Wir sind schon ein bisschen eigenartige Menschen, wenn man sich bewusst macht: Es ist nur eine dünne Wand aus Papier zwischen uns und der Herrlichkeit Gottes, die uns umgibt, sowie der vollendeten Welt.
Und dennoch verhalten wir uns manchmal so, als wären wir völlig verlassen, obwohl um uns herum der Lobgesang erklingt. Paul Gerhardt hat ein so schönes Lied geschrieben, auch über den Tod eines Kindes. Dort heißt es:
„Ach, dürfte ich doch von ferne stehen und nur ein wenig hören, wann deine Sinne sich erhöhen und Gottes Namen ehren, der heilig, heilig, heilig ist, durch den du auch geheiligt bist! Ich weiß, ich müsste vor Freude Tränen gießen.“
So sind wir also umgeben von der Herrlichkeit Gottes. Das haben die Alten immer gesagt: Promotion! Das ist eine Ehrenerklärung für den, der heimgerufen wird.
Nur für die Zurückbleibenden ist es schwierig. Für den, der im Herrn stirbt, ist es nur schön.
Die Bedeutung von Hiob für Leidende
Ich habe einige Abschnitte zur Manpredigt ausgewählt. Es ist merkwürdig: Sie haben uns manches Neue gezeigt, angefangen bei den Ratgebern Rehabiams bis hin zum letzten Mal mit Simson.
Heute geht es um Hiob 19. Die Gestalt Hiobs ist für alle, die schwer leiden, von großer Bedeutung. Dass dieser Abschnitt so ausführlich in der Bibel überliefert ist, ist eine große Hilfe.
Nun zu Hiob 19, ab Vers 23, Seite 535 in den ausgelegten Bibeln:
„Ach, dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach, dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift mit einem eisernen Griffel, in Blei geschrieben, zu ewigem Gedächtnis, in einen Fels gehauen!“
„Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Und als der Letzte wird er sich über dem Staub erheben. Auch wenn meine Haut zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden ist, so werde ich doch Gott sehen.“
„Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.“
Die Suche nach Sicherheit im Leben und im Sterben
In unserer heutigen Welt wird an vielen Orten darüber gesprochen, wie man die Sicherheit in allen Bereichen verbessern kann. Dabei geht es um die Sicherheit am Arbeitsplatz ebenso wie um die Sicherheit im Straßenverkehr. Es werden ständig neue Schilder und Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt, denn das Leben soll sicherer werden. Es ist furchtbar, wenn vermeidbare Todesfälle passieren – etwa wenn jemand wegen einer kleinen Kreislaufschwäche zusammenbricht.
Hier im Gottesdienst können Sie sich kaum vorstellen, welche Rettungsaktionen in unserer Stadt ausgelöst werden. Mit Tatütata rasen die Rettungswagen heran. Vielleicht ist die Person bald wieder bei Bewusstsein, wenn man nur die Füße ein wenig hochlegt. Doch im Zweifelsfall gilt: Leben retten ist das Wichtigste. Das ist doch klar. Wir sind doch dafür, dass Leben geschützt wird. Wir müssen alles tun, um mehr Sicherheit zu schaffen.
Wir sind auch bereit, immer noch mehr zu tun, damit unsere Umgebung weniger von Giftstoffen verseucht ist und unsere Umwelt sauber bleibt. Es ist schlimm, wenn die Luft nicht gesund ist. Man muss alles tun, was möglich ist. Nur den Tod kann man nicht verdrängen.
Obwohl wir heute großartige Krankenhäuser haben und die medizinische Forschung große Fortschritte macht, muss man manchmal kritisch fragen: Ist all die Reanimation, die heute bei Schlaganfällen durchgeführt wird, wirklich ein Gewinn für die Menschen? Wenn manche dann noch drei oder vier Jahre ohne Bewusstsein im Pflegeheim liegen, nur an Apparate angeschlossen, ist das eigentlich noch das Leben, das man retten will?
Doch man sagt: Im Zweifelsfall – man weiß ja nicht, was kommt. Es ist so wichtig, das Leben zu schützen und die Sicherheiten zu verstärken. Man muss tun, was man kann, um gesund zu leben und vorzubeugen.
Aber wenn der Tod doch kommt, möchte ich Ihnen jetzt die Frage stellen: Wie sorgen Sie eigentlich für Sicherheit, wenn Sie sterben? Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass Sie Vorsorge treffen können – und zwar nur für das, was nach dem Sterben kommt?
