Und trotzdem haben wir heute Anlass zum Freuen und zum Feiern. Wir haben einen Jubilatesonntag, und ich möchte Sie mit dem Wort grüßen:
„Ich will mich freuen und fröhlich sein in dem Gott meines Heils, denn er hat mich angezogen mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet.“ Amen!
Das Lied 188, die Verse 1 bis 3.
Kinder und Gebet zu Beginn
Wenn noch Kinder da sind: Wir haben jetzt gleichzeitig drüben Kindergottesdienst und Kinderbetreuung. Der Kindergottesdienst findet in sechs verschiedenen Erzählgruppen statt.
Wir wollen beten: Herr, unser Gott, wir haben so oft Angst, weil wir unsere kleine Kraft kennen und unser geringes Vermögen. Du weißt, was uns oft in der Stille der Nacht umtreibt – Einsamkeit, Sorgen, Verzweiflung über uns selbst, unsere Schwachheit, unser Elend und unsere Schuld.
Herr, dass du uns annimmst, dass du jetzt dein Wort für uns hast und Pläne für unser Leben. Das ist uns jetzt so groß. Gib doch, dass wir das verstehen und begreifen können. Gib doch, dass wir jetzt unsere Ohren nicht verschließen, wenn du uns dein Wort sagen willst.
Lass nicht zu, dass wir uns immer nur um uns selbst drehen, sondern dass wir frei werden, dir zu gehorchen und uns von dir senden zu lassen. Herr, lass das jetzt auch durch diesen Gottesdienst geschehen. Rede du mit uns, nicht allein mit Menschenwort, sondern durch dein Wort.
Verändere bei uns die Dinge, die so verfestigt sind, damit die ganze Freude bei uns einkehren kann. Amen!
All das, was uns noch bewegt, wollen wir in der Stille Gott sagen. Du, Herr, erhörst Gebet, darum kommt alles Fleisch zu dir! Amen!
Gottes Zusage in schweren Zeiten
In all den verschiedenen politischen Katastrophen, in einer ganz großen Notzeit, hat Gott zum ersten Mal dieses Wort verkündigen lassen, das bis heute zu uns spricht.
Nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, damit dich die Ströme nicht ersäufen. Und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen, denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.
Weil du in meinen Augen so wertgeschätzt bist, musst du auch herrlich sein, und ich habe dich lieb. So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.“
Bei der Jesu will ich bleiben, 279, die Verse 1 bis 3.
Einführung in das Leben Abrahams
Die Bibel erzählt aus dem Leben, und wir hören heute aus dem Leben Abrahams. Wir wollen hier eine ganze Reihe von Sonntagen entlang dieses Lebens studieren und sehen, was das für uns bedeutet.
1. Mose 12,1-2:
Und der Herr sprach zu Abraham: „Gehe aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus, in ein Land, das ich dir zeigen will. Ich will dich zum großen Volk machen, dich segnen und dir einen großen Namen geben. Du sollst ein Segen sein.“
Herr, rede, dein Knecht hört. Amen!
Das Geheimnis der zweiten Menschwerdung
Bei uns heute wird ein Thema bis zum Überdruss behandelt: die Aufklärung. Lehrer werden ausgebildet und Bücher geschrieben, damit der Jugend nahegebracht wird, wie ein Menschenleben entsteht – das Geheimnis der Menschwerdung.
Je älter man wird, desto mehr lächelt man und sagt: Man begreift immer weniger das Geheimnis der Menschwerdung, das so groß und gewaltig ist, dass der Mensch es nie ganz durchschauen kann.
Es gibt jedoch ein noch viel größeres Geheimnis. Dieses ist nicht die Geburt des Menschen oder die Entstehung des Menschen in seiner leiblichen Gestalt, sondern das Geheimnis, dass es mitten in diesem Leben eine Wandlung gibt. Die Bibel spricht von einer Wiedergeburt des Menschen. Das ist so unerhört und geheimnisvoll, dass man darüber reden und predigen muss.
