Einführung und Predigttext
Das ist ja die optimale Stunde am Tag, um aufzupassen und etwas zu lernen. Wer jetzt nicht schläft, bekommt den Freizeiteiltrag zurückerstattet. Drei Uhr ist zwar ungünstig, aber betet dafür – es wird schon klappen.
Der Predigttext für heute Nachmittag ist Matthäus Kapitel 10, Verse 1 bis 15. Jetzt haben wir die Fenster offen, ihr könnt sogar mitlesen, denn es ist hell genug.
Matthäus 10,1-15:
Als er seine zwölf Jünger herangerufen hatte, gab er ihnen Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit sowie jedes Gebrechen zu heilen.
Die Namen der zwölf Apostel aber sind diese: Der erste ist Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; Simon der Kananäer und Judas Iskariot, der ihn auch überlieferte.
Diese zwölf sandte Jesus aus und befahl ihnen Folgendes: Geht nicht auf einen Weg zu den Nationen und betretet keine Stadt der Samariter. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Wenn ihr aber hingeht und predigt und sprecht: „Das Reich der Himmel ist nahegekommen“, dann heilt Kranke, erweckt Tote, reinigt Aussätzige und treibt Dämonen aus. Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr auch geben.
Verschafft euch kein Gold, kein Silber und kein Kupfer in eure Gürtel. Nehmt keine Tasche für den Weg mit, auch nicht zwei Unterkleider, keine Sandalen und keinen Stab. Denn der Arbeiter ist seiner Nahrung wert.
Wenn ihr in eine Stadt oder ein Dorf kommt, dann forscht, wer darin würdig ist. Bleibt dort, bis ihr weiterzieht.
Wenn ihr in ein Haus eintretet, grüßt es. Wenn das Haus würdig ist, komme euer Friede darauf. Wenn es aber nicht würdig ist, so kehre euer Friede zu euch zurück.
Und wenn jemand von euch nicht aufnehmen will und euer Wort nicht hören will, dann geht hinaus aus jenem Haus oder jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen. Wahrlich, ich sage euch: Am Tag des Gerichts wird es dem Land von Sodom und Gomorra erträglicher gehen als jener Stadt.
Von der Berufung bis zur Botschaft der Jünger
Ein paar Anmerkungen, einige theologische und exegetische Punkte, und dann die Botschaft.
Es ist immer so: Wir brauchen ja keine Predigten, davon haben wir genug. Wir brauchen Botschaften. Viel zu oft hängen wir an der Exegese, an der Auslegung, was auch seinen Wert hat. Aber was ist die Botschaft? Das ist immer das Wesentliche.
Ein paar Dinge zu diesem Text konkret: Jesus beruft, befähigt und sendet. Wir lesen, er rief seine Jünger, gab ihnen Vollmacht (Vers 5) und sandte sie aus. Jesus berief diese Männer aus ihrem Beruf heraus in den sogenannten vollzeitigen Dienst. Er berief sie, bevollmächtigte sie und sandte sie aus.
Ich glaube, es ist eine wichtige Lektion, dass gerade Leute, die in den vollzeitigen Dienst gehen, von Gott berufen sein müssen. Ich erlebe es manchmal – wenige trauen sich das zu sagen, aber viele denken es sich. Manchmal sagen sie es auch. Wenn sie jünger sind, frage ich: „Ja, was willst du?“ Dann sagt jemand: „Vielleicht auf den Dauernhof kommen.“ Ich frage: „Wieso?“ – „Ich finde sonst nichts.“ Dann sage ich: „Dann gehe ich heute nicht dahin, so als Notlösung.“ Aber das geht meistens nicht gut, zumindest nicht vollzeitlich. Zeitlang mag es super gehen, aber wenn jemand wirklich diesen Dienst hineingeht, dann muss er berufen sein.
Das andere: Die Jünger, die Jesus aussandte, hatten eine Botschaft zu verkündigen. Er sagte ihnen in Vers 7: „Wenn ihr hingeht, predigt und sprecht: Das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“ Das war ihre Botschaft. Übrigens, das waren die ersten Worte von Johannes dem Täufer: „Das Himmelreich ist nahe, tut Buße.“ Das waren die ersten Worte, die Jesus gepredigt hat: „Tut Buße, das Reich Gottes ist nahe.“ Das war auch das erste, was Petrus gepredigt hat. Immer die ersten Worte: „Tut Buße, das Himmelreich“ oder „Reich Gottes“ – das ist dasselbe.
