Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Gottesfurcht, oder die Furcht des Herrn, wie die Bibel es nennt, ist ein merkwürdiger Begriff. Einerseits scheint er nicht so recht zu einer Beziehung von Kindern Gottes zu ihrem Vater zu passen. Andererseits begegnet er uns an vielen Stellen in der Bibel als ein grundlegendes Kennzeichen eines wahren Christen.
Kann man Gott fürchten, ohne sich vor ihm zu fürchten? Geht das überhaupt?
Jörg, heute geht es mal wieder um eine Hörerfrage. Wir wurden gebeten, doch einmal etwas über das Thema Gottesfurcht zu machen. Das ist eine spannende Frage, denn es gibt sicher auch Christen, für die das Thema Gottesfurcht kaum eine Rolle spielt. Für sie ist die Liebe Gottes viel, viel wichtiger.
Liebe ist ja auch ein wichtiges Thema. Jesus wurde gefragt, was das höchste Gebot sei. Er gab die Frage zurück, bestätigte aber, dass es das größte Gebot ist, Gott mit ganzem Herzen, mit ganzem Verstand und mit aller Kraft zu lieben – und den Nächsten wie sich selbst. Also ist Liebe natürlich wichtig. Doch das steht nicht im Widerspruch dazu, dass Gottesfurcht zum Leben eines Christen dazugehört.
Beides wird deutlich in der Bibel. Wenn ich nur mal aus dem Petrusbrief Beispiele nehme: Da steht im 1. Petrus 1,17: „So führt euer Leben in Gottesfurcht.“ Und in 1. Petrus 2,17 heißt es: „Dann ehrt jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott.“
Aber sind das nicht genau die Verse, bei denen manche Christen Angst vor Gott haben? Sie stellen sich Gott dann so vor wie einen strengen Polizisten: „Fürchte Gott, fürchte ihn, wie ich den Polizisten fürchte.“
Das kommt darauf an, wie man das Wort „fürchten“ versteht. Ob es eine knechtische Furcht ist, also die Angst vor einem bösen Herrn, der über dich herrscht und dich schlecht behandelt – oder eben die Furcht eines Kindes. Doch auch das ist wieder missverständlich.
Ich gehe mal anders herum. Für mich bedeutet Gottesfurcht in erster Linie Ehrfurcht und Respekt. Man bringt Gott Ehrerbietung dar. Das ist eine Seite davon und bildet die Grundlage. Aber das ist noch nicht alles, da fehlt noch etwas.
Auf der anderen Seite möchte ich auf die Aussage eingehen von Leuten, die sagen: „Ich habe wirklich Angst vor Gott.“ Ich denke, es ist keine Angst im Sinne von Panik. Denn wenn man wirklich Angst hätte, würde man vor Gott fliehen. Es wäre unangenehm, in seiner Gegenwart zu sein.
Interessanterweise führt die Gottesfurcht in der Bibel immer zu Gott hin. Das ist spannend, denn es ist tatsächlich eine Furcht, es ist nicht nur Ehrerbietung. Nur Ehrerbietung zu sagen, würde zu kurz greifen. Es gibt schon eine Furcht vor Gott, aber diese Furcht führt nicht von Gott weg, sondern zu ihm hin. Das ist im Kopf manchmal schwer zusammenzubringen.
Ich mache es vielleicht mit einem Beispiel klar: Simon Petrus war in seinem Boot und erkannte Jesus. Er sah, dass Jesus nicht nur ein normaler Mensch war, sondern dass Gott vor ihm stand. Petrus erkannte, dass er es nicht wert war, in der Gegenwart Gottes zu sein. Er sah seine eigene Sünde und sagte: „Geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch.“ Da war diese Furcht vor Jesus als Gott. Seine Reaktion war: „Das geht nicht mit uns beiden, geh weg!“ Das ist echte Furcht.
Aber nun hat sich Gott ihm zugewandt. Jesus hat sich Petrus zugewandt. Und Petrus ist nicht weggelaufen, sondern wurde sein Jünger. Er ging eine enge Gemeinschaft und Beziehung mit ihm ein. Das ist immer die Folge echter Gottesfurcht: Erkennen, wer Gott ist, wie groß er ist, und dass man eigentlich nicht würdig ist, in seiner Gegenwart zu sein. Aber man verfällt nicht in Angst oder Panik, sondern geht trotzdem zu Gott hin – in großer Ehrfurcht.
