
Herr Präsident, herzlich willkommen zu unserem Abendvortrag „Erziehung in Liebe habe ich es genannt – Einblicke in die Pädagogik Jesu“.
Ich heiße alle, die anwesend sind, ganz herzlich willkommen. Das ist, wie ich schon gesagt habe, etwas ganz Besonderes. Ebenso heiße ich herzlich willkommen alle, die sozusagen am Stream, wie man heute sagt, dabei sind.
Es ist für uns eine großartige Möglichkeit, dass wir das Ganze auch über das Internet übertragen können. Wir sehen an den virtuellen Besucherzahlen, dass das sehr gut angenommen wird. Das muss man wirklich sagen. Plötzlich sind wir nicht mehr nur auf die Region Stuttgart beschränkt, sondern weit darüber hinaus. Ich freue mich über alle, die – keine Ahnung, woher – mit dabei sind.
Wenn diejenigen, die über YouTube zuschauen, den Vortrag als nützlich empfunden haben, dann würde ich vorschlagen: Teilt das sofort und abonniert unseren Kanal. Ihr wisst ja, da kommt es nur auf Klicks und auf die sogenannten „Followers“ an. Darauf kommt es an. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Abonniert unseren Kanal, das lohnt sich. Dort gibt es hochinteressante Inhalte, ich staune, was da alles drinsteht.
Das Video bleibt eine Woche lang verfügbar. Sie oder ihr könnt es also eine Woche lang über YouTube abrufen. Danach einfach mal nachfragen, dann kann man es vielleicht auch für den Hauskreis oder für sich persönlich nutzen.
Ich habe relativ viele Bibelstellen eingepflegt. Die kann ich natürlich nicht alle vorlesen, aber man kann ja dann die Stopptaste drücken – natürlich nicht während des Vortrags, sondern danach – und die Stellen noch einmal nachschlagen, wenn man das möchte.
Ja, bevor wir beginnen, möchte ich mit uns beten. Herr Jesus, jetzt sind wir in einer schwierigen Zeit. Wir befehlen dir all das, was uns Sorge macht, was uns vielleicht auch persönlich schon betroffen hat.
Aber wir sehen auch die großartigen Möglichkeiten, die du uns geschenkt hast, in die du uns regelrecht hineingedrängt hast. Vielen Dank!
Wenn es heute Abend darum geht, bei dir abzugucken, was wir für die Erziehung unserer Kinder oder Enkel oder wer es sonst ist, gebrauchen können, dann möchten wir dich bitten, dass du ganz persönlich zu uns redest.
Vielen Dank, dass du gegenwärtig bist. Amen.
Ich habe über sehr lange Zeit, ich würde sagen mindestens 30 Jahre, keine Erziehungsvorträge gehalten, weil ich ehrlich gesagt Angst davor hatte.
Ich war oft auf Freizeiten, und es wäre natürlich ideal gewesen, dort Erziehungsvorträge zu halten. Aber ganz am Anfang, also vor etwa 25 Jahren, habe ich es einmal versucht. Dabei habe ich jedes Mal erfahren, wie es ist, sich steinigen zu lassen – das ist nicht besonders angenehm. Man schafft sich dadurch nur Feinde, habe ich gelernt.
Heute bin ich in einem Alter, in dem ich bei meinen Kindern nichts mehr abgucken kann. Inzwischen habe ich Enkelkinder. Ganz ehrlich: Wenn das, was ich heute sage, polarisiert, macht mir das nichts aus. Dann ist es eben so.
Es könnte sein, dass ihr heute Abend Dinge hört, die euch tatsächlich provozieren oder sogar polarisieren. Das ist einfach so. Nehmt es vielleicht als Anregung zum Weiterdenken mit.
Bevor wir in die eigentliche Thematik einsteigen, müssen wir zunächst klären, wo wir uns eigentlich befinden. Es bringt wenig, einfach so hineinzuspringen, ohne den Kontext zu verstehen.
Ich habe das über Jahre beobachtet und während meines Studiums eine Zeit lang den Schwerpunkt auf Religionspädagogik gelegt. Auf wissenschaftlicher Ebene habe ich das Thema reflektiert, und das ist ganz interessant. Unter Christen herrscht oft die Meinung, dass das, was sie unter christlicher Erziehung verstehen, tatsächlich christlich sei. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wird diese Erziehung aus ganz anderen Quellen gespeist.
Speziell in Deutschland haben wir eine Pädagogikgeschichte, die an vielen Stellen sehr sonderbar ist. Manches daran ist durchaus gut. Nicht umsonst wurde zum Beispiel im englischsprachigen Raum der Begriff Kindergarten übernommen. Doch es gibt auch Aspekte, deren Ursprung uns oft gar nicht bewusst ist.
Wir denken, dass bestimmte Erziehungsmethoden christlich sind, obwohl sie es nicht sind. Ebenso gibt es Einflüsse, die nationalsozialistisch geprägt sind. Ich möchte mit einem Thema beginnen, das in Deutschland nicht so bekannt ist. Im wissenschaftlichen Bereich wird darüber zwar schon seit Jahren diskutiert, doch vielen ist das nicht bewusst.
Man könnte auch christliche Literatur heranziehen, die auf dieser wissenschaftlichen Literatur aufbaut und diese Aspekte weiter vertieft.
Diese zwei Erziehungsratgeber haben in Deutschland Millionen Menschen geprägt – zumindest rechnerisch bin ich darin nicht so der Held. Seit 1935 haben sie Einfluss genommen. Meiner Ansicht nach ist das eine ziemlich dramatische Geschichte.
Das eine Buch heißt „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“, das andere „Unsere kleinen Kinder“. Beide stammen von derselben Autorin, Dr. Johanna Haarer – mit Doppel-A. Johanna Haarer war während des Nationalsozialismus die Chefpädagogin. Dieses Buch prägte die Erziehung bis in die 1980er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein. Einige von uns wurden also noch im Geist dieser Erziehungsratgeber erzogen.
Das Interessanteste daran: Das Buch wurde 1935 geschrieben, um die Deutschen darauf vorzubereiten, ihre Kinder nationalsozialistisch zu erziehen. Natürlich mit dem Ziel, dass sie später als Kanonenfutter dienen sollten. Nach dem Motto: „Gelobt sei, was hart macht.“ Ich werde später noch zeigen, was genau darin steht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Buch interessanterweise 1949 erstmals wieder aufgelegt – und zwar in einem evangelisch-kirchlichen Verlag. Im Grunde wurde nur der Titel geändert. Im Nationalsozialismus hieß es „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“. Im Krieg dann „Die Mutter und ihr erstes Kind“. Die ideologische Schärfe wurde etwas entschärft, aber die pädagogische Konzeption dahinter blieb erhalten.
Ich habe im Kopf, dass das Buch insgesamt 17 Millionen Mal verkauft wurde. Vielleicht wissen das die Jüngeren nicht mehr, aber in den 1960er und 1970er Jahren gab es so etwas wie Mütterberatung. Ist das noch jemandem ein Begriff? Dort gingen junge Mütter hin, um sowohl medizinische Beratung für die erste Zeit als auch Erziehungsberatung zu erhalten. Die ganze Mütterberatung basierte auf diesem Buch.
Während dieser Zeit wurden auch einige christliche Bücher geschrieben. Legt man sie nebeneinander, ist das erschreckend. Diese christlichen Bücher werden teilweise heute noch in christlichen Kreisen verbreitet.
Johanna Haarer seht ihr hier auf diesem Bild. Ein Wissenschaftler, der sich mit ihr beschäftigt hat, schreibt in einer pädagogischen Abhandlung: Es ist ein Dokument für die Instrumentalisierung der Mütter durch den Nationalsozialismus. Das Buch normierte die Mutter-Kind-Beziehung nach nationalsozialistischen Vorstellungen. Dabei standen vor allem Ordnung, Sauberkeit, Regelmäßigkeit, Abhärtung und absoluter Gehorsam im Vordergrund, um den „verfügbaren Menschen“ zu schaffen.
Diese pädagogischen Attribute haben, wie gesagt, bis in die 1980er Jahre hinein die deutsche Erziehung geprägt.
Es gab jedoch noch eine andere Linie, und diese Linie ist ebenfalls ideologisch geprägt. Ich wollte dazu noch einige Einblicke in die Konzeption von Haares geben.
Man hat bereits bemerkt, dass Härte und Strenge in der Erziehung eine wichtige Rolle spielten. Ein Kind musste beispielsweise so lange schreien, bis es einschlief. Heute gibt es ein sehr populäres Buch mit dem Titel „Jedes Kind kann schlafen“. Dieses Buch beruht jedoch nicht unbedingt auf christlichen Inhalten oder den natürlichen Bedürfnissen von Kindern, sondern hat möglicherweise ganz andere Wurzeln.
Dieses Thema war bereits bei Haares präsent. Zuwendung und Zärtlichkeit gegenüber Kindern wurden als verweichlichend betrachtet. Es ging vielmehr um reines Versorgen. Wenn das Kind still war und gut war – und auch gut gestillt werden konnte –, dann war alles in Ordnung.
Die Erziehung war vaterlos. Der Vater spielte so gut wie keine Rolle. Er musste arbeiten. Ursprünglich stammt diese Konzeption aus dem Jahr 1935, und der Vater war später auch im Krieg. Die gesamte Konzeption basierte darauf, dass die Mutter für die Familie zuständig war, während der Vater dem Staat beziehungsweise der Wirtschaft und später der Kriegsmaschinerie zur Verfügung stand.
Die Vorstellung, dass die Mutter zu Hause bei den Kindern bleiben muss, hat also unter Umständen andere Wurzeln als christliche Werte, das muss man einfach so sagen. Die Mutter war allein verantwortlich, und das setzte sich über den Krieg hinaus fort, wie man aus der Geschichte weiß.