Was ist ein Reich? Ein Reich, wie das Deutsche Reich oder Österreich, ist ein Gebiet, das von jemandem regiert wird. Und das Himmelreich oder das Reich Gottes ist nichts anderes als die Sphäre, in der Gott regiert. Ihre Botschaft war: Es ist nahe, es ist noch nicht da, aber es ist nahe. Und wann kam es? Zu Pfingsten. Dann war es da.
Denn in der Apostelgeschichte lesen wir es anders: Da redeten sie vom Reich Gottes. In Apostelgeschichte 8,12 heißt es: Philippus predigte, und sie glaubten ihm, der das Evangelium vom Reich Gottes und dem Namen Jesu verkündete. Das heißt, jetzt war es nicht mehr nahe, jetzt war es da.
Aber die Jünger predigen: „Es ist nahe.“ Das Reich Gottes soll übrigens nicht in erster Linie geographisch verstanden werden, so wie die Juden es taten. Natürlich nicht. Das Reich Gottes ist in uns.
Lukas 17 sagt Jesus einmal. Ich lese es euch kurz vor, Lukas 17, Vers 20: „Und als er von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Auch wird man nicht sagen: Seht hier oder seht dort! Denn das Reich Gottes ist mitten unter euch oder es ist in euch.“
Das heißt: Das, was Gott regieren will, ist unser Inneres. Wenn er dich regiert, dann bist du sein Reich. Darum beten wir im Vaterunser: „Dein Reich komme!“ – regiere mein Leben.
Übrigens, wenn wir beten „Dein Reich komme“, heißt das auch: Mein Reich gehe. Das ist mit eingeschlossen.
Die Vollmacht und ihre Bedeutung für heute
Das Dritte: Jesus gab den Jüngern Vollmacht. Er gab natürlichen Menschen die Vollmacht, übernatürliche Dinge zu tun. Im Vers 8 ist das beeindruckend: Tote aufwecken, Kranke heilen und so weiter.
Die Frage ist, wie wir vorhin gehört haben: Ich kann dich so gut verstehen, ich würde auch gern mehr heilen können, aber ich bin relativ beschränkt. Ich habe schon öfter für Leute gebetet. Dreimal wurden sie tatsächlich geheilt, aber noch öfter eben nicht. Und die Heilung, die sie erlebten, war auch nur teilhaftig, nie komplett – interessanterweise. Ich wünschte mir, dass es viel mehr wäre.
Nun stellt sich die Frage: Was ist der Unterschied zwischen Matthäus 10 hier und uns heute? Da gibt es einige Unterschiede. Die Jünger damals zum Beispiel sollten nur zu den Israeliten gehen. Das hat sich geändert, wir sollen in die ganze Welt gehen. Die Jünger damals verkündeten, dass das Reich Gottes nahe sei. Das verkünden wir nicht mehr, denn es ist da. Das ist der zweite Unterschied.
Der dritte Unterschied ist, dass die Befähigung, übernatürliche Dinge zu tun, heute nicht mehr so da ist wie damals. Ich habe einige Freunde in mehr oder weniger charismatischen Kreisen, aber auch dort funktioniert es nur zum Teil. Heilung – ich glaube an Heilung, ich bin selbst geheilt worden und habe es auch erfahren, aber leider nicht so oft, wie wir es gerne hätten oder manchmal auch hören.
Noch zwei Bemerkungen zur Heilung: Im Krankenhaus hat man gute Erklärungen dafür, das finde ich super. Aber man muss auch verstehen, dass Jesus heilen und Wunder tun musste. Er hatte gar keine Wahl, denn es war vorherbestimmt. Wir lesen im Alten Testament, zum Beispiel Jesaja 29, 35, 42, 61, dass, wenn der Messias kommt, er den Blinden die Augen öffnen und Kranke heilen wird. Das heißt, ein Zeichen seiner Messiaschaft war, dass er heilte.
Man sieht das deutlich in Matthäus 11. Dort ist Johannes der Täufer im Gefängnis. Zuerst hat er zwar Jesus getauft und vieles andere getan, aber im Gefängnis hat er gezweifelt. Er dachte: Was, wenn doch nicht alles stimmt? Denn es ist auch nicht anders gegangen als mir – denke ich mir manchmal auch.
In Matthäus 11, Vers 2, als Johannes im Gefängnis von den Werken des Christus hörte, sandte er durch seine Jünger und ließ ihn fragen: „Bist du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Übrigens, wenn Johannes der Täufer gezweifelt hat, darfst du auch zweifeln. Das ist völlig okay. Aber er wollte wissen, ob es sich lohnt, sein Leben für Jesus zu geben, oder ob er etwas anderes tun sollte.
Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Geht hin und verkündigt Johannes, was ihr hört und seht: Blinde werden sehend, Lahme gehen, Aussätzige werden geheilt, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird die gute Botschaft verkündet.“ Das war das Zeichen, dass er es ist. Denn es war von ihm vorhergesagt, er musste es tun.
So sehr ich mir auch heute wünsche, mehr Wunderwerke tun zu können – es ist nicht das Ausschlaggebende. Wenn ich einen Kranken heile, ist das eine schöne Sache, aber er wird sowieso wieder krank.
Vor kurzem hat mir ein guter Freund, den ich gut kenne, Folgendes gesagt: Er ist jetzt 65, ein ganz guter Lehrer, und hatte gerade ein Herzproblem. Er sagte, sein Arzt habe ihm gesagt, dass er eine dreißigprozentige Chance habe, in den nächsten zehn Jahren ein ernsthaftes Herzproblem zu bekommen. Ich habe ihm darauf geantwortet: „Ich kann dir das noch präziser sagen: Du hast eine hundertprozentige Chance, dass du in den nächsten 25 Jahren tot bist.“ So ist es nämlich.
Weißt du, manchmal reden wir über Krankheit, als könnten wir sie überwinden. Aber wir können sie sowieso nicht überwinden, höchstens ein paar Jahre hinauszögern. Das ist alles. Du wirst halt ein paar Jahre älter – das ist ja schön – aber sterben tun wir sowieso. Das heißt, wenn ich einen Kranken heile oder einen Toten auferwecke, wird er ja wieder sterben.
Darum sagt Jesus in Johannes 14 einmal Folgendes: Diesen Vers wollte ich fast aus meiner Bibel streichen, weil ich dachte, er stimmt einfach nicht. In Johannes 14, Vers 12 sagt Jesus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt – und das tue ich –, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und er wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.“
Da habe ich mir gedacht: Das weiß er auch nicht. Also, weder viel noch größere Werke. Aber worüber sprach Jesus? Er sprach eben nicht von Dämonenaustreibung und Heilungen. Das konnten die Jünger schon, das war für sie nichts Neues. Er sprach von der Rettung von Seelen.
Und es stimmt tatsächlich, dass der Leib Jesu mit Jesus als unserem Haupt heute wesentlich größere Dinge tut als damals. Am Ende seiner dreijährigen Tätigkeit waren nur 120 Gläubige übrig – das ist ein schlechter Durchschnitt. Heute werden jeden Tag Tausende geboren, wiedergeboren.
Das heißt, das größere Werk ist nicht Dämonenaustreibung oder Krankenheilung, sondern die Errettung von Seelen – für jetzt und für ewig.
Vollmacht und Kraft – Die Rolle des Heiligen Geistes
Jesus fasst das, was wir im Matthäusevangelium lesen, in einem Vers in Apostelgeschichte 1,8 zusammen. Diesen Vers möchte ich vorlesen, denn er betrifft auch uns. Er spricht nicht nur zu seinen Jüngern vor Pfingsten, sondern zu der Gemeinde damals, die natürlich auch aus diesen Jüngern bestand.
Er sagt: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in Judäa und Samaria und bis an das Ende der Welt.“
Hier ist ein Unterschied zu Matthäus 28: Dort sagt Jesus: „Mir ist alle Vollmacht gegeben, darum geht.“ Er betont hier seine Vollmacht. In Apostelgeschichte 1,8 hingegen sagt er: „Ihr werdet Kraft empfangen.“ Das sind zwei verschiedene Begriffe. Das Wort für Vollmacht ist im Griechischen exousia, und das Wort für Kraft ist dynamis – davon stammen Begriffe wie Dynamit, Energie oder Dynamo ab.
Was ist also der Unterschied zwischen exousia, der Vollmacht, und dynamis, der Kraft? Ich möchte es so erklären: Autorität oder Vollmacht ohne Energie ist sehr hilflos, fast pathetisch.
Ein Beispiel: Ich bin im Bergrettungsdienst tätig, auch im Höhlenrettungsdienst. Vor ein paar Jahren habe ich in Seattle, an der Westküste Amerikas, gepredigt. Der Pfarrer dort ist ein guter Freund von mir. An einem Nachmittag sind ein Bergführerkollege und ich mit ihm Schneeschuhwandern gegangen. Wir liefen etwa eine Stunde in ein Alpental hinein.
