Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 322: Jesus in my House
Einführung in die Aussendung der Jünger und die Bedeutung von Matthäus 11,1
Jesus hat also seine Jünger ausgesandt. Zu zweit sind sie losgezogen, um das Evangelium vom Reich Gottes zu predigen, böse Geister auszutreiben und Kranke zu heilen.
Dann endet dieser Abschnitt mit dem Vers.
Die richtige Deutung von Matthäus 11,1 und die Gefahr falscher Auslegungen
Matthäus 11,1: „Und es geschah, als Jesus seine Befehle an seine Jünger vollendet hatte, ging er von dort weg, um in ihren Städten zu lehren und zu predigen.“
Dieser Vers ist einerseits ein literarischer Marker im Matthäusevangelium. Das Matthäusevangelium besteht aus einer Abfolge von Handlungsblöcken und Reden. Die Redeblöcke enden häufig mit der Formulierung „als Jesus diese Reden oder Befehle oder Worte beendet hatte“. Hier ist also ein Redeblock zu Ende.
Für mich hat dieser Vers jedoch noch eine weitere Bedeutung, die mit einer meiner frühesten Erfahrungen in der Gemeinde zu tun hat. Dazu muss man wissen: Ich bin religiös aufgewachsen. Für mich bedeutete das jedoch hauptsächlich, dass ich den Kindergottesdienst besucht habe und später halbwegs bewusst an der Konfirmation teilnahm. Obwohl ich offen für Gott war, habe ich als Jugendlicher das Evangelium in seiner ganzen Tiefe nicht verstanden.
Ich weiß eigentlich nicht genau, warum das so war, aber ich vermute heute, dass mir Vorbilder gefehlt haben. Zwar war mein Pfarrer engagiert, uns Konfirmanten etwas vom Glauben beizubringen, aber letztlich war das, was dort in der evangelischen Kirche angeboten wurde, doch eher Sozialarbeit als gute biblische Belehrung.
Später, zu Beginn meines Studiums, fand ich Zugang zu einer freien Gemeinde, in der es üblich war, gemeinsam die Bibel zu studieren. Ganz ehrlich: Das war meine Rettung im wahrsten Sinne des Wortes.
Matthäus 11,1: „Und es geschah, als Jesus seine Befehle an seine Jünger vollendet hatte, ging er von dort weg, um in ihren Städten zu lehren und zu predigen.“
Ich erinnere mich noch, dass dieser Vers von einer Verantwortlichen beim Abendessen zitiert wurde. Daraus wurde dann dieses Prinzip abgeleitet: Wenn du dich ganz in der Gemeinde engagierst, wird Gott sich um die geistliche Entwicklung deiner Familie kümmern.
Warum ist diese Auslegung falsch?
Es geht hier nicht darum, dass Jesus sich um die Familien der Jünger kümmert. Es geht nur darum, dass er in ihren Städten weiterhin das tut, nämlich lehren und predigen, was er auch vorher schon getan hat. Wenn Jesus seine Jünger aussendet, dann natürlich nicht in ihre Heimatdörfer. Es geht ihm ja gerade darum, andere Landstriche zu erreichen. Gerade auch solche, in denen es für ihn als Person vielleicht schon nicht mehr ganz so sicher war, dort zu predigen.
Es ist wichtig, dass wir das gut verstehen. Matthäus 11,1 sagt nichts über die Familien der Jünger und nichts darüber, ob Jesus sich mit ihnen trifft und sich um sie kümmert. Dass es solche Begegnungen gab, ist übrigens klar. Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus. Und die Mutter von Jakobus und Johannes hat kein Problem damit, Jesus um einen großen Gefallen zu bitten.
Es gab Begegnungen, und bestimmt war der Herr Jesus auch daran interessiert, gerade die Familien seiner Jünger mit dem Evangelium zu erreichen. Nur darum geht es hier in Matthäus 11,1 nicht.
Wer aus der Aussendung der Zwölf das Prinzip ableitet: „Wenn du dich ganz in der Gemeinde engagierst, dann wird Gott sich um die geistliche Entwicklung deiner Familie kümmern“, der nimmt eine künstliche Trennung zwischen Gemeindedienst und Dienst an der Familie vor.
