Ich bin ungeheuer beeindruckt, diese große Versammlung, Sie alle zu erleben. Ich hätte nie geahnt, dass Sie sich aufgemacht haben, um zuzuhören.
Ich hätte gern gewusst, was an diesem Morgen in Ihren Köpfen vorgeht, was Sie bewegt. Die persönlichen Sorgen, die Belastungen, die auf Ihnen liegen. Wenn ich im Gespräch oft zuhöre, fällt mir auf, wie viele von Ihnen erzählen können, wie sehr sie das belastet – auch das Versagen christlicher Institutionen in unseren Tagen.
Ich komme aus dem Raum der Landeskirche, und das war die Last meines Lebens. Wenn man sieht, wie viel einfach nicht mehr Gottes Wort entspricht, wie viel in diesen Tagen versäumt wird. Wie viele Gelegenheiten nicht genutzt werden. Und wir sehen auch die schrecklichen Entwicklungen um uns herum, die uns belasten.
Wenn wir die Augen öffnen, in den Zeitungen lesen und in den Nachrichten hören, möchte man fortwährend Unterschriftensammlungen machen und gegen die Missstände protestieren. Wir können in unseren Orten aufzählen, was alles falsch läuft. Und doch meine ich, dass das immer nur sehr wenig Erfolg hat.
Was wollen wir also tun angesichts der Missstände, die uns belasten und die wir um uns herum sehen? Mir ist aufgefallen, dass das eigentlich ganz normal ist in unserer Welt. Selbst Organisationen, die man einmal gegründet hat und die einen Auftrag haben, halten sich nur eine gewisse Zeit.
Ein väterlicher Freund von mir hat einmal gesagt: Es dauert selten länger als 25 Jahre, dann geht ein neu gegründetes Werk auch schon wieder den Weg der Verwässerung, der Unklarheit und der Unschärfe. Dann muss es wieder neu gegründet werden.
Also mit Institutionen ist das immer so eine Sache. Wenn man meint, man könnte sie auf Kurs halten, wird man oft enttäuscht.
Menschen als prägende Kraft im Reich Gottes
Was im Reich Gottes tatsächlich interessant ist, sind die Menschen. Achten Sie einmal darauf, wer Sie geprägt hat. Das waren nur selten Institutionen, Einrichtungen oder Werke. Meistens waren es Menschen, denen Sie begegnet sind.
Das ist ein Geheimnis: Menschen werden von Gott benutzt, um in dieser Welt zu prägen, Richtungen zu geben, zu beeinflussen und zu formen. Es ist wichtig, dass Sie so eine Person sind – ein Mensch, ein Mann, der von Gott gebraucht wird, um Institutionen neu zu gestalten, um seine Gemeinde zu prägen und um in seinem Ort und Umfeld gestaltend zu wirken.
Die Verunsicherung in unseren Tagen ist sehr groß. Wir haben eine Kulturrevolution erlebt, deren Ausmaß uns erst jetzt im Rückblick wirklich bewusst wird. Es sind Dimensionen, die man vorher nie hätte ahnen können.
Vor 30 Jahren wurde in unserem Strafgesetzbuch der Paragraph zum Ehebruch als strafbare Handlung gestrichen. Bis dahin konnte ein Mensch theoretisch – auch wenn es kaum noch praktiziert wurde – wegen Ehebruchs bestraft werden.
Vergleichen Sie einmal, was in diesen 30 Jahren als Folge daraus geschehen ist und wie selbstverständlich das Zusammenleben ohne Trauschein geworden ist. In vielen evangelikalen Familien herrscht große Hilflosigkeit darüber, wie sie mit dieser Notlage umgehen sollen.
Es geht sogar so weit, dass in manchen evangelikalen Gruppen bereits überlegt wird, ob man das Zusammenleben bei Rentnern tolerieren sollte. Die Witwenrente ist oft recht gut, und man möchte so viel Geld wie möglich mitnehmen, das man bekommen kann. Also ist es dann wenigstens nicht erlaubt.
Vor 30 Jahren war das noch ein strafbarer Tatbestand im Strafgesetzbuch – ähnlich wie der Straftatbestand der Kuppelei. Es war völlig undenkbar, dass jemand in einer Studentenbude übernachten konnte, weil die Wirtin theoretisch nach dem Straftatbestand der Kuppelei bestraft werden konnte.
Ein Dammbruch ist geschehen. Das war die große Revolution, die jetzt wieder diskutiert wird: die 68er-Revolution. Goloman hat einmal gesagt: Die Mauern von Jericho brauchten sieben Tage Posaunenblasen, um einzustürzen. Aber bei der 68er-Revolution sind die meisten Mauern von selbst eingestürzt.
Es gab kaum noch Widerstand. Niemand sagte: „Hier ist eine Grenze, und da gehen wir nicht mit.“
Herausforderungen und Orientierungslosigkeit in der heutigen Gesellschaft
Wenn wir über diese Dinge nachdenken – nicht nur über die ökologischen Nöte unserer Welt, sondern auch über die grundlegenden Fragen unseres Wertesystems – stellen wir uns immer wieder die Frage: Wo sind heute Menschen, die fest stehen und mit ihrem Leben ein Beispiel für andere sind?
Ein Mitarbeiter in unserem Werk hat gestern zu mir gesagt, dass er einen großen Jugendbibelkreis leitet. Er ist selbst in den 30er Jahren und berichtete von der Erfahrung, dass man heute durch bloßes Reden kaum noch etwas erreicht. Das hat übrigens schon meine Mutter gesagt, nachdem sie mehrere Söhne erzogen hat. Ich war der fünfte von ihnen. Sie meinte, dass das, was man einem sagt, oft keinen Wert hat und nichts ankommt.
Der Mitarbeiter sagte, dass junge Leute heute vor allem vom Erlebnis her leben. Das ist sicher ein besonderes Kennzeichen unserer Wohlfühlgesellschaft. Wenn man ihnen sagt: „Du bist doch Christ, was du tust, entspricht nicht dem Wort Gottes“, dann antworten sie oft: „Aber ich fühle mich dabei gut“, oder „Ich habe einen guten Eindruck“, „Mir gefällt das so“ oder „Ich empfinde dabei nichts“.