Wenn es diese Wiedergeburt nicht gibt, dann sind alle Hoffnungen der Menschen auf Frieden, Gerechtigkeit, eine schönere und erträglichere Welt, auf Liebe und Menschlichkeit nur trügerische Illusionen.
Die Bibel sagt jedoch, dass es diese Wiedergeburt gibt – dass Menschen ganz, ganz neu anfangen können und ganz neue Persönlichkeiten werden. „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden“ (2. Korinther 5,17).
Keine Angst, ich möchte heute nicht über Aufklärung sprechen, sondern über diese zweite Menschwerdung. Hier liegt unser aller Problem: Wir bleiben in der Entwicklung stecken.
Es kommt selten vor, dass ein Mensch in der embryonalen Entwicklung im Mutterleib stecken bleibt. Doch bei dieser zweiten Menschwerdung schaffen es nur sehr wenige, zur wirklichen Geburt durchzubrechen.
Abraham blieb nicht ein Leben lang geistlich ein Embryo. Er wurde ein Glaubender, der durch die Welt zog und eine neue Person war – ein neuer Mensch mit Gott.
Darum geht es heute für uns: dass wir durchbrechen und wirklich wiedergeborene, neue Menschen werden.
Ich gehe deshalb in der Geschichte Abrahams nur kleine Schritte weiter, weil es so wichtig ist, diese genau anzusehen. Alles, was danach folgt, hat keinen Wert.
So manche Predigt rauscht an unserem Ohr vorbei, wenn darüber gesprochen wird, wie in unserem Leben alles anders sein müsste – dass man mehr Liebe haben, mehr tun, mehr Freude empfinden müsste. Man denkt: „Ich wollte es ja gern, aber ich kann nicht.“
Es fehlt an der neuen Geburt, an der neuen Art, am neuen Menschen.
Gottes Wille und der menschliche Wille
Wie wird man ein neuer Mensch? Abraham wurde es. Zwei Punkte habe ich heute.
Zunächst: Was bedeutet es, ein neuer Mensch zu werden? Es heißt, dass sich das Wesen eines Menschen grundlegend verändert. Alte Gewohnheiten, Denkweisen und Verhaltensmuster werden abgelegt, und ein neues Leben beginnt. Dieses neue Leben ist geprägt von einer anderen Haltung, einer neuen Ausrichtung und einem veränderten Handeln.
Abraham ist ein Beispiel dafür. Er war nicht von Anfang an der Mensch, der in der Bibel als Vater vieler Völker bezeichnet wird. Doch durch seinen Glauben und sein Vertrauen auf Gott wurde er zu einem neuen Menschen. Er verließ seine Heimat, seine vertrauten Lebensumstände, und machte sich auf den Weg in ein unbekanntes Land. Dieser Schritt war Ausdruck seiner inneren Veränderung.
Der erste Punkt ist also: Der Wandel zum neuen Menschen beginnt mit dem Glauben und dem Vertrauen auf Gott. Ohne diesen Schritt bleibt alles beim Alten. Der Glaube öffnet das Herz und den Geist für die Veränderung, die notwendig ist.
Der zweite Punkt betrifft die Konsequenzen dieses Wandels. Ein neuer Mensch lebt anders. Sein Denken, Fühlen und Handeln orientiert sich nicht mehr an den alten Mustern, sondern an den Werten und Verheißungen Gottes. Das bedeutet, dass sich das gesamte Leben verändert. Es gibt eine neue Ausrichtung, die sichtbar wird im Alltag.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein neuer Mensch wird durch den Glauben an Gott und die daraus folgende innere Veränderung. Abraham ist ein Beispiel für diesen Prozess. Er zeigt, dass es möglich ist, das Alte hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen. Diese Veränderung betrifft nicht nur einzelne Aspekte, sondern das ganze Leben.
