Vater, wir danken dir an diesem Morgen. Deine Treue ist zuverlässig und beständig. Wir dürfen des Morgens deine Treue, deine Gnade und deine Güte erfahren. Auch des Abends dürfen wir deine Treue verkünden, die du den ganzen Tag walten lässt. So sagen wir dir: Ich danke dir, und wir danken dir.
Wir beten, dass du uns heute in besonderer Weise hilfst, Herr. Besonders, wenn wir uns mit manchen Psalmen beschäftigen möchten. Wir bitten dich um Führung, um Licht und um die Öffnung unserer inneren Augen, damit wir dich sehen können.
Gib uns auch die Kraft, das Gesehene umzusetzen und von diesen Liedern weiterzugeben. Wir danken dir, dass wir sie singen dürfen, dass wir beten, nachdenken und leben können. Herr, wir danken dir für die Poesie aus deinem Wort.
Lass auch unser Leben ein Gedicht für dich werden, Herr, für den König. Amen!
Einführung in die Psalmen und Psalm 36
Ich hätte gern mit Psalm 45 begonnen, weil das ein schöner Anfang gewesen wäre, aber ich bin noch nicht ganz bereit. Nächste Stunde dann.
Psalm 36 beschreibt die Abtrünnigkeit des Ehrfurchtslosen. Sie spricht im Inneren meines Herzens: Es ist keine Furcht Gottes vor seinen Augen. Hier wird etwas zitiert, das in seinem Herzen noch nachklingt: die Abtrünnigkeit des Ehrfurchtslosen. Es ist keine Furcht Gottes vor seinen Augen, denn es schmeichelt ihm, in seinen Augen seine Ungerechtigkeit zu erreichen und Hass auszuüben. Die Worte seines Mundes sind Bosheit und Trug.
Er hat es aufgegeben, verständig zu sein und Gutes zu tun. Bosheit ersinnt er auf seinem Lager. Er stellt sich auf einen Weg, der nicht gut ist, und das Böse verabscheut er nicht.
Dieser Psalm beginnt gar nicht schön. Er beginnt mit einer Klage über die Abtrünnigkeit des Bösen, das ihn umgibt in Form von lauter Frevlern. Es ist die Rede von dem Wesen dieses Bösen, Abtrünnigen und dann von den Worten.
Wir haben hier einen fünfstrophigen Psalm. Die ersten beiden Strophen sind einfach negativ, weil er das Böse vor Augen hat und damit beginnt, es dem Herrn zu sagen. Eigentlich ist hier noch gar kein richtiges Gebet. Das Gebet beginnt erst in Vers 6. Hier ist es einfach eine Klage, und wem gegenüber sie steht, wird gar nicht genannt. Er klagt einfach.
Zuerst klagt er über die Abtrünnigkeit des Frevlers, das böse Wesen, in Vers 2 und 3. Dann über das böse Reden und Sinnen des Frevlers in den Versen 4 und 5. Danach wendet er sich Gott zu und preist seine Güte.
Die Struktur und Botschaft von Psalm 36
Und jetzt folgen drei Strophen, die alle mit der Güte Gottes beginnen und jeweils als Gebet formuliert sind. In der dritten Strophe, der Zentrumsstrophe, wird Yahweh direkt angesprochen – und zwar sowohl am Anfang als auch am Ende dieser Strophe.
Diese Zentrumsstrophe umfasst fünf Verse. Von den insgesamt fünf Strophen in der Mitte ist sie ein Fünfzeiler. Dort heißt es: „Yahweh, bis in den Himmel reicht deine Güte, deine Treue bis zu den Wolken. Deine Gerechtigkeit ist wie die Gottesberge, die hohen Berge dort in Israel. Deine Gerechtigkeit ist wie die Gottesberge, deine Gerichte sind eine große Tiefe, wie das Jordantal. Yahweh, du rettest Menschen und Vieh.“ Hier wird also ausgedrückt, dass Yahweh hilft – im Sinne von retten und helfen, wobei im Hebräischen für beide Begriffe dasselbe Wort verwendet wird. Luther hat das richtig übersetzt mit „Du hilfst Menschen und Vieh“.
In diesen Versen wird die Güte Yahwes gepriesen: In Vers 6 und 7 wird betont, dass Yahwes Güte und Treue groß sind. Dann folgen Vers 8 bis 10, und hier habe ich gerade bemerkt, dass mir ein Fehler bei der Versangabe unterlaufen ist. Der Lobpreis der Güte erstreckt sich bis Vers 13. Ich korrigiere das gerade.
Der zweite Teil des Psalms, Römisch 2, ist ein Gebet. Die Strophen 3, 4 und 5 bilden diesen Teil. Die Mittelstrophe ist die dritte Strophe, die Vers 6 und 7 umfasst: „Yahwes Güte und Treue ist groß. Yahweh, bis an den Himmel reicht deine Güte, deine Treue bis zu den Wolken.“ Hier liegt übrigens ein Parallelismus vor, allerdings kein synonymischer Parallelismus, sondern ein erweiterter: Zuerst wird die Güte genannt, dann die Treue. Yahweh, bis an den Himmel reicht deine Güte, deine Treue bis zu den Wolken.
Diese beiden Eigenschaften Yahwes – seine Güte und seine Treue – gehen immer wieder Hand in Hand und werden immer wieder erwähnt. Es heißt entweder Gnade oder Güte und auf der anderen Seite Treue oder Wahrheit. Gnade und Wahrheit beziehungsweise Güte und Treue sind zwei Eckpfeiler des Wesens Gottes.
Gnade hat mit Liebe zu tun, ebenso wie Güte und Liebe, während Treue und Wahrheit mit seiner Heiligkeit verbunden sind. Man kann Gottes Wesen in zwei Charaktereigenschaften gruppieren: Einerseits die Eigenschaften, die seine Liebe, seine Güte und seine Gnade zeigen, und andererseits jene, die seine Treue, Wahrheit und Gerechtigkeit betreffen. Das ist seine Heiligkeit.
Gott ist heilig und Gott ist Liebe. Auch im Neuen Testament wird uns das erwähnt: Der Herr Jesus ist voller Gnade und Wahrheit, voller Liebe und Gerechtigkeit, voller Güte und Treue. Immer sind diese beiden Pole des Charakters Gottes präsent: Liebe einerseits, Heiligkeit andererseits. Die Treue gehört zur Heiligkeit, die Güte zur Liebe.
„Deine Güte und Treue ist groß.“ Die Gerechtigkeit gehört zur Treue, denn weil Gott treu ist, ist er gerecht. Und weil er gerecht ist, ist er auch treu. Aber Liebe und Treue beziehungsweise Güte und Treue gehören zusammen. Es gibt keine Güte, keine Liebe ohne Treue. Deshalb gibt es auch die Ehe, die in Treue eingebettet ist. Ohne Treue keine echte Liebe, und ohne Liebe keine Treue, keine Wahrheit. Die beiden gehen Hand in Hand.
Gottes Güte und Treue sind groß.
In der vierten Strophe wird diese Güte als kostbar beschrieben: „Wie kostbar ist deine Güte, Gott!“ Die Nachkommen Adams finden Zuflucht im Schatten deiner Flügel. Bei diesem Gott der Güte kann man Zuflucht finden, sich bergen. Man kann sich laben an der Fülle seines Hauses, dort vom Reichtum leben und sich sättigen. Bei ihm ist die Lebensquelle, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Dort ist also auch Erleuchtung.
Wunderschön formuliert: Diese Güte ist für uns erfahrbar, indem wir uns bergen können und von diesem Reichtum schöpfen dürfen. Sie ist die Quelle unseres Lebens, so wie die Sonne für das Physische. Und sie ist die Erleuchtung: „Bei dir ist Erleuchtung, in deinem Licht sehen wir Licht.“ Das bedeutet, dass wir im Licht Gottes Licht sehen, Erleuchtung erfahren und es hell wird, wenn wir in seinem Licht stehen.
Übrigens ist das hebräische Wort für „Licht“ „Ohr“. Es wird ausgesprochen wie unser Wort „Ohr“, mit langem O. Das ist ein Zufall. Im Hebräischen heißt es „Jehi Ohr“ – „Es werde Licht“ – und es wurde Licht.
Die fünfte Strophe umfasst die Verse 11 bis 13: „Lass deine Güte fortdauern denen, die dich kennen, und deine Gerechtigkeit denen, die von Herzen aufrichtig sind. Der Fuß des Stolzen erreiche mich nicht, und die Hand des Ehrfurchtslosen vertreibe mich nicht. Dort sind gefallen die Übeltäter, sie wurden umgestoßen und können nicht aufstehen.“
Hier kehrt der Psalm zurück zum Anfangsthema. Am Anfang bedrückte ihn die Abtrünnigkeit der Ehrfurchtslosen und Frevler. Am Schluss bittet er, dass der Fuß und die Hand des Frevlers ihn nicht vertreiben mögen. Und abschließend sagt er: „Dort sind sie gefallen, da liegen sie.“ Sie liegen am Boden, sind umgestoßen und können nicht aufstehen.
Er blickt prophetisch auf das Gericht Gottes, das ihnen ein Ende bereitet hat. Das ist ein poetisches Perfekt: Die dichterische Vergangenheit spricht von etwas Zukünftigem. Dort liegen sie schon, die Übeltäter, die von Gott umgestoßen wurden.
Diese Bitte am Schluss lautet, dass Gott seine Güte denen fortdauern lasse, die ihn kennen und von Herzen aufrichtig sind – seine Güte und seine Gerechtigkeit. Güte und Treue, Güte und Gerechtigkeit.
Ein einfacher, schöner Psalm mit fünf Strophen, einer schönen Mitte, sehr einfach und ohne Unregelmäßigkeiten, leicht zu gliedern.
Psalm 36 als Predigttext und Ausblick auf Psalm 37
Ich möchte heute Nachmittag gern mit uns gemeinsam einen Psalm betrachten. Sozusagen macht ihr dann jetzt das, was ich hier gerade tue. Das ist nicht so schwer, denn dieser Psalm ist durch das Wort „Güte“ gut gegliedert. Dieses Wort steht genau an der richtigen Stelle, nämlich dreimal am Anfang einer neuen Strophe.
Am Anfang der Strophen eins und zwei steht das Reden oder Tun der Ehrfurchtslosen. In den Strophen drei, vier und fünf hingegen beginnt jeweils die Güte. So hat man automatisch schon eine Predigt vor sich, denn das Lied ist auch eine Predigt.
Das war ein kurzer Blick auf Psalm 36. Psalm 37 möchte ich ebenfalls gern anschauen, vor allem eine kurze Gliederung mit uns besprechen. Wir können nicht ins Detail gehen, denn es ist ein langer Psalm. Aber es ist ein wichtiger Psalm, ein ABC-Psalm, ein alphabetischer, akrostischer Psalm.
Wir schauen uns diesen Psalm etwas genauer an. Er besteht aus 22 Strophen, entsprechend den 22 Buchstaben des Alphabets. Jeder Buchstabe steht für eine Strophe. Das Thema von Psalm 37 erkennt man sofort, wenn man ihn ein paarmal durchliest. Es wird ständig wiederholt.
So heißt es zum Beispiel: „Erzürne dich nicht über die Bösgesinnten, ereifere dich nicht über die Täter des Unrechts. Denn wie Gras verdorren sie schnell und wie grünes Gewächs welken sie dahin.“
Hier beginnt die wichtigste und zusammenfassende Aussage, die der ganze Psalm trägt – eigentlich die ersten beiden Strophen. Die erste Strophe, also die A-Strophe, lautet: „Erzürne dich nicht über die Bösgesinnten, ereifere dich nicht.“ Die B-Strophe sagt: „Vertraue auf den Herrn und tue Gutes, wohne im Lande und hüte die Treue. Habe deine Lust an dem Herrn, und er wird dir geben, was dein Herz begehrt.“
Der Zusammenhang ist klar: Man blickt auf die Ehrfurchtslosen und könnte in Anfechtung geraten. Warum geht es den Ehrfurchtslosen so gut, während es uns schlecht geht? Wir haben zu kämpfen, streben danach, dem Herrn zu dienen, sehen aber oft unsere Sündhaftigkeit. Äußerliches Gelingen fehlt uns, doch den Ehrfurchtslosen, den Frevelern, scheint es gut zu gehen.
Das ist dasselbe Problem wie in Psalm 73. Psalm 37 und 73 haben viele Ähnlichkeiten hinsichtlich dieses Themas.
