Liebe Brüder und Schwestern, liebe Freunde – Freunde muss ich hier gar nicht sagen, denn ich gehe davon aus, dass heute Abend nur wiedergeborene Christen anwesend sind.
Ich freue mich, dass es hier in Neuwied Gladbach eine Gemeinde gibt. Ich war schon mehrmals in Neuwied zum Dienst, aber zum ersten Mal jetzt hier bei euch. Es ist immer eine Freude für mich, eine neue Gemeinde kennenzulernen.
Besonders freut mich, dass hier ein so gutes Durchschnittsalter herrscht. Kaum ein graues Haar ist zu sehen, das ist ganz außergewöhnlich schön und macht mich sehr froh. Ich gehe nicht davon aus, dass die Haare gefärbt sind, sondern dass ihr wirklich so jung seid.
Ich danke euch für die Einladung hierher und für das Vertrauen, das damit ausgesprochen wird. Ich hoffe, dass ich diesem Vertrauen auch gerecht werden kann.
Persönliche Vorstellung und familiärer Hintergrund
Nun, ich wurde gebeten, ein paar Sätze zur Vorstellung zu sagen. Ihr hört es sicher schon an der Sprache, dass ich ein Hiesiger bin. Ich bin im benachbarten Hessen geboren und aufgewachsen, im Raum Kassel, also ungefähr 200 Kilometer von hier entfernt.
Ich bin auch in einer gläubigen Familie groß geworden, wofür ich sehr dankbar bin. Meine Mutter lebt noch und ist fast 91 Jahre alt. Das Familienfest, das letztes Wochenende stattfand, war, Bruder Johann, nicht die Silberhochzeit – die steht noch in ein paar Jahren bevor –, sondern ein runder Geburtstag. In meinem Leben war das der Fünfziger, der am letzten Wochenende gefeiert wurde.
Wir sind eine kleine Familie, zumindest für russlanddeutsche Verhältnisse. Wir haben zwei Kinder, und wir sind dankbar, dass wir diese zwei haben. Beinahe hätten wir gar keine bekommen können. Zwei Kinder sind dann doch noch relativ viel. Unser Sohn ist 18,5 Jahre alt, unsere Tochter 15,5.
Meine Frau ist Österreicherin. Ich weiß nicht, ob ihr die Mentalität der Österreicher ein bisschen kennt. Seid ihr da ab und zu im Urlaub oder macht ihr missionarische Einsätze in Österreich? Man sagt ja, wenn ein Österreicher „Ja“ sagt, dann meint er vielleicht. Und wenn er „Vielleicht“ sagt, dann meint er „Nein“. Und wenn er „Nein“ sagt, dann ist er gar kein Österreicher. Denn sie können gar nicht „Nein“ sagen. Sie sind so höflich, so charmant, so nett, dass sie einem nie ins Gesicht „Nein“ sagen würden.
Einstieg ins Thema persönliche Evangelisation
Da sind wir schon fast beim Thema persönliche Evangelisation, insbesondere wenn man Menschen einlädt, zu einer Veranstaltung zu kommen. Viele sagen dann: „Ja, ja, ich werde schon kommen.“
Man denkt dabei oft: Ob der Platz reichen wird, ob der Raum groß genug ist. Doch dann folgt die große Ernüchterung. Das waren alles Österreicher – die gibt es nämlich auch hier in unserem Breitengrad –, die zwar zugesagt haben, aber vielleicht „ja“ meinten oder sogar „nein“.
In meinem Fall war es mein Glück, dass meine Frau nicht „Nein“ sagen konnte, als ich sie fragte, ob sie ihr Leben mit mir verbringen will. Das tut sie jetzt schon fast 22 Jahre. Es ist also noch ein bisschen Platz bis zur Silberhochzeit.
Wir leben jetzt, nachdem wir 20 Jahre in Baden-Württemberg gewohnt haben – im Schwarzwald, in Karlsruhe und in Mannheim –, wieder in Hessen, in der Nähe von Fulda. Dort leben wir, und dort gibt es auch eine kleine, junge Gemeinde, zu der wir als Familie gehören.
Von dort aus bin ich immer wieder unterwegs zu solchen Diensten. Ich freue mich sehr über das Thema persönliche Evangelisation. Darüber spreche ich wirklich sehr gerne, da schlägt mein Herz – das werdet ihr merken.
Ich möchte gerne mit einer kleinen Besinnung beginnen.
Einführung in die biblische Grundlage
Wir haben eben schon großartige Gedanken über Offenbarung 7 gehört, über den Blick aufs Ende hin. Es ist gut, wenn wir unser Leben vom Ende her sehen und auch die ganze Heilsgeschichte vom Ende her betrachten.
Jetzt möchte ich euch bitten, dass wir 2. Korinther 5 aufschlagen. Ich hoffe, dass ihr alle die Bibel dabei habt. Falls nicht, macht das bitte morgen. Aber ich glaube, alle blättern jetzt schon. Bringt eure Bibel mit, während ihr aufschlagt.
Unsere Bibeln sollten meiner Meinung nach so bunt sein wie die Insel Mainau zur Zeit der Tulpenblüte – falls ihr die mal gesehen habt. Sie sollten auch aussehen wie die Landkarte von Christoph Kolumbus, mit jeder Entdeckung eingetragen.
Ich hoffe, ihr macht Entdeckungen in eurer Bibel. Das ist nicht die Bibel zu entweihen, wenn man etwas anstreicht oder etwas hineinschreibt. Ich mache das jedenfalls so, und meine Kinder machen das auch schon.
Wir wollen den zweiten Korintherbrief, Kapitel 5, Verse 11 bis 15 lesen. Anschließend werde ich vor allem auf Vers 14 eingehen.
Die Liebe Christi als Motivation zur Evangelisation
Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen, schreibt der Apostel Paulus, so überreden wir Menschen, Gott aber sind wir offenbar geworden. Ich verwende die Elberfelder Übersetzung. Ich hoffe aber auch, in euren Gewissen offenbar zu sein.
Wir empfehlen uns nicht wieder selbst bei euch, sondern geben euch Anlass zum Ruhm an unseren Wegen, damit ihr ihn habt bei denen, die sich nach dem Ansehen rühmen und nicht nach dem Herzen. Denn sei es, dass wir außer uns waren, so waren wir es bei Gott oder für Gott. Sei es, dass wir vernünftig sind, so sind wir es für euch.
Und jetzt kommen die Verse, auf die es mir besonders ankommt: "Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir zu diesem Urteil gekommen sind, dass einer für alle gestorben ist, und somit alle gestorben sind, und für alle ist er gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt worden ist."
Die Liebe Christi drängt uns, schreibt der Apostel Paulus hier. Es gibt eine Bibelübertragung von Bruns. Ich halte von Bibelübertragungen eigentlich ganz wenig, fast gar nichts. Aber Bruns überträgt an dieser Stelle diese Aussage in Vers 14 meisterhaft. Er überträgt so: "Die Liebe des Christus soll unsere einzige Triebkraft sein." Modern ausgedrückt: Die Liebe Christi soll unsere Motivation sein.
Warum versuchen wir, Menschen mit dem Evangelium zu konfrontieren? Weil irgendjemand mit der Peitsche geknallt hat? Weil irgendjemand dazu aufgefordert hat und Appelle losgelassen hat, vielleicht am Sonntag im Gottesdienst oder bei irgendeiner Gelegenheit? Weil irgendjemand uns so Druck gemacht hat? Oder warum sagen wir Menschen das Evangelium? Hoffentlich, weil die Liebe Christi uns drängt.
Paulus nennt hier noch einen anderen Grund, in Vers 11: "Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen." Weil wir wissen, dass Gott zu fürchten ist, weil wir wissen, dass Gott einer ist, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle, weil wir wissen, dass es einen heiligen Richter gibt, vor dem alle Menschen einmal stehen müssen – das wissen wir auch. Das treibt uns auch.
Aber das alleine wäre zu wenig. Das würde dann eine sehr harte Evangelisation werden, eine sehr raue, eine sehr sachliche, nüchterne, vielleicht sogar technische. Es muss hinzukommen, dass die Liebe Christi uns drängt. Die Liebe Christi drängt uns.
