Begrüßung und Eröffnung des Gottesdienstes
In Jesu Namen, Amen!
Ich begrüße Sie alle sehr herzlich hier bei der Trauung in der Stiftskirche. Dabei spreche ich Sie nicht nur als Pfarrer dieser Kirche an, sondern auch als altgewordener Ehrenjungbäcker der christlichen Bäcker Stuttgarts.
Für diesen besonderen Tag wünsche ich Ihnen, besonders aber für diesen Gottesdienst, den Segen unseres Herrn. Denn dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; lasst uns freuen und fröhlich darin sein!
Zu Beginn hören wir zwei Lieder des Jugendchores aus Gommeringen: „Herz und Herz vereint zusammen“.
Im Anschluss singen wir gemeinsam das Lied 217, und zwar die Verse 1, 6 und 7.
Lasst uns nun beten:
Barmherziger Gott und Vater,
du hast Mann und Frau füreinander bestimmt
und deinen Segen auf die Ehe gelegt.
Im Glauben können wir aus der Kraft deiner Vergebung einander vergeben,
aus der Kraft deiner Liebe einander lieben.
Wir bitten dich: Sei jetzt unter uns gegenwärtig,
gib, dass dieses Paar sein gemeinsames Leben unter deinem Segen beginnt
und im Vertrauen auf dein Wort führt.
Durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Nun hören wir eine Flötensonate von Georg Friedrich Händel.
Das Fundament der Ehe: Ein biblischer Grundsatz
Ihr habt euch für diese Stunde und für euer gemeinsames Leben einen Satz ausgewählt, den wir im ersten Korintherbrief, im dritten Kapitel, im elften Vers finden. Dort heißt es: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“
Liebe Freunde, liebe Festgemeinde, eine Brezel zu machen ist wohl für ein Bäckerskind kein Problem. Dieses schwäbische Markenerzeugnis wird im Schlaf schon gewargelt, geschlungen, getunkt und geritzt oder was weiß ich, und auch noch gebacken. Brezel machen – kein Problem.
Und einen Brotleib zu backen ist wohl für einen Bäckermeister keine Kunst. Die Treipfünder, Sechskorn- und Holzfällerleibe werden am Fließband in der Backstube gefertigt. Brotleib backen – keine Kunst.
Eine Torte zu fabrizieren ist für einen Konditormeister keine Schwierigkeit. Diese Sahne, Creme, Schokolade, Kirschen und Schwarzwälder Torten werden im Handumdrehen geklebt und gekleistert. Torten fabrizieren – keine Schwierigkeit.
Aber eine Ehe zu gründen ist wohl wieder etwas ganz anderes. Hier wird nichts gemacht und nichts gebacken, hier wird nichts geklebt und gegleistert, hier wird gebaut.
Ehe ist ein Haus, damit wir uns recht verstehen. Ehe ist ein besonderes Haus – kein Zuchthaus, in dem man eine lebenslängliche Freiheitsstrafe abzubrummen hätte. Auch kein Gartenhaus, in dem man ein paar sonnige Tage verbringt. Auch kein Lagerhaus, wo man seine Probleme sackweise abstapelt, und kein Mietshaus, in dem sich andere einmieten könnten.
Ehe ist und bleibt ein Lebenshaus, in dem zwei miteinander wagen auf Gedeih und Verderb. Weil es also ein besonderes Haus ist, bekommen wir hier eine besondere Anweisung.
Dieses Haus hat einen Grundsatz, es hat einen Grundstein und es hat einen Grundriss. Zum einen der Grundsatz...
Der Grundsatz: Die Bedeutung eines festen Fundaments
Vor Jahren ging die Kunde durch Europa, dass der Campanile, der schlanke Turm auf dem Marktplatz in Venedig, zusammengestürzt sei. Am helllichten Tag brach er in sich zusammen. Die Trümmer übersäten den Markusplatz.
Was war geschehen? Nirgends hatten sich Risse gezeigt, die Quadersteine waren fest ineinandergefügt, die Mauern standen im Lot. Doch der Fehler lag am Fundament. Die Balken, mit denen dieses Bauwerk im Meeresgrund der Lagune verankert war, waren morsch geworden. Deshalb kam es zu diesem plötzlichen Zusammenbruch.
