurückkehrten, führten sie wieder ein Schreckensregime in der Stadt. Einige Jahre später kamen die Römer zurück, vor allem unter dem Kaiser Titus. Zunächst jedoch unter Vespasian, dem Feldherrn, der im Jahr 69 nach Christus einen Kettenbelagerungsring um die Stadt errichtete und die Stadt erneut belagerte.
In Rom gab es zu dieser Zeit Schwierigkeiten: Kaiser Nero war gestorben, und nach ihm regierten kurzzeitig drei Kaiser – Galba, Otho und Vitellius –, die alle nur kurze Zeit herrschten und schnell getötet oder abgesetzt wurden. Schließlich riefen die Soldaten ihren größten Feldherrn zum Kaiser aus: Vespasian.
Vespasian wurde aufgefordert, nach Rom zurückzukehren, um Kaiser zu werden. Er stimmte zu und überließ seinem Sohn Titus die Fortsetzung der Belagerung Jerusalems. Vespasian wurde im Jahr 69 nach Christus Kaiser, und Titus kommandierte die römischen Legionen.
Diese belagerten die Stadt fünf Monate lang, vom Frühling bis August oder September des Jahres 70 nach Christus. Die Stadt war schwer einzunehmen, denn es herrschte großer Schrecken. Innerhalb der Stadt gab es drei Parteien, die sich gegenseitig bekämpften. Der Hunger tat sein Übriges: Die Menschen waren so ausgehungert, dass sie schreckliche Dinge aßen, um zu überleben.
Die Römer errichteten eine Mauer und stiegen auf die Stadtmauer, um die Stadt einzunehmen. Da die Belagerung so lange dauerte, waren die Soldaten sehr zornig. Als der Moment kam, die Stadt zu stürmen, hörten sie nicht mehr auf Befehle, sondern wollten nur noch töten.
Der Feldherr Titus befahl, den Tempel zu verschonen und nicht zu zerstören. Die Soldaten gehorchten jedoch nicht. Sie warfen Fackeln auf den Tempel, der daraufhin in Flammen aufging. Als die Juden, insbesondere die Zeloten, das sahen, brach ihr Widerstand zusammen. Für sie bedeutete das: Wenn der Tempel brennt, hat Gott sie verlassen.
So wurde der Tempel völlig zerstört. Es wurden etwa eine Million Menschen getötet, Hunderttausende wurden zu Sklaven gemacht. Später, im Jahr 135, wurde die ganze Stadt Jerusalem geschleift – es blieb kein Stein auf dem anderen, außer der Klagemauer, die heute noch steht. Diese ist die Fundamentmauer des Tempels.
So kam ein ganz schreckliches Gericht über Jerusalem.
Bedeutung der Warnungen für die Flucht und ihre Umstände
Und jetzt verstehen wir vielleicht, warum der Herr Jesus gesagt hat: Wehe den Schwangeren in jenen Tagen, wenn sie fliehen müssen in dieser schwierigen Zeit. Er bittet sie zu beten, dass ihre Flucht nicht im Winter geschieht.
Wieso im Winter? Im Winter sind die Täler voller Wasser, und eine Flucht ist dann schwierig. Im Sommer hingegen ist alles trocken, sodass man wunderbar fliehen kann. Außerdem bittet der Herr, dass die Flucht nicht am Sabbat geschieht. An diesem Tag sind die Transportmittel nicht verfügbar, die man zum Fliehen bräuchte.
Der Herr hat es so gewollt, dass damals, als die erste Gelegenheit zur Flucht war, im Jahre 66 nach Christus, nicht Winter war. Es war eine andere Jahreszeit, sodass die Christen sehr gut fliehen konnten. Schon im Jahr 66 nach Christus hat Eusebius davon in seiner Kirchengeschichte geschrieben.
Das bedeutet, wir sehen hier, dass die Dinge, von denen der Herr Jesus gesprochen hat, tatsächlich eingetroffen sind. Es kam zu einer so großen und schrecklichen Bedrängnis, wie sie Jerusalem noch nie erlebt hatte. Dabei handelt es sich um eine lokale Bedrängnis, nicht um eine weltweite. Es betrifft nur die Bedrängnis Jerusalems.