Wozu drängt uns die Liebe Christi?
Und ich frage jetzt: Wozu drängt uns die Liebe Christi? Wozu?
Ich glaube, wenn wir diesen Gedanken etwas weiter fassen, zeigt sich, dass die Liebe Christi, die Liebe des Christus, uns zuerst dazu drängt, ihm nahe zu sein.
Ihm täglich nahe sein durch Gottes Wort und Gebet
Wichtiger Hinweis: Hat jeder ein Heft vor sich? Hier vorne sind nämlich noch einige Hefte vorhanden.
Ihr seht, wir sind jetzt auf der zweiten Seite angekommen. Könnt ihr mitverfolgen? Entweder hier vorne an der Leinwand oder in euren Heften. Manche Inhalte sind nur im Heft und nicht an der Leinwand zu sehen, andere wiederum nur an der Leinwand und nicht im Heft. Deshalb ist es gut, wenn wir beides zur Hand haben.
Wozu drängt uns die Liebe Christi?
Der erste Gedanke: Ihm täglich nahe zu sein durch Gottes Wort und Gebet.
Durch das Wort Gottes – hier fehlt noch ein „ein“, aber ihr wisst, was gemeint ist. Schaut, damit fängt es an: Die Liebe Christi zieht uns in seine Gemeinschaft, in seine Gegenwart.
Ich hoffe, dass ihr heute im Verlauf dieses Tages schon eine Zeit der Stille hattet, eine Zeit der Gemeinschaft mit dem Herrn. Eine Zeit, in der ihr die Bibel gelesen, gebetet, ihm gedankt habt für diesen Tag und um Kraft sowie Weisheit gebeten habt.
Ich hoffe, dass sich viele heute Morgen die Zeit nehmen konnten oder wenigstens am Vormittag. Wenn es ganz früh nicht ging, habe ich meinen Tag heute Morgen mit der Bibel und einer Zeit der Stille begonnen. Diese Zeit ist nicht jeden Tag gleich; es gibt Auf und Ab, natürlich, wie bei jedem Christen. Aber ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, den Tag in Gemeinschaft mit dem Herrn zu beginnen – ihm täglich nahe zu sein durch das Wort Gottes und Gebet.
Für Geschwister und Verlorene beten
Dann drängt uns die Liebe Christi auch dazu, für Geschwister und Verlorene zu beten. Früher, viele Jahre lang, hatte ich diese Begriffe vertauscht. So stand hier immer: zum Gebet für Verlorene und für Geschwister. Ich dachte, das Gebet für Verlorene sei doch noch wichtiger und habe ihm eine höhere Priorität eingeräumt.
Inzwischen habe ich diese Reihenfolge geändert. Das liegt daran, dass mir auffiel, dass im Neuen Testament sehr häufig zum Gebet für andere Gläubige aufgefordert wird. Ihr könnt das selbst einmal nachprüfen. Natürlich gibt es auch Stellen, in denen wir zum Gebet für Verlorene aufgefordert werden. Insgesamt wird jedoch häufiger zum Gebet für unsere Mitchristen ermahnt – auch für die Verfolgten und allgemein für die Brüder und Schwestern. Darüber hinaus gibt es dann natürlich auch das Gebet für Verlorene.
Es ist wirklich wichtig, dass wir betende Menschen sind. Wir können kein Leben der Evangelisation führen, wenn wir nicht zugleich auch betende Menschen sind. Wir brauchen das Gebet, ganz gleich, welche Gaben wir haben – ob wir Lehrer in der Gemeinde sind, praktisch arbeiten oder evangelistisch Dienst tun. Das Gebet ist A und O.
Beziehungen zu Nichtgläubigen aufbauen
Dann drängt uns die Liebe Christi dazu, Beziehungen zu Nichtgläubigen aufzubauen. Vorsicht! Ich meine natürlich nicht zwischenmenschliche Beziehungen, die zu einer Ehe führen sollen – zu Nichtgläubigen auf gar keinen Fall. Hier meine ich Beziehungen zu Menschen um uns herum: zwischenmenschliche Beziehungen zu Nachbarn, Arbeitskollegen, Mitschülern, Mitstudenten, zu dem Mann an der Tankstelle, den wir immer sehen, oder zu der Frau im Supermarkt, die uns immer bedient. Es geht darum, zu Menschen Beziehungen aufzubauen, mit denen wir immer wieder in Berührung kommen.
Denn wenn wir Menschen evangelisieren wollen, zu denen wir keine Beziehung haben oder gar eine schlechte, wird das sehr schwer funktionieren. Und wenn irgendwann in Neuwied, Gladbach oder in der Stadthalle in Neuwied wieder eine Evangelisation mit Wilhelm Pahls, Werner Gitt oder jemand anderem stattfindet, und wir unsere Nachbarn zwei, drei Jahre lang nicht eingeladen oder nie mit ihnen Beziehung gepflegt haben, dann werden sie höchstwahrscheinlich nicht kommen. Denn Papier ist ein ganz schlechter Wärmeleiter. Wirklich schlecht – es gibt bessere Wärmeleiter als Papier. Ja, Papier ist ja nur Holz in anderer Form. Nein, es ist ein schlechter Wärmeleiter.
Wenn aber die Beziehung zu den Nachbarn schon aufgebaut ist, wenn wir sie immer wieder eingeladen haben – sei es zu Kaffee, Tee oder zum Grillen oder wo wir Gelegenheit hatten, mit ihnen Gemeinschaft zu haben – dann werden sie viel eher auf eine Einladung zu welcher Veranstaltung auch immer eingehen. Das ist ja klar.
Also geht es beim Aufbau von Beziehungen zu Nichtchristen darum, dass wir sie über diese Beziehungen auch mit dem Evangelium bekannt machen wollen.
Persönliche Evangelisation als Folge von Beziehung
Dann drängt die Liebe Christi auch zur persönlichen Evangelisation. Ihr seht, ich habe das nicht an erster Stelle genannt, nicht einmal an zweiter. Ich nenne sie jetzt an vierter Stelle zur persönlichen Evangelisation.
Es ist gut, wenn wir Menschen das Evangelium sagen, wenn bereits eine Beziehung besteht. Natürlich, wenn man einen Anhalter im Auto mitnimmt, hat man nicht viel Zeit, um eine persönliche Beziehung aufzubauen. Vielleicht ist die Fahrt nur eine Viertelstunde lang. In diesem Fall werde ich versuchen, ihm noch einen kleinen Gedanken mitzugeben, bevor er aussteigt. Vor allem werde ich ihm noch eine Schrift in die Hand drücken, unbedingt ihm noch etwas mitgeben.
Oder bei anderen Gelegenheiten, bei denen man genau weiß: Diesen Menschen werde ich vielleicht nie mehr in meinem ganzen Leben sehen. Da kann man keine lange Beziehung aufbauen. Dann muss man auch gleich Zeugnis geben.
Gemeindeevangelisation als gemeinschaftliche Aufgabe
Dann drängt die Liebe Christi nicht nur einzelne Christen, sondern hoffentlich auch die gesamte Gemeinde zur Gemeindeevangelisation.
Es ist gut, wenn wir als einzelne Christen Zeugen Jesu Christi sind und das Evangelium weiterverbreiten. Noch besser ist es jedoch, wenn die ganze Gemeinde das gemeinsam tut und viele einzelne Christen dabei mithelfen.
Im Bild gesprochen: Als einzelne Christen werfen wir die Angel aus und freuen uns, wenn ab und zu ein Fisch anbeißt. Als Gemeinde hingegen können wir sogar das Netz auswerfen – über die ganze Stadt Neuwied oder die gesamte Umgebung. So ist es möglich, eine Gebietsevangelisation durchzuführen, bei der Menschen aus einem Umkreis von dreißig Kilometern eingeladen werden, zum Beispiel in die Stadthalle, in euer Gemeindehaus oder an einen anderen Ort.
