Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart. Unser Podcast möchte dazu anregen, das Christsein praktisch zu leben und zugleich zum theologischen Nachdenken einladen.
Am Mikrofon hören Sie Thomas Powileit, und mir gegenüber sitzt Antonia.
Das ist schön, dass du da bist, Antonia. Herzlich willkommen!
Ja, vielen Dank, Thomas.
Antonia, du hast ein Studium gemacht, in dem auch Erziehung ein großes Thema war. Was für ein Studium war das, und warum hast du dich gerade dafür entschieden?
Erziehung war jetzt nicht unbedingt das Hauptthema, sondern eher Kindheit und deren Entwicklung beziehungsweise die Entwicklung von Kindern. Genau, ich habe Heilpädagogik studiert. Besonders gefällt mir an diesem Beruf, dass es immer wieder darum geht, das Denken und Handeln gewohnter Muster und Strukturen zu überdenken und aufzulösen, um Veränderung zu schaffen.
Überhaupt finde ich es total toll, dass die Zusammenarbeit mit den Kindern und den Eltern ein Prozess ist, bei dem es immer wieder darum geht, zu prüfen, ob das, was ich gerade mache, noch zu allen Bedürfnissen passt oder ob eine Veränderung nötig ist.
Was einfach richtig toll ist, ist, dass es viel um Beziehung geht und dass die Begleitung der Kinder und ihrer Eltern sehr persönlich ist.
Das hört sich also sehr interessant an. Das heißt, du musst Erziehungsmuster logischerweise durch deinen Beruf immer wieder hinterfragen.
Du bist jetzt auch Mama geworden. Wie viele Kinder habt ihr?
Wir haben jetzt drei Kinder.
Ah, okay. Also ist Erziehung etwas, das dich jeden Tag beschäftigt. In diesem Podcast hast du sozusagen Heimspiel.
Dieser Podcast richtet sich vor allem an Eltern. Aber auch, wenn du, sagen wir mal, als Single zu unseren Hörern gehörst, kannst du gern zuhören. Vielleicht wirst du selbst irgendwann Kinder haben und weißt dann schon einmal etwas über Erziehung. Oder du hast als Singlefrau verheiratete Freundinnen. Dann kannst du ihnen auch mal einen Tipp geben, worauf sie in ihrer Beziehung achten könnten.
Allerdings: Bitte sei vorsichtig. Manche Eltern sind leider nicht sehr offen dafür, wenn man als Single Erziehungstipps weitergibt.
Antonia, du hast dich ja mit verschiedenen Erziehungsmustern auseinandergesetzt. Dabei war es dir wichtig, nicht einfach nur Gedanken aus christlichen Erziehungsbüchern zu übernehmen, sondern zu prüfen, ob diese Muster wirklich auf der Bibel basieren. Im Umgang mit unseren Kindern kommen wir natürlich um das Thema Erziehung nicht herum.
In der Regel haben wir eine ungefähre Vorstellung davon, wie Erziehung aussehen soll – also ein Erziehungsmuster, an dem wir uns orientieren, oft auch unbewusst. In diesem Podcast wollen wir bewusst dazu einladen, unvoreingenommen über den Umgang mit unseren Kindern nachzudenken. Dabei schauen wir uns natürlich an, was Gottes Wort ganzheitlich zum Begriff Erziehung sagt.
Außerdem wollen wir darüber sprechen, wie Gott die Kindheit unserer Kinder sieht. Ihr merkt also: Wir machen heute keinen umfassenden Podcast über Erziehung. Das sage ich gleich vorweg, damit ihr später nicht sagt, dass man dies oder jenes noch hätte erwähnen müssen.
Es geht vor allem um ganzheitliche Erziehung und Kindheit.
Schon einmal als Ausblick: In einem zweiten Podcast werden wir über einen sehr bekannten Erziehungspodcast sprechen. Dieser Podcast mit dem Namen „In Bindung“ findet immer mehr Zuspruch. Er bietet hilfreiche und praktische Erziehungsansätze. Allerdings gibt es auch einige Dinge, die wir kritisch sehen. Darüber wollen wir dann natürlich auch reden.