Nie später hat Jerusalem eine so schreckliche Bedrängnis und ein so furchtbares Gericht erfahren wie damals im Jahr 70 nach Christus. Das, was der Herr Jesus hier gesagt hat, ist also tatsächlich eingetroffen. Wir müssen nicht annehmen, dass dies noch in der Zukunft liegt.
Der Herr Jesus sprach zu den Jüngern, die ihn gefragt hatten: Wann wird das sein, dass kein Stein auf dem anderen bleiben wird? Der Herr Jesus gab ihnen die Antwort. Die Jünger hatten gefragt: Was ist das Zeichen deiner Ankunft? Sie verbanden die Zerstörung Jerusalems mit der Ankunft Jesu Christi.
Der Herr Jesus gab ihnen das Zeichen: Wenn der Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte steht, dann sollen sie fliehen.
Bedeutung des Gräuels der Verwüstung und Parallelen zu Daniel
Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was ist dieser Gräuel der Verwüstung, von dem Daniel bereits gesprochen hat? Der Herr Jesus bezieht sich hier auf eine Begebenheit, die im Buch Daniel vorausgesagt wurde. Dort ist von einem gewissen Antiochus die Rede. Der Engel Gabriel hat Daniel offenbart, dass einmal ein schrecklicher Herrscher Jerusalem bedrängen, den Tempel entweihen und ein Götzenbild im Tempel aufstellen wird.
Dieser Mann trat im Jahr 168 v. Chr. auf. Der Tempel wurde für dreieinhalb Jahre entweiht, und zwischen 168 und 164 v. Chr. herrschte eine furchtbare Not in Jerusalem. Diese Zeit endete durch die Makkabäerkriege. Gott half den Juden mächtig, sodass sie den Tempel wieder einweihen konnten. Antiochus starb 164 v. Chr. an einer Krankheit.
Der Herr Jesus sagt, dass damals auch von einem Gräuel der Verwüstung gesprochen wurde – einem verwüstenden Gräuel. Dabei handelte es sich um die götzendienerische Verwüstung des Tempels. Hier spielt Jesus darauf an. Er möchte, dass diejenigen, die das Buch Daniel lesen, insbesondere die Geschichte von Antiochus, erkennen, dass etwas Ähnliches wieder geschehen wird.
Und genau so kam es dann auch. Die Zeloten errichteten im Tempel eine furchtbare Schreckensherrschaft. Ein hoher Priester wurde eingesetzt, der eigentlich kein Hoherpriester sein durfte. Es gab Ermordungen im Tempel, und auf diese Weise wurde der Tempel erneut entweiht. Lukas berichtet, dass man fliehen soll, wenn Jerusalem von Heeren umzingelt ist. Im Matthäusevangelium lesen wir: Wenn der Gräuel der Verwüstung aufgerichtet wird, sollen sie fliehen.
Im Lukasevangelium heißt es, wenn ihr seht, dass Jerusalem von römischen Heeren umzingelt ist, dann sollt ihr fliehen. Das zeigt eine Parallele. Es ist etwas schwierig zu sagen, was genau der Gräuel der Verwüstung ist. Entweder sind es die römischen Heere, die Jerusalem umzingeln, oder das Schreckensregime der Zeloten im Tempelbezirk damals. Das weiß ich nicht genau.
Aber so wie es scheint, wird im Lukasevangelium dieselbe Rede überliefert, und dort wird gesagt, dass Jerusalem von Heeren umzingelt wird. Deshalb vermute ich, dass sich der Gräuel der Verwüstung auf die römischen Heere mit dem götzendienerischen Legionsadler bezieht. Diese haben dann die heilige Stätte – also die ganze Stadt als heilige Stätte – verunreinigt. Vielleicht ist es so gemeint, aber ich weiß es nicht genau.
Für uns ist jedenfalls wichtig, all diese Dinge, die hier in Matthäus 24, Vers 15 berichtet sind, zu beachten. Dort gibt Jesus die Antwort auf die Frage der Jünger: Wann wird das geschehen mit dem Tempel? Wann und was ist das Zeichen? Übrigens lesen wir auch im Markus-Evangelium dieselbe Frage der Jünger. In Markus 13,4 heißt es: „Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zeichen, wann das alles im Begriff ist, vollendet zu werden?“
Was ist das Zeichen? Dass kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Der Herr Jesus sagt, dass das Zeichen der Gräuel der Verwüstung ist. Nach Lukas heißt es: Wenn ihr seht, dass Jerusalem von Heeren umzingelt ist, dann ist seine Verwüstung nahegekommen.
