Einführung: Der Übergang zwischen Diesseits und Ewigkeit
Wir hören auf den Predigttext, den wir im zweiten Korintherbrief, Kapitel fünf, finden, also 2. Korinther 5,1-10.
Denn wir wissen: Wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird, haben wir im Himmel einen Bau von Gott, ein Haus, das nicht mit Händen gemacht ist und ewig besteht.
In diesem Zelt seufzen wir vor Sehnsucht danach, mit unserer himmlischen Behausung überkleidet zu werden – sofern wir bekleidet und nicht unbekleidet gefunden werden.
Denn wir, die wir in diesem Leibeszelt sind, seufzen und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, sodass das Sterbliche vom Leben verschlungen wird.
Der uns aber hierzu bereitet hat, ist Gott, der uns auch das Unterpfand des Geistes gegeben hat.
Darum sind wir allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leib daheim sind, sind wir nicht daheim beim Herrn. Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen.
Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein.
Darum suchen wir auch unsere Ehre darin, dass wir ihm wohlgefallen, sei es daheim oder nicht daheim.
Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder das empfängt, was er durch den Leib gewirkt hat, sei es gut oder böse.
So, jetzt sind wir auf Sendung. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Lasst uns noch einmal beten: Herr, nun bitten wir dich, der du die Wahrheit bist, heilige uns in der Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
Der Sonntag an der Grenze: Zwischen Leben und Tod
Liebe Gemeinde,
heute feiern wir den Sonntag an der Grenze. Es ist der letzte Sonntag im alten Kirchenjahr, das nun wieder zu Ende geht. Er markiert die Grenze zwischen dem Ewigkeitssonntag und dem Ersten Advent. Nächsten Sonntag beginnt dann das neue Kirchenjahr.
Der Sonntag an der Grenze steht in Ihren Terminkalendern meist als Totensonntag, also als der Sonntag an der Grenze zwischen Leben und Tod. Viele werden heute den Friedhof besuchen, um Blumen auf die Gräber ihrer Lieben zu legen.
Wir hoffen, dass dieser Sonntag auch für uns als BEG – wenn ich das so sagen darf – ein Grenzerlebnis wird. Es ist der letzte Sonntag im Zelt, bevor wir am kommenden Sonntag endlich die Grenze zu unserem Kirchengebäude überschreiten dürfen, um dort den Ersten Advent zu begrüßen.
Darauf hoffen wir und gehen zuversichtlich in die Gespräche der kommenden Woche. Viele von Ihnen, die das jetzt hören, haben kräftig mitgeholfen und uns in dieser schwierigen Situation freundlich den Rücken gestärkt. Das geschah durch E-Mails, durch die Weiterverbreitung unserer Videos, durch Telefonate, durch Spenden und durch Einmischung in die öffentliche Diskussion.
Dafür danken wir Gott und auch Ihnen allen sehr.
Die Perspektive des Glaubens: Unterwegs zum Himmel
Vom Thema her ist es eigentlich nicht verkehrt, dass wir den Ewigkeitssonntag noch im Zelt verbringen. Dieser Tag erinnert die Christenheit in der ganzen Welt daran, dass wir uns hier in dieser Welt nicht dauerhaft einrichten sollen. Vielmehr sind wir realistisch betrachtet unterwegs – und zwar mit einem klaren Ziel.
Wir sind unterwegs zum Himmel. Das ist unser Thema heute Morgen: Unterwegs zum Himmel. So klingt es uns in der ganzen Bibel entgegen. Im Hebräerbrief 13 heißt es: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen.“ Wir sind unterwegs.
Paulus sagt im Philipperbrief Kapitel 3: Unser Bürgerrecht ist im Himmel. Und dorthin geht es, das ist die Richtung – unterwegs zum Himmel.
Genauso wird es uns auch in unserem Predigttext heute Morgen zugerufen, aus 2. Korinther 5,1: „Denn wir wissen, wenn unser irdisches Haus, dieses Zelt, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“
Die Metapher des Zeltes: Vergänglichkeit und Hoffnung
Und Sie haben es gehört: Der Apostel vergleicht unsere menschlichen Körper mit einem Zelt, im Griechischen „Skenos“. Das sagt er bereits in Vers 1 und wiederholt es in Vers 4. Solange wir in diesem Zelt sind, seufzen wir.
Damit meint er nicht einfach irgendein Zelt, sondern das Zelt unseres sterblichen Körpers. Dieses Zelt leistet uns zwar noch gute Dienste, doch es ist keine dauerhafte Sache. Ein Zelt, selbst wenn es gründlich befestigt, verschweißt, geheizt und überprüft ist, bleibt immer ein Zelt – und damit verletzlich.
Wir spüren die Stürme des Lebens und sind umso dankbarer, wenn Gott uns heute wieder mit herrlichem Wetter beschenkt. Das ist wirklich ein Geschenk Gottes.
Die Existenz im Zelt mit all ihren Einschränkungen lässt sich ertragen, wenn man weiß, dass dies nicht das Endgültige ist. Das Zelt ist nicht die Endstation; es wartet etwas auf uns, das viel besser und viel schöner sein wird.
Genau diese Perspektive zeigt Paulus seinen Lesern, die mit Tod und Sterben dieselben Probleme hatten wie wir – die ihre Zeltexistenz am eigenen Leib erfahren mussten. Und...
Die Realität des Leidens und die Hoffnung auf Erneuerung
Wir müssen stets wissen: Dieser Brief richtet sich in seiner griechischen Originalfassung nicht an eine abgeschiedene Gemeinschaft irgendwo im Märchenland. Vielmehr ging dieser Brief zunächst an eine gebeutelte christliche Gemeinde mitten in der vulgären Hafenstadt Korinth, die das Leben in all seinen Facetten kannte. Paulus sagt zu ihnen: Ihr könnt trotzdem getrost sein.
Dabei folgen keine bloßen Durchhalteparolen, sondern es werden Gründe genannt, warum wir getrost sein können. Unser Kapitel beginnt mit einem entscheidenden „Denn wir wissen“. Was wussten die ersten Christen? Was wusste der Apostel? Was will er uns wissen lassen? Hören wir noch einmal in den Anfang hinein:
2. Korinther 5,1-8: Denn wir wissen, wenn unser irdisches Haus, dieses Zelt, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden. Denn dann werden wir bekleidet und nicht nackt befunden.