Es ist sehr überraschend, wie gleichgültig viele Menschen heute dem Tod gegenüberstehen. So etwas hat es im Heidentum wohl nie gegeben. Diese Gleichgültigkeit ist nur auf einem Boden möglich, auf dem das Christentum verbreitet war. Es ist den Menschen ganz egal, was mit dem Tod auf sie zukommt. Sie schieben es weg, lächeln und sagen: „Ach, das ist doch egal, es wird schon irgendwie gut werden.“ Aber woher wissen Sie das?
Man müsste sich damit auseinandersetzen, natürlich auch mit den Mythen und Religionen anderer Völker. Was kommt nach dem Tod in unserer so grausamen und unheimlichen Welt? Woher wissen Sie, dass es der Oma im Sterben gut geht?
Wenn wir die Offenbarung des Wortes Gottes lesen, ganz gleich, ob im Alten oder im Neuen Bund, fällt uns auf, dass sehr viel darüber gesagt wird, was wir tun können, um uns auf die Zeit vorzubereiten, die nach dem Tod kommt. Dort steht oft vom Rechenschaftgeben und vom Licht Gottes, das alles sichtbar macht, was wir im Leben getan haben – ob gut oder böse.
Die Bedeutung der Vorbereitung auf das Sterben
Ich möchte einfach einmal darauf hinweisen, dass die Vorbereitung auf unser eigenes Sterben wichtig ist. Dabei sind wir uns oft unsicher, wann dieser Moment kommt. Keiner von uns kann mit Sicherheit sagen, ob er den morgigen Tag erlebt. Aber eines kann jeder mit Sicherheit sagen: In absehbarer Zeit wird jeder von uns sterben.
Darum ist es wichtig, dass wir uns darauf einstellen und uns darauf einstimmen. Was können wir sagen, wenn heute ein junger Mensch sich in ein uraltes Auto setzt? Dieses Auto hat zwar noch einen starken Motor, doch man weiß nicht, ob die Räder abreißen oder die Achse zusammenbricht. Vielleicht funktionieren die Bremsen überhaupt nicht mehr.
Ein junger Mensch setzt sich hinein und rast mit Vollgas über die Straßen. Was sagen wir dazu? Vielleicht, dass er ein Irrer ist, der nicht mehr zurechnungsfähig ist. Wenn jemand nicht mehr kontrollieren kann, was auf ihn zukommt, ist das gefährlich.
Aber wie sieht es mit Menschen aus, die sich überhaupt keine Rechenschaft darüber geben, was in ihrem Leben vor ihnen liegt? Haben sie vorgesorgt? Sind sie sicher?
Manche Menschen haben vage Hoffnungen. Doch ich vermute, das genügt nicht. Sie würden sich in diesem Leben auch nicht in ein Flugzeug setzen, ohne zu wissen, ob sie sicher an ihr Ziel kommen.
Bevor ich mich einem solchen Fahrzeug anvertraue, muss ich ziemlich sicher sein, dass alles Menschenmögliche erforscht und geprüft wurde. Ich muss das wissen – ich muss es sicher wissen.
Der feste Halt im Glauben
Und deshalb mein erster Punkt: Es gibt einen sicheren Halt. Ich habe es in meinem Beruf so schön erlebt. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr mich das täglich aufbaut, wenn ich mit Menschen zusammenkomme, die vor den Toren der Ewigkeit stehen.
Wenn wir dann darüber sprechen, was es bedeutet, heimzugehen zum Herrn Jesus, denke ich manchmal: Könnte man das in solch einer Situation wirklich? Wenn man weiß, dass man vielleicht nur noch ein paar Stunden lebt und die Schmerzen sowie der Druck der Krankheit auf einem lasten? Ich muss ehrlich sagen: Von unserer menschlichen Art her könnten wir das nie. Der Glaubensfriede ruht ja gar nicht so fest in uns.
Aber ich erlebe immer wieder, wie Jesus seine Zusagen wahrmacht. Er sendet seinen Heiligen Geist, der uns im Glauben festmacht. In der vergangenen Woche habe ich wieder so überwältigende Erfahrungen gemacht. Wenn Menschen aus dem Gottesdienst heimgehen und die Schwere der Krankheit plötzlich nicht mehr wichtig ist, dann ist das so ein schönes Erlebnis. Man kann die Freude in der Gebetsgemeinschaft spüren, im Heimkommen zum Herrn. Wenn man einen Menschen in die Hände Jesu befehlen darf, ist das etwas ganz Besonderes.
