Einführung in die Herkunft und Bedeutung der Geschlechterlinie
1. Mose 25,19: Dies ist die Geschichte von Isaak, dem Sohn Abrahams. Abraham zeugte Isaak. Isaak war vierzig Jahre alt, als er Rebekka zur Frau nahm.
Sie kennen die schöne Geschichte, wie Elieser, der Knecht Abrahams, im Zweistromland nach Rebekka suchen musste. Das war ein schwieriger Auftrag für ihn. Doch er fand diese Frau, die so bereitwillig auch seine Kamele tränkte. Dann nahm er sie mit aus dem Haus Labans. Rebekka war die Tochter Betuels, des Aramäers aus Mesopotamien, und die Schwester des Aramäers Laban.
Isaak bat den Herrn für seine Frau, denn sie war unfruchtbar. Daher ließ sich der Herr bitten, und Rebekka, seine Frau, wurde schwanger. Die Kinder stießen sich miteinander in ihrem Leib. Da sprach sie: „Wenn mir so geht, warum bin ich dann schwanger geworden?“ Sie ging hin, um den Herrn zu befragen. Der Herr sprach zu ihr: „Zwei Völker sind in deinem Leib, und zweierlei Volk wird sich scheiden aus deinem Leib. Ein Volk wird dem anderen überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“
Als die Zeit kam, dass sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leib. Der erste, der herauskam, war rötlich und ganz rau wie ein Fell. Sie nannten ihn Esau. Danach kam sein Bruder heraus, der mit seiner Hand die Ferse des Esau hielt. Sie nannten ihn Jakob. Isaak war sechzig Jahre alt, als sie geboren wurden.
Charakter und Beziehung der Zwillinge
Und als die Knaben groß wurden, wurde Esau ein Jäger und streifte auf dem Feld umher. Jakob aber war ein ruhiger Mann und blieb bei den Zelten.
Isaak liebte Esau und aß gern von seinem Wildbret, Rebekka hingegen hatte Jakob lieb.
Eines Tages kochte Jakob ein Gericht. Da kam Esau vom Feld, müde, und sprach zu Jakob: „Lass mich essen, das rote Gericht, das rote da.“ Das Hebräische beschreibt das sehr anschaulich. Es fällt richtig ins Auge, weil Esau müde war. Deshalb heißt er auch Edom.
Aber Jakob sagte: „Verkaufe mir heute deine Erstgeburt.“ Esau antwortete: „Siehe, ich muss doch sterben. Was soll mir da die Erstgeburt nützen?“
Jakob entgegnete: „So schwöre mir zuvor.“ Und Esau schwor ihm und verkaufte Jakob seine Erstgeburt.
Dann gab Jakob ihm Brot und das Linsengericht. Esau aß und trank, stand auf und ging davon. So verachtete er seine Erstgeburt.
Bedeutung der Geschlechterlinie in der heutigen Zeit
Zuerst wird vom Geschlecht gesprochen, und erst da wurde mir bewusst, wie oberflächlich wir heute leben. Vor ein paar Jahren habe ich alte Aufzeichnungen meines Großvaters väterlicherseits in die Hand bekommen. Es handelt sich um kein besonderes Geschlecht, sondern um ein Handwerkergeschlecht aus Mössingen, ein Bauerngeschlecht. Mein Großvater hat das einmal in großem Eifer zusammengestellt und über viele Jahrhunderte zurückverfolgt, was da alles die Vorfahren waren. Er hat es aufgeschrieben.
Mich hat das interessiert, und ich habe die Aufzeichnungen für meine Kinder in eine lesbare Schrift übertragen, weil sie früher in Sütterlin geschrieben waren. Ich habe es dann fotokopiert und geheftet. Dabei habe ich gedacht, vielleicht interessiert es sie gar nicht. Aber es ist doch interessant, wie da etwas von einem Leben in einer Abfolge der Geschlechter sichtbar wird.
Heute spielt das ja keine große Rolle mehr. Es gab Zeiten, da achtete man viel mehr auf die Geschlechter, auf die Vorfahren, auf die Tradition und auf die Geschichte. In der Bibel spielt es eine Rolle, dass man Vorfahren hat, auch gläubige Vorfahren, die den Segen weitergeben. Vielleicht gibt es in Ihrer Familiengeschichte auch solche Punkte, die Sie ganz entscheidend berühren. Sie sagen dann vielleicht: In meiner Familie gab es eine Großmutter oder Urgroßmutter, die für unser Geschlecht eine ganz besondere Bedeutung hatte. Eine prägende Frau oder ein prägender Mann – das ist etwas besonders Schönes.