Auch bei Ehen geschieht Ähnliches. Immer wieder hört man in unserem Land, dass jede dritte Ehe scheitert. Am helllichten Tag zerbricht sie, und die Trümmer dieser Ehen werden von unserer Gesellschaft oft übersehen. Was ist passiert? Risse zeigen sich nirgends, junge Paare halten zusammen, die Ehen scheinen im Lot zu sein. Doch der Fehler liegt am Fundament. Sie sind auf Sand gebaut, daher der plötzliche Zusammenbruch.
Es gibt ein architektonisches Grundgesetz, das auch für euer Ehehaus gilt: Das Fundament ist wichtiger als der ganze Bau. Eine Betonmasse mag noch so stabil sein, wenn das Fundament schwankt, ist der ganze Bau am Ende. Eine Eisenkonstruktion mag noch so gut sein, doch wenn das Fundament schwankt, ist der ganze Bau kaputt.
Eine Ehe mag noch so ideal sein – und wir sehen eure als ideal an – sie mag noch so ideal sein, doch wenn das Fundament schwankt, ist die Ehe schon am Ende, bevor sie richtig begonnen hat.
Ich weiß, dass wir sehr schnell über die Fragen des Fundaments hinweggehen. Wir wollen greifbares Sehen, sichtbaren Erfolg, Zahlen, die man nachweisen kann. Wir verstehen kaum noch jene Männer des Mittelalters, deren größter Vertreter Martin Luther war oder ein Johannes Prinz, der hier begraben liegt, die jahrelang an dem Fundament ihres Lebens gegraben und gearbeitet haben.
Wir denken, wenn wir schon ein Ziel haben – einen Beruf, ein Geschäft und eine Familie –, dann würde das andere auch schon gelingen. Aber das ist grundfalsch, denn es gibt diesen Grundsatz, und dieser Grundsatz ist wahr: Das Fundament ist wichtiger als der ganze Bau.
Deshalb frage ich euch heute ganz persönlich und direkt: Auf was wollt ihr bauen? Auf was wollt ihr stehen? Auf was wollt ihr gründen? Was ist euer Fundament? Was ist ihr Fundament?
Der Grundstein: Warum das Kreuz der feste Halt ist
Und damit sind wir beim Zweiten, beim Grundstein. Die einen bauen auf ihre Liebe, besonders wenn man sich liebt. Friedrich Schiller hat nur 80 Meter von diesem Platz hier, in der alten Kanzlei, geschrieben: „Oh, dass sie ewig grünen möge, die schöne Zeit der jungen Liebe.“ Aber sie grünt eben nicht. Die Flammen der Begeisterung gehen sehr schnell auf Sparflamme zurück und erlöschen schließlich ganz. Auf unsere Liebe ist kein Verlass.
Andere bauen auf ihr Wort. Sie halten sich an die alte Spruchweisheit „Ein Mann, ein Wort.“ Und sie hat es gehört, wie er vor dem Altar auf die Frage „Willst du ihr treu bleiben, bis der Tod euch scheidet?“ geantwortet hat: „Ja, ich will.“ Das hatte sie noch im Ohr. Darauf hat sie sich verlassen – und dann hat er sie verlassen, so als ob er nie ein Sterbenswörtlein gesagt hätte. Unsere Worte sind doch wie Währungen, die keine Deckung haben.
Und die Dritten verlassen sich auf ihre Treue, so wie es in der Schule geheißen hat: „Üb immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab!“ Doch mit treuherzigen, geradezu blauäugigen Augen sprechen sie Novalis nach: „Wenn alle anderen untreu werden, so will ich dir die Treue halten.“ Aber unsere Treue ist nicht größer als die der Jünger des Herrn, die dem Herrn die Stange halten wollten und dann vor den Stangen römischer Soldaten in die Flucht gingen.
Liebe Freunde, unser Wort, unsere Liebe, unsere Treue – das ist kein Grundstein, das ist ein Stolperstein, über den man fällt. Es braucht schon etwas Größeres, Besseres und Herrlicheres. Deshalb hat dieser Gott hier selbst eingegriffen. Weil auf uns kein Verlass ist, sandte dieser große Gott extra seinen Sohn auf diese Erde, um den Baugrund zu erschließen.