Ich würde Ihnen allen gerne genau das am Sterbebett vermitteln, damit Sie es selbst erleben können. Denn Menschen, die selbst in Bedrängnis sind, können das viel glaubhafter sagen als ich, der ich das vielleicht berufsmäßig tue. Wenn man bei einem Menschen in Bedrängnis erlebt, wie er mit all den letzten Fragen ringt – ist das dein letztes Wort, dein letztes Bekenntnis? Kannst du darauf auch sterben? – und dann sagt dieser Mensch: „Ja, ich weiß, an wen ich glaube, und ich weiß, auf wen ich mein Vertrauen setze“, dann ist das etwas ganz Großes.
Oft singen Sterbende noch einen Liedvers mit oder bestätigen ihr Vertrauen, auch wenn es nur durch einen stillen Händedruck geschieht. Das ist so bedeutend. Denn ihr Christsein zeigt sich nicht in frommen Liedern, die man irgendwann singt, in flotten Sprüchen oder in mutigen Bekenntnissen, die man irgendwo ablegt. Es zeigt sich, wenn sie durch die dunkelsten Täler gehen, durch Leiden. Dann muss sich zeigen, ob sie einen Heiland haben, auf den sie vertrauen können – einen festen Halt, der nicht bricht und nicht fällt.
Darum ist mir Hiob so wichtig. Es ist gut, dass das in der Bibel steht und wir wissen: In dieser Welt gibt es keine Sicherheiten. Alles zerfällt und alles zerbricht. Hiob sagt: „Ich wollte es einmeißeln lassen in einen Felsen, ich wollte es mit eisernem Griffel in Blei schreiben.“ Damit Menschen wissen, wie schwer das Leben sein kann.
Und es soll jetzt keiner der Trauernden mehr sagen: Niemand versteht mich. Hiob versteht sie, und das Wort Gottes versteht sie. Es mag sein, dass unser Reden oft oberflächlich und billig wirkt, aber das Wort Gottes greift ein und sagt: Das maßlos Traurige in der Welt muss festgehalten werden.
Es gibt so unsagbar Schweres in dieser Welt, und das wird nicht einfach aufgelöst. So wie es bei Hiob einfach stehenbleibt.
Die Prüfungen Hiobs als Beispiel für Glauben
Man spricht oft von der Hiobspost. Lassen Sie mich noch einmal kurz zusammenfassen, was bei Hiob alles passiert ist und wie die Unglücksnachrichten bei ihm hereingebrochen sind.
Zuerst kommt ein Bote und berichtet, dass die Herden auf der Weide waren, als fremde Truppen einfielen und alles raubten. Kaum ist dieser Bote gegangen, klopft schon der nächste an und sagt zu Hiob: Es gab ein Unwetter, deine Herden und Hirten waren draußen, und alle sind umgekommen.
Dann kommt der dritte Bote und berichtet: Es war Krieg genau dort, wo deine Leute gerade waren. Deine Knechte wurden alle erschlagen, und alles ist geraubt. Schließlich tritt der vierte Bote hinzu und sagt: Deine Kinder feierten eine fröhliche Party und waren alle im Haus zusammen. Plötzlich kam ein Unwetter mit Sturm, das Haus brach zusammen und begrub deine Kinder unter den Trümmern. Alle sind tot.
Hiob steht da und sagt mit großer Ruhe: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.
Ahnen Sie, was Glauben ist? So etwas kann kein Mensch von sich aus. Glaube ist eine Kraft Gottes, die in uns wirkt. Er ist wunderbar und erhebt uns über die schrecklichen Dinge, die passieren.
Der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Genau das ist Glauben. Glaube ist nichts, was vom Denken her kommt. Glaube ist der Heilige Geist in meinem Leben. Wie kann man nur so reden wie Hiob?
Doch dann geht es weiter: Ein schlimmer Ausschlag befällt ihn. Hiob sitzt im Dreck, in der Asche, kratzt sich und beißt sich, so schlimm ist es. Als ob das nicht genug wäre, kommt ausgerechnet die beste aller Ehefrauen und sagt: Sage Gott ab!