David empfand auch nichts beim Ehebruch mit Bathseba. Erst als Nathan zu ihm sprach und das Wort Gottes an ihn herantrat, öffnete der Heilige Geist ihm die Augen. Heute ist es sicher typisch, dass man durch Reden kaum noch viel bewirken kann.
Was ich Ihnen heute sagen möchte, ist, dass das Beispiel, das Sie leben, eine sehr große Bedeutung hat. Mein Vater ist sehr früh gestorben, mit 57 Jahren. Die größte Zeit seines Lebens wurde ihm durch das Dritte Reich gestohlen. Er wurde strafversetzt, verlor seinen Beruf und wurde in den Krieg eingezogen. Erst nach dem Krieg konnte er sich beruflich entfalten – auch als Politiker und im Staatsdienst.
Er hat uns Dinge eingeprägt, die mir erst jetzt, wenn ich auf mein Leben zurückblicke, wirklich bewusst werden und zur Entfaltung kommen. Es ist interessant, wie solche Worte nachwirken. Mein Vater sagte immer: „In der Vierten Republik braucht man noch mehr Zivilcourage als im Dritten Reich.“
In dieser neuen Bundesrepublik, die aufgebaut wird, braucht es Menschen, die hinstehen und sich nicht dem Zeitgeist anpassen, die nicht einfach das akzeptieren, was überall als selbstverständlich gilt. Das ist gar nicht so leicht.
Wir sind heute stark geprägt von der Fernsehgesellschaft, und diese Prägung wirkt viel tiefer, als wir zugeben wollen. Wir nehmen vieles, was wir um uns herum sehen, als selbstverständlich hin.
Die Herausforderung der Gegenwart und die Hoffnung im Wort Gottes
In diesen Umwälzungen müssen wir besonders darauf achten, woher unsere Prägung kommt und wer uns formt. Der große Theologe Karl Hardenstein, Ausleger der Offenbarung und bedeutender Missionsmann, hat vor 50 Jahren bei der Einweihung unserer Kirche in Stuttgart 1950 vorausgesagt: Aus den Trümmern heraus wird die Kirche wieder aufgebaut. Europa wird jedoch kein christliches Europa mehr sein, sondern ein antichristliches.
Wir dürfen uns nie mehr dem Traum hingeben, als ob wir alte Zustände wiederherstellen könnten. In diesem Europa, in diesem Deutschland werden Mächte wirksam sein, die nur das Zeugnis von Christus vernichten wollen.
Diese Gedanken und Eindrücke stimmen mit den Erfahrungen überein, die viele an diesem Tag mitgebracht haben. Es sind Erfahrungen aus dem Umfeld, sei es im Schuldienst, bei der Erziehung von Kindern, im gesellschaftlichen Wirken oder im Auftrag, Einfluss in der Gemeinde zu nehmen.
Karl Hardenstein sagte dann: „Aber das Wunder geschieht, dass Christus durch sein Wort hier und da das Wunder des Gemeindebaus schafft.“ Das erleben wir, wenn jemand mit dem Wort arbeitet. Plötzlich entsteht ein Hausbibelkreis, jemand beginnt eine missionarische Jugendarbeit oder kümmert sich um gefallene, drogenabhängige Menschen. Und dann wird sichtbar, dass Christus zu seinem Wort steht.
Man kann sagen, dass es in der Urchristengemeinde genau dasselbe war. Es war eine antichristliche Zeit. Johannes spricht in seinem Brief davon, dass viele Antichristen da sind. Doch das Wunder geschieht, wenn Menschen mit dem Wort Gottes leben: Gemeinde entsteht, eine Gegenkultur wird sichtbar, ein Raum wird geschaffen, weil Gott größer ist als alle satanischen Mächte dieser Welt.
Ich möchte Ihnen das zu Beginn klar sagen, damit Sie Mut haben und sich nicht von allen negativen Eindrücken erdrücken lassen, die Sie prägen mögen. Jakob Krüger hat einmal gesagt: „Wie das Göttliche, so ringt auch das Dämonische und das Diabolische um eine Fleischwerdung im Menschen.“ Das Teuflische will ebenfalls Raum gewinnen, aber die Macht Gottes ist größer. Wir können mit seiner Gegenwart rechnen.
Ich möchte das so klar sagen, damit kein Missverständnis entsteht: Bei allem Negativen, das wir immer wieder erkennen, wollen wir den Sieg Jesu ausrufen. Wo Menschen ihm glauben und Jesus vertrauen, haben die Mächte keinen Raum mehr.
So wie es unsere Missionare erleben, in Gebieten, die vom Okkultismus beherrscht sind, wo schwarze Magie so präsent ist, dass man sie oft mit Händen greifen kann – auch in der Krankheit, die die Missionsboten befällt. Doch dann macht Jesus seine Siege sichtbar.
So sollen Sie es in unserer Gesellschaft ebenfalls erfahren.
Die Bedeutung starker Männer in der heutigen Zeit
Ich habe mein Referat heute Morgen überschrieben mit „Starke Männer! Braucht das Land?“ Das passt zur Wahl: „Starke Männer braucht das Land!“ Das war ja immer so ein Slogan auf den Wahlplakaten. Aber was ist eigentlich ein starker Mann? Wann ist er denn stark?
Wir haben heute das Problem, dass uns die Frauenpower ein wenig verunsichert hat. Manche haben darauf reagiert und sich auf ihre alte Rolle gestützt. Ich bin oft nicht ganz glücklich, wenn ich Leute in frommen Kreisen argumentieren höre: „Nach der Bibel ist es doch die Aufgabe des Mannes.“ Ich weiß nicht, ich bin auch verunsichert.