Denn man merkt, dass Gott weit über einem steht und dass seine Heiligkeit unermesslich ist. Jedes Mal, wenn Menschen in der Bibel Gott begegneten oder Engel sahen, fielen sie auf ihr Angesicht und waren zu Tode erschrocken. Denn das Göttliche kam in die Welt – nicht als der liebe Weihnachtsmann-Gott, sondern in seiner ganzen Herrlichkeit, Macht und Majestät. Das erschreckt das Herz.
Auf jeden Fall führt diese Furcht nicht weg von Gott. Es gibt einen schönen Vers im Zweiten Korintherbrief, der das theoretisch noch einmal einordnet. In 2. Korinther 7,1 heißt es: „Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes zur Vollendung der Heiligkeit in Gottesfurcht.“
Das dröseln wir mal ein bisschen auf, weil es sehr kompakt ist. Das Ziel ist, dass die Heiligkeit vollendet wird – und zwar in Gottesfurcht. Hier geht es also um Gottesfurcht. Das ist das Ziel, ja.
Es wird auch mit einem Bild veranschaulicht: Wir sind Menschen, die beschmutzt sind und gereinigt werden müssen – im Körper und im Geist, beides. Das Ganze führt zu einem heiligen Leben, das ist erst einmal das Erste.
So ist übrigens auch die Podcast-Folge entstanden. Eine Schwester hat uns geschrieben, hat das Thema angeregt und von sich berichtet. Ich fasse es ein bisschen kürzer zusammen: Früher hatten sie und ihr Mann Eheprobleme. Nur aus Gottesfurcht – weil er sich fürchtete, gegen Gottes Gebote zu verstoßen – hat ihr Mann sie damals nicht verlassen. Sie haben es dann mit Gottes Hilfe durchgestanden.
Das ist natürlich nicht nur Ehrfurcht vor Gott, sondern eine innere Scheu, eine Furcht, gegen den Herrscher der Welt und seine Ordnung zu verstoßen. Das hat ganz praktische Auswirkungen. Wie es hier auch steht: Wer Gottesfurcht hat, der wird vollendet in der Heiligkeit.
Interessant ist das, und deswegen habe ich den Vers zitiert. Aber warum machen wir jetzt das Ganze? Das hilft uns, nicht von Gott wegzurennen und Angst zu haben, sondern die Gottesfurcht richtig einzuordnen. Ich glaube, das ist ganz wichtig.
Wenn man das nicht richtig einordnet, fällt man entweder auf der einen oder auf der anderen Seite runter. Entweder ist man zu lässig und sagt: „Oh Papa, wie geht’s dir, Gott?“ und macht alles, was man will, kümmert sich um nichts. Das kann es nicht sein. Aber auch so zitternd und fürchtend immer depressiv durchs Leben zu gehen, weil man Gott fürchtet, ist falsch – wie Espenlaub, das ist keine richtige Haltung.
Deshalb ist das Warum hier richtig wichtig: Warum mache ich etwas? Und das Warum ist hier, weil wir die Verheißung haben. Deswegen wollen wir in Gottesfurcht leben, uns reinigen und heilig leben.
Natürlich stellt sich die Frage: Was sind das für Verheißungen? Ich lese mal ab Vers 14, ein ganz bekannter Vers: „Zieht nicht an einem fremden Joch mit Ungläubigen.“ Das wird oft zitiert. Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Was hat Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial, also mit einem Götzen, überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein?
Wir haben hier lauter Gegensatzpaare. Jetzt kommt die Begründung: Das kann natürlich nicht sein, dass wir in Ungerechtigkeit leben, in Finsternis oder im Götzendienst. Wir wollen das Gegenteil leben.
Warum? Denn ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes. Wie Gott gesagt hat – jetzt ein Zitat aus dem Alten Testament: „Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln. Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein. Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab“, spricht der Herr, „und rührt nichts Unreines an. Ich will euch aufnehmen, und ich will euch Vater sein, und ihr sollt mir Söhne und Töchter sein“, spricht der Herr, der Allmächtige.
Also: Ein Leben in Gerechtigkeit und im Gericht, ein Trennen von den Götzen, kommt hier letztendlich aus der Gnade. Gott wohnt in uns, ist unser Vater, und wir sind seine Söhne und Töchter. Das ist der Ursprungspunkt.