Sie höhnt ihn sogar in seinem Glauben. Hiob aber antwortet: Du redest wie die närrischen Weiber reden. Haben wir Gutes von Gott empfangen, sollten wir das Böse nicht auch annehmen?
Eine Antwort auf das Leid, so sagt die Bibel immer, gibt es nicht in dieser Welt. Erst am kommenden Tag, in der Ewigkeit, werden wir Jesus nichts mehr fragen müssen. In dieser Welt löst sich das Warum nie auf.
Und das ging allen schon so. Hiob fragt: Warum waren meine Kinder nicht auch in diesem Haus, das zusammenbrach? Warum war gerade Krieg? Warum hat Gott das zugelassen?
Der feste Halt in Gott trotz Leid und Zweifel
Fester Halt ist nicht die Antwort auf meine Lebensfragen. Aber es gibt da einen, an dem ich mich festhalten kann. Er ist größer als alles, was mich bedrängt – größer als der Tod und größer als die unheimlichen Abgründe des Leides.
Immer wieder hört man den Satz: Im Alten Testament gibt es keine Ewigkeitshoffnung. Doch was steht denn immer wieder im Alten Testament? Dort wird gesagt, dass der lebendige Gott da ist. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“, und an ihn kann ich mich binden und festhalten. Größeres kann man im Neuen Testament nicht mehr sagen.
Was der Chor vorher aus Psalm 139 gesungen hat, bringt es auf den Punkt: Wenn ich mich in die Hölle begeben würde, wärst du da und würdest mich noch halten. Deiner Hand kann ich nicht entrissen werden. Ist das nicht gewaltig?
In Psalm 73 heißt es: „Dennoch bleibe ich stets bei dir.“ Das sagt Asaf in einer großen Anfechtung. Alles in seinem Leben zerbricht, zerfällt, wird ihm weggenommen, und er weiß nicht mehr weiter. Er sagt, in der Welt triumphieren das Unrecht und das Gemeine. Die Bösen haben alles in der Hand, und wer Gott dient, kommt unter die Räder. Dennoch bleibt er bei Gott. Das Einzige, was man fassen kann, ist: „Du, Herr, bist bei mir.“
Der Sieg über den Tod und die Hoffnung auf das Leben
Wir haben am vergangenen Dienstag in unserem Bibeltraining so viel Schönes über den Sieg über den Tod miteinander aus unserer Bibel herausgearbeitet. Dabei haben wir auch Jesaja 38 aufgeschlagen.
Manchmal passiert es ja, wenn man nicht zu viel in das Skript schreibt, dass man etwas vergisst. Deshalb möchte ich jetzt noch etwas nachtragen. In diesem schönen Abschnitt hören wir zuerst die Klage des Königs Hiskia. Er sagt: „Mein Leben fällt in sich zusammen wie ein Zelt, das beim Camping abgebaut wird.“ Dabei werden die Heringe herausgezogen, und das Zelt klappt zusammen. Das ist ein tolles Bild, auch für uns heute.
Am Ende folgt dann das Gebet von Hiskia: „Siehe, um Trost war mir sehr bange.“ Kennen Sie die Bangigkeit, die Verzweiflung, das Leid und die Traurigkeit? In solchen Momenten werden Menschenworte oft blöd, billig und durchlässig. Man kann sie nicht mehr hören und ärgert sich darüber.
Hiskia sagt weiter: „Um Trost war mir sehr bange, aber du hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürfe.“ Das ist das Einzige, was im Leiden, im Sterben und im notvollen Leben in der Anfechtung bleibt: der lebendige Herr, an den ich mich hängen darf, an den ich mich binden darf und in dessen Hand ich mich befehlen darf. Diese Hand fasse ich, und das bleibt und hält. Niemand kann mich daraus herausreißen.
Wir haben doch einen großen Vorteil durch das Neue Testament und das Evangelium. Wenn Hiob das so klar gewusst hätte, wie wir es wissen, wäre es für ihn eine große Hilfe gewesen. Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen – wenn Hiob vom Ostersieg Jesu gewusst hätte.
Die ganzen großen, wunderbaren Zusagen Jesu sind: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Aber achten Sie darauf: Nur diese persönliche Lebensverbindung hält in diesen schweren Stunden. Das Geborgensein in Jesus ist entscheidend.