Beim Hineingehen sagten wir, dass es ziemlich lawinengefährlich sei. Es hatte zwei Meter geschneit – das war enorm, so viel Schnee gibt es selten in den Alpen. Wir hofften, der Bergführer wisse, was er tut.
Nach etwa zehn Minuten trafen wir eine Frau, die uns entgegenlief und berichtete, dass eine Lawine abgegangen sei und Leute darunter verschüttet seien. Wir gingen weiter, etwa eine Stunde mit den Schneeschuhen, und fanden vier oder fünf Leute, die etwas hilflos umherliefen.
Mein Kollege Hansjo und ich, beide im Bergrettungsdienst, übernahmen das Kommando. Die anderen folgten unseren Anweisungen, sie wussten irgendwie, was zu tun war. Wir hatten jedoch kaum Ausrüstung dabei, nur Skistöcke, Teller und ein paar Ski. Die Lawine war sehr groß.
Wir versuchten strategisch, die Verschütteten zu finden, aber es gelang uns nicht. Wir hatten zwar die Autorität und Vollmacht, die Lage zu leiten, aber uns fehlte die Kraft, das dynamis, die nötige Energie und Ausrüstung.
Etwa anderthalb Stunden später kam die örtliche Bergrettung mit viel Ausrüstung: langen Sonden, Superschaufeln und mehr. Wir dachten, jetzt könnte man vielleicht etwas tun, auch wenn die Zeit schon sehr fortgeschritten war.
Wir wollten ihnen sagen, wo sie suchen sollten, aber sie wiesen uns ab und übernahmen die Leitung. Das war in Ordnung, doch sie waren völlig unorganisiert. Wir sahen, dass sie den Verschütteten nie finden würden. Ein Hund, den sie dabei hatten, konnte auch nichts aufspüren.
Tatsächlich fanden sie den Verschütteten erst zehn Tage später.
Was ist also geschehen? Wir hatten jetzt alle Mittel, alle Kraft, alle dynamis, aber keine Vollmacht mehr, keine Autorität. Kraft ohne Autorität ist gefährlich. Autorität ohne Kraft ist pathetisch.
Die Bedeutung von Autorität und Kraft im christlichen Leben
Wisst ihr, warum ich gerne Christ bin? Weil Jesus nicht nur mein Herr ist, der mir einen Auftrag gibt, dem ich gehorchen soll, sondern auch derjenige, der mir die Kraft gibt, diesen Auftrag auszuführen. Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Autorität.“ Er ist der König aller Könige und Herr aller Herren.
Wenn wir jedoch nur wissen, dass Jesus der König ist und Autorität hat, aber nichts von seiner Kraft kennen, dann sind wir ziemlich kraftlose Christen. Und wisst ihr was, Freunde? Ich treffe heute viele kraftlose Christen. Sie bekennen Jesus als ihren Herrn, doch sie wissen nichts von der Kraft, der Dunamis, des Heiligen Geistes.
Jesus sagt in Apostelgeschichte 1,8: „Aber ihr werdet Kraft (Dunamis) empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein.“
Fragt euch: Was steht bei dir an, wenn du nach Hause gehst? Vielleicht sollst du jemandem vergeben, und es fällt dir wahnsinnig schwer, weil du glaubst, im Recht zu sein. Ich möchte dich bitten: Erinnere dich nicht nur an den Auftrag, ihm zu vergeben, sondern sei dir auch gewiss, dass Gott dir die Kraft gibt, es zu tun.
Vielleicht sollst du nächste Woche für einen Kranken beten, und du hast Angst davor. Ich möchte dich daran erinnern: Du hast nicht nur den Auftrag, für ihn zu beten, sondern Christus gibt dir auch die Kraft, ihn heilzumachen – nicht unbedingt zu heilen, aber heilzumachen.
Vielleicht sollst du einer Frau einfach sagen: „Es tut mir leid“, doch die Worte kommen dir nicht über die Lippen. Sieh, Denken nützt nichts, du musst es aussprechen. Erinnere dich an die Kraft des Heiligen Geistes. Er befähigt uns, das zu tun, wozu er uns beauftragt.
An diese Kraft möchte ich mich und uns erinnern. Die Jünger Jesu erkannten Jesus als Herrn schon vor Pfingsten an. Doch sie versagten jämmerlich, weil sie nichts von seiner Kraft wussten – bis zu Pfingsten. Erst dann erfuhren sie die Kraft, nicht nur die Autorität.
Zeugen Jesu sein – Ein Leben in Kraft und Wahrheit
Das Zweite, was dieser Vers sagt, ist: Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein.