Solange wir in dieser Hütte sind, in diesem Zelt, seufzen wir und sind beschwert. Denn wir wollen lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden, damit das Sterbliche vom Leben verschlungen werde. Der uns aber dazu bereitete, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Heiligen Geist gegeben hat.
So sind wir denn allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leib wohnen, sind wir fern vom Herrn. Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein beim Herrn.
Die Verheißung des ewigen Hauses: Was wir einmal werden
Versuchen wir, diese Quelle Schritt für Schritt zu entziffern. Als Erstes zeigt Paulus uns, was wir einmal werden.
Das ist das Erste, was Paulus uns offenbart: was wir einmal werden. Wir wissen, dass, wenn unser irdisches Haus, dieses Zelt, abgebrochen wird, wir einen Bau von Gott erhalten.
Dazu verwendet der Apostel hier ausgerechnet eine Metapher, die uns in diesen Wochen auch emotional besonders nahe ist: ein großes, festes, sicher gebautes, schönes Haus. Im Vergleich dazu ist unser jetziger Zustand, unser sterblicher Körper, nicht mehr als ein fragiles, ein zerbrechliches Zelt.
Man kann die Wucht dieses Satzes noch besser verstehen, wenn man sieht, was Paulus unmittelbar davor sagt. Das sollten Sie sich unbedingt noch einmal anschauen, wenn Sie eine Bibel dabei haben. Ich lese es auch noch einmal vor: die drei Verse vor unserem Text, der letzte Teil von Kapitel 4, Verse 16 bis 18.
Dort sagt er: „Darum werden wir nicht müde. Besteht also die Gefahr, müde zu werden? Nein! Denn wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit für uns, die wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ (2. Korinther 4,16-18)
Die Realität des Sichtbaren und die Kraft des Unsichtbaren
Paulus sieht das Problem, vor dem wir stehen, sehr realistisch. Natürlich sind wir alle umgeben von dem, was wir sehen, und das, was wir sehen, wirkt teilweise ziemlich bedrohlich und beängstigend. Als Christen haben wir diese Dinge genauso vor Augen wie unsere nichtchristlichen Zeitgenossen.
Wir sehen die Krankheit, die drohende Arbeitslosigkeit, den Streit in den Familien und die gesamte internationale Situation mit ihrer Anfälligkeit und Zerbrechlichkeit. Das nehmen wir genauso wahr wie andere Menschen. Doch es gibt einen Unterschied: Wir bewerten die Lage nicht so naiv wie die anderen. Wir lassen uns nicht zu dem naturalistischen Fehlschluss verleiten, dass das Greifbare und Sichtbare die entscheidende oder gar die einzige Wirklichkeit sei.
John Newton, der vor seinem Pastorat Kapitän eines Sklavenschiffes war und das Leben in all seinen Facetten kannte, beschrieb die Naivität vieler Menschen mit einem einfachen Bild. Er sagte: Die Menschen dieser Welt sind naiv wie Kinder. Biete einem kleinen Kind einen Apfel und einen Geldschein an – heute würde man vielleicht eine Schokolade und einen Geldschein anbieten – und das Kind wird mit Sicherheit den Apfel wählen.
Verstehen Sie, das Kind wählt mit Sicherheit den Apfel. So denkt der Otto Normalverbraucher. Er hält sich an das, was er sieht, an das, womit er direkt etwas anfangen kann. In den Apfel oder die Schokolade kann er beißen, ein Geldschein ist nur ein Stück Papier. So denkt der normale Mensch: Er will sein Essen, seinen Urlaub, seine äußere Fitness. Das ist alles legitim, aber er denkt, das sei das Leben.
Doch irgendwann sagt Paulus: Der äußere Mensch geht zugrunde, Essen, Urlaub und Fitness vergehen, der Körper wird schwächer, die Lebenszeit wird kürzer. Wir können versuchen, diesen Prozess irgendwie zu verzögern oder etwas auszublenden – aber es kommt. Wer sich nur auf das Diesseits verlässt, bleibt gefangen.
Sogar Bestattungsinstitute werben für ihren Dienst mit diesseitigen äußeren Werten – das ist wirklich bemerkenswert, da der Betroffene ja nichts mehr davon hat, wenn es so weit ist. Zum Beispiel sah ich mitten in Hannover, in der Nähe der Marienstraße, folgende Werbung: "Hochwertige Beerdigung zu niedrigen Preisen." Damit könnte man auch für eine Badezimmereinrichtung oder ein iPhone werben.
Dagegen sagt Paulus in Vers 18: "Wir aber sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, ist zeitlich, also vergänglich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig."
Verstehen Sie? Gott gibt denen, die ihm vertrauen und in seinem Wort Orientierung suchen, eine neue Sichtweise, um diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen.
Die Erneuerung des inneren Menschen und die Überwindung der Trübsal
Paulus sagt in Vers 16: Ja, er hat uns ein neues Leben geschenkt. Der alte Mensch verfällt, wir werden jede Woche älter. Aber der neue Mensch, sagt er, wird von Tag zu Tag erneuert.
Damit meint er mit diesem inneren Menschen unser Leben mit Christus. Wir dürfen ihn besser kennenlernen und immer mehr in seinem Wort verankert werden. Wir werden immer gewisser, dass er bei uns ist und für uns sorgt – auch in allen unseren Schwierigkeiten.
Aber es gibt auch Leid und schwere Tage. Das ist Vers 17. Unsere Trübsal gibt es, die Spannung, die wir aushalten müssen, die Schmerzen, die wir tragen müssen.
Paulus sagt dann weiter in Vers 17: Auf diesem Weg der Bedrängnis führt Gott uns zu einem Ziel, das alle Mühen tausendfach lohnt. Denn die Herrlichkeit, die Gott uns schenkt, ist um ein Vielfaches schöner als das Leid schrecklich war.