Heute aber geht es zunächst einmal um ganzheitliche Erziehung und Kindheit.
So, Antonia, wie kam es dazu, dass du dich überhaupt mit dem Thema Erziehung auseinandergesetzt hast?
Du hast ja schon gesagt, dass du Kinder hast, und da bleibt die Frage nach Erziehung natürlich nicht aus. Aber es gab tatsächlich einen ganz konkreten Auslöser für die tiefere Beschäftigung mit dem Thema. Das war noch in unserer Anfangszeit als Eltern, also vor etwa fünf Jahren, und zwar das Thema körperliche Züchtigung bei Kindern.
Uns wurde immer wieder nahegelegt, dass körperliche Züchtigung als grundsätzliches Erziehungsmittel zu einer biblischen Erziehung gehöre. Man sagte, sie sei notwendig, um das Kind von klein auf zurechtzuweisen und zu korrigieren. Innerlich kämpfte besonders ich mit diesem scheinbar einzigen Verständnis. Deshalb beschloss ich, mich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich wollte selbst in der Bibel forschen, was Gott dazu sagt.
So ging es uns dann tatsächlich bei den unterschiedlichsten Themen, die bei der Erziehung unserer Kinder auftauchen. Wir werden damit konfrontiert, haben Fragen und beginnen, uns damit zu beschäftigen. Ich gehöre zu der Kategorie, die grundsätzlich alles auf Sinn und Wahrheit prüft. Nur weil etwas so gemacht wird, heißt das noch lange nicht, dass es richtig oder wahr ist. So suchen wir dann gemeinsam nach Antworten auf unsere Fragen. Erziehung ist für uns also ein Prozess.
Ein weiterer Grund ist unser großes Anliegen, das Wissen über kindliche Entwicklung und Emotionen in unserer Erziehung anzuwenden. Unser Ziel ist dabei, dass wir unsere Kinder altersgerecht leiten und führen können. Auch hier wurden wir wieder mit Fragen konfrontiert.
Welche Rolle spielen diese Aspekte, wenn wir als gläubige Eltern das Ziel haben, Gott im Umgang mit unseren Kindern zu verherrlichen und ihnen unseren Gott nahezubringen? Ausgehend von dieser Fragestellung haben sich dann wieder neue Fragen ergeben.
Müssen wir möglicherweise in Betracht ziehen, dass unser Bild vom Kind, der Umgang mit ihnen und das Verständnis von Schlagworten wie Erziehung, Autorität, Gehorsam, Disziplinierung oder Sünde manchmal mehr unseren Traditionen und Prägungen entspringen?
Wie kann eine Balance zwischen der Vermittlung von Gnade und Güte und dem Verständnis von Fehlverhalten und dessen Konsequenzen aussehen? Haben wir selbst unvoreingenommen geprüft, was die Bibel dazu sagt? Wie würde sich das auf den Umgang mit unseren Kindern und den Blick auf sie auswirken? Welche Auswirkungen könnte das auf unseren eigenen Glauben, vielleicht sogar auf unser Gottesbild haben?
Und weil Elternschaft ja auch immer etwas ganz Praktisches ist: Wie lassen sich diese Gedanken und Erkenntnisse jetzt konkret im Familienalltag umsetzen und leben?
Wow, das sind ja eine ganze Menge Fragen, die ihr euch da mal wieder stellt. Ich finde es beeindruckend, dass ihr ganz bewusst erziehen wollt.
Was war denn deine Entdeckung, als du dich auf die Suche gemacht hast? Warum ist es wichtig, Kinder zu erziehen, und was sagt Gottes Wort über Erziehung?