„Du hast dich meiner Seele herzlich angenommen“ – oder im Psalm 139: „Ich bin bei dir.“ Und im Psalm 73: „Dennoch bleibe ich stets bei dir.“ Diese Verbindung ist wichtig. Das ist der feste Halt, den kein Tod wegstoßen kann.
Die Herausforderung des Sterbens und die Macht des Todes
Was ist das Wichtigste im Sterben?
Ich möchte das Thema wieder etwas ordnen, denn sonst könnte man an einer Stelle stehenbleiben. Schon das wäre lohnend. Ich bin froh über das Buch Hiob, weil uns darin eine sehr wichtige Erkenntnis gegeben wird. Diese Erkenntnis kann man sonst kaum gewinnen. Es ist ein Stück Offenbarung Gottes, wie es durch sein Wort immer wieder geschieht.
Das äußere Leid können wir oft nicht verstehen. Doch durch unser eigenes Leiden wird uns etwas ganz Wichtiges gesagt. Es hat immer eine Vorgeschichte. Ihr Leiden hat eine Vorgeschichte. Bei Hiob jedenfalls ist das so. Im Himmel tritt der Satan vor Gott, wie Kapitel 2 erzählt. Er sagt, er könne Hiob den Gottesfrieden rauben. Er könne ihn sogar in die Gottlosigkeit hineinziehen.
Was ich jetzt sage, steht genau so im Wort Gottes. Verstehen können wir das nicht immer. Sie brauchen auch nicht den Ratgeber Gottes. Aber es steht im Wort Gottes so da: Gott gibt dem Satan Raum. Das stimmt ja auch. In unserer Welt hat der Satan viel Raum. Das kennen Sie aus Ihrem eigenen Leben. Der Satan kann Sie sogar besitzen und in Ihren Gedanken sein.
Bei Hiob kann man ihm alles wegnehmen. Der Satan sagt, wenn ich ihm bloß seinen materiellen Besitz nehme, dann ist er nur Christ, weil es ihm so gut geht. Er ist nur gläubig, weil er so viel Erfolg hat. Ich nehme ihm den Erfolg weg, und dann wird alles zusammenbrechen wie ein Kartenhaus.
Das stimmt ja. Bei vielen Menschen bricht der Glaube zusammen, wenn das äußere Glück fehlt. Bei Hiob nicht. Sein Herz ist wie eine Festung. Ganz groß ist der Glaube, der fest und gewiss bleibt.
Dann sagt der Teufel: Lass mich nur noch einmal in dieses Innerste hinein. Und dann trifft dieses Leid ihn persönlich – mit dieser ekligen Krankheit, mit diesem Ausschlag. Jetzt würde Gott absagen.
In diesem letzten Zerreißtest zerbricht eigentlich alles.
Die Realität von Anfechtung und Gewissenskämpfen beim Sterben
Deshalb lassen Sie mich das ganz klar sagen: Das Sterben ist so schwer, weil in diesem Augenblick wieder die zerstörerischen Mächte des Todes spürbar werden. Diese Mächte sind unheimlich und nicht von Gott, sondern göttliche Mächte. Der Tod bleibt ein Feind, mit dem wir uns nie anfreunden können. Das spüren Sie, denn beim Sterben ist immer viel dabei, was beunruhigt, niederdrückt und schmerzlich sowie wehmütig ist.
Oft ist es ein Kampf, in dem das Leben gegen den Tod steht. Viele Heiden unserer Tage irren, wenn sie dem Tod eine erlösende Wirkung zuschreiben. Nein, im Tod ist man weg, die Liebesbande sind abgeschnitten. Das ist so schwer. Im Tode preist man Gott nicht. Doch die Anfechtung der Hölle ist in diesem Moment besonders groß.
Wenn Sie Sterbende oder schwache Menschen besuchen, die vor dem Tod stehen, denken Sie bitte daran: Wenn Sie selbst einmal auf das Ende Ihres Lebens blicken, müssen Sie schon ein harter Klotz sein, wenn Sie Ihre Versäumnisse nicht empfinden würden. Dann fällt Ihnen ein, was Sie schon in Ihrer Kindheit versäumt haben. Viele werden bitter und sauer, und das ist der Verkläger, der uns anklagt.