Psalm 37 besteht aus 22 Strophen, die man in neun Gruppen einteilen kann. Die Gruppen bestehen meist aus zwei Strophen, manchmal aus drei oder zweimal aus zwei Strophen. Insgesamt lassen sich drei große Teile erkennen, da es dreimal größere Abstände gibt. So ergeben sich drei Teile, neun Gruppen und 22 Strophen.
Die zwei Mittelstrophen sind die K- und L-Strophen. K und L sind die mittleren Buchstaben im Alphabet. Die K-Strophe umfasst Vers 20, der ein Vierzeiler ist. Die L-Strophe umfasst Vers 21, bestehend aus zwei Zweizeilern. Im Hebräischen sind die Strophen durch das Alphabet gut erkennbar.
Man kann nicht immer nach der Verszählung gehen, denn die Verse sind unterschiedlich lang. Sie bestehen manchmal aus vier Zeilen, manchmal aus zwei. In der Übersetzung von Herbert Janssen wird versucht, die 22 Strophen sichtbar zu machen.
Das Mittelwort, also das Zentrum, liegt in den Mittelstrophen, Vers 20 bis 22. Das zentrale Wort ist „schwinden“ – „sie schwinden“. Wenn man genau zählt, gibt es 148 Wörter vor und nach diesem Wort, also exakt in der Mitte.
Das ist eine wichtige Aussage, die mehrmals vorkommt: Die Ehrfurchtslosen vergehen, sie schwinden. Das ist die Antwort auf das Problem des Leidens der Gerechten, während es den Freveln gut geht. Denkt daran: Sie schwinden!
Das Mittelwort ist somit das echte Zentrum des Psalms, wobei natürlich die beiden Mittelstrophen ein Zentrum bilden. Es passt aber sehr gut.
Das Zentrum lautet: „Denn die Ehrfurchtslosen kommen um, die Feinde des Herrn sind wie die Pracht der Auen, sie schwinden, im Rauch schwinden sie. Der Ehrfurchtslose borgt und erstattet nicht wieder, der Gerechte ist gnädig und gibt. Denn die von ihm Gesegneten erben das Land, aber die von ihm Verfluchten werden abgeschnitten.“
Hier sehen wir es: Die Gerechten werden das Land erben, die anderen aber werden abgeschnitten. Das finden wir auch in der Bergpredigt.
Was sagt der Herr Jesus? „Selig sind ...“ Wie haben wir es hier? „Selig die reinen Herzens sind ...“ – oder? Matthäus 5, Vers 5 sagt: „Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.“ Das ist genau ein Hinweis auf diesen Psalm.
Die Gerechten, hier die Sanftmütigen, das heißt die, die sich nicht über das Wesen der Ehrfurchtslosen erzürnen, die sanftmütig bleiben, sie werden das Land erben – das ewige Land natürlich.
In manchen Übersetzungen steht „sie werden die Erde erben“. Wir haben das jetzt korrigiert: „Sie werden das Land erben.“ Es geht hier um das ewige Land, das Gott den Israeliten verheißen hat. Wenn sie treu sind, werden sie das ewige Land bekommen, wo Gott ewig in seinem Heiligtum wohnen wird.
Die drei Teile von Psalm 37 und ihre Botschaften
Der erste Teil umfasst die ersten elf Verse, der zweite Teil die folgenden elf Verse, und der dritte Teil enthält den Rest. Im ersten Teil finden wir den Hauptaufruf an die Gerechten: Sie sollen sich nicht entrüsten, sondern dem Herrn vertrauen.
Hier begegnen uns zahlreiche imperativische Befehlsformen, die sich strophenweise gut gliedern lassen. Es ist nicht schwer, diesen Abschnitt zu strukturieren.
Zunächst heißt es: „Erzürne dich nicht.“ So beginnt die erste Strophe mit dem Aufruf, sich nicht zu ärgern oder zu ereifern. Darauf folgt eine Begründung: Die Ehrfurchtslosen verdorren schnell und welken rasch dahin.
Das erste Gebot lautet also: Erzürne dich nicht. Das zweite Gebot: Vertraue dem Herrn. Diese Aufforderung findet sich in der B-Strophe, in Vers 3 und 4: „Vertraue auf Yahweh und tue Gutes, wohne im Lande.“ Das bedeutet, bleibe im Land, geh nicht fort. Die Ehrfurchtslosen werden verschwinden, aber du bleibst und hütest Treue. Das heißt, bleib treu.
In dieser Übersetzung findet sich eine Fußnote, die erklärt, dass „Treue hüten“ auch bedeuten kann, „Hirte der Treue“ zu sein, also sie zu bewahren. Das Wort „hüten“ oder „weiden“ kann auch den Sinn haben, hinter etwas her zu sein. Das heißt: Bleib hinter der Treue her, jage der Treue weiterhin nach, im Sinne von bleib treu.
Vertrauen auf Yahweh und Treue sind hier eng miteinander verbunden. Sie bilden eine Einheit und sind ein Paar. Das hat nichts mit Werksgerechtigkeit zu tun. Nein, wir vertrauen auf den Herrn und bleiben diesem Vertrauen treu.
Das dritte Gebot lautet: Befiehl dem Herrn deinen Weg. Paul Gerhard, der Dichter und Pfarrer, hatte ein schweres Leben zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Sie hatten wenig zu essen. Seine Frau sagte zu ihm: „Wir haben kein Geld mehr zum Einkaufen.“ Daraufhin ging er in den Garten, setzte sich hin und schrieb ein Gedicht:
„Befiehl du deine Wege und was dein Herz erkränkt
der allertreusten Pflege des, der die Himmel lenkt.“
Dieses schöne Lied hat jahrhundertelang Gläubige erquickt. Mit diesem Lied kehrte er zurück zu seiner Frau, um sie zu ermutigen. Das Gedicht beginnt mit den Anfangsbuchstaben der zwölf Strophen: Befiehl – Du – Deine – Wege usw. Alle zwölf Strophen tragen die Überschrift „Befiehl du deine Wege“ und wurden zu diesem schönen Lied.
„Befiehl dem Herrn deinen Weg“ bedeutet nicht, dass wir die Befehler sind, die über den Herrn gebieten. Vielmehr heißt „anbefehlen“, dem Herrn etwas anzuvertrauen: „Herr, ich kann nicht, aber ich übergebe es dir.“ Im Hebräischen bedeutet das Wort nicht „befiehl“, sondern eher „wälze auf den Herrn deinen Weg“, also gib deinen Weg in seine Hände.
Das war die dritte Strophe.
Die vierte Strophe lautet: „Sei stille dem Herrn und hoffe auf ihn.“ Die Aufforderung, dem Herrn still zu sein und auf ihn zu hoffen, wiederholt sich. Es heißt: Befiehl dem Herrn deinen Weg, vertraue auf ihn, er wird handeln und deine Gerechtigkeit zu seiner Zeit aufgehen lassen – wie die Sonne, wie das Licht. Dein Recht wird aufgehen wie der Mittag, wie die strahlende und warme Mittagssonne.
In der vierten Strophe wird nochmals gesagt: Sei stille dem Herrn und harre auf ihn. „Harren“ und „hoffen“ sind hier Synonyme.
Dann folgt die fünfte Strophe: Lass ab vom Zorn und warte. Steh ab vom Zorn, lass deinen Grimm, entflamme dich nicht. Das ist nur zum Übel, denn die Bösgesinnten werden abgeschnitten. Aber die auf den Herrn warten, erben das Land.
Hier wird die Begründung gegeben, warum wir uns nicht zornig oder entrüstet zeigen müssen: Ärger über andere, denen es gut geht, während es einem selbst schlecht geht, führt zu nichts Gutem. Die Bösgesinnten werden abgeschnitten, das heißt, es kommt Gericht. Aber die auf den Herrn warten, erben das Land.
Dies ist das erste Mal, dass gesagt wird, dass die Gläubigen, die auf den Herrn warten, das Land erben. Wir werden noch oft darauf zurückkommen. Für den Juden war das natürlich ein irdisches, ewiges Land. Er konnte kaum über dieses hinausdenken. Die jenseitige Hoffnung, wie wir sie kennen, war dem Juden fremd. Es gab nur dieses diesseitige, aber ewige Land.
Die nächste Strophe lautet: „Schau auf das Ende und auch auf ein kleines – und der Ehrfurchtslose ist nicht mehr. Siehst du dich um nach seiner Stätte, ist er nicht da. Aber die Gebeugten erben das Land und erfreuen sich an Fülle.“
Hier steht wortwörtlich kein Imperativ, sondern nur der Gedanke: Schau dich um, schau auf das Ende, so schnell vergeht es. Der Ehrfurchtslose ist verschwunden. Die Gebeugten erben das Land – das ist ihr Ende.
Die Gebeugten sind die Elenden, die Armen, die von anderen niedergedrückt werden, sodass sie sich bücken müssen. Im Hebräischen heißt es wörtlich „die Gebeugten“. Diese erben das Land und erfreuen sich an Fülle von Schalom.
Schalom bedeutet Friede in jeder Hinsicht, Wohlergehen. Es ist mehr als nur Waffenstillstand. Schalom umfasst Heil, Wohlergehen, Gesundung, Friede und Gedeihen. Es ist ein sehr umfassendes und schönes Wort.
Der Friede Gottes sei mit dir, das Wohlergehen, das er dir schenkt.
Das Los der Frevler und die Hilfe Gottes für die Gerechten
Dann kommt er zum zweiten Teil, Vers 12 bis 22, wiederum elf Verse. Jetzt wird das Los der Frevler genauer beschrieben. Interessant ist, dass hier siebenmal der Begriff „Frevler“ vorkommt. In den anderen zwei Teilen erscheint er nochmals siebenmal, sodass wir insgesamt vierzehnmal „Frevler“ haben.
Im gesamten Vers kommen zudem einundzwanzigmal „Gerechte“ oder ähnliche Begriffe für den Gerechten vor. Die Siebenerzahl ist hier also ebenfalls eingewoben.
Das Los der Frevler wird in Vers 12 beschrieben: Der Ehrfurchtslose, der Frevler, richtet sich gegen den Gerechten. Er plant Böses gegen ihn und fletscht seine Zähne. Doch der Herr lacht über ihn, denn er sieht, dass sein Tag kommt. Auch wir sollen darauf schauen.
In der nächsten Strophe heißt es: Die Frevler haben das Schwert gezogen und ihren Bogen gespannt, um den Gebeugten und Armen zu fällen und hinzuschlachten, die in Aufrichtigkeit wandeln. Doch ihr Schwert dringt in das eigene Herz, und ihre Bogen werden zerbrochen.
Hier gibt es eine Unregelmäßigkeit: In sechs Zeilen sind zwei Buchstaben enthalten, nämlich das Tet und das Chet, was eine Ausnahme in diesem ansonsten sehr regelmäßigen Psalm darstellt. Das Chet umfasst nur einen Vers, nämlich Vers 15.
Das Vorgehen der Frevler in Vers 14 und 15: Sie haben das Schwert gezogen und den Bogen gespannt, um die Gerechten, die Gebeugten, zu töten und hinzuschlachten.
Weiter geht es in Vers 16 bis 22, die mehrere Strophen umfassen. In Vers 16 heißt es: „Besser ist das Wenige der Gerechten als der Überfluss vieler Ehrfurchtsloser, denn die Arme der Ehrfurchtslosen werden zerbrochen, doch der Herr, Yahweh, stützt die Gerechten.“
Hier könnte man einen eigenen Punkt setzen, doch ich habe diese Verse zusammengefasst. Vielleicht kann jemand anderes das besser gliedern.
In Vers 18 und 19 steht: „Yahweh kennt die Tage der Lauteren, und ihr Erbteil wird ewig sein. Sie werden nicht zu Schanden in der Zeit des Übels, und in den Tagen des Hungers werden sie satt.“
Hier wird wieder ein Vergleich gezogen zwischen den Ehrfurchtslosen einerseits und den Gerechten andererseits. Besonders betont wird in Vers 18, dass ihr Erbteil ewig ist – es geht um das ewige Land, das sie erben werden.
Der Schlussteil beginnt ab Vers 20. Es sind noch einmal zehn Strophen. Die nächste Strophe umfasst Vers 23 und 24. Entschuldigung, ich habe Vers 20 und 22 noch nicht gelesen.
In Vers 20 heißt es: „Die Ehrfurchtslosen kommen um, die Feinde Jachwes sind wie die Pracht der Auen, sie schwinden, im Rauch schwinden sie.“
Vers 21: „Der Ehrfurchtslose borgt und erstattet nicht wieder, aber der Gerechte ist gnädig und gibt, denn die von ihm gesegneten Erben das Land wieder.“
Wieder wird der Gedanke betont, dass die Gerechten das Land erben, während die von ihm Verfluchten abgeschnitten werden.