Deswegen rennt man auch nicht weg, weil man geliebt ist, in die Familie aufgenommen ist und Gott in uns wohnt. Das ist ein wunderbares Vorrecht, ein sehr vertrautes Miteinanderleben.
Aber er ist natürlich immer noch der Herr, der Allmächtige, der unser Vater ist. Er ist nicht einfach nur „der von nebenan“. Genau so etwas ist es nicht.
Das ist wie, wenn du in die Königsfamilie hineingeboren wirst. Da verhältst du dich eben anders – oder solltest es zumindest in den meisten Fällen. Wenn ich an einige Nachrichten der letzten Jahre denke, dann gilt: Du solltest dich anders verhalten. Da ist etwas ganz anderes da.
Wir leben in der Heiligkeit, und das ist die Spannung in der Familie: Er ist unser Vater, aber er ist natürlich auch der Herr, der Allmächtige. Das verändert einen. Dann will man auch nicht mehr sündigen und lebt in dieser Gottesfurcht. Beides gehört zusammen.
Ich meine, du sagst zu Recht, dass ich dann etwas in der Spannung lebe. Wo siehst du die Trennlinie zwischen Ehrerbietung und Ehrfurcht auf der einen Seite und auf der anderen Seite Angst und Panik vor Gott oder Gleichgültigkeit und Lässigkeit gegenüber Gott?
Wir haben ja schon versucht, diese Pole aufzuzeigen. Gibt es eine Trennlinie, bei der man sagen kann, darauf muss man achten? Theoretisch finde ich das gar nicht so einfach zu beschreiben. Aber ich mache vielleicht trotzdem mal eine Definition, die wir in der zweiten Runde noch einmal mit Fokus näher überlegen können.
Man könnte Gottesfurcht zum Beispiel so definieren: Gottesfurcht ist, wenn meine ganze Existenz die Größe Gottes wahrnimmt, ich mir meiner eigenen Vergänglichkeit und Sünde bewusst werde und mich im selben Moment ganz von der Gnade Gottes abhängig weiß.
Das wären drei Elemente: die Größe Gottes, meine Vergänglichkeit und Sünde, aber auch die Gnade. Sonst wäre es ja ein Wegrennen. Das sehen wir zum Beispiel in 1. Johannes 4,17, wo es um die Gnade geht – damit fange ich mal von hinten an:
Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, sodass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts. Vor Gericht erscheint niemand gerne, aber hier heißt es, wir können ganz locker hingehen. Denn gleich wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat mit Strafe zu tun. Wer sich fürchtet, ist nicht vollkommen geworden in der Liebe.
Das heißt nicht, dass jemand keine Gottesfurcht hat. Aber eine Furcht, bei der man Angst vor Strafe hat und von Gott weggeht, ist nicht in der Liebe, weil man sich geliebt weiß. Das ist ein schmaler Pfad, da kann man auf jeder Seite danebenliegen.
Was ich damit deutlich machen will: Wenn du Gottesfurcht so verstehst, dass du immer nur denkst „Auweia, ich muss das und jenes machen“, ohne eine Beziehung zu Gott zu haben, dann ist etwas falsch. Denn hier steht eindeutig: Furcht ist nicht in der Liebe.
Das wäre für mich so eine Grenze zur einen Seite hin. Ähnlich sehen wir das in Römer 8,15: „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, dass ihr euch wiederum fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist der Sohnschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“
Das ist auf jeden Fall die eine Seite: Wer sich fühlt wie ein Knecht, der denkt, Gott will mit mir nichts zu tun haben, ich bin das Stiefkind Gottes oder gar kein Kind Gottes, und ich habe immer nur Angst vor der Strafe. Da fehlt etwas von dieser Gnade, und das wäre die Richtung, vor der man warnen muss.
Natürlich gibt es auch die andere Seite – die Gottesfurcht und die eigene Sünde. Es gibt ja auch diejenigen, die die Gnade nicht verstanden haben. Und es gibt die, die die Gnade missverstanden haben, die dann sagen: „Na ja, es ist mir doch egal, die Gebote sind doch egal“ oder so ähnlich. Das wäre die andere Seite, wo man vom Pferd fällt.