Herausforderungen und Chancen der Gemeindeevangelisation
Gemeindeevangelisation
In Deutschland gibt es die Tendenz, dass viele Gemeinden kaum noch Evangelisation betreiben. Oft liegt das daran, dass ihnen diese Aufgabe durch die große Pro-Christ-Angelegenheit quasi abgenommen wurde. Ich weiß, dass Gott auch diese Veranstaltungen gebraucht, damit Menschen zum Glauben kommen. Das möchte ich grundsätzlich nicht ablehnen, auch wenn ich zu einigen Konzepten durchaus kritische Fragen habe.
Was mir jedoch aufgefallen ist: Seitdem Pro Christ alle drei Jahre stattfindet, verlassen sich viele Gemeinden vor Ort ausschließlich auf diese Veranstaltung. Dazwischen findet kaum noch eigene Evangelisation statt. Die Argumentation lautet oft, dass Pro Christ das viel besser machen könne. Dort werde alles groß, modern und beeindruckend gestaltet.
Ihr merkt, dass ich das mit einem gewissen kritischen Unterton sage. Das ist aber nur meine persönliche Überzeugung. Es ist mir nicht bekannt, ob ihr euch daran beteiligt oder nicht. Ich vermute eher nicht, aber das ist eure Entscheidung als Gemeinde, nicht meine.
Zur Gemeindeevangelisation: Ich freue mich, wenn Gemeinden auch zwischendurch immer wieder eigene Evangelisationen durchführen.
Nacharbeit und Begleitung der Bekehrten
Nicht alle Menschen bekehren sich durch persönliche Evangelisation. Ebenso wenig bekehren sich alle bei einer Zeltmission oder bei einer Evangelisation, bei der ein Evangelist eingeladen wurde. Es kommt vor, dass sich manche nicht sofort bekehren. Dann ist es wichtig, sie nicht einfach fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel.
Manchmal hört man Sätze wie: „Der hat seine Gelegenheit verpasst. Wilhelm Pahls war da, er hat sich nicht bekehrt. Wann soll er sich dann noch bekehren? Wenn er sich bei Wilhelm Pahls oder Werner Gitt nicht bekehrt hat, wer soll ihn dann noch zur Umkehr bringen?“ Doch es kann sein, dass sich jemand erst drei Wochen später oder sogar vier Monate später bekehrt – zum Beispiel in einer schlichten Predigt eines Bruders aus der Gemeinde, der nie eine Bibelschule besucht hat, oder in einer Jugendstunde. Wann immer es geschieht, ist es wichtig.
Wir sollten die Menschen nicht aufgeben. Die Liebe Christi drängt uns zu verlässlicher Nacharbeit der Gläubig Gewordenen. Wenn sie gläubig geworden sind, brauchen sie Begleitung und Unterstützung. Aber auch wenn sie noch nicht gläubig geworden sind, sollen wir diese suchenden Menschen weiterführen – in Zweierbeziehungen, in evangelistischen Kreisen und durch herzliche Kontakte auf privater Ebene.
Wenn sich Menschen bekehren, sei es durch persönliches Zeugnis oder durch eine Veranstaltung, dann brauchen sie Weiterführung. Sie benötigen Nacharbeit und Befestigung, wie das Neue Testament es nennt. Sie müssen hineingeführt werden – hin zur Taufe und dann in die Gemeinde, damit sie Mitarbeiter werden können.
Das ist ein ganz wichtiger Teil. Der Prozess der Evangelisation ist mit der Bekehrung noch nicht abgeschlossen. Erst wenn ein Mensch getauft ist, in die Gemeinde hineingeführt wurde und dort seinen Platz gefunden hat, kann man von einem Abschluss sprechen.
Damit ist auch diese kurze Besinnung oder kleine Andacht zu Beginn abgeschlossen.
Reflexion und Einladung zur Selbstprüfung
Wir haben uns Gedanken gemacht über 2. Korinther 5,11-15, vor allem über die Verse 14 und 15. Ich wünsche mir, dass sich dieses Wort wie ein roter Faden durch diesen Abend zieht und auch morgen den Tag begleitet, wenn es heißt: Die Liebe Christi drängt uns.
An dieser Stelle können wir uns ruhig fragen: Hat mich die Liebe Christi in der letzten Zeit gedrängt? Wann hat sie mich zum letzten Mal gedrängt, für Verlorene zu beten? Wann hat sie mich zum letzten Mal bewegt, Menschen das Evangelium zu bezeugen – wirklich einem Menschen mit Worten das Evangelium zu sagen?
Wann hat sie mich zum letzten Mal gedrängt, ein evangelistisches Buch zu verschenken, eine Kassette oder eine CD weiterzugeben, jemanden zu einer Veranstaltung einzuladen? Wann habe ich das letzte Mal wirklich Zeugnis gegeben von meinem Glauben?
Wenn wir merken, dass das schon eine ganze Weile her ist oder vielleicht sogar noch nie passiert ist, dürfen wir bitten: Herr Jesus, lass mich von deiner Liebe so erfüllt und durchdrungen sein. Zeige mir neu den Wert der Seelen, zeige mir neu, wie du die Menschen siehst, damit mich deine Liebe wirklich drängt, den Mund aufzumachen zu deiner Ehre und das Evangelium zu bezeugen.
Interaktive Übung: Aussagen zur persönlichen Evangelisation
Wir kommen zu einer kleinen Aufgabe, die ihr alle, wenn ihr wollt, mitmachen könnt. Auf Seite drei in eurer Mappe findet ihr zwölf Aussagen, die wir jetzt zusammen durchgehen wollen.
Ich hoffe, ihr habt nicht nur eure Bibel dabei, sondern auch einen Kugelschreiber oder Stift. Hier sind zwölf Aussagen zum Thema persönliche Evangelisation. Rechts am Rand seht ihr zwei Spalten: richtig oder falsch.
Das heißt, wenn ihr diese zwölf Aussagen nacheinander durchgeht, bitte ich euch, dass ihr jeder für sich ankreuzt und nicht beim Nachbarn schaut. Der kreuzt vielleicht gerade falsch an, und dann habt ihr falsch abgeschrieben. Es wird auch nicht eingesammelt und nicht benotet, also kann gar nichts passieren.
Morgen Mittag wollen wir diese zwölf Aussagen noch einmal anschauen. Auf Seite 21, ganz hinten, sind dieselben Fragen beziehungsweise Aussagen noch einmal. Dann vergleichen wir, ob ihr noch einmal dieselben Kreuze setzen würdet oder ob ihr an dem einen oder anderen Punkt eure Antwort ändern würdet.
Also, alles startklar? Ja, ihr jungen Männer, kommt hier nach vorne. Hier sind noch solche Mappen. Doch, doch, kommt her, hier sind die besten Plätze vorne. Wer spät kommt, der muss immer ganz nach vorne. Ihr habt sicher einen Grund, warum ihr spät kommt, aber da liegen die Mappen, ja?
Wir sind gerade bei Seite drei. Habt ihr auch einen Kugelschreiber? Nicht? Doch, alles klar. Einen hätte ich noch zu vergeben, falls es knapp wird. Seite drei, können wir starten?
Bitte macht jetzt keine Doktorarbeit daraus. Denkt nicht lange nach, sondern kreuzt einfach richtig oder falsch an. Dazwischen setzen wir keine Kreuze, entweder richtig oder falsch.
Erfolgreiche Evangelisten benutzen aufdringliche Methoden, da das Evangelium selbst aufdringlich ist. Richtig oder falsch? Bitte ankreuzen.
Jeder Christ, der Gott ernsthaft darum bittet, bekommt auch die Gabe der persönlichen Evangelisation. Wenn man ernsthaft darum bittet, dann bekommt man auch die Gabe der persönlichen Evangelisation. Ist das richtig oder falsch? Nur kurz ankreuzen.
Wer nicht die Gabe der Evangelisation hat, braucht sich über die Weitergabe des Evangeliums auch keine Gedanken zu machen. Richtig oder falsch?
Etwa zehn bis zwanzig Prozent der Christen haben die Gabe der Evangelisation. Ja oder nein?
Jeder hingegebene Christ ist auch ein Zeuge Jesu. Richtig oder falsch?