So argumentiert Paulus hier. Er sagt also: Verglichen mit dem Großartigen, was Gott uns schenkt, ist die Not leicht. Sie schafft eine ewig und über alle Massen gewichtige Herrlichkeit. Und dagegen ist unsere zeitliche Trübsal und das bedrängende Leid gering.
Das heißt, im Ergebnis haben die Christen nur Vorteile. Das sichtbare Leid ist vergänglich, die Herrlichkeit wird ewig sein.
Und das Gewicht dieser Herrlichkeit ist so stark, sagt Paulus – und er hat wahrlich viel Bedrängnis, viel Verfolgung, viele Schmerzen, viele Schläge und viele dunkle Stunden erlebt. Er sagt, das Gewicht dieser Herrlichkeit ist so groß und so schön, dass dagegen alles Leid uns einmal als leicht erscheinen wird.
Diese realistische Sichtweise haben nur Gottes Kinder: Wir sind realistisch in beide Richtungen, in Richtung Vergänglichkeit und in Richtung Herrlichkeit.
Die biblische Sicht auf Leib und Geist im Gegensatz zum griechischen Dualismus
Wir singen mit Paul Gerhard, der viele eigene Kinder durch frühen Tod verloren hat:
Menschliches Wesen, was ist es gewesen?
In einer Stunde geht es zugrunde,
sobald das Lüftlein des Todes dreimal bläst.
Das wissen wir mit Paul Gerhard. Aber wir wissen auch, was Dwight Moody gesagt hat. Der bekannte Prediger wusste im Oktober 1899, zwei Monate vor seinem Tod, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. In New York sagte Moody:
Eines Tages werdet ihr in den Zeitungen lesen, dass Moody tot ist. Glaubt kein Wort davon, in dem Moment werde ich lebendiger sein als jetzt.
Das wissen wir auch. Und was Paulus hier über die Vergänglichkeit und das ewige Leben sagt, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem griechischen Dualismus zu tun, der damals verbreitet war. Die Griechen sagten: Ja, das Greifbare, das Körperliche, dieser Körper, das ist minderwertig, und das Geistige, das Denkerische, das ist hochwertig. Paulus macht das nicht.
Paulus unterscheidet nicht zwischen leiblich und geistlich. Stattdessen unterscheidet Paulus genau zwischen dem, was für uns zurzeit sichtbar ist, und dem, was für uns zurzeit nicht sichtbar ist.
Was ist sichtbar? Sichtbar ist das äußere Leben, sichtbar sind die irdischen Güter, sichtbar sind Essen, Urlaub, Hobby. Sichtbar ist der Tod vor Augen, sichtbar sind die Gräber auf den Friedhöfen – das ist zeitlich.
Und unsichtbar ist unser neues Leben mit Jesus. Unsichtbar ist die Person Gottes, die sich uns in diesem Wort offenbart, zu der wir im Gebet rufen dürfen, die wir aber noch nicht sehen. Unsichtbar ist der Himmel, unsichtbar ist das ewige Leben. Das ist ewig. Wir wandeln noch im Glauben und nicht im Schauen.
Aber das Unsichtbare ist viel realer als das Sichtbare, sagt Paulus. Ganz unplatonisch sagt er: Was jetzt noch unsichtbar ist, das wird einmal sichtbar werden.
Sein Kollege Johannes schreibt: „Wir werden ihn sehen, wie er ist, wir werden Gott mit unseren eigenen Augen sehen, wie er ist.“ Unvorstellbar.
Darauf gehen wir als Christen zu. Diese Wirklichkeit, die uns jetzt schon unsichtbar umgibt, wird dann mit Händen zu greifen sein. Gottes Wirklichkeit wird mit Ohren zu hören und mit Augen zu sehen sein. Darauf gehen wir zu.
Das heißt, du bist im Diesseits nicht gefangen, du bist in deiner Endlichkeit nicht gefangen, wenn du zu Jesus gehörst. Das musst du dir klar machen. Dann gehst du für den Rest deines Lebens zwar durch alle Bedrängnis hindurch, und dein Blick wird manchmal durch diese Schwierigkeiten verstellt sein. Aber du gehst zielsicher auf diese herrliche ewige Zukunft zu, weil du weißt, durch das, was Paulus hier schreibt, was wir einmal werden.
Die Gewissheit des Glaubens: Warum wir getrost sein können
Und wenn man das weiß – und wir können es wissen, sagt Paulus – wie könnte man da nicht getrost sein?
John Newton hat unsere Situation noch einmal auf den Punkt gebracht. Er sagte: Angenommen, ein Mann reist nach New York, um ein großes Anwesen in Besitz zu nehmen, und seine Kutsche bricht zwei Kilometer vor der Ankunft in der Stadt auseinander. So muss er den Rest des Weges, die letzten zwei Kilometer, zu Fuß gehen.
Wir würden ihn doch für einen Narren halten, wenn wir sähen, wie er mit den Händen ringt und die letzten zwei Kilometer vor sich hin heult: „Meine Kutsche ist kaputt, meine Kutsche ist kaputt.“ Versteht ihr, was Newton sagen will? Er sagt, es ist doch irre, wenn er nur noch zwei Kilometer vor sich hat, die Kutsche einfach sein lässt und denkt: „Ich bin gleich da, schnell dem Ziel entgegen!“
Und so, sagt er, sollten wir als Christen sein. Nicht jammern über diese letzten zwei Kilometer mit ihren Schwierigkeiten. Wie können wir da jammern, wenn wir auf dieses Ziel zugehen, was wir einmal werden, was wir eines Tages auch sehen werden?
Dann kommt dieser Hammersatz: Kapitel 5, Vers 1 – denn wir wissen, wenn unser irdisches Haus, dieses Zelt, abgebrochen wird, haben wir einen ewigen Bau.
Die Bedeutung des Zeltes und des ewigen Hauses
Es ist interessant, dass Paulus unser vergängliches Leben und unseren sterblichen Körper mit einem Zelt vergleicht. Man könnte sagen: Wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird – und wir wissen alle, ein Zelt steht selten lange am selben Ort. Dieses Zelt steht hier schon ungewöhnlich lange für ein Zelt. Ein Zelt wird für eine gewisse Zeit aufgebaut und dann wieder zusammengeklappt.