Nun zum dritten Teil: Hier wird besonders betont, dass der Herr die Hilfe für die Gerechten ist. Viele Strophen dieses Teils sprechen davon, dass die Hilfe Jahwes für die Gerechten kommt.
Erstens, in Vers 23 und 24: „Er befestigt und stützt sie. Von Jahwe werden befestigt die Schritte des Mannes, und an seinen Wegen hat er Gefallen. Wenn er fällt, wird er nicht hingestreckt, denn Jahwe stützt seine Hand.“
Die Schritte werden befestigt und die Hand wird gestützt – Füße und Hand oder Beine und Hand. Er befestigt sie, er stützt sie. Der Herr ist da, er ist ständig da. Die Schritte macht er fest, sodass sie nicht wanken, die Knie nicht schlottern müssen. Er nimmt einen bei der Hand, sodass man nicht umfällt.
Zweitens, Vers 25 und 26: „Ich war jung und bin alt geworden und habe nie gesehen, dass der Gerechte verlassen wurde oder seine Nachkommen, seinen Samen, nach Brot gehen mussten.“
Das heißt, seine Kinder betteln nicht um Brot. Der Gerechte ist den ganzen Tag gnädig und leiht, und sein Same ist zum Segen. Vielleicht ist das das Geheimnis, dass er nicht Mangel hat: Er ist den ganzen Tag gnädig und hilft anderen durch das Verleihen.
Übrigens: Wenn man etwas verleiht, heißt das, dass man sich innerlich losgesagt hat. Wenn ich jemandem etwas leihe, gebe ich es ihm. Wenn er es zurückgibt, ist das schön, wenn nicht, habe ich es losgelassen. Leihen ist also mit einem innerlichen Loslassen verbunden. Man muss nicht traurig sein, wenn man es nicht zurückbekommt. Es gibt Fälle, in denen man das Verliehene nicht zurückerhält.
Hier schreibt der Psalmist: „Ich war jung und bin alt geworden“, und er selbst hat das offensichtlich so erlebt. Andere haben es nie gesehen, dass Gerechte von Gott verlassen wurden.
Man muss wissen, dass im Alten Testament materieller Wohlstand ein großer Segen des Herrn war. Zum Beispiel, wenn die Kühe Junge bringen, die Ziegen und Schafe sich vermehren, das Getreide wächst und keine Schädlinge die Saat auffressen – das war der Segen des Herrn.
Er sagt, dass er noch nie erlebt hat, dass ein Gerechter vom Herrn verlassen wurde. Wenn man jedoch nicht mit dem Herrn lebt, kommen Dürre und Misserfolg: Kein Regen, keine Kühe, keine Tiere mehr, und man geht zugrunde.
Materieller Reichtum war für die Juden also ein großer Segen des Herrn. Neutestamentlich muss das nicht so sein, denn es gibt auch im Alten Testament Ausnahmen, wie zum Beispiel Hiob.
Hiob war ein Gerechter, dem es sehr gut ging. Doch dann kam eine Zeit, in der es ihm sehr schlecht ging. Wir erfahren, dass das eine besondere Prüfung war. Hiob wusste nicht von dem Gespräch zwischen Gott und Satan, aber wir dürfen von Anfang an hinter die Kulissen schauen.
In diesem Fall gibt es also Ausnahmen. Hiob wurde jedoch nicht verlassen. Auch in seiner schweren Zeit hat Gott ihn getragen und ihn schließlich doppelt gesegnet.
Wir dürfen aber nicht die Lehre ziehen, dass es unmöglich sei, dass ein Gerechter betteln muss. Es gibt Gerechte, die verarmen und auf andere angewiesen sind, die sie versorgen.
Natürlich dürfen sie dem Herrn betteln, und der Herr kann ihnen Versorgung über andere Geschwister zukommen lassen. Es ist zwar beschämend, wenn man wie ein Bettler am Bahnhof um eine Zigarette oder ein paar Münzen bittet, aber der Gläubige darf zum Herrn kommen und betteln.
In Matthäus 6,33 heißt es: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ Das bedeutet nicht, dass Gläubige nicht verarmen, sondern dass sie nicht von Menschen betteln müssen, sondern zum Herrn kommen dürfen, der sie versorgt.
Drittens, die Verse 27 bis 29 bilden zwei Strophen: „Weiche vom Bösen und tue Gutes, bleibe auf ewig, denn Yahweh liebt das Recht und verlässt seine Frommen nicht.“
Er, der das Recht liebt, verlässt sie nie. „Bleibe“ oder „wohne“ könnte man hier übersetzen mit „wohne auf ewig“. Das ist derselbe Gedanke wie zuvor: Bleib im Land, bleibe dort wohnen, geh nicht nach Ägypten, wenn in Kanaan Hungersnot herrscht, wie Abraham es tat. Der Herr wird dich versorgen.
Denn die Gerechten erben das Land – wieder der Gedanke, dass die Gerechten das Land bekommen und ewig darin wohnen. Es gibt eine ewige Wohnung im Land in der Zukunft, während die Ehrfurchtslosen vergehen.
Die nächste Strophe lautet: „Daher wanken die Gerechten nicht“ (Vers 30 und 31). „Der Mund des Gerechten tut Weisheit kund, und seine Zunge redet Recht. Die Weisung seines Gottes ist in seinem Herzen, und seine Schritte wanken nicht.“
Das steht im Gegensatz zur nächsten Strophe: „Der Ehrfurchtslose lauert auf den Gerechten und sucht ihn zu töten. Aber der Herr, Yahweh, überlässt ihn nicht seiner Hand und verurteilt ihn nicht, wenn er gerichtet wird.“
Der Herr schützt die Gerechten vor den Frevlern und rechtfertigt sie vor ihnen.
In Vers 32 steht das Ergebnis, ein längerer Schlusssatz: „Harre auf Yahweh und halte seinen Weg ein, er wird dich erhöhen, das Land zu erben.“ Hier wird nochmals wiederholt, dass der Gerechte das Land erben wird, während die Ehrfurchtslosen abgeschnitten werden.
In den Versen 35 und 36 sowie 37 und 38 wird derselbe Gedanke fortgeführt: „Ich sah einen Ehrfurchtslosen, der gewalttätig war und sich ausbreitete wie ein üppiger heimischer Baum. Doch man ging vorbei, und siehe, er war nicht mehr. Ich suchte ihn, aber er wurde nicht gefunden. Er ist verschwunden.“
Wie im Zentrumsvers steht: Die Frevler schwinden.
In Vers 37 heißt es: „Achte auf die Lauteren, auf die Aufrichtigen, damit es eine Zukunft gibt für den Mann des Friedens.“
Der Friedensmann ist hier der Gläubige, der Gerechte, der mit Gott in Frieden lebt und dem der Herr Frieden gibt. Er wird letztlich im ewigen Land wohl ergehen.
Die Abtrünnigen hingegen werden vernichtet, ihre Zukunft wird abgeschnitten.
Die Hilfe der Gerechten aber kommt von Yahweh – das ist die Schlussstrophe in Vers 39 und 40: „Die Hilfe der Gerechten ist von Yahweh her, der ihre Schutzwehr in der Zeit der Not ist. Yahweh hilft ihnen und lässt sie entrinnen, entrinnen lässt er sie den Ehrfurchtslosen und errettet sie, denn sie nehmen Zuflucht zu ihm.“
Damit schließt dieser lange Psalm, der einen in die Zukunft blicken lässt: die Zukunft des Frevlers einerseits und die Zukunft des Gerechten andererseits.
Ich wiederhole: „Das Land erben“ wird hier mindestens sechsmal erwähnt, wenn man noch die Aussage über die Zukunft des Gerechten hinzuzählt, sind es siebenmal. Man könnte also sogar eine Siebenerzahl erkennen, die betont, dass die Gerechten eine herrliche Zukunft haben.
Frau Präsidentin, das ist Psalm 37. Damit schließen wir hier das erste Psalmbuch ab.
Überblick über das zweite Psalmbuch: Psalm 42 und 43
41 hatten wir uns ja schon angeschaut. Das zweite Psalmbuch, das ab Psalm 42 beginnt, wollen wir uns nur an einigen Stellen näher ansehen. Wir hatten diesen Psalm 42 und 43. Zu Psalm 42 und 43 habe ich keine Folie, das heißt, ich habe meine Folie nicht fertig bekommen.
Psalm 42 und 43 bilden zusammen einen dreiteiligen Psalm. Wenn ich Psalm 42 erwähne, müsst ihr immer daran denken, dass Psalm 43 dazugehört. Ich behandle Psalm 42 und 43 also als einen Psalm.
Dieser Psalm besteht insgesamt aus elfmal siebzehn Wörtern. Elfmal siebzehn – das Wort „Gott“ beziehungsweise „Elohim“ kommt siebzehnmal im Psalm 42 vor. Die drei Teile sind Psalm 42, Verse 2-6, Psalm 42, Verse 7-12 und Psalm 43, Verse 1-5. Es ist also ein Dreiteiler mit jeweils einem Refrain zum Abschluss.
Der Refrain lautet: „Harre auf Gott!“ – also: „Was bist du so aufgelöst, meine Seele, und bist unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken für das Heil seines Angesichts!“ Oder: „… dass er das Heil meines Angesichts ist.“ Der Refrain ist fast gleich, aber nicht ganz. Die letzten zwei Wörter sind manchmal ein bisschen anders. Dadurch ist der Psalm automatisch schon gegliedert.
Im ersten Teil geht es um die Sehnsucht nach Gott, im zweiten Teil um die Erinnerung an Gott, und im dritten Teil um Vertrauen in Gott.
Der erste Teil beschreibt die Sehnsucht nach Gott. Der zweite Teil ist die Erinnerung an Gott. Der dritte Teil drückt Vertrauen in Gott aus.
Der erste Teil klingt hoffnungslos, ohne Hoffnung. In Vers 3 heißt es: „Wann werde ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht? Meine Tränen sind mir zur Speise geworden, Tag und Nacht, wenn man den ganzen Tag zu mir sagt: ‚Wo ist dein Gott?‘“ Daran will ich denken, will ausschütten meine Seele in mir. Es ist eine negative Stimmung im ersten Teil.
Der zweite Teil bringt Hoffnung hinein, in den Versen 7 bis 12. In Vers 9 sagt er: „Des Tages wird Yahweh seine Güte entbieten, und des Nachts wird sein Lied bei mir sein.“ Jetzt kommt Licht hinein. Er denkt an Yahweh, der seine Güte entbieten wird – das heißt, befehlen und schicken wird. Und des Nachts wird sein Lied bei mir sein, ein Gebet zu dem Gott meines Lebens.
Hier sind wir exakt im Zentrum des Psalms. „Ein Gebet zu dem Gott meines Lebens“ – das Wort „Gott meines Lebens“ ist das exakte Mittelwort, die Mittelzeile des ganzen Psalms.
In Vers 9 heißt es: „Des Tages wird Yahweh seine Güte entbieten, und des Nachts wird sein Lied bei mir sein, ein Gebet zu dem Gott meines Lebens.“ Das ist die mittlere Verszeile, das Zentrum des gesamten Psalms.
Er denkt an Yahweh, den Bundesgott. Wenn ich richtig liege, ist das das einzige Mal, wo Yahweh vorkommt. Stimmt’s? Yahweh kommt nur hier vor, im exakten Zentrum. Sonst kommt das Wort „Gott“ siebzehnmal vor, aber Yahweh nur an dieser Stelle.
Er erinnert sich also an den Bund Gottes, und das bringt ihm Hoffnung.
Die dritte Phase, der dritte Teil, ist dann von mehr Vertrauen und viel Hoffnung geprägt. In Psalm 43, Vers 3 heißt es: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, sie sollen mich leiten, mich bringen zum Berge deiner Heiligkeit und zu deinen Wohnungen. So werde ich kommen zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Jubelfreude ist, und dir danken mit der Laute, Gott, mein Gott!“
Jetzt ist er in Gedanken in die Gegenwart Gottes geführt. Die Hoffnung ist da, bald wird die tatsächliche Rückführung kommen. Er wird wieder zum Haus Gottes kommen.
Möglicherweise ist dieser Psalm aus dem Exil entstanden, also ein Psalm, der das Volk Gottes im Exil in der Verbannung sieht und den Wunsch ausdrückt, zurückzukehren. „Wann werde ich kommen? Wann werde ich zurückkommen? Wann werde ich Gott wieder schauen dürfen?“
Diese Hoffnung ist in Psalm 43, Vers 3, deutlich: Bald kommt die Rückführung. Dann werde ich wieder auf dem Berge deiner Heiligkeit sein, zu deinen Wohnungen. So werde ich kommen zum Altar Gottes, zum Altar Gottes!
