Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 184: Eine bessere Gerechtigkeit – Teil I.
Einleitung: Der Vorwurf gegen Jesus und die Frage der Gerechtigkeit
Was steckt eigentlich hinter dem Vorwurf an den Herrn Jesus, dass er das Gesetz und die Propheten auflösen würde? Dahinter verbirgt sich natürlich ein Konflikt. Es gibt Menschen, die mit ihm und seiner Art Probleme haben.
Bei Vorwürfen ist es meist so, dass sie in erster Linie der Diskreditierung dienen. Doch was steckt wirklich dahinter?
Es steckt ein bestimmtes Denken über Gerechtigkeit dahinter, mit dem der Herr Jesus nichts anfangen kann, weil es nicht wirklich gerecht macht.
Die Forderung nach einer höheren Gerechtigkeit
Matthäus 5,20: Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit über die der Schriftgelehrten und Pharisäer hinausgeht, werdet ihr keinesfalls in das Reich der Himmel kommen.
Gott ist heilig, und sein Anspruch an die Gläubigen ist Heiligkeit. Er verlangt Gerechtigkeit. Wenn Jesus hier sagt, dass eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer weit übertreffen muss, um in das Himmelreich zu gelangen, dann dürfte dies seine Zuhörer sehr überraschen.
Man muss sich die Schriftgelehrten und Pharisäer als Experten in Sachen Gerechtigkeit vorstellen. Sie sind gewissermaßen Berufsgerechte, die sich ein Leben lang mit Fragen des Gesetzes beschäftigen. Ihnen war es wichtig, genau zu wissen, was erlaubt und was verboten ist.
Die Überlieferungen der Ältesten und der Sicherheitszaun um die Gebote
Und dabei sind sie nicht allein geblieben. Zusätzlich zu den Geboten der Bibel entwarfen sie ein System weiterer Gebote, die sogenannten Überlieferungen der Ältesten. Diese zusätzlichen Gebote hatten das Ziel, die Gebote Gottes zu konkretisieren.
Ihr Anliegen war eigentlich sehr nobel: Die neuen Gebote sollten eine Art Sicherheitszaun um die alten Gebote bilden. Mehr Gebote bedeuteten für sie mehr Gerechtigkeit. So war ihr Denken.
Dumm nur, dass Salomo es anders formulierte: „Sei nicht allzu gerecht und gebärde dich nicht übermäßig weise. Wozu willst du dich zugrunde richten? Es gibt ein Zuviel an Gerechtigkeit.“
Das klingt irgendwie komisch, aber die Pharisäer zeigen uns deutlich, wohin es führt, wenn man neue Gebote aufstellt, weil einem Gottes Anspruch nicht genügt. Wenn mir Gott mit seinen Geboten irgendwie nicht gerecht genug ist oder nicht weit genug geht.
Selbstgerechtigkeit als Folge eines falschen Gerechtigkeitsverständnisses
So ein Verhalten führt nämlich nicht zu mehr Gerechtigkeit, sondern zur Selbstgerechtigkeit. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir verstehen müssen. Wer gerechter sein will als Gott, landet in der Selbstgerechtigkeit.
Ich muss mich im Leben entscheiden: Will ich den Weg der Selbstgerechtigkeit gehen oder den Weg der Glaubensgerechtigkeit? Das sind zwei mögliche Alternativen. Der eine Weg führt ins Verderben, der andere ins Reich der Himmel.
Dabei ist der Selbstgerechte, was man gut an den Pharisäern und Schriftgelehrten sehen kann, kein Atheist. Oft ist er sogar besonders streng religiös. Er lebt in den Augen seiner Zeitgenossen ein besonders gerechtes Leben. Nur seine Definition von Gerechtigkeit ist falsch.
Für ihn ist Gerechtigkeit das Ergebnis von Gehorsam: Ich halte alle Gebote und deshalb bin ich gerecht.
Gerechtigkeit durch Glauben statt durch Gehorsam
Auf den ersten Blick klingt das auch nicht falsch, wäre da nicht Abraham, von dem es heißt in 1. Mose 15,6: „Und Abram glaubte dem Herrn, und er, das ist Gott, rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.“
Gerechtigkeit, so wie Gott sie gern hätte, hängt also nicht am Gehorsam, sondern am Glauben, am Vertrauen.
Gerechtigkeit ist dann eben auch nichts, was ich mir erarbeite, sondern etwas, das mir angerechnet wird – angerechnet für den Glauben, nicht für meine Leistung.