Gewalt, sowohl psychische als auch körperliche, war bei Haares selbstverständlich als Erziehungs- und Zuchtmittel vorhanden. Das gehörte einfach zu dieser Konzeption dazu.
Die Erziehung war extrem geschlechtsspezifisch und hat die Geschlechter stark auseinandergetrieben. Sie fixierte Rollen, die man so im christlichen Menschenbild eher nicht kennt, die sich aber vor allem in konservativen Kreisen etablierten.
Hinter der gesamten Konzeption einer nationalsozialistischen Pädagogik steckt eine Erziehung, die nicht auf vermeintlich verweichlichenden christlichen Werten basiert. Die Vorstellung war, dass Christen Weicheier seien – also Weichlinge, die anfällig für religiöse Dinge sind. Der „harte Deutsche“ hingegen brauche das nicht. Er habe andere Ideale und eine andere Ideologie.
Diese eine Weltanschauung hat uns sehr stark geprägt – ich meine damit nicht uns persönlich, sondern die letzten siebzig Jahre, oder eigentlich noch länger, nämlich seit sechsundachtzig Jahren nächstes Jahr.
Dann, wie gesagt, gab es noch eine zweite ideologische Linie. Oft schlägt das Pendel in die entgegengesetzte Richtung aus. Diese andere Richtung war die 68er-Bewegung, die 68er-Kulturrevolution. Vor allem junge studentische Leute rebellierten gegen die Kultur, die übernommen worden war – teilweise noch aus der Zeit des Nationalsozialismus. Sie stellten einen Gegenentwurf auf, die sogenannte emanzipatorische Pädagogik.
Ich gestehe, ich wusste nicht genau, was mit „emanzipatorisch“ gemeint ist. Das ist ja schon ein Schlagwort. Ich habe es nachgeschlagen und gelesen, dass emanzipatorisch die Befreiung des Sohnes aus der väterlichen Gewalt bedeutet. Es geht also um das Abschütteln von Autoritäten, um eine autoritätslose Erziehung.
Übrigens ist antiautoritäre Erziehung etwas anderes. Das Gegenteil von antiautoritärer Erziehung ist autoritäre Erziehung. Es stellt sich die Frage, ob beides gewollt ist. Ich überspringe das an dieser Stelle kurz.
Was in diesem Umfeld entstanden ist, ist dann eine sogenannte laissez-faire-Erziehung. Das ist eine Erziehung, die nicht eingreift. Sie basiert letztlich auf dem französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau, der sagte, das Beste sei, man macht nichts mit dem Kind. Das Kind kommt gut zur Welt und wird erst durch die Einflüsse der Welt verdorben. Also: „Lass es so lange wie möglich ohne Erziehung, und das Kind wird relativ gut erhalten.“ Laissez-faire.
In dieser Zeit kam es auch zu einer anderen Revolution, ausgelöst durch die Einführung der Pille. Ich glaube, das war 1967 oder 1968. Es kam zur sogenannten Loskopplung der Sexualerziehung von der bisher üblichen biblischen Ethik. Das bedeutete ein bewusstes Weggehen von ethischen Konzeptionen, die sich bis dahin aus der christlichen Ethik gespeist hatten, hin zu einer libertinistischen Haltung: „Es ist alles möglich“ in der Sexualerziehung.
Manche werden sich noch erinnern: In den Achtzigerjahren fand das seine Zuspitzung. Es gründete sich eine Partei, bei der teilweise sogar meine Lehrer ganz vorne mit dabei waren. Einige wurden später Parteivorsitzende. Sie sagten, sie wollten alles freigeben – auch Sex mit Kindern sei möglich. Das war ursprünglich in der Konzeption dieser Partei enthalten. Heute distanziert man sich davon, die Partei ist relativ konservativ geworden.
Aber das zeigt ein bisschen, was damals so im Schwange war: eine bewusste Abgrenzung von allen christlichen Werten. Übrigens studierte man damals Theologie, um den Frommen zu zeigen, wie falsch sie lagen. Das war noch zu meiner Zeit. Meine Mitstudenten formulierten: „Wir studieren Theologie, um den Frommen im Land zu zeigen, wie falsch sie aufgestellt sind.“
Es kam also zur Korruption des christlich geprägten Wertekonsenses und zur Aushöhlung der Elternrechte. Eltern, die in die Erziehung eingriffen oder gestaltend tätig wurden, waren damals überhaupt nicht üblich. Das hat sich heute ein wenig geändert – dazu kommen wir gleich.
Die Erziehung selbst wurde, und das finde ich eigentlich fatal, gesellschaftspolitisch und ideologisch instrumentalisiert. Ich kann mich gut daran erinnern, weil ich diese Zeit selbst als Kind miterlebt habe. Die Erziehung wurde genutzt, um eine politische Botschaft zu vermitteln. Das begann in der Familie, setzte sich in Kindergärten fort und reichte bis in die Schulen. Es gab damals keine ideologiefreie Erziehung.
Das ist die andere Seite. Die einen Christen waren sehr auf das Harte, Strenge und den Gehorsam fixiert – ich plakatiere das jetzt bewusst etwas. Die anderen waren schon ganz frei unterwegs, vielleicht unter dem Einfluss der sogenannten Neuen Linken. Daraus entstanden später unter anderem die Grünenparteien.
Ich erinnere mich gut: In der Mensa in Tübingen trafen sich der Kommunistische Westbund und viele Kommunisten, Marxisten und Leninisten. Einer davon wurde unser Ministerpräsident. Er distanzierte sich allerdings später vollständig von dieser Richtung und schlug eher einen christlichen Weg ein. Das ist interessant.
Es gab also durchaus auch Gegenbewegungen. Die Neue Linke versuchte jedoch, massiv Einfluss auf die Erziehung zu nehmen. So haben wir hier kurz aufgezeigt, was die Erziehungskonzepte bis etwa Mitte der Achtzigerjahre geprägt hat.
Jetzt kann man selbst ausrechnen: Das waren entweder die Eltern der heutigen Kinder oder schon die Großeltern der heutigen Kinder, die in der Zeit zwischen – ich sage mal ganz platt – 1950 und 1985 diese Erziehungskonzepte erfahren haben.
Es ist wie immer bei den Christen: Die Veränderungen fließen ein, oft unbemerkt. In christlichen Kreisen gab es schon, wie soll ich sagen, Alternativkonzepte. Ein Beispiel dafür war die freie evangelische Schule. Es gab noch andere Alternativen, allerdings haben Christen oft erst im Schulalter begonnen, pädagogische Konzepte anzubieten – also erst mit dem Eintritt in die Schule.
Heute wissen wir, dass die größte Prägung eines Kindes im vorschulischen Bereich stattfindet. Genau dort müsste man investieren. Doch historisch gesehen begann man immer erst dort, wo man mit Kindern „exerzieren“ konnte, also im Schulalter.
Die ersten Lehrer in Deutschland, die breit in der Lehrerbildung tätig waren, waren Kriegsveteranen von Friedrich dem Großen und so weiter. Sie hatten keine Ahnung von Pädagogik, konnten ein bisschen rechnen und schreiben. Im Krieg waren sie nicht mehr einsetzbar, hatten aber gelernt, wie man Menschen drillt, und wurden deshalb Lehrer. Diese Tradition wirkt bis heute nach.
Was will ich mit dieser Analyse zeigen, die man noch weiter vertiefen könnte? Vielleicht Folgendes: Der Status quo heute ist immer noch ein „laissez-faire“ – also „lass laufen“. Daneben gibt es die Überbehütung, das sogenannte „Gluckenhafte“, Stichwort Helikoptereltern. Diese fahren ihre Kinder überall hin und bringen sie sogar bis ins Klassenzimmer, um sie zu schützen.
Außerdem spielt Erziehung mit und durch Medien heute eine sehr starke Rolle. Ich vermute, das wird noch verstärkt. Wenn man jedoch gezwungen ist, Homeschooling zu machen, verliert der PC schnell seine Faszination. Dann sagen viele: „Ich will raus, ich will nicht schon wieder vor dem PC sitzen.“ Das hat auch seine Wirkung.
Ein weiteres Problem sind Eltern ohne Erziehungskompetenz. Irgendwann ging das generationenübergreifende Erziehen verloren – also die Weitergabe von Erziehungswissen von Eltern an ihre Kinder. Das wurde unterbrochen. Stattdessen gab es viel Einfluss durch ideologische Konzepte, und die Eltern waren oft hilflos.
Hinzu kommt, dass man in Deutschland in den Schulen höhere Mathematik und viele Fremdsprachen lernen kann – aber keine Pädagogik. Dabei wäre Pädagogik eigentlich sehr wichtig. Ich würde es sogar zum Hauptfach machen, in allen Schulwegen. Das würde vieles verändern, vorausgesetzt, es ist nicht ideologisch geprägt.
Das ist der Status quo. Das Fazit: Ideologien prägen bis heute, oft unbewusst, auch bei uns Christen unsere Erziehungskonzepte. Meines Erachtens gibt es nur eine Orientierung: Bei Jesus beobachten, wie er es gemacht hat. Das sensibilisiert auch dafür, zu erkennen, wo wir andere Dinge übernommen haben.
Diese Beobachtung schützt übrigens auch vor verborgenen Mit-Erziehern. Wenn eine christliche Sozialethik oder Sexualethik die Familie prägt, sind die Kinder, um mit einem heutigen Schlagwort zu sprechen, schon ein Stück weit immunisiert.