Dann werde ich wieder dort stehen, als Priester am Altar dienen dürfen. Hier spricht ein Levit. Es ist nämlich ein Psalm der Söhne Korachs, und die Söhne Korachs waren Leviten. Die Leviten durften in das Heiligtum Gottes hineingehen und dort Opfer darbringen beziehungsweise die Opfergeräte bedienen. Die Priester brachten die Opfer selbst dar, aber die Leviten bedienten die Hütte.
Dann darf ich wieder dort sein, bei Gott, der meine Jubelfreude ist, und dir danken mit der Laute – also mit einem Musikinstrument: „Gott, mein Gott, was bist du aufgelöst, meine Seele, und bist unruhig in mir, harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken. Er ist das Heil meines Angesichts und mein Gott.“
Hier haben wir einen sehr schönen, poetisch sehr, sehr schön dargestellten Psalm mit der Zahl 17, mit dem Dreiteiler, mit Yahweh im exakten Zentrum – genau so, wie man es sich für einen schönen poetischen Psalm wünscht.
Psalm 45 als besonderes Hochzeitslied
Die erste Stunde. Wir stehen auf zum Gebet. Psalm 45 sticht hervor aus den Korach-Psalmen dieser Siebener-Reihe. Er ist nicht das Zentrum, obwohl man fast meinen könnte, er wäre es. Aus irgendeinem Grund ist er es jedoch nicht, aber er ist ein besonderer Psalm.
Es heißt hier: „Nach der Melodie Lilien von den Söhnen Korachs“ – eine Unterweisung. Es ist ein Lied der Liebe, und wie wir vom Inhalt her erkennen, handelt es sich um ein Hochzeitslied. Sechsmal wird der König erwähnt, einmal die Königin beziehungsweise die Tochter. Die Tochter dürfte wohl die Braut sein, also die Tochter des Königs ist wahrscheinlich die Braut.
Wir wollen uns einige Punkte anschauen, beginnen aber zuerst mit der Form. Die Form ist sehr schön gestaltet. Da es hier um Herrlichkeit geht, erwarten wir die Zahl 23. Vers 2 und 3, die erste Strophe, hat 23 Wörter. Die zweite und dritte Strophe zusammen, also Vers 4 bis 6 und Vers 7 bis 8, haben jeweils 23 Wörter, also zweimal 23 Wörter, insgesamt 46 für die beiden Strophen. Die Strophen sind nicht exakt in der Mitte geteilt.
Die Mittelstrophe, das sind Vers 9 und 10, hat nicht 23 Wörter, sondern nur 18. Das fällt durch die Wortzahl nicht besonders auf. Die Strophen fünf und sechs, also Vers 11 bis 13 und Vers 14 bis 16, haben jeweils wieder 23 Wörter. Der Schluss hat nur 19 Wörter, was ebenfalls nichts Besonderes ist. Die Zahl 23 wird also mindestens fünfmal eingebaut.
Noch etwas zur Mittelstrophe: Die mittleren Zeilen, hier die Zeilen 9a, 9b und 10a, enthalten 14 Wörter. Diese sind umrahmt von dreimal 23 Wörtern vorne und dreimal 23 Wörtern hinten. Das ist also die Form.
Wir haben sieben Strophen, nein, doch, Entschuldigung, sieben Strophen. Die Mittelstrophe umfasst die Verse 9 und 10. Am Anfang steht die Schönheit des Königs. Wenn in der Überschrift „Ein Lied der Liebe“ steht, hat das nichts mit einem sinnlichen oder sentimentalen Liebeslied zu tun, sondern es ist eher ein schöner Gesang über die Liebe des Königs zu seiner Braut. Der königliche Bräutigam zur königlichen Braut – ein Unterweisungsgedicht.
Es beginnt mit Vers 2: „Mein Herz wallt von schönem Wort, ich sage meine Gedichte dem König, meine Zunge ist Schreibzeug eines meisterlichen Schreibers. Du bist schöner als die Söhne der Menschen, Anmut ist ausgegossen über deine Lippen, darum hat Gott dich gesegnet für ewig.“
Dieses Lied drückt die Schönheit auch in der Sprache und durch Worte aus. Der Dichter sagt: „Mein Herz wallt“, das heißt, es kocht und siedet. Wenn Wasser wallt, dann kocht es. Mein Herz kocht. Es wallt nicht einfach frei drauflos, getrieben von Leidenschaften, sondern die Zunge des Dichters ist gebändigt. Er sagt: „Meine Zunge ist ein Schreibzeug eines meisterlichen Schreibers.“ Es geht hier also um ein Kochen, das sehr gebändigt ist, nicht getrieben von irgendwelchen Leidenschaften. Es wallt von guten Worten, von schönem Wort.
Die Zunge ist hier wie ein Griffel in der Hand des Meisterschreibers. Sie redet nicht einfach drauflos, rastet nicht aus. Sie hat keinen freien Lauf, sondern steht genau in der Macht des Schreibers, des Dichters. Diese Zunge ist gebändigt.
Das ist eine sehr wichtige Lektion für das eigene Reden. Die Zunge muss gebändigt werden. Man muss darauf achten, dass die Zunge nicht frei darauflos spricht. Sie muss ein Griffel sein, ein Schreibzeug des Meisters, und wir sollen die Meister sein über unsere Zunge. So schwer das auch ist. Jakobus sagt ja, wie schwer das ist, aber der Herr Jesus kann die Zunge bändigen; ein Mensch allein kann das nicht.
Hier ist ein Dichter mit einer gebändigten Zunge. Für wen sind diese Worte? Für den König. Daraus lernen wir, dass es um Anbetung geht. Offensichtlich ist das eine Anbetung. Daraus lernen wir etwas über Anbetung: Die Anbetung darf nicht von außen angeheizt werden.
Heute gibt es ein völlig falsches Verständnis von sogenannten Lobpreis-Stunden oder wie man sie nennt. Das hat sich verselbstständigt zu einer eigenen Theologie. Das Wort „Lobpreis“ wird verbunden mit charismatischer, sentimental angeheizter Anbetung, hat aber nichts mit echter Anbetung zu tun. Übrigens ist Anbetung in der Schrift eine Haltung. Das Wort bedeutet nämlich „Huldigung“. Eine Huldigung ist eine Haltung dessen, der anbetet. Das war in der Körperhaltung ausgedrückt: Man warf sich nieder, manchmal einfach mit der Stirn zur Erde, wie Abraham und andere.
Deshalb bin ich auch für die Übersetzung „Huldigung“ statt „Anbetung“. Wenn man die Offenbarung liest, kommt das Wort „Anbeten“ sehr oft vor, aber dort sollte man immer „Huldigen“ übersetzen – viel besser. Das Wort „Huldigen“ ist zwar ein altes Wort, ich weiß das, und die Leute verwenden es nicht mehr so oft, aber man versteht es schon. Genau das ist hier gemeint.
Manche meinen, sie beten Gott an, aber sie beten nur sich selbst und ihre eigenen Gefühle an. Ein meisterlicher Dichter ist sich seiner hohen Aufgabe bewusst. Er plappert nicht einfach drauflos.
„Du bist schöner als die Söhne der Menschen, Anmut ist ausgegossen über deine Lippen, darum hat Gott dich gesegnet für ewig.“ Als ob der König plötzlich vor ihn getreten wäre, bricht der Psalmbeter in Bewunderung aus. Er hatte die Einleitung in Vers 2, und nun spricht er gerade den König an: „Du bist schöner als die Söhne der Menschen, du bist schöner als die Menschen.“
Er schaut hier mit den Augen des Herzens, mit den inneren Augen. Er sieht in dem König, in dem menschlichen König, mehr. Er schaut den menschlichen König an und sieht dahinter fast einen göttlichen König, denn er spricht ihn später sogar als Gott an – dazu kommen wir gleich.
Anmut ist ausgegossen über deine Lippen. Anmut ist hier das Wort, von dem wir auch das Wort „Gnade“ ableiten. Anmut hat mit Schönheit zu tun, mit Grazie. Früher sagte man „graziös“, „gnädig“, „gnädige Dame“ oder „Gnäfrau“. Da steckt dieser Sinn von Anmut drin.
Darum hat Gott dich gesegnet für ewig, weil solche guten, schönen Worte aus seinem Munde kommen, nicht aus dem Mund des Dichters. Er spricht jetzt vom König. „Du bist schöner als die Söhne der Menschen, Anmut ist ausgegossen über deine Lippen.“ Nicht mehr der Dichter ist jetzt wichtig, nicht mehr die Worte des Dichters, des Schreibers, sondern die Worte des Königsschreibers, die über seine Lippen kommen.
Ich denke hier an Lukas 4, Vers 22: „Alle gaben ihm Zeugnis und wunderten sich über die Worte der Anmut, die aus seinem Munde kamen.“ Worte der Gnade, das gleiche Wort für Anmut – über die Worte der Anmut, die aus seinem Munde gingen, über die schönen Worte aus seinem Munde.
Was ist die Anwendung für uns? Was kommt aus unserem Munde? Sind das auch Worte der Anmut? Kolosser 4, Vers 6: „Euer Wort sei allezeit in Anmut.“ In der Elberfelder Übersetzung heißt es „in Gnade“. Luther übersetzt es mit „lieblich“. Die ursprüngliche Bedeutung von Gnade ist Anmut. Das heißt, euer Wort soll allezeit in Anmut gesprochen werden, also etwas Schönes, mit Salz gewürzt, gut schmeckend.
Es soll nicht nur schön sein, sondern auch gut schmecken – herzlich, mit Liebeswürze.
Weiter zum Psalm: Es geht um die Schönheit des Königs. „Du bist schöner als die Söhne der Menschen“, das heißt, du bist wohl der Schönste überhaupt. Du ragst aus den Menschen hervor. Man verwundert sich: Was ist das für ein Mensch? Was muss das für ein Mensch sein, der hier beschrieben wird, dieser König?
Ist es einfach Übertreibung oder sieht er hinter dem König einen besonderen König? Sieht er hinter David einen Sohn Davids, einen besonderen Sohn Davids?
Verse 4 bis 6 beschreiben die Macht des Königs. Hier ist der König als siegreicher Kämpfer dargestellt. Man kann auch sagen: die Macht des Königs.
„Gürte dein Schwert an die Hüfte, du Held, du Starker“, heißt es. „Deine Hoheit und deine Pracht, und deine Pracht sei siegreich. Zieh aus für die Sache der Wahrheit und der Sanftmut der Gerechtigkeit. Furchtgebietende Lehre deine Rechte, deine Pfeile sind scharf, Völker fallen unter dir hin, sie dringen ins Herz der Feinde des Königs.“
Hier sehen wir einen starken, siegreichen König, einen Kämpfer, einen Held. Übrigens wird das Wort „Held“ manchmal auch für den Herrn selbst verwendet. Yahweh ist ein Kriegsmann (2. Mose 15,3). Psalm 24 fragt: „Wer ist dieser König der Herrlichkeit?“ Es ist der Herr, stark und heldenhaft (Psalm 24,8).
Seine Hoheit, seine Pracht – er trägt nicht nur das Schwert, sondern auch Pracht, also eine schöne Kleidung. Achten wir bitte darauf, dass die Bibel öfter über Kleidung spricht. Ich möchte jetzt nicht über Kleidung predigen, aber wir haben immer wieder Stellen in der Bibel, wo von Kleidung die Rede ist. Oft vergessen wir, dass hier von Kleidung gesprochen wird.
Hier ist von Kleidung die Rede. Ich habe mir das mal zum Ziel gesetzt, da war eine Diskussion unter Christen über Kleidung. Ich habe ein Studium begonnen, bin aber nicht fertig geworden. Es gibt so viele Verse über Kleidung, das gibt es doch gar nicht. Ich dachte, die Bibel sagt nicht viel über Kleidung. Seite für Seite finde ich immer wieder Stellen. Ich habe damit aufgehört, aber vielleicht sollte ich das weitermachen oder eine Zusammenstellung machen.
Hier ist also die Rede von einer prachtvollen Kleidung. „Kleider machen Leute“ – was man anhat, ist gar nicht unwichtig, überhaupt nicht unwichtig.
„Sei siegreich, zieh aus für die Sache der Wahrheit und der Sanftmut der Gerechtigkeit.“ Ein interessanter Ausdruck: Zieh aus für die Sache der Wahrheit und der Sanftmut der Gerechtigkeit.