Wenn ich an die Berufung von Jesaja denke, haben wir dort alle Elemente drin. Er hat die Größe Gottes erfahren. Jesaja 6 ist das zum Nachlesen. Dort ist beschrieben, dass er nur den Saum, also die unterste Kante des Kleides Gottes gesehen hat. Das hat den ganzen Tempel erfüllt – Gott war riesig in diesem Bild.
Sobald du die Größe Gottes empfindest, kommt sofort die Reaktion: Du weißt, du kannst vor ihm nicht bestehen. „Wer bin ich?“ Da hat Gott dann den Engel geschickt, der eine glühende Kohle hatte, die seine Lippen gereinigt hat. Das ist ein Bild dafür, dass er von Sünde befreit wurde.
Im Anschluss hat er sich in den Dienst Gottes stellen lassen und wollte das tun, was Gott entspricht. Wenn du Gott erfahren hast, wie kannst du dann gegen seine Gebote verstoßen? Wenn du erkennst, dass es einen Gott gibt, wie groß er ist und wie weit du von ihm entfernt bist.
Wenn du eine Beziehung hast, wirst du doch nicht sagen: „Och, ist mir alles egal.“ Du hast ja diesen gewaltigen und auch fürchterlichen Gott erfahren, der einmal die ganze Erde richten wird. Wie kannst du dann sofort sündigen?
Aber was heißt das? Heißt das, jedes Mal, wenn ich sündige, habe ich Gott vorher nicht erkannt? Ja, würde ich so sagen.
Es gibt einen interessanten Vers über die Furcht Gottes in Psalm 34,10: „Die Gottfürchtigen haben keinen Mangel.“ Das passt auf den ersten Blick nicht zusammen – wie versorgt er uns jetzt, und was hat das mit Gottesfurcht zu tun?
Interessant ist, wenn man den Psalm ganz liest, wie er entstanden ist. David hatte viel Angst vor Saul, mit Recht, weil Saul Mordversuche gegen ihn unternahm. Er floh dann nach Gad, zum Meer, heute Gaza, damals Philisterland. Dort stellte er sich wahnsinnig. Da war keine Gottesfurcht, sondern große Menschenfurcht.
Wenn man den Psalm im Nachhinein liest, als er in der Höhle zur Besinnung kam, sagt er: „Gott, du hast mich befreit, ich fürchte dich, und ich habe keinen Mangel.“ Davor war das genaue Gegenteil.
Er hat sich wahnsinnig gestellt, weil er nicht bei Sinnen wirken wollte, damit man ihn wegschiebt. Die Leute wussten, das ist König David, der Feind von uns, den bringen wir jetzt um. Deshalb hat er sich so verhalten, als sei er verrückt, damit man ihn in Ruhe lässt.
Das war große Angst. Kurz danach sagt er: „Ich fürchte Gott, und die, die Gott fürchten, haben keinen Mangel.“ Davor hat er genau das Gegenteil gelebt.
Ich glaube, so sind wir Menschen. Theoretisch, wenn du Gott erfährst, hast du eine heilige Ehrfurcht wie Jesaja und wirst so handeln. Aber oft ist es auch so wie bei David. Das ist in unserer menschlichen Natur einfach drin.
Grundsätzlich würde ich sagen: Wenn ich an Mose oder Stephanus denke, wird berichtet, dass bei beiden, als sie Gott begegneten, ihr Gesicht glänzte. In beiden Fällen.
Bei Stephanus steht, dass er Gottes Herrlichkeit wiedergespiegelt hat. Nachdem er Gott begegnet war, konnte er mit Glauben und Kraft wirken, bis hin zum Märtyrertod.
Ich glaube, das ist die normale Folge. Aber eine Erfahrung wie die von David gibt es natürlich auch.
Was mir jetzt wichtig ist wegen der Grenzen zu allen Seiten: Gottesfurcht ist nie allein da. Das ist eine ganz entscheidende Aussage.
Du hast immer auch Gotteserkenntnis, sonst ist das nur eine äußerliche Heiligkeit, die du vielleicht machst, weil es die Gesellschaft, die Gemeinde oder die Familie so macht. Aber wenn du Gott nicht erkennst, bringt das nichts. Da fehlt das Fundament.