Ich erinnere mich an eine Predigt in unserer Gemeinde. Der Prediger erzählte, dass Lehrer auf die Eltern zugekommen seien und gesagt hätten: „Das ist ja ganz komisch, Ihre Kinder kennen alle Ausdrücke in der Sexualethik, also im sexuellen Umgang, und das schon so früh, obwohl man das eigentlich noch nicht in der Schule lernt.“ Daraufhin sagte der Prediger zu den Lehrern: „Genau deshalb, weil ich der Erste bin, der prägt.“
Manche kennen diese Predigt vielleicht und haben sogar unter ihr gesessen. Ich fand das sehr gut – ein gutes Konzept: Präge deine Kinder, bevor sie durch irgendwelche ideologischen Einflüsse oder pädagogischen Konzepte geprägt werden.
Zurzeit wird extrem viel experimentiert. Das bekommt man vielleicht nicht immer mit, aber es ist wirklich extrem. Gleichzeitig wird vieles verharmlost, was auch nicht gut ist.
Eine angstbesetzte Pädagogik ist heute Gang und Gäbe – Stichwort Klimawandel. Ich nehme es den jungen Leuten wirklich ab: Sie haben Angst. Angst, dass die Welt ihnen um die Ohren fliegt, während wir, also wir fast Sechzigjährigen und Älteren, uns rausschleichen und die Welt kaputt zurücklassen. Ich verstehe das. Aber diese Angst wirkt auf den Menschen, als würde er jede Woche eine Angstinsulinspritze oder Adrenalinspritze bekommen.
Corona wird ebenfalls Folgen haben. Corona ist nur ein Teil dessen, was man dazu sagen kann, aber es hat gravierende Auswirkungen auf die Erziehung. Wenn wir uns nicht wieder auf Jesus besinnen und anschauen, wie er es gemacht hat, werden wir es meines Erachtens nicht schaffen.
Damit hängt auch die Verarmung zusammen. Das ist noch nicht so offensichtlich, aber es kommt langsam. Spätestens unsere Kinder werden verarmt sein, wenn sie die Corona-Schulden und weitere Lasten zu tragen haben. Es wird nicht die letzte Seuche gewesen sein.
Dazu kommen Versagensängste: „Ich kriege das nicht auf die Reihe, was ich mir vorgenommen habe.“ „Ich könnte im Beruf oder im Leben versagen.“ „Ich könnte etwas verpassen.“ Das ist brutal.
Wer keine Jenseitshoffnung hat, ist dazu verdammt, aus diesem Leben alles herauszuholen. Deshalb schweige ich auch nicht mehr.
Auch Christen sind wenig von einer neutestamentlichen Pädagogik geprägt. Liebe Freunde, das können wir nicht weiterlaufen lassen. Christliche Erziehungsratgeber sind nicht die erste Wahl, sondern kompetente Bibelleser, die bei Jesus beobachten.
Ich kann heute nur eine kleine Hilfe geben, damit man ein Gespür dafür bekommt, wie man bei Jesus lernen kann.
Ich möchte zum biblischen Menschenbild kommen. Die meisten werden wissen, dass ich das halbe Jahr in Rom bin – stimmt nicht ganz. Im nächsten Jahr werde ich aber wahrscheinlich fünf oder sechs Wochen dort verbringen. Immer wieder stehe ich fasziniert vor einem Bild in der Sixtinischen Kapelle: Gott, der Adam, den Menschen schafft. Michelangelo hat Gott dabei in eine Form gehüllt, die das menschliche Gehirn darstellt.
Wer genauer hinschaut, sieht, dass die Form genau der eines Gehirns mit Hirnstamm entspricht, der in den Spinalkanal mündet. Es ist das menschliche Gehirn. Zudem hält Gott eine Frau in den Armen – das ist die Weisheit, die Sophia. Genau das ist es: Wir dürfen die Bibel aufschlagen und mitdenken. Die Weisheit liegt nicht bei Menschen, sondern bei Gott. Auch in der Pädagogik haben wir die Weisheit bei Gott.
Natürlich müssen wir unser Gehirn einsetzen. Bibelleser müssen zumindest lesen können – das wird übrigens ein großes Problem. Die Zahl der Analphabeten steigt gravierend an. Mit der Tatsache, dass manche Menschen abgehängt werden, wird das Problem noch größer. Wir werden wieder vorlesen müssen, in Bibelkreisen und Hauskreisen Bibelgeschichten vorlesen, weil Menschen zwar Buchstaben aneinanderreihen können, aber nicht mehr wirklich lesen und verstehen.
Das biblische Menschenbild lässt sich mit wenigen Hauptbegriffen beschreiben. Das zentrale Hauptwort im Alten und Neuen Testament ist das Wort Beziehung. Anhand dieses Wortes könnte man schon eine komplette Pädagogik aufbauen. Pädagogik ist Beziehung – oder, wie einige Pädagogen sagen, Bindung. Bindung ist das A und O.
Bindungslose Kinder – man kann gar nicht genug betonen, wie dramatisch das ist. Gott hat das schon gesehen und gesagt: Ihr braucht Bindung. Die erste Bindung ist zu mir, zum lebendigen Gott. Damit ist ein Kind schon gut aufgehoben.
Ein Kind, das beten kann, das in seinem schlichten, kindlichen Glauben eine Vorstellung von Gott oder Jesus hat – wahrscheinlich sogar noch nicht monotheistisch, sondern polytheistisch –, das ist an dieser Stelle schon mal aufgehoben.
Beziehung – ein Kind, das beziehungslos aufwächst und nur an einer flachen Scheibe spielt, stellt sich Beziehung nur vor. Das ist Erlösung im luftleeren Raum. Nicht umsonst ist das Thema Erlösung in unserer Kultur allgegenwärtig – von der Literatur über die Musik bis hin zu modernen Filmen.
Ihr merkt es: Ihr wartet bei jedem Krimi darauf, dass der Täter gefunden wird, dass die Spannung aufgelöst wird. Im Tatort könnt ihr auf die Uhr schauen: Um dreiviertel neun ist die Spannung gelöst, um dreiviertel zehn ist die Erlösung da. Erlösung ist überall präsent, aber sie wird nicht wirklich gefunden. Stattdessen bleibt die verzweifelte Frage: Wo gibt es echte Erlösung?
Und damit sind wir wieder bei der Pädagogik. Kinder, die gehört haben, dass da einer ist, der sie von Schuld erlöst – das ist wunderbar, das ist Liebe!
Nicht umsonst gibt es im Griechischen, das Gott in seiner Weisheit für manche Bibelschüler gewählt hat, drei verschiedene Worte für Liebe. Diese drei Bereiche der Liebe umfassen auch die selbstlose Liebe, bei der ich etwas gebe und nichts zurück erwarte – als Eltern oder Lehrer.
Wie willst du einen guten Lehrer bezahlen? Das geht doch gar nicht. Du kannst die Liebe, die in Kinder investiert wird, nicht bezahlen. Ein ganz wichtiges Stichwort ist Versöhnung.
Was für ein großes Problem ist das gerade in der Welt: die vielen unversöhnten Beziehungen. Kinder bekommen mit, dass ihre Eltern über Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte unversöhnt zusammenleben.
Ich habe Eltern in der Eheberatung gehabt, die 15 Jahre verheiratet waren, und Kinder, die mir gesagt haben: „Wir haben nie erlebt, dass unsere Eltern nicht gestritten haben. Wir haben nie erlebt, dass sie sich versöhnt haben.“ Am Ende stand dann die Scheidung, aber da waren die Kinder schon erwachsen.
Wenn Eltern mir sagen: „Wir haben noch nie gestritten“, dann sage ich: Das ist furchtbar – erstens für euch und zweitens für eure Kinder. Denn wenn ihr nie gestritten habt, haben eure Kinder nie erlebt, wie ihr euch versöhnt habt. Und plötzlich merken wir, wie wichtig das ist.
Versöhnung ist eine Grundkompetenz im Leben. Man muss fähig sein, sich zu versöhnen und Versöhnung zuzulassen.
Gnade ist ebenfalls ein Beziehungsbegriff. In unserer Sprache ist Gnade meist ein juristischer Begriff. Dadurch merken wir, wie sehr wir den ursprünglichen Sinn verschoben haben.
Gnade bedeutet zutiefst Beziehung. Das alte Wort „Genahen“ heißt: Ich suche die Nähe zu einem anderen, ich habe Beziehung zu einem anderen. Gnade bedeutet, dass jemand, der inhaftiert war, plötzlich wieder die Möglichkeit bekommt, aus der beziehungslosen Einzelhaft herauszutreten und in Beziehung zu treten.
Es ist wichtig, das zu erleben: Gnade, die aus Versöhnung entsteht, ist erlebbar.
Wenn ich heute junge Leute frage – bis hinein in die Bibelschule –, was Gnade ist, kann ich das oft nicht erklären, weil sie es so nie erlebt haben.
Ich habe das bei einem alten Pädagogen entdeckt, einem der wohl genialsten Pädagogen seit der Reformation. Er hat allerdings nie ein Buch geschrieben. Mist, Flattich, Johann Friedrich Flattich, wie konnte ich da nicht draufkommen? Er ist einer meiner Lieblingspädagogen und Theologen. Ein schwäbischer Landfahrer, der im Laufe seines Lebens zweihundert Pflegekinder hatte – zweihundert! Da musste das Pfarrhaus erweitert werden.
Er hatte ein Prinzip bei seinen Zöglingen: Wenn sie etwas ausgefressen hatten und es gebeichtet haben, hat er es ihnen vergeben. Wenn sie nicht gebeichtet haben, hat er sie bestraft – aber niemals mit Gewalt. Flattich hat nie ein Kind geschlagen, keine körperliche Gewalt angewendet. Wir sind im 18. Jahrhundert, also 1700er Jahre. Ganz genau hat er gesagt: Als Kind schlägt man nicht, schon gar nicht als Christ – schwäbische Pietisten eben.
