Mit Schwäche leben – fünf Impulse aus dem Wort Gottes, die dich im Glauben wachsen lassen. Theologie, die dich praktisch in der Nachfolge begleitet, dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Schwäche. Menschen und Umstände setzen uns oft zu.
Eine Podcast-Reihe über Schwäche.
Grenzen erkennen und sich selbst barmherzig begegnen
Thema gestern: Jeder kommt an seine Grenzen. Wehe, wenn wir dann aus Schwäche Schuldgefühle bekommen oder ein schlechtes Gewissen, weil wir nicht noch mehr geben können.
Dann ist wirklich Nüchternheit angesagt. Nüchternheit und die Gewissheit, dass Gott uns kennt und Treue belohnt. Niemand muss mehr geben, als Gott ihm gegeben hat.
An dieser Stelle lasse ich alle Gedanken rund um Faulheit, dumme Lebensplanung und Sünde einfach weg. Natürlich kann ich mich auch selbst schwächen, aber das ist diese Woche nicht mein Blickwinkel.
Ich möchte diejenigen ermutigen, die Gott lieben und dabei an ihre Grenzen stoßen.
Der erste Punkt von gestern war: Gehe barmherzig mit dir um. Bleibe humorvoll und realistisch. Du brauchst dir nicht mehr Verantwortung aufzuladen, als Gott dir gegeben hat.
Gott kennt dein Herz. Fang bloß nicht an, dich zu vergleichen und dich als Niete zu fühlen, obwohl du alles gegeben hast.
Schwäche durch äußere Umstände und Menschen erleben
Heute mit Schwäche leben – Teil zwei: Weil Menschen und Umstände mir zusetzen
Schwäche ist nicht immer ein Produkt meiner eigenen Kraftlosigkeit. Wer sein eigenes Potenzial ausschöpfen will, wird häufig nicht nur durch körperliche Erschöpfung ausgebremst, sondern auch durch Menschen – Menschen, die es nicht immer gut mit ihm meinen.
Ein Beispiel dafür ist ein junger gläubiger Mann, der genau das erlebt hat: dass man ihm die Jugend stiehlt, weil man ihn hasst. Dieser Mann ist Joseph.
Es geht mir hier also um Schwäche, die nicht so sehr eine körperliche Erfahrung ist – wie Erschöpfung oder Ausgelaugtsein – sondern um Schwäche als emotionale Erfahrung. Es ist das Gefühl des Eingeengtseins, des Ausgegrenztwerdens und des Betrogenwerdens um Entfaltung und Entwicklung.
Und genau das hat Joseph erfahren.
Josephs Geschichte als Beispiel für erlittene Schwäche
Die Geschichte ist wahrscheinlich halbwegs bekannt. Joseph ist der Sohn von Rahel, der Lieblingsfrau seines Vaters Jakob. Jakob hängt deshalb mit besonderer Liebe an diesem Jungen. Das wiederum führt dazu, dass seine Brüder ihn ablehnen.
Sie überlegen, wie sie ihn umbringen können, verkaufen ihn dann aber nur in die Sklaverei. Was für ein Schicksal! Joseph ist zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt. Die darauf folgenden dreizehn Jahre verbringt er als Sklave, teils in einem Privathaus, teils aufgrund einer falschen Anklage im Gefängnis.
Man könnte völlig zu Recht sagen: Um seine Jugend betrogen. Stimmt, hier ist jemand schwach – nicht weil er es will, sondern weil Menschen ihn loswerden, betrügen und vergessen wollen.
Umgang mit Ungerechtigkeit und Versuchung zur Rache
Was ist die große Gefahr, wenn wir Ungerechtigkeit erleben, die uns Kraft und Zukunft raubt? Die Antwort lautet: Rache.
Konfrontiert mit der Bosheit von Menschen regt sich sofort in uns die Sünde mit dem Gedanken: „Das werde ich ihm oder ihr heimzahlen.“ Ein solcher Gedanke ist natürlich falsch. Das gilt übrigens schon im Alten Testament.
In Sprüche 24,29 heißt es: „Sage nicht: Wie er mir getan hat, so will ich ihm tun; ich will jedem vergelten nach seinem Tun.“ Ihr habt richtig gehört. Hier steht: Sage nicht so etwas. Wir sind gerade nicht diejenigen, die anderen das Böse vergelten. Wir sind diejenigen mit dem Segen.
Im 1. Petrus 3,9 heißt es: „Und vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Beschimpfung mit Beschimpfung, sondern im Gegenteil, segnet, weil ihr dazu berufen worden seid, dass ihr Segen erbt.“
Also sind wir die mit dem Segen.
Vertrauen auf Gottes Führung trotz widriger Umstände
Aber das ist heute nicht unser Thema, sondern das Schwachsein. Menschen setzen mir zu, und ich muss mit Einschränkungen und Schwäche leben. Wie soll ich damit umgehen?