Der Wille Gottes durchkreuzt das Leben Abrahams
Der Wille Gottes durchkreuzt das Leben Abrahams.
Wenn wir unsere Kinder erziehen, gehört es zur Persönlichkeit, dass sich der Wille plötzlich formiert. Wir freuen uns daran, wenn schon auf dem Wickeltisch die Kinder mit Strampeln anfangen. Man sieht, das gehört einfach zur Persönlichkeit. Dann steht ein Kind im Trotzalter auf und sagt: „Ich bin doch schließlich auch wer.“
Es gehört große Weisheit der Eltern dazu, diesen Eigenwillen eines Kindes nicht einfach zu brechen. Ich hatte verständnisvolle Eltern, und dafür danke ich ihnen bis heute. Sie waren immer der Meinung, dass die Entwicklung des Willens eines Kindes etwas Positives ist. Meine Mutter sagte: „Es ist schön, wenn Kinder aus dem Haus gehen, das sollen sie mal. Sie sollen ihren Willen entwickeln können.“
Ich weiß nicht, wer eigentlich dieses Gespenst in die Welt gesetzt hat, als ob christliche Eltern ihren Kindern den Willen brechen würden. Es gibt immer halblebige Christen, die nichts von der Liebe zu Kindern begriffen haben. Lesen Sie mal beim großen pietistischen Pädagogen Bengel nach. Er sagt: „Erhalte den Eigenwillen der Kinder und schlag die Kinder nur nicht über Leisten, und press sie nur nicht in Formen hinein. Jedes Kind ist anders.“
Furchtbar ist es, wenn Eltern sagen: „Ich schicke mein Kind in den Kindergarten, das Kind muss sich einordnen lernen.“ Da würde ich am liebsten den Kindergarten auflösen. Ein Kind soll doch nicht nummeriert werden. Ein Kind soll sich frei in seiner Individualität entfalten können, denn es ist von Gott als Persönlichkeit geschaffen.
Es ist schön, wenn wir einen Willen haben. Und verstehen Sie auch jetzt mein Predigtthema, wo Gottes Wille unser Leben kreuzt – nicht so, als ob Gott unseren Eigenwillen einfach wegschiebt. Abraham hatte seinen Willen. Er hat geplant, gearbeitet und geschafft. Ein Mensch ohne Willen ist kein Mensch, sondern Matsch, eine gnädige Masse, die man manipulieren kann.
Ein Mensch braucht einen Willen. Er muss wissen, wozu er lebt, was er mit seiner Freizeit anfängt, welchen Beruf er ergreift. Er muss Initiativen entwickeln und sein Leben füllen. Und dann passiert es plötzlich mitten in so einem tatkräftigen Leben, in dem ein Mensch seine Termine in der Tasche hat und seine Berufspläne schmiedet – so stelle ich mir Abraham in Ur in Chaldea vor –, dass dieses gefüllte Leben mit einem eigenständigen Willen, einer Persönlichkeit in dieser Welt, vom Willen Gottes gekreuzt wird.
Und Gott sprach zu Abraham: „Abraham, ich will auch was.“
Es gibt viele Menschen, die haben einmal erfahren, dass es keinen Menschen gibt, der nicht irgendwann mit dem Willen Gottes kollidiert ist, zusammengestoßen. Da gab es furchtbare Unfälle, nicht nur Blechschaden. Es ist ganz furchtbar, wenn Menschen mit dem Willen Gottes zusammenknallen und zusammenprallen.
Müssen Sie mal in der Bibel nachlesen, wie der große Pharao von Ägypten mit dem heiligen Willen Gottes zusammenprallte und seine ganze Division im Schilfmeer unterging, weil er nicht begriffen hatte, dass Gott auch einen Willen hat. Es gibt Menschen, die in furchtbarer Not geraten, weil sie mit dem heiligen Gott zusammenprallen. Dann schreien sie und fragen: „Was war denn los? Was ist los mit meinem Leben? Warum ist es kaputt?“ Und sie begreifen bis zur Sterbestunde nicht, dass sie mit Gott zusammengestoßen waren und deshalb ihr Leben zerbrochen ist.