Das Vorleben ist so wichtig. Wir sind in der Jesusnachfolge, darauf kommen wir gleich noch zu sprechen. Kinder und Jugendliche brauchen wieder Menschen, denen sie folgen können – versteht mich nicht falsch – nicht im Sinne von Jesus. Jesus folgen wir als unsere absolute Autorität nach. Aber sie brauchen ein Vorbild, jemanden, bei dem sie im Leben und nicht nur im Reden, etwa am Sonntag oder im Hauskreis, beobachten können, wie dieser lebt. So können sie sich vornehmen: So will ich auch leben.
Das ist eines der wenigen Prinzipien und Konzeptionen, die Jesus ins Neue Testament hineingelegt hat – für die Gemeinde. Man sagt oft „geistliche Väter“, aber es geht nicht um einen geistlichen Vater im eigentlichen Sinn. Es ist eine Person, die jungen Leuten ganz praktisch zeigt, wie man lebt. Titus 2, die Welheimer werden es wissen – das haben wir kürzlich bei den Bibeltagen durchgenommen.
Dann ist da noch das Vertrauen, der Glaube: Wem kann ich eigentlich noch vertrauen? Kann ich wirklich dem Christen vertrauen? Jesus kann ich vertrauen. Aber wenn ich Jesus nicht kenne, ist Vertrauen heute ein inflationäres Wort. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Jesus beobachten.
Ich möchte das ganz zusammenfassen: Der Mensch als Geschöpf war sehr gut. Der Sündenfall – das ist nichts Neues – hat alles kaputtgemacht, wirklich alles.
Es gibt eine Stelle, die zeigt, dass das, was durch den Sündenfall zerstört wurde, wiederhergestellt werden kann. Das denken wir auch pädagogisch. In der Erziehung machen wir oft furchtbare Fehler. Wer schon Kinder erzogen hat, wird mir zustimmen. Wer noch keine Kinder hat, wird vielleicht sagen: „Ich bin der Erste, der keine Macht hat.“ Dennoch bin ich in diesem Punkt ein Prophet.
Wir machen gravierende Fehler. Nur wenn wir uns an das halten, was – wie Karl Barth gesagt hat – senkrecht von oben in diese Welt gekommen ist, nämlich die Bibel, können wir unsere Fehler in Erziehungsfragen in Grenzen halten. Und selbst dann können die Fehler noch furchtbare Ausmaße annehmen.
Sokrates, sprach ich zu euch, Jesus als Kind – ja, das ist ganz interessant. Wir haben oft die Vorstellung, dass die Kindheit Jesu keine große Rolle spielt, weil darüber nicht viel geschrieben ist. Doch Jesus war natürlich schon als kleines Baby Gott. Schon als Kind wirkte er in der Zusammenarbeit mit seinen Eltern, die ihn erzogen. Das ist auch etwas, das wir beobachten: Unsere Kinder erziehen uns. Irgendwann kippt das vielleicht sogar, manchmal ist es sogar gefährlich.
Wir finden in der Ankündigung der Geburt Jesu oder bei seiner Geburt Hinweise auf seinen Tod. Sozusagen wurde dieser schon in die Krippe gelegt. Manche Theologen sagen, die Windeln, in die Jesus gelegt wurde, waren keine gewöhnlichen Windeln, sondern Leichentücher. Diese Leichentücher waren unrein und lagen im Stall oder in einer Höhle, wahrscheinlich in einer Höhle, aufbewahrt. Man griff also an die Leichentücher und wickelte das arme Kind darin ein.
Wir müssen uns das bewusst machen, denn in unserer Zeit ist das nicht mehr so präsent: Ein Kind geht auf das Sterben zu. Dann gab es den Kindermord in Bethlehem. Das Kind wurde hineingeboren in eine grundsätzlich lebensfeindliche Umwelt. Dass Jesus verschont wurde, ist dem lebendigen Gott zu verdanken. Dennoch kostete es einige Menschen das Leben durch Herodes.
Diese Feindlichkeit der Umwelt zeigt sich darin, dass sich jemand angegriffen fühlt, wenn Kinder eigenständige, von Gott abhängige Persönlichkeiten sind. Dann gibt es den Vater, der sein Kind beschützt. An dieser Stelle habe ich Fehler gemacht: Ich bin oft auf meine Kinder zugegangen und habe laut gesprochen. Josef, der Ziehvater Jesu, handelte anders. Von ihm ist kein einziges Wort überliefert. Er war kein Schwätzer, sondern ein Mann, der handelte.
Josef hatte eine gutgehende Bauschreinerei in Nazareth. Zu dieser Zeit entstand eine der großen Städte, Sepphoris. Dort gab es viele Bauaufträge, die an Handwerker vergeben wurden – das kann man sich kaum vorstellen. Dann wurde Josef gesagt: „Nimm das Kind und geh nach Ägypten.“ Josef ging mit dem Kind ungewöhnliche Wege und nahm die Kosten auf sich.
Die Darstellung im Tempel zeigt zwei alte Leute, die nicht mehr viel können, die dem Kind aber auf den Kopf zusagen, was es für ein göttliches Kind ist. Ich erschrecke immer, wenn in der Bibel steht, dass wir Söhne oder Töchter Gottes sind. „Na ja, ich bin doch nicht der Sohn Gottes, oder?“ Doch, wir sind geadelt, Söhne und Töchter Gottes zu sein. Das sollen auch unsere Kinder werden.
Dabei spielen ältere Menschen eine wichtige Rolle. Selbst wenn sie nur noch wenig sagen können, strahlen sie durch ihr Alter, ihre Persönlichkeit, ihre Falten, ihre Hinfälligkeit und ihre Güte aus. Wir brauchen generationenübergreifendes Lernen.
Irgendwann bestimmt tatsächlich Jesus seine Eltern. Wir kennen die Geschichte von Jesus als Zwölfjährigem im Tempel. Da wird der Mutter klar, dass er eine tiefe Beziehung zu seinem himmlischen Vater hat. Das muss sich in ihrem Herzen bewegen. Jetzt ist es Zeit, ihn loszulassen.
Und jetzt schauen wir mal. Wir machen jetzt praktisch weiter. Das war bisher nur ein kleiner Ausflug in die Kirche, in die Kindheit Jesu. Aber schon dort merken wir, wie anders das Erziehungskonzept ist, verglichen mit den Ideologien, die wir am Anfang gehört haben.
Da ist man jetzt noch hineingerutscht: Die Beschneidung und die Namensgebung gehören natürlich auch noch nach vorne. Aber die Motivation zur Aufnahme des Kindes ist entscheidend. Wer eines dieser Kinder aufnimmt, der hat mich aufgenommen. Jesus hat ja Kinder in die Mitte gestellt und ihnen zuerst den Arm um die Schulter gelegt. Das ist etwas Interessantes.
Wisst ihr, ich hätte mir so sehr gewünscht, dass mehr zärtliche Emotionen von Jesus in der Bibel stehen. Zum Beispiel steht nie ausdrücklich, dass er gelacht hat oder geweint hat – zumindest nicht oft. Ich meine, wenn man sich die Welt anschaut, ehrlich gesagt, gibt es aus Gottes Sicht nicht viel zum Lachen.
Aber wenn Jesus mit Kindern umgeht, hat man fast den Eindruck, er geht aus sich heraus und wird ein ganz anderer Mensch. Auf einmal wird dieser Mann, der die Welt gerettet hat, zu einem, der sehr zärtlich ist. Dabei ist da überhaupt nichts Weiches, wie manche versuchen zu sagen. Im Gegenteil: Das ist der stärkste Mann, den das Universum je gesehen hat. Er besitzt die größte Macht, die man sich vorstellen kann, und er hat sie für unsere Ohnmacht geopfert, damit wir gerettet werden.
Und er sagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“ – und er umarmt die Kinder und zeigt Zärtlichkeit zu ihnen – wie könnten wir dann nicht zärtlich zu ihnen sein? Bitte richtig verstehen: Man muss heute auch wieder dazu sagen, dass es leider schon verdächtig ist, wenn ein Mann den Arm um ein Kind legt. Das ist tragisch.
Dann hören wir immer wieder, dass in der Geschichte vom verlorenen Sohn nur der Sohn gemeint ist. Wir schauen nur auf den Sohn und sagen: „Der war ungehorsam, der ist verloren.“ Die Geschichte müsste eigentlich richtig heißen: Der barmherzige Vater. Oder, wenn schon, dann zwei verlorene Söhne.
Aber das Thema, das wissen wir, ist natürlich der Vater – der barmherzige Vater, der das aushält. Man muss das mal in einem Kommentar lesen, wie dramatisch das ist. Der Vater hat alles verloren: das Geld. Denn der jüngere Sohn, der gegangen ist, hat ein Drittel des Erbes bekommen. Und der, der geblieben ist, musste gleichzeitig ausgezahlt werden und hat zwei Drittel bekommen, weil er der Ältere war.
Das wissen wir heute nicht mehr, weil wir mit dem Erbrecht der damaligen Zeit nicht mehr vertraut sind. Aber so hat der biblische Leser es sofort erkannt: Der eigentliche Lump war der Bleibende. Und dann dieser Vater, wie er den zurückkehrenden Sohn überhaupt nicht zum Wort kommen lässt – als er ihn sah, wollte er ihn einfach nur umarmen.
Der Vater hat nicht nur das Geld verloren, sondern auch sein Ansehen. Wenn ein Sohn zum Vater geht und sagt: „Ich will das Erbe“, hat der Sohn damit den Vater für tot erklärt. Das war die schlimmste Demütigung der damaligen Zeit. Und der Vater hat es zugelassen.
Natürlich wissen wir, dass das Gott ist, aber das kann man genauso auf Väter übertragen. Wir brauchen wieder Väter, die auch für ihr Kind das Gesicht verlieren und nicht nur stolz auf ihr Kind sein wollen, sondern barmherzig. Stolz konnte der Vater auf seinen Sohn damals nicht sein.