Das macht das Sterben so schwer: Es gibt Gewissenskämpfe und Anfechtungen. Lesen Sie das auch in frommen Biografien? Wie manche Menschen kaum sterben können, weil ihnen plötzlich bewusst wird, mit wie vielen Menschen sie im Unfrieden leben. Der Verkläger sagt dann: „Du hast kein Recht, dich auf Gott zu berufen.“
Es ist nur gut, wenn sie das frühzeitig merken. Wenn sie heute wach werden und sagen: In meinem Leben ist viel verkehrt und falsch, und ich spüre meine Versäumnisse.
Die Zuversicht durch den Erlöser
Wen ruft hier Hiob an? Er sagt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, der mich loskauft, der mich freispricht und der mich vor den unheimlichen Angriffen Satans bewahrt.“ Ich selbst kann mich nicht schützen. Wer sagt: „Ich will mein Sterben selbst meistern“, der ist vermessen. Ich kann mich nur diesem Retter anvertrauen.
Ich glaube, Hiob sieht prophetisch schon den kommenden Heiland in Jesus. Er sagt: „Ich weiß, dass mein Loskaufender lebt.“ Und dieser wird am Ende den Sieg haben. In dessen Hände befehle ich mich.
So wollen wir auch Abschied nehmen von den Sterbenden und sagen: „Jetzt hat der Tod kein Recht mehr. Jetzt legen wir die Sterbenden in die Hände Jesu zum Leben.“ Wir wollen niemals eine Totenfeier abhalten. Stattdessen wollen wir vom Leben reden und wissen, dass die, die mit Jesus sterben, heute mit ihm im Paradies sind.
Paul Gerhardt hat das so unvergleichlich ausgedrückt. Er hatte in seinem Leben viele Todesbegegnungen und wusste, was diese typischen Angriffe sind, die uns oft in die Depression und Traurigkeit stürzen – über Versäumnisse und Fehler unseres Lebens. Doch er sagt: „Nun weiß und glaub ich’s fest, ich rühm’s auch ohne Scheu, dass guter Höchster und Beste mein Freund und Vater sei und dass er mir in allen Fällen zur Seite steht, bei Dämpfen, Sturm und Wellen und allem, was mir weh tut.“
Er schreibt:
„Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut,
die Hölle und ihre Flammen löscht meines Heilands Blut.
Kein Urteil mich erschreckt, kein Unheil mich betrübt,
weil mich mit Flügeln decket mein Heiland, der mich liebt.“
Viele haben sich zur Gewohnheit gemacht, am Sterbebett keinen Trost zu geben, ohne auch das Wort zu sagen: „Das Blut Jesu Christi macht dich rein von aller Sünde.“ Viele Sterbende wollen nicht einmal darüber sprechen, weil sie sich vor ihren Angehörigen genieren, auch im Sterben noch davon zu reden, dass viel verkehrt war, was man getan hat, und dass viel Unrecht geschehen ist.
Doch nur das deckt mich, und nur das spricht mir das Wichtigste im Sterben: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Das weiß ich fest und gewiss. Sonst wäre ich verloren, sonst würde ich untergehen.
Die Hoffnung auf die Auferstehung und das ewige Leben
Doch das Letzte, worauf wir warten, sagt Hiob so schön: Am Ende wird er sich über dem Staub erheben. Und selbst wenn meine Haut zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden ist, werde ich doch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen – und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.
Am Freitag haben wir die liebe Frau Erika Eidel beerdigt. Dort drüben saß sie immer unter der Liedtafel, fünfzehn Jahre lang keinen Sonntag ausgelassen. Wenn Sie den Namen nicht kennen, hätten Sie halt mal eine Hand rübergeben müssen. So lernt man sich kennen. Das hat mich sehr beeindruckt.
In der ganzen Schwäche im Krankenhaus, wo man oft nicht wusste, ob es nur noch Stunden sind, sagte Frau Eidel einfach: „Sie wissen gar nicht, wie ich mich auf Jesus freue, bis ich ihn sehe in der Herrlichkeit.“ Da sitzt man nachher wieder im Auto und fährt. Und dann denkt man: Was bin ich doch für ein Narr! Was ist mir heute noch wichtig, wenn ein Mensch kurz davor steht, vor der Schwelle zu stehen und heute schon mitjubeln darf in der Herrlichkeit?