Besonders aufgefallen ist mir das Schicksal der elternlosen Straßenkinder in den Städten Südamerikas. Wie furchtbar das ist! Man ist dauernd von solchen Kindern umringt. Ehe man sich versieht, wenn man die Hand nur hängen lässt, sind immer Kinder da, die ihre Finger hineinlegen, die immer suchen: Wo ist jemand, der mich nimmt, der meine Hand nimmt?
Es ist etwas Schönes, wenn man sagen kann: Ich bin geliebt von meinen Vorfahren her. Ich weiß auch, dass heute viele durch psychotherapeutische und medizinische Behandlungen sagen: Bei mir liegen die Wunden da. Ich hatte so schreckliche Eltern, so furchtbare, gemeine Eltern, die mir das Leben vermiest haben. Sie müssen irgendwie mit ihrem Geschlecht wieder in Frieden kommen. Sie müssen das lösen, denn Gott benutzt Geschlechter. Gott wirkt auch über Familien und segnet Familien. Das ist ganz wichtig, dass das eine Bedeutung hat.
Wissen die Kinder heute überhaupt noch, wie viele Großeltern für sie gebetet haben? Vielleicht gibt es noch Aufzeichnungen von der Taufe, vielleicht wurden damals Reden gehalten, vielleicht hat jemand etwas hinterlassen, das ihm für dieses Leben wichtig war, das geboren wurde. Es ist Eltern sehr wichtig, was eine Mutter beschäftigt, wenn sie ein Kind trägt.
Ich habe mich richtig gefreut, dass man einmal in der Bibel in dieses Geschehen hineinschauen darf. Vielleicht nehmen Sie das zum Anlass, Ihren Kindern diese Richtung wieder deutlich zu machen. Dann merken wir auch: Unsere Kinder wachsen schwierig auf, wenn sie sich nur an der Mode der Zeit orientieren und nicht mehr wissen, dass sie zu einer langen Familiengeschichte gehören oder zu einer Segensgeschichte.
Mir ist auch wichtig: Wir gehören hinein in eine Kirchengeschichte. Da waren diese schwäbischen Väter, da war Martin Luther, da war Fritz von Bodelschwing, da waren viele große Gestalten, da war Ludwig Hofacker, da waren Missionsleute wie Hebich. Wir wollen doch in dieser Tradition stehen.
Mir ist das immer wieder wichtig: Wenn neue Lehren im Glauben aufkommen, stellt sich die Frage, ob es wirklich richtig ist, dass wir Offenbarungen haben, die diesen geisterfüllten Menschen offenbar vorenthalten gewesen sein sollen. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich will doch nicht in meiner Schrifterkenntnis weiter sein als Charles Haddon Spurgeon oder Adolf Schlatter, die alle so von Gott im Geist gelehrt waren.
Wir gehören also zu einem Geschlecht, wir gehören aber auch zu einer Tradition. Und das darf man bejahen.
Zugehörigkeit zu Volks- und Familiengeschichte
Übrigens, was wir Deutschen ja ungern tun: Wir gehören auch zu einer Volksgeschichte, wir sind Deutsche. Es ist oft furchtbar, wohin man auch kommt. „Aha, Sie sind Nazi, nicht?“ Das wird ganz toll durch die Fernsehberichterstattung vermittelt. Deutsche sind für viele nur Nazis oder höchstens noch Beckenbauer. Mehr wissen sie dann nicht über Deutschland. Dann sagt man: „Bei uns gibt es auch einen Mercedes.“ – „Ah, was ist ein Auto?“ – „Ja, ja, das haben wir auch schon gesehen.“
Gut, dass wir in eine Volksgeschichte hineingehören, mit all den Wunden, Narben und Verletzungen. Aber auch in eine Segensgeschichte, an die wir anknüpfen dürfen. Ebenso spielt die Familiengeschichte eine wichtige Rolle. In diese Familiengeschichte hinein wirkt Gott, und der Segen geht weiter von Abraham über Isaak auf Jakob.
Am schönsten zeigt sich das bei Zinzendorf. Zinzendorf hatte einen Minister zum Vater, einen sächsischen Minister, der sechs Wochen nach seiner Geburt starb. Seine Mutter machte einen schönen Eintrag in die Familienbibel. Die Mutter war eine junge Frau, die Frau von Gerstorf, 24 Jahre alt und die dritte Frau in der Ehe dieses Ministers. Deshalb war alles immer wieder so durcheinander. Sie heiratete später noch einmal einen Generalfeldmarschall.