Wozu gibt Gott uns die Kraft des Heiligen Geistes, des Dunamis? Damit wir seine Zeugen sind. Das ist der Zweck, warum wir den Heiligen Geist empfangen. Jesus sagt übrigens nicht: „Ihr werdet Zeugnis ablegen, so am Samstagabend in der Jugendgruppe“, sondern er sagt: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Die Frage ist nun ganz einfach: Bin ich ein guter oder ein schlechter Zeuge? Bin ich ein falscher oder ein wahrer Zeuge Jesu? Jeder Christ ist ein Zeuge Jesu. Wenn du Christ bist, bist du ein Zeuge Jesu. Die Frage ist nur, bist du ein wahrer oder ein falscher Zeuge?
Ich bin schon fast 23 Jahre verheiratet, seit dem 4. Juli 1987. Das ist der Unabhängigkeitstag der USA, aber an diesem Tag wurde ich abhängig. Seit dem 4. Juli 1987 bin ich Ehemann, das ist mein Status. Der Pfarrer hat gefragt, ob ich mit ihr leben will, in guten und in schlechten Tagen, und ich habe ja gesagt – und sie auch.
Seitdem bin ich Ehemann und Hannelore ist Ehefrau. Seit diesem Tag habe ich nicht mehr die Wahl, morgens aufzustehen und zu sagen: „Soll ich heute als Ehemann leben? Heute ist Ehemann ein bisschen schwierig, ich glaube, heute bleibe ich mal Single.“ Das geht nicht mehr. Ich bin immer Ehemann.
Die Frage ist nur, bin ich ein guter oder ein schlechter Ehemann? Bin ich ein treuer oder ein untreuer Ehemann? Das ist die Frage. Aber ich bin Ehemann, und so wie ich lebe, ist für jeden ein Zeugnis, der mir begegnet, ob die Ehe und damit meine Ehefrau etwas Wertvolles sind oder etwas, das man vergessen kann. Mein Leben bezeugt, was die Ehe wert ist.
Genauso ist es also mit dem Christsein. Du kannst nicht morgens aufstehen und sagen: „Soll ich heute so ein Zeuge sein? Heute bin ich schlecht drauf, heute bin ich mal kein Zeuge.“ Du bist immer Zeuge, weil du Christ bist. Die Frage ist nur, welcher Zeuge wir sind.
Wir brauchen die Kraft des Heiligen Geistes, um Zeuge zu sein. So wie wir leben, ist ein Zeugnis dafür, was Jesus wert ist. Genauso wie mein Leben und meine Worte ein Spiegel dafür sind, ob Hannelore, ob die Ehe etwas wert ist oder nicht.
Sind wir stolz auf Jesus oder schämen wir uns für Jesus? Das hat mir gefallen gestern bei der Rezeption hier in Wiedernest. Ich bin nur hingegangen und wollte das Kennwort für das Netzwerk. Ich habe noch nie so ein langes Kennwort in meinem Leben gesehen wie hier in Wiedernest. Ich habe gesagt: „Das ist erstaunlich, sowas habe ich noch nie erlebt.“
Dann hat sie gesagt: „Ja, wir sind auch etwas Besonderes.“ Das finde ich super: Wir sind etwas Besonderes. Und als Christen dazu zu stehen: „Ich bin etwas Besonderes, weil ich zu Jesus gehöre“ – das ist die Sprache, die bezeugt, dass Jesus etwas wert ist.
Und ich frage mich oft: Warum schämen wir uns dafür? Es geht uns ja allen so. Ich selber bin eher ein scheuer Mensch. Das wirst du nicht denken, weil ich immer vorne rede, aber das ist ganz was anderes. Von Natur aus bin ich scheu. Ich tue mich schwer, auf Menschen zuzugehen – unheimlich schwer.
Ich bin kein persönlicher Evangelist. Ich muss mich voll überwinden, das zu tun. Einmal war ich mit einem Freund von mir unterwegs, der ist ein totaler Evangelist. Da kann es gar nicht anders sein, als dass jemand gläubig wird, wenn er dabei ist. Aber mit dem bin ich mal Straßenevangelisation gegangen. Ich war da der Bibellehrer, das war in England.
Er hat gesagt: „Geh mit mir auf die Straße, eben die Sange.“ Jetzt bin ich der Bibellehrer. Das schaut auch blöd aus. Wenn ich den einen Satz sage, denke ich: „Ja, das sage ich ja.“ Das war eine Katastrophe. Da auf der Fußgängerzone hatte er seine Tasche mit 300 Traktaten und ist herumgegangen. Alle sind um ihn gestanden.