Kürzlich war ich in Pakistan und habe erlebt, wie dort die Frauen behandelt werden. Ganz im letzten Zipfel von Pakistan, in Kohistan, wo es noch gar keine Christen gibt, aber wo die Missionsärzte über Doktor Hans Martin Kilgus aus Aachen bei Freudenstadt wirksam sind, wurde eine zwanzigjährige Frau von ihrem Vater über einen ganz steilen Gebirgspfad im Indus-Tal hergetragen.
Hans Martin Kilgus erklärte mir, dass die Frau so verhüllt und so abgeschirmt in dem Frauenhof lebt, dass kein Sonnenstrahl sie trifft. Darum fehlen ihr die Vitamine, die durch die Sonne im Körper freigesetzt werden. Da sieht man, was der Islam für eine brutale Religion ist und wie er einen Menschen kaputtmacht, weil er sich nicht einmal entfalten kann.
Da ist uns erst bewusst geworden, dass wir vielleicht manchmal auch die Frauen in unseren Gemeinden sehr unterdrückt haben. Und uns dabei auf ein Männerbild berufen haben. Es ist ja nicht immer gut, wenn die Frau in der Gemeinde spricht. Dabei ist es eine Bereicherung. Ich weiß auch, wie in vielen Gemeinden Frauen darunter leiden, auch in Gremien oft, dass sie nicht ernst genommen werden mit ihren Beiträgen.
Ich will das ganze Thema jetzt nicht weiter entfalten, aber wir haben oft den Eindruck, dass es so wichtig ist, auch was die Bibel über die Stellung des Mannes sagt. Denn wir Männer sind ja schwächer, als wir nach außen zugeben könnten.
In unseren gesellschaftlichen Analysen wird immer wieder erwähnt, dass der Mann so soft sei, sanft und auch etwas trottelig, sensibel und letztlich ein großes Kind bleibe. Er verhalte sich oft wie ein Dauerklauer, ein verwundeter und ewig Verletzter, der seine Wunden leckt. Da ist manches drin, das zeigt, dass wir Männer sehr verführbar sind von Frauen.
Wenn Sie Ehepaare kennen, in denen die Frau alle Rollen an sich zieht und am Ende auch noch das große Wort führt, während der Mann dabei sitzt wie ein kleines Hundchen und fragt: „Darf ich noch hochgucken?“ – dann sieht man erst, wie schwer es ist, seine Männerrolle überhaupt zu behaupten.
Welche Chance haben wir überhaupt gegenüber der Frau? Das ist oft schwierig: Wie ordnen wir das in der Familie? Welchen Raum geben wir? Ich hoffe, dass das auch in Gesprächen, wenn noch Raum bleibt, einmal zur Sprache kommt. Dort, wo wir Nöte haben, die ganz belastend sind.
Es ist erschütternd, wie viele junge Ehen heute zerbrechen, weil man sich über die Rollenverteilung nicht mehr klar wird. Das ist ganz arg schwierig, wenn ein Mann plötzlich für 14 Tage die Kinder versorgen muss, weil die Frau auf einem Fortbildungskurs ist und alles drunter und drüber geht und er das einfach nicht mehr schafft.
Wenn Frauen ihre Freiheit suchen – auch evangelikale Frauen – und sich scheiden lassen, weil sie sagen, der Mann engt mich in meiner Entfaltung ein, dann entstehen schreckliche Nöte. Nachdem die finanzielle Selbständigkeit der Frau in vielen Fällen gegeben ist, ist das auch eine Loslösung vom Mann.
Ich bin überzeugt, dass wir nur aus dem Wort Gottes und aus dem lebendigen Umgang mit Jesus Christus unsere Aufgabe und unsere Rolle führen können. Darum ist es ganz entscheidend wichtig, dass wir uns in unseren Fragen nicht mehr einfach an dem orientieren, was heute gang und gäbe ist oder was uns in irgendwelchen Zeitschriften als Haltung und Rolle empfohlen wird.
Wir dürfen uns verunsichern lassen. Wir sollten auch mit den Frauen darüber reden und sagen können, was uns bewegt. Ich empfand es oft auf Freizeiten, die wir hatten, als ganz hilfreich, wenn wir Frauen und Männer getrennt über unsere Probleme reden ließen und dann wieder zusammenkamen.
Dann sagten oft die Frauen: „Das wussten wir gar nicht, dass ihr Männer so sehr auch darunter leidet.“ Sie werfen uns oft vor, wir kümmerten uns so wenig um die Kinder und verkriechen uns bloß in unseren Berufsaufgaben. Dabei sagen wir: Wir sind doch selber unsicher, wie wir uns einbringen können und wie das richtig ist.
Ich sehe das heute, wie ich viel an meinen Kindern versäumt habe. Ich habe immer gemeint, das müsste mit Härte und Strenge geschehen, wenn die Kinder ihre seelischen Krisen hatten. Das kann heute bis zu starken psychischen Zuständen führen, die sie richtig nicht mehr zum Leben befähigen.
Ich muss dankbar sein, dass meine Frau in dieser Situation Recht behalten hat und nicht falsch lag. Sie hat ohne Psychotherapie die Kinder zum Leben zugerüstet, indem sie oft abends eine Stunde am Bett saß und mit den Kindern geredet hat. Ich hatte nicht die Geduld dazu.
Ich habe immer geglaubt, es müsste mit Strenge geschehen, weil ich versuchte, meine eigenen Schwächen zu überdecken. Da sind uns einfach Geschenke gegeben: dass wir miteinander vor Christus darüber reden dürfen, was hier da ist.
Die Verunsicherung darf uns befallen, und darüber sollten wir auch in unseren Familien reden. Es wäre eine schlechte Ehe, wenn wir das nicht mit unseren Frauen tun könnten.
Verunsicherung und Vertrauen im Glauben
Der große Dietrich Bonhoeffer, der mutig und unerschrocken seiner Hinrichtung und dem KZ entgegenblickte, hat uns diesen Vers gegeben, der seine eigene Verunsicherung ausdrückt. Wenn er schon darüber spricht, darf ich ihn lesen:
Wer bin ich?