Neubekehrte haben in der Regel ein größeres evangelistisches Potenzial als Christen, die schon länger im Glauben sind. Neubekehrte können also mehr Menschen erreichen als Christen, die schon länger in der Gemeinde und in der Nachfolge Jesu sind. Richtig oder falsch?
Das bei weitem wirksamste Mittel der Evangelisation sind die Massenmedien, insbesondere Rundfunk und Fernsehen. Ja oder nein?
Wenn eine Entscheidung für Christus wirklich echt ist, finden Menschen ganz automatisch den Weg in die Gemeinde. Ich meine nicht manchmal, sondern immer. Wenn eine Entscheidung wirklich echt ist, dann finden sie ganz automatisch den Weg in die Gemeinde. Richtig oder falsch?
Die meisten Menschen kommen über persönliche Beziehungen zu Freunden, Verwandten und Arbeitskollegen zum Glauben. Richtig oder falsch?
Jeder Christ sollte dafür sorgen, dass er möglichst viel Zeit in gemeindlichen Räumen verbringt, vor allem wenn eine Schulung für persönliche Evangelisation stattfindet. Nein, ich meine auch sonst möglichst viel Zeit in der Woche in den Gemeinderäumen. Ich meine nicht nur bei den Veranstaltungen, das ist ja selbstverständlich, sondern auch sonst möglichst viel Zeit in gemeindlichen Räumen verbringen. Richtig oder falsch?
Menschen, die traditionell sehr verwurzelt sind, sind offener für das Evangelium als traditionslose Menschen. Richtig oder falsch?
Je länger ein Mensch Christ ist, desto weniger Kontakte hat er zu Menschen, die Christus noch nicht kennen. Stimmt das? Richtig oder falsch? Auch wenn es immer Ausnahmen gibt, ist das in der Tendenz so richtig? Das ist Aussage Nummer zwölf.
Jetzt muss ich euch ein bisschen auf die Folter spannen: Wir werden die Antworten nicht sofort prüfen, ob sie richtig oder falsch sind. Wie gesagt, morgen Mittag, so Gott will, schauen wir uns das Ganze noch einmal an.
Klärung des Begriffs Gabe der persönlichen Evangelisation
Gehen wir auf Seite vier. Bei den Aussagen aus der kleinen Umfrage, die wir gemacht haben, kam auch der Ausdruck „Gabe der persönlichen Evangelisation“ vor. Nun müssen wir zunächst klären: Wie ist das? Gibt es eine Gabe der persönlichen Evangelisation? Gibt es eine solche Gabe?
Ihr seht, ich habe das Wort „persönlich“ in Klammern gesetzt, weil dieser Ausdruck „persönliche Evangelisation“ so in der Bibel nicht vorkommt. Wir unterscheiden jedoch zwischen Veranstaltungsevangelisation, bei der vorne der Evangelist oder ein ganzes Team spricht, Vorträge hält oder durch Lieder evangelisiert, und persönlicher Evangelisation, bei der man wirklich von Mann zu Mann, von Frau zu Frau, von Mensch zu Mensch das Evangelium weitergibt.
Jetzt müsst ihr nach vorne kommen, es sind keine anderen Plätze mehr frei. Hier sind bei den Schwestern noch Plätze, es passiert gar nichts. Und ihr lieben Brüder, wenn noch jemand kommt, hier sind auch noch Plätze frei.
Wunderbar, wir sind auf Seite vier bei dem Ausdruck.
Die Gabe des Evangelisten im Neuen Testament
Gibt es die Gabe der persönlichen Evangelisation? Nun, ich teile euch meine Überzeugung mit.
Erstens: Gott hat seiner Gemeinde die Personengabe des Evangelisten gegeben. Bitte schlagt mit mir Epheser 4,11 auf. Das ist eine ganz wichtige Stelle, auch für den Gemeindebau. Darüber wollen wir ja in zwei Wochen, so Gott will, nachdenken. Aber es ist eine ganz entscheidende Stelle für den Gemeindebau.
Im Epheserbrief Kapitel 4 Vers 11 schreibt Paulus: „Und er hat die einen als Apostel gegeben, andere als Propheten, andere als Evangelisten und wieder andere als Hirten und Lehrer.“
Die Ausleger sind sich nicht ganz sicher, ob es sich bei „Hirten und Lehrer“ um ein und dieselbe Personengruppe handelt – also um Hirtenlehrer – oder ob es zwei getrennte Gruppen sind: Hirten als eine Gruppe und Lehrer als eine fünfte Gruppe. Aber das können wir heute Abend offenlassen, denn darum geht es uns jetzt nicht in erster Linie.
Ihr seht hier werden vier oder fünf Personengaben aufgezählt, die Gott seiner Gemeinde gibt. Diese sind nicht unbedingt alle in einer Ortsgemeinde zu finden. Ich weiß nicht, ob ihr hier in Neuwied alle diese Gaben in der Gemeinde habt.
Apostel zum Beispiel gibt es im engen Sinn des Wortes heute nicht mehr. Heute wären das Missionare, die irgendwo hingehen und neu anfangen, eine Gemeindearbeit aufzubauen. Man würde sie auch Gemeindegründer nennen. Die heutigen Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer – und hier wird also der Evangelist genannt.
Das zeigt, es gibt Evangelisten. Es gibt Männer, die die Gabe haben, das Evangelium zu verkündigen. Ich glaube, dass hier in erster Linie Verkündigungsevangelisten gemeint sind. Also zum Beispiel solche Männer wie Wilhelm Pahls oder Werner Gitt. Ich nenne einfach diese beiden, weil ich davon ausgehe, dass ihr sie alle kennt. Oder auch jemand wie Pazani. Diese Männer haben wirklich die Gabe des Evangelisten.
Sie können das Evangelium so verständlich erklären und predigen, und auch mit einer gewissen Vollmacht, dass Gott sie immer wieder gebraucht und Menschen zum lebendigen Glauben kommen. Gott hat also seiner Gemeinde die Gabe des Evangelisten gegeben.
Aber ich komme in sehr viele Gemeinden in unserem Land, und nicht jede Gemeinde hat einen Evangelisten in ihrer Mitte. Männer wie Pahls oder Gitt oder andere, wie Ulrich Bombosch oder wen ihr noch kennt, Erwin Schwarzwälder – solche Evangelisten sind selten.
In Deutschland gibt es vielleicht 200 oder 300 Evangelisten von dieser Größenordnung, von diesem Format möchte ich mal sagen. Vielleicht 200 oder 300 unter ein paar Hunderttausend Christen.
Und da sehen wir: Nicht jede Gemeinde hat diese Gabe des Evangelisten. Aber der Herr hat seiner gesamten Gemeinde Evangelisten gegeben. Die Evangelisten reisen herum, sind überörtlich und überregional tätig und kommen dann auch nach Neuwied oder nach Hünfeld, wo ich wohne, oder wo auch immer.
Vor zwei Jahren hatten wir eine Evangelisation in der Stadthalle in Hünfeld. Dort hatten wir einen Evangelisten aus der Schweiz eingeladen.
Keine Gabe der persönlichen Evangelisation im Neuen Testament
Zweitens: Im Neuen Testament wird niemals von einer Gabe der persönlichen Evangelisation gesprochen. Diejenigen unter euch, die mit der Bibel besser vertraut sind, wissen, dass es im Neuen Testament verschiedene Gabenkataloge gibt. Diese Listen nennen Gaben, Gnadengaben, Charismen oder Geistesgaben. Dabei ist immer dasselbe gemeint: Gaben, die wir nicht von Natur besitzen, wie zum Beispiel eine schöne Stimme zum Singen oder musikalische Begabung, sondern geistliche Gaben. Diese werden am Tag der Wiedergeburt vom Herrn in unsere Wiege gelegt und sollen im persönlichen Glaubensleben entdeckt und entfaltet werden.
In den Aufzählungen der Gaben, die wir zum Beispiel in Römer 12 und 1. Korinther 12 finden, ist die Gabe der persönlichen Evangelisation nicht enthalten. Das Wort Evangelisation kommt dort überhaupt nicht vor. Es wird zwar prophetisches Reden erwähnt, aber das ist nicht dasselbe wie Evangelisation.