Er hat Zäune weggerissen, die wir willkürlich und ohne Genehmigung des Besitzers gespannt hatten – Zäune zwischen Weißen und Schwarzen, Reichen und Armen, zwischen Mann und Frau. Er hat Berge erniedrigt und Täler erhöht und einen Weg geschaffen, auf dem man gehen kann. Maßstäbe hat er gesetzt: die zehn Gebote, die nicht wegzudiskutieren sind. Und eine Kraftquelle ist da, aus der das Wasser, das lebendige Wasser, sprudelt.
Ja, er hat ein Holz ganz tief in den Sand der Sünde gegraben, damit diese Sünde nicht nachgeben kann. Das Kreuz Jesu Christi ist die Wahlgründung für jedes Ehehaus. Das ist der Grund in seiner Länge und in seiner Breite, in seiner Höhe und in seiner Tiefe. Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, weil er keine Möglichkeiten dazu hat.
Dieser Grund schwankt nicht, dieser Grund bebt nicht, dieser Grund zittert nicht. Darauf baut, darauf gründet, darauf stellt euer Haus. Der Bräutigam kann heute schon sagen: „Ich habe nun die Sabine gefunden.“ Das ist schön. Und die Braut kann schon sagen: „Ich habe nun den Andi gefunden.“ Das ist noch schöner.
Aber am allerschönsten ist, wenn beide sagen können: „Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält.“ Und dann mag die Sonne hinter dem Hochzeitstag verschwinden, und dann mögen dunkle Wolken aufziehen, und dann mögen Donnerwetter dieses Fundament erschüttern, und dann mag es Hagel und Blitzschlag geben. Dann sagt es trotzdem: „Bei diesem Grunde will ich bleiben, solange mich die Erde trägt.“ Das ist der Grundstein.
Der Grundriss: Die Ehe nach dem Vorbild des Kreuzes gestalten
Und ein drittes: Der Grundriss
Wisst ihr, so wie alte Kirchen früher nach der Form des Kreuzes gebaut worden sind, so baut eure Ehe nach der Form des Kreuzes. Das heißt, in eurer Ehe muss es nach dem Kreuz gehen, nach dem, der dort gehangen hat, nach Jesus.
Das heißt, wenn sonnige Tage kommen und strahlende – und wir wünschen sie euch –, dann wisst: Freut euch in dem Herrn alle Wege. Und abermals sage ich euch: Freut euch!
Wenn aber dunkle Tage kommen, die uns nicht gefallen, dann wisst: Sorgt nicht für den anderen Morgen, ich will für euch sorgen.
Und wenn schwierige Tage kommen – und die kommen doch in einem Bäcker- und Konditorbetrieb, wo es manchmal drunter und drüber geht und man dauernd übers Kreuz kommt –, dann vergesst nicht, vom Kreuz nicht abzukommen. Wisst: Vergebt euch untereinander, wie ich euch vergeben kann.
Und wenn der letzte Tag kommt, Freunde, wenn der letzte Tag kommt – und der kommt –, dann wisst: Ehe ist gemeinsames Wandern zur Ewigkeit. Wenn der letzte Tag kommt, dann will ich euch zu mir nehmen, auf dass ihr seid, wo ich bin. Das ist der Grund.
Der französische Kampfflieger und Philosoph Antoine de Saint-Exupéry hat einmal gesagt: Liebe sei das, wenn zwei in dieselbe Richtung schauen.
Liebe Freunde, schaut euch nicht nur an, wie auf der Hochzeitskarte, sondern schaut miteinander in dieselbe Richtung. Schaut auf diesen Herrn, der nicht nur der Grund und der Grundstein ist, sondern die ganze Mitte eures Lebens. Darüber könnt ihr euch freuen – gründlich.
Amen.
Schriftlesung und Gebete
Und jetzt hören wir noch einmal den Jugendchor.
Wir hören das Wort der Heiligen Schrift:
Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, und er schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie.
Und Gott sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm einige Hilfen machen, die um ihn seien.
Gott, der am Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau und sprach: Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen.
Und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.
Was Gott zusammengefügt hat, da soll der Mensch nicht scheiden.
Und so zieht nun an, als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzlichst Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld.
Ertragt einer den anderen und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den anderen, wie der Herr euch vergeben hat.
Über alles zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen.