Man sagt mir oft, ich trete aus meiner Zelle gelassen, heiter und fest. Wie ein Gutsherr aus seinem Schloss. Bin ich wirklich das, was andere von mir sagen, oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, trank wie ein Vogel im Käfig, ringend nach Lebensatem, als wirkte jemand auf meine Kehle. Hungrig nach Farben, nach Blumen und Vogelstimmen, dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe.
Zitternd vor Zorn und Willkür und kleinlichster Kränkung, müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen, matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen.
Wer bin ich? Einsames Fragen treibt Spott mit mir. Wer ich auch bin, du kennst mich, dein bin ich, oh Gott!
Ich sage also: Lassen Sie sich ruhig verunsichern, aber bestehen Sie es vor Gott, und allein vor ihm!
Auch das, was wir oft vertreten, stimmt nicht: Wir Männer sind nicht hart, wir sind in vielem weicher als die Frauen, sensibler, leiden mehr unter Kränkungen.
Doch jetzt wollen wir zur Lösung kommen, zu Antworten. Dafür habe ich einen Vers aus Daniel 11, Vers 32 gewählt. Ich lese ihn nun nach dem Luthertext:
"Aber die vom Volk, die ihren Gott kennen, werden sich ermannen und danach handeln."
Die Bibel, Gottes Wort, gibt uns sensiblen, schwachen, empfindsamen, gekränkten Persönlichkeiten plötzlich eine Rolle. Wann wird das alles sein?
Hier geht es um die Prophezeiung, wenn der Gräuel der Verwüstung im Heiligtum sein wird. Das war in der Zeit der Makkabäer, als im Tempel von Jerusalem ein Götzenbild aufgestellt wurde. Das ist eine furchtbare Sache.
Wenn man heute nach Jerusalem kommt, ist das für uns eine große Belastung: An der Stelle, wo Abraham mit seinem Isaak stand, wo David stand, steht heute der Felsendom, der nicht dem geoffenbarten, ewigen Gott dient.
Das Gräuelbild der Verwüstung steht für mich seitdem dort.
Wir wollen mit Muslimen in Liebe und Frieden zusammenleben, müssen aber sehen, dass die ganze Offenbarung Gottes, so wie sie uns im Wort Gottes gegeben ist, im Islam auf den Kopf gestellt wird.
Also ist es das Gräuelbild der Verwüstung. Aber wir leiden auch darunter, wie es in der christlichen Gemeinde fortwährend geschieht: Das Gräuelbild der Verwüstung, dass das Jesusbild verfälscht wird, dass das Wort Gottes von Menschen zurechtgewiesen wird, dass die Ordnungen Gottes verändert werden.
Damals wurde aus dem Tempel Gottes, dem Ort, den Salomo bestimmt hatte, damit man Gott anbetet, ein Tempel der Verführung, des Unglaubens und der Verfälschung.
In der Tat ist es immer so, dass die biblische Gemeinde am meisten gefährdet ist, im Abfall von Gott. Die Welt wird ja nicht so hart gerichtet wie die Gemeinde. Und der Unglaube ist in der Gemeinde am allerschlimmsten.
Darum sollten wir auch nicht so viel über die Welt schelten. Unsere Zeit heute, das Jahr 2001, leidet in Deutschland und an unseren Orten am allermeisten daran, dass das Licht der Offenbarung des Wortes Gottes nicht mehr klar scheint, dass das Wort Gottes nicht mehr bekannt ist.
Gestern sagte mir eine Frau, die im Bethesda-Krankenhaus in Stuttgart Besuche machte, sie habe einen Mann getroffen, der sagt: Seit sechzig Jahren habe ich nicht mehr gebetet. Das ist unser Land, ein gottloses Land geworden, weil die Gemeinde versagt hat.
Darum ist das, was im Buch Daniel geschrieben steht, so aktuell.
In dieser schrecklichen Zeit, in der die Offenbarung Gottes verfälscht ist und nicht mehr klar sein kann, kommt es zum Abfall von Menschen. Dort steht, dass bei denen, die gegen den Bund Gottes gehandelt haben, Gott sie laufen lässt in die Gottesferne. Gott zieht seine Hand von ihnen ab und lässt sie laufen in die Verführung. Das ist hier eindrucksvoll beschrieben.
Gerade in dieser schrecklichen Zeit, in der die Menschen schlüpfrige Wege gehen, verblendet sind und allen Verführungen aufsitzen, kommt es zur Sichtung der Gemeinde.
Karl Hartenstein sagt das schön in seiner Auslegung zum Buch Daniel: Es kommt zur Sichtung der Gemeinde, sie wird bewahrt, rein und lauter, es kommt zur Scheidung.
Wir kommen nie daran vorbei, dass sich diese Scheidung immer wieder vollziehen muss.
Gerhard Meyer schreibt in seiner Daniel-Auslegung: "Herr zu mir, wer dem Herrn angehört" – das ist der Ruf hier: Herr, zu mir, wer dem Herrn angehört.
Uns tut es immer weh, wenn alte Freundschaften zerbrechen. Wir wollen auch nie andere ausstoßen. Aber es geht darum, dass wir uns sammeln um das Wort Gottes im klaren Gehorsam.
Gerade in der gläubigen Gemeinde, der Gemeinde des Wortes, muss es dazu kommen, dass die, die dem Herrn dienen, die – so heißt es hier – die ihren Gott kennen, die ein persönliches Liebesverhältnis mit Gott haben, sich sammeln.
Das ist das Schöne, was du von der Allianz beschrieben hast, das Geheimnis.
Wir wollen nicht Einheit machen, sondern wir freuen uns, Schwestern und Brüder in vielen Gemeinden und Gruppen zu finden. Bei aller Verschiedenheit unseres Denkens finden wir Menschen, die den Herrn kennen – und das ist genug zur wahren Einheit.
Wir brauchen keine Formen, wir brauchen keine einheitliche Organisation. Das würde alles nur wieder zerstören.
Wir wollen uns an der Bruderschaft freuen, die wir haben.