Wenn Sie mir ein Bild sagen: Da vorne ist die Dobbelstraße, und da unten hat es eine Ampel, die auf Rot geschaltet ist. Da fährt oben ein PKW runter, in dem zwei verliebte junge Leute sitzen. Sie sagen: „Es ist ein wunderbarer Frühling, die Bäume sind so schön, es blüht, der Himmel ist blau.“ Und sie fahren über die Kreuzung, ohne zu merken, dass da unten ein Lkw Vorfahrt hat. Dann knallt es.
Es gibt Menschen, die leben ganz fröhlich, und das ist schön. Sie sollen fröhlich leben und sich in der Natur freuen. Sie sagen: „Ach, gibt es einen Gott? Sicher gibt es einen Gott, ich möchte mich auch einmal um Gott kümmern.“ Aber sie haben noch nie begriffen, dass Gott einen Willen hat. Genauso wie wir einen Willen brauchen, hat Gott einen Willen. Und es kommt nur darauf an, an der einen Stelle, wo sich die zwei kreuzen – mein Wille und Gottes Wille –, dass wir kapieren: Gott hat Vorfahrt.
Und das hat Abraham verstanden. Deshalb sagt er: „Rede mal.“ Und er hört. Abraham hört. Es kommt gar nicht zu einem verhängnisvollen Zusammenstoß, sondern zu einem Hören. Er merkt: „Was will Gott mit mir?“
Ich glaube, dass das ein Missverständnis bei vielen von uns ist, auch bei mir immer wieder. Ich meine oft: „Heute im Gottesdienst will ich mir so ein bisschen Segen obendrauf auf mein Leben mitnehmen.“ Der lebendige Gott hat kein Interesse daran, unser Leben nur ein wenig fromm zu machen oder ein paar kleine Stücke unseres Lebens zu verbessern. Sondern wenn Gott zu uns kommt, hat er große Pläne.
Unser Leben ist viel zu kostbar, unser Leib zu wertvoll, die Zeit, die wir in dieser Welt haben, und unser Jahrhundert viel zu schade, als dass es nur um ein bisschen Frömmigkeit ginge. Wenn es um Gott geht, dann hat Gott große Pläne mit Menschen. Das hat er bei Abraham so deutlich gemacht: „Ich will etwas aus dir machen, Abraham.“
Ich möchte heute in der Predigt nur dieses „Ich will“ unterstreichen. Es gehört zur neuen Menschwerdung dazu, dass einer begreift: Gott will etwas mit mir. Und das ist groß. Es kommt gar nicht darauf an, wer ich bin, was ich vorgestern war, welche Gaben ich habe oder welche Geschicklichkeit ich mitbringe. Entscheidend ist, dass Gott sagt: „Ich will!“ Und dann kreuzt dieser Wille Gottes mein Leben.
Dabei muss es nicht zu einer schrecklichen Karambolage kommen. Es kann auch sein, dass ein Mensch hört und sein Leben in diesen Willen Gottes einordnet.
Viele Menschen sind mit Gott zusammengestoßen und fragen seitdem: „Was ist mit meinem Leben kaputt?“ Und sie bekommen keine Antwort. Dabei will Gott sie nur zum Hören zwingen.
Ich möchte, dass Sie das immer wieder weitersagen – auch mir. Wenn Gott uns viel zerschlägt, vielleicht auf ein langes Krankenlager wirft oder was es auch sein mag, dann will er uns zum Hören bringen und überhaupt, dass wir aufmerken: Ich habe einen Willen, ich habe einen Plan.