Seid dankbar! Amen!
Nun hören wir noch einmal eine Flötensonate von Johann Sebastian Bach.
Trauung und Segnung
Tretet nun vor den Altar! Unsere Gedanken sind von ferne, und du siehst alle unsere Wege.
Es ist kein Wort auf unserer Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest. Lass unseren Bund in deinem Namen geschlossen sein. Lege auf unser menschliches Ja dein göttliches Amen. Halte deine Hand über uns und leite uns auf ewigem Wege. Amen.
Nun frage ich euch vor Gott und dieser christlichen Gemeinde:
Andreas Lieb, willst du mit Sabine, geborene Kimmich, als deiner Ehefrau nach Gottes Gebot und Verheißung leben? Willst du sie als Gottesgabe ehren und lieben und in Freude und Leid ihr treu bleiben, bis der Tod euch scheidet? So antworte: Ja, und Gott helfe mir.
Sabine, geborene Kimmich, willst du mit Andreas Liebe als deinem Ehemann nach Gottes Gebot und Verheißung leben? Willst du ihn als Gottesgabe ehren und lieben und in Freude und Leid ihm treu bleiben, bis der Tod euch scheidet? So antworte: Ja, und Gott helfe mir.
So reicht einander die rechte Hand.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes segne euch der allmächtige und barmherzige Gott. Er bewahre euch vor dem Argen, geleite euch mit seinem Wort und erhalte euch bei seiner Gemeinde. Er schenke euch ein gehorsames und getrostes Herz und helfe euch auf zum ewigen Leben. Amen!
Knie nun nieder und betet mit uns:
Herr unser Gott, siehe in Gnaden herab auf diese Eheleute! Segne sie in den Freuden und Bedrängnissen ihres Lebens und leite sie durch deinen Geist. Gib, dass sie einander lieben, wie du uns geliebt hast. Mache sie willig, füreinander da zu sein. Fördere das Werk ihrer Hände, gib ihnen Freude an ihrer Arbeit und segne ihr tägliches Brot.
Und wenn du ihnen Schweres auferlegst, dann lass sie ohne Bitterkeit auch darin deine Hand erkennen. Wir bitten dich: Mache ihr Haus zu deiner Wohnung und hilf, dass beide darauf bedacht sein mögen, wie einst das andere mit sich in den Himmel bringe. Amen.
Wir beten gemeinsam:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Übergabe der Bibel und Abschluss
Liebe Eheleute,
im Reich Gottes, insbesondere im Württemberger Land, ist Andi der Stabstrompeter vom Dienst. Und nicht nur das – er ist auch Mitarbeiter, Helfer und Freund.
Gerne hätten wir ihm das Schönste und Größte geschenkt: ein Abzeichen mit Schwertern und Brillanten. Doch wir haben etwas noch viel Schöneres und Größeres für ihn. Es ist eine Bibel mit Goldschnitt und Ledereinband, die schönste, die wir überhaupt finden konnten. Diese Bibel soll nicht nur als Erinnerung an diesen Tag dienen, sondern auch als Zeichen unseres Dankes. Besonders aber soll sie als Kursbuch für euer gemeinsames Leben dienen.
Wenn wir euch diese Bibel übergeben, stellt sie neben die Backbücher als das wichtigste Buch eures Lebenshauses.
Wir wollen nun Platz nehmen und beschließen mit Lied 236, „Bis hierher hat mich Gott gebracht“, die Verse 1 bis 3.
Nach dem Segen wollen wir noch einmal Platz nehmen, während die Posaunenchöre das große Halleluja von Georg Friedrich Händel spielen.
An dieser Stelle möchten wir den Posaunenchören herzlich danken, ebenso dem Jugendchor mit seinen frischen und fröhlichen Liedern, den Musikanten und allen, die heute hierher gekommen sind.
Ein herzlicher Dank an Sie alle!
Es sei darauf hingewiesen, dass von hier aus ein Zug bis zum C-Path M-Haus veranstaltet wird. Am besten lassen Sie Ihre Autos hier stehen, da Sie drüben ganz bestimmt keinen Parkplatz finden. Also gehen Sie zu Fuß die wenigen Minuten hinter dem Brotbad entlang hinein in die Büchsenstraße.
Nun bitten wir um den Segen des Herrn:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.