Für Paulus lag dieser Vergleich nahe, weil er nicht nur im geistlichen Dienst stand, sondern auch im weltlichen Beruf Zeltmacher war. Er kannte sich aus, das war sein tägliches Brot, wenn er Geld verdienen musste. Er formuliert es ganz schnörkellos: Unser Körper ist wie ein Zelt, das irgendwann abgebrochen wird.
Aber das ist nicht schlimm, sagt er, das ist sogar gut. Denn wenn das passiert, dann haben wir einen Bau von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Das heißt: An die Stelle des windigen, wackeligen Zeltes, das bei jedem Regen doch ein bisschen Wasser durchlässt, tritt ein stabiles, massives Haus, eine solide Villa. Dort können uns auch die schlimmsten Unwetter nichts mehr anhaben. Wir müssen nicht mehr die ganze Woche immer wieder aufs Handy und den Wetterbericht schauen, wie das Wetter am Sonntag wird.
Sterben, sagt Paulus, ist ein Wohnungswechsel. Ein Wohnungswechsel, bei dem man sich maximal verbessert: raus aus der Bretterbude, rein in den Luxuspalast. So anfällig unser sterblicher Körper jetzt noch ist, so stabil und unangreifbar wird er in Zukunft, ja in Ewigkeit sein.
Sie fragen sich vielleicht, wie dieser Qualitätssprung möglich ist. Die Antwort lautet: made in heaven. Paulus sagt hier, der neue Bau wird von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht. Das heißt, es ist kein Haus, das mit unseren begrenzten irdischen, diesseitigen Möglichkeiten erstellt wird, sondern Gott selbst legt Hand an. Er schafft eine völlig neue, ewige Qualität.
Nun könnten Sie sagen: Dieses vergängliche Zelt war ja ursprünglich auch von Gott erschaffen worden. Das stimmt. Aber nicht für die Ewigkeit. Dann kam der Sündenfall, und dadurch kamen Krankheit und Tod in die Welt. Das haben wir auch gestern beim ZDK-Seminar wieder thematisiert.
Paulus sagt jedoch: Das ist nicht unsere Bestimmung für alle Zeiten. Wir bekommen diesen neuen Bau. Und der darf ganz anders sein. Er wird ewig Bestand haben. Das ist eine völlig neue Qualität von Schöpfung. Und das ist Gottes Antwort auf den Tod, Gottes Antwort auf die Sterblichkeit des Menschen. Gottes Wege münden in eine neue, vollkommene Leiblichkeit.
Hier steht der christliche Glaube ganz klar gegen die griechische Philosophie jener Zeit. Die Griechen wollten immer das Leibliche überwinden. Sie wollten das Materielle irgendwie beseitigen, und alles sollte nur noch geistig sein. Viele Philosophen haben das aufgenommen. Plutarch hat gesagt, er schäme sich dafür, einen Körper zu haben.
Der biblische Realismus zielt genau auf das Gegenteil. Bei Paulus gibt es nicht diesen Gegensatz: jetzt körperliche Existenz und dann einmal geistige Existenz. Paulus sagt: Jetzt haben wir einen irdisch vergänglichen Leib, und dann werden wir einen himmlisch unvergänglichen Leib haben.
Der Kirchenvater Augustinus hat das aufgenommen und begriffen. Er sagte einmal: Wir sind belastet mit einem verweslichen Körper. Aber weil wir wissen, dass der Grund für diese Not nicht in der Natur und Substanz des Körperlichen liegt, sondern im Sündenfall, sehnen wir uns nicht danach, vom Leib befreit zu sein. Stattdessen sehnen wir uns danach, mit einem unsterblichen Leib bekleidet zu werden.
Genau darum geht es: nicht darum, vom Leib befreit zu werden, sondern mit einem unsterblichen Leib bekleidet zu werden. Das war ein Schlag in die Magengrube des griechischen Idealismus.
Die Bibel sagt das immer wieder. Ich erinnere noch einmal an diese Stelle: Philipper 3,20, wo Paulus sagt: Unser Bürgerrecht ist im Himmel. Von dort erwarten wir den Heiland, Jesus. Und was wird er tun? Er wird unseren nichtigen, also unseren vergänglichen Leib verwandeln, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leib. Und zwar nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.
Er wird denen, die zu Jesus gehören, einmal einen solchen Körper geben, wie Jesus ihn nach der Auferstehung hatte. Dann gibt es keine Krankheit mehr, keine Schmerzen, weder innerlich noch äußerlich.
Die Gewissheit des Wissens: Warum Paulus von Sicherheit spricht
Und jetzt sagen Sie ja, wie kann Paulus das so beherzt sagen? Er sagt ja: Wir wissen. Paulus sagt nicht: Ja, wir hoffen, wir nehmen an, wir könnten uns vorstellen oder wir rechnen eher damit, dass es so sein wird. Nein, er sagt: Wir wissen.
Das allererste Wort hier in unserem Text ist „wir wissen“. Woher wusste er das? Er wusste es, weil Jesus es ihnen schon in seinem Wort versprochen hatte. Außerdem hatte Gott es im Alten Testament bereits angedeutet.
Jesus hat es zum Beispiel so gesagt in Johannes 14: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, dann will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr da seid, wo ich bin.“ Das ist ein Beispiel, wo Jesus das deutlich macht.
Paulus wusste also: Ja, es wird so kommen. Er wusste es, weil Gott seine Vertrauenswürdigkeit und seine Macht über den Tod bewiesen hatte – und zwar am allerdeutlichsten an Jesus selbst. Überlegen Sie mal: An diesem Punkt hatte sich ja die Bekehrung von Paulus entschieden. Er hatte immer gedacht, Jesus sei nur ein normaler Mensch, der als Scharlatan zu Gott gemacht worden war.