Ich habe neulich in dem Buch gelesen: Christliche Erziehung ist eine Reise. Das Ziel ist klar – gottesfürchtige Kinder aufzuziehen. Doch die Wege dorthin sind nicht immer so klar beschrieben. Wir haben Gottes perfekte Karte, die Bibel. Aber er hat nicht den göttlichen Textmarker genommen und die einzige Route eingezeichnet, die dorthin führt, wo er uns haben will. Er erwartet von uns, dass wir die Karte studieren und einen klugen Kurs einschlagen.
Das finde ich ganz wichtig: Das Hauptanliegen von Erziehung ist nicht Strafe. Strafe ist zwar manchmal notwendig, aber der grundsätzliche Anspruch an Erziehung ist Anleitung. Noch einmal: Erziehung ist nicht Strafe, sondern Anleitung.
Das ist ein ganz wichtiger Gedanke.
Die Bibel verwendet für Erziehung oder auch Züchtigung beziehungsweise Zucht im Alten Testament das hebräische Wort Musa. Im Neuen Testament finden wir das griechische Wort Paideia und dazu das Verb paideio.
Die Wortbedeutung, Bedeutung und der Kontext der Wortverwendungen geben uns schon mal ein bisschen mehr Vorstellung davon, was Erziehung im biblischen Sinn bedeutet.
Musa bedeutet so viel wie Zucht oder Züchtigung, Strafe, Unterweisung beziehungsweise Zurechtweisung, aber auch Anleitung oder Belehrung. Die Idee hinter Musa ist Korrektur. Sie findet immer im Kontext von Wachstum der Gottesähnlichkeit und als Reaktion auf Gott und das Wandeln in seinem Weg statt.
Die Sprache in Sprüche 3,11-12 zeigt uns dann, dass Musa immer in engen, liebevoll vertrauten und familiären Beziehungen stattfindet: „Mein Sohn, verwirf nicht die Züchtigung des Herrn und sei nicht unwillig über seine Zurechtweisung; denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater den Sohn, an dem er Wohlgefallen hat.“
Dann zu Paideia: Das meint so viel wie Erziehung oder Ausbildung. Dazu gehören beispielsweise Disziplinierung, Unterweisung und auch Korrektur. Hauptaugenmerk liegt auf der Belehrung oder Anleitung.
Das Ziel oder der Grund für biblische Erziehung finden wir zum Beispiel in 2. Timotheus oder Hebräer 12. Sie dient also dazu, einen Menschen auf Gottes Weg zu führen oder zurückzubringen. Wie bei Musa dient Paideia also der Reifwerdung der jeweiligen Person.
Um noch mehr Einsicht darüber zu gewinnen, wie der Umgang mit unseren Kindern nach Gottes Wort aussehen soll, finde ich es sehr spannend, das Konzept Kindheit aus biblischer Sicht zu betrachten.
Ich finde es großartig, dass wir mit modernen Bibelprogrammen eine tiefere Ahnung davon bekommen können, was einzelne Bibelstellen aussagen. Man kann auf gute Bibelprogramme zurückgreifen und sich intensiver mit den Worten beschäftigen, so wie du es gemacht hast, ohne unbedingt sehr tief in den ursprünglichen Sprachen bewandert zu sein.
Du hast entdeckt und betont, dass Erziehung vor allem Anleitung bedeutet. Du hast gesagt, dass du dem Kind hilfst, mit Gott und für Gott zu leben. Um das tun zu können, ist eine Beziehung zum Kind sehr wichtig – das hast du ebenfalls hervorgehoben. Es geht innerhalb von Beziehungen.
Du hast gerade noch den Begriff Kindheit angesprochen. Was sagt die Bibel über Kindheit? Den Begriff selbst gibt es wahrscheinlich nicht in der Bibel, aber das Thema schon.
Wie du angedeutet hast oder wie viele Eltern schon festgestellt haben: Die Bibel gibt uns wenig direkte Anweisungen, wie wir unsere Kinder erziehen sollen. Trotzdem zeigt sie uns immer wieder sehr klare Prinzipien und Sichtweisen über Gottes Blick auf Kinder und Kindheit.