Wie er ihn dann in die Arme genommen hat – wir werden uns die Geschichte später noch genauer anschauen. Man muss sich das immer plastisch vorstellen: Dieser Kerl kam zurück aus dem Saustall. Habt ihr schon mal Schweine gemistet? Ich schon. Erstens will man danach nicht mehr in die Gegend laufen, wo die Freunde sind, und zweitens stinkt das zum Himmel.
Jetzt kommt dieser Saukerl heim, und der Vater nimmt ihn in die Arme. Ist da was mit dem Vater passiert? Der Sohn stinkt, der Vater nimmt den Mist seines Sohnes an. Das ist biblische Pädagogik.
Stellen wir die Familie im Vergleich zu Jesus dar. Jesus sieht die Familie anders und gründet eine neue Familie. Das kommt in Matthäus 19 so zum Ausdruck. Für mich ist das etwas Besonderes – aus der Sicht eines Geschäftsmannes könnte man sagen, es ist ein großer Beruf, dass Jesus eine neue Familie gründet.
Er hätte genauso sagen können: "Liebe Freunde, das machen wir so, ihr nennt mich Chef und ihr seid meine Sklaven." Mohammed zum Beispiel hat das so gemacht. Er sagte, man kann sich Gott nur als Sklave nähern. Ich glaube, ich sollte das besser nachlesen oder auch nicht.
Jesus hat einen anderen Weg gewählt. Er sagte: "Ihr habt einen himmlischen Vater, und ich bin der Sohn." Das sind alles Begriffe aus der Pädagogik und der Familie. Und ihr seid Brüder und Schwestern. Manchem wäre es lieber gewesen, er hätte gesagt: "Ihr seid irgendwie weit entfernt wohnende Menschen oder Mitbürger und Mitbürgerinnen." Nein, Brüder und Schwestern – er hat eine neue Familie gegründet.
Ich habe die leise Vermutung, dass die Gemeinde in zwanzig bis dreißig Jahren irrelevant sein wird, wenn wir es nicht schaffen, aus der Gemeinde wieder eine Familie und kein bloßes Aktionsbündnis zu machen. Das ist schon rein statistisch zu erwarten.
Wenn es der Gemeinde aber gelingt, wirklich Familie zu sein und Familienraum zu geben, dann wird das die eigentliche Berufung der Gemeinde sein. Das ist wieder etwas von der Freude über das Ungeborene. Das ist auch etwas Interessantes.
Hier ist natürlich nicht Jesus gemeint, sondern Johannes. Als Maria zu Elisabeth kam – ich weiß gar nicht, ob sie Cousine oder Tante war – da hüpfte das Kind im Leib. Ich finde das ganz spannend.
Unser Professor für Pädagogik, Karl Ernst Nipkow, war ein ganz berühmter Mann. Im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert war er der führende Religionspädagoge, fast möchte ich sagen weltweit. Nipkow hat uns damals schon gesagt, dass es nicht erst im Kindergottesdienst wichtig ist, sich geistlich um Kinder zu kümmern.
Er sagte, schon Kinder im Bauch können Lieder wahrnehmen und etwas von dem, was in der Familie vor sich geht, mitbekommen. Man nennt das die pränatale Komponente der Erziehung. Das fand ich sehr spannend und habe es dann wieder in der Bibel gefunden.
Die Menschen damals scheinen also schon sehr weit gewesen zu sein, eben inspiriert von Gott. Dann gibt es auch diese endzeitliche Prophetie, dass sich Familien genau umkehren. Die natürliche Familie wird zum Feindesland.
Der Vater wird den Sohn überliefern, die Tochter die Mutter und so weiter – das steht für die Endzeit. In der Endzeit ist die Familie kein Schutzraum mehr, sondern ein Feindesland.
Ich glaube noch nicht, dass wir so weit sind. In manchen Ländern sind wir schon so weit, aber bei uns würde ich sagen, sind wir noch nicht so weit. Wir sollten aber darauf achten, dass Kämpfe, auch ideologische Kämpfe, nicht in der Familie vor den Kindern ausgetragen werden. Die Kinder dürfen nicht den Eindruck bekommen, sie seien ein Feindesland.
Ich glaube, das ist später eine notwendige Sache.
Wir schauen weiter auf Kinder in der Bibel, im Neuen Testament, auf Kinder in der Begegnung mit Jesus. Habt ihr übrigens bemerkt, dass Jesus niemals Kinder angeschrien hat? Und glaubt mir, es ging dabei immer sehr liebevoll zu. Die jungen Leute waren damals ähnlich angesehen wie heute.
Auf der Hinfahrt hierher habe ich in Bayern einen Podcast gehört. Ich weiß nicht genau, was das war, vielleicht ein Wissenspodcast. Dort ging es um das Verhältnis zwischen Jungen und Alten. Sie begannen mit einer Aussage, die man so kennt: Die Jungen seien heute oft respektlos und wollen nichts leisten. All die Stereotypen, die man so hat. Dann sagten sie, dass dieses Problem schon 5000 Jahre alt sei. Also, das war schon immer so.
Aber hier zeigt sich eine positive Einstellung zu jungen Leuten. Jesus hat junge Leute berufen, die kaum vier oder fünf Jahre erwachsen waren. Diese jungen Männer waren oft ratlos, zum Beispiel als fünftausend Leute gespeist werden sollten. Da kam ein kleiner Junge und machte ein Angebot, das man fast albern nennen könnte. Er sagte: „Ich habe fünf Brote und zwei Fische dabei.“ Und Jesus nimmt dieses Angebot an.
Stellt euch vor, in einer Gemeinde heute würde ein kleiner Junge sagen, er sorgt fürs Essen bei einem großen Gemeindefest mit vielen Gästen. Die Reaktion wäre vermutlich: „Junge, du kannst das nicht schaffen, wir haben heute 200 Leute zu verköstigen.“ Doch Jesus nimmt den Jungen wahr, sieht sein Anliegen und erkennt in der scheinbaren Naivität das Herzensanliegen.
Vielleicht hat Jesus sogar gesehen, dass der Junge dafür eine Tracht Prügel von seinem Vater bekommen könnte, der mit anderen auf dem Feld arbeitet. Der Junge musste wahrscheinlich das Essen bringen. Jetzt sieht Jesus, dass die fünftausend Menschen wichtiger sind als der Ärger mit dem Vater. Also nimmt er das Essen an und holt sich später die Prügel ab – oder was auch immer.
Jesus sieht das Kind, setzt die Gaben dieses Kindes ein und erkennt in dem, was wir als bescheidene Gaben wahrnehmen – fünf Brote und zwei Fische –, etwas Wertvolles. Er vermehrt diese Gaben. Was glauben wir eigentlich, was Jesus aus unseren, darf ich sagen, „minderbemittelten“ Kindern machen kann? Oft haben wir in unseren Kreisen Sorge darum.
Ich bin viel auf Freizeiten unterwegs und erlebe selten, dass jemand sagt: „Mein Kind ist nicht gut in der Schule.“ Ich habe oft den Eindruck, dass christliche Kinder immer Einzelkinder sind, die super im Studium sind, eine tolle Karriere machen und so weiter. Doch ich habe auch beobachtet, dass manche Eltern heimlich „die Bank runterrutschen“, wenn ihr Kind sitzenbleibt. Solche Kinder mit geringen Leistungen haben bei Jesus Platz.
Bei der Kindersegnung, heute Abend sprechen wir nicht über den Segen, aber da kommen Mütter in ihrer Hilflosigkeit zusammen. Sie sagen: „Wir kommen nicht mehr klar. Was machen wir bloß mit unseren Kindern?“ Noch ein paar Jahre, dann müssen wir erwachsen sein. Damals waren Töchter mit zwölf, Jungs mit dreizehn erwachsen. Das ist bis heute so: Bar Mizwa mit zwölf, Bat Mizwa mit dreizehn. Dann sind sie erwachsen, verheiratet.
Diese Mütter hatten Not und wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten. Sie kamen zu Jesus. Das geschieht bis heute. Nun geht es nicht darum, sich um die Kinder zu kümmern, sondern Stühle zu stellen, das Haus zu putzen oder den Gottesdienst zu gestalten.
Die Jünger erwarteten, dass Jesus eine große Rede hält, zum Beispiel an die Mütter, und ein Erziehungskonzept vorstellt. Stattdessen sagt Jesus das berühmte Wort: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Da steckt viel drin. Er sagt nicht: „Lasst die Mütter die Kinder zu mir bringen.“ Das wäre eigentlich logisch gewesen, denn die Mütter wollen das ja. Aber Jesus sagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen“ und gibt uns damit einen wichtigen Hinweis: Kinder haben ein natürliches Bedürfnis, zu Jesus zu kommen.
Ich glaube sogar, dass Jesus weltweit eine unglaubliche Anziehungskraft auf Kinder hat. Da trifft ein bisschen zu, was Rousseau gesagt hat, aber eben ganz anders: Ein Kind hat ein natürliches Bedürfnis nach göttlicher Geborgenheit. Das spüren sie bei Jesus.
Deshalb halte ich die ganze Diskussion, ob und wie ein Kind sich bekehren kann, für Unsinn. Auch das Schema, das wir dann anlegen, dass Kinder bestimmte Sätze sagen müssen, ist Unsinn. Ein Kind wird die Worte finden, und Jesus wird sie verstehen. Unsere Aufgabe ist nur, ihnen nicht im Weg zu stehen.
Denn ihnen gehört das Himmelreich.