Daraus ergibt sich meine zweite Aussage: Im Neuen Testament wird nie von einer Gabe der persönlichen Evangelisation gesprochen. Aus dieser Aussage können wir bereits eine Schlussfolgerung ziehen. Wenn es offensichtlich keine Gabe der persönlichen Evangelisation gibt, dann kann das nur bedeuten, dass jeder Christ von Gott gebraucht werden soll und auch gebraucht werden kann, um das Evangelium weiterzusagen. Man braucht dafür keine besondere Gabe.
Wenn jemand als Evangelist auftreten möchte, also als Vortragsevangelist vor großen Menschenmengen predigen will, dann benötigt er eine bestimmte Gabe – die Gabe des Evangelisten. Aber darüber hinaus kann jeder Christ das Evangelium weitergeben, wie wir gleich sehen werden. Das ist meine dritte Aussage.
Jeder Christ als Zeuge Jesu Christi
Vielmehr ist jeder Christ aufgerufen, ein freudiger und treuer Zeuge seines Herrn zu sein. Das ist nicht dasselbe. Nicht jeder kann ein Evangelist sein, aber jeder kann ein Zeuge Jesu Christi sein.
Wir wollen ja keine Zeugen Jehovas sein, sondern Zeugen Jesu Christi. Das ist ein großer Unterschied. Ich möchte gerne ein Zeuge Jesu Christi sein, ein Zeuge meines Herrn – durch mein Leben, aber auch, wo ich Gelegenheit habe, durch meine Worte, durch das Zeugnis.
In Apostelgeschichte 1,8 sagt der Herr Jesus zu den Jüngern: „Ihr werdet meine Zeugen sein. Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, und ihr werdet meine Zeugen sein.“ Von denselben Jüngern heißt es dann in Kapitel 4,20: „Wir können es ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben, was wir erlebt haben.“ Das sind Zeugen, die von dem reden, was sie erlebt haben.
Sie haben einen Herrn kennengelernt, der ihr Leben reich gemacht hat, der es erfüllt, der ihnen Vergebung ihrer Schuld gebracht hat und das ewige Leben. Von diesem Herrn wollen sie erzählen.
Oder 2. Korinther 5,20: „So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, wir!“ Nicht nur die Evangelisten, wir, sagt der Apostel Paulus – alle Christen in Korinth, alle Christen in Philippi, alle Christen in Neuwied – können treue Zeugen ihres Herrn Jesus sein, ihres Heilandes.
Ist das deutlich geworden? Ich werde es gleich noch etwas weiter ausführen, aber erst einmal diese Folie, damit das auch jeder verstanden hat. Ich wünsche mir, dass ihr euch das auch tief einprägt.
Es gibt die Gabe des Evangelisten, ohne Zweifel eine Gnadengabe, eine Personengabe habe ich das hier genannt, die Gott seiner Gemeinde gegeben hat. Der Gemeinde in Deutschland gibt es vielleicht 300, vielleicht 500 oder noch mehr Evangelisten. Aber das ist immer noch im Blick auf alle Christen eine relativ kleine Zahl.
Es sind ja auch nicht alle Lehrer in der Gemeinde, es sind ja auch nicht alle, die die Gabe der Seelsorge haben. Ihr wisst ja, der Leib hat viele Glieder und viele Gaben, und alle dienen einem und demselben Leib.
Nochmal die Frage: Gibt es eine Gabe der persönlichen Evangelisation? Wir haben es eben beantwortet: Nein. Aber jeder Christ kann ein Zeuge Jesu Christi sein und soll es auch sein.
Evangelisation ohne besondere Gabe
Braucht man eine Gabe, eine Gnadengabe von Gott, eine Geistesgabe, ein Charisma, um für die Rettung von Menschen zu beten? Nein. Die Liebe Christi muss uns drängen. Wenn die Liebe Christi unser Herz erfüllt, werden wir auch Zeit im Gebet verbringen, um diese Menschen immer wieder vor Gott zu bringen.
Ich werde nicht vergessen, wie ich jung bekehrt war, etwa ein Jahr gläubig. Da lernte ich ein Ehepaar kennen, das mir sehr am Herzen lag. Ich versuchte, sie zu Christus zu führen. Nachdem ich ihnen viele Stunden lang das Evangelium erklärt hatte, hörten sie mir zu und wollten es verstehen. Aber irgendwie drangen sie nicht durch.
Dann hat mir Gott gezeigt: Du musst für sie beten und fasten. Beten und fasten – das ist nicht einfach. Damals habe ich mich zurückgezogen, wenn die anderen Abendbrot aßen. Ich war an einer Bibelschule und zog mich eine Stunde lang ganz in die Stille zurück, ohne dass es jemand merkte. In dieser Zeit habe ich nur für dieses Ehepaar gebetet und wirklich um sie gerungen.
Und siehe da, es dauerte nicht lange – nur ein paar Wochen – und dann waren sie durchgedrungen. Sie sind zum Glauben gekommen, ebenso ihre Kinder. Die Kinder haben inzwischen gläubige Ehepartner gewählt, und mittlerweile gibt es schon Enkel. Seit 25 Jahren folgen sie dem Herrn nach.
Alles hat damals begonnen. Ich habe sie nicht gerettet, Gott hat sie gerettet. Aber er hat mich gelehrt, dass es gut ist, um die Errettung von Menschen wirklich zu beten und zu flehen.
Ich kann nicht für alle fasten, die mir auf dem Herzen liegen. Das wird einem auch gezeigt. Aber jeder Christ sollte um die Errettung von Menschen beten. Dazu braucht man keine besondere Gabe.
Zeugnis ablegen als Auftrag für jeden Christen
Jeder Christ sollte Zeugnis ablegen, wenn er gefragt wird. Schlagen wir gemeinsam 1. Petrus 3,15 auf, eine wichtige Stelle im Neuen Testament, die man unbedingt lesen sollte, wenn es um das Thema persönliche Evangelisation geht.
Lesen wir 1. Petrus 3,14 mit, damit wir den ganzen Zusammenhang verstehen:
„Aber wenn ihr auch leiden solltet um der Gerechtigkeit willen, seid ihr glückselig. Fürchtet aber nicht ihren Schrecken, noch seid bestürzt, sondern haltet den Herrn, den Christus, in euren Herzen heilig. Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung jedem gegenüber, der Rechenschaft von euch über die Hoffnung in euch fordert, aber mit Sanftmut und Ehrerbietung und habt ein gutes Gewissen.“
Wie ihr seht, geht es mir besonders um Vers 15:
„Seid jederzeit bereit zur Verantwortung jedem gegenüber, der Rechenschaft von euch fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“
Wenn jemand fragt: „Sag mal, warum bist du so ruhig? Ich bin ganz aufgeregt, hier ist eben beinahe ein Mensch tödlich verunglückt.“ Vielleicht sagt jemand: „Ihr seid zu einer Unglücksstelle gekommen, und ich bin ganz aufgeregt, aber du bist so ruhig. Warum kannst du in dieser Situation so gelassen sein?“
Wenn man dann nicht seinen Herrn bekennt und sagt: „Weißt du, ich kann mir das nur so erklären: Der Friede Gottes ist in meinem Herzen, und er schenkt mir jetzt diese Ruhe. Ich kenne meinen Herrn, ich kenne Christus, und er gibt mir auch in solchen Situationen Halt, Geborgenheit und Frieden“, dann verpasst man es, Zeugnis abzulegen.
Wenn man nicht bekennt, verleugnet man, wie Petrus, als er gefragt wurde: „Bist du nicht auch einer von denen, die mit Jesus waren?“ Da hat er verleugnet.
Wenn wir also herausgefordert werden, wenn man uns nach dem Grund der Hoffnung fragt, die in uns ist, dann müssen wir Zeugnis ablegen. Das gilt für jeden Christen – nicht nur für diejenigen, die eine vermeintliche Gabe der persönlichen Evangelisation haben, die es, wie wir gesehen haben, nicht gibt.