Er sagt zwei Dinge: Wahrheit und Sanftmut. Bei Sanftmut kommt ein Genitivobjekt hinzu, „der Gerechtigkeit“. Das bezieht sich wahrscheinlich auf beide vorausgehenden Hauptwörter. Die Wahrheit und die Sanftmut sind Hauptwörter, und „der Gerechtigkeit“ ist eine Beifügung, die wahrscheinlich für beide Glieder von vorher gilt.
Das heißt, es ist ein hebräischer Ausdruck für gerechte Wahrheit und gerechte Sanftmut.
Was ist eine gerechte Wahrheit und was ist eine gerechte Sanftmut? Unsere Wahrheit muss eine gerechte Wahrheit sein. Was heißt gerecht? Gerecht heißt Gott entsprechend. Gott ist gerecht, und wenn wir gerecht sind, dann sind wir Gott entsprechend, seinem Wesen entsprechend.
Das heißt, die Wahrheit ist dem Wesen Gottes entsprechend, und die Sanftmut ist dem Wesen Gottes entsprechend.
Also eine Wahrheit gepaart mit göttlicher Gerechtigkeit und eine Sanftmut gepaart mit göttlicher Gerechtigkeit.
Wir sollen wahr sein und auch sanft, aber in all dem muss sich das Wesen Gottes widerspiegeln. Heiligkeit und Liebe, Wahrheit und Sanftmut gehören zusammen.
„Nehmt auf euch mein Joch, denn ich bin sanftmütig“, sagte der Herr Jesus.
Das ist eine richtige Sanftmut, eine Sanftmut, wie Gott sie hat. Das heißt nicht, dass diese Sanftmut nicht zornig sein kann. Gott kann zornig sein.
Es gibt eine göttliche Sanftmut, die nicht gleichzusetzen ist mit einem weichen Menschen, der bei allem weich ist. Das ist falsche Sanftmut.
Es gibt auch eine Sanftmut, die weiß: Moment, hier geht es um Wahrheit, und hier kann ich nicht einfach nachgeben.
Sanftmut heißt nicht, dass man immer nachgibt. Wenn es um die Wahrheit geht, darf ich nicht nachgeben. Die Frage ist, in welcher Art und Weise ich spreche und auftrete.
Aber ich darf nicht nachgeben, wenn es um die Wahrheit geht.
Zieh also aus für die Sache Gottes.
Übrigens, der Herr Jesus, als er vor Pilatus stand, zeigte Sanftmut und Wahrheit gepaart. Er blieb ganz ruhig, aber sagte scharfe Worte: „Wer aus der Wahrheit ist, der hört auf meine Stimme. Ich bin ein König, ich bin in diese Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen, und wer aus der Wahrheit ist, der hört auf meine Stimme.“
Er blieb ganz ruhig, aber sagte: „Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht gegeben wäre von oben.“
Da spricht er in Sanftmut, aber eine ganz wichtige Wahrheit. Pilatus merkt plötzlich, dass er hier einem Richter gegenübersteht. Hier stehen sich zwei Richter gegenüber (Johannes 18,19).
Also dieser König als siegreicher Kämpfer.
Dann haben wir Vers 7 und 8, wo von der Hoheit, dem hohen Stand oder dem hohen Status dieses Königs die Rede ist, und zwar was die Regierungsdauer und die Moral betrifft, überhaupt sein Wesen.
Ich merke gerade, ich habe einen Vers nicht gelesen. Wenn ich noch kurz zurückgehen darf: Vers 5 am Ende: „Furchtgebietend deine Lehre, deine Rechte, deine Pfeile sind scharf, Völker fallen unter dir hin, sie dringen ins Herz der Feinde des Königs.“
Hier ist also die Rede von den Pfeilen. Dieser König ist ein Kämpfer, aber er kämpft für die Wahrheit, und die Feinde müssen fallen.
Dieser König ist sanftmütig, ja, aber er weiß um das Gericht für die Feinde.
Die, die sich nicht beugen wollen, fallen alle nieder. Sie müssen durchbohrt werden mit Pfeilen. Seine Pfeile sind scharf.
Hier sehen wir ganz klar, dass Sanftmut und Gericht sich nicht widersprechen.
„Deine furchtgebietende Lehre, deine Rechte.“ Die Rechte ist die starke Hand, die Pfeile oder Speere abschießt. Die Rechte ist die gerichtsausübende Hand. Diese soll den Menschen Ehrfurcht lehren.
Diese rechte, starke Hand des Königs soll den Menschen das Zittern beibringen.
„Deine Pfeile sind scharf. Furcht lehre deine Rechte.“ Das Wort im Hebräischen ist das Wort, das sonst für Ehrfurcht gebietende Dinge verwendet wird. Es ist hier nicht das normale Wort für Furcht, deshalb wird es so übersetzt: Ehrfurcht gebietend.
Es kommt übrigens auch im Psalm 139 vor: „Du hast mich auf eine ehrfurchtgebietende Weise gemacht.“ Das ist interessant. Nicht nur „Du hast mich wunderbar gemacht“, sondern „Du hast mich gemacht, da muss man staunen, und da bekommt man Ehrfurcht“. Das ist dasselbe Wort hier.
Vers 7 und 8 beschreiben die Hoheit des Königs:
„Dein Thron, o Gott, besteht immer und ewiglich. Ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Königreiches. Du liebst Gerechtigkeit und hasst Gesetzwidrigkeit.“
Deswegen: „Salbte dein Gott dich mit Öl des Freudenöls vor deinen Gefährten“, also im Vorzug vor deinen Gefährten, nicht mehr als deine Gefährten, sondern im Gegensatz zu deinen Gefährten, die er nicht gesalbt hat. Er hat dich gesalbt, die anderen Gefährten nicht.
Dieser Vers wird im Hebräerbrief zitiert. Der Hebräerbrief gibt uns hier das Licht, von wem hier die Rede ist. Es ist ein König, der hinter David steht. Es ist einer, der viel größer ist als David.
Der Dichter sieht in dem König Göttlichkeit und spricht ihn deshalb mit Gott an. Er prophezeit hier, wahrscheinlich ohne es zu wissen, dass der König Gott ist.
Wie kann ein König Gott sein?
Der Hebräer-Schreiber hat das scharfsinnig erkannt und zitiert diesen Vers in Hebräer 1.
Er sagt, das ist ein Beweis dafür, dass dieser Jesus Christus mehr ist als die Engel, denn die Engel werden nicht mit Gott angesprochen.
Zu den Engeln sagt Gott nie „Gott“. Er sagt zwar einmal „Götter“ im Sinne von „Söhne Gottes“, wenn er zu ihnen spricht (Hiob 1), aber „Söhne Gottes“ ist etwas anderes. Es ist ein Ausdruck für in Gottes Gegenwart stehende Wesen.
Söhne des Lichts sind Menschen, die vom Licht geprägt sind. Söhne Gottes sind Menschen, die von Gott geprägt sind, die von ihm direkt geschaffen sind und sich in seiner Gegenwart befinden.
Söhne der Finsternis sind jene, die mit der Finsternis in Verbindung stehen.
Söhne Gottes sind also solche, die mit Gott in Verbindung stehen.
Aber ein Sohn – beziehungsweise hier wird nicht einmal „Sohn“ gesagt – er wird sogar einfach „Gott“ genannt.
Das hat Gott nie zu einem Engel gesagt. Gott hat nie zu einem Engel gesagt: „Du bist mein Sohn.“ Nur in Bezug auf diesen einen König, den Sohn Davids, sagt Gott: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“
Zu diesem König spricht Gott: „Du bist Gott.“
Das ist für den Hebräer-Schreiber ein sehr wichtiges Argument.
Die Zeugen Jehovas weichen aus und sagen, diesen Text müsse man anders verstehen. Sie behaupten, man müsse es so lesen: „Dein Thron, o Gott, da meint er den Herrn Yahweh. Dein Thron besteht immer und ewig.“ Der Dichter wendet sich plötzlich zu Gott im Gebet, hört auf, über den König zu reden, und betet.
Das passt aber nicht zum Zusammenhang, denn wir müssen weiterlesen:
„Ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Reiches.“
Hier ist nicht von Gott und seinem Reich die Rede, sondern von einem Menschen, der schöner ist als die Söhne der Menschen und den Gott gesegnet hat (Vers 3).
Wenn Gott ihn gesegnet hat, kann derjenige, der hier angesprochen ist, nicht Gott selbst sein, also nicht Yahweh.
Es muss einer sein, der Gott genannt wird, aber auch Gott heißt – einer, der neben Gott steht und doch Gott genannt wird.
Wie geht das? Glauben wir an mehrere Götter?
Das ist ein Geheimnis. Erst im Neuen Testament wird offenbart, dass Gott sich in seinem Sohn offenbart hat und dass Gott Mensch geworden ist und dabei Gott geblieben ist.
Gott wurde Mensch in Jesus Christus, und der Mensch, der Herr Jesus Christus war, verzichtete auf seine göttlichen Eigenschaften, blieb aber im Wesen das, was er war.
Als der Herr Jesus Mensch wurde, blieb er Gott. Schwer zu verstehen, oder?
Als Gott Mensch wurde in Jesus Christus, blieb Jesus Christus dennoch Gott und war Gott und Mensch zugleich auf der Erde.
Er verzichtete auf den Gebrauch seiner göttlichen Eigenschaften, aber nicht auf das Wesen.
Für den Juden ist das ein absolutes Geheimnis, denn er versteht das nicht. Für den Moslem sowieso nicht.
Für uns, die wir vom Neuen Testament her zurückblicken, können wir verstehen, dass Gott einerseits einer ist und gleichzeitig zwei, eigentlich sogar drei – aber das ist ein anderes Thema.
Hier ist ein König gemeint, ein Sohn Davids. Man meint zuerst, es sei David selbst, da die Söhne Korachs David besingen. Aber weil sie prophetisch reden, besingen sie hier den Sohn Davids.
„Dein Thron, o Gott, besteht immer und ewiglich. Ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Königreiches.“
Es geht um das Königreich eines Menschen, der hier mit Gott angesprochen wird – ein Gottmensch.
Was ist das für einer, der Gerechtigkeit liebt und Gesetzwidrigkeit hasst?
Deswegen: „O Gott, salbte dein Gott dich.“
Hier wird der König zweimal Gott genannt: Der König wird als Gott angesprochen, und Gott hat ihn gesalbt.
Die Zeugen Jehovas drehen das um und sagen: „Nein, nein, das heißt: ‚Deswegen salbte dich Gott, nämlich dein Gott.‘“ Aber so steht es hier nicht.
Es geht um einen König, den er in Vers 7 als Gott anredet: „Dein Thron, o Gott, besteht immer und ewiglich.“
Dieser König wird mit Gott angesprochen, und nochmals in Vers 8: „Deswegen, o Gott, salbte dein Gott dich mit Öl des Freudenöls im Vorzug vor deinen Gefährten.“
Es wurde für David gesungen, aber der Dichter wusste wahrscheinlich nicht, dass er hier prophetisch über den Sohn Davids redet.
Das eigentliche Lied wurde für König David gesungen, das stimmt. Das ist die einzige Stelle, die das tut.
„Dein Thron, o Gott, besteht immer und ewiglich.“ Aber was man sich dabei gedacht hat, weiß ich nicht.
Der Hebräer-Schreiber sagt uns, und er ist inspiriert, dass sich diese Stelle nicht auf David beziehen kann, sondern auf den Sohn Davids, den größeren Sohn Davids, den Herrn Jesus.
Hebräer 1, Vers 4: „Da er so viel besser geworden ist als die Engel, als er einen vorzüglicheren Namen, der sie überragt, geerbt hat; denn zu welchem der Engel sagte er jemals: ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt‘?“
Zu den Engeln hat er das nie gesagt, aber zu dem höheren Sohn Davids, dem größeren Sohn Davids, hat er gesagt: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“
Und weiter: „Ich werde ihm Vater sein, und er wird mir Sohn sein.“
Das gilt im indirekten Sinn auch für Salomo, aber es geht weiter. Es war nicht der Sohn Salomons, sondern der größere Sohn Davids, der Herr Jesus Christus, der letztlich angesprochen ist.
Weiter heißt es: Wenn er den Erstgeborenen in das Weltreich einführt, sollen ihm alle Engel Gottes huldigen.
Einerseits sagt er in Bezug auf die Engel, dass er seine Engel zu Winden macht und seine Dienstleister zu Feuerflammen.
Andererseits, in Bezug auf den Sohn: „Dein Thron, o Gott, besteht in alle Ewigkeit. Ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Königreiches. Du liebst Gerechtigkeit und hasst Gesetzwidrigkeit. Deswegen, o Gott, salbte dein Gott dich mit Öl des Freudenöls im Vorzug vor deinen Gefährten.“
Genau dieser Vers.