Die meisten Entscheidungen für Jesus fallen, statistisch betrachtet, bis zum Teenageralter oder im Teenageralter. Danach wird es schwieriger. Ich mache das manchmal: Wenn eine gemischte Gruppe zusammensitzt – Frauen oder Ältere – frage ich, wer bis zum Alter von sechzehn Jahren zum Glauben gekommen ist. Die Hände gehen immer hoch. Das war vor hundert Jahren so und ist heute noch so. Es ist immer so.
Ihnen gehört das Himmelreich – das betrifft auch die Versorgung von Kindern. Ich muss ein bisschen schneller sprechen, denn kranke Kinder sind ein wichtiges Thema.
Im Moment haben wir eine Seuche, die Kinder verschont. Ob die nächste Seuche andersherum verläuft, weiß ich nicht. Früher war das anders. Über lange Zeit, zum Beispiel bei der Tuberkulose, wurden Kinder oft befallen, weil sie unterernährt waren und kein so starkes Immunsystem hatten wie die Erwachsenen. Viele Kinder sind an Tuberkulose gestorben.
Wenn man alte Statistiken betrachtet, etwa von vor 70 Jahren, sieht man eine hohe Kindersterblichkeit. Man fragt sich, wie die Eltern damals damit umgehen konnten. Heute gehen wir zum Arzt und erwarten, dass es irgendwie machbar ist, wenn ein Kind krank ist.
Meine erste bewusste Erfahrung mit einem sterbenden Kind hatte ich während meines Hebräischstudiums. Ich saß im Hörsaal oder Seminarraum, der brechend voll war. Neben mir saß ein Kommilitone, der schon verheiratet war und eine Familie hatte. Er wohnte sogar in der Nähe meines Onkels, und wir freundeten uns etwas an.
Er war Physiotherapeut, hatte also schon einen anderen Beruf. Eines Tages sagte er, er müsse gehen, weil in der Kinderklinik etwas los sei. Es stellte sich heraus, dass seine Tochter Lea, drei Jahre alt, Leukämie hatte. Nach der Hebräischvorlesung ging er immer zu seinem sterbenden Kind.
Ich erfuhr in jeder Hebräischstunde, dass ihr Zustand immer schlechter wurde. Das interessierte keinen der Professoren. Er war völlig unbetreut. Im Nachhinein, als ich ein junger Mann war, vielleicht zwanzig Jahre alt, dachte ich oft, ich hätte ganz anders mit ihm sprechen können. Wahrscheinlich war es aber auch einfach gut, da zu sein.
Er erzählte mir immer wieder vom Fortschritt – und Fortschritt bedeutete in diesem Fall, dass Lea starb. Nach einigen Monaten standen wir am Grab von Lea. Gott hat sie nicht gesund gemacht. Der Vater musste nebenher arbeiten, kopierte für die Professorin und suchte Bücher heraus.
Dann war er plötzlich weg. Ich weiß nicht, wohin er ging. Er wurde nie Pfarrer und setzte sein Theologiestudium nicht fort. Vielleicht sollte ich mal googeln, ob ich ihn finde. Er hatte einen häufigen Namen.
Das Erstaunliche ist: Seine Tochter hieß Lea Hermann – so heißt heute auch meine Tochter. Eine merkwürdige Sache.
Jesus kümmert sich um Familien, die sich Sorgen um die Gesundheit machen, vielleicht sogar um das Sterben von Kindern. Wir sind es nicht mehr gewohnt, dass Kinder sterben. Das ist etwas Furchtbares.
Wie kann man so etwas bewältigen, ohne Jesus? Wie kann man schlimme Krankheiten, selbst leichte Krankheiten, bewältigen? Wie schafft man das?
Jesus hat Kinder oft als Vorbilder genommen. Dabei legte er ihnen zunächst die Arme um die Schultern und stellte sie in die Mitte. So zeigte er, dass Kinder für ihn ein Vorbild sind. Dass Jesus Gefühle gegenüber Kindern zeigte, hatte ich bereits erwähnt.
Jesus als Lehrer und Erzieher – nun gehen wir einen Schritt weiter und betrachten das junge Erwachsenenalter. Übrigens, egal wo man sucht, man findet keine einzige Stelle in der Bibel, in der Jesus auch nur ein Kind geschlagen oder ein böses Wort gegenüber einem Kind gesagt hätte. Das gibt es nicht. Gegen andere Menschen sagte er zwar auch mal deutlich seine Meinung, aber bei Kindern zeigt sich ein ganz anderer Umgang.
Wenn man die Geschichten über Jesus und die Kinder genauer betrachtet, entdeckt man einen unglaublich zärtlichen Jesus. Manche mögen sagen, er hatte ja viel mit Kindern zu tun, weil er als Prediger in die Welt gesandt war. Das glaube ich nicht. Vielmehr zeigt sich hier ein grundlegender Charakterzug von Jesus im Umgang mit Kindern.
Das müssen wir wieder lernen. Oft haben wir sofort Bedenken, etwa dass Kinder verweichlicht werden oder aufsässig und ungehorsam. Frau Haarer, herzlich willkommen! Diese Befürchtungen haben jedoch nichts mit der Bibel zu tun, sondern stammen aus ganz anderen Wurzeln.
Halt, Jesus als Lehrer – das wollte ich doch zeigen: Jesus als Lehrer und Erzieher. Jesus macht vor, die Jünger sollen lernen. Das ist die erste Stufe. Also verlangt Jesus nicht gleich, dass seine Jünger – und die waren immerhin schon ein bisschen älter, ich schätze so um die zwanzig – sofort etwas leisten müssen. Nein, seid einfach mal dabei.
Wo können junge Leute bei uns im Leben einfach nur dabei sein? Das ist von Jesus Erziehung zu lernen. Und wie gesagt, wir sprechen hier von jungen Leuten in fortgeschrittenem Alter.
Dann macht Jesus vor, und die Jünger dürfen helfen. Sie haben aber keine Verantwortung! Mir tut es immer so weh, wenn schon 14- oder 15-Jährige Verantwortung für eine Kinderstunde oder Ähnliches bekommen. Wie ist das denn? Das fordert zu viel. Lassen wir sie erst mal mitmachen.
Wo lernen junge Leute eigentlich, wie man Männer liebt oder Frauen liebt oder wie man einen Haushalt führt? Das kann man vielleicht patriarchalisch nennen, aber ich glaube, das ist biblisch. Lest dazu Titus 2.
Dann tun die Jünger etwas, und Jesus sieht zu. Da, guck, da kannst du noch ein bisschen, da hat er Fehler gemacht, aber das ist nicht schlimm, ich war ja dabei.
Dann geht Jesus, aber eigentlich bleibt er immer da, um immer da zu sein. Die Jünger tun etwas, und Jesus ist nicht mehr sichtbar da, aber natürlich ist er da.
Ich glaube auch, dass das das Prinzip von Jesus heute mit seinen Leuten ist: Wenn wir zum Glauben kommen, müssen wir nicht perfekt sein. Auch das tut mir manchmal so leid, wenn dann so über Leute gesprochen wird, die noch nicht so lange im Glauben stehen oder die sich, ich sage mal, ein bisschen glaubensmäßig entwicklungsverzögert zeigen – wenn man es mal pädagogisch ausdrücken will.
Wie mit denen umgegangen wird! Lasst doch jeden so entwickeln, wie er kann. Denkt an den kleinen Jungen, der so eine kleine Gabe hatte, die er Jesus zur Verfügung stellte – und es war verblüffend.
Jesus nimmt jeden individuell an.
Wie kann man es zusammenfassen? Die pädagogischen Prinzipien Jesu.
Jesus hat ein klares Ziel. Das Ziel in Matthäus 4,19 kennt man so gut, dass man die Bibel kaum aufschlagen muss: „Folgt mir nach, ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Jesus hat mit dem Nachfolgen einen Erziehungsweg vorgegeben, den er mit seinen Jüngern gegangen ist. Wir haben es gerade gehört, er hat ihnen ein Ziel vorgegeben. Dieses Ziel war zur damaligen Zeit relativ unpopulär. Man konnte damit weder viel Geld verdienen noch Karriere machen. Die höchste gesellschaftliche Anerkennung war, vor den Löwen in der Arena in Rom oder anderswo zu sterben. Das war nicht unbedingt das, was Eltern für ihre Kinder wünschen.
Was sind also unsere Ziele aus dem Blickwinkel Jesu für unsere Kinder? Beten wir dafür. Viele Väter sagen: „Ich wüsste gar nicht, wie ich es sagen soll. Ich möchte ja nicht, dass meine Kinder in den vollzeitlichen Dienst gehen oder in die Mission. Das kann man ihnen doch nicht antun.“ Du darfst alles wünschen, nur nicht, dass sie Pastor oder Missionar werden, denn dieser Beruf hat heute kaum noch Sozialprestige. Sozialprestige bedeutet gesellschaftliche Anerkennung.
Was ist das Ziel, das wir meinen? Soll das Kind ein berühmter Arzt, ein großer Industrieller oder Manager werden? Oder könnte das Ziel sein, dass es eine nette Familie hat und die Kinder zu Jesus erzieht? Jesus gibt klare Anweisungen. Das hört man selten: Jesus sagt nicht, „Ich weiß es auch nicht, probiert es einfach mal aus“ oder „Gestern habe ich so gesagt, morgen anders und übermorgen noch einmal anders.“ Das Faszinierende ist, dass der gesamte biblische Kontext wie aus einem Guss wirkt. Man erkennt eine klare Linie, klare Ansagen.
Manche sagen, sie möchten gern den Willen Gottes wissen. Aber was genau wollen sie wissen? Müssen sie jetzt etwas ändern? Jesus sagt klar, was zu tun ist. Wenn die Kameraleute nervös werden, sagt er es einfach weiter. Er zeigt, wie das Ziel zu erreichen ist. Er steckt die Ziele nicht zu hoch. Wenn die Jünger nach Hause kommen und berichten, sie hätten gesehen, dass Dämonen ihnen untertan sind, sagt Jesus, das sei ein zweitrangiges Erlebnis. Das wichtigste Erlebnis sei, dass ihre Namen im Himmel geschrieben stehen.