Man erkennt die Größe Gottes, das ist Erkenntnis. Und auch die eigene Sündhaftigkeit im Gegensatz dazu – beides ist Erkenntnis. Dann aber gibt es auch Gottvertrauen, sonst würde man von ihm wegrennen, wenn das nicht dabei wäre.
Genau das haben wir deutlich gemacht. Die Beispiele, die wir gesehen haben, waren Menschen, die an einem bestimmten Punkt zusammengebrochen sind, als sie Gott gesehen haben – aber sich nicht abgewandt haben, sondern noch mehr zu ihm hingezogen wurden. Das ist irgendwo paradox.
Also: Wir haben Gottesfurcht, Gotteserkenntnis und Gottvertrauen. Aber wir haben auch Gehorsam. Einfach zu sagen „Ist mir alles egal“ heißt, man hat die Heiligkeit Gottes nicht verstanden. Das hat das Herz nicht erreicht.
Es ist ein Mix. Wenn du merkst, dass alles da sein muss – Vertrauen, Gehorsam, Erkenntnis und Gottesfurcht –, hast du, glaube ich, eine gesündere Sicht auf das Ganze. Dann bist du nicht in Gefahr, in die eine oder andere Richtung wegzurennen.
Es ist tatsächlich so, wenn wir das Alte Testament betrachten, dass der Wert der Gottesfurcht dort sehr stark betont wird – und zwar ganz positiv.
Bei uns ist das Erste, was einem einfällt, wenn man „Gottesfurcht“ hört, oft ein negativer Begriff, für den man sich verteidigen muss. Im Alten Testament wurde das jedoch ganz anders empfunden.
Ich gehe jetzt einmal nur auf Sprüche und Psalmen ein. In Sprüche 22,4 steht zum Beispiel: „Gottesfurcht schenkt Reichtum.“ Der Lohn der Demut und der Furcht des Herrn ist Reichtum, Ehre und Leben. Das würde heute wohl kaum jemand mit Gottesfurcht in Verbindung bringen. Gottesfurcht führt also zum Leben, sozusagen – und zur Ehre und zum Reichtum.
Oder nehmen wir Psalm 34,10: „Die Gottfürchten haben keinen Mangel.“ Gottesfurcht schenkt also etwas als Folge, und zwar Reichtum, Leben in Fülle. Deswegen auch der Titel des Podcasts „Gottesfurcht führt zum Leben“.
Gottesfurcht schenkt auch Sicherheit, wie es im Alten Testament mehrfach betont wird. Zum Beispiel in Sprüche 14,6: „Wer den Herrn fürchtet, hat eine sichere Festung.“ Wenn er für dich kämpft, ist das schon eher einsichtig. Gottesfurcht bietet außerdem Güte und Schutz – also alles sehr positiv gesehen und ganz anders als wir es heute vielleicht wahrnehmen.
Nehmen wir Psalm 21: „Wie groß ist deine Güte, die du denen bewahrst, die dich fürchten, und die du an denen erzeigst, die bei dir Zuflucht suchen, angesichts der Menschenkinder! Du verbirgst sie im Schutz deines Angesichts vor den Verschwörungen der Menschen, du verbirgst sie in einer Hütte vor dem Gezänk der Zungen.“
Das ist sehr schön für unsere Zeit, wenn die ganzen Verschwörungen zu viel werden und das ganze Streiterei und Gerede. Psalm 21,20-21 zeigt also, dass Gott uns beschützt, wenn wir ihn fürchten, auch vor solchen Dingen.
Abschließend vielleicht noch etwas Allgemeines: Gottesfurcht bringt Weisheit. Den einen Vers kennt fast jeder auswendig: Sprüche 1,7 – „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit.“ Das hat fast jeder im Kopf. Wenn du wissen willst, wer Gott ist – oder andersherum, wenn du Gott erkennen willst – dann brauchst du Gottesfurcht.
Wie ich vorhin sagte: Wenn du Gottesfurcht richtig haben willst, musst du Gott erkennen. Das gehört alles zusammen.
Oder wie Hiob in Kapitel 28,28 sagt – und auch Sprüche 15,33: „Die Furcht des Herrn ist es, die zur Weisheit führt, und ehe man zu Ehren kommt, muss man Demut lernen.“
Das ist eine Kombination, die im Alten Testament häufig vorkommt: Gottesfurcht und Weisheit. So hast du jetzt einige Verse, die das belegen.