Die Funktion des Gesetzes und die Erkenntnis der Sünde
Wo liegt das Problem der Selbstgerechtigkeit? Im Wesentlichen darin, dass sie die Gebote als ein Mittel versteht, um gerecht zu werden. Das sind sie aber nicht und waren sie auch nie.
In Römer 3,20 heißt es: "Denn es steht fest, dass mit Taten, wie sie das Gesetz verlangt, kein Mensch vor Gott als gerecht bestehen kann." Durch das Gesetz lernen wir erst die ganze Macht der Sünde kennen. Das Gesetz ist gut, aber es ist nicht dazu da, uns zu rechtfertigen. Es ist dazu da, Sünde zu entlarven.
Die Gebote in der Bibel sollen uns mit unserer Hilflosigkeit konfrontieren. Sie zeigen uns, dass wir es allein aus uns heraus nicht schaffen. Wir brauchen einen Retter.
Die Gefahr der Verwässerung der Gebote durch Selbstgerechte
Und was tun die Selbstgerechten? Sie verändern die Gebote so lange, bis diese ihre Kraft verlieren. Sie sorgen dafür, dass die Gebote keine Sünde mehr offenbaren und uns nicht mehr mit Gottes Heiligkeit konfrontieren.
Stattdessen entwerfen sie ein religiöses System, das letztlich nur sie selbst durchschauen. Dieses System hat die Aufgabe, die Gebote zu zähmen und so zu definieren, dass man sie einhalten kann.
Auf diese Weise werden diese neuen Pseudogebote ihr Weg zur Gerechtigkeit. Es ist der Weg zu einer selbstgemachten Gerechtigkeit aus dem Gesetz, wie Paulus es nennen würde – ein Weg, den er als ehemaliger Pharisäer, der beide Seiten gut kennt, kritisch betrachtet.
Paulus’ Perspektive auf Gerechtigkeit durch Glauben
Der Apostel schreibt deshalb in Philipper 3,8-9: „Ja wirklich, ich halte auch alles für Verlust um der unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu meines Herrn willen, um dessen Willen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck halte, damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde.
Und jetzt kommt es: Ich habe nicht meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben an Christus – die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens.“
Ich hoffe, wir verstehen, was Paulus sagen will. Christus gewinnen, mit diesem Herrn leben dürfen – das ist das Größte im Leben eines Paulus. Die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus setzt Glaubensgerechtigkeit voraus.
Paulus formuliert: „indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist.“ Das war das Denken des Pharisäers Paulus. Gerecht werden durch das möglichst strikte Einhalten von Geboten, gerne auch mal von selbstgemachten. Aber so wird man eben nur selbstgerecht, nicht gerecht.
Deshalb fährt er fort: „sondern die Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens.“
Merkt ihr, wir haben hier zwei Gerechtigkeiten vor Augen: eine aus dem Gesetz, bei der ich mich anstrenge, und eine aus Glauben – die Gerechtigkeit, die auch Abraham erfahren hat, eine Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens.
Der Denkfehler der Pharisäer und die Herausforderung durch Jesus
Der zentrale Denkfehler der Pharisäer bestand darin, zu glauben, dass Gerechtigkeit etwas ist, das man selbst schaffen kann. Sie dachten, Gerechtigkeit entstehe aus Disziplin, Fleiß, Selbstverleugnung, Nachdenken und ähnlichen Anstrengungen.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten hielten nicht nur an diesem Gedanken fest, sie setzten ihr Konzept auch praktisch um. Dadurch galten sie in den Augen der anderen als Heilige. Doch in den Augen Gottes waren sie das nicht.
Dann kam dieser freche Rabbi aus Nazareth und verurteilte sie für ihre Selbstgerechtigkeit, ihre falsche Auslegung der Gebote, ihre Habgier und Heuchelei. Was erlaubte er sich! Hier stand die theologische Elite mit politischem Einfluss bis ganz nach oben – und sie standen mit dem Rücken zur Wand.
Denn der Herr Jesus war nicht Teil ihres Systems. Er duckte sich nicht weg und machte auch nicht mit. Im Gegenteil: Von seinen Jüngern forderte er eine Gerechtigkeit ein, die die der Schriftgelehrten und Pharisäer weit übertraf.
Abschluss: Die Entscheidung zwischen Selbstgerechtigkeit und Glaubensgerechtigkeit
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, wo sich in deinem Leben noch Reste von Selbstgerechtigkeit finden.
Das war's für heute.
Hast du schon einen Plan für zwei oder drei gute geistliche Bücher, die du im nächsten Jahr lesen möchtest? Welche Themen möchtest du angehen?
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.