Ich persönlich finde es total hilfreich, mehr Einblick darüber zu bekommen, welche Bedeutung und welchen Sinn Gott diesem Lebensabschnitt Kindheit in der Entwicklung eines Menschen zuschreibt. Ein fehlendes Verständnis hier macht es uns schwer, unsere Kinder zu verstehen. Und wenn wir sie nicht verstehen, wie können wir sie dann richtig begleiten und anleiten?
Deshalb also die Fragen: Wie sieht Gott unsere Kinder? Wie betrachtet Gott die Lebensphase, in der sie stecken, ihre Kindheit?
Dazu ein paar Gedanken in Kürze: Gott selbst hat sich die Kindheit ausgedacht. Er hat dieser Lebensphase einen besonderen Sinn und Zweck gegeben. In 1. Korinther 13,11 schreibt Paulus: „Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindisch war.“
Kindheit ist eine Zeit, die wir alle durchleben und irgendwann auf dem Weg ins Erwachsenenalter hinter uns lassen müssen. Kindheit ist eine Zeit intensiver Entwicklung, in der Wachstum hin zur Reife stattfinden darf und soll – körperlich, aber besonders mental, emotional, seelisch und auch psychisch.
Kindheit ist eine notwendige Vorbereitung auf die Lebensphasen, die noch folgen. Das finde ich einen großartigen Satz: Kindheit ist eine notwendige Vorbereitung auf die Lebensphasen, die noch folgen. Das ist sehr gut formuliert.
Das heißt, Kindheit ist eine Zeit, die Gott ganz bewusst eingeplant hat. Ich finde es spannend, dass die meisten Christen schon in ihrer Kindheit zu Gott umgekehrt sind. Gott nimmt Kinder sehr ernst. Das ist nichts Negatives. Die Kindheit ist eine bestimmte Phase, die man im Blick haben muss – das hast du deutlich gemacht, oder?
Genau. Du hast gesagt, Gott nimmt Kinder ernst. Er hat die Herzen unserer Kinder vorbereitet, an ihn zu glauben. In Prediger 3,11 sagt Salomo: „Auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt.“ Das Herz der Menschen ist so geschaffen.
Unsere Kinder werden mit einer Sehnsucht nach Ewigkeit geboren, mit einer Sehnsucht, die sie nach Bedeutung und Sinn des Lebens suchen lässt. Jesus selbst anerkennt die geistliche Natur jedes kleinen Kindes. Sie sind fähig, an ihn zu glauben, und dieser Glaube ist echt.
Es ist sicherlich noch kein ausgereifter Glaube, aber ein Glaube, der wachsen darf. Ein Glaube, der rein ist und den Jesus anerkennt. Es ist die Art von Glauben, die Jesus auch in uns Erwachsenen sehen möchte.
Auch wenn Kinder viele Dinge im Glauben noch nicht verstehen, sind sie doch in der Lage, an die Wirklichkeit unseres lebendigen Gottes zu glauben. Es ist Gottes Anliegen, dass unsere Kinder ihn annehmen – und ja, auch unseres als Eltern.
Dafür müssen sie sich ihrer Sündhaftigkeit und der daraus folgenden Notwendigkeit der Errettung bewusst werden. Denn auch unsere Kinder sind sündig, weil sie Sünder sind, weil sie in Sünde geboren werden.
Das finde ich ganz wichtig, was du sagst. Es gibt ja die Diskussion: Können Kinder überhaupt Christen werden? Können sie zu Gott umkehren? Und du sagst, natürlich können sie das, oder?
Genau. Die Bibel weist darauf hin, dass es einen Zeitpunkt im Leben jedes Menschen gibt, an dem er sich seiner Sündhaftigkeit voll und ganz bewusst wird. Er bekommt ein Bewusstsein für Gut und Böse und wird dann moralisch schuldig vor Gott.