In die Familienbibel schrieb sie: „Gott, der Vater der Weisen ist, möge auch diesem Kind seine ganze Güte schenken.“ Danach setzte Zinzendorf, es wurde ein langer Eintrag, dahinter die Worte: „Faktum est“, das heißt: „Das ist geschehen.“
Das war sicher auch für ein Kind wie Zinzendorf eine wichtige Sache, mit der er sich identifizieren konnte und mit der er sich auseinandersetzen konnte. Das war seiner Mutter wichtig. Als der Vater starb und der junge Halbwaise da war, als er dann von der Großmutter aufgezogen wurde, sollte Gott das Leben dieses Menschen in die Hand nehmen und ihm seine ganz besondere Güte schenken, sodass diesem Kind nichts fehlen möge.
Es ist doch etwas Schönes, wenn Eltern ihren Kindern so etwas mitgeben. Das gilt auch für ihre Patenkinder und für Kinder, um die sie in ihrer Verwandtschaft sorgen. Sie können dort ungemein viel weitergeben.
Die Herausforderung der Unfruchtbarkeit und das Gebet
Jetzt möchte ich ein Wort zu dem Problem sagen, dass Rebekka unfruchtbar war. Fällt Ihnen eigentlich auf, dass das bei vielen Stammmüttern so war? Das war ganz schwer. Es war ja später sogar bei Rahel so. Und Rahel starb dann bei der Geburt von Benjamin. Erstaunlich viel Not.
Mir kam heute Morgen blitzartig bei der Vorbereitung der Gedanke, wie gut es ist, dass wir das Alte Testament haben. Das Alte Testament korrigiert unser einseitiges und manchmal leicht schräges Christenleben.
Ich war ja bei meiner Reise in Südamerika dauernd von der Frage bedrängt: Was ist das mit diesen neuen enthusiastischen Bestrebungen und Bemühungen, mit dieser feurigen Sache? Das sind alles so schöne Christen, da gelingt alles. Ich war in Brasília bei den Wycliffe-Bibelübersetzern. An einem Abend war ich dabei, wie ein Vortrag gehalten wurde von einem Theologen, der sagte: „Du hast es in deiner Hand, die gesamten bösen Mächte dieser Welt zu bannen.“
Da sagte einer dieser Missionare: „Dann können wir ja jetzt auch die ganzen dämonischen Mächte in Brasilien bannen. Sagen wir, wir machen das gleich. Unsere Gebetsgemeinschaft hat die ganzen bösen Mächte gebannt.“ Ich habe mich in der Diskussion noch zu Wort gemeldet und gesagt: „Warum ist dann Paulus von des Satans Engel geschlagen worden? Hat er nicht richtig beten können? Warum hatten die Dämonen in seinem Leben noch Raum? Es war doch der Satans Engel.“
Ich habe einfach den Eindruck, wir betonen heute gewisse Siegesseiten des Neuen Testaments, die wirklich da sind und die wir alle erleben. Sie wissen, wie wir es immer wieder sagen, dass der Herr Sieg schenkt und dass der Herr Wunder tut und dass wir viel von ihm erbitten dürfen. Aber er führt uns auch oft durch Tiefen. Verstehen Sie? Das müssen Sie miteinander sehen. Da ist gerade das Alte Testament die Korrektur des Neuen.
Da dürfen Sie nie sagen, wie gewisse Pfingstgruppen dann sagen: „Ja, das Alte Testament ist überholt.“ Ich habe es in meinem neuen Büchlein über die Pfingstunion in Südamerika geschrieben, die sagt: „Wir haben in der Jesus-Only-Bewegung, wir brauchen überhaupt kein Altes Testament mehr.“
Das war immer eine Gefahr, auch im Dritten Reich bei den deutschen Christen, wenn sie das Alte Testament verworfen haben. „Wir brauchen die Viehhändler-Geschichten, die Zuhälter- und Viehhändler-Geschichten des Alten Testaments nicht mehr.“ Da ist das Christentum aus der Spur gelaufen, das war sichtbar für jedermann.
Hier, wenn wir das nicht mehr sehen, dass Gott gerade in seiner Siegesgeschichte, in seiner Segensgeschichte die Leute durch Tiefen geführt hat, auch Jakob und seine Rebekka, und dass das nicht eine Pechsträhne war, sondern der Weg Gottes, dann sind Sie wieder in der Balance drin. Das hat mir ungemein geholfen.