Für mein Leben war es von großer Bedeutung, als ich noch als Vikar öfter am Oberkirchenrat vorbeiging und bei Helmut Wenzelmann hereinschauen konnte, wie er mir immer wieder deutlich machte – gerade wenn ich verärgert war über Dinge, die sich zerschlagen hatten –, dass er sagte: „Es kommt doch nicht darauf an, was du willst, es kommt darauf an, was Gott will.“
All unser Arbeiten für Gott, so schön es auch aussehen mag, ist doch Unsinn, wenn wir mit dem Kopf durch die Betonwand wollen und Gott nicht Türen öffnet.
Abraham hört und erkennt den Willen Gottes.
Und auch das Zweite: Gottes Wille macht Abrahams Leben frei. Gottes Wille macht Abrahams Leben frei.
Gottes Wille macht Abrahams Leben frei
Vor 14 Tagen hatten wir im Hospitalhof einen großen Jugendabend mit fast tausend jungen Leuten. Es war der Jugend-für-Christus-Chor im Rahmen unserer Missionskonferenz. Am Ende sprach Paul Walter Schäfer. Ich glaube, vielen jungen Leuten, die dabei waren, ist es unvergesslich geblieben, wie er einfach da oben stand und sagte: „Ich habe zehn Jahre meines Lebens vergeudet, und sie kommen nie mehr zurück.“
Dann erzählte er davon, dass er zehn Jahre seines Lebens ganz bewusst gegen den Willen Gottes gelebt hat. Er wusste seit seiner Konfirmation, worum es eigentlich geht. Dann kam der Krieg, Gefangenschaft und vieles mehr. Er sagte: „Es war furchtbar, die zehn Jahre bringt mir keiner mehr zurück.“
Wir haben eine merkwürdige Vorstellung: Wir meinen oft, wenn wir dem Willen Gottes folgen, verlieren wir so viel und müssen so viel aufgeben. Vielleicht dachte man bei der Predigt am letzten Sonntag, Abraham sei ein armer Kerl, weil er alles aufgeben muss – sein Vaterland, seine Freundschaften, seinen Besitz – und dann in die Fremde zieht. Doch genau das Gegenteil ist wahr.
Der Wille Gottes, dem man sich unterordnet, macht das Leben frei, groß und schön. Stellen Sie sich eine Waage vor, so eine alte Apothekerwaage mit zwei Schalen rechts und links. Auf der einen Schale legt Abraham alles, was er hat: sein Vaterland, seine Freundschaften, seinen Besitz. Was tauscht er dafür ein? Manche sagen, er bekommt doch nichts dafür. Was bekommt man denn bei Gott?
Abraham sagt: „Ich bekomme etwas.“ Auf der anderen Seite liegt die Zusage: „Ich will mit dir sein.“ Abraham sieht, wie diese Schale sich viel tiefer neigt und schwerer ist. Er rechnet ganz nüchtern und sagt: „Das zählt mehr in dieser Welt.“
Wenn das auch für mich gilt – in meinem Arbeiten, Schaffen, Schlafen und Familienleben –, dass der lebendige Gott bei mir ist, nicht fern, sondern wirklich erfahrbar in meinem Leben, dann lohnt sich das. Dann wähle ich diesen Weg.
Jesus hat das selbst in dem Gleichnis vom Perlensammler verdeutlicht. Er sagt nicht, Christen seien dumme Leute, die als Mauerblümchen der Welt da sitzen und immer verzichten wie Asketen. Christen sind vielmehr Menschen, die hellwach sind und wissen, dass es einen Wert in dieser vergänglichen Welt gibt. Diesen Wert muss man mit beiden Händen packen, ihm nachjagen und ihn bekommen.