In 5. Mose 1,39 lesen wir zum Beispiel: „Und eure Kinder, von denen ihr sagtet, dass sie zum Raub werden müssten, und eure Söhne, die heute nicht wissen, was Gut und Böse ist, sie sollen in das Land Israel hineinkommen; ihnen will ich es geben, und sie sollen es in Besitz nehmen.“
Die Kinder, von denen hier im Text die Rede ist, entgehen dem Gericht Gottes, weil sie heute noch nicht wissen, was gut und böse ist. Im Hebräischen steht hier für das deutsche Wort „Kinder“ das Wort „Taff“. Es bedeutet so viel wie kleine Schritte gehen.
Das heißt aber nicht, dass kleine Kinder sündlos sind, sondern eher, dass es ein Alter oder eine Zeit gibt, in der sie nicht verantwortlich für ihre Schuld, für ihre Sünde sind.
Jesaja untermauert diese Idee in Kapitel 7, Verse 15 bis 16: „Dickmilch und Wildhonig wird er essen, bis er versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen. Denn ehe der Knabe versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen, wird das Land vor dessen beiden Königen verlassen sein.“
Hier steht für das deutsche Wort „Knabe“ im Hebräischen „na'a“. „Na'a“ ist deutlich älter und auch reifer als „Taff“. Die Bibel definiert kein exaktes Alter für die Rechenschaftspflicht vor Gott.
Das ist ja spannend mit den Sprachen. Als du das so gesagt hast, habe ich an das englische Wort „tough“ gedacht. Nein, im Hebräischen heißt es anders.
Kindheit bedeutet also, dass ich als ganz kleiner Junge noch nicht genau weiß, was gut und böse ist. Aber dann gibt es einen Zeitpunkt, an dem ich nicht mehr der ganz kleine Junge bin, sondern nur noch ein kleiner Junge, der sehr wohl Gut und Böse unterscheiden kann. Das heißt, ich kann auch bewusst gehorsam oder bewusst ungehorsam sein.
Aber auch da bin ich erst einmal noch unmündig und überblicke mein Verhalten nicht wirklich. Je größer ich werde, desto mehr verstehe ich, was ich tue, und deshalb bin ich auch mehr und mehr verantwortlich dafür.
Wenn ich das kurz zusammenfassen darf: Habe ich das richtig verstanden? Kann man das so sagen?
Ja, das hast du sehr gut zusammengefasst. Es gibt einen bestimmten Punkt, an dem ein Kind versteht: Das ist böse, das ist gut. Dieser Zeitpunkt variiert von Kind zu Kind, aber für jedes Kind wird die Zeit kommen, in der es aus der kindlichen Unschuld herauswächst und in das Stadium der Verantwortlichkeit eintritt.
Aufgrund dieses Bewusstseins kann das Kind oder der Mensch an sich nun die Erlösung durch Christus annehmen. Tut es das nicht, wird es die volle Last seiner Sündhaftigkeit selbst tragen müssen.
Für uns Eltern ist in diesem Kontext wichtig, dass es bis dahin unsere Aufgabe ist, das Leben unserer Kinder geistlich zu nähren und zu prägen – wie wir es zum Beispiel in 2. Timotheus 3,15 lesen.
Bis dahin sind wir der moralische Kompass und Wegweiser für unsere Kinder.
Abschließend ist mir noch wichtig geworden, dass Gottes Wort Kinder generell als verletzlich und schutzbedürftig betrachtet. Die Bibel benutzt Kindheit als positives Beispiel.
Jesus bezeichnet Kinder als diejenigen, die ins Himmelreich eingehen werden. Er benutzt das Essen eines Jungen, um über fünftausend Menschen zu versorgen. Und immer begegnet er Kindern seinem Wesen entsprechend – gütig und sanft.
Jesus liebte und schätzte Kinder. Er hieß sie willkommen.
Ja, spannende Gedanken. Antone, du hast am Anfang gesagt, wir werden uns über die Kindheit unterhalten, und das haben wir jetzt auch gemacht. Wir haben festgestellt, dass es ein Stadium im Leben unserer Kinder gibt, in dem sie mehr oder weniger unmündig sind. Du hast vorhin auch Paulus zitiert, der sagt, das lasse ich irgendwann mal hinter mir. Die Bibel spricht diesen Zeitpunkt an, an dem sie generell verstehen, was gut oder böse ist.