Dann kam eine schreckliche Drangsalzeit über Jerusalem – eine lokale Bedrängnis, so groß, wie sie die Stadt nie zuvor gesehen hatte und auch später nicht mehr. Jerusalem hat zwar immer wieder Schlimmes erlebt, aber so schlimm wie im Jahr 70 nach Christus war es bis heute nie.
Der Herr Jesus gibt hier also die Antwort auf die Frage der Jünger. Sie sollen beten, dass ihre Flucht nicht im Winter geschieht – das bezieht sich auf die damalige Zeit – und nicht am Sabbat, was ebenfalls auf die damalige Zeit bezogen ist.
In Vers 22 heißt es: „Und wenn jene Tage nicht kurzgemacht würden, würde kein Fleisch gerettet.“ Doch der Erwählten wegen werden jene Tage kurzgemacht. Hier geht es nicht um die ganze Welt, sondern ganz gezielt um die Stadt Jerusalem.
Die Zeit der Bedrängnis Jerusalems wurde abgekürzt. Fünf Monate dauerte die furchtbare Belagerung der Stadt. Dann setzte Gott einen Schlussstrich. Sonst wäre kein Mensch in Jerusalem übrig geblieben, keiner. Unter Anführungszeichen sind etwa eine Million Menschen getötet worden. Dennoch überlebten Juden, und nicht nur Juden.
Hätte sich der Kampf um Jerusalem länger hingezogen, hätten die Römer alle Juden in Judäa umgebracht. Dann hätten auch die Christen es getroffen. Die Römer hätten einen radikalen Sieg errungen.
Weil Jerusalem aber so schnell fiel – im Jahr 70 nach Christus – konnte man relativ schnell das ganze jüdische Land einnehmen. Die Festung Masada war die letzte Bastion. Im Jahr 73 nach Christus wurden dort die letzten rebellischen Juden besiegt, die sich nicht ergeben hatten. Als Masada fiel, war der jüdisch-römische Krieg zu Ende.
Viele Juden überlebten, und auch die Christen. Die Christen konnten ins Jordanland fliehen. Wäre der Krieg weitergegangen, hätten die Römer alle umgebracht, auch die Christen, denn diese waren jüdischer Abstammung.
Auf diese Weise aber hat Gott sein Volk verschont.
Warnung vor falschen Messiasen und falschen Zeichen
Wenn jene Tage nicht verkürzt würden, würde kein Mensch, also kein Fleisch, gerettet werden. Gerettet hier wahrscheinlich vor dem Verderben, zunächst vor dem körperlichen Verderben. Und wenn sie ungerettet sind, wenn sie nicht gläubig sind, sterben sie dann und kommen in das ewige Verderben.
Aber wegen der Erwählten werden jene Tage verkürzt. Weil Gott die Erwählten, die Gläubigen, verschonen wollte, hat er dafür gesorgt, dass dieser römische Krieg abgekürzt wird – und er wurde abgekürzt.
Das bringt uns jetzt zu den letzten Versen, die ich noch lesen möchte. Es folgt eine Warnung von dem Herrn Jesus in den Versen 23 bis 28. Eine Warnung vor Verführung und vor allem vor falschen Messiasen.
Vers 23: Wenn dann jemand zu euch sagt, also zu den Gläubigen, zu den Jüngern Jesu: „Siehe, hier ist der Messias, der Gesagte“, oder: „Hier glaubt es nicht.“ Denn es werden falsche Messiasse, also falsche Christusfiguren, und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder darbieten, sodass sie, wenn möglich, auch die Erwählten irreführen.
In dieser Zeit, um das Jahr siebzig nach Christus, schon vorher und natürlich auch danach, gab es immer wieder falsche Messiasse. Einer zum Beispiel nannte sich Bar Kochba im Jahr 135 nach Christus. Er gab sich als Messias aus, und viele folgten ihm nach. Ebenso gab es viele falsche Propheten, die ebenfalls Zeichen und Wunder zeigten.