So macht es Abraham: Er packt den Willen Gottes und sagt: „Ich bin froh, dass mein Leben jetzt etwas anderes bekommt, das viel mehr wert ist. Ich will mit dir sein, ich will dich segnen, ich will dich zum großen Volk machen. Wenn Gott aus meinem kleinen Leben etwas Großes machen kann, will ich zupacken, ich muss ihn festhalten.“
Natürlich geht es dabei um Gehorsam, nicht um süße Meditation. Es geht darum, dass Gott das auch in meinem Leben durchsetzen kann. Das wäre furchtbar, wenn Gott nicht zum Ziel käme. Abraham hat plötzlich gemerkt, dass die größte Versuchung seines Lebens darin besteht, den billigen Genüssen nachzulaufen, die ihn bestimmen. Es wäre furchtbar, sich nur von oberflächlichen Lüsternheiten treiben zu lassen und nichts mehr zu ahnen von dem, was das Leben wirklich erfüllt.
Es gibt Menschen, die füllen ihr Leben mit ein bisschen Idealismus. Sie setzen sich ein und sagen: „Ich will noch etwas für die Welt tun.“ Mir tun diese Menschen leid, auch unsere idealistische Jugend heute, die viel von der neuen Welt redet, weil sie meint, in eigener Kraft etwas schaffen zu können.
Im Hamburger Sonntagsblatt schrieb Heinz Sahn zu diesem Sonntag in einem Artikel über das neue Gruppenveramt eine Überschrift, die einem kalt den Rücken runterläuft: „Junge Theologen sagen, wir schaffen es, wir schaffen es.“ Ich dachte: Was für eine Enttäuschung, wenn man merkt, dass wir es doch nicht schaffen. Welche unheimlichen, schrecklichen Abgründe leben in meiner Persönlichkeit und meinem Charakter! Ich schaffe gar nichts! Ich bin der Elendste der Elenden, wenn Gott mir das plötzlich aufdeckt!
Aber wenn ich dann wie Abraham sagen darf: „Aber Gott will noch etwas machen, und diesem darf ich mich anvertrauen! Dem Herrn darf ich folgen, diesem Willen Gottes darf ich gehorsam sein“ – das ist groß. Deshalb lohnt es sich, noch einmal einzusetzen, deshalb darf man noch einmal anfangen, in der Welt etwas zu schaffen.
Deshalb ist mein Leben nicht einfach nur der letzte Dreck, sondern wird brauchbar. Deshalb wird jeder Tag meines Lebens gefüllt, weil Gott etwas will. „Herr, was willst du von mir?“, fragte Paulus. Das war seine Bekehrung. Er brach aus dem embryonalen Entwicklungszustand heraus und entdeckte: Gott will etwas aus mir machen.
Die Männer der Bibel waren nervlich schwache Menschen, charakterlich angeschlagene Leute. Sie hatten alle möglichen Mängel, die man sich nur vorstellen kann. Deshalb sind sie mir so nah verwandt. Aber sie haben begriffen: Gott will etwas, ich will bei dir sein.
Wir haben zuvor noch einmal das große Wort aus Jesaja gelesen: „Wenn du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein.“ Jetzt sendet Gott uns wieder in diese Woche hinein. Sie müssen nur ganz fest mit Gott ausmachen, wer in Ihrem Leben regieren soll und wer das Heft in der Hand hat.
Ich habe Ihnen oft dieses Wort gesagt: „Ich will mich nicht mehr selbst führen, du sollst als Hirte mich regieren.“ Wenn das so ist, dann ist das unbequem. Dann ist es für uns so unerwartet wie bei Abraham, als Gott einfach sagt: „Lass los!“ Aber Abraham sagt: „Es lohnt sich, ich packe den Willen Gottes.“
Viele sagen: „Ich traue Gott nicht. Ich habe Angst, mein Leben einfach so ihm anzuvertrauen.“ Ich möchte Ihnen sagen: Ich hätte Angst, mein Leben einem Pfarrer anzuvertrauen. Ich warne Sie davor, Ihr Leben einer Organisation anzuvertrauen. Das wird Sie enttäuschen.
Es geht nie darum, welcher Kirchendenomination oder Konfession Sie angehören. Es geht nicht darum, welchem Kreis Sie sich anschließen. Gemeinschaft brauchen Sie, das ist eine andere Sache. Es geht nur um eines: Ob Sie sich Gott anvertrauen können und dann ganz und bedingungslos wie Abraham.