Doch auch danach ist ihr Denken noch von kindlichen Vorstellungen geprägt. Es ist wichtig für alle Eltern, diese Dinge zu wissen. Welche Rolle spielen diese Tatsachen für uns oder euch als Eltern?
Für meinen Mann und mich gilt in unserer Erziehung grundsätzlich das Motto „Beziehung vor Erziehung“. Erziehung soll grundsätzlich in vertrauten, liebevollen Beziehungen stattfinden, wie wir festgestellt haben. Wir Menschen sind auf Beziehung angelegt, und Gott möchte uns in inniger Beziehung nahe sein. Ihn wollen wir unseren Kindern schließlich groß machen und im Umgang mit ihnen widerspiegeln.
Mein Mann und ich haben immer wieder festgestellt, dass der Blick auf unsere Kinder und welche Rolle wir ihnen und uns in der Beziehung zuschreiben, den Umgang mit ihnen bestimmt. Betrachten wir unsere Kinder grundsätzlich als böswillig, manipulativ oder ungehorsam und sehen ihr Handeln als absichtlich gegen uns gerichtet an, wenn sie nicht tun, was wir möchten, sind wir vorrangig damit beschäftigt, ihr schlechtes Verhalten zu ändern oder zu stoppen.
Wenn wir uns dabei als diejenigen sehen, die über unsere Kinder herrschen, indem wir ständig Forderungen und Ansprüche stellen, drohen, schimpfen und Strafen erteilen, wenn sie nicht tun, was wir sagen oder wollen, dann frage ich mich: Ist das wirklich das, was wir als Eltern für unsere Kinder wollen?
Meinen wir tatsächlich, dass in einer so innigen und verletzlichen Beziehung wie der zwischen Eltern und Kind Druck, ständiges Androhen und Durchsetzen von Strafen Mittel der Wahl sein sollten, um ein Kind zur Kooperation und zum Gehorsam zu motivieren?
Mein Mann und ich glauben nicht, dass wir auf diese Weise die Herzen unserer Kinder erreichen können. Wir möchten ihnen Jesus groß machen. Deshalb wollen wir mit unseren Kindern respektvoll und wertschätzend umgehen.
Unsere Kinder sind Geschöpfe Gottes. Ja, sie sind Sünder, aber gleichzeitig sind sie als Kinder unreife Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Sie sollen verstehen, was ihr Verhalten bei anderen auslöst, und ihrem Alter entsprechend verantwortungsvoll handeln.
Als Eltern möchten wir unseren Kindern geduldige und liebevolle Führung und Leitung geben. Wir wollen sie lehren und ihnen helfen zu gehorchen, zu wachsen und zu reifen.
Heißt das, ihr betont nur das Positive bei den Kindern? Nein, ganz und gar nicht. Kinder anzuleiten heißt nicht, über Fehlverhalten oder Sünde hinwegzusehen. Es bedeutet auch nicht, unsere Kinder gewähren zu lassen und zu hoffen, dass sich dies oder das mit der Zeit einfach verwächst.
Aber anleiten ist eben herausfordernder als einfach nur zu strafen.
Dein Punkt ist, du möchtest nicht nur Verhaltenskosmetik betreiben. Das Kind soll nicht nur sein Verhalten ändern, während das Herz dasselbe bleibt. Du möchtest, dass das Kind seine Einstellung ändert und dann eben auch sein Verhalten. Natürlich ist es ganzheitlicher.
Kannst du vielleicht mal praktisch zeigen, was das nach diesem theoretischen Unterbau, der ja sehr wichtig ist, auch bedeutet?
Ja, gerne. Mein Kind lassen wir ja so drei, vier Jahre alt sein. Es reißt einem anderen Kind, sagen wir mal dem Lars, das Spielzeug aus der Hand. Das ist eine Situation, die vermutlich alle Eltern kennen.