Ich stand bei der Laterne und habe mir gedacht: „Der hat mir sicher eine runter, den interessiert es sowieso nicht.“ Nach drei Stunden habe ich fünf Traktate ausgeteilt, und die haben sie weggeworfen. Wir haben nicht alle dieselben Gaben und auch verschiedene Persönlichkeiten, aber wir sind alle Zeugen.
Ich kann mich erinnern: Meine Vergangenheit ist nicht so ruhmreich, das ist bis heute nicht unbedingt so. Ich habe mich als 15-Jähriger bekehrt. Als 18-Jähriger habe ich festgestellt, dass ich das nie schaffe – so ein Christenleben. Ich habe mich zurückgezogen, weil der Anspruch mir zu hoch war. Ich habe mir gedacht, das ist für bessere Menschen gedacht und habe dann gelebt wie alle anderen, so wie meine Freundin.
Ich war Skilehrer, Bergführer damals, habe in einer Bar gearbeitet, war Barkeeper in einem einheimischen Lokal. Immer von sechs Uhr abends bis vier Uhr morgens habe ich gearbeitet. Dort habe ich meine Frau kennengelernt. Darum ermutige ich immer junge Leute, in die Bar zu gehen.
Meine Frau war damals nicht gläubig, ich war gläubig, aber mich hat es nicht interessiert. Ich bin froh, dass ich da bin. Ein Freund von mir, Stuart Pritzker, hat mal gesagt: „Bist du nicht froh, dass du damals nicht mit Christus gelebt hast? Sonst hättest du deine Frau nie kennengelernt.“ Ja, das ist auch ein Punkt.
Damals habe ich auch relativ viel getrunken. Als Skilehrer war ich fast jede Woche mal betrunken. Ich war aber Christ. Ich wusste das, Christus hat öfter gesagt: „Ans Beten.“ Ich bin immer noch da. Ich habe gesagt: „Ich weiß, aber du interessierst mich nicht.“
Darum übrigens: Wenn eure Kinder mal nicht so sinnvoll sind für ein paar Jahre, macht ihr überhaupt nichts daraus. Wenn du mich gesehen hättest, hättest du gesagt: „Den kannst du voll vergessen.“
Das Interessante war, dass ich so nach dem fünften Bier immer mehr von Jesus erzählt habe. Um drei Uhr früh war ich der perfekte Evangelist. Aber rückblickend ist kein einziger Mensch dadurch zum Glauben gekommen.
Und wisst ihr warum? Heute weiß ich es: Weil die Menschen mich damals angeschaut haben und gesehen haben, was der Typ mit Jesus schafft, schaffen sie auch ohne. Seht ihr, ich war ein Zeuge Jesu, aber ein falscher Zeuge. Nicht das Leben, das Jesus eigentlich leben möchte.
Ich habe damals auch nichts von der Kraft des Heiligen Geistes gemerkt. Warum nicht? Weil die Kraft des Heiligen Geistes nur für die Anliegen Gottes zur Verfügung steht, nicht für deine egoistischen Gründe.
Oft treffe ich heute junge Menschen, und ich kann sie so gut verstehen, weil ich ja selber genauso gelebt habe. Sie leben ihr eigenes Leben, Christus ist so ein bisschen eine Notlösung. „Der ist schon nicht schlecht zu haben, weil sonst gehe ich in die Hölle, ist auch nicht gut“, und so weiter. Aber sonst will ich schon ein bisschen mein Leben leben.
Dann beklagen sie sich: „Ich merke nichts von der Kraft des Heiligen Geistes.“ Da muss ich sie daran erinnern: Die Kraft des Heiligen Geistes hast du zur Verfügung, aber nur für die Anliegen Gottes, nicht für deine eigenen.
Übrigens erinnert uns Jesus hier: Er sagt nicht, ihr werdet meine Theologen sein, sondern ihr werdet meine Zeugen sein. Du musst kein Theologe sein, um Zeuge zu sein.
Was ist ein Zeuge? Jemand, der bezeugt, was er gesehen, gehört und erlebt hat. Das berichtet ein Zeuge. Und darum: Wenn ich als Mensch nichts mit Jesus erlebt habe, kann ich kein Zeuge sein. Ganz einfach.
Also, wozu haben wir die Kraft des Heiligen Geistes? Um Zeugen zu sein.
Die weltweite Mission und persönliche Herausforderungen
Und ein letzter Punkt: Das ist die Strategie, die Jesus uns gibt, hier in Apostelgeschichte 1,8: Ihr werdet Kraft empfangen, dunamis, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein.