Evangelistische Hilfsmittel und Gelegenheiten nutzen
Jeder Christ kann evangelistische Bücher, Schriften, CDs, Kassetten, Einladungen und andere Materialien weitergeben. Das kann wirklich jeder tun, sogar jemand, der im Rollstuhl sitzt. Auch so jemand kann Schriften oder Einladungen weitergeben.
Dazu braucht man keine besondere Gabe, sondern ein brennendes Herz. Man muss von der Liebe Christi angetrieben sein. Dann wird man das immer wieder tun.
Es ist gut, wenn man Traktate im Auto hat oder sie in der Handtasche bei den Mädchen und Frauen. Bei Männern und Jungen weiß ich nicht genau, wo sie die Schriften am besten aufbewahren. In der Hosentasche geht es schlecht, da zerknittern sie schnell. In der Anzugjacke habe ich oft welche in der Innentasche. Dort passiert nichts.
Es ist immer gut, „Munition“ dabei zu haben. Man weiß nie, wann man plötzlich jemanden vor sich hat, dem man etwas weitergeben kann.
Ich habe zehn Jahre in Mannheim gelebt. Einmal war ich in einem Geschäft, um Babysachen für unsere Kinder zu kaufen. Plötzlich stand der Oberbürgermeister von Mannheim neben mir und suchte ebenfalls etwas für seinen Enkel im Regal. Ich kannte diesen Mann, Gerhard Widder, der damals auch Präsident des Städtetags war.
In diesem Moment habe ich kurz gebetet: „Herr Jesus, hilf mir. Ich werde vielleicht nie wieder die Gelegenheit haben, ihm Zeugnis zu geben.“ Dann habe ich ihn angesprochen: „Herr Widder, Sie auch hier?“ Er antwortete: „Ja, ich suche etwas für meinen Enkel.“
Dann sagte ich: „Wissen Sie, in dem Stadtteil, wo Sie wohnen, hat vor kurzem eine Gemeindearbeit begonnen. Ich weiß, Sie haben viele Termine, aber vielleicht haben Sie Sonntagmorgens mal Zeit. Da und da treffen wir uns. Darf ich Ihnen hier eine Einladung geben?“ Zum Glück hatte ich eine Einladung dabei, und ich konnte sie ihm geben.
Er ist leider nicht gekommen, und ich habe ihn nicht wieder gesehen. Aber wenigstens konnte ich ihn einladen.
Darum: Immer etwas dabei haben, immer „Munition“ dabei haben. Das ist wichtig. Noch wichtiger ist das brennende Herz, damit wir den Menschen etwas weitergeben können.
Evangelistische Gelegenheiten im Alltag nutzen
Wir hatten vorgestern Handwerker im Haus. Wir haben nur eine Kleinigkeit auf Kulanz machen lassen. Da wir ein Fertighaus haben, haben die Handwerker auch etwas repariert, das nicht ordentlich war. Selbstverständlich haben sie dabei ein Buch mitbekommen – nicht einfach so, sondern verbunden mit einem Zeugnis.
Wenn jemand zu uns ins Haus kommt, zum Beispiel Paketdienste, die sehr oft kommen und Bücher bringen, oder der Schornsteinfeger oder andere Besucher, bekommen sie selbstverständlich ein evangelistisches Büchlein geschenkt.
Jeder Christ kann zu evangelistischen Veranstaltungen einladen. Braucht man dafür eine besondere Gabe? Gibt es so etwas in der Bibel? Du hast die Gabe, zu offenen Abenden oder zur Evangelisation einzuladen – das gibt es nicht. Dazu braucht man nur ein brennendes Herz, und dann macht man es einfach. Man sagt: „Darf ich Sie einladen? Kommen Sie doch mal.“
Bei uns ist Hausbibelkreis oder in unserer Gemeinde singt der Chor, es gibt Adventssingen – dann lädt man ein: „Bitte kommen Sie, ich hole Sie ab, wenn Sie den Weg nicht kennen, ich begleite Sie gerne.“ Man muss den Menschen ein bisschen entgegenkommen, und dann kann man sie einladen.
Jeder Christ kann versuchen, Menschen mit Christen in Verbindung zu bringen, die evangelistisch begabt sind. Jetzt habe ich das auch so ausgedrückt, ich hätte es in Anführungszeichen setzen sollen. Ich will erklären, was ich meine.
Wir hatten in unserem Haus über zehn Jahre, ich weiß nicht genau, kriegst du jetzt nicht auf die Reihe, einen Hausbibelkreis, in dem das Johannesevangelium, das Lukasevangelium, die Apostelgeschichte und Gene-Gibson-Kurse durchgenommen wurden. Das war ein Training im Christentum, also ein Ort, an dem in unserem Wohnzimmer das Evangelium verkündigt wurde. Das habe ich in dem Fall getan.
Unsere Vermieterin, als wir in Mannheim lebten, war eine gläubige Frau. Sie gehörte zu unserer Gemeinde und war eine brennende Christin. Sie konnte keinen Hausbibelkreis halten – soll sie auch nicht als Frau, ja, ich meine einen gemischten Hausbibelkreis, das soll sie nicht. Aber sie war nicht in der Lage, Predigten oder Vorträge zu halten, das konnte sie nicht.
Doch sie hatte bei Schwangerschaftsgymnastik Freundinnen kennengelernt und war mit ihnen befreundet – drei Frauen, und auch die Ehemänner waren miteinander befreundet. So hatte sich eine Vierergruppe gebildet. Ulrike, so hieß unsere Vermieterin, brachte eine nach der anderen dieser Freundinnen zu uns in den Bibelkreis.
Sie hat nicht nur gesagt: „Da in der Mozartstraße 30, da geht mal hin.“ Da wäre niemand gekommen. Nein, sie hat die Freundin abgeholt und ist mit ihnen zusammen in den Hausbibelkreis gekommen. Sie ist sitzen geblieben und hat sich ein, zwei Abende angeschlossen. Als sie merkte, dass die Freundinnen Fuß fassten, Feuer fingen und eingeführt wurden, hat sie sich wieder zurückgezogen. Sie war ja schon gläubig.
Zwei ihrer Freundinnen und ein Mann von einer Freundin – also drei Personen – durften sich in diesem Hausbibelkreis bekehren, weil Ulrike sie dahin gebracht hat. Eine andere Freundin hat sie nicht dorthin gebracht, sondern in die Gemeinde eingeladen. Auch sie hat sich mit ihrem Mann bekehrt.
Fünf von diesen sechs Leuten haben sich bekehrt. Der eine ist bis heute noch nicht bekehrt, aber nächsten Monat werde ich wieder einen Nachmittag mit ihm verbringen – mit diesem sechsten Mann, der noch nicht bekehrt ist.
Jeder Christ kann versuchen, Menschen mit Christen in Verbindung zu bringen, die das Evangelium verkündigen – in einem Hausbibelkreis zum Beispiel oder bei anderen Veranstaltungen.
Ihr seht, es geht nicht um eine besondere Gabe. Es geht darum, ob wir Zeugen Jesu Christi sind, ob unser Herz brennt, ob wir die Menschen in ihrer Verlorenheit sehen, ob wir erkennen, dass der Herr zu fürchten ist, ob diese Wahrheiten in uns leben. Dann werden wir den Mund aufmachen und weitergeben.
Jeder Christ kann durch ein glaubwürdiges Leben auf den Herrn Jesus hinweisen, selbst wenn er überhaupt nicht predigen kann, wenn er nicht gehen kann, im Rollstuhl sitzt oder bettlägerig ist. Auch dann kann er durch ein glaubwürdiges Leben auf den Herrn Jesus hinweisen.
Beispiel eines glaubwürdigen Lebens als Zeugnis
Mich hat als jungen Christen, als junggläubigen einmal eine Geschichte besonders angesprochen. Ich habe sie auf einem kleinen Kalenderzettel gelesen und kann sie heute noch auswendig.
In der Betheler Anstalt Zarepta lebte ein verkrüppelter Patient, der nicht liegen, nicht laufen, nicht sitzen und nicht stehen konnte. Er musste von Gurten gehalten werden. Trotzdem hatte er den Heiland lieb.