Die Problematik der Trennung von Gemeindedienst und Familienverantwortung
Gemeindedienst umfasst Aufgaben wie Predigen, Evangelisation, Hauskreisarbeit oder Gemeindeorganisation. Familie hingegen nimmt neben dem Beruf den übrigen Teil des Lebens ein.
Ich halte eine solche Trennung nicht nur für künstlich, sondern auch für wirklich problematisch. Problematisch ist sie, weil sie das Leben in wichtige und weniger wichtige Bereiche unterteilt. Nach dieser Theorie darf man die weniger wichtigen Bereiche vernachlässigen, solange man sich um die wichtigen kümmert.
In der Praxis führt das oft dazu, dass gerade Männer sich so stark in Gemeinde und Evangelisation engagieren, dass die eigene Familie darunter leidet.
Was ist davon zu halten? Antwort
Die biblische Antwort auf Vernachlässigung der Familie
Gar nichts.
1. Timotheus 5,8: Wenn aber jemand für die Seinen und besonders für die Hausgenossen nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger.
Wenn ich mich nicht um die Bedürfnisse meiner Familie kümmere – hier geht es im Text ganz banal um die Bedürfnisse meiner alten Mutter beziehungsweise Schwiegermutter – wenn ich mich nicht angemessen um die Menschen in meiner Familie kümmere, die Gott mir anvertraut hat, dann verleugne ich den Glauben. Dann streicht mein Leben die Behauptung durch, dass ich gläubig bin.
Es verwundert daher auch nicht, dass in der Gemeinde nur solche Männer an der Leitung beteiligt sein sollen, die sich gut um ihre Familie kümmern. Wer seiner Familie nicht gut vorsteht, der hat in Leitungsverantwortung nichts verloren. Paulus fragt zu Recht: Wenn aber jemand dem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen?
Und das Problem ist sogar noch größer, denn Gott erhört das Gebet von Männern, die mit ihren Frauen grob und unehrerbietig umgehen, nicht. Was für Männer gilt, gilt natürlich auch für Frauen.
Wenn ich schon denke, dass es unterschiedlich wichtige Lebensbereiche gibt, dann müsste ich der Familie mehr Gewicht geben als der Gemeinde. Und...
Die Gefahr einer falschen Prioritätensetzung im geistlichen Leben
Lasst mich noch einen letzten Punkt ansprechen. Der Satz „Wenn du dich ganz in der Gemeinde engagierst, dann wird Gott sich um die geistliche Entwicklung deiner Familie kümmern“ ist für die eigene geistliche Entwicklung sogar schädlich.
Warum? Weil dieser Satz den Fokus meines geistlichen Lebens verschiebt. Er lenkt die Aufmerksamkeit weg von meiner charakterlichen Entwicklung hin zu dem Einsatz, den ich in Form von Predigten, Besprechungen, Baueinsätzen, Musikbeiträgen, Jugendstunden und so weiter leiste.
Ich kann hier aus eigener leidvoller Erfahrung sprechen, weil ich selbst ein „Macher“ bin, der viel in der Gemeinde mitgearbeitet und vorangebracht hat. Ich weiß, dass mir das als junger Christ nicht gutgetan hat.
Gott möchte zuerst unseren Charakter verändern. Der Heilige Geist will uns in das Bild Christi verwandeln. Erst in dieser Reihenfolge sind wir fit für die Mitarbeit – nicht umgekehrt.
Zusammenfassung und praktische Anwendung
Um die drei Punkte noch einmal zusammenzufassen: Es gibt keine Verheißung, dass fleißige Gemeindearbeit auf wundersame Weise dafür sorgt, dass meine Frau glücklich und meine Kinder gläubig werden.
Vielmehr ist es so, dass mich mein intelligenter und liebevoller Umgang mit den Bedürfnissen meiner Familienmitglieder erst für den Gemeindedienst qualifiziert. Gerade wenn ich jemand bin, der gern anpackt, sollte ich besonders darauf achten, dass ich charakterliche Defizite wahrnehme und sie auch wirklich mit Gottes Hilfe angehe.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, ob du über Fehlentwicklungen in deinem Leben Buße tun solltest. Musst du vielleicht Menschen um Vergebung bitten?
Das war's für heute. Auch wenn Gemeindedienst keine Ausrede sein darf, um die Familie zu vernachlässigen, gilt die Frage: Bringst du dich in der Gemeinde ein? Dann wirst du mit deinen Gaben zum Segen.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