Hast du vielleicht griffige Beispiele, wie sich Gottesfurcht im Alltag zeigt und Weisheit als Folge davon entsteht?
Wir könnten zum Beispiel das Thema Menschenfurcht nehmen. Das ist etwas, das einem im Alltag immer wieder begegnet: Man fragt sich, wie andere reagieren werden. Man tut oft nur das, was den Erwartungen anderer entspricht. Man hat Angst, in eine Konfrontation zu gehen oder jemandem zu sagen, was einen eigentlich stört. Bei manchen Menschen ist diese Angst stärker ausgeprägt, bei anderen weniger.
In Sprüche 29,25 heißt es: „Menschenfurcht ist ein Falschtrick, wer aber auf den Herrn vertraut, der ist geborgen.“ Gottesfurcht schafft also Vertrauen und Geborgenheit.
Auch im Neuen Testament finden wir dazu Gedanken, zum Beispiel in Galater 1,10: „Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe?“ Das ist die große Frage, die Paulus hier stellt. Mache ich alles nur, um beim Menschen gutzustehen, oder suche ich, Gott zu gefallen? Paulus sagt: „Wenn ich allerdings dem Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht Christi.“ Ein Knecht fürchtet seinen Herrn – so entsteht indirekt die Furcht vor Gott.
Ich glaube, wenn du Gott fürchtest, verlierst du nach und nach die Menschenfurcht. Du stehst vor ihm, wie es im Alten Testament immer wieder heißt: „Der Herr, vor dem ich stehe“, sagt einer der Propheten. Mit diesem Schutz hast du nicht mehr so viel Angst. Natürlich gibt es noch Angst, das ist klar. Aber Gott ist größer als diese Angst. Er kann dich schützen – das weißt du.
Das zeigt sich auch in den Psalmen von David. Er hat zum Beispiel einen Psalm komponiert, der nach dem hebräischen Alphabet aufgebaut ist. Vermutlich hat er ihn nicht sofort nach einem Ereignis in der Höhle geschrieben, sondern erst später ausgearbeitet. Der erste Entwurf entstand wohl direkt nach einer gefährlichen Situation, in der er sich „wahnsinnig gestellt“ hat. Doch dann wurde ihm klar: Gott hat mich beschützt, nicht ich selbst durch meinen Einfall.
David sah, dass Gott ihn bewahrt hat. Dadurch konnte er den Menschen mutiger entgegentreten, weil er wusste: Gott steht hinter mir. Ich mache das nicht für die Menschen, sondern es gibt eine andere Realität. Ich werde einmal in der Ewigkeit sein, und dort wird beurteilt, was ich getan habe. Deshalb kann ich jetzt keine Kompromisse eingehen.
Wenn die Gottesfurcht immer größer wird, zusammen mit der Liebe, dann wird die Menschenfurcht kleiner. Dieses Zusammenspiel führt zu mehr Freiheit. Es befreit, wenn man nicht mehr Gefangener der Meinung anderer Menschen ist, sondern aus Liebe und Überzeugung das tut, was Gott sagt.
Ein Beispiel aus dem Neuen Testament ist die Szene, in der Pilatus vor Jesus steht und sagt: „Ich habe Macht.“ Jesus antwortet: „Du hättest keine Macht, wenn sie dir nicht gegeben wäre.“ Das zeigt, dass auch Jesus in Gottesfurcht lebt und deshalb keine Angst vor Menschen hat.
Ich finde, das ist ein super Beispiel für den Zusammenhang von Gottesfurcht und Weisheit.
Du hast ja am Anfang gesagt, die Hörerfrage kommt von einer Person, die in ihrer Ehe einiges durchmachen musste. Dabei war die Gottesfurcht eine große Hilfe. Das findet man wahrscheinlich auch in der Bibel wieder. Man merkt einfach, dass Gottesfurcht auch in solchen kritischen Situationen hilft.
Nimmt man zum Beispiel eines der klassischen Ehekapitel, Epheser 5, so steht dort tatsächlich am Anfang als Überschrift: „Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi“. Was hat das mit Ehe zu tun?
Dort gibt es viele Anweisungen: Die Frauen sollen sich dem Mann unterordnen, der Mann ist das Haupt, aber er soll sich opfern, so wie Christus sich geopfert hat. Er soll lieben und sich hingeben, damit er sie heiligt. Sehr viel hat das mit Gott und mit Christus als Vorbild zu tun, wie man als Ehepaar miteinander umgehen soll.