Peter Jolatur, den Sie ja als guten Journalisten kennen, hat ein eindrucksvolles Wort gesagt: Er fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes.
Er sagt, das Christentum habe teilweise schon abgedankt, es habe keine verpflichtende Sittenlehre und keine Dogmen mehr.
Auch das Christentum hat immer wieder abgedankt, aber Christus hat nicht abgedankt. Christus beruft Menschen. Und wo zwei oder drei versammelt sind – mehr hat Jesus nie gemeint – da macht er seine Siege.
Da sind wir in der Welt gestellt und in der Verantwortung. Das fängt an in den Beziehungen, die wir haben, in den Familien, in den Ehen, im Zusammenleben der Generationen, zu unseren Kindern und zu unseren Eltern.
Es geht weiter in die Gesellschaft hinein, in unsere Verpflichtungen, die wir haben, in der bürgerlichen Gemeinde. Es geht weiter in unsere Berufsverpflichtungen hinein.
Es ist eine Frage, wie wir unser Leben heute ordnen, was unser Lesestoff ist, was wir im Fernsehen konsumieren. Entrüsten wir uns nur über die schlechten Programme und schauen sie heimlich deshalb so gern an?
Das ist eine Brunnenvergiftung unseres Herzens und unserer Seele.
Wir müssen einen Schnitt ziehen, wenn wir dem Herrn dienen wollen, und sagen: Wir können nicht einfach dabei sein. Wir werden später noch dazu kommen. Wir können uns nicht zurückziehen und einfach sagen, ich lebe mein Leben an meinem Platz.
Wir werden erst merken, wie uns der Herr herausfordert: Die, die den Herrn kennen, werden entsprechend handeln.
Das Entscheidende ist: Ich brauche keine großen, anklagenden Worte zu machen. Lebe an deinem Platz, und der Herr wird dafür sorgen, dass aus deinem Leben Wirkungen kommen.
Sicher ist es oft eine Gefahr, dass wir zu viel planen und organisieren und vergessen, dass das stille Zeugnis eines Lebens eine machtvolle Demonstration ist.
Mir fällt das immer wieder beim Lesen der Apostelgeschichte auf: Was für bescheidene Leute waren die Apostel eigentlich?
Ich würde sie gern mitnehmen in die Türkei. Wenn man nach Antalya kommt, dann der Paulus, mit Silas losgezogen, als Johannes Markus heimging. Sie gingen in die Berge, kamen ganz schlicht nach Ephesus.
Wenn Paulus gesehen hätte, was daraus wird – er hat es nie erlebt, er sah nie die Zahlen. Erst nach seinem Tod kam das alles.
Er saß Jahre untätig im Gefängnis. Da hätte ich rebelliert und gesagt: Herr, mein Terminkalender! Doch Paulus blieb ganz ruhig. Er wusste, der Herr wird es recht machen.
Er konnte sich freuen über ein ganz wenig Erfolg. Können Sie das in den Dimensionen des Neuen Testaments denken? Wenn ich nur einen oder zwei Menschen prägen kann!
Mir war immer eindrücklich, wie Richard Wurmbrand, der jetzt gestorben ist, in den Karpaten ein lungenkranker Schuhmacher war. Das war 1943, er hatte nur noch wenige Wochen zu leben.
Er sagte: Herr, ich möchte nur eins, ich möchte noch einen von deinem Volk Israel dir zuführen.
Bei einem schweren Gewitter suchte ein Ehepaar Unterschlupf in diesem Haus in den Karpaten. In den vier Stunden, in denen sie dort standen, sprach der Schuhmacher mit ihnen. Das waren Richard und Sabine Wurmbrand.
Eine Sägenspur ist gelegt worden, das hat der Schuhmacher nie erfahren.
Richard Wurmbrand hat damals in den ersten Jahren eine ungeheure Tätigkeit in Rumänien entfaltet. Seine spätere Sache war oft umstritten durch politische Wertungen, aber was er für die Gemeinde Jesu damals in Rumänien bedeutete, war enorm – als Vater des Glaubens.
So ist es nur wichtig, wo ich mit meinem Leben wirken kann.
Etliche werden sich ermannen, die Gott kennen.
Wir müssen aufpassen: Unsere Zeit ist so harmoniesüchtig, und wir selbst sind davon angesteckt.
Das zählt bei uns alle nicht viel, wenn jemand aneckt. Aber Sie müssen wissen: Alle Diener Gottes sind angeeckt.
Elija konnte in seiner Zeit nur anecken, wo Isebel herrschte, in Israel.
Wir leben in einer Zeit, die verkehrt ist und nicht nach den Ordnungen Gottes lebt. Wir können nicht einfach auf Harmonie machen.
Seien Sie immer vorsichtig, wenn andere sagen: „Ja, der Bruder kann ja keinen Frieden halten.“ Was sollen Sie denn tun können?
Wir sagen heute: Im Dritten Reich hätte man anders hinstehen müssen. Dann hätten Sie angeeckt.
Sie brauchen Zivilcourage. Was heißt das? Sie beugen sich nicht vor den Göttern.
Heute sind es nicht die Politiker oder großen Autoritäten. Heute sind die Meinungsmacher und die Medien die großen Götter.
Wenn Sie sagen: Ich mache nicht mit, ich habe keinen Fernseher – dann spinne ich ja.
Wenn Sie Prinzipien haben und sagen: Ich lebe mein Leben nach meinen Ordnungen, legen Sie das niemandem verpflichtend auf. Sie leben das nur in einem klaren Bekenntnis und handeln entsprechend.
So heißt es: Die, die ihren Gott kennen, werden entsprechend handeln.
Das heißt: Entsprechend nach dem Bild Gottes, nach seinem Befehl.
An keiner Stelle sind die Ordnungen Gottes auch in unserer Zeit nur irgendwie renovierungsbedürftig. Im Gegenteil: Gott lässt an dem Heil, das er für uns geschaffen und geplant hat, nichts abbrechen.
Darum sind sie auch heute verbindlich.