Eines Tages bat er den Hausvater: „Der Heiland hat so viel für mich getan, ich möchte auch etwas für ihn tun. Ich kann nicht reden, weil ich dafür unbegabt bin. Ich kann nicht laufen, weil ich gelähmt bin. Ich kann nichts geben, weil ich arm bin. Aber ich habe mir etwas anderes überlegt. Ich möchte den guten Pfleger, den ich habe, einem anderen Kranken abgeben, der keinen guten hat. Dafür soll man mir einen Trinker, einen Alkoholiker aus der Kolonie Wilhelmsdorf schicken.“ Das war ein anderer Anstaltszweig in Bethel.
Er meinte: „Wenn der mein Elend sieht, wird er vielleicht zur Besinnung kommen und sich bekehren.“ Man wollte ihm das ausreden, aber man musste ihm den Willen tun. Er ließ sich nicht davon abbringen.
Dann kamen schwere Zeiten. Oft kam dieser Trinker betrunken nach Hause. Dann hörte man das Wimmern des Kranken, weil er den in den Gurten hängenden Krüppel schlug und misshandelte.
Aber als der Krüppel eines Tages starb und beerdigt wurde, bekannte der ehemalige Trinker, dass ihn die gleichbleibende Liebe und Güte dieses Mannes überwunden und auf den Weg der Liebe Christi gebracht hatte.
Als ich dieses Beispiel damals hörte, hat es mich sehr, sehr motiviert, mein Leben ganz dem Herrn zur Verfügung zu stellen. Das hat bei mir noch einmal einen Schub an Hingabe ausgelöst, als ich das gelesen habe. Ich hätte weinen können vor Betroffenheit.
Ich sagte mir: Was hat dieser Mann für eine Liebe gehabt! Ich war gesund, das war vor 25 Jahren. Ich war jung, ich konnte meine Arme und Beine gebrauchen, meinen Mund, ich hatte die Möglichkeit zu reden.
Dann habe ich gesagt: Herr, dieser Mann hat dir auf diese Weise gedient und du hast ihn gebraucht. Ich will auch mein ganzes Leben dir in dieser Weise zur Verfügung stellen. Gebrauche es für deine Zwecke und zu deiner Ehre.
Viele von euch sind jung und haben Gaben, können reden, können geben, können Zeugnis ablegen. Ich bitte euch: Gebraucht das!
Hier haben wir die Folie im Überblick. Jeder Christ, jeder von uns hier im Raum kann sich auf diese Weise gebrauchen lassen, wenn nur das Herz brennt.
Zeugnis und Evangelisation im Zusammenspiel
Ich möchte diesen Gedanken noch mit einem Zeugnis der ersten Christen abrunden, das ihr nicht in eurer Mappe habt. Es ist sehr beschämend, wenn wir das jetzt hier lesen.
Ein Geschichtsschreiber aus dem ersten Jahrhundert mit Namen Aristades hat Folgendes über die Christen geschrieben:
Namenlose Christen im ersten Jahrhundert
Die Christen kennen Gott und vertrauen ihm. Sie vergeben denen, die sie unterdrücken, und machen sie zu ihren Freunden. Sie tun ihren Feinden Gutes. Ihre Frauen sind rein, und ihre Töchter sittsam. Ihre Männer gehen keine unrechtmäßigen Ehen ein und enthalten sich aller Unreinheit. Sie lieben einander. Sie retten die Weisen von denen, die ihnen Gewalt antun. Sie weigern sich nicht, den Witwen zu helfen. Sie nehmen einen Fremden auf und freuen sich über ihn wie über einen wirklichen Bruder. Jeden Morgen und zu jeder Stunde loben sie Gott für seine Güte. Aber sie reden nicht öffentlich von ihren guten Taten, sondern nehmen sich in Acht, damit sie von niemandem bemerkt werden.
Dann schließt Aristades: „Das ist in der Tat ein neues Volk, und es ist etwas Göttliches an ihnen.“
Ihr Lieben, ich könnte weinen vor Beschämung, wenn ich dieses Zeugnis über die ersten Christen lese. Das hat ein Heide, ein Nichtchrist, damals über diese Leute gesagt. Namenlose Christen, Jünger Jesu, und so hat er sie beschrieben.
Ihr seht, sie mussten gar nicht predigen. Ihr Leben war ein großes Zeugnis, und Gott hat es gebraucht. So ist es auch in unserem Leben. So darf es sein, so soll es sein: jeder Christ ein Zeuge Jesu. Jeder Christ.
Verschiedene Formen von Zeugnis und Evangelisation
Wir haben jetzt schon mehrfach die Begriffe Zeugnis und Evangelisation zusammen verwendet. Diese müssen wir jetzt auch noch gemeinsam behandeln, bevor wir eine Pause machen.
Zeugnis und Evangelisation. Wir haben eben gesehen, dass die Christen im ersten Jahrhundert Zeugen durch ihr Leben waren. Durch die Grundsätze, die ihnen wichtig waren, taten sie bestimmte Dinge: Sie lobten Gott, versammelten sich, beteten, lasen in der Bibel, gaben Zeugnis und erzogen ihre Kinder nach bestimmten Richtlinien. Durch ihr Leben waren sie Zeugnis.
Aber sie bezeugten das Wort natürlich auch durch Worte. Verbal legten sie Zeugnis ab, wenn sie gefragt wurden. Vielleicht evangelisierten sie auch, wenn sich eine Gelegenheit bot, indem sie Menschen einfach ansprachen.
Man kann Zeuge sein durch den Einzelnen, aber auch durch die Gruppe. Zum Beispiel kann eine ganze Jugendgruppe Zeugnis ablegen, indem sie irgendwo auf einem öffentlichen Platz singt – mit Gitarren und Jesusliedern. Das sieht und hört man heute nur noch selten, früher war das viel häufiger, dass Jugendgruppen oder auch Chöre auf die Straße gingen und sangen.
Auch die ganze Gemeinde kann Zeugnis ablegen, indem sie evangelisiert, also Menschen zu Veranstaltungen einlädt. Das haben wir eben schon gesehen.
Auf diese Weise können wir Salz und Licht sein – durch unser Leben. Wollen wir Dinge aufhalten? Wollen wir einfach zeigen, wie es Gott gefällt zu leben?
Evangelisieren kann man auf drei verschiedene Arten:
Proklamierende Evangelisation
Darunter verstehen wir, wie ich es vorhin schon mehrfach erwähnt habe, Evangelisation durch Verkündigung vor einer kleineren oder größeren Gruppe. Proklamieren bedeutet, dass das Evangelium proklamiert, verkündigt, geheroldet und ausgerufen wird. Das ist also Veranstaltungsevangelisation.Konfrontative Evangelisation
Das meint, wenn wir einen Einzelnen mit dem Evangelium konfrontieren. Wir sagen es ihm, bezeugen es ihm und geben ihm etwas in die Hand – zum Beispiel ein Traktat, einen Flyer, eine Schrift, ein Buch, eine CD oder eine Kassette. Wir konfrontieren ihn mit dem Evangelium.Beziehungsaufbauende Evangelisation
Im Umdruck steht dazu leider noch „Strategie“, das habe ich nachher noch geändert. Das könnt ihr gerne durchstreichen. Das Wort „Strategie“ wäre auch nicht falsch, aber besser ist es, wenn ihr statt „zupackende konfrontative Evangelisation“ sagt: proklamierende, konfrontative und beziehungsaufbauende Evangelisation.
So ist die Einteilung klarer und verständlicher.
Geduld und Ausdauer im Evangelisationsdienst
Und wie hängt das zusammen, Zeugnis und Evangelisation? Hier versucht man, Salz und Licht zu sein – durch das Leben. Wir leben als Christen in dieser Welt und sollen als Himmelslichter unter diesem verkehrten Geschlecht scheinen. Dabei tun wir das Werk eines Evangelisten.
Man verkündigt, proklamiert, predigt und gibt das Evangelium weiter. Ob man nun vor mehreren Menschen oder nur vor einem spricht, im Grunde redet man das Evangelium, predigt es und heroldet es – genau das ist die Aufgabe eines Evangelisten.