Ich denke, das Interessante ist: Wenn du Gott fürchtest, kannst du dich zurücknehmen. Du musst nicht immer Recht behalten oder dich durchsetzen. Du kannst auch mal Geduld zeigen, weil du weißt, dass Gott alles im Griff hat. Du musst nicht miteinander kämpfen. Gott kämpft für dich, wenn es nötig ist, oder er sorgt für deine Anliegen. Du wirst auch nichts Falsches tun, indem du Böses mit Bösem vergeltest.
Auch Ehepaare können sich gegenseitig Unrecht tun, aber wenn du Gott fürchtest, spielt das eine große Rolle im Ehealltag. Das hat sich damals ja auch tatkräftig bewiesen. Du weißt: Über mir steht jemand, der größer ist. Ich kann mit dem anderen nicht machen, was ich will oder denke.
Das entlastet sehr, weil du dann nicht mehr in einer spannungsgeladenen Situation feststeckst. Du kannst etwas Abstand gewinnen und weißt, da ist noch etwas Höheres. Es gibt nicht nur die Eheprobleme, die ich jetzt habe, sondern auch Gott ist mit dabei.
Das ist, denke ich, wirklich eine Grundlage dafür, dass man sich einander unterordnen kann und den anderen höher achtet. Dann kommt auch die Liebe hinein. Gleich danach wird von Liebe gesprochen: „Liebt einander.“ Aber davor musst du dich erst einmal einordnen und wissen, dass Gott über dir steht. Nicht du bist der König, sondern Gott ist der König.
Das ist die Kombination von Furcht und Liebe, interessanterweise. Genau, genau. Und wie gesagt: Gottes Furcht führt zum Leben, sagt das Alte Testament ganz eindeutig.
Und wir wollen zum Abschluss vielleicht, um das Ganze abzurunden, jetzt einmal auf Gemeindeebene gehen. Apostelgeschichte 9,31 fasst alles noch einmal zusammen. Dort steht: „So hatten nun die Gemeinden Frieden in ganz Judäa, in Galiläa und Samaria, und wurden auferbaut. Sie wandelten in der Furcht des Herrn und wuchsen durch den Beistand des Heiligen Geistes.“
Das waren also nicht nur Menschen, die sich einfach nur gefürchtet haben. Der Heilige Geist stand ihnen bei. Er war ihr Tröster. Sie lebten in der Furcht des Herrn, hatten Frieden und wurden auferbaut. Das gehört immer zusammen.
Wenn du den Herrn in dieser Weise fürchtest, dass du ihn wirklich erkannt hast und dein inneres Wesen dadurch umgewandelt wurde, dann willst du gehorsam sein – nicht nur, weil es von dir verlangt wird. Das wird unheimlich viel verändern. Das Leben blüht auf. Gottes Furcht führt zum Leben.
Auch hier bei dieser Gemeinde war das so. Diese Furcht des Herrn ist quasi wie Ehrfurcht. Ein Stück weit ist es Ehrfurcht vor dem Wort Gottes. Und deswegen, auch wenn es mir vielleicht nahe liegt zu sagen: „Da sage ich jetzt nichts“, oder so, sage ich: „Nein, ich habe Ehrfurcht vor dem Wort Gottes, so wie du es sagst.“ Da steht jemand drüber, und das bewegt mich zum Handeln – diese Furcht Gottes.
Ja, ein spannendes Thema. Ich denke, wir konnten es nur anreißen und möchten euch als Hörer nur motivieren, da einmal selbst intensiver hineinzuschauen.
Für heute war es schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche „Evangelium für alle“ in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls für euch mitnehmen – dass es für Gott wichtig ist, dass wir ihn im biblischen Sinne fürchten.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zu diesem Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de. Dieser Podcast ist ein Beispiel dafür, dass wir eure Fragen nicht nur irgendwo abheften, sondern sie, wenn sie dran sind, auch in einem Podcast verarbeiten.
Wir wünschen euch Gottes Segen und dass für euch die Furcht des Herrn zur Quelle des Lebens wird. Schön, wenn ihr ab nächsten Mittwoch wieder dabei seid, wenn unser neuer Podcast online kommt.