Wenn ich nur an die Sonntagsordnungen denke – keine Angst, ich bin kein Sabbatist – aber wir müssen uns überlegen, ob wir noch den Sonntag als einen Tag haben, an dem wir den Herrn ehren und dienen.
Wie wir mit Geld umgehen, wie wir uns von Sorgen anstecken lassen.
Darum möchte ich an dieser Stelle hinzunehmen, was Jesus in Matthäus 24 in der Endzeitrede gesagt hat.
Jesus spricht in Vers 9: „Ihr werdet der Bedrängnis preisgegeben und getötet werden; ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern. Dann werden viele abfallen, sich untereinander verraten und hassen. Es werden viele falsche Propheten auftreten und viele verführen. Weil die Ungerechtigkeit überhandnimmt, wird die Liebe in vielen erkalten. Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden. Dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker gepredigt, und dann wird das Ende kommen.“
Mir ist wichtig, dass das ein Kennzeichen unserer Zeit ist: die totale Hilflosigkeit aller politischen Lösungen.
Die einzige Lösung, die die Politiker noch finden können, um die Weltnöte zu lösen, ist, das Welteinheitsreich zu schaffen und die Brotfrage zu lösen.
Es ist erschütternd, dass alle anderen Methoden heute nicht mehr weiterkommen. Das weckt bei uns Anklänge an das, was wir in der biblischen Prophetie wissen.
Wir leben in einer Zeit, in der Friedenslösungen der Welt radikale Lösungen bringen werden.
Ich sage immer wieder: 1,4 Milliarden Menschen können nie in ihrem Leben ein Glas sauberes Wasser trinken. Eine Milliarde Menschen kann nie einen Arzt oder ein Medikament bekommen. 300 Millionen Kinder können nie eine Schule besuchen.
Ein Fünftel der Menschen verbraucht 80 Prozent des Geldes – dazu gehören wir.
Wir können die Ungerechtigkeit der Welt nicht abschaffen. Alle Opfer, die wir geben, sind nur Beruhigung unseres Gewissens. Die Ungerechtigkeit bleibt, wie Jesus prophezeit hat. Hunger und teure Zeiten bleiben. Die Wirtschaftsprobleme bekommt man nicht in den Griff.
Es gibt keinen Frieden, weil Gott den Frieden von dieser Welt genommen hat. Die Gesetzlosigkeit wird überhandnehmen.
Die falsche Prophetie betrügt viele. Wir wissen, dass unsere Vollmacht nicht im politischen Bereich liegt. Auch Christen haben Anteil an der Hilflosigkeit und können diese riesigen politischen Probleme nicht lösen.
Der Antichrist wird sie einmal lösen – in seinem Sinne, wieder Christus.
Eine erschütternde Prognose, die Jesus einfach so stehen lässt. Das wirtschaftliche Chaos bleibt – arm und reich.
Jesus hat viel darüber gesprochen, dass Reichtum eine große Gefahr ist. Er hat mehr über den Reichtum als Gefahr des Glaubens gesprochen als über sexuelle Dinge.
Da müssen wir uns nicht einmal klar machen. Beim vierfachen Ackerfeld: Der Betrug des Reichtums erstickt das Wort Gottes.
Dann brauchen wir uns nicht zu wundern, warum Bibelstunden oft schlecht besucht sind.
Jesus sprach davon, dass man nur einen Kittel haben soll, nicht zwei. Wenn man es leichter hätte!
Wir können ja gar nicht mehr so leben. Aber wir wissen, wie groß die Gefahr unseres Umgangs mit Geld für das geistliche Leben ist.
Wir sehen es immer wieder in der Nähe, wie selbst gesegnete Familien an Erbteilungen zerbrechen, wie Menschen sich auf dem Sterbebett verzehren, wie sie ihr Geld anlegen, Steuersparmodelle nutzen und dann auf die Nase fallen.
Wir müssen selbst Weichen stellen. Sie werden entsprechend handeln.
In einer Zeit, von der Jesus sagt, dass sie kommt – und in der wir stehen – lasst uns als Männer klare Positionen einnehmen.
Nicht nur im Politischen, wo ich denke, dass Christen oft zu blauäugig sind. Wenn Christen Politik machen, wäre es besser als das, was die Welt macht. Ich glaube, wir sind oft genauso hilflos.
Wir haben eine Vollmacht im Zeugnis für das Reich Gottes.
Auch im wirtschaftlichen Chaos ist es wichtig, dass wir kluge Haushalter sind, die mit einberechnen, dass wir nur eine kurze Zeit zu leben haben und Gutes tun können, solange wir haben.
Doch dann kommt das religiöse Chaos, von dem Jesus spricht.
Das kennen wir auch: wo die Gottlosigkeit voranschreitet, wo die Liebe in vielen erkalten.
Auch die Gesetzlosigkeit ist ein so aktuelles Phänomen. Ich möchte noch hinzufügen: Die Menschen werden verschmachten vor Furcht und Warten auf das, was kommen soll.
BSE lässt grüßen.
Noch nie war ihr Rindfleisch so gut getestet und garantiert BSE-frei wie heute, und die Leute essen es nicht mehr.
Man hat so auf meinen Auspuff geachtet: 1,2 Millionen Rinder werden in die Luft gejagt. Was das für Luftverschmutzung gibt, verstehe ich gar nicht mehr.
All die Ängste gehen weiter, morgen kommt die nächste Sache.
Ich habe es in unserer Gemeinde erlebt: Ich kann meine Kinder nicht mehr in den Sandkasten lassen wegen Tschernobyl, ich esse keinen Salat mehr und keine Schnittlauch mehr.
Ich will niemanden verspotten, nur Jesus sprach davon. Wenn man das liest, stehen wir in einer Zeit, in der der Gräuel der Verwüstung und der Abfall von Gott voranschreiten.
Das Kennzeichen ist, dass die Gemeinde Jesu zerfällt, dass falsche Christusse aufstehen, dass falsche Propheten unterwegs sind und dass ein Hass gegen Christus da ist.
Die schweren Verfolgungen, die auch heute durch die Welt gehen, sind schlimm.