Dann sehen Sie den Wüstenzug des Volkes Israel und die Siege, die Sie dort erlebt haben. Sie sind ja durchs Rote Meer gezogen. Gott gibt das auch wieder gerade in den Tiefen unserer Welt. Sie verstehen, was ich meine.
Wir müssen einfach die Bibel lesen und merken, es gibt eine ungeheure Vielzahl der Wege Gottes. Wir dürfen Gott nicht festlegen und vor allem nicht meinen, wir könnten mit unseren Gebeten Gott zwingen, das zu tun, was wir wollen.
Heute ist eine ganz große Gefahr das Wohlleben. Unser Bruder Schäfer, der wieder zum ersten Mal da ist, hat seine Frau zwölf Jahre lang durch schweres Leiden begleitet, immer nur im Bett. Wir haben das mitgetragen und wissen, was das ist, wenn Gott führt, auch durch die Tiefen und gerade darin seine Herrlichkeit offenbart.
Wir wollen daran denken, dass das mit dazugehört und dass Gott das sogar mit seinen Lieblingen macht, nicht mit seinen Feinden, sondern mit den Lieblingen. Denn sie war unfruchtbar.
Es ist heute mit dem Kinderkriegen so eine Not. Wir leben in der totalen Sexualisierung unserer Zeit. Es wird immer schlimmer. Wir gehen vielleicht erst auf unheimliche Zeiten zu. Wahrscheinlich wird es am Ende mit einer ganzen schrecklichen Ablehnung aller Sexualität enden, dass man alles überdrüssig hat, wenn die letzten Schranken zerbrochen sind.
Aber das, was überhaupt irgendwo in unserer Zeit völlig abhandengekommen ist, ist, dass Kinder eine Gabe des Herrn sind. Mir geht es so: In dem Augenblick, wo man selbst Kinder geboren hat, versteht man von Aufklärung gar nichts mehr über das Wunder, das da geschieht, über das Leben, das Gott da selber wirkt und seine eigene Verantwortlichkeit.
Das sind ja nicht unsere Kinder, über die wir verfügen, die Manövriermasse sind, sondern diese Kinder, die wieder vor Gott stehen. Das ganze schwere Schicksal derer, die unfruchtbar sind oder die keine Kinder bekommen können, weil sie nicht verheiratet sind, ist schwer. Die Bibel spricht viel davon, wenn Sie an Hanna denken, obwohl dort sicher auch noch ein gesellschaftlicher Druck da war.
Es ist eben auch schwer, es ist auch eine Last. Doch alle Lebenswege sind vor Gott irgendwie zu befragen: Warum? Was will Gott mit diesem Weg? Warum lässt er das so geschehen? Man könnte viel in der Bibel darüber reden, gerade bei Hanna. Peninna hatte eine ganze Masse Kinder und spottete sie noch.
Aber durch die ganze Bibel zieht sich das mit der Unfruchtbarkeit. Es genügt wahrscheinlich nur dieser Satz, dass man wieder ganz anders mit seiner eigenen Sexualität lebt, mit seiner eigenen Geschlechtlichkeit, und weiß, dass das unter der Verfügung Gottes steht und mit einem ganz besonderen Segen behaftet ist – von Gott her.
Gar nicht darunter fällt, dass man nicht darüber reden könnte und doch von Gott mit einer Würde und mit einer Größe beschenkt ist. In unserer Zeit ist das eigentlich unter wahnsinniger Selbstsucht sich selbst pervertiert. Menschen werden gar nicht mehr glücklich mit dem, was Gott gibt. Auch nicht nur den Sinn in den Kindern, aber von Gott her hat es seine Ordnung und sein Ziel.
Dann steht da, dass sie viel darüber gebetet haben. Man darf Gott darüber erbitten, und Gott ändert seine Pläne. Gott will auch von uns beim Wort genommen sein, egal welche Not es in unserem Leben ist.
Rebekka, seine Frau, war schwanger. Wie viele Jahre waren es? Zwanzig Ehejahre. Er war sechzig, als er das Kind bekam, vierzig, als sie heirateten, zwanzig Ehejahre.
Ich möchte Sie bitten, wo Sie irgendwo Gelegenheit haben, auf die ganzen Fragen sprechen zu kommen. Ich denke, zu diesem Gebet gehört auch, dass wir uns immer wieder neu vor Gott reinigen, bis hinein in unsere Gedanken und Phantasien, vor Gott auch wieder immer wieder heiligen.
Denn das ist oft so, dass die ganzen Nöte da kommen, oft auch bei den jungen Leuten eine große Not, dass sie leichtfertig auch chemische Mittel nehmen. Ich habe immer die Angst, dass auch viel Unfruchtbarkeit davon herkommt. Das ist sicher medizinisch mit den Hormonen alles noch nicht klar.