Für den Hebräer-Schreiber ist klar, dass dieser Vers sich nicht einfach auf David bezieht, sondern prophetisch auf den Messias.
Er hat seine Bibel studiert und kommt zu keinem anderen Schluss.
Es geht nicht anders, und deshalb bringt er hier ein gutes Argument an.
Das zeigt uns, dass wir in den Psalmen oft eine prophetische Schau hinter dem vordergründigen David haben. In Wirklichkeit steckt ein Größerer dahinter, und der ist hier letztlich gemeint.
Ich wiederhole: Im Alten Testament ist immer wieder von der Ausdehnung des Reiches bis an die Enden der Erde die Rede.
Das passt nicht in den damaligen Zusammenhang, denn das Reich war damals nicht so ausgedehnt und hat sich nie bis an die Enden der Erde ausgedehnt.
Man singt diese Lieder im Blick auf eine Zukunft, die erst mit dem Sohn Davids eintreten wird.
Man besingt hier den einen König David, dieses Hochzeitslied, aber es trifft nicht auf David selbst zu. Es trifft erst dann wirklich zu, wenn der Sohn Davids, der große Sohn Davids, kommt.
Dann passt es.
Das Zepter der Aufrichtigkeit, also das Zepter der Gerechtigkeit, das Zepter der Geradheit, ist das Zepter deines Königreiches.
Das heißt, dieser König hat eine gerechte Regierung.
Vielleicht ist Ihnen das nicht aufgefallen, und Sie haben gedacht, es sei poetische Sprache, Übertreibung, Hyperbel.
Aber der Hebräer-Schreiber zeigt uns, dass Gottes Wort sehr ernst zu nehmen ist.
Es handelt sich hier nicht um eine Übertreibung, und das Reich besteht immer und ewig.
Ich meine, stimmt das für David? Nein, denn es heißt nicht: „David, dein Thron besteht immer und ewig“, sondern in seinen Nachkommen.
Das wird gesagt, aber hier scheint mehr zu sein.
Es geht nicht nur um David und seine Nachkommen, sondern um den Einen, dessen Königreich nie enden wird.
Jesaja 9, Vers 6: „Auf dem Thron Davids und seines Reiches wird kein Ende sein. Friede und Gerechtigkeit wird auf dem Thron Davids herrschen, und dieses Reich wird kein Ende haben.“
Wenn das auf Jesus übertragen wird – im Hebräerbrief –, wer sind die Gefährten gemeint?
Hier sind eindeutig die Gefährten die Engel, auch in Hebräer 1, denn dort sind eindeutig die Engel gemeint, was hier im Psalm direkt gemeint ist.
Der Hebräer-Schreiber sagt uns, Jesus wurde über seine Gefährten gestellt, also über andere Anwärter, die gesalbt werden sollten. Das waren geistliche, dienstbare Geister – die Engel.
Es gab noch andere Anwärter, zum Beispiel die Brüder Davids. Ich weiß nicht, was der Dichter selbst dachte, aber der Hebräer-Schreiber nimmt das als Argument, dass Jesus Christus aus den himmlischen Wesen herausragt.
Er ist viel mehr als die Engel. Er hat einen viel höheren Namen und ein viel höheres Wesen. Er ist Gott, die Engel sind es nicht.
Ist das ein exaktes Zitat? Luther übersetzt in Psalm 45, dass der Herr gemeint sein muss. Das ist eigenartig. Ich muss hier nachschauen.
In der Luther-Übersetzung von 1984 steht hier „Herr“, aber ist es nicht der Herr tatsächlich?
Luther 1984 hat „Herr“, jetzt sehe ich es auch in anderen Übersetzungen. Das ist ein Fehler in der Übersetzung.
In der ganz alten Luther-Übersetzung stand „Gott“, nur in der 1984er-Version „Herr“.
Da bin ich überfragt. Normalerweise ist es so.
Wieso wäre er dann im Psalter und nicht gesungen worden?
Ach so, es steht hier: „Dem leitenden Musiker nach Lilien, Unterweisung.“
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind immer noch in Vers 7 und 8, also in der Dauer dieses Reiches. Es ist ein ewiges Reich.
Dadurch sieht man schon die Hoheit dieses Königs, die Moral dieses Reiches.
Wenn der König so eine hohe Moral hat, dass sein Zepter der Geradheit ist, eine gerechte Regierung, die das Gute belohnt und das Böse bestraft, und dass er selbst ein König ist, der Gerechtigkeit liebt und Gesetzwidrigkeit hasst, dann ist auch das Reich von besonderer Moral.
Der König ist von besonderer Moral, und in diesem Reich wird dafür gesorgt, dass Gerechtigkeit herrscht.
Auch wir sollen das Böse hassen und das Gute lieben, die Gerechtigkeit lieben und das Ehrfurchtslose, den Frevel, das Böse hassen.
Ein Christ muss auch etwas hassen. Man kann nicht sagen, Christen dürfen nicht hassen.
Doch, Christen sollen hassen, aber sie müssen das Böse und die Sünde hassen.
Offenbarung 2, Vers 6: „Jesus tadelte keine Gemeinde, sondern lobte sie, weil sie die Werke der Nikolaiten hasst, die auch ich hasse.“
Wenn man für das Gute ist, muss man auch gegen das Böse sein.
Christen müssen auch gegen etwas sein.
Wenn ich so schreibe: Dreimal 23 heißt einfach 69 Wörter vorher und 69 Wörter nachher.
Wie sie aufgeteilt sind, haben wir oben gezeigt.
Vers 3 und 2 sind 23 Wörter, Vers 4 bis 6 sind 23 Wörter.
Die erste Strophe hat 23 Wörter, die zweite und dritte Strophe zusammen auch 23 Wörter.
Dann wird es so weitergehen.
Am Ende dann nicht mehr. Hinten sind noch die nächsten zwei Strophen 23 Wörter, aber die letzten zwei sind anders aufgeteilt.
Trotzdem kommt die 23 sehr häufig vor: Strophe 1, Strophe 2 und 3 zusammen, dann Strophe 5 und 6.
Insgesamt als Summe auch, so dass die drei Mittelzeilen – die beiden Zeilen von Vers 9 und die Zeile 10a – die Mittelzeilen bilden. Es sind 14 Wörter, und sie sind umrahmt von 69 Wörtern vorne und hinten.
Zu Vers 8 habe ich ein Zitat von Spurgeon, das ich vorlesen möchte:
„Wer die Wahrheit liebt, muss alles Falsche hassen. Jesus Christus hasste die Gottlosigkeit so sehr, dass er blutete, um sie tödlich zu verwunden, dass er starb, damit sie sterbe, dass er begraben wurde, um sie in sein Grab zu bringen, dass er auferstand, um sie unter seinen Füßen zu zertreten. So innig er die Sünder liebte, so unerbittlich hasst er die Sünde. So vollkommen seine Gerechtigkeit ist, so vollständig wird er die Gottlosigkeit in jeder Form und Gestalt vernichten. Du herrlicher Held der Gerechtigkeit und Feind allen Unrechts, darum hat Gott, dein Gott, dich gesalbt mit Freudenöl mehr als deine Gefährten.“
Spurgeon in „Morning and Evening“ am 20. Mai.
Der Herr Jesus wurde dreifach gesalbt: als Prophet, als Priester und als König.
Als Prophet wurde er gesalbt (Apostelgeschichte 10,38): Gott hat ihn für sein irdisches Wirken gesalbt.
Als Priester wurde er gesalbt (Psalm 110): „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.“ Bei der Auferstehung und Himmelfahrt wurde er zum Priester gesalbt.
Als König und Herr aller Herren wurde er gesalbt (Psalm 2,7): „Ich habe dich eingesetzt zum König auf dem heiligen Berg.“
Diese Stelle: „Darum hat Gott dich gesalbt“ und Apostelgeschichte 2,36: „Gott hat ihn zum Herrn und Gesalbten gemacht.“
Dreifach gesalbt: König, Priester und Prophet.
In der Mittelstrophe wird die Pracht des Königs beschrieben: Myrrhe, Aloe, Kassia sind Kleider, das heißt hier eine Metapher. Myrrhe sind wie Kleider, das heißt, sie riechen so oder ähneln ihnen. Wahrscheinlich sind Aloe und Kassia ebenfalls edle Salben.
Alle deine Kleider duften so.
Aus Palästen von Elfenbein erfreut dich das Seitenspiel. Hier erklingt poetische Sprache: Königliche Paläste aus Elfenbein, dem kostbarsten Baumaterial, das man kannte.
Die Lieder der Heiligen sind ihm wohlgefällig. Er hat Freude an dem Seitenspiel seiner Untertanen, auch an unseren Liedern.
Wenn wir Lieder singen, dann sollten wir sie nicht zur Belustigung oder Zeitfüllung missbrauchen, sondern dem Herrn singen und zur Erbauung der Gläubigen.
Vers 10: Königstöchter sind unter deinen Kostbaren, die Königin steht zu deiner Rechten. Das dürfte die Königinmutter sein.
Sie steht zu deiner Rechten in Gold von Ophir, also wieder dichterische Sprache. Sie ist mit prächtigem Goldschmuck gekleidet.
Dann weiter die nächste Strophe, Vers 11 bis 13: Hier ist die Rede vom Hochzeitszug der Braut. Die Tochter ist wohl die Braut.
„Sieh her, neige dein Ohr und vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters. Du wirst jetzt heiraten.“
Vergiss deine Verwandtschaft, woher du kommst, von irgendwo weit her.
Der König begehrt deine Schönheit, denn er ist dein Herr, dein Eheherr. So huldige ihm, beuge dich vor ihm.
Die Tochter Tyrus, die Reichen des Volkes, sollen mit Geschenken deine Gunst suchen.
Die Tochter Tyrus war sehr reich, sie hatten gutes Holz, Gold und andere Kostbarkeiten.
Die Reichen des Volkes bringen Geschenke, so wie die Königin von Saba Salomo Geschenke brachte.
Höre also. Die Tochter soll dem König ihr Ohr leihen, auf die Worte des Königs hören, sich ihm unterwerfen und von ihm lehren lassen.
Er ist jetzt dein Eheherr.
Vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters.
Anwendung: Auch heute hat der Herr Jesus eine Braut, und sie soll ihre Vergangenheit vergessen und sich dem Herrn unterordnen.
Das ist eine Anwendung für jeden Einzelnen.
Der König begehrt deine Schönheit. Die Braut ist schön, und der König macht sie schön.
Sie kommt schön zum König.
Anwendung: Der Herr Jesus Christus hat sich eine Ehefrau bereitet, indem er für sie gestorben ist, und er macht sie schön.
Die Gemeinde des Herrn Jesus sind alle, die ihm gehören und sich ihm unterwerfen.
Er hat sie mit seinem Blut gewaschen, um sie schön und herrlich zu machen.
In Epheser 5 heißt es:
„Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heilige und reinige durch das Wasserbad im Wort, damit er sie sich selbst darstelle als eine herrliche Gemeinde, die nicht Flecken oder Runzeln hat, sondern heilig und untadelig ist“ (Epheser 5,25-27).
Die Schönheit.
Wir müssen hier eine Pause machen. Beten wir noch.
Wir waren bei Vers 12: „Der König begehrt deine Schönheit“, und wir hatten Epheser 5,27 zitiert, wo klar hervorgeht, dass der König es begehrt, dass seine Braut das Reden, Denken und Handeln, die Schönheit ihres Charakters widerspiegelt.
Vers 13: „Und die Tochter Tyrus, die Reichen suchen mit Geschenken deine Gunst“, hatten wir gelesen.
Vers 14: Die Braut des Königs, hier wohl der Hochzeitszug.
„Ganz herrlich ist die Königstochter drinnen, vielleicht im Brautgemach, in den Gemächern. Von Goldgewebe ist ihr Gewand.“
Auch hier wieder achten wir auf die Kleidung.
In bunt gewirkten Kleidern wird sie zum König geführt.
Jungfrauen ziehen hinter ihr her, das ist die Jungfrauengefolgschaft, die wir auch in Matthäus 25 finden.
Die Jungfrauen begleiten die Braut, ihre Gefährtinnen.
Sie werden zu dir gebracht, geführt unter Freude und Jubel, ziehen ein in den Königspalast.
Der Hochzeitszug ist voller Freude und Fröhlichkeit.
Ich denke hier an 1. Johannes 3, Vers 1 und 2:
„Die Welt kennt uns nicht, aber er kennt uns, und er sieht die Schönheit seiner Braut.“
Wenn man solche Hoffnung zu ihm hat, reinigt man sich, so wie er rein ist.
Das ist nur eine Anwendung.