Die schlimmste Verfolgung, die noch gar nicht registriert ist, findet auf den Molukken statt. Furchtbare Verstümmelungen, gläubige Christen werden umgebracht.
Wir wissen gar nicht, wie viele dort noch unter grässlichen Bedingungen in Haft sind.
Überall in vielen Ländern, auch in Pakistan, sagen mir Christen: Wir wissen nicht, wie viele Jesusjünger im Gefängnis sitzen.
Und das alles nur in Indonesien, weil dort eine große Erweckung und ein großer Aufbruch war. Die Christengemeinden sind stark gewachsen.
Der Hass gegen Christus ist da. Er kann schon in der eigenen Gemeinde da sein, wenn jemand sagt: „Du redest immer von Jesus, Jesus, Jesus.“ Ja, und wir werden davon reden.
Nichts soll auf Erden lieber werden, als dass du der liebste Jesus bist. Das ist unser Bekenntnis und die Mitte unseres Zeugnisses.
Und dann wollen wir den Hass auch tragen, den man bei uns dafür tragen muss.
Wir wollen wieder sagen: Jesus zu lieben ist besser als alles Wissen.
Das ist ein anstößiger Satz. Und wir müssen sagen, dass das in der letzten bösen Zeit wichtig ist. Und dazu wollen wir stehen.
Die Bedeutung Israels in der Endzeit
Und das andere, was Jesus noch, das vierte, in seiner Endzeitrede erwähnt hat, muss ich gar nicht mehr besonders betonen. Es betrifft das, was mit Israel geschieht, was mit Jerusalem geschieht. Das bewegt sehr viele.
Mir haben Christen im Libanon gesagt, sie würden uns als arabische Christen nicht verstehen, warum wir so viel vom irdischen Jerusalem reden. Das heißt, sie würden das so sehen, als würden wir das zu stark betonen. Es kann manchmal bei uns eine Verschiebung stattfinden, dass wir zu sehr für das irdische Israel oder das irdische Jerusalem eintreten und dabei das himmlische Jerusalem aus den Augen verlieren.
Auch im Volk Israel ist vieles noch nicht erfüllt. Das heißt, vieles ist noch nicht so, wie es sein soll. Aber was uns interessiert, habe ich auch den Christen im Libanon gesagt: Gott erfüllt seine Verheißungen. Und dass Israel sich wieder dort sammelt, so wie es in den Verheißungen an Abraham gesagt wurde, ist für uns ein Zeichen der Zeit.
Darum können wir uns nie von Israel trennen, auch nicht in der Liebe zu diesem Volk. Das gilt auch nach all dem, was geschehen ist. Wir wollen das mittragen, besonders aber auch die messianischen Gemeinden in Israel.
Eine Mitarbeiterin der Kinderevangelisation bei KGB war als Krankenschwester in Israel. Sie hat gesagt: „Wie ich gesehen habe, wie viele CVJM aus Württemberg sich im Hospital in Jerusalem behandeln lassen, bin ich Missionarin geworden vom KW.“ Es gibt in unseren Kreisen eine Liebe zu Israel, die dazu führt.
Ich kenne eine ganze Reihe gläubiger Leute, die zum Judentum übergetreten sind und heute einen Hass auf das Evangelium haben. Das wollen wir nicht in dieser Weise. Da müssen wir aufpassen.
Wissen Sie, wovon ich rede? Wir wollen eine Liebe zu Israel haben, aber das darf niemals so sein, dass wir die Offenbarung von Jesus, die über das Rabbinertum hinausgeht, verlieren oder verlassen.
Woher nehmen wir unser Vorbild in diesen letzten Zeiten? Wir nehmen unser Vorbild, unser Handeln, aus Gott in dieser verwirrten, bösen Zeit. Wir wollen mit ihm leben, und die Gemeinde Jesu braucht sich keiner weltlichen Mittel zu bedienen.
Ich habe heute oft Sorge, ob wir nicht auch in manchen evangelistischen Bemühungen meinen, wir müssten die Leute zuerst mit weltlichen Mitteln ködern, bevor wir ihnen das Wort sagen könnten. Das ist nicht nötig. Vielmehr dürfen wir dem Wort vertrauen.
Das Wort wächst still, wie Jesus im Gleichnis von der still wachsenden Saat so eindrücklich gesagt hat. Das Wort wächst, und wo es ausgesät ist, wird es Wirkung haben, weil das Samenkorn des Wortes Gottes die Kraft in sich trägt, zu wirken.
Ich habe den Eindruck, Gemeindewachstum und Gemeindebau brauchen nicht viele Methoden. Gott hat eine große Vielfalt. Das hängt auch sehr von unseren individuellen Persönlichkeiten ab.
Wo Menschen mit dem Wort Gottes echt und liebevoll arbeiten, wird etwas geschehen. Es wird Großes geschehen – in ganz verschiedenen Formen. Und das ist der Reichtum der Gemeinde Jesu gewesen.
Auch in den verwirrten Zeiten wird es nicht durch Heere oder Kraft geschehen, sondern durch seinen Geist. So dass die Toten der Hölle es nicht zerstören können.
Die begrenzte menschliche Kraft und die Berufung Gottes
Was können wir denn tun? Das ist mein letzter Punkt heute Morgen in diesen verwirrten Zeiten – in den Zeiten, in denen der Gräuel der Verwüstung herrscht, das Götzenbild angebetet wird und Verwirrung in den Gemeinden herrscht.
Wir können eigentlich sehr wenig tun. Die jungen Leute haben ja von Martin Luther King das schöne Leitwort übernommen: „I have a dream“ – „Ich habe einen Traum“. Nach diesem Traum stellen sie sich vor, was man alles tun kann. Doch wenn man älter wird, merkt man, dass man im Leben sehr viel nicht tun kann. Man erkennt, wie eigene Pläne scheitern.
Wenn junge Menschen heute sagen: „Ich gehe in die Dritte Welt und will dort helfen“, wissen sie oft nicht einmal, ob sie nicht nach zwei Tagen krank zurückkehren müssen. Unsere Grenzen sind sehr klein, und wir können auch durch unseren Willen nur sehr wenig erreichen.