Möglichkeit eins wäre jetzt zum Beispiel: Ich nehme meinem Kind das Spielzeug weg. Es soll lernen, nicht so egoistisch zu sein. Man fragt ja schließlich auch, wenn man etwas haben will, und wartet dann ab, ob in unserem Beispiel Lars das Spielzeug hergibt. Vielleicht spreche ich auch noch mal eine Drohung aus: „Wenn du das noch mal machst, dann kommt das Spielzeug weg.“
Mein Kind wird das oder ein anderes Spielzeug sehr wahrscheinlich nicht zum letzten Mal wegnehmen. Vielleicht passiert es sogar in den nächsten Minuten gleich noch mal. Also folgt der nächste Schritt: In unserem Fall kommt das Spielzeug weg, denn das Kind soll ja lernen, nicht mehr so egoistisch zu sein.
Das ist so die typische Elternreaktion und dann ist erst einmal Ruhe im Karton, oder?
Ja genau, dann ist erst mal Ruhe. Aber hat mein Kind jetzt gelernt, weniger egoistisch zu sein? Nein, es hat zwar etwas gelernt, aber etwas ganz anderes. Zum Beispiel, dass nur genug Druck und Kontrolle ausgeübt werden muss, um jemand anderen zu dem zu bringen, was ich möchte.
Vielleicht hört das Kind auch tatsächlich auf, jemandem etwas wegzunehmen. Aber ganz sicher nicht, weil es begriffen hat, dass Wegnehmen nicht in Ordnung ist, eher weil es Angst hat vor mehr Druck, Drohung oder Strafe.
Das Kind wurde hier nicht im Herzen erreicht. Es hat nicht verstanden, worum es eigentlich geht. Es hat auch keine Hilfestellung bekommen, wie es das Bedürfnis nach Spielen, die Lust auf gerade dieses Spielzeug oder was auch immer hinter der Handlung stand, anders hätte lösen können.
Zudem werden seine Gedankengänge aufgrund seiner fehlenden Gehirnreife in etwa so aussehen: „Oh Mann, meine Mama hat mir mein Spielzeug weggenommen. Ich verstehe gar nicht warum. Ich bin so traurig, dass mein Spielzeug weg ist.“
Es dreht sich nur um sich selber, und das ist Egoismus vom Feinsten.
Jaja, aber ich höre unsere Hörer jetzt schon fragen: „Ja, wie soll ich es denn machen? Das ist doch das, was am effektivsten ist, oder?“
Zwar eine schnelle und praktische Lösung, aber um welchen Preis?
Möglichkeit zwei könnte vielleicht so aussehen: Ich knie mich zu meinem Kind und sage: „Hey, du hast dem Lars gerade das Spielzeug weggenommen. Du möchtest unbedingt damit spielen, oder?“
Vermutlich kommt ein extrem überzeugtes „Ja, Mama!“
Ich könnte dann wiederum antworten: „Das verstehe ich, das sieht richtig toll aus. Nur kannst du es nicht einfach wegnehmen. Wir fragen, wenn wir etwas haben wollen, und warten die Antwort ab. Komm, wir geben es gemeinsam zurück.“
Ich kann also Möglichkeiten aufzeigen, was es das nächste Mal tun könnte, wenn es ein Spielzeug haben möchte, das ein anderes Kind hat.
So gebe ich meinem Kind Hilfestellung und habe auch im Blick, dass mein Kind noch unreif ist. Es war sicher nicht die letzte Situation, in der ich meinem Kind helfen muss, nicht so egoistisch zu sein – in unserem Fall jetzt einfach ein Spielzeug wegzunehmen, das es unbedingt haben möchte.
Ich finde, hier können wir Eltern einfach ein bisschen gelassener werden, denn Verstehen und Lernen sind Prozesse, die nicht von heute auf morgen funktionieren.