Abraham wurde ein großer Mann, weil Gott ihn gebrauchen konnte. Da sagen wir zu Gott: „Ich traue dir nicht. Ob du nicht wirklich Böses mit mir vorhast? Ich habe immer Angst, dass du mich irgendwo zerschlägst, mir die Frau oder die Kinder wegnimmst, mich Schweres erleben lässt oder krank machst. Gott, ich habe Angst vor dir.“
An dieser Stelle wird es deutlich: Wir haben Angst, uns Gott anzuvertrauen. Wir haben darüber vor einem Jahr gepredigt, auch bei der Vaterunser-Predigt. Wenn wir auf dem Operationstisch liegen und der Narkosearzt kommt, können wir so sprechen: „Dein Wille geschehe.“
Damals bei der Vaterunser-Predigt, vielleicht erinnern Sie sich, sagte ich: „Ich habe so Angst vor Gott. Meint er es wirklich gut mit mir?“ Da wird klar, dass die Ursünde unseres Lebens darin besteht, böse Gedanken über Gott zu haben. Wir vertrauen Gott nicht.
Zum Schluss dieser Predigt möchte ich darauf hinweisen: Die Antwort kann nur Jesus geben. Schauen Sie auf dieses Bild, wie er sich am Kreuz zu Tode blutet. Sterbend betet er: „Vater, vergib ihnen!“ Sein einziger Wunsch ist, dass wir nicht verloren gehen, dass unser Leben nicht mit nichtigen Dingen und Schmutz gefüllt bleibt, sondern dass wir das Leben haben – und in Fülle.
Das war sein Wunsch, sein Kämpfen und Ringen: „Ich habe Gedanken des Friedens mit euch und nicht des Leides. Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.“ Sein Wille möchte unser Leben füllen.
Ich habe viele negative Enttäuschungen mit meinem eigenen Willen erlebt. Und das Schönste in der Entwicklung ist, wenn man seinen kranken und kaputten Willen in den Willen Gottes hineinlegen darf. Unser Wille, der auf so vieles Nichtige und Zerstörerische ausgerichtet war, wird plötzlich geheilt und zu einer neuen Persönlichkeit.
Das ist die Entwicklung zum neuen Menschen. Es heißt in dem Lied, das wir jetzt singen: „Nur dein, nur dein vollkommener Wille sei für mich Schranke, Ziel und Bahn.“ Amen.
Abschluss und Gebet
Wir singen von dem Lied „O Gottes Sohn, du Licht und Leben“ (Nr. 504), die Verse drei und vier.
Herr, wir dürfen von deiner großen Liebe wissen. Du hast sie bis zum Tod am Kreuz unter Beweis gestellt, indem du alles für uns gegeben hast. Du hast Gedanken des Friedens mit uns und willst uns Freude schenken – eine Freude, die niemals vergeht.
Ach Herr, vergib uns, dass wir uns so oft an vergänglichen Dingen berauschen, an billigen Gütern dieser Welt, die gegen dich und dein Wort stehen. Dabei willst du uns doch noch viel mehr geben.
Ach, erwirke doch, dass Menschen um uns herum wieder klare Entscheidungen treffen. Bewahre uns vor einer Frömmigkeit, die nur oberflächlich ist. Lass es ein fester Entschluss unseres Lebens werden, dass du uns bestimmen, führen und regieren kannst. Dass dein Wille uns bestimmt und wir in allem sprechen können: „Dein Wille geschehe!“
Erfülle unser Leben ganz. Zeige uns die Aufgaben, wo du uns haben willst – auch in der kommenden Woche. Lass uns erkennen, wie wir unsere Zeit sinnvoll einsetzen sollen, damit wir sie nicht vergeuden und sie uns nicht zwischen den Fingern zerrinnt.