Josephus Flavius, ein Geschichtsschreiber, berichtet, dass es damals Zauberer gab, die umhergingen und verschiedene Zauberkunststücke vorführten. Ob durch dämonische Kräfte oder Tricks, ist nicht genau bekannt. Jedenfalls verführten sie Menschen mit ihren Zauberkünsten.
In der Apostelgeschichte lesen wir ebenfalls von einem Zauberer, der die Menschen durch seine Zauberkünste verführte. Diese Kräfte waren dämonischer Natur; es gab also solche Zauberer.
Der Herr Jesus mahnt die Gläubigen, sich nicht verführen zu lassen. So wie es damals war, so ist es durch die ganze Geschichte hindurch. Es gab immer wieder Wunder, und die Menschen ließen sich durch diese Wunder verführen.
Jesus sagt: „Siehe, ich habe es euch zuvor gesagt.“ Wenn also jemand zu euch sagt: „Siehe, er ist in der Wüste“, dann geht nicht hinaus. Warum nicht? Weil, wenn der Herr Jesus kommt, er so kommt, dass ihn jeder sieht. Man braucht nicht in die Wüste zu gehen, um ihn zu sehen.
Oder wenn jemand sagt: „Siehe, er ist in den Zimmern, in den Räumen, in den Kammern“, glaubt es nicht. Denn gleich wie der Blitz vom Osten ausgeht und bis zum Westen scheint, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein.
„Denn wo auch immer die Leiche ist, da werden sich die Geier sammeln.“ Was sagt der Herr Jesus hier? Er sagt, dass man sich in der ganzen Zeit nicht von Leuten verführen lassen soll, die behaupten, der Messias sei schon gekommen, er sei im Verborgenen gekommen, oder jetzt hier oder dort erschienen. Das ist alles Unsinn.
Wenn der Messias kommt, dann kommt er so, dass es jeder Mensch auf der Welt sehen wird.
Und wo die Adler sind – Entschuldigung, wo die Leichen sind, da werden sich die Geier sammeln. Was bedeutet das? Dort, wo es gerichtsreife Menschen gibt, wird das Gericht kommen.
Hier ist das Bild vom Geier oder vom Adler – eigentlich ist es ein Geier. Der Geier geht dorthin, wo die Leichen liegen. Wenn überall Leichen liegen, dann kommen die Geier überall hin.
Jesus will damit sagen: Es wird einmal eine Zeit kommen, in der die ganze Welt gerichtsreif ist. Dann kommen die Geier. Wenn die ganze Welt stinkt, dann kommen die Geier. Das heißt: Dann kommt das Gericht.
Wenn das Böse der Menschen zu Gott empor stinkt, dann kommt das Gericht – und zwar überall hin. Dort, wo es gerichtsreife Menschen gibt, wird das Gericht hinkommen.
Die Antwort lautet also: Überall, überall wird das sein.
Ausblick auf die Fortsetzung und Abschluss
Und wie es weitergeht: Morgen kommt die gute Botschaft. Heute war die schlechte Botschaft, morgen dann Vers 29.
Gibt es spontan Fragen? Wenn man möchte, kann man sich auch etwas notieren. Man kann ein Zettelchen auf den Tisch legen, darauf können wir morgen eingehen.
Jetzt habe ich ziemlich viel auf einmal gesprochen, und ich hoffe, Sie sind nicht erschlagen von alledem. Aber denken Sie darüber nach: Der Herr Jesus hat den Jüngern auf ihre Frage hin erklärt, wann das sein wird. Er hat ihnen genau gesagt, was kommen wird, nicht genau wann, aber was kommen wird und was das Zeichen sein wird.
Dann hat er ihnen ein klares Zeichen gegeben, sodass diejenigen, die in Jerusalem und in der Gegend wohnen, dem allen entfliehen können. So werden sie nicht in diese schreckliche Not und in diese schrecklichen Morde hineinkommen.
Sie werden ermuntert, nicht irgendwelchen Verführern zu glauben. Und das gilt natürlich auch bis heute: Wir sollen nicht irgendwelchen Verführern glauben.
Gut, dann könnten wir hier schließen. Wir können zum Gebet aufstehen, wenn einige uns im Gebet leiten möchten.