Der Mensch ist eben nicht bloß eine Kiste, über die man verfügen kann, wo man auf den Knopf drückt und dann kommt das. Kinder macht nicht der Mensch, sondern schenkt Gott. Und er schafft sie, auch das kranke Kind, auch das behinderte Kind.
Gut, der Herr ließ sich erbitten. Nun ist diese Mutter schwanger. Auch das ist immer so schön in der Bibel, wie dieses Kind im Mutterleib eben schon ein Kind ist. Das wissen ja die Mütter, wie man ein Verhältnis zu diesem Kind hat und wie das dann ein Fühlen ist.
Die Zwillinge im Mutterleib und ihre Bedeutung
Und nun stoßen sie sich miteinander im Leib. Das ist nicht bloß dieses Stoßen, wenn die Mutter sagt: „Zack, jetzt habe ich es wieder gespürt.“ Sie kennen das ja auch aus Berichten, wenn sie es nicht selbst erlebt haben. Die Zwillinge schlagen sich, sie müssen so miteinander im Mutterleib umgegangen sein.
Das ist schon ein Hinweis auf das ganze Problem zwischen Palästinensern und Israel. Die Bibel nennt es, gerade gestern wieder, diesen schrecklichen Terrorangriff, bei dem ein junger Mann – ich meine auch diesen jungen Mann, der in seinem Fanatismus keine Grenzen kennt – in der Altstadt Juden niedergestochen hat. Den haben sie dann gefunden, wenn Sie es im Fernsehen gesehen haben. Sein Leben ist ebenfalls zerstört.
Was ist dieser Fanatismus? Ja, Sie können es nur so erklären: Bruder hasst Mutterleid. Und da haben wir wieder das Alte Testament, das uns eben sagt, dass in dieser Welt diese Rätsel nie aufgelöst werden. Es bleibt ein Geheimnis. Wenn dann jemand im Hauskreis meint, er müsse das klären und sagt: „So ungerecht ist Gott“, dann steht es ihm nicht zu. Das lassen Sie Gottes Sache sein. Es ist ein Geheimnis und bleibt Menschenschuld. Jeder Hass bleibt Menschenschuld.
Wir versuchen immer wieder, es einseitig zu lösen und zu sagen: „Dann war es doch die Vorsehung Gottes.“ Das ist Quatsch. Ich bin für meine Schuld eigenverantwortlich. Israel ist für jede Schuld verantwortlich, die Palästinenser sind für jede Schuld verantwortlich. Es geht ja zurück auf Ismael, Ismael und Abraham, Isaak. Ganz merkwürdig, wie sich das durch die ganze Bibel hindurchzieht bis in unsere Geschichte hinein.
Was mir wichtig ist: Wir können Zeitgeschichte nur richtig deuten, wenn wir sie aus dem Alten Testament heraus verstehen und bis in unsere Tage hinein begreifen, was da wirklich vor sich geht. Da können Politiker zusammensitzen und versuchen, es zu erklären. Das mit den Völkern bleibt sowieso ein Geheimnis.
Wer versteht denn, was in Jugoslawien passiert ist, warum Kroaten, Serben und Bosnier so sind? Wer in der Zeit des Dritten Reiches aufgewacht ist, hat ja auch etwas von diesem Geist des Völkischen verspürt. Da gab es ja auch Gottesordnungen, die Völker. Gott hat auch die Völker geschaffen. Aber wenn diese Völkerordnungen sich im Nationalismus pervertieren, dann wird es gefährlich. Es ist nicht schlecht, dass ein Volk stolz ist. Ich beneide oft die Bayern oder die Schweizer, das ist ein gesunder Stolz, ich bin das nicht. Aber wenn es sich pervertiert, wird es furchtbar – und wenn der andere dann darunter keinen Lebensraum mehr hat.
Ganz furchtbar ist es, wie sie in ihrem Leib sich schier zerstießen, sich schier zerstießen. Das ist hier schon sichtbar der Charakter der Völker, die im Mutterleib miteinander kämpfen.
Ich habe hier ein Wort ausgeschrieben: Psalm 139, Vers 16: „Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereit war.“ Ich weiß, was ich hier sage, und das ist mir immer ganz beruhigend. Gerade weil ich in meiner Jugend viel im Alten Testament gelesen und daran gearbeitet habe.