Verstehen Sie, wir sind doch so nah dabei. Da müssen wir uns immer wieder klar machen: Was sind eigentlich die Sehnsüchte unseres Lebens? Was hoffen wir? Die Bibel spricht sehr genau davon, dass wir leben werden. Sie sagt auch, dass wir ganz bei Gott sein können. Wir können es zeitlich nicht richtig ordnen – das liegt an unserer Begrenztheit und unserem Verständnis von Zeit. Wir können auch Ewigkeit nicht wirklich denken.
Aber was ganz wichtig ist: In der Offenbarung steht, dass wir durch die große Trübsal hindurchkommen und in die große Freude einmünden. In dem Lied „Wenn nach der Erde Leid und Peinen“ heißt es auch so schön: „Treffe ich die Freunde, die hier ich gekannt, dennoch wird Jesus und Jesus allein Grund meiner Freunde und Anbetung sein.“ Das wird die Mitte sein, dass ich ganz nah bei dem Heiland sein darf. Er hat mir hier in dieser Welt schon die beglückendsten Friedens- und Freudenaugenblicke geschenkt.
Und ich darf ihn schauen, wo ich ihn in dieser Welt oft nur gesehen habe wie durch ein dunkles Mattglas hindurch – mit den Augen des Glaubens nur immer wieder umrisshaft und schemenhaft. Dann darf ich ganz nah bei ihm sein in der Herrlichkeit. Und das ist so fest zugesprochen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Schöner kann man es gar nicht sagen, als Hiob es tut. Ich darf ihn sehen, auch wenn mein Fleisch, mein Leib zerfällt und zerbricht.
Wir bekommen in der Ewigkeit einen neuen Leib – auch das steht da. Und mehr brauche ich gar nicht mehr zu wissen von der neuen ewigen Welt als diese große Hoffnung. Jetzt ist es mir nur wichtig, dass wir mit der ganzen Freude darauf zuleben.
Die Sehnsucht nach dem Himmel inmitten der Welt
Johannes Maifart, von dem wir vorhin das Lied über das himmlische Jerusalem gesungen haben, hatte eine sehr große Sehnsucht danach. Ich möchte es jetzt richtig sagen. Es ist immer gut, wenn Sie mich korrigieren, denn beim freien Zitieren unterläuft einem schnell ein Fehler. Er wurde 1590 geboren und starb 1642, also noch bevor der Dreißigjährige Krieg zu Ende war.
Dieses ganze Chaos hat ihn sehr niedergedrückt. Er litt darunter, wie die Moral bei den jungen Menschen durch die Plünderungen des Krieges zerbrach – durch Vergewaltigungen, Beutezüge und abgebrannte Städte.
Maifart dachte von dieser Sehnsucht nach dem Himmel her, dass wir hier in dieser Welt schon etwas von der ewigen Schönheit vorleben müssen. An dieser Welt ist er schier zerbrochen, weil er sich nicht mehr mit den vielen Mängeln und dem Unrecht hier auf der Erde abfinden konnte.
Deshalb glaube ich nicht, dass Menschen mit einer Ewigkeitssehnsucht keine tauglichen Staatsbürger im Diesseits sind. Im Gegenteil: Das sind Menschen, die leidenschaftlich ringen und sagen, dass sie alles tun möchten, damit in dieser Welt schon mehr von der himmlischen Gerechtigkeit und der Schönheit der himmlischen Welt sichtbar wird.
Die Worte Kohlbrügges als Trost und Ermutigung
Die eindrucksvollsten Worte zu diesem Ausspruch Hiobs hat wohl der rheinische Erweckungsprediger Kohlbrügge verfasst. Ich möchte hier einfach seine Worte wiedergeben, die auf seinem Grabstein stehen.
Darum, wenn ich sterbe – ich sterbe aber nicht mehr – und jemand meinen Schädel findet, so predige dieser Schädel ihm noch: Ich habe keine Augen, dennoch schaue ich ihn. Ich habe kein Gehirn und keinen Verstand, dennoch umfasse ich ihn. Ich habe keine Lippen, dennoch küsse ich ihn. Ich habe keine Zunge, dennoch lobsinge ich ihm.
Ich bin ein harter Schädel, dennoch bin ich erweicht und zerschmolzen in seiner Liebe. Ich liege hier draußen auf dem Gottesacker, dennoch bin ich drinnen im Paradies. Alles Leiden ist vergessen, das hat seine große Liebe getan, als er für uns sein Kreuz trug und hinausging nach Golgatha. Amen.