Dann begegnet ihm der Auferstandene. Paulus merkt: Der, den ich für tot gehalten hatte, steht plötzlich höchst lebendig vor mir. Er ist lebendig, er hat den Tod besiegt. Und er hat versprochen, das auch für die zu tun, die zu ihm gehören. Wenn einer die Autorität über den Tod bewiesen hat, dann ist das Jesus.
Von da an war es für Paulus gar kein Gegensatz mehr, dass wir das Endergebnis jetzt noch nicht sehen. Die Ewigkeit ist noch unsichtbar. Aber wir können trotzdem jetzt schon mit voller Überzeugung sagen: Wir wissen.
Und wir wissen es so gewiss, dass wir es guten Gewissens auch anderen Menschen als verbürgtes Faktum weitersagen können: Wir wissen.
Das eingeschränkte Wir: Wer gehört zum Kreis der Wissenden?
Aber an dieser Stelle müssen wir noch einmal klären, wer mit dem „Wir“ gemeint ist. Im Zusammenhang hier ist mit „Wir“ definitiv nicht die gesamte Menschheit gemeint.
Wer ist mit dem „Wir“ gemeint? Paulus sagt in 2. Korinther 4,18: „Wir, die wir nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare schauen.“ Das heißt, „Wir“ sind diejenigen, die auf Gott und unsere Hoffnung setzen. Paulus sagt in 2. Korinther 5,7: „Wir leben im Glauben und nicht im Schauen.“ Dieses „Wir“ sind also die Menschen, die ihre Sicherheit nicht im Vordergründigen suchen, sondern bei Jesus selbst.
So wie es Paulus’ Kollege Petrus gesagt hat, in 1. Petrus 1: „Ihr habt ihn, also Jesus, nicht gesehen, und doch habt ihr ihn lieb.“ Das ist gemeint, und das müssen wir immer wieder in Erinnerung rufen.
Seitdem Jesus in die Welt gekommen ist, entscheidet sich alles an ihm. Das Schicksal jedes einzelnen Menschen, der über diese Erde geht, hängt von seinem Verhältnis zu Jesus ab. Ob er ihn anbetet als seinen Herrn und Gott, ob er ihn anruft mit „Vergib mir meine Schuld“, ob er sich darauf verlässt, dass Jesus am Kreuz damals die Sache für uns geklärt und alle unsere Schuld getragen hat – daran entscheidet es sich.
Vor Jesus’ Kommen wurden jene gerettet, die seinem Vater glaubten, der bis dahin von sich offenbart hatte. Unter anderem hatte er offenbart: Es wird einer kommen, der das Schuldproblem endgültig löst. Und wenn ihr jetzt schon an mich glaubt, dann wird das auch für euch gelten. Diese Menschen werden wir im Himmel wiedersehen.
Die ernste Realität des Gerichts und der Hölle
Aber was wird mit den anderen sein, mit denen, die bis zum Ende ihres Lebens bei ihrer Ablehnung gegen Jesus bleiben? Auch dazu sagt die Bibel sehr viel. Ich möchte nur eine Stelle dazu lesen.
Jesus selbst ist derjenige, der am häufigsten über die Hölle gesprochen hat. Er betont, dass es eine ewige Verlorenheit und Verdammnis für denjenigen gibt, der Gottes Rettungshand nicht ergreift. In Johannes 5,28 sagt Jesus einmal:
„Es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden. Und es werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, aber die Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichts.“
Die Auferstehung des Gerichts führt nach der Bibel gewissermaßen schnurstracks in die Hölle hinein. Außerdem macht die Bibel deutlich, dass kein Mensch gut genug ist, um sich mit seinen Taten in irgendeiner Weise den Himmel zu verdienen.
Darum dürfen wir als Gemeinde und als Christen nicht nur an diesem Ewigkeitssonntag angesichts des Todes Trostpillen verteilen. Wir dürfen diese Bedrohung nicht verdecken oder vertuschen. Warum? Das wäre fahrlässig und lieblos den anderen Menschen gegenüber.
Sie kennen wahrscheinlich das Sprichwort: „Nirgendwo wird so viel gelogen wie bei einer Beerdigung.“ Meistens meint man damit die Beschönigung der Lebensgeschichte. Da hat sich jemand nie um seine Kinder gekümmert, und bei der Beerdigung heißt es dann, er sei ein treusorgender Familienvater gewesen.
Doch viel gefährlicher ist eine ganz andere Lüge, die es auch bei vielen Beerdigungen gibt und die oft nicht erwähnt wird: das Verschweigen des Gerichts. Es wird so getan, als ob Gott nur gnädig sei und alles gut ausgehen werde. „Macht euch keine Sorgen“, heißt es dann.
Die Bibel sagt, das ist nicht wahr. Sie lehrt, dass es Himmel und Hölle gibt. Das müssen wir an diesem Ewigkeitssonntag sehr deutlich sagen. Es ist unsere Aufgabe, unseren Zeitgenossen diese Wahrheit zu kommunizieren.
Zugegeben, manchmal ist es schwer, den richtigen Ton zu treffen. Manchmal haben wir auch eine gewisse Scheu, den Menschen diese Wahrheit zu sagen, weil wir sie nicht verletzen wollen.
Dennoch ist es immer wieder wichtig, dass wir als Christen deutlich machen, dass wir uns nicht für etwas Besseres halten, sondern dass wir das Beste gefunden haben.
Die Haltung der Christen: Vom Bettler zum Boten der Rettung
Friedrich von Bodelschwing hat dafür ein ganz schlichtes Bild gefunden. Er, der mit Gottes Hilfe Bethel aufgebaut hat, das dann lange Zeit Bestand hatte, hatte es mit den ganz Großen zu tun. Als Kind war er Freund des Kaisers, des Sohnes des Kaisers. Er kannte sowohl die Mächtigen als auch jene, die er die Brüder von der Landstraße nannte – die Gestrauchelten, die Gescheiterten. Er hatte es mit beiden zu tun und wusste, was der Mensch ist.