Zeige uns, wo wir unser Geld und unseren Besitz einsetzen sollen. Lass uns erkennen, was all das für dich und deine Sache taugt.
Wir danken dir, dass du uns brauchst, um dein Reich in dieser Welt auszubreiten. Und wir bitten dich jetzt auch für alles, was wir in deinem Namen anfangen. Lass Frucht daraus entstehen.
Wir bitten dich ganz besonders für die Jugendevangelisation, die morgen im Hof des alten Schlosses beginnt. Lass sie eine Bewegung unter jungen Leuten werden – nicht nur ein frommer Rausch, sondern dass Menschen dir gehorsam werden, dir nachfolgen und deinen Dienst tun.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Und nun singen wir noch den letzten Vers vom Anfangslied (Nr. 188):
Soll es so eine Antwort sein und all das zusammenfassen, dass Gottes Gnade allein feststeht und in Ewigkeit bleibt. Der Grund der Glaubenden, auf dem sie stehen, auf dieser Zusage Gottes – das ist ein Boden, der nicht wankt und nicht wackelt.
Hinweise zu kommenden Veranstaltungen und Schlusssegen
Ich möchte alle bitten, die beten können, diese Jugendwoche Heaven im Gebet mitzutragen. Wir haben viel gewagt mit der Form der Freiluftveranstaltung. Nicht wegen des Wetters, sondern weil Freiluftveranstaltungen einen besonderen Anspruch an die Öffentlichkeit stellen.
Wir wollen die einzelnen Abende in vielen kleinen Diskussionsgruppen ausklingen lassen. Das bedeutet für das Team viel Arbeit. Es sind ein paar hundert Prediger, junge Leute, die anderen Zeugnis geben. Beten Sie dafür, dass junge Menschen Entscheidungen treffen.
Am kommenden Mittwoch findet um 15 Uhr ein Kindernachmittag statt – bei gutem Wetter im Doppelgarten oben. Sollte es regnen, gehen die Kinder zu den Staffeln hoch, und bei Regen im Gemeindehaus. Auswärtige Familien sind herzlich willkommen. Das ist immer etwas Schönes, denn oft sind über hundert Kinder dabei.
Nächsten Mittwoch um 15 Uhr finden Hauskreise statt. Am Dienstag gibt es diese nur an zwei Stellen wegen der Heaven-Veranstaltung: bei Bayer, Stitzenburgstraße 8, und bei uns in der Stitzenburgstraße 13. Dort wird Herr Werner das Gespräch leiten.
Nächsten Sonntag liegt draußen auch unser Gemeindebrief aus, in dem das noch einmal steht. Wir wollen am Vormittag unsere renovierten Gemeinderäume feierlich einweihen. Draußen machen wir nicht viel, sondern wollen einfach einen Vormittag gestalten, an dem wir mit den Kreisen zusammen sind. Außerdem werden einige junge Leute hier schon im Gottesdienst mitwirken und dann drüben noch einmal.
Herr Pfarrer Leopold wird uns einige Bilder von der Aufbauzeit der Kirchen in Stuttgart zeigen. Danach wollen wir gemeinsam ein einfaches Mittagessen einnehmen. Dazu lade ich alle herzlich ein – auch von auswärts. Wer Spaß an Gemeinschaft hat, ist willkommen. Das soll ein Anlass für Begegnung sein.
An diesem Tag ist auch der Tag der Volksmission. Es ist schade, dass das zusammenfällt, aber am Nachmittag gibt es noch eine ganze Reihe von Veranstaltungen, an denen man teilnehmen kann.
Unser Opfer heute ist für unsere laufende Gemeindearbeit bestimmt – für die Arbeit an Menschen. Sie wissen ja, wie wichtig es uns hier ist, das Evangelium weiterzutragen, und all die Dinge zu finanzieren, die wir dafür brauchen und die im Laufenden anfallen.
Ich danke Ihnen und bitte um den Segen Gottes. Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns Frieden.