Viele Fragen des Glaubens lassen sich mit unserem Verstand nicht lösen. Zum Beispiel die Frage des Leidens lässt sich nie lösen, ebenso die Fragen meiner Lebensführung: Warum bin ich in dieser schwierigen Lage geboren? Warum sind diese beiden Kinder mit einem belasteten Erbgut geboren?
Sehen Sie, was da plötzlich bei Jakob an Hilfe sichtbar wird. Dann muss man sagen: Ja, Jakob kann doch nichts dafür, und Esau kann doch nichts dafür. Trotzdem sind sie beide vor Gott haftbar und stehen vor Gottes Gericht.
Wir tragen natürlich eine Erbanlage mit uns. Wir tragen unsere Schwermut mit uns, unsere Oberflächlichkeit oder unsere vielleicht übertriebene Pingeligkeit. So sind wir eben: still, zurückgezogen, scheu, laut, erregt, fanatisch. Und ich kann ja nicht anders sein. Die Menschen sind nicht gleich, jeder ist ganz anders. Nicht nur Mann und Frau, sondern jeder ist so, wie Gott ihn geschaffen hat. Gott hat mich so geschaffen.
Ich brauche mich gegen Gott gar nicht aufzulehnen. Gott ist mein Richter, und Gott ist der gerechte Richter. Aber er gibt nicht allen Menschen das Gleiche. Es gibt Menschen, die können nie eine Schule besuchen, weil sie geistig schwach sind. Es gibt Menschen, die werden mit körperlichen Mängeln geboren. Es gibt Menschen, die werden keine zehn Jahre alt, die sterben als Säuglinge.
Ihre Lebensführung ist oft geprägt von ungemein viel Güte Gottes, dass Gott ihnen so viele Gaben anvertraut. Und immer heißt es: „Was machst du mit den Gaben?“ Aber die Rätsel bleiben.
Gott kennt mich, Gott hat mich so geschaffen in meiner Verschiedenartigkeit. Erst durchs Alte Testament merkt man, wie ungemein vielfältig das Leben ist und wie groß Gottes Größe ist, die doch über allem steht. Diese Größe kann ich nicht erreichen und nicht deuten.
Wichtig ist, dass Sie nicht stehenbleiben und sich mit anderen vergleichen, um zu sagen: Warum bin ich kleiner als ein anderer? Warum bin ich dicker als ein anderer? Warum bin ich nicht so geformt wie ein anderer? Warum habe ich nicht die geistigen Gaben wie ein anderer? Warum bin ich nicht so gesund wie ein anderer?
Sie müssen merken, dass alle Gaben, ob Esau oder Jakob, auf den Dienst für Gott zielen. Jeder steht unmittelbar für Gott. Und nur von dort gibt es die Antwort: Gott beruft einen. „Herr, du hast uns gerufen, und jeder diene in seiner Art.“
Dann wissen Sie es genau aus vielen Beispielen, dass es oft wunderbar ist, wie Menschen in ihrer Art und mit ihren Gaben Gott dienen. Da will man manchmal gar nicht mit dem übergescheiten Professor tauschen, der so schwer tut, Gott zu finden und Gott zu dienen. Da möchte man manchmal sagen: „Der hat es ja fast einfacher als der andere.“
Jeder steht vor Gott und hat dort seinen Bezug. Nur von dort her wird es gelöst, wenn wir sagen: „Herr, du hast uns gerufen, dein Ruf war hell und klar.“ Psalm 139: „Du hast mich bereitet und du hast einen Plan für mein Leben, und dir will ich folgen.“
Da heißt es ja auch, dass der Ältere dem Jüngeren dienen wird.
Biblische Ordnungen und das Verhältnis der Zwillinge
In der Bibel gibt es keine totale Emanzipation; wir stehen immer auch in Beziehungen zueinander. Ich glaube nicht, dass es eine Eheform geben kann, in der beide Partner vollkommen emanzipiert sind. Theoretisch könnte man das in einem langen Abendgespräch ausführlich diskutieren.
In der biblischen Ordnung heißt es, dass einer dem anderen dient und einer dem anderen mit Ehrerbietung zuvorkommt. Dabei ist klar, dass nicht der eine sich unterordnet, nur weil er Frau ist, oder die Frau sich nur deshalb unterordnet, weil sie Frau ist und der Mann Mann. Vielmehr gibt es ein gegenseitiges Unterordnen in allen christlichen Beziehungen. Gerade auch in der Gemeinde gibt es immer wieder eine Unterordnung. Auch in Liebesbeziehungen und Freundschaften zeigt sich ein Entgegenkommen mit Ehrerbietung. Das gehört zur göttlichen Ordnung dazu.