Ich finde es manchmal traurig, wenn Menschen nur auf die äußere Optik schauen und nicht auf das Ziel. Jesus sieht, was bereits vorhanden ist. Das habt ihr mit dem Jungen gesehen. Jesus macht immer aus wenig viel. Ich denke manchmal an meine einjährige Enkeltochter: Die eine kann schon ziemlich gut laufen, die andere hat gerade erst laufen gelernt und macht riesige Fortschritte. Ich arbeite schon jahrelang daran, dass sie jeden Tag einen Spaziergang macht.
Es ist wichtig, das zu sehen, was Kinder mitbringen, und nicht nur das, was ihnen fehlt. Das tut mir manchmal weh, wenn sich Mütter auf Freizeiten austauschen und eine sagt: „Mein Kind kann das schon“, und die andere zieht das Gesicht runter und meint, ihr Kind sei noch nicht so weit. Ach, lass es doch! Mit 80 merkt das keiner mehr, ob das jetzt vier Wochen länger gestillt wurde oder nicht. Vielleicht leben wir dann gar nicht mehr.
Jesus sieht, was bereits vorhanden ist. Er geht mit jenen, die von ihm lernen sollen. Er gibt nie Anweisungen aus der Distanz, sondern sucht Nähe und Beziehung. Ein Vater, der nur ab und zu vorbeischaut, kurz vor dem Zubettgehen oder sonntags, wenn er von der Arbeit oder Kirche kommt, kann seine Kinder nicht prägen. Man kann sagen, er habe keine Zeit. Doch jeder hat Zeit – nur setzt sich nicht jeder für seine Kinder ein.
An dieser Stelle sei gesagt: Wenn Gemeinden ihre Väter und Mütter so sehr beschäftigen, dass sie sich nicht mehr um ihre Kinder kümmern können, dann wäre es besser, die Gemeinde zu schließen und stattdessen Hauskreise zu gründen. Das ist vielleicht etwas pointiert gesagt, aber so ist es nicht vorgesehen. Nachzulesen in 1. Timotheus 3 und Titus 1.
Jesus geht immer in Vorleistung. Das ist etwas, das ich im eigenen Leben schon beobachtet habe. Jesus gibt Vorschuss: Er stirbt für mich, noch bevor ich geboren bin. Wie cool ist das? Er wusste schon, dass Albrecht Wendel für ihn sterben muss, also starb er schon zweitausend Jahre oder neunzehnhundertdreißig Jahre, bevor ich geboren wurde.
In vielen Dingen geht Jesus in Vorleistung. Er hat den Kindern schon etwas hineingelegt. Entdeckt doch, was Jesus schon hineingelegt hat – auch bei behinderten Kindern. Vielleicht hat er in ein behindertes Kind hineingelegt, dass es mir die ungeschützte Liebe dieses Kindes zeigen soll.
Ich werde es nicht vergessen: Ich war in einer psychosomatischen Klinik. Dort besuchte mich an einem Sonntag eine ältere Dame. Ihr Lebensgefährte kam mit ihrer Tochter, einem etwa dreizehnjährigen Mädchen mit Down-Syndrom. Diese Kinder sind sehr liebenswürdig, ich mag sie sehr. Dort waren viele Pädagogen, Beamte und Akademiker. Du hast gesehen, wie sie sich von diesem Kind distanzierten und nicht damit umgehen konnten. Für mich war das ganz normal. Später kamen sie auf mich zu und fragten, ob ich mich schon vorher so verhalten hätte. Ich habe nichts Besonderes gemacht, nur das, was ich immer mache.
Im Nachhinein wurde mir klar, dass vielleicht doch etwas von dem herausgekommen ist, wie Jesus mit den Schwachen umgeht. Ich bin nicht stolz auf mich, sondern staune über Jesus. Schaut euch doch die Kinder an, die vielleicht nicht die Helden sind, sondern die Schwachen, die Jesus liebt.
Ich möchte euch einen Satz vorlesen. Ich muss zwei Dinge dazu sagen: Die Großen werden von Jesus auch zum Dienst gerufen, aber hier geht es um Kinder. Jesus stirbt auch für Kinder. Damals war es natürlich nicht so, dass man die Kinder weggeschickt hat, wenn jemand gekreuzigt wurde. Ich finde es besonders krass, wenn ich in Geschichtsbüchern lese, dass Leute auf dem Marktplatz öffentlich gehängt wurden. Natürlich waren Kinder dabei. Sie standen ganz vorne, wenn jemand gehängt oder geköpft wurde.
Ihr müsst euch das vorstellen: Kinder waren auch bei der Kreuzigung Jesu dabei. Ich bin fest davon überzeugt, dass Jerusalem aus allen Nähten platzte und Kinder dabei waren. Wenn ich mit meinem Kind dort gewesen wäre, wäre das Wichtigste für mich gewesen, vier Tage später das leere Grab zu besuchen. Man kann einem Kind nicht zumuten, dass jemand gekreuzigt wird und dann einfach weg ist. Das ist eine furchtbare Todesart. Ich hätte meinem Kind gesagt: „Du brauchst keine Sorge zu haben, in drei Tagen wird er auferstehen. Er hat es gesagt.“ Und dann hätte ich ihm das leere Grab ganz groß gemacht.
Jesus gibt uns praktisch schon in dieser Situation eine Anweisung: Du kannst vom Kreuz reden, du kannst das Kreuz im Klassenzimmer aufhängen. Aber wer das Kreuz ins Klassenzimmer hängt, muss auch von der Auferstehung reden. Sonst ist es brutal.
Walter Rebell, ein Pädagoge, Psychologe und Theologe, sagt: Hätte das Urchristentum diese Sicht beachtet, wären keine Jugendlichen herangewachsen, die später autoritäre und machtbesessene Gemeindeleiter wurden. Die Großen sind zum Dienst am Anderen da, und die Kinder müssen so umsorgt werden, wie Jesus sich um sie gesorgt hat – und man muss ihnen von der Auferstehung erzählen.
Ich möchte noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Wir haben jetzt Jesus beobachtet. Lest doch auch mal die Bibel und schaut euch an, wie Jesus mit Menschen interagiert. Wie ist sein pädagogisches Verhalten?
Es gibt noch eine interessante Sache, die besonders diejenigen verstehen, die Pädagogik studiert haben oder noch studieren. Ich sage von meiner Pädagogik, dass sie eine sogenannte parakletische Pädagogik ist. Was bedeutet das? Jesus nennt in den Abschiedsreden im Johannes-Evangelium, Kapitel 14 bis 17, den Parakleten. Wir gehen da teilweise schon darauf ein. So nennt Jesus selbst den Heiligen Geist. Er nennt ihn auch nur ganz wenige Male, ich glaube zwei- oder dreimal, im Johannesevangelium direkt „Heiliger Geist“. Johannes, der ganz nah bei Jesus war, hat vom Parakleten gesprochen oder diese Bezeichnung überliefert, weil Jesus so vom Heiligen Geist gesprochen hat.
Dieses Wort hat eine vielfache Bedeutung. Das griechische Wort heißt „Fürsprecher“. Das ist sozusagen der Sammelbegriff. Darin enthalten sind die Bedeutungen Ermahner, Ermutiger und Tröster. Ich sage schon mal so: Wenn ihr diese Begriffe auf die Pädagogik anwendet – wenn ich mein Kind ermahne, will ich es gleichzeitig ermutigen und trösten. Dann wird die Ermahnung anders.
Wenn ich ein Kind ermutige, muss vielleicht auch manchmal eine Ermahnung dabei sein. Nur ermutigen oder nur trösten ist nicht ganz vollständig. Das Ermahnen gehört auch dazu. Wenn man das mal so durchdenkt, beschreibt das, was der Heilige Geist tut – und er wird ja mit diesem Wort bezeichnet –, was er bereits in uns als Christen hineingelegt hat. Er ist derjenige, der uns hilft, in richtiger Weise zu ermahnen.
Ich muss noch einmal betonen: Ich habe den Teil mit der körperlichen Züchtigung herausgenommen. Ganz ehrlich, ich habe den Vortrag gehalten und gemerkt, dass das eigentlich ein Dreitagesseminar wäre. Jetzt habe ich mir die PowerPoint angeschaut und gesehen, dass vieles rausfallen musste. Trotzdem möchte ich Folgendes sagen: Es wird oft gesagt, wer sein Kind liebt, der züchtigt es. Dabei wird häufig auf die Rute verwiesen, zum Beispiel in Sprüche 13. Das ist eine der wenigen Stellen, die mit der Rute in Verbindung gebracht wird. Im Neuen Testament kommt das so gut wie nie vor.
Im Neuen Testament steht an diesen Stellen, wo von Züchtigung die Rede ist – das ist ein typisch deutsches Wort –, ein griechisches Wort, das „Pädagog“ oder „Pädagogik“ bedeutet. Das hat nichts mit Schlagen oder Gewalt zu tun. Bei Jesus sehen wir an keiner Stelle Gewalt gegen Menschen. Das überrascht mich immer wieder. Er schlägt mal dreimal zu, aber nicht gegen Menschen, sondern auf den Tisch. Er wirft Tische um, die Geldkassen und so weiter, aber gegen Menschen keine Gewalt.
Ich habe schon angedeutet, dass eine der für mich bewegendsten Geschichten die vom barmherzigen Vater ist. Dieser Vater liebt seinen Sohn bis an die Grenze des damals Erträglichen, obwohl der Sohn ihn im Grunde genommen für tot erklärt, ihm die Existenz raubt und ihm Schande bereitet – er hätte Prügel verdient. Der Vater macht die Schuld seines Sohnes zu seiner eigenen Schuld. Er nimmt den „Mist“ des Sohnes an.