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Ich muss aufhören, mir zu viele Gedanken über meine Lebensumstände zu machen. Wenn Menschen mich in meiner Entwicklung behindern – egal, ob es die Eltern sind, die sich nicht um mich kümmern, oder die Brüder von Joseph, die ihn einfach in die Sklaverei abschieben – spielt das keine Rolle.
Egal, was Menschen tun, wenn ich mit Gott unterwegs bin, gibt es jemanden, der mit mir ist. Einen, dem ich nicht egal bin. Deshalb hört euch diesen genialen Vers an.
Wir sind ganz am Ende der Geschichte. Joseph ist inzwischen ägyptischer Premierminister, und die Brüder haben zu Recht Angst, dass er sich rächen könnte. Tut er natürlich nicht, aber die Begründung sollten wir uns merken.
Im 1. Mose 50,20 sagt Joseph zu seinen Brüdern: „Ihr zwar hattet Böses gegen mich beabsichtigt, Gott aber hatte beabsichtigt, es zum Guten zu wenden, um zu tun, wie es an diesem Tag ist, ein großes Volk am Leben zu erhalten.“
Wenn Menschen mir zusetzen und mich um meine Zukunft betrügen – so scheint es ja bei Joseph – dann haben sie über die Bedeutung meines Lebens nicht das letzte Wort. Das letzte Wort hat mein Vater im Himmel.
Die Kraft des Vergebens und Annehmens des Lebensweges
Und wir tun gut daran, wenn wir uns nicht rächen, wenn wir unseren Lebensweg so annehmen, wie er ist, und wenn wir nicht ständig davon träumen, was alles hätte anders und vermeintlich besser sein können.
Solange wir Gott vertrauen, ist nichts und niemand in der Lage, Gott davon abzuhalten, die Welt durch uns mit dem Segen zu segnen, den Gott in unser Leben hineingelegt hat. Diese Lektion wird umso wichtiger, je mehr wir begreifen, was der Prediger so formuliert hat: Prediger 9,11.
Und ich wandte mich um und sah unter der Sonne, dass nicht die Schnellen den Wettlauf gewinnen, noch die Starken die Schlacht, dass nicht die Weisen das Brot erlangen, auch nicht die Verständigen den Reichtum, noch die Erfahrenen Gunst, denn sie sind alle von Zeit und Umständen abhängig.
Der Prediger will sagen, dass wir alle dem Einfluss von Zeit und Umständen ausgeliefert sind. Es sind eben nicht nur Menschen, die mir zusetzen, sondern die Wechsel der sogenannten Schicksale.
Und plötzlich habe ich Long Covid oder werde kurz vor der Hochzeit verlassen – oder von meinem Chef hintergangen.
Aber es ist nicht unsere Aufgabe, unser Leben zu verstehen, sondern es ist unsere Aufgabe, Gott zu vertrauen, egal ob es rauf oder runter geht.
Persönliche Erfahrung mit Schwäche und Gottes Führung
Und so möchte ich diese Episode mit dem Moment größter Schwäche in meiner Schulzeit abschließen: meiner Abiturprüfung in Chemie. Es war die letzte Prüfung, und Chemie war mein bestes Fach. Ich war mir sicher, dass ich die Prüfung mit einer Eins plus bestehen würde. Doch es kam ganz anders.
In der mündlichen Prüfung hatte ich meinen ersten und einzigen Blackout während meiner gesamten Schulzeit. Am Ende erhielt ich gerade noch eine Drei. Ich war am Boden zerstört. Aber Gott wusste, was er tat.
Diese eine Prüfung führte zu einem deutlich schlechteren Abiturdurchschnitt. Das bedeutete, dass ich wegen des Numerus Clausus nicht in Tübingen, sondern in Berlin studieren musste – einem Ort, an den ich nie wollte.
Doch hier zeigt sich, dass Gott nie einen Fehler macht. In Berlin habe ich mich bekehrt, dort habe ich eine Gemeinde gegründet und zusammen mit meiner Frau eine geistliche Berufung gefunden.
Ist das nicht verrückt? Der schwächste Moment meiner Schulzeit, den ich als absolutes Desaster empfand, wurde zum Grundstein für meinen geistlichen Dienst.
Vertrauen und Segen trotz Schwäche
Und deshalb lasst uns diese eine Lektion lernen: Wenn Gott will, lässt er aus jeder Schwäche seinen Segen fließen. Wir müssen nur eines tun: ihm vertrauen.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest Gott, in Anlehnung an Epheser 5,20, für ein paar Momente der Schwäche in deinem Leben danken.
Das war's für heute. Überlege dir doch, wie du Geschwister ermutigen kannst, denen Zeit und Umstände gerade mächtig zusetzen.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