Ihr habt gar keine Wahl, denn ihr seid immer Zeugen – gut oder schlecht – sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis ans Ende der Erde. Die Geschichte sehen wir dann in der Apostelgeschichte sicher entfaltend.
Interessant ist, dass Jesus hier sagt: Beginnt in Jerusalem, dann geht nach Judäa, dann nach Samaria und schließlich bis ans Ende der Welt. Ich kann mir nämlich vorstellen, wenn ich mir so die Evangelien durchlese, dass Petrus, Johannes und all unsere Brüder, die Jünger waren, lieber woanders begonnen hätten. Denn in Jerusalem hatten sie nicht den besten Stand.
Ich kann mir vorstellen, dass Jesus – das steht zwar nicht in der Bibel, aber ich kann es mir so vorstellen – vielleicht sagte: Petrus, erinnerst du dich an das Mädchen, vor dem du mich verleugnet hast? Würdest du zurückgehen? Du findest sie sicher und sag ihr, dass du zu mir gehörst.
Und Johannes, du warst der Letzte, der bei mir am Kreuz stand, bevor ich starb. Du hast den Hauptmann gesehen, der über mich gesagt hat: „Wahrhaftig, das war der Sohn Gottes.“ Geh zu ihm, suche ihn in den römischen Baracken und sag ihm, er hat Recht.
Matthäus, du kennst die Orte, wo die Kriminellen sich treffen? Geh hin und sage zu Barabas, dass ich lebe. Er wird verstehen, dass ich für ihn nicht nur einmal gestorben bin, sondern zweimal.
Und Thomas, würdest du zu den Soldaten gehen, die mich angespuckt und verspottet haben? Würdest du ihnen sagen, dass ich sie liebe?
Und Andreas, geh zu den anderen Soldaten, die die Kleider aufgeteilt haben. Sag ihnen, es hat ihnen gegolten, als ich betete: „Vater, verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“
Das war alles in Jerusalem, und es braucht wahnsinnig viel Mut, zu den Menschen zu gehen, die dein Versagen genau kennen.
Frage: Was ist dein Jerusalem? Was ist der Ort, wo sie dich mit all deinem Versagen genau kennen? Das ist der Ort, wo du am Anfang Zeuge sein sollst.
Ich halte nicht viel davon, wenn Menschen zuhause nie über Jesus reden und dann nach Tansania gehen wollen. Es wird wahrscheinlich nicht gut gehen. Es gibt Ausnahmen, aber wahrscheinlich nicht viele.
Wisst ihr, predigen fällt mir nicht schwer, aber wisst ihr, wo es mir wirklich schwergefallen ist? Vor zwanzig Jahren, als ich zum ersten Mal in meiner evangelischen Kirchengemeinde predigte. Da wurde ich damals eingeladen, ich weiß nicht warum. Die kannten mich alle. Dort saßen die Väter, mit deren Töchtern ich befreundet war und bei denen ich übernachtet hatte. Und jetzt stand ich da – das war wahnsinnig schwer.
Ich habe gleich so begonnen: „Ihr kennt mich alle, ihr wisst viele Geschichten von mir und meiner Vergangenheit. Glaubt all diesen Geschichten kein einziges Wort, die Wahrheit ist doppelt so schlimm.“ Dann habe ich begonnen zu predigen, auch als Zeugnis dafür, dass Christus Wunder tun und Menschen verändern kann.
Gebt nie einen Menschen auf! Das ist das Schlimmste, was du einem Menschen antun kannst – wenn du ihn aufgibst. Da haben bei mir viele aufgegeben.
Dann sagt Jesus noch: „Aber bleibt nicht nur in eurer eigenen Umgebung, geht auch nach Judäa, darüber hinaus, geht nach Samarien.“ Das sind die, die ihr gar nicht leiden könnt. Auch heute in unserer Gesellschaft gibt es manche Leute, mit denen wir uns schwer tun. Das ist Samarien. Denen sollten wir das Wort Gottes bringen.
Und dann bis ans Ende der Welt. Nicht jeder von uns kann persönlich gehen, aber jeder von uns kann persönlich involviert sein. Wiederholt haben viele Missionare draußen gesagt: Jeder von euch kann involviert sein, indem er einen Brief schreibt, ein Paket sendet, finanziell unterstützt und dafür betet – ohne Ausnahme.