Wenn Sie Kinder erziehen, was können Sie denn wirklich tun? Sie stehen so oft vor Menschen und sagen: „Ich habe keine Vollmacht.“ Heute heißt es oft: „Wir wollen die Welt verändern.“ Aber haben wir überhaupt die Vollmacht, unser eigenes Herz zu ändern? Haben Sie die Vollmacht, auch nur einen Menschen zum Glauben zu führen? Welche Vollmacht haben Sie?
Es ist gut, das so zu sehen: Ich bin ganz begrenzt mit meinen Möglichkeiten. Die Revolutionäre von 1968 haben unsere ganze Gesellschaft auf den Kopf gestellt und das Wertesystem verändert. Aber was können wir Christen machen? Die Frage der Vollmacht ist entscheidend. Es ist die Frage, ob Christus uns beruft.
Wenn Christus uns bevollmächtigt – und es stehen so herrliche Verheißungen in der Bibel – dann können wir Ungeheuerliches wirken. Ich staune, was Frauen und Männer in den Krisengebieten der Welt tun. Zum Beispiel die ganz zarte Mitarbeiterin Martina Seidl im Südsudan. Vor ein paar Wochen haben Rebellen ihr Dorf überfallen, und ihre afrikanische Mitarbeiterin wurde neben ihr erschossen. Martina Seidl nahm ihr Funkgerät, rannte 55 Kilometer durch den Busch, wurde von der UNO geborgen und sagte: „Ich gehe wieder zurück.“ Sie ist Krankenschwester. Das ist so gewaltig.
Oder eine unserer Mitarbeiterinnen im Somaliland, die unter den muslimischen Nomaden in der großen Hungersnot arbeitet. Da sagten mir die Araber, dass Elisabeth Schüle aus Blaubeuren dort blieb und sogar dorthin ging, wo Menschen entführt werden. Sie hat keine Angst. Als ich Elisabeth fragte: „Hast du keine Angst gehabt?“, sagte sie: „Nein.“
Wenn Jesus uns bevollmächtigt und an den Platz stellt, dann können wir auf einmal Übermenschliches leisten, obwohl wir ganz schwache Menschen sind.
Ich habe jetzt das Beispiel der Mission gewählt, weil man es vielleicht leichter übersetzen kann: Sie werden gebraucht in Ihrer Gemeinde, in Ihrer Umgebung, auch in Ihrer kritischen Situation, wo Sie sind, zum Wirken.
Das schöne Lied, das Sie immer noch lieben, heißt „Fest und treu wie Daniel war“. Es geht um Daniel. Ein Vers lautet: „Starke Männer voller Licht können nicht bestehen.“ Warum? Denn unsere Kraft wird immer zerbrechen. Doch wer sich stets an den Herrn hält und auf sein Wort vertraut, der kann Siege erleben.
Es ist ein immer neues Geheimnis, aus unserer Stille zu kommen. Haben Sie diese Stille über dem Wort, damit Sie die Verheißung Gottes hören, wirken und losziehen können – das ist die Ermutigung.
Der Vers lautet richtig: „Starke Männer voller Licht können nicht bestehen, wagen Gott zur Ehre nicht, in den Tod zu gehen. Doch wer stets den Herrn sich hält und ihm vertraut auf sein Wort, der kann nicht untergehen.“
Das ist eine wunderbare Verheißung an Sie.
Treue im Kleinen ist wichtig. Lassen Sie sich nicht durch große Sprüche verführen. Wir sitzen immer ganz andächtig da, wenn uns jemand erzählt, wie wir Frieden schaffen könnten im zerstrittenen Afrika oder wie wir die Weltwirtschaftskrisen lösen könnten. Dann diskutieren wir über alles.
Ich will das nicht lächerlich machen, aber ein bisschen Realismus gehört doch dazu. Auch wenn wir beraten, was die Regierung in Berlin tun sollte – wir wissen doch selbst, wie schwierig das ist. Die Politiker müssen ja darauf achten, wiedergewählt zu werden, sie müssen jeden Tag Presseanalysen lesen und überlegen, wie sie von anderen gesehen werden. Sie können nur so handeln, wie andere sie einschätzen.
Aber wir sind Leute, die sagen: „Ich habe den Herrn im Rücken. Wenn der Herr mich beauftragt, will ich an meinem Platz stehen, auch wenn ich keinen Erfolg sehe.“ Ich will dementsprechend handeln, keine großen Sprüche machen, sondern eindeutig so vor dem Herrn leben, dass er mein ganzes Wesen prüfen kann.
Dass wir sagen: Von unrechtem Gut soll nichts untergemengt sein. So sagte Johann Hermann im Lied „O Gott, du frommer Gott“: „In meinem Leben, in meinen Kassen ist kein falsches Geldstück drin, und in meinen Gedanken soll kein unreiner Gedanke sein.“
Ich will mich vor dem Herrn reinigen lassen. Was ist das oft für ein schreckliches, unheimliches, wüstes Ding in unserem Herzen! Das beunruhigt mich am meisten, wenn in evangelikalen Gemeinden so getan wird, als ob die Rechtfertigung des Sünders nicht mehr das Problem sei.
Heute Morgen ist mein Problem: Herr, in meinem Leben ist massive Sünde. Mach du mich gerecht, damit du mich gebrauchen kannst als Werkzeug.
Das ist das letzte: das bekehrte Herz, die Eindeutigkeit unseres Lebens, wo wir selbst unsere Gottlosigkeit vor den Herrn bringen und uns reinigen, damit wir dem Herrn dienen können.
Die werden entsprechend handeln, damit der Herr uns gebrauchen kann. Richtet wieder auf die lässigen Hände und die müden Knie! Diese werden vielen, vielen zur Einsicht helfen, die sich an mich wenden.
Darauf wollen wir heute Mittag weitermachen: wie wir vielen anderen dann zur Einsicht helfen können.