Bodelschwing hat es so gesagt: „Ein Bettler sagt dem anderen, wo es Brot gibt.“ So ist es, wenn Christen von ihrem Glauben erzählen. Ein Bettler sagt dem anderen, wo es Brot ist. Auch Martin Luther liebte dieses Bild des Bettlers. Seine letzten Worte waren: „Wir sind Bettler, das ist wahr.“
Einem Christen ist bewusst, dass er als Bettler vor Gott steht. „Selig sind die geistlich Armen“, so beginnt die Bergpredigt. Damit ist gemeint, dass sie erkennen, dass sie vor Gott als Bettler dastehen. Wir haben nichts vorzuweisen, womit wir uns Gottes Gunst gewissermaßen erwerben oder verdienen könnten. Gemessen an der Heiligkeit und Vollkommenheit Gottes sind wir alle Kandidaten der Hölle. Wir sind alle ohne Hoffnung verloren. Wir leben davon, dass Gott uns begnadigt.
Wir kommen zu Jesus und werden Christen, wenn wir sagen: „Na ja, ich bin verloren ohne dich, ich komme als Bettler zu dir.“ Und wenn wir das erfahren haben, dann sagt ein Bettler dem anderen, wo es Brot gibt. So können wir auch auf andere Menschen zugehen.
Ein Liedermacher hat aus dem Wort von Bodelschwing einige Verse gemacht:
„Da gibt es keine Zäune und kein Hund, der bellt, sagt der Bettler, der es gefunden hat.
Da zahlst du keinen Eintritt, da geht es nicht um Geld.
Da wirst du an der Tür von deinen Lumpen frei,
da kannst du lange baden und fühlst dich frisch und neu.
Da dürfen alle einziehen, ganz ohne Unterschied.
Ich bin gerade wieder auf dem Weg dorthin, vielleicht kommst du mit?
Ich kenne den Weg und bin noch kein bisschen stolz darauf.
Ich weiß nur eins: Der Hausherr nimmt alle Bettler auf.
Ich habe das selbst erfahren von einem Grad wie wir,
den schickten andere Bettler genau zu jener Tür.
Er war ganz außer Atem, als er es mir verriet
und liebevoll an meinem Ärmel zog: vielleicht kommst du mit?
Da trittst du in ein neues, umsorgtes Leben ein,
bist immer noch derselbe und wirst doch anders sein,
hast endlich ein Zuhause, das dich am Leben hält,
und läufst dabei immer noch mitten durch die Welt,
und jedem müden Bettler sagst du, wie das geschieht,
und gerade so wie ich lädst du ihn ein: vielleicht kommst du mit.“
Verstehen Sie, das ist die Haltung, mit der wir unsere Zeitgenossen einladen wollen. Wir sagen: Ja, es gibt die Bedrohung der ewigen Verlorenheit ohne Gott. Aber wir sind Bettler, das ist wahr. Und er will uns trotzdem retten. Er ruft uns, er lädt uns ein, unsere Armseligkeit zuzugeben und endlich zu ihm zu kommen.
Das wollen wir auch als Aufgabe, als Gemeinde, uns immer wieder von Gott gestellt sein lassen.
Die Herausforderung des Lebensweges: Unterwegs zum Himmel
Und das ist die beglückende Perspektive, die dieser Bettler dann auch bekommen hat: Ich habe ein Zuhause, ich bin gerettet, ich bin unterwegs zum Himmel.
Trotzdem müssen wir noch irgendwie durch dieses Leben hindurch. Und das ist manchmal auch schwer, unterwegs zum Himmel zu sein. Unterwegs zum Himmel zu sein bedeutet nicht Spaziergang, lockeres Joggen oder einen Urlaubsflug durch den blauen Himmel. Vielmehr ist es oft ein Geländemarsch, ein Marathon oder manchmal auch Spießrutenlaufen.
Darum spricht Paulus mit den Korinthern nicht nur darüber, was wir einmal werden, sondern er sagt ihnen auch zweitens, was wir jetzt noch sind. Das können wir sehr schnell zusammenfassen, in Vers 2. Er sagt: Darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden. Denn dann werden wir bekleidet und nicht nackt befunden.
Solange wir in diesem Zelt sind, seufzen wir und sind beschwert. Wir wollen lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden, damit das Sterbliche vom Leben verschlungen werde.
Die Realität des Sterbens: Kleidungswechsel und Sehnsucht
Ja, was wir jetzt noch sind, ist ein Kleidungswechsel. Paulus sagt, Sterben ist Kleidungswechsel. Was im Sarg zurückbleibt, ist ein altes Kleid. Trotzdem ist das keine leichte Sache.
Paulus nimmt das Sterben nicht auf die leichte Schulter, obwohl er um das ewige Leben weiß. Er sagt hier zweimal: „Wir seufzen, wir seufzen.“ Und er sagt: „Wir werden lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet.“ Das können wir nachempfinden. Entkleidet zu werden, ist das Bild für den Vorgang des Sterbens. Jeder von uns wird, wenn Jesus nicht vorher wiederkommt, einmal entkleidet werden.
Wir legen diesen sterblichen Körper ab wie ein altes Kleid. Dass unsere Kleidung im Laufe unseres Lebens allmählich älter wird, sehen wir irgendwann. Paulus sagt, dass das den Christen nicht erspart bleibt. Nur eine Generation von Christen wird das nicht erleben müssen – und das sind diejenigen, die noch leben, wenn Jesus wiederkommt, auf der Zielgeraden der Weltgeschichte.
Paulus wünscht sich so sehr, zu diesen Christen zu gehören, die dann leben, wenn Jesus wiederkommt. Dann müsste er nicht mehr sterben, sondern bei diesem Vorgang, wenn Jesus wiederkommt, einen neuen Leib bekommen. Dazu hat Paulus in 1. Korinther 15 noch einiges gesagt: Es ist sozusagen ein sofortiger Kleidertausch – alte Klamotte weg, neue Klamotte an.
Dann müsste er nur noch überkleidet werden, und genau danach sehnt sich Paulus. Er würde den neuen Leib gewissermaßen sofort bekommen, ohne dass der Tod dazwischentritt. Wie schwer das Sterben auch sein kann, macht er in Vers 3 noch einmal deutlich. Er sagt, wir würden dann, wenn wir dabei wären bei der Wiederkunft Jesu, bekleidet und nicht nackt befunden werden. Dann bliebe uns diese Situation des Nacktseins erspart.