Wir sind die Zeugen. Ich habe schon manchmal von Christen gehört: „Ja, ich bin zwar Christ, aber ich rede nicht darüber. Ich bin so ein geheimer Christ. Ich lebe zwar ein gutes Leben, aber ich rede nicht darüber. Das ist Privatsache.“
Ich habe mal gelesen, da steht: Ein Christ, der nicht von Jesus erzählt, ist wie ein Feuer, das nicht brennt. Eigentlich gibt es das nicht. Es gibt kein Feuer, das nicht brennt.
Und es ist wichtig: Nicht jeder von uns redet, das ist keine Frage. Aber wenn Leute uns mal fragen und sagen: „Du, ich schätze dich so, wie du lebst“, können wir zumindest sagen: „Ja, weißt du warum? Weil ich Jesus kenne.“ Sonst glauben sie, du bist einfach nur ein super Mensch. So erkennen sie, es hat mit Jesus zu tun.
Natürlich erfahren wir auch Ablehnung, das ist ganz klar. Aber seht ihr: Wenn ich einem Menschen von Jesus erzähle und er lehnt es ab, das ist seine Verantwortung. Meine Verantwortung ist, ein Zeuge zu sein und über Jesus zu reden.
Dass wir nicht von allen angenommen werden, sagt das Wort schon. Zeuge heißt Martyros, das heißt Märtyrer. Allein das Wort zeigt schon, dass es nicht immer leicht ist, Zeuge zu sein.
Und, Freunde, bei uns ist es leicht. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass sie dich auslachen, verspotten oder dich einen Fanatiker nennen. Ja mei, so etwas soll es geben? Das ist wirklich nicht so schlimm. Ich glaube, das können wir aushalten.
Ich muss mich da selbst immer daran erinnern: Unser Pfarrer, wir haben einen ganz super Pfarrer, Georg Römer, hat mal zu mir gesagt: „Hans Peter, ist der Ruf einmal ruiniert, sündig, zweiter ungeniert.“ Das heißt: Wenn mal alle wissen, dass du gläubig bist, dann ist es einfach, über ihn zu reden. Oft ist es dieser Anfang, der schwerfällt.
Ist der Ruf einmal ruiniert, sündig, zweiter ungeniert. Stehe klar zu Jesus und liebe die Menschen – ganz egal, wie sie leben und was sie tun. Das ist eigentlich der Auftrag, den Jesus uns gegeben hat.
Schlussgebet
Ich möchte noch beten:
Lieber Vater, ich danke dir, dass du nicht nur die Autorität bist, der alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist. Ich danke dir, dass wir dich nicht nur als Herrn, König und Heiland haben und kennen, sondern dass du uns auch befähigt hast, das zu tun, wozu du uns beauftragt hast. Und zwar durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Herr, so oft braucht es deine übernatürliche Kraft, um Feinde zu lieben, sogar nahestehende Menschen um Vergebung zu bitten und für Kranke zu beten. Manchmal, Herr, geht es auch darum, uns selbst zu vergeben und uns selbst anzunehmen.
Wir brauchen dazu die Gewissheit deiner Liebe und deiner Annahme, die Gewissheit des Heiligen Geistes. Deshalb beten wir um die Kraft des Heiligen Geistes, damit wir erkennen, wie breit, wie lang, wie hoch und wie tief deine Liebe ist. Denn dazu brauchen wir die Kraft des Geistes.
Deine Liebe können wir in unserem natürlichen Menschsein nicht erkennen, sie übersteigt unsere Erkenntnis. Dafür brauchen wir dich.
Herr, ich danke dir, dass du uns den Heiligen Geist geschenkt hast. Ich bete dafür, dass wir uns dessen gewiss sind. Und wir beten immer wieder frisch um die Fülle des Geistes, damit wir in der Kraft des Geistes Menschen begegnen können – mit unserer Persönlichkeit und mit den Begabungen, die du uns gegeben hast.
Ich bete, dass wir den Mut haben, dich zu bekennen, auch wenn wir manchmal abgelehnt oder verlacht werden. Herr, ich bete, dass wir es um derer willen tun, die dich suchen, und dass dieses Wort niemandem vorenthalten wird, damit sie in die Beziehung zu dir kommen.
Herr, danke, dass du da bist. Danke für die Kraft des Heiligen Geistes, der heute und hier anwesend ist wie damals, weil du lebst. Ich bete, dass wir es zunehmend erkennen und entdecken, egal in welchem Stadium des Lebens wir stehen.
Lass uns immer wieder neu überrascht werden von deiner Gegenwart und deinem Leben.
Dafür bitte ich im Namen unseres Herrn und Heilandes, Jesu Christi. Amen.