Weiter in Vers 15: Die Braut wird zum König geführt.
Es wird immer die Frau zum Mann geführt.
Bei Adam war das so. Gott machte die Frau für Adam, brachte sie ihm sozusagen, führte sie ihm zu.
Die Kleider hier sind eine neutestamentliche Anwendung.
Paulus sagt in 2. Korinther 11, Vers 2, dass er danach trachtet, dem Bräutigam eine reine Jungfrau zuzuführen.
Auch in Offenbarung 19, Vers 7 und 8 ist von Kleidern die Rede.
Die Kleider sind die Gerechtigkeit der Heiligen, das heißt die Auswirkung im Leben.
Gerechtigkeit als Auswirkung im Leben sind die Kleider der Braut.
Eine Gerechtigkeit, die Jesus Christus geschenkt hat und die jetzt gelebt wird.
Die Braut muss zum König passen, deshalb müssen auch die Kleider entsprechend sein.
Vers 16 beschreibt die ewige Zukunft des Königs:
„An deiner Vaterstadt werden dir Söhne sein, zu Fürsten wirst du sie setzen im ganzen Land. Ich will deines Namens gedenken lassen von Generation zu Generation. Darum werden dir Völker Lob bekennen immer und ewiglich.“
Hier wieder das Wort „immer und ewiglich“, so wie jetzt.
Er kommt zurück zum Anfang.
Letzte Strophe und erste Strophe sind hier parallel.
„Darum hat Gott dich gesegnet für ewig.“ Hier: „Darum werden die Völker dich loben ewig.“
Das ist ein typischer Chiasmus.
Übrigens, wenn wir schon bei Chiasmus sind: In der Mitte haben wir Vers 9 und 10, eingerahmt von der dritten und fünften Strophe.
Die dritte Strophe beschreibt die Gerechtigkeit, die der König liebt, die Gerechtigkeit seines Reiches.
In Strophe fünf heißt es: „Begehrt der König deine Schönheit“, das ist die Schönheit der Braut.
Also vorne ist es die moralische Schönheit des Königs, und in Strophe fünf ist es die moralische Schönheit der Braut.
Auch ein gewisser Chiasmus.
Und dann die zweite Strophe und die vorletzte Strophe zeigen ebenfalls eine Parallelität.
Der König zieht aus, und in der vorletzten Strophe wird die Braut zu ihm gebracht, hierher geführt.
In der zweiten Strophe wird dreimal von Hoheit und Pracht gesprochen.
In der vorletzten Strophe heißt es: „Ganz herrlich Goldgewebe ihr Gewand, gewirkte Kleider.“
Dort ist die Hoheit und Pracht des Königs beschrieben, hier die Pracht der Braut.
Auch hier gibt es Parallelen.
Das ist typisch hebräische Poesie.
Das Ganze endet mit Freude.
Vers 16: Freude.
Vers 17: Lob.
Vers 18: Freude und Lob.
Ein ewiges Reich von Generation zu Generation.
„So weit will ich deines Namens gedenken lassen.“
Der Name des Königs bleibt.
Im Namen Jesus werden sich alle Knie beugen, nicht nur die im Himmel, sondern auch die auf der Erde und unter der Erde (Philipper 2,11).
Man kann hier viele Parallelen zum Neuen Testament ziehen.
Dieser Königspsalm – Moment, ich bin gerade...
Vers 15: Nein, verschiedene Wörter.
Das sollte man fast in der Übersetzung klären.
Hier ist das Wort „Freundinnen“, „Kameradinnen“, „Gespielinnen“ sehr gut, „Gespielinnen“, „Kameradinnen“.
Wir wollen Luther nicht heruntermachen.
Luther hat die eigentliche Arbeit gemacht.
Was wir machen, ist nur noch Verzierung.
Er hat die echte Arbeit geleistet.
Wir stehen auf seinen Schultern und blicken deshalb höher, nur weil wir auf seinen Schultern stehen – was Übersetzung betrifft, was die ganze Sprache betrifft.
Gut.
Psalm 46 als Zentrum der Korachpsalmen
Es ist ein so schöner Psalm. Ich weiß, wir haben nur wenig Zeit. Übrigens, wir werden nicht alle Psalmen durchgehen können. Im Neuen Testament gibt es einen Anhang, in dem man ganz hinten für jeden Psalm Verse, Mittelverse und Strophen findet. Man muss sich nur ein bisschen mit den vielen Abkürzungen auskennen. Wenn man jedoch die Einleitung zum Anhang liest, findet man sogar eine Erklärung für diese Abkürzungen.
Man kann sich dort alle nötigen Informationen holen. Es sind zwar nicht alle, aber doch die wichtigsten Angaben, eine hilfreiche Übersicht.
Psalm 46, nur der Schönheit halber: Wir werden nicht ausführlich darauf eingehen, aber ihr sollt sehen, dass dieser Psalm der Zentrumpsalm der Korachpsalmen ist. Er steht genau in der Mitte der Siebenerreihe, deshalb hat man ihn wahrscheinlich besonders schön gestaltet.
Wir lesen ihn nur und schauen uns die Wörter an. Er besteht aus 23 Zeilen – nicht zufällig. Außerdem enthält er 13 mal sieben Wörter, siebenmal wird Gott erwähnt.
Hier haben wir einen Mittelteil, nämlich die Verse 6 bis 8. Dieser besteht ebenfalls aus 23 Wörtern, also entsprechen sowohl die Zeilen des ganzen Psalms als auch die Wörter des Mittelteils der Zahl 23.
Überall spricht hier Herrlichkeit, alles ist herrlich.
Der Refrain „Eine hohe Feste ist uns der Gott Jakobs“ steht in Vers 8b. In Vers 8 heißt es: „Jahwe der Heere ist mit uns, eine hohe Feste ist uns der Gott Jakobs“. Dieser Refrain kommt in Vers 8 und in Vers 12 vor: „Jahwe der Heere ist mit uns, eine hohe Feste ist uns der Gott Jakobs“.
Der Refrain besteht immer aus drei plus vier Wörtern, also sieben Wörtern. Vers 8a hat drei Wörter, Vers 8b vier Wörter. Auch das ist nicht zufällig, der Dichter hat das ganz bewusst gesetzt. Ein Hebräer sieht sofort, dass der Refrain sieben Wörter enthält.
Was noch interessant ist: Der erste Abschnitt, Vers 2 bis 5, also bis zum Mittelteil, hat 32 Wörter. Das entspricht dem dezimalen Zahlenwert des Wortes Herrlichkeit. Auch hier steckt die Herrlichkeit überall drin.
Dann haben wir noch einen Chiasmus in diesem Psalm. Er beginnt mit: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe in Nöten reichlich gefunden. Darum fürchten wir uns nicht, wenn sich die Erde verändert und Berge taumeln im Herzen des Meeres.“
Es folgen Beschreibungen der Natur: „Mögen die Wasser tosen und schäumen, mögen Berge erbeben beim Anschwellen derselben.“
Hier werden die Werke Gottes gezeigt, die Natur in Bewegung. Wir fürchten uns nicht, wenn die Erde sich verändert, Berge und Wasser sich bewegen.
In der vorletzten Strophe sieht man die Werke Jahwes, die Verwüstungen auf Erden anrichten. Erde wird mehrfach erwähnt, etwa in Vers 3.
Der Krieg wird beschwichtigt bis ans Ende der Erde. Der Bogen zerbricht, der Speer wird zerschlagen, und die Wagen verbrennen im Feuer.
Hier sind auch göttliche Gerichte angedeutet. In den grünen Versen 3 und 4 geht es um Katastrophen und Veränderungen: alles verändert sich, taumelt, schäumt und bebt.
In der vorletzten Strophe, Vers 9 bis 19, sind Verwüstungen, Kriege, Bogen, Wagen und Feuer zu finden. Das ist ein Parallelgedanke.
In der Mitte aber wankt Gott nicht. Die Stadt Gottes wankt nicht – die Stadt, das Heiligtum, die Wohnung des Höchsten.
Gott ist in ihrer Mitte, sie wird nicht wanken. Gott wird ihr helfen beim Anbruch des Morgens.
Völker toben, Königreiche wanken, die Erde lässt ihre Stimme erschallen, sie zerschmilzt. Doch der Herr der Heere ist mit uns, eine hohe Feste ist uns der Gott Jakobs.
Dies ist ein Zweiteiler, was der Refrain deutlich macht: Verse 1 bis 8 und dann Verse 9 bis 12.
Der Psalm ist heerstisch aufgebaut, ein Psalm über die Stadt Gottes, die Stadt des Königs, dort, wo das Heiligtum ist, die Wohnung des Höchsten.
Wir müssen uns einige Verse herausnehmen. Die restlichen Verse werden wir jetzt auslassen.
Psalm 52 als Beispiel für chiastischen Aufbau
Psalm 52 möchte ich uns nur ganz kurz ansehen, weil er ein schöner Chiasmus ist. Im ersten Teil, Psalm 52,3-7, findet sich dieser Chiasmus – allein schon der Schönheit wegen. Der Inhalt ist ebenfalls interessant.
Im ersten Teil des Psalms, den Versen 3 bis 7, heißt es:
„Was rühmst du dich des Bösen, du Gewaltmensch, die Gnade des Mächtigen wert den ganzen Tag? Verderben plant deine Zunge wie ein geschliffenes Schirmesser, du Betrüger, du liebst das Böse mehr als das Gute, die Lüge mehr als Gerechtigkeit zu reden, du liebst alle verderblichen Worte, du Zunge des Truges. Der Mächtige wird dich auch stürzen für immer, er wird dich holen und herausreißen aus dem Zelt und entwurzeln aus dem Land der Lebenden.“
Dieser Teil ist ganz bewusst chiastisch aufgebaut. Man erkennt das schon an den Bezügen.
Es beginnt mit A: „Was rühmst du dich?“ Dann wird die „Gnade des Mächtigen“ erwähnt, die „den ganzen Tag“ gilt. Am Ende, in Vers 7, steht wieder der Mächtige: „Der Mächtige wird dich stürzen für immer.“ Hier wird also „für immer“ und „der Mächtige“ gegenübergestellt, ebenso „den ganzen Tag“ und „für immer“.
Dann folgt B: „Verderben plant deine Zunge“ und unten B': „du Zunge des Truges“. Bewusst verwendet der Psalmist dieselben Wörter. Das ist typische hebräische Dichtung.
Dazwischen steht das Bild „wie ein geschliffenes Schirmesser“.
Dann C: „du liebst das Böse mehr als das Gute“ und C' in Vers 6: „du liebst alle verderblichen Worte“. In der Mitte steht: „die Lüge mehr als Gerechtigkeit zu reden“.
Hier wird das Böse beschrieben – aber chiastisch, also spiegelbildlich. Außerdem wird Gott eingeführt, am Anfang und am Ende: der Mächtige. Der Gottesname ist hier El oder Eloach, wahrscheinlich Eloach. El ist die Kurzform von Gott.
Das wollte ich nur kurz zeigen als Beispiel für einen Chiasmus.
Psalm 62 und 63: Stille und Durst nach Gott
Moment, Samstag, 62. Durst nach Gott.
Ich habe hier keine Gliederung, also muss man mitschreiben. Die Zeit habe ich nicht mehr genannt, um eine Folie zu machen. Durst nach Gott – nein, das ist 63. Zuerst 62, dann komme ich gleich zu 63.
Zuerst Psalm 62, hier als sehr schöner Psalm: „Wahrlich zu Gott ist still meine Seele.“ Das ist auch die Überschrift. Darum geht es in diesem Psalm.
Wir haben hier einen zweiteiligen Psalm. Durch den Refrain wird das herausgestrichen. Der Vers zwei lautet: „Wahrlich zu Gott ist still meine Seele, von ihm her ist mein Heil. Wahrlich, er ist mein Fels und mein Heil, meine hohe Feste, ich werde nicht viel wanken.“
Der Refrain wiederholt sich in Vers sechs und sieben, aber nicht ganz exakt: „Wahrlich zu Gott sei still meine Seele.“ Merken Sie, es wird jetzt eine Aufforderung gesprochen: „Sei still, meine Seele, denn von ihm her ist meine Hoffnung. Wahrlich, er ist mein Fels und mein Heil, meine hohe Feste, ich werde nicht wanken.“
Zuerst sagt er: „Ich werde nicht viel wanken.“ Jetzt ist er schon sicherer: „Ich werde nicht wanken.“ Am Anfang wankt er nur ein bisschen, aber jetzt wird er gar nicht mehr wanken.
Warum ist das so? Warum muss er seine Seele still machen? Warum spricht er zu seiner Seele? Oder spricht er zuerst von Gott über seine Seele und dann spricht er zu seiner Seele?