Diese Haltung macht uns nicht schwach oder klein. Das Streben danach, „oben sein“ zu wollen, ist oft eine Versuchung zur Sünde.
Nun zur Geburt Esau und Jakobs: Esau war der Erstgeborene. Wenn Sie mich fragen, warum Gott nicht Esau erwählt hat, so war Esau zweifellos der „bessere“ Typ. Er war kräftig, attraktiv, bräunlich gebrannt, sah aus, als käme er gerade aus dem Urlaub in Sri Lanka. Er war ein Sportsmann mit einer athletischen Figur, ein richtiger Mann, umweltverträglich – zumindest oberflächlich betrachtet. Doch schnell zeigt sich, dass er ein oberflächlicher, leichtfertiger Mensch war, ein Mann ohne Tiefgang.
Das ist interessant, denn wir dürfen nicht nur auf das Äußere schauen. Wenn wir die Berufungen Gottes betrachten, müssen wir uns fragen: Warum wählt Gott nicht die schönen, starken und attraktiven Persönlichkeiten? Warum hatte Jesus nach der Prophetie Jesajas keine Gestalt noch Schönheit? An ihm war nichts, was uns äußerlich gefallen hätte.
Noch ein Beispiel: Als Samuel aus dem Haus Isais einen Sohn zum König salben soll, erscheint Abinadab. Samuel lacht und sagt, das wird nichts, denn der Herr hat ihn verworfen. Warum? Weil Gott oft durch Gegensätze wirkt. Was von der Welt verachtet wird, das Schwache, das Geringe, wählt Gott aus.
Jetzt könnte man sagen, das sei gefährlich, weil man dann immer nur das Schwache hervorhebt. Aber oft ist es für Gott gerade ein Hindernis, wenn äußere Gaben im Weg stehen.
Esau hätte sicher ein toller Mann im Dienst Gottes werden können, doch ihm fehlte der Tiefgang. Es war Jakob, der am Rockzipfel der Mutter hing – wie ich gern sage. Ein häuslicher Typ, der immer um den Herd streifte, der nicht viel wagte und Angst hatte, wenn nachts im Wald etwas knisterte. Deshalb ging er wieder zu seiner Mutter zurück. So war das.
Trotzdem wollen wir noch weiter auf das Wesen der göttlichen Berufung eingehen. Hinter dem Äußeren verbirgt sich das Geheimnis: Gott wählt das Verachtete, das Geringe, das Schwache, um das Starke zunichtezumachen (vgl. 1. Korinther 1,27).
Schon bei der Geburt hält Jakob Esau an der Ferse fest. Die Hebamme bemerkte das und gab Jakob seinen Namen. Das hebräische Wort „Jakob“ ist ein Wortspiel und bedeutet „Fersenhalter“, aber auch „Betrüger“. Im Hebräischen klingen immer Bilder mit, und so ist auch die Bedeutung vielschichtig.
Man hat gern aus Jakob eine Gestalt des Betrügers gemacht. In der Propaganda des „Stürmers“, einer Nazi-Zeitung aus Stuttgart, wurden die Viehhändler und Zuhälter als Betrüger des Alten Testaments dargestellt.
Der Prophet Hosea sagt in Hosea 12 noch einmal: Das Wesen der Frommen ist es oft, dass sie meinen, mit Gott schummeln zu können. Aber Gott will, dass Jakob sich offenbart, sich mit seinem Herzen zeigt und sich bekehrt. Er ist auf Gedeih und Verderb auf die Gnade Gottes angewiesen.
Jakob kam erst an diesen Punkt in 1. Mose 32, als er sagt: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“
Die Bedeutung von Gnade und Lebensführung
Liebe Schwestern und Brüder,
das, was wir hier in der Hofhacker Kirche predigen – dass uns nur die Gnade Jesu rettet und wir ohne Jesus nichts sind – ist nicht bloß ein vorübergehender Trend. Es ist die Geschichte von Jakob, die uns das Alte Testament ins Neue Testament hinein öffnet.
Dabei wollen wir nicht über den Betrug Jakobs sprechen, denn unsere eigene Lebensgeschichte hat oft noch viel dunklere Stellen. Wir brauchen Jakob nicht zu verdammen, der stiesch und hoch überlegen in seinem Glauben erscheint. Es geht nicht darum, Schwarz-Weiß-Malerei zu betreiben.
Jakob kocht gern bei seiner Mutter im Zelt. Er sieht, was da ist, und will das Essen: „Lass mich essen, das Rote da, ich will es essen!“ Er ist ein Mensch, der sehr schnell von seinen Emotionen geleitet wird. Das hat eine tiefere Bedeutung.