Diese Blöße des Todes, dieser Prozess des Sterbens, des Entblößtwerdens, wenn die Kräfte schwinden, wenn einem das Leben Schritt für Schritt aus der Hand genommen wird – dieses scheinbare Ausgeliefertsein – das wünscht sich Paulus nicht. Er wünscht sich inständig, dass er zu denen gehört, die dann leben, wenn Jesus wiederkommt, und die sozusagen den alten gegen den neuen Körper einfach umtauschen, ohne Unterbrechung durch das Sterben.
Und wer wünschte sich das nicht? Aber Gott hat einen vollkommenen Plan. Für die meisten seiner Kinder – und wie wir heute wissen auch für Paulus – beinhaltet dieser Plan, dass wir erst einmal entkleidet werden, um dann bei der Wiederkunft Jesu den unverweslichen Leib zu bekommen.
Selbst wenn es uns so gehen sollte wie Paulus, dann ist Sterben – und das müssen Sie unbedingt festhalten – trotzdem nicht Zerstörung. Sterben ist nicht einfach Abbruch, sondern für den Christen die Zwischenstation eines Vollendungsprozesses, der schließlich im neuen Leib enden wird. Sterben ist für uns nur die Zwischenstation eines Vollendungsprozesses, der mit diesem neuen Auferstehungsleib endet.
So sehr Paulus darauf gehofft hatte, das nicht durchmachen zu müssen, daran hing nicht sein Trost, daran hing nicht seine Geborgenheit. Denn er wusste: Wie immer Gott mich bis dahin führt, er rüstet mich so aus, dass ich durchkomme – ob durchs Sterben hindurch oder ohne Sterben. Er hält mich fest.
Die Gegenwart des Heiligen Geistes: Trost und Gewissheit im Leben
Zum Schluss fügt Paulus dem Ziel unseres Gottesdienstes einen dritten Punkt hinzu. Wir hatten bereits gesehen, erstens, was wir einmal werden, und zweitens, was wir jetzt noch sind. Zum Schluss zeigt uns Paulus, was uns jetzt schon froh macht.
In Vers 5 heißt es, dass Gott uns als Unterpfand den Geist gegeben hat, der uns dazu vorbereitet. So sind wir allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leibe wohnen, weinen wir fern vom Herrn, also noch hier auf dieser Erde. Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Dennoch sind wir getrost und haben viel mehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn.
Das ist das Letzte, was uns jetzt schon froh macht. Man merkt, wie Paulus in diesen Versen mitten in die Gegenwart hineinspringt. Er sagt es zweimal, in Vers 6 und in Vers 8: Wir sind getrost – also wir, die zu dem Wir der Jesusleute gehören, sind getrost.
Warum sind wir getrost? Die Antwort steht in Vers 5: Weil Gott uns als Unterpfand den Heiligen Geist gegeben hat. Der unsterbliche Leib ist noch Zukunftsmusik, aber der Herr hat uns jetzt schon etwas gegeben. Auch wir, die wir Christen sind und hier in diesem Zelt sitzen, haben etwas, womit wir jetzt schon sicher durchkommen. Und das ist, wie Paulus sagt, als Unterpfand der Heilige Geist.
Unterwegs zum Himmel ist der Heilige Geist unser ständiger Begleiter, den Gott uns gegeben hat – seine persönliche Nähe. Das ist nichts Mirakulöses, aber Gott hat uns das in seinem Wort versprochen. Er ist denen, die seine Kinder werden, wirklich nahe. Er hört unser Beten, hilft uns, sein Wort zu verstehen und ist bei uns in jeder Sekunde durch den Heiligen Geist.
Dieser Heilige Geist ist, sagt Paulus, ein Unterpfand. Das griechische Wort „arabon“ war eigentlich ein Begriff aus der Finanzwelt: Unterpfand, eine Anzahlung, eine erste Rate, ein Pfand, das Gott uns jetzt schon geschenkt hat. Im Griechischen war das juristisch ganz klar: Wer die erste Rate leistet, verpflichtet sich damit, auch alle weiteren Raten zu zahlen.
Paulus sagt, der Heilige Geist ist die erste Rate, die Gott uns als „arabon“, als Unterpfand, gegeben hat. Damit garantiert er, dass er das Projekt mit uns bis zum Ende durchbringt und vollendet.
Im modernen Griechisch wurde dieser Begriff sogar zum Ausdruck für Verlobungsring: ein „arabon“, ein Verlobungsring, ein Versprechen. Eine Verlobung kann man gegebenenfalls noch lösen, aber hier bei diesem „arabon“ mit dem Heiligen Geist geht das nicht. Der Heilige Geist bleibt, Gott ist treu, und er bringt uns durch.
Dieses „arabon“ ist eine Bestandsgarantie. Wenn Gott dir den Heiligen Geist geschenkt hat, dann wird er dich durchtragen bis zum Ziel. Und darum sind wir getrost, sagt Paulus.
Dieses „arabon“ ist auch eine Beistandsgarantie, nicht nur eine Bestandsgarantie. Der Heilige Geist ist da, er unterstützt uns beim Beten, tröstet uns in dunklen Stunden, lässt uns Gottes Wort verstehen und führt uns als seine Gemeinde immer wieder zusammen.
Dabei gibt es schwere Wege, wie wir jetzt deutlich gesagt haben. Wir wandeln noch im Glauben und nicht im Schauen. Aber was uns jetzt schon froh macht, obwohl wir noch fern sind vom Herrn, ist das: Wir sind gewiss durch den Heiligen Geist, dass wir einmal daheim sein werden bei dem Herrn.
Die Sehnsucht nach dem Zuhause: Getrost sein trotz Lebensschwierigkeiten
Und das sagt Paulus hier am Schluss in Vers 8: „Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn.“ War Paulus todesehnsüchtig? Nein, überhaupt nicht. Er war auch nicht lebensmüde.