Weil hier Feinde sind: „Bis wann wollt ihr einstürmen auf einen Mann, allesamt ihn niederstrecken wie eine geneigte Wand, eine angestoßene Mauer? Sie ratschlagen nur, ihn von seiner Höhe zu stoßen. Sie haben Wohlgefallen an der Lüge; mit ihrem Mund segnen sie und ihrem Innern fluchen sie.“ Äußerlich schmeichelnd, innerlich böse.
Feinde sind da, aber schmeichelnd, und sie haben vor, ihn niederzustrecken. Da, mitten im Sturm, mitten im Angriff, sagt er: „Wahrlich zu Gott ist still meine Seele.“
Und weil die Seele doch angefochten wird, spricht er zu sich selbst, zu seiner Seele: „Wahrlich zu Gott sei still, meine Seele, denn von ihm her ist meine Hoffnung.“
Der zweite Teil beginnt in Vers acht, das Zentrum: „Auf Gott ruht mein Heil und meine Herrlichkeit, der Fels meiner Stärke, meine Zuflucht, die Sinn Gott.“
Hier ist das Zentrum: „Auf Gott ruht mein Heil.“ Er macht sich bewusst, dass nur in Gott und auf Gott gebaut sein Heil und seine Herrlichkeit sind. Jeder Mensch sehnt sich nach Herrlichkeit. „Auf Gott ruht meine Herrlichkeit, auf Gott gebaut ist meine Herrlichkeit.“
Der Felsen, darauf steht man, der starke Fels, der Fels meiner Stärke, der Fels, der mich stark macht. „Meine Zuflucht ist in Gott.“ Das ist das Zentrum.
Dann folgt der Aufruf an die Menschen: „Vertraut auf ihn allezeit.“ Jetzt kommt die Belehrung: „O Volk, schüttet vor ihm euer Herz aus, Gott ist uns eine Zuflucht.“
„Wahrlich, Hauch sind die Söhne Adams, Lüge die Herrensöhne. Auf der Waagschale steigen sie empor, sie sind leicht, zu leicht gefunden.“
Hier ist ein Fehler im Text, da fehlt ein Artikel. Es heißt: „Wie ein Haus sind sie allesamt.“
Manchmal gibt es beim Schreiben eine automatische Korrektur, und dann steht etwas anderes im Text, als man geschrieben hatte. So heißt es richtig: „Verlasst euch nicht auf Erpressung und werdet nicht betört durch Raub. Wenn der Reichtum wächst, hängt euer Herz nicht daran.“
„Hauch sind die Söhne Adams, sie steigen auf der Waagschale empor, sie haben kein Gewicht vor Gott. Sie werden auch so weggeblasen werden.“
Eines Tages hat Gott geredet: „Zweierlei ist es, das ich gehört habe: dass die Stärke Gottes ist, und dein, mein Herr, ist die Gnade, denn du vergiltst einem jeden nach seinem Tun.“
Wir haben also im ersten Teil A-B-A, im zweiten Teil A-B-A, keinen Chiasmus für den ganzen Psalm, sondern zwei Teile, jeder für sich. Auch nicht insofern chiastisch, als der Anfang und das Ende ein Refrain sind. Im zweiten Teil ist der Anfang und das Ende nicht stark entsprechend, ein bisschen Gott einfach. Gott ist hier im Zentrum, in Vers acht bis neun dreimal Gott, in Vers zwölf zweimal Gott und einmal mein Herr in Vers dreizehn.
Wir haben hier das Zentrum des ganzen Psalms, Vers acht. Das führt uns zu Psalm 63, Durst nach Gott.
Auch hier habe ich keine Folie vorbereitet, tut mir leid. Psalm 63 besteht aus 26 Zeilen. Ein Psalm von David, als er in der Wüste Juda war.
In der Wüste hat man Durst, aber hier ist es nicht der Durst nach Wasser, hier ist es ein Durst nach Gott. Saul hatte Wasser, aber keinen Durst nach Gott. Es war die Zeit, als Saul ihn verfolgte. David hat kein Wasser, hat Durst nach Gott. Saul hat Wasser und keinen Durst nach Gott. Absalom übrigens auch nicht; er hat auch keinen Durst nach Gott. Aber dieser Beter David hat eine große Sehnsucht nach Gott.
Wir haben hier einen Psalm in fünf Strophen: Die erste Strophe sind die ersten zwei Verse, die zweite Strophe die nächsten zwei Verse, die dritte Strophe die nächsten zwei Verse, die vierte die nächsten zwei Verse, die fünfte Strophe die letzten drei Verse.
Die Mittelstrophe ist das Zentrum, also Verse sechs und sieben.
Erste Strophe: „Gott, du bist mein Gott, früh und mit Ernst suche ich dich.“
Übrigens, das Wort „früh und mit Ernst suche ich dich“ steht in der Übersetzung in Eckklammern. Im Hebräischen ist es ein Wort, das beides ausdrückt: früh aufstehen und sehr ernsthaft sein. Wenn man etwas wirklich will und es wichtig ist, steht man früh auf.
Menschen, denen etwas wichtig ist, stehen früh auf, um dabei zu sein. Wenn Gott wichtig ist, diese Begegnung, dann steht man früh auf und nimmt die Sache ernst.
„Früh und mit Ernst suche ich dich, es dürstet nach dir meine Seele, es schmachtet nach dir mein Fleisch, in einem dürren Lande, lechzend ohne Wasser. So schaute ich im Heiligtum nach dir, um deine Stärke und deine Herrlichkeit zu sehen.“
Hier ist Vergangenheit: Vers 3 „So schaute ich im Heiligtum nach dir“ – damals, damals. Jetzt ist er ja in der Wüste, in einer Höhle irgendwo. Das Heiligtum ist hier natürlich die Stiftshütte, der Tempel ist noch nicht gebaut. Er erinnert sich an die Zeit, als er Gemeinschaft mit Gott hatte.
In dieser ersten Strophe wird die Sehnsucht nach Gemeinschaft mit Gott ausgedrückt.
Zweite Strophe: „Denn deine Güte ist besser als Leben. Meine Lippen sollen dich rühmen, so werde ich dich loben während meines Lebens, meine Hände aufheben in deinem Namen.“
Hier ein freudiges Lob Gottes, während er an das Wesen Gottes denkt, deine Güte, das ureigenste Wesen Gottes. Er ist ein Gott der Güte.
Das Lob Gottes geht eigentlich bis Vers sieben, also die Strophen zwei bis vier: Vers 4, Vers 5, Vers 6.
„Wie von Mark und Fett wird satt meine Seele, mit jubelnden Lippen wird preisen mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager in den Nachtwachen über dich sinne.“
Da liegt er irgendwo, nicht auf einem Bett, sondern auf einer Matte oder am harten Boden, das ist seine Lagerstätte geworden. Und er denkt in den Nachtwachen über Gott nach.
Er konnte nicht gut schlafen. Wie kann man gut schlafen, wenn man von Saul ständig verfolgt wird? Aber er denkt über Gott nach, nicht über Saul.
Jetzt wird sein Durst gestillt, in Vers sechs und sieben: „Wie von Fett und Mark wird satt meine Seele.“ Das Fett war das Beste der Speise. Bei uns ist das heute leider nicht so, wir sind so schon fett geworden, dass wir auf das Fett verzichten wollen. Aber früher war das Fett das Beste. Wenn man ein Opfer darbrachte, musste man das Beste vom Fleisch, das Fett, Gott geben.
Hier geht es um eine Seelenspeise, nicht um eine Bauchspeise.
Jetzt wird der Durst und der Hunger nach Gott gesättigt im Nachdenken über Gott. Das ist interessant.
Er denkt, er kommt am Anfang dürstig. Vielleicht geht es uns auch oft so: Wir kommen ausgelaugt, vielleicht von der Arbeit oder von irgendeinem Erlebnis oder einfach, weil das Leben es mit sich bringt. Wir haben mit der Welt zu tun gehabt, und es ist dieses und jenes wahr, und man hat zu wenig Zeit gehabt. Man kommt ausgelaugt und sagt: „Herr, ich habe einfach Durst. Ich bin wie dürstig, meine Seele.“
Dann kommt man zu ihm und drückt das aus, hier wie in Psalm 63, und erinnert sich an die Zeit der Gemeinschaft mit Gott: Vers 3 „Ich schaute im Heiligtum nach dir damals, um deine Stärke, deine Herrlichkeit zu sehen.“
Denn „deine Güte ist besser als Leben.“ Dann denkt man an das Wesen Gottes, an die Güte Gottes, und fordert sich auf: „Meine Lippen sollen dich rühmen.“ Dieses Herz ist noch nicht ganz so weit, also man ist noch nicht so bereit, aber man fordert sich innerlich auf:
„Dann werde ich“ – oder Vers 5: „So werde ich dich loben während meines Lebens.“
Ich sehe gerade, dass „so“ im Text betont wird: „So werde ich dich loben während meines Lebens, meine Hände aufheben in deinem Namen.“
Im Heiligtum sah er Gottes Stärke und Herrlichkeit, und jetzt denkt er an die Güte Gottes, an Gottes Wesen. So denkend, so nachdenkend über das Wesen Gottes, sollen die Lippen ihn rühmen, und so werde ich loben, indem ich über das Wesen Gottes nachdenke.
Führen wir uns das vor Augen, dann wird es uns leichter fallen, Gott zu loben.
Wie oft geht es uns so? „Wie von Fett und Mark wird satt meine Seele, während ich das tue, während ich an ihn, sein Wesen, nachdenke. Mit jubelnden Lippen wird preisen mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager.“
Im Nachdenken über Gott haben wir hier wieder einen Beweis, dass Gott will, dass wir viel denken – und zwar über ihn.
Vierte Strophe: „Denn du bist meine Hilfe, und im Schatten deiner Flügel werde ich jubeln.“ Das ist Vers 8 und 9.
„Meine Seele klebt an dir, deine Rechte hält mich fest.“
Wie ist das Loben begründet? Wie wird das begründet, dass er loben kann?
„Denn du bist meine Hilfe, und im Schatten deiner Flügel werde ich jubeln. Meine Seele klebt an dir, deine rechte Hand hält mich.“
Es geht hier nicht um Gefühle, sondern um Nachdenken.
„Meine Seele klebt an dir“, indem ich nachdenke, indem ich mich an dich erinnere. Deine rechte Hand, die starke, hält mich fest.
Wann? Wenn Vers 9a erfüllt ist, kommt Vers 9b: Wenn meine Seele an ihm klebt, kann seine rechte Hand mich ganz festhalten, an ihm halten.
Wenn ich mich an ihn drücke, kann seine rechte Hand mich so festhalten. Ansonsten könnte ich leicht stolpern und fallen, wenn ich mich losmache.
„Lass mich los, lass mich los, ich möchte allein gehen“ – und dann falle ich hin.
Also, wenn ich mich an ihn festhalte, klebt meine Seele an ihm.
Fünfte Strophe, Verse zehn bis zwölf:
„Doch jene, die nach meiner Seele trachten, um sie zu vernichten, sollen fahren in die untersten Örte der Erde.
Man soll sie preisgeben der Gewalt des Schwertes, das Teil der Schakale sollen sie sein oder werden sie sein.
Und der König wird sich freuen in Gott, rühmen wird sich jeder, der bei ihm schwört, denn der Mund der Lügenredner wird verstopft werden.“
David weiß, dass er König ist und auch König wird. Er ist schon gesalbt. Zwar sitzt er noch nicht auf dem Thron, Saul verfolgt ihn noch. Es ist ja ein Psalm, als er in der Wüste Juda war, als er vor Saul fliehen musste.
Aber er hat Freude in Gott, er freut sich in Gott. Er ist zuversichtlich, dass Gott zu seiner Zeit eingreifen wird.
Auf das Ende der Feinde und auf die Erhöhung durch Gott.
Gott wird den Feinden ein Ende machen, und Gott wird ihn erhöhen. Das ist hier der Abschluss, Verse zehn bis zwölf: Also der Ausblick auf das Ende der Feinde und auf das gute Ende, das Gott mit ihm machen wird.
Fünf Strophen – Durst nach Gott.
Und wenn wir keinen Durst verspüren nach Gott, dann dürfen wir beten: „Herr, mach mich durstig, durstig nach dir, dürstend.“
Wir sind schon wieder am Ende des Vormittags. Heute Nachmittag werden wir uns einen Psalm vornehmen. Vielleicht können Sie schon vorarbeiten, Sie wollen Psalm 103.
Wir werden gemeinsam versuchen, ihn zu gliedern.
Wollen wir aufstehen zum Gebet?