Weiß denn Esau nicht, dass er ein Enkel Abrahams ist? Weiß er nicht, dass er von Abraham abstammt? Oder lebt er nur von seinen Augenblicksempfindungen? In Esau sehen wir unsere moderne Lebensart. Paulus sagt in Römer 8, dass das Fleisch gegen den Geist gelüstet – das ist das normale Temperament des Menschen. Gesundheit und Essen sind wichtig, und alles andere kann dann zurückstehen.
Jakob hingegen weiß, dass es etwas viel Größeres gibt: den Segen Gottes. Und er will an den Segen Gottes gelangen. Die Mittel, die er benutzt, sind zwar dumm. Er muss bei Gott keine Tricks anwenden, um den Segen zu bekommen. Er meint, er müsse ihn kaufen oder durch einen Tauschhandel erwerben. Das ist dumm.
Wir sind manchmal genauso dumm und meinen, wir müssten bei Gott durch Wohlverhalten etwas erkaufen. Dabei schenkt uns Gott alles gratis. Er hat es uns angeboten. Doch wir meinen, wir müssten Gott immer einen Handel anbieten, Leistung vorweisen oder etwas tun, damit Gott uns etwas gibt. Dabei hätte Jakob bei seiner Mutter nachfragen können. Ihm war doch alles zugesagt: die Güte Jesu geht mit ihnen, und nichts kann sich aus der Hand Jesu reißen.
Auf der anderen Seite steht Esau, der nur für vergängliche irdische Güter lebt. Er isst und trinkt, steht auf und geht davon. Was hat er davon? Nichts.
Was bringen mir all diese Güter? Ein reicher Fabrikant, mit dem wir zusammenkamen, sagte immer: „Die Leute wissen gar nicht, dass man sich mit viel Geld nicht vier Kittel übereinander anziehen kann. Man kann abends nicht neunmal zu Abend essen. Viel Geld zu haben, ist auch eine Last im Leben.“ Das ist interessant.
Man träumt immer davon, wie es wäre, wenn man viel Geld hätte. Esau hat endlich, was er sich erträumt hat – in dem Augenblick. Heute ist es schlimm, wenn ein Leben nur von irdischen Gefühlen, fleischlichen Gedanken und oberflächlichen Neigungen bestimmt wird.
In 4. Mose lesen wir die Geschichte, wie Israel murrte, als sie das Manna hatten. Da hat Gott die Lustgräber in der Wüste aufgerichtet, weil sie sich gegen Gott auflehnten. Sie wollten nur mehr für ihren Gaumen haben und waren der Führung Gottes überdrüssig. Das zeigt, wie heikel das ist.
Paulus sagt, er kann alles ertragen: hoch und niedrig sein, genügen und Fülle haben. Für uns wäre es schwer, wieder arm und gering zu sein. Ich selbst bin manchmal auf Reisen sehr schwer geworden, wenn ich in primitiven Quartieren war und es Schwierigkeiten gab, zum Beispiel kein sauberes Wasser zu bekommen. Dann ist es schwer, die Stunden bis zum nächsten Morgen durchzuhalten, ohne Infektionen zu bekommen.
Wir können schlecht wieder den einfachen Lebensstil der Armen leben. Wir sind abhängig von unserem Körper, und das bestimmt oft auch unseren Glauben.
Jakob weiß: Das Größte ist der Segen, die Gottesgeschichte, das, was Gott Abraham versprochen hat. Er möchte die Linie spüren, auf der Gott mit seinem Leben geht.
Ich hoffe, wir sind nicht so kurzsichtig, dass wir nur auf die Dinge dieser Welt schauen – leider geschieht das manchmal auch bei Wundern und Gebeten, wenn es nur noch um diesseitige Dinge geht. Stattdessen sollten wir wieder die große Heilsgeschichte Gottes sehen.
Was will Gott mit meinem Leben? Was will er in die Welt hineingeben? Jakob spürt, dass es eine Sendung gibt, dass man ein Segensträger für die ganze Welt sein kann und für viele Menschen gebraucht wird.
So möchte ich hier schließen und hoffe, dass das ein wenig angeregt hat. In der 14. Bibeltrainingsstunde von Markus Bender werden wir weiter darüber sprechen. Ich finde es toll und bin dankbar für die Anregung, dass wir uns Jakob anschauen. Ich glaube, er wird uns viel zeigen, auch ganz praktisch für unsere Lebensführung.