Vielleicht will uns Jesus neben der theologischen Seite, die natürlich in diesem Gleichnis steckt, auch sagen: Erziehung nach der Art Jesu bedeutet, den „Mist“ meines Kindes anzunehmen und vor Jesus zu bringen. Nicht mit Prügeln zu reagieren, sondern mit Umarmung. Die Umarmung des „Mistkerls“ ersetzt die Prügel – auch die übertragenen.
Man kann psychologisch Menschen viel Ärger „prügeln“. Das kann man mal durchdenken, wenn man sich fragt: Was möchte ich von meinen Eltern schaffen? Ich habe dazu ein paar Fragen formuliert. Ich glaube auch, dass die Art, wie ich mich als Elternteil gebe, das Kind prägt – besonders was sein Gottesbild betrifft. Darauf können wir jetzt nicht näher eingehen. Aber wenn Eltern immer nur strafend und gehorsamsfordernd sind, prägt das natürlich die Kinder. Das ist logisch. Dann entsteht auch ein bestimmtes Bild von Gott.
Wie kann ich mein Kind so erziehen, dass es möglichst ein realistisches Gottesbild aus der Bibel hat? Das ist auch mal interessant. Zwei oder drei Leute könnten sich mal mit den Emmausjüngern auf den Weg machen, um zu sehen, wie Jesus vorgeht. Wie geht er mit dummen Äußerungen um? Wie geht er mit Kränkungen um? Die Emmausjünger sagen zu ihm: Du bist der Einzige, der das nicht weiß. Wie blöd kann man sein? Du hast anscheinend gar nicht mitgekriegt, was in Jerusalem mit Jesus passiert ist.
Und wisst ihr, was Jesus darauf sagt? Was denn? Cool, oder? Er gibt sich nicht als Besserwisser, sondern erzählt einfach und lässt sie reden. Eine absolut geniale Geschichte.
Als sie ihn schließlich erkennen, als sie so weit sind und Durchblick haben, lässt er sie los. Loslassen ist Jesus-Art. Dabei bedeutet Loslassen nicht freier Fall, sondern ins Leben lassen.
Ja, ich möchte noch einmal zusammenfassen, wie ich mir vorstelle, dass wir das umsetzen können. Aus der Geschichte sollten wir lernen. Dabei ist es wichtig zu unterscheiden, was eine ideologisch geprägte Pädagogik ist, die nichts mit der Bibel zu tun hat, sondern die wir uns angeeignet haben.
Wir werden auf Dinge stoßen, bei denen wir erstaunt sein werden. Wahrscheinlich hat in vielen Bereichen das Deutschtum die Erziehung mehr geprägt als das Bibeltum. Deshalb sollten wir der christlichen Erziehung ein positives Image geben. Es sollte bekannt sein, dass Christen Kinder anders erziehen.
Dabei bin ich jedoch sehr gegen eine sogenannte Routenpädagogik. Erstens dürfen wir das nicht, denn es ist in Deutschland verboten, und wir sollen dem Staat untertan sein. Zweitens glaube ich, dass es nicht zielführend ist.
Wir sollten eine Pädagogik des Vertrauens anstreben, denn das ist auch ein Grundwort in der Bibel. Glauben heißt Vertrauen. Unsere Kinder sollten immer das Vertrauen haben, zurückzukommen – egal, was sie getan haben und wie weit sie sich entfernt haben.
Ehen und Familien stützen – das ist eine wichtige Aufgabe der Gemeinde. Ich füge hinzu, dass auch Alleinstehende gestützt und geschützt werden sollen. Die Gemeinde soll eine Infrastruktur bieten, damit alle ihr Leben leben können.
Gemeinde ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Familienzweck. Deshalb hat Gott beziehungsweise Jesus diese Familienbegriffe eingeführt. Andersherum gilt genauso: Wer mit seinen Kindern in der Gemeinde ist, tut etwas für seine Familie – und umgekehrt ebenso.
Wir sollten der älteren Generation Freiräume geben. Es ist nicht so, dass immer nur die Jungen ranmüssen. Dabei sollten wir die mittlere Generation im Blick behalten, die gerade viel zu tragen hat. Diese mittlere Generation, die jetzt Kinder hat und mitten im Leben steht, muss entlastet werden.
Die Älteren sollten die Jüngeren entlasten, also die mittlere Generation. Die mittlere Generation darf nicht auch noch die Gemeinde stemmen. Viele kümmern sich um bedürftige Kinder, doch diese sehen wir oft gar nicht, weil wir gelernt haben, nach außen eine Fassade zu wahren.
Hier muss man genauer hinschauen und dann ohne Vorwürfe, sondern mit Liebe helfen.
Außerdem glaube ich, dass wir die Ganztagsbetreuung nicht den Nichtchristen überlassen sollten. Wir haben als Christen eine gigantische Chance verpasst, nämlich die Kitas. Ich habe damals gesagt: „Jetzt lassen wir die Kitas einrichten.“ Nein, wir waren dagegen, weil die Mutter zu Hause bleiben sollte. Aber die bleibt halt nicht oder kann nicht.
Jetzt werden die Kinder von Nichtchristen erzogen. Stell dir vor, Christen hätten überall Kitas eröffnet. Dort hätten sie jeden Tag Kinderstunde gehalten, jeden Tag Tischgebet gesprochen und täglich christliches Leben mit den Kindern einüben können.
Die Kinder gehen nach Hause – ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe genug Kontakt zu Erzieherinnen. Die Kinder sagen dann zu Hause: „Mama, wir wollen auch daheim beten.“ Und die Erzieherinnen kommen und fragen: „Liebe Erzieherin, erklär uns mal, wie macht man das?“
Die ersten Christen hätten diese Chance nicht vorbeiziehen lassen.
Was nun? Wir kennen das biblische Menschenbild und sind ein Stück weit der Spur gefolgt, von Jesus zu lernen. Ich glaube, dass die Gemeinde die Chance der Kontrastgesellschaft nutzen sollte, wenn sie mehr erreichen will.
Fast in jedem Seminar fällt bei mir der Begriff Kontrastgesellschaft – das ist einfach so. Ich denke, wir müssen über eine generationenübergreifende Gemeindearbeit nachdenken. Die Segmentierung der Gemeindearbeit in unterschiedliche kleine Gruppen wie Jugendkirche oder Kinderkirche ist an manchen Stellen sinnvoll. Dennoch sollten wir die Infrastruktur der generationenübergreifenden Gemeinschaft in der Gemeinde nutzen. Das ist ein gigantisches Kapital.
Soziologen sprechen davon, dass solche Strukturen, wie sie soziologisch in einer gesunden Gemeinde gegeben sind, Überlebensstrukturen in einer aus den Fugen geratenen Welt darstellen. Zudem nehmen sie unerreichte und unbekannte Milieus in den Blick. Da gibt es noch viel zu tun.
Ich hätte jetzt eigentlich noch ein schönes Lied, aber wir haben hier keinen Ton. Dennoch begegnet einem das Bild ja öfter; man kann es auch im Internet kaufen. Ich finde, das ist es eigentlich: Wenn ein Kind sich so geborgen fühlt, obwohl sich der Abgrund unter ihm auftut – ich sage es mal so – und wenn man an die Zukunft der Kinder denkt, dann ist das ja wirklich ein Abgrund.
Ich wünsche mir für unsere Kinder, dass Gott für sie so eine Hängematte ist und dass wir vielleicht so eine kleine Wegstrecke dieser Hängematte Gottes halten dürfen. Damit sie nicht fallen, nicht abstürzen, sondern sich erst einmal erholen können, bevor sie ins Leben gehen.
Vielleicht sind wir jetzt spät abends angelangt. Gott hat es in der Schöpfung so eingerichtet, dass der Tag mit dem Ausruhen beginnt. Biblisch beginnt der Tag mit dem Abend. Hol erst einmal Anlauf. Ruh dich aus, komm zur Ruhe, sei geborgen, bevor der nächste Tag, bevor dein langes Leben vor dir liegt.
Und ich glaube, das ist die Botschaft, die uns Jesus und die Bibel geben.
Ich möchte noch mit uns beten.
Herr Jesus, wir sind jetzt ein bisschen auf deine Spur gekommen, was den Umgang mit Menschen und auch die Pädagogik betrifft. Da liegt so vieles in Schieflage, vor allem bei uns, aber auch bei den Menschen um uns herum. Zeige uns, wo wir helfen können, wo wir unterstützen können, wo wir ermutigen und trösten dürfen.
Ich wünsche mir so sehr, dass wir für unsere Kinder diese Hängematte sein können, die du eigentlich bist – dieser Halt, den du gibst. Dass wir ihnen das anbieten können, damit sie die Zukunft, die auf sie zukommt, mit dir meistern können – sei es im Leben oder im Sterben.
Jetzt bitte ich dich, dass du mit uns in diesen Abend gehst, uns auf dem Nachhauseweg begleitest und uns auch später, wenn wir das noch einmal anschauen, in aller Frische und mit vielleicht ganz neuen Aspekten neu aufgehen lässt. Amen.
Ich verabschiede mich und danke, dass Sie so lange ausgehalten haben. Ich weiß, was das bedeutet, so am Monitor zu sitzen und zuzuhören. Wahrscheinlich haben Sie sich auch etwas zu essen geholt – ich nehme mir immer Schokolade und manchmal Chips, also etwas zum Knabbern. Ich hoffe, Sie hatten auch etwas Nahrung dabei.
Euch, die ihr da wart, danke ich ganz herzlich. Es ist schön, Gesichter mal wieder vor sich zu haben. Ich wünsche einen guten Nachhauseweg. Seien Sie gesegnet.