Erziehung ist ein Prozess, der seine Zeit braucht. Unsere Kinder sind keine Automaten, in die wir etwas reinwerfen und aus denen dann die passende Reaktion herauskommt.
Wir dürfen diese Situationen als Lernfeld sehen. Wir dürfen sie nutzen, geduldig, liebevoll und immer wieder zu lehren, wie sich ein Kind verhalten kann, so dass es Gott gefällt.
Gott hat uns Eltern nicht dazu berufen, Ankläger unserer Kinder zu sein. Er hat uns dazu berufen, ihre Fürsprecher zu sein – liebevolle und weise Eltern.
Es ist unsere Aufgabe, unseren Kindern die Worte und Wege des christlichen Lebens mitzugeben, so dass sie, wenn sie errettet sind, selbst auf diesem Weg weitergehen können.
Das hört sich gut an, richtig gut, aber es ist anstrengend, oder? Ja, mein Mann und ich merken tatsächlich immer wieder, wie anstrengend dieser Weg der Erziehung sein kann. Es scheint ja oft viel einfacher und schneller, einfach Anweisungen zu geben. Wenn diese nicht befolgt werden, folgt meist eine Strafe oder Sanktion.
Doch weil wir als Erwachsene der reifere Part in dieser Erziehungsbeziehung sein sollten, dürfen wir in die Eigenverantwortung kommen. Was steht hinter unseren Ansichten und unserem Umgang mit unseren Kindern? Warum löst dieses oder jenes Verhalten unserer Kinder so viel in uns aus? Sich zuerst mit sich selbst, den eigenen Denkmustern und Glaubenssätzen auseinanderzusetzen und sie zu hinterfragen, ist anstrengend und sehr zeitintensiv.
Festzustellen, dass man selbst unendlich viel Veränderung und dabei die Gnade Gottes benötigt, ist hart und schmerzhaft. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Gleichzeitig sind wir beide wirklich dankbar, dass Gott uns auf diesen Weg geführt hat und begleitet. Wir merken, dass wir mehr und mehr frei werden von dem Druck, der aufgrund von Prägung und Tradition im Umgang mit unseren Kindern auf uns lastet.
Die Beziehung zu unseren Kindern wird dadurch gefestigt und vertrauensvoll. Wir merken, wie viel Freude die ehrliche Auseinandersetzung mit Gottes Wort und dem, was es uns rund um das Thema Erziehung zu sagen hat, schafft. Wir dürfen erfahren, dass die Erziehung unserer Kinder uns selbst sehr viel lehrt und persönliche Veränderung bereithält – wenn wir offen dafür sind.
Wir dürfen Gott mehr und mehr begreifen, ihn in und durch uns wirken lassen und aus seiner Fülle schöpfen – für den Umgang und die Begleitung unserer Kinder. Wir lernen, auf seine Gnade zu setzen und auf seine Führung zu vertrauen.
Vielen Dank, Antonia, dass du uns auf diese Bibelverse aufmerksam gemacht hast, die davon sprechen, dass Kinder unmündig sind und manche Dinge noch gar nicht so umsetzen können, wie wir es uns wünschen. Als Eltern sollen wir sie anleiten, wie sie Gott finden und mit ihm leben können.
Das fand ich besonders wichtig: Es geht dabei um die Veränderung ihres Herzens und eben nicht nur ihres Verhaltens. Nicht selten erkennen wir uns ja selbst in unseren Kindern wieder, also dass sie unser Spiegelbild sind.
Deshalb ist es wichtig, mit Gottes Gnade zu rechnen, wie du es gesagt hast – für uns persönlich und auch für unsere Kinder. Ja, wir sollen sie immer wieder geduldig an die Hand nehmen und im übertragenen Sinn zu Jesus führen.
Ja, das war er wieder, der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls mitnehmen, was ihr in der Erziehung eurer Kinder noch besser machen könnt.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gern unter podcast@efa-stuttgart.de. Wir wünschen euch Gottes Segen und dass ihr seine Gnade ganz praktisch in eurem Alltag erlebt.