Schaut euch diese Ausdrücke an, die ihr auch im Ausdruck unten drunter stehen habt: Man kann nicht einfach im März eine Wagenladung voll Körner auf einem Ackerboden ausstreuen und drei Wochen später mit dem Mähdrescher darüber fahren. Da wird nichts passieren. Der Boden muss vorher gepflügt und kultiviert werden. Es muss geackert werden, vielleicht sogar noch einmal tiefer. Zuerst müssen die Stoppeln vom letzten Herbst umgeackert werden, dann tief geackert, danach wird gesät – und erst nach Monaten wird geerntet.
Wir leben heute in einer Gesellschaft und Zeit, in der alles sehr schnell gehen muss, immer schneller. Das Rad dreht sich immer schneller.
Das liegt an der modernen, digitalen Revolution, die wir alle miterlebt haben. Sie ist erst 15 bis 20 Jahre alt und hat die Welt genauso verändert – und wird sie noch weiter verändern – wie vor 500 Jahren die Erfindung der Buchdruckerkunst von Gutenberg. Eine unglaubliche Revolution findet gerade statt: die digitale Revolution.
Alles geht immer schneller. Wir sind durch die moderne Kommunikation so gewohnt, dass wir sofort anrufen können, ein Handy in der Tasche haben, sofort angerufen werden können, SMS oder E-Mails senden können. Wir erwarten, dass alles ganz schnell passiert.
Und so meinen wir oft auch, Bekehrungen gingen genauso schnell: Das Evangelium wird wie ein Pulver ins Glas geschüttet, einmal umgerührt – fertig, Bekehrung. Aber so geht es eben nicht. Es gibt keine echten Bekehrungen als Schnellbleichen.
Bekehrungen müssen genau nach demselben Prinzip ablaufen, wie wir es in der Bibel finden: Da muss gepflügt werden, da muss gesät werden. Wenn Gott Gnade gibt und das Wachstum fördert, dann wird eines Tages geerntet werden können. Aber selten kann man am selben Tag säen und ernten – das ist ganz, ganz selten.
Darum werde ich heute und morgen immer wieder betonen: Wir brauchen Geduld beim Dienst der Evangelisation. Wir sind viel zu schnell auf Ergebnisse und Zahlen aus. Ich selbst habe mich dabei schon ertappt, dass ich zu schnell die Flagge gehisst habe, zu schnell mit jemandem ein Übergabegebet gebetet habe. Dann dachte ich, wenn er das Gebet mitbetet, ist er wiedergeboren. Pustekuchen – er war hinterher genauso wenig wiedergeboren wie vorher.
So schnell geht das nicht. Einfach nur mit jemandem ein Gebet sprechen reicht nicht. Der Boden muss vorbereitet sein. Natürlich muss er irgendwann beten und sein Vertrauen auf den Herrn setzen, aber nicht einfach, weil ich will, dass er sich schnell bekehrt – heute Abend noch nach der Veranstaltung.
So geht es eben nicht. Pflügen, säen, ernten – so hängt das zusammen.
Mit anderen Worten: Unser Leben bereitet den Boden vor, das ist das Kultivieren des Bodens. Wenn wir einen leiblichen Verwandten haben, der noch nicht bekehrt ist, der uns sehr gut kennt – einen Bruder, eine Schwester, die eigene Mutter, den eigenen Vater –, oder wenn ältere Menschen Kinder haben, dann bereitet unser Leben den Boden vor.
Und das möchte ich an dieser Stelle auch gleich sagen: Zuhause darf nicht gepredigt werden, liebe Brüder und Schwestern. Zuhause muss gelebt werden, nicht gepredigt. Zuhause wird gelebt. Je enger wir mit Menschen zusammen sind, desto weniger Worte sind nötig.
Desto weniger Worte, desto mehr muss unser Leben den Boden vorbereiten. Natürlich muss das Zeugnis eines Tages hinzukommen. Aber durch das Leben allein kann jemand den Christen 30 oder 50 Jahre lang beobachten und wird sich davon noch nicht bekehren. Er muss das Evangelium auch als Botschaft hören.
Aber das Leben bereitet den Boden vor, es pflügt und kultiviert. Dann kommt die Saat dazu, das Zeugnis. Und wenn Gott Gnade schenkt, wenn sich dieser Mensch bekehrt, Buße tut und glaubt, dann kann eines Tages geerntet werden.
Das müssen nicht wir sein, die ernten. Manchmal ernten andere, manchmal dürfen wir ernten, was andere gesät haben. Das ist unterschiedlich, aber ich meine das jetzt allgemein gesprochen.
Seht ihr, wie das zusammengehört? Das möchte ich auch sehr betonen und hoffe, dass ihr euch das einprägt. Das ist die Grundlage. Darauf aufbauend kann evangelisiert werden.
Unser Leben muss zuerst stimmen. Wenn ich sage, unser Leben muss stimmen, weiß ich natürlich, dass wir nicht perfekt sind. Ich bin nicht perfekt, der Bruder Johann Siebert ist nicht perfekt, und alle anderen, die hier sind, auch nicht. Wir machen Fehler, aber das ist nicht entscheidend.
Wir dürfen Fehler machen. Einen geistlichen Menschen erkennt man nicht daran, dass er keine Fehler mehr macht, sondern hoffentlich daran, dass er zu seinen Fehlern stehen kann. Dass er gelernt hat, zu seinen Fehlern zu stehen. Dass er gelernt hat zu sagen: „Oh, das war eben falsch. Ich bin ärgerlich geworden. Bitte verzeih mir, ich war emotional.“
Hoffentlich können wir so etwas aussprechen, auch wir Männer. Hoffentlich können wir das unseren Ehepartnern sagen, unseren Kindern, uns entschuldigen oder bei Arbeitskollegen. Wenn es sein muss, vor der ganzen Gemeinde einmal um Vergebung bitten – für etwas, was wir falsch gemacht haben, weil wir in der Gemeindestunde laut geworden sind oder so etwas.
Hoffentlich haben wir das gelernt, uns zu beugen. Dann sind wir glaubhaft.
Wir hatten gestern Besuch. Eine Schwester erzählte: „Ich hatte das schon fast wieder vergessen. Ich habe einmal in Mannheim in einer Bibelstunde etwas Falsches gelehrt. Ich habe an dem Abend etwas Falsches gesagt. Da war ein einziger Bruder, der es gewagt hat, mir zu widersprechen, und gesagt hat: ‚Wilfried, ich bin da nicht einverstanden mit dem, was du eben gesagt hast.‘“
Ich habe mir das angehört, konnte es aber nicht sofort annehmen, was er sagte. Er hat es mir hinterher noch ausführlicher erklärt und mir etwas mitgegeben. Es war Mittwochabend. Am Sonntag hatte ich die Predigt zu halten.
Ich habe vor der ganzen Gemeinde gesagt: „Am Mittwochabend habe ich das hier gelehrt. Ein Bruder hat mich aufmerksam gemacht. Ich habe es gründlich geprüft und muss euch heute sagen, der Bruder hatte Recht. Bitte verzeiht mir, ich habe das falsch gelehrt. Ich möchte heute Morgen noch einmal über denselben Text predigen und ihn richtig auslegen.“
Das hat die Gemeinde damals sehr beeindruckt. Ich habe das nicht gemacht, um sie zu beeindrucken, sondern weil Gott mir gezeigt hat, dass ich falsch gelehrt habe. Es war meine Verantwortung, das richtigzustellen.
Aber das hat einige sehr beeindruckt, weil sie gesehen haben: Es geht mir um die Wahrheit, nicht darum, Recht zu behalten. Diesen einen Bruder hätte ich glattbügeln können, mundtot machen, ihm ein paar auf den Deckel geben können. Er hätte nie mehr etwas in der Gemeinde gesagt. Das kann man machen, aber Gott sei Dank hat er mich vor so einer Torheit bewahrt und geführt.
Gott hat es sogar später noch gebraucht, wie ich gestern von dieser Schwester hörte.
Jetzt habe ich mehr gesagt, als ich wollte. Machen wir an dieser Stelle eine Pause.