Er konnte zum Beispiel der Gemeinde in Philippi schreiben: Es kann sein, dass sie mich jetzt einlochen und umbringen, aber ich bin überzeugt, Gott würde mich da rausholen. Ihr braucht mich noch, ich bleibe aus Überzeugung noch hier. Er hatte keine Todessehnsucht. Und wir haben ja gesehen, dass dieses Entkleidetwerden ihm auch irgendwie vergrauste.
Aber Paulus war jederzeit bereit zu gehen. Wenn Gott mich ruft, bin ich bereit. Denn er wusste: Ich gehe dann nach Hause, ich gehe nicht ins Ungewisse, sondern ich werde erwartet, daheim zu sein beim Herrn. Hermann Betzel hat gesagt: Wenn sie dir hier die Augen zudrücken und sagen, es ist vorüber, dann wird er dir dort das Paradies aufschließen und sagen: Du bist daheim.
Was ist das Entscheidende an diesem Zuhause? Was macht ein Daheim zum Daheim? Man muss oft daran denken, in Studentenzeiten, wenn man lange unterwegs gewesen war, am Uniort. Dann setzte man sich in den Zug und fuhr nach Hause. Und das Entscheidende an dem Daheim war: Man wusste, du wirst erwartet. Da sind Leute, die haben dich lieb, und du kannst wieder alles erzählen, und ihr könnt euch austauschen. Das ist daheim.
Und so wird es sein, sagt Paulus: Wir werden erwartet, wir sind daheim. Und deswegen betont er das hier zweimal, in Vers 6 und in Vers 8: daheim beim Herrn. Damit beantwortet Paulus zum Schluss auch noch diese sensible Frage: Wo geht es denn hin unmittelbar nach dem Sterben? Also diese zugespitzte Frage: Wenn du um zwölf Uhr stirbst, wo bist du dann um zwölf Uhr fünf?
Den neuen Leib bekommen wir erst bei der Wiederkunft Jesu. Aber was erwartet mich unmittelbar hinter der nächsten Tür? Paulus gibt keine umfassende Erklärung, aber er gibt uns die eine entscheidende Information: Daheim beim Herrn, sagt er. Das heißt, du stirbst in seine Arme hinein.
Und deswegen sagt er in Philipper 1,23: „Ich bin bereit, abzuscheiden, um bei Christus zu sein.“ Ich sterbe nicht ins Dunkle, ich sterbe nicht in ein zwischenzeitliches Vergessen hinein, sondern bei Christus werde ich sein. Ich sterbe in seine Arme hinein.
Und der Herr selbst hat es gesagt. Als er am Kreuz hing und neben ihm die beiden Verbrecher, und einer der beiden hat sich bekehrt zu ihm und ihn um Hilfe und Rettung gebeten. Sie wissen, was Jesus denen gesagt hat? „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Du wirst bei mir sein, und ich halte dich fest.
Und so wird Jesus uns in Empfang nehmen. Deswegen, wenn wir dort ankommen, dann werden wir nicht als Fremde ankommen, sondern wir werden daheim sein.
Ich schließe mit Professor Helmut Thielicke, sicher einer der bekanntesten Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts. Er beschließt seine Autobiographie mit diesem tröstlichen Hinweis. Er hat diese Autobiographie unter dem Titel geschrieben: „Zu Gast auf einem schönen Stern“.
Auf die Idee war er gekommen, die Erde als einen schönen Stern zu bezeichnen, durch einen Vortrag, den er im Weltraumzentrum in Houston, Texas, gehalten hat. Hinterher hat er mit den Astronauten gesprochen. Und es hatte Professor Thielicke zutiefst bewegt, wie begeistert die Astronauten vom Anblick der Erde berichteten, den sie aus dem Weltraum hatten.
Ja, eine begrünte Oase des Lebens inmitten unermesslicher Wüsten im weiten All. Und das hatte sie so fasziniert: diese eine begrünte Oase inmitten unermesslicher Wüsten.
Dann schließt Professor Thielicke seine Lebensbeschreibung so: „Wir sind freilich nur Gäste auf diesem schönen Stern, Bewohner auf Abruf und mit versiegelter Order in der Tag und Stunde des Aufbruchs verzeichnet.“ Der Abschied ist sicherlich nicht leicht. Doch als Christen sind wir gewiss, dass die uns zugemessene Lebensspanne nur die Adventszeit einer noch größeren Erfüllung ist.
Das Land, in das wir gerufen werden, ist eine terra incognita, ein unbekanntes, ja ein unvorstellbares Land. Nur eine Stimme gibt es, die wir wiedererkennen werden, weil sie uns hier schon vertraut war: die Stimme des guten Hirten.
Lieber Jesus Christus, danke, dass du unser guter Hirte bist und dass, wenn wir zu dir gehören und uns zu dir hinfliehen, deine Stimme jetzt schon vertraut sein darf. Auch wenn wir sie akustisch nicht vernehmen, redest du zu uns in deinem Wort, Herr, und du trägst uns durch das Leben hindurch, Tag für Tag.
Danke, dass wir deswegen gewiss sein dürfen, wie Paulus gewiss war, weil du es verbürgt hast, dass du uns empfangen wirst, Herr, dass wir nicht in die Fremde kommen, sondern nach Hause.
Bitte hilf uns, dass wir umso froher und verantwortungsbewusster in diesem Leben noch für dich leben und dir dienen und unseren Zeitgenossen das nahebringen, was du gesagt hast, was uns trägt und was auch sie tragen will, was uns sattgemacht hat und was auch sie sattmachen will, was uns gerettet hat und was auch sie retten will.
Lieber Herr Jesus, danke, dass du den Tod überwunden hast, und danke, dass wir zu dir gehören dürfen, Herr. Lass noch viele Menschen, die fern von dir leben, erkennen, dass sie schnurstracks auf dem Weg zur Hölle sind, wenn sie nicht umkehren. Rufe sie, Herr, und danke, dass du noch Zeit gegeben hast.
Hilf uns als Gemeinde, dass wir diese Zeit nutzen, um deine Rettungsbotschaft weiterzugeben. Vom Bettler zu Bettler danke dafür, dass du da bist. Amen.
Abschluss: Die Gewissheit der Hoffnung und der Auftrag der